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Gesellschaft für nützliche Forschungen in Trier zur Feier ihres hundertjährigen Bestehens

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Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde

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VERLAG VON G. SCRIBA.

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Gesellschaft für lothringische Geschichte und

Altertumskunde

ZWÖLFTER JAHRGANG

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ANNUAIRE

SOCIETE D'HISTOIRE ET D'ARCHÉOLOGIE LORRAINE

DOUZIÈME ANNÉE

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Inhaltsübersicht. Table des matières.

Die Anfänge des Klosters Fraulautern bei Saarlouis. Archivdirektor Dr. E. Ausfeld, Magdeburg . MAR SAR MA CES D

Laut- und Flexionslehre Fée ee ds Moselgegend von Oberham bis zur Rheinprovinz. Professor Dr. Karl Hoffmann, Metz EN

Germanische Siedlungen in Lothringen und England. (Mit einer Karte). Oberlandesgerichtsrat A. Schiber, Colmar

Aus dem alten Diedenhofen. Baurat E. Knitterscheid, Metz

Die Grabschrift des Erzbischofs Heinrichs II von ae in der tere zu Trier. Universitätsprofessor Dr. Franz Xaver Kraus. Freiburg i/B.

Die reichsunmittelbaren Herren im Gebiete des heutigen Lothringen und ihre Schicksale in den Jahren 1789—1815. Oberlehrer Dr. F. Grimme, Metz

Ueber die sogenannten Juppitersäulen. Professor Dr. Alex Riese, Frankfurt a/M.

Bericht über die Erwerbungen des Museums der Stadt Metz. Geschäfts- jahr 1900. Nebst einem Ueberblick über die Entwickelung der Samm- lungen. J. B. Keune, Direktor des Museums, Metz

Biichersehan.

Es sind besprochen oder angezeigt:

H. Derichsweiler. Geschichte Lothringens (der tausendjährige Kampf um die Westmark) ee her ie

E. Martin. Histoire des diocèses 2 Toul, ik Nancy et de Saint-Die .

Annales de l'Est 1900: L. Davillé. Note sur la en de Robert-le-Pieux en Lorraine 3

A. Chuquet. Phalsbourg A Le ne: He VO en 1814 2

Revue ecclésiastique de Metz: F. Cuny. Une confrèrie à Fénétrange au moyen-âge .

Mondelli. La vérité sur le siège de Bitehe 1870— A871 .

A. Dietz. Die Handelsbeziehungen zwischen Lothringen und Frankfurt a/M.

W. Vöge. Die Elfenbeinbildwerke der Königlichen Museen zu Berlin .

Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe N M ka ie,

Jahresbericht des Vereins für Erdkunde 1899/1900: Uibeleisen. Ueber den Namen Moyeuvre. J. B. Keune. Die Zustände im Metzer Gebiete unteı römischer Herrschaft

J. Geny. Die Reichsstadt Schlettstadt a ihr Ki l an de n soci: dnolitise he N und religiösen Bewegungen der Jahre 1490 —1536 An; ah

Trierisches Archiv 1900: A. Tille. Die Benediktinerabtei St. Martin bei Trier

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125

Ph. Lauer. Le règne de Louis d'Outre-Mer es V. Sauerland. Eine Abtswahl im Jahre 1322 . Ungerer. Erinnerungsblätter aus Courcelles-Chaussy . ;

ER Kunstdenkmäler in Gemeinschaft mit Stadtbaumst. Wahn una Archivdirdktor Dr. Wolfram herausgegeben von Dr. S. Hausmann .

Das Reichsland Elsass-Lothringen: Beiträge zur Landesgeschichte von Ministerialrat du Prel .

Mémoires de l’Academie de Metz 1897/8 Couvent de Dan Pr Herédees A. Benoit; Notes sur les délibérations de l'assemblée municipale de Cattenom en 1788/9 par A. Benoit

Professor Dr. Hevdenreich. Die Bedeutung der ae

Theodor Lerond. Lieder eines Lothringers ER Pre DIN Bern

Professor A. Seder und Professor Dr. F. een Das Se in Lothringen .

E. Teichmann. Zur Beton ss rar Y. noel im ire 1510

Jahresbericht 2. enge DR Verzeichnis der mit der Gesellschaft in eeihehägstasch stehenden Vereine Mite liederverzeichnis .

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Die Anfänge des Klosters Fraulautern bei Saarlouis,

Von Dr. E. Ausfeld, Magdeburg.

Bisher war nichts über die Gründung des Nonnenklosters Frau- lautern und über die ersten Jahrzehnte seines Bestehens bekannt. v. Eltester schrieb 1865'): »Dieses adelige Nonnenkloster Augustiner- ordens kommt zuerst im Testamente Erzbischofs Johanns v. Trier (f 1212) vor.<c Nur wenig weiter zurück reichte die älteste von Goerz in den Mittelrheinischen Regesten (IIS. 244, No. 884) veröffent- lichte, nicht datierte Besitzurkunde des Klosters, in welcher Friedrich Herr von Bitsch ihm eine Schenkung in Pachten bestätigte. Der ganze Urkundenbestand Fraulauterns im Staatsarchiv zu Coblenz belief sich auf nur einige dreissig Stück. Nun sind im Jahre 1893 aus dem Be- sitze des Privatiers Dr. jur. Ziegler in Würzburg, der sie in liberaler Weise dem Direktorium der Staatsarchive in Berlin zum Kaufe anbot. eine grosse Menge Urkunden erworben und dem genannten Staats- archive einverleibt worden, die dem Archive Fraulauterns entstammten und ohne Zweifel Ende des 18. Jahrhunderts bei der Auflösung des Klosters ostwärts geflüchtet worden waren. Auf Grund dieser Doku- mente, deren wichtigste unten im Wortlaute abgedruckt werden sollen, mag im Folgenden ein Abriss der ältesten Geschichte des Klosters ge- geben werden ?).

1) Mittelrh. Urk.-Buch I, S. LXXV. ?) Nachdem ich im Jahre 1897 Coblenz verliess, ohne diese Arbeit fertig stellen zu können, war ich verschiedentlich auf Mit- und Nachhülfe freundlicher Kollegen angewiesen. Ihnen, besonders den Herren Archivdirektor Dr. Wolfram in Metz, Archivar Dr. Richter, jetzt in Wiesbaden, Dr. Meyer in Coblenz statte ich hiermit herzlichen Dank ab. Ich bin mir freilich bewusst, dass so manche Frage erneutes Prüfen der Urkunden, auch Nachforschungen an Ort und Stelle des behandelten Gebiets erheischt hätte und muss daher hie und da um einige Nachsicht bitten. Die Arbeit ganz aufzugeben, wie ich zunächst vorhatte, hinderte mich schliesslich die Liebe zur Sache und zu den rheinischen Gegenden, die mir lange Jahre eine zweite Heimat gewesen sind; sie weiter auszudehnen und bis zur Aufhebung des Klosters zu verfolgen, musste ich mir aber unter den bestehenden Verhältnissen versagen.

Die Anfänge der geistlichen Stiftung in Fraulautern werden in einer Urkunde des Erzbischofs Hillin von Trier im Jahre 11541) fol- sendermassen geschildert:

Ein vornehmer Ritter namens Adelbert übergab sein Besitztum in Lautern?) mit allem was dazu gehörte dem Erzbischof Meginher von Trier (1127-1130) mit der Bestimmung, dieser möge Mönche der Abtei Mettlach zum Dienste Gottes daselbst ansiedeln. Diese sollten sich verpflichten, in Lautern eine Kirche und alle zum klösterlichen Leben nötigen Gebäulichkeiten aufzuführen. Wäre erst die Stiftung in sich erstarkt und der Bestand an Klosterbrüdern angewachsen, dann sollte sie von der Abtei Mettlach unabhängig, nicht zins- und abgabe- pflichtig sein. Die Abtei aber zögerte, dem Wunsche oder Befehle des Erzbischofs Meginher nachzukommen, und dessen Nachfolger Albero (1151—1152) veranlasste darum den Stifter Adelbert, den Mönchen der Abtei 15 Pfund als Rückkaufspreis seines Eigentums anzubieten. Der Antrag wurde gern angenommen, Adelbert zahlte die 15 Pfund und Albero setzte nun in Lautern regulierte Kanoniker ein. Die Be- stätigungsurkunde aber, welche die Mettlacher Mönche von Erzbischof Meginher über Lautern empfangen hatten, vernichtete Albero in ihrer Gegenwart und mit ihrer Zustimmung auf einer General-Synode, damit nicht hernach ein Streit daraus entstehen könne.

In welchen Jahren sich diese Ereignisse zugetragen hatten, ver- mögen wir nicht näher zu bestimmen; denn eine Urkunde Alberos über die Einsetzung der Augustiner-Mönche in Lautern, die wir er- warten könnten, liegt nicht vor, ja es scheint, dass sie überhaupt nicht ausgestellt wurde, da Hillin sie in der erwähnten Urkunde sonst wohl auch berührt hätte. Einen Anhalt giebt nur die Regierungszeit Meginhers, 1127—30, und Alberos, 1131—52. Als die General-Sy- node aber, auf welcher Albero die Bestätigungsurkunde für die Mett- lacher Mönche über Lautern vernichtete, darf man wohl die vom Herbste des Jahres 1142°) ansehen, da hier die Anwesenheit des Abtes Stephan von Mettlach und des Erzbischofs Hillin, als damaligen Scho- lasticus am Dom zu Trier, bezeugt ist.

Demnach wäre also die Stiftung Adelberts®), auf welcher das spätere Kloster Fraulautern beruht, in die Jahre 1127—1130, die 3%) Siehe unten 8.16 #. Urkunde No.1. 2) Lutra, Lutrea wird der Ort in ältester Zeit genannt. Auffallend ist, dass eine Urkunde unten No. 58 den Namen »Vrowenlutere< schon 1280 abweichend von den übrigen giebt. ®) Mittelrh. Urk.-B. I, No. 527. Mittelrh. Regesten I, No. 1996. *) Wer dieser Adalbert war, ist nicht festzustellen; vielleicht der M. U.-B. I, S. 518, zum Jahre 1128 genannte »s. dei ecclesie devotus et fidelis amicus«.

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Gründung einer Niederlassung regulierter Kanoniker zu Lautern wahr- scheinlich in das Jahr 1142 zu setzen. Wann die den Mettlacher Mönchen aufgetragene Erbauung einer Kirche in Lautern ins Werk ge- setzt und durch wen sie erfolgt sei, darüber ist nichts überliefert ').

Im Jahre 1154 nun finden wir der Urkunde Hillins zufolge einen ge- wissen Heinrich als Propst der Niederlassung der Augustinermönche in Lautern, die inzwischen noch weitere Zuwendungen von Gütern, nämlich in Roden, Wallerfangen, Lendesele (?), Ratsweiler und Weiler, auch an Weinbergen bei Neumagen am Berge Bovaries?) erfahren hatte. Das Besitztum zu Lendesele war ein Geschenk des Herrn Wirich und seiner Mutter Jutta. Es ist anzunehmen, dass wir hier Wirich von Neumagen?) zu verstehen haben. Wenigstens spielen Besitzungen bei Neumagen auch ferner eine grosse Rolle in der Geschichte des Klosters, und Meffrid von Neumagen ist auch als Zeuge in Hillins Urkunde vom Jahre 1154 aufgeführt.

Hatte so Hillin seinerseits den Hergang bei der Gründung des Klosters sowie dessen Besitzstand festgestellt, so erfolgte am 23. Januar 1155 die Bestätigung durch Papst Hadrian IV *). Er bestimmte, dass die Regel des h. Augustin von Lautern zu allen Zeiten unverletzlich beobachtet werden solle. Ferner bestätigte er alle rechtmässig erworbenen, gegenwärtigen wie zukünftigen Besitzungen der Kirche. Der Besitz- stand wird wortgetreu wie in der Urkunde Hillins aufgeführt. Niemand soll von dem Neurodland, das die Mönche mit eigenen Händen oder auf eigene Kosten bebaut, Zehnten einfordern; kein Vogteirecht über das Kloster soll bestehen, da aus solchen den Kirchen viele Schäden und Beschwerden zu erwachsen pflegen.

Nur wenige Jahre aber biieben die Augustiner-Mönche in Lau- tern. Bereits um 1160 ganz genau lässt sich das Jahr nicht be- stimmen finden wir dort Augustiner-Nonnen vor. Wie und warum sich die Veränderung zugetragen, darüber fehlen alle Nach- richten. Jedenfalls nennt das Domkapitel zu Trier, als es in einer

!) Die undatierte Urkunde Erzbischof Alberos, Mittelrh. Urk.-B. I, No. 550, M. Reg. I, 2114, in welcher dem Kloster Mettlach der Gebrauch bestätigt wird, dass gewisse Pfarreien am Festtage der Klosterweihe dahin wallfahren sollen, enthält die verstümmelten Ortsnamen Lut . .. wilre. Man könnte dieses Lut... auf Lautern (Lutre), wilre auf eines der verschiedenen Weiler deuten. Einen näheren Anhalt für die Erbauungszeit der Kirche in Lautern erhält man aber

auch hiermit nicht. ?) Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Hauptlehrers Seibert in Neumagen heisst noch jetzt die Gesamtheit aller oberhalb des kleinen Ortes Ferres bei Piesport gelegenen Weinberge stets sim Ferreser Berge. »Lendesele« wohl der Linslerhof, Kr. Saarlouis. 8) M. U.-B. I, S. 672.

*) S, unten Urk. No. 2.

undatierten Urkunde!) der Kirche in Lautern gegen eine halbe Ohm Wein jährlich einen Weinberg an dem Berilberg?) oder Bevilberg gegenüber der Feste Neumagen überlässt, den Heinrich »praepositum sanctarum sororum in Lutera«°).

Den hier dem Kloster überlassenen Weinberg hatte früher Herr Meffrid der Aeltere von Neumagen dem Trierer Domstift geschenkt; er war aber in Folge von Vernachlässigung ertraglos geblieben. Vermut- lich lag er günstig zu den bereits zu Fraulautern gehörigen Weinbergen bei Neumagen und deshalb hat ihn Propst Heinrich für seine Kirche erbeten. Er und sein Bruder Dietrich hatten nämlich schon damals, als sie der Welt entsagten und das Klosterleben wählten, ihre Wein- berge beim Dorfe Bovaries*) der Kirche in Lautern geschenkt. Dieser Besitz war völlig abgabenfrei gewesen und hatte keinem Vogtei- recht unterstanden. Als er aber in geistliche Hände übergegangen war, begann Cuno von Malberg vogteiliche Abgaben davon zu for- dern und zu erpressen. Endlich aber erfasste ihn Reue über sein Thun. In Gegenwart des Erzbischofs Arnold von Trier und vieler Zeugen verzichtete er im Jahre 1174 auf alle beanspruchten Rechte und befahl dem Ritter Rudolf von Wilsacker, der die Zinsforde- rungen eingetrieben hatte, gänzlich davon abzustehen. Die Wichtigkeit und Bedeutung der Sache erkennt man wohl aus der stattlichen Reihe der von dem Erzbischofe zugezogenen Zeugen, unter denen ausser Trierer Geistlichen erscheinen: der Abt von Springiersbach, Wirich von Neumagen,”dessen Brüder, Dietrich von Bruch, Reiner und Walter de Palatio.

Einen auf dem Berge bei Clüsserath gelegenen, den sogen. »langen Weinberg« hatten nach dem Zeugnis?) des Dompropstes Rudolf von Trier und seines Bruders, des Ritters Meffrid v: Neumagen, deren Vorfahren dem Kloster in Lautern unter der Bedingung geschenkt, dass ihre Schwester, die Nonne Oda, den Ertrag desselben auf Lebenszeit geniessen solle. Der Zeitpunkt dieser Schenkung ist nicht festzustellen, jedoch dürfte sie auch in die letzten "Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts fallen.

!) S. unten Urk. No.3. ?) Hauptlehrer Seibert in Neumagen: »Ein Teil

des Ferreser Berges heisst heute Willbergslai«. °) Dafür, dass neben dem Manns- auch ein Frauenkloster eine Zeit lang in Lautern bestanden habe, könnte eine gleich zu erwähnende Urkunde sprechen, die Dompropst Rudolf von Trier und Ritter Meffrid von Neumagen über eine von ihren Vorfahren dem Kloster ge- machte Schenkung ausstellten. Denn es heisst. hier: >ama vini dominabus et fratribus ibidem (Lautern) conversantibus distribuetur«. (S. unten Urk. No. 5.) *) S. unten Urk. No.4. Vgl. auch Urk. 1 und 2. °) S. unten Urk. No. 5.

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Als ein besonderer Wohlthäter des aufblühenden Klosters er- scheint Friedrich Herr von Bitsch in Lothringen. Er befreit es im Jahre 1183!) von der Zollabgabe, die ihm jedes Schiff zu entrichten hatte, welches auf der Saar an Rehlingen vorüberfuhr. Etwa in demselben Jahre?) bestätigte er Fraulautern in dem Besitze des Dorfes Pachten, der dortigen Saar-Fähre, der Zinsen und alles dessen, was der verstorbene Wilhelm und dessen Frau Osilia der Kirche in Lautern geschenkt hätten. Auch erscheint er, ebenfalls 1183°), als Vermittler bei Schenkungen eines gewissen Folmar von Willingen, der sein Eigentum zu Kerlingen, und eines Mitgliedes seines eigenen Ge- schlechts namens Arnold von Loimersfeld, der seinen Landbesitz bei Sermlingen Fraulautern zuwendet.

Erzbischof Johann von Trier gedachte Fraulauterns in seinem Testamente *), indem er ihm 5 Pfund an Geld vermachte.

Auch Graf Heinrich von Zweibrücken und seine Gemahlin Hedwig nahmen sich des Klosters an und schenkten ihm im Jahre 12125) ihr Eigentum in Reisweiler sowie in dem dabei gelegenen Labach. Unter den Zeugen der Urkunde erscheinen zwei Frauen, Gerburg von Warsberg und Osilia von Pachten, letztere wohl dieselbe, welche in der vorhin erwähnten Urkunde als Frau des ver- storbenen Wilhelm bezeichnet ward.

Bedeutsam für das Ansehen, zu welchem Fraulautern in der Diöcese Trier bereits gelangt war, ist ein Vermächtnis, welches unter Vermittelung des Trierer Domcapitels am 29. Oktober 1224°) zustande kam. Der Trierer Subdiacon Friedrich war, wie es in der Urkunde heisst, mit der That, aber nicht mit Recht eine Ehe mit einer ge- wissen Mechtild eingegangen und dieser entstammte eine Tochter. Als das Elternpaar nun von Reue über sein Thun erfasst ward, beschloss es, sich und seine Tochter in die Hände des Propstes und des Klosters in Fraulautern zu geben. Darüber war nun der Vater Friedrichs, der nur diesen Sohn und Erben hatte, so erfreut, dass er das Kloster zum Universalerben seiner beweglichen und unbeweglichen Güter einsetzte. Auf die Lebenszeit des Erblassers wurde für den Notfall dem Kloster das Vorkaufsrecht eingeräumt. Wo die Güter gelegen haben, erfahren wir nicht; doch deutet die Zeugenschaft einiger Trierer Geistlichen und zweier Schöffen von Trier, Thomas und Richard (von der Brücke?) ‘) auf Trier und dessen Umgebung. Hier schenkte auch wenige Monate

1) S. unten Urk. No. 6. ?) S. unten Urk. No.7. °) Urk. No. 8.

*) Mittelrh. U. B. IL S. 330. Mittelrh. Reg. II No. 1172. °) Urk. No. 10. $) Urk. No, 11, ?) Vgl. Mittelrh. U. B. III, Register S. 1162.

später!) der Bürger Ludwig genannt Molgrin alle seine inner- und ausserhalb der Stadt gelegenen Güter an Fraulautern. Diese Schen- kung war von bedeutendem Werte und bestand in Weinbergen, Häusern, Aeckern und anderen Grundstücken. Freilich musste das Kloster die Schulden und Verpflichtungen des Schenkers mitübernehmen und unter anderem zahlen: der Schwester des Ludwig Molgrin zu Weihnachten 20 Pfund, dem Cistercienser-Kloster Werschweiler bei Zweibrücken auf Martini 5 Pfund, dem Johann von Weiler 21 Pfund und 12 Schillinge zu Pfingsten, dem Stiefsohn des Gebers, Arnold, 23 Schillinge u. s. f. Im ganzen waren 90!/s Pfund und 54 Schillinge zu decken. Dem Ludwig Molgrin selbst aber verpflichtete sich das Kloster zur lebenslänglichen jährlichen Zahlung von 8 Pfund. Auch sollte Ludwig die Hälfte von dem Ertrage des Gartens in der Webergasse so lange er lebte geniessen, wenn dieser Garten nicht verkauft würde. Auf einem der der Urkunde angehängten Siegel finden wir der Kirche in Lautern die Bezeichnung »Trinitatis« beigelegt, die später die gewöhnliche ist.

Unbestimmt ist, wann Fraulautern in den Besitz von Eigentum bei Noviant und Maring (bei Lieser, Kr. Bernkastel) gekommen sei: wir erfahren nur, dass es diesen Besitz unter Vermittlung des Trierer Domkapitels an das Kloster Himmerode verkaufte ?).

Wir haben aber aus dieser Zeit, aus dem Anfange des 13. Jahr- hunderts, doch nicht nur urkundliche Nachrichten über Gütererwerbungen und Besitzveränderungen Fraulauterns zu verzeichnen. Kein Geringerer als der Mönch Cäsarius von Heisterbach belehrt uns, dass es den Klosterschwestern gelungen war, sich einen weiter verbreiteten Ruf der Frömmigkeit und echt klösterlichen Lebens zu erwerben. In seinen Gesprächen über Wunderbesebenheiten finden wir zwei Er- zählungen über Fraulautern *), die wir hier wenigstens in Kürze wieder- geben wollen. In der einen wird berichtet, es sei in unserm Kloster Sitte gewesen, kein Mädchen aufzunehmen, das über 7 Jahre alt war, damit die kindliche Einfalt ihnen um so leichter erhalten werden könne. So war denn da auch eine Jungfrau herangewachsen, die in weltlichen Dingen eine solche Unerfahrenheit zeiste, dass sie zwischen einem Stück Vieh und einem weltlichen Menschen kaum unterscheiden konnte (!), weil sie von der Gestalt solcher vor ihrem Eintritt ins Kloster keine Kenntnis gehabt hatte. Eines Tages nun stieg eine Ziege von aussen auf die Mauer des Klostergartens. Da fragte erstaunt das Mädchen,

!) Urk. No. 12. ?) Urk. No. 9. ?) Dialogus miraculorum lib. VI. c. 37, lib. VIII. c. 51. Vgl. auch Marx, Gesch. d. Erzstifts Trier, II. Abt. Bd. 2, S. 255 ff.

was denn das für ein Wesen wäre, und eine Klosterschwester, die ihre Einfalt kannte, antwortete ihr scherzend: das ist eine weltliche Frau, und fügte hinzu: wenn die weltlichen Frauen alt werden, bekommen sie Hörner und einen Bart. Jene aber glaubte ihr und freute sich, was Neues gelernt zu haben. Weiter wird von dieser Nonne berichtet, dass sie unter den sonderbarsten Visionen starb. Ein anderer Bericht des Mönchs steht unserem Empfinden etwas näher. Er handelt von zwei Klosterschwestern, von denen die eine ihre besondere Liebe Johannes dem Täufer, die andere aber dem Evangelisten Johannes zu- gewandt hatte. Sie gerieten über die Vorzüge ihrer Erkorenen häufig in bittersten Streit. Da erschien einst in der Nacht Johannes der Täufer seiner Verehrerin im Traume und sprach: »Schwester, du wirst erkannt haben, dass der heilige Evangelist Johannes mir gleich- wertig sei; niemals hat es einen Menschen gegeben, der keuscher und reiner gewesen wäre an Leib und Seele u.s. w. In der Frühe also rufe deine Schwester vor die Meisterin und bitte sie fussfällig um Verzeihung, dass du sie so oft meinetwegen heftig angegriffen.« Dieser Schwester aber erschien nun ebenfalls ihr bevorzuster Heiliger, der Evangelist Johannes, und bedeutete sie mit eindringlichen Worten, wie bei weitem grösser an den verschiedensten Eigenschaften Johannes der Täufer wäre als er selbst, hinweisend vor allem auf dessen wunderbare Geburt und sein Amt als Verkündiger Jesu. Sie solle sich nur gleich in der Frühe aufmachen und vor der Meisterin ihre Schwester fussfällig um Verzeihung wegen ihrer Angriffe auf den anderen Johannes bitten. Die Versöhnung der beiden Gegnerinnen erfolgte dann in rührender Weise vor der Meisterin.

Entsprechend dem Sinne solcher Erzählungen weist Bischof Johannes von Metz i. J. 1230!) darauf hin, dass Fraulautern des besten Rufes der Frömmigkeit geniesse. Er betont aber zugleich, dass das Klostervermögen sich nicht auf entsprechender Höhe befinde. Um ihm aufzuhelfen bestätigt er das Kloster im Besitze des Patronats- rechtes der Kirche in Wellingen, welches demselben Robert von Rollingen (de Ravilla) geschenkt hatte. Er fügt, um auch selbst dem Mangel abzuhelfen, unter Zustimmung des Archidiacons B. (Bertold ?) und des Domcapitels noch den Besitz der genannten Kirche hinzu. Vielleicht war es auch Bischof Johannes, der den Grafen Simon von Saarbrücken für Fraulautern einzunehmen wusste. Denn dieser verwandte sich i. J. 1234?) bei seiner Schwester, der Gräfin Lucardis

') Urk. No. 14. °) Urk. No. 15.

von Wied, dahin, dass sie der Kirche in Lautern eine Salzpfanne, welche zu einem Gute des Grafen bei Bretten gehörte, und einen Leibeigenen zu Lautern schenkte.

_ Eine der in ihren Folgen wichtigsten Erwerbungen Fraulauterns fällt in das Jahr 1235. Hugo Vogt von Hunolstein (de Hana Petra) schenkte ihm den Zehnten und das Patronatsrecht der Kirche in Schwarzenholz'). Dies war der Ursprung des späteren Besitzes der Herrschaft Schwarzenholz. Zunächst mehrte sich das Eigen- tum des Klosters in Schwarzenholz dadurch, dass Ritter Nicolaus Vogt von Hunolstein ihm mit Genehmigung seiner Frau Beatrix i. J. 1262?) für 100 Pfund Metzer Denare seine daselbst beim Hofe Hunescheit gelegenen Güter und Einkünfte verkaufte. Als damaliger Propst von Fraulautern wird Bruning genannt. Die Wichtigkeit dieses Kaufes wird, abgesehen von dem bedeutenden Preise, dargethan durch die Besiegelung der betreffenden Urkunde, zu welcher sich bereit finden liessen: Heinrich, Erwählter von Trier, Dompropst Symon von Trier, Graf Heinrich von Salm und Dietrich Herr von Hahn. Schwiegervater des Ausstellers.

Ein weiteres wichtiges Kirchen-Patronatsrecht empfing Fraulautern i. J. 12373) von den Rittern Marsilius und Reiner von Liesdorf, deren Verwandten dem jüngeren Marsilius v. L., Gottfried von Schwalbach und dessen Mutter Mathilde in Reisweiler unter der ausdrücklich eingeholten Zustimmung des Lehnsherren Matthäus von Sidelingen. Doch blieb dieser Besitz nicht unangefochten. Abt Heinrich von Wadgassen und Graf Heinrich von Zwei- brücken bezeugen i. J. 12504), dass vor ihnen zu Wadgassen die Meisterin Berta aus Fraulautern nebst dem Convent sowie Elisabeth Wittwe des Johann von Liesdorf und deren Sohn Gottfried er- schienen seien zu gütlicher Vereinbarung über die Streitfrage jenes Patronatsrechtes. Es ward ein Vergleich dahin geschlossen, dass Elisabeth und Gottfried endeültig auf ihre Anteile an dem Patronats- rechte verzichteten, die sie auf das Kloster übertrugen. Graf Heinrich von Zweibrücken und der Abt von Wadgassen bezeugten diese Hand- lung noch jeder in einer besonderen Urkunde?) und im August 1250 gab auch der Trierer Archidiacon und Thesaurar Symon®), ferner am 25. März 1251°%) Erzbischof Arnold von Trier seine Einwilligung zu der nun endgültig vollzogenen Schenkung. Die Einkünfte der Kirche, die bisher den Geistlichen zustanden, fallen mit Ausnahme des dem

2) Urk. No. 16 u. 21. 2) Urk. No. 45. *) Urk. No. 19. *) Urk. No. 28. 5) Urk. No. 29 u. 30, ©) Urk. No. 27. ?) Urk. No. 32.

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dienstthuenden Vikar zukommenden Anteils dem Kloster zu. Von dem früheren Mitbesitzer des Patronatsrechtes, Gottfried von Schwalbach oder dessen Nachkommen ist nicht mehr die Rede; es scheint über seinen Anteil ein Streit also nicht geherrscht zu haben. Seine Familie aber erwies sich auch fernerhin gütig gegen Fraulautern; denn i. J. 1254!) sab Johann von Schwalbach unter Zustimmung seiner Frau Elise und seiner Kinder seine Rechte an der Kirche von Schwalbach und einen Acker bei Liesdorf in den Besitz des Klosters.

Noch von zwei weiteren Kirchen hören wir, deren Patronatsrecht Fraulautern im 13. Jahrhundert erwarb. Ritter Robert von Wars- berg hatte, wann wissen wir nicht, dem Kloster die Collatur und einige Zehnten der Kirche zu Dentingen?) geschenkt und hierzu und zu der Bestätigung der Schenkung seitens Johannes von Wars- berg, des Sohnes jenes Robert, gab 1259 Graf Heinrich von Saar- werden die lehnsherrliche Zustimmung ?). Die Ritter Gerlach genannt Crippin von Schwarzenberg und Wilhelm von Schwarzen- berg aber gaben 1279 ihr Patronatsrecht über die Kirche zu Has- born mit allem Zubehör an Fraulautern. In den hierüber aufgenom- menen Urkunden *) nennen sie das Kloster » monasterium beate Marie «, eine Bezeichnung die hier zum ersten Male auftritt. Mit der Ordnung der Angelegenheit beauftragte der Trierer Archidiacon Walram den Priester von Wadrill°). Am 2. Mai 1280°) aber genehmigte und be- bestätigte Erzbischof Heinrich von Trier die Schenkung. Er weist ausdrücklich auf die geringen Einkünfte des Klosters hin, die durch diejenigen der Hasborner Kirche aufgebessert werden sollten.

Fraulautern war in seinen Besitzrechten nicht ungestört geblieben. Schon 1. J. 12367) war es mit Gerbodo, dem Müller von der Wezels- mühle bei Gaensbach, über diese in Streit geraten. Endlich ver- zichtete Gerbodo gegen Zahlung von 40 Schillingen auf seinen Anteil an der Mühle, musste aber zur Sicherung seines Verzichts diesen vor den Kirchenthüren in Saarbrücken unter Berührung der Reliquien be- schwören in Gegenwart des Propstes Johannes von Fraulautern und anderer angesehener Personen. Auf einem Tage zu Finstingen (5. Juni 1236°) wurde dann in Anwesenheit des Archidiacons Johannes von Metz und anderer Herren festgesetzt, dass Gerbodo und seine Söhne, wenn sie den mit dem Kloster geschlossenen Vertrag brächen, von Merbodo von Malberg und dessen Söhnen gefangen genommen und in Fesseln dem Kloster überliefert werden sollten.

1) Urk. No. 36. ?) Kreis Bolchen 3) Urk. No. 41. #) Urk. No.54 u. 55

5) Urk. No. 56. ®).Urk. No. 57. ?) Urk. No. 17. ®) Urk. No. 18

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Auch mit Bürgersleuten von Trier namens Heinrich waren die Klosterschwestern uneins geworden und zwar wegen eines bei S. Moriz in Trier gelegenen Weinberges. Man einigte sich i. J. 12391) dahin, dass Heinrich den Weinberg lebenslänglich gegen Empfang des halben Ertrages bebauen solle; nach seinem Tode aber müsse er unbeschwert in dem Besitze des Klosters bleiben. Auch musste Heinrich ver- sprechen, in dem bei dem Weinberge gelegenen Kelterhause nur mit Zustimmung des Klosters anderen als den daselbst gewachsenen Wein zu keltern.

Dem Sinne und dem Zwecke der Klosterstiftungen entspricht es, wenn die Mittel zu ihrer Erhaltung und Förderung frommen Schenkungen entstammen. So ist es nicht zu verwundern, dass wir erst i. J. 1241?) von einer Erwerbung Fraulauterns hören, die es aus eigenen Mitteln machte. Die Meisterin Berta kaufte von Benzelin von Bedes- dorf 8 Morgen Land, wovon ein Teil nebst Hofstätte beim Hofe Huzelsdorf, ein anderer beim sogen. Bissenpul, ein dritter bei Dasweiler, ein vierter an dem Wege gelegen war, welcher hinunter nach Osweiler führte. Der Kaufpreis wird nicht genannt.

Immerhin überwogen auch in der Zukunft die Schenkungen bei weitem die käuflichen Erwerbungen. Da ist zu demselben Jahre 1241?) Kuno von Ruland zu nennen, der Güter beiEuren, die sein Vater von Ludwig Molsrin!) übernommen hatte, Fraulautern schenkte. Viel später, 1290°), erweiterte sich der Besitz hier durch eine Zuwendung der Witwe des Anselm Krebs aus Euren, Margarethe, und ihres Sohnes M., die als Laien-Schwester und Bruder des Klosters diesem all ihren Besitz übergaben. À

Von der grössten Bedeutung für Fraulautern war es, dass ihm 1. J. 1248 sein Landesherr Herzog Matthäus von Lothringen seine Gunst zuwandte. Auf seinem Besitz in Wallerfangen, der als »Hufgut« bezeichnet wird, wies er ihm einen Zins von 10 Schillingen an). Hierzu trat 1. J. 1269%) auch Grundbesitz, den ein gewisser Godemann, früher Schultheiss in Wallerfangen, der Meisterin Gertrud verkaufte. Als aber Herzog Friedrich von Lothringen i. J. 1285 seinen Besitz in diesem Orte, wo er Hochöfen betreiben liess, erweitern wollte, kaufte er Frau- lautern alle diesem zustehenden Einkünfte für eine jährliche Rente von 30 Trierer Schillingen ab, die aus seinen Erzwerken bezahlt werden

1) Urk. No. 20. Ein Morizkloster in Trier ist nicht bekannt. Herr Dompropst Dr. Scheuffgen in Trier teilt mir gütigst mit, dass vielleicht ein Trierer Asyl der Abtei S. Moriz in Tholey gemeint sein könne. ?) Urk. No. 23. *) Urk. No. 22. *) Siehe oben S.6. °) Urk. No. 63. °) Urk. No. 24. ?) Urk. No. 48.

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solltent). Es ist wohl zu vermuten, dass auch die Ländereien des Klosters bei diesem Kaufe inbegriffen waren. Auch besserte der Herzog die Rente Fraulauterns zu Wallerfangen, und die hierüber aufgesetzte Urkunde?) bestimmte: der Förster des Klosters soll dessen Wälder zu Usselsdorf und Karlingen hüten, die lothringischen Förster und _ Amtleute aber sollen in Zukunft nichts darin zu thun haben: kein lothringischer Beamter soll des Klosters Leute zur Strafe ziehen, bevor der Meisterin oder dem Propst Anzeige geschehen; überhaupt solle dem Kloster und seinen Angehörigen nirgends weder durch Auflagen noch durch Raub Gewalt geschehen. Dafür erklärt Fraulautern für allen erlittenen Schaden Ersatz erhalten zu haben. Das Interesse, welches der Herzog an dem Geschicke des Klosters nahm, erkennen wir ferner aus der Vermittlerrolle, die er bei verschiedenen Kauf- und Schenkungsverträgen desselben übte). Auch bedachte er Fraulautern in seinem Testamente ').

Von der Gunst des Römischen Stuhls erhielt Fraulautern zu An- fang des Jahres 1249 ein Zeugnis). Papst Innocenz IV. erteilte ihm am 11. Januar von Lyon aus das übliche Privileg, nach welchem das Kloster zur Aufnahme eines Mitgliedes durch Briefe weder des apostolischen Stuhls noch seiner Legaten gezwungen werden könne, es sei denn ein Specialmandat des ersteren ergangen, welches dieses Privilegs Erwähnung thue. Ueber die Urkunde stellten am 25. März desselben Jahres®) die Archidiacone Arnold von Schleiden und Symon von Franchirmont sowie der Triersche Official Canonicus Symon ein Vidimus auf Bitten Fraulauterns aus; Cardinalpresbyter Hugo aber erteilte dem Kloster am 9. Juli 12547) in Trier als päpst- licher Legat seinerseits das gleiche Privileg.

Schon wenige Jahre nach Gründung einer klösterlichen Nieder- lassung in Lautern waren dieser, wie wir sahen, Weinberge bei Neu- magen zugewendet worden. Obgleich dieser unterhalb Trier gelegene Besitz verhältnismässig recht weit entfernt war, hielt das Kloster doch an ihm fest, ja es vermehrte ihn noch im Laufe der Jahre. So kaufte es ums Jahr 1250°) von Peter von Boveries für 4 Trierische Pfund eine Rente von einer Ohm Wein aus einem Weinberge, der über der Mosel »in Martinesgemeinde«”) in der Parochie Neumagen gelegen war. Auch von weiteren Weinrentenkäufen, die Fraulautern abschloss, handelt

1) Urk. No. 60. ?) Urk. No. 64. 3%) Urk. No. 59, 65, 66, 69. *) Vgl Mittelrh. Reg. IV, S. 603, No. 2702. °) Urk. No. 25. ©) Urk. No. 26. ?) Urk. No. 35. °®) Urk. No. 31. 9) Der Name ist in der Gegend von Neumagen nicht

mehr nachweisbar. (Seibert.)

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die Urkunde; sie beziehen sich auf Weinberge zu Meiul bei Neumagen und zu Kassen'). Die festgesetzten Kaufpreise machten 12 Pfund Trierisch oder 240 Schillinge aus, wofür jährlich 3 Ohm Wein zu ent- richten waren. Hadewidis, Witwe des Edlen von Warsberg, schenkte 1259?) dem Kloster Weinrenten aus der Gegend von Zewen, während ihm Hanwela von Warsberg, Witwe des Ritters Alard von Gunsingen, als Vermächtnis solche aus dem genannten Weinberge zu Meiul bestimmte?). Ein gewisser Werner von der Unteren Mühle bei Thron verkaufte i. J. 1260 Fraulautern einen Weinzins von einem Weinberge, der dem Herrn Gerhard von Urley zins- pflichtig war. Unter besonderen Bedingungen aber wird i. J. 1261) eine Weinrente aus einem Moselweinberge gekauft. Hezelo aus Neu- magen, genannt von Krichelsberg, hatte die Verpflichtung, von diesem Weinberge jährlich zwei Sechster Wein dem Ritter Hermann von Veldenz zu liefern, musste diesem ausserdem einen Frohntag leisten und eimmal im Jahre bei dem (Gerichtstag zu Neumagen gegen- wärtig sein. Würden nun Hezelo oder seine Nachkommen in der Ent- richtung der Weinernte säumig werden, dann sollte der Weinberg frei in den Besitz des Klosters gelangen unter der Bedingung jedoch, dass es die Leistungen des Hezelo an Hermann von Veldenz übernähme®).

Hatte Fraulautern so um die Mitte des 13. Jahrhunderts schon ansehnliche Einkünfte in Neumagen zu beziehen, so erklärt es sich, (lass es dahin auch Renten abführen liess, die ihm aus anderen Orten zukamen. So schloss es i. J. 12737) eine Abmachung mit einem Herrn Symon, nach welcher dieser, dem die ständige Vikarie und alle Güter der Kirche in Sensweiler (Kr. Bernkastel) übertragen worden waren, die hierfür jährlich zu entrichtenden 16 Malter Getreide und 4 Schillinge an das Moselufer zu Neumagen zu liefern hätte. Unter anderen Be- dingungen, die Simon zu erfüllen hatte, interessiert besonders die, dass er Jährlich auf das Fest Johannis des Täufers Bürgen zu der Meisterin wegen der Lieferung des (Getreides und des (reldes schicken musste.

Wann und wie Fraulautern in den Besitz der Kirche in Sensweiler gekommen sei, wissen wir nicht. Zum Jahre 1287 aber°) erfahren

1) Der Name Meiul erhalten in »Meiel«, Schlucht mit vortrefflichen Wein- bergen auf dem 1. Moselufer gegenüber dem Einflusse der Dhron. Kassen nicht nachweisbar (Seibert, Neumagen). ?) Urk. No. 39; die Urk. ist besonders lehr- reich. %) Urk. No. 40. *) Urk. No. 42. 5) Urk. No. 43. °) Vgl. auch die Urk. aus demselben Jahre, 1261, unten No. 44. Von einem Hofgebäude des Klosters

stehen traurige Ueberreste Neumagen schräg gegenüber am Ausfluss des Zwei- bachs (Scibert). °) Urk. No. 50. °) Urk. No. 61.

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wir, dass ihm auch die Hälfte des grossen Zehnten daselbst zustand. Ritter Heribert von Senheim erklärt namens seiner Familie, wohl um einem zuvor geführten Streit ein Ende zu machen, dass nur das Kloster auf diesen Zehnten Anspruch habe, während er gänzlich Ver- zicht leiste.

Von weiteren kauf- oder schenkweise für Fraulautern erworbenen Gütern und Renten mögen hier noch die folgenden Erwähnung finden. In Trier hatte, wann ist unbekannt, die Nonne R. dem Kloster ein Haus geschenkt, welches jedoch wegen zu hohen Alters den Verfall drohte. Da erbot sich der Scholastikus W. vom S. Simeonstift in Trier der Meisterin J. und dem Provisor des Klosters B., er wolle das Haus auf seine Kosten in Stand setzen und niemand dürfe später die auf- sewandte Summe vom Kloster zurückfordern. Zum Danke beanspruchte er, in dem Hause Zeit seines Lebens wohnen zu dürfen: ausserdem möge sein Gedächtnis im Kloster gefeiert werden. Die Zeugenreihe der hierüber aufgesetzten Urkunde!) weist auf die 20er Jahre des 13. Jahrhunderts hin. Von einem andern Hause in Trier, das dem Dominikanernonnenkloster S. Martin vor Trier gehörte, erlangte Frau- lautern i. J. 1255?) dadurch eine Jahresrente von 22 Schillingen, dass jenes Kloster durch Not gezwungen diese Rente der Frau Hadewidis von Warsberg verkaufte, die sie ihrerseits Fraulautern überliess.

Eine Mühle bei Rehlingen (Kr. Saarlouis) schenkte Arnold von Siersberg i. J. 1251?) zur Stiftung zweier Jahresgedächtnisse, näm- lich seiner Gattin Elisabeth und seiner Mutter Margaretha. Zu den Gedächtnisfeiern aber sollten seine Fischer in Pachten den Stifts- frauen zwei Fischgerichte liefern. Auch versprach er, falls die Mühle seinen Brüdern zugesprochen werden sollte, das Kloster aus seinem Eigentum anderweitig zu entschädigen.

In demselben Jahre*) sicherte Gräfin LauretavonSaarbrücken Fraulautern die pünktliche Entrichtung einer Fruchtrente von einer bisher dem Kloster, jetzt ihr erblich gehörenden bei Saarbrücken ge- legenen Mühle zu.

Ein Besitzstreit Fraulauterns mit dem S. Martinskloster in Lungfelden wurde i. J. 12585) unter Beistand des Erzpriesters Ludwig von Bollei und anderer angesehener Leute dahin geschlichtet. dass jedes der beiden Klöster die Hälfte der streitigen, in Düren (Kr. Saarlouis) gelegenen und »zum Heister« genannten Güter er- halten solle.

1) Urk. No. 13. 2) Urk. No. 37. -- ®) Urk. No. 33. #) Urk. No. 34 5) Urk. No. 38.

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Ritter Gerlach gen. Grippin von Schwarzenberg verkaufte i. J. 1270!) Fraulautern Ländereien in Steinberg und Lebach für 52 Pfund Trierscher Denare. Steinberg war ein Hof des Klosters, über dessen Besitz es mit den Brüdern Peter und Friedrich genannt von Reisweiler und deren Geschwistern in Streit geraten war. Dieser wurde 1296?) dahin beigelegt, dass Fraulautern in seinen Rechten dort nicht mehr angelochten werden solle.

Von einer Mühle und einem Mühlenteich, die Fraulautern bei Ginsbach (Gaensbach?) besessen, spricht i. J. 1289?) der Knappe Gottfried von Bolchen. Er pachtet den Teich für 6 Schillinge jährlich und will ihn auf seine Kosten in Stand setzen; stelle er aber die zu dem Teiche gehörige Mühle wieder her, so solle er sie frei betreiben dürfen. Alles aber fällt nach senem Tode an das Kloster zurück.

Der wichtigste Besitz, in welchen das Kloster Fraulautern in der Folgezeit gelangte, war die Reichsherrschaft Schwarzenholz, welche aus dem Dorfe Schwarzenholz, der Kunzenmühle, der Hausers- mühle, dem Dorfe Labach und dem Labacher Hof mit Mühle bestand. Ueber die Herkunft dieses Besitzes und namentlich über die mancherlei seinetwegen entstandenen Streitigkeiten mit den Grafen von Nassau-Saar- brücken zu handeln, ist eine besondere Aufgabe, der ich mich leider nicht unterziehen kann, wie denn überhaupt zur weiteren und ein- sehenderen Verfolgung der Geschichte Fraulauterns (wie auch eigentlich schon der älteren) die genaue Kenntnis der Oertlichkeiten unent- behrlich ist.

Zum Beschlusse unserer Darstellung, die auf Grund der über- lieferten Urkunden fast nur Wirtschaftsgeschichtliches enthalten konnte, mag noch berichtet werden, wie Fraulautern am Ende des 13. Jahr- hunderts grossen Schaden durch Kriegsereignisse, Raub und Plünderung erlitten hat. Genauere Nachrichten zwar liegen uns nicht vor. Herzog Friedrich von Lothringen aber giebt in einer schon oben erwähnten Urkunde i. J. 1294) bekannt, dass er das Kloster entschädigen wolle für das, was ihm seine deutschen Reichsvölker angethan hätten. Und der Official der bischöflichen Curie in Metz weist in einer feierlichen Urkunde v. J. 1297?) auf das Privileg des Papstes Hadrian IV. v. J. 1155) hin und bedroht alle Uebelthäter, die das Kloster Fraulautern berauben, seine Leute gefangen nehmen, seine Höfe plündern, seine Mühlen zer- stören und zerbrechen, wie dies nach den thränenreichen Berichten des

1) Urk. No. 49. ?) Urk. No. 67. °) Urk, No. 62. ) Urk. No. 64. 5) Urk. No. 68. °) Urk. No. 2.

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Propstes, der Meisterin und des Convents wirklich schon geschehen sei, mit der Excommunication, wenn sie nicht binnen 8 Tagen nach erfolgter Ermahnung Schadenersatz leisten würden. Die Geistlichkeit der Metzer Diöcese wird auf das Strengste zur Ausführung des bischöf- lichen Befehls ermahnt. Wir werden bei diesen Nachrichten an die Rüstungen und Unruhen zu denken haben, welche der Streit des Königs Philipp von Frankreich mit dem Grafen Theobaldvon Bar über die Grenzen ihrer Gebiete und über die Abtei Beaulieu hervorrief. In diesem Streite stellte sich Herzog Friedrich von Lothringen auf die Seite des Grafen von Bar.

Nachdem die vorstehenden Blätter schon gedruckt waren, ging mir durch die Güte des Herrn Redakteurs Nissen in Rheidt dessen Geschichte des Kreises Saarlouis, Bd. I, Saarlouis 1893, zu. Hier ist die ältere Geschichte des Klosters Fraulautern auf Grund von teils chronikalischen teils sagenhaften Ueberlieferungen dargestellt. Man wird nun nicht ohne Interesse lesen, dass ein Teil dieser Nachrichten durch die oben gegebene, urkundlich beglaubigte Geschichte bestätigt wird.

Urkunden.

Vorbemerkung. Die nachstehenden Urkunden sind bis auf einige wenige meines Wissens bisher ungedruckt. Die Orts- und Gemarkungsnamen sicher zu be- stimmen ist mir an vielen Stellen nicht gelungen und ich muss dies der weiteren Lokalforschung überlassen. Zur leichteren Auffindung ist ein Register beigefügt. Einige Urkunden wurden mir erst im letzten Augenblicke zugänglich gemacht und ich bin meinen Kollegen, den Herren Archiwar Dr. Kaufmann und Archivassistent Dr. Rosenfeld in Magdeburg, für ihre so freundliche Beihülfe bei der Bearbeitung derselben sehr dankbar. Herr Landrat Helfferich in Saarlouis und Herr Bürger- meister Vacano in Fraulautern haben mir ebenso wie Herr Hauptlehrer a. D. Seibert in Neumagen auf meine Anfragen in liebenswürdigster Weise Auskunft er- teilt, die ich namentlich für das Register noch verwenden konnte. Auch ihnen statte ich besten Dank ab. Die auf der vorstehenden Seite erwähnte Arbeit des Herrn Nissen beweist, dass auch noch andere als die mir bekannten (Quellen zur Geschichte Frau- lauterns vorhanden sind. Hoffentlich wird sich Jemand finden, der sie im Anschluss an die von mir mitgeteilten verwertet und dabei die Geschichte der späteren Jahr- hunderte ins Auge fasst. Diese gerade könnte wohl allgemeineres Interesse bean- spruchen, da namentlich der Streit Fraulauterns mit den Grafen von Nassau-Saar- brücken über die Reichsherrschaft Schwarzenholz und das Verhältnis zu der Abtei Wadgassen in den Vordergrund treten würde.

Für die Urkunden vom 1. Januar bis 25. März ist Trierscher bzw. Metzer Styl auch ohne besondere Angabe desselben angenommen. Diese. Urkunden waren demnach um ein Jahr höher anzusetzen, als ihr Datum besagt.

1. Erzbischof Hillin von Trier bestätigt dem Propst Heinrich des Augustiner- klosters Lautern dessen Besitzungen und erzählt die Geschichte der Entstehung des ‚Klosters. 1154. Trier.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Hillinus dei gracia Treviro- rum archiepiscopus dilecto filio suo Henrico Lutrensis ecclesie preposito ejus- que successoribus in | perpetuum. Offitii (!) nostri ratio postulat, omnibus in diocesi nostra degentibus, sive monachicam sive canonicam vitam ducant, pro modulo nostro consulere et providere. Ea propter quia deo, ut credimus, annuente ad regendam Lutrensem ecclesiam et providentiamtam in spiritualibus quam in temporalibus vocatus es, tibi, dilecte fill, successoribusque tuis in habitu superpelliciorum sub regula beati Augustini degentibus loeum Lutre cum omnibus appenditiis suis scilicet allodium ad Rodanamet Walderingam et allodium, quod ad Lendesele domnus Wiricus cum matre sua Juttha ecclesie Lutrensi contulit, nec non el allodium Radisville et allodium apud Vilare et vineas in monte Bovarie sitas, preterea omnia data quam danda auctoritate nostra confirmamus. Verum quoniam monachi de Mediolacu per aliquos annos ibidem morati sunt, qua causa quave ratione illi inde recesserint ipsisque recedentibus fratres sub regula beati Augustini degentes in eodem loco ab archiepiscopo Adelberone pre- decessore nostro constituti sint, qui et quieti eorum et successorum suorum in posterum providens sigillato scripto dignum tradere memorie fore judicavit.

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Notum igitur omnibus tam futuris quam presentibus fieri curavit, Adel- bertum quendam militem nobilem allodium suum, quod Lutre dieitur, cum appendiciis suis in manu domini Megineri predecessoris sui reposuisse eo vi- delicet tenore, quatinus idem Meginerus monachos abbatie Mediolacus ibidem ad serviendum deo omnipotenti imponeret, ita ut idem monachi eundem locum ecclesia, officinis aliisque instrumentis, quae necessaria sint edifficarent (sie!) atque procedente tempore, ipsis paulatim deo adjuvante crescentibus, tunc demum a supradicta abbatia liberi ab omni censu ab omni exactione in posterum per- manerent. Quod quidem illis facere differentibus hac omnino negligentibus consilio accepto supradictum Albertum prefatus Albero adhoc induxit, quo videlicet supra- dietum allodium a monachis sepe dictis abbatie Mediolacus XV libris redimeret liberumque iterum restitueret. Quo facto ipsis laudantibus et agentibus precium- que redemptionis XV librarum recipientibus in eodem loco Lutre canonicos re- gulares deo annuente atque inspirante libere constituit. Cartam etiam confirma- tionis, quam super hoc predicti monachi ab archiepiscopo Meginero acceperant in generali synodo ipsis presentibus et collaudantibus, ne forte aliqua deinceps exinde controversia posset emergi, confregit.

Quia igitur ipsum in suis piis actionibus prout possumus insequi debemus, hanc sue constitucionis devotionem et formam servare cupientes sigilli nostri quoque inpressione in presenti pagina ex auctoritate dei et nostra communimus. Hec vero servantibus atque laudantibus sit pax et glorie merces cum Christo per- petua. Qui autem contra hec impie agere quoquo modo temptaverint, sciant se dei omnipotentis iram incurrere et usque ad debitam satisfactionem anathemati subjacere.

Acta sunt autem hec Treveri anno dominice incarnationis Mmo CoToIIIIo indictione Il® concurrente III epacta Ill anno ordinationis nostre Ill. Testes etiam qui interfuerunt subter annotari fecimus: Godefridus prepositus, Rü- dolfus decanus, Alexander et Johannes archidiaconi, Baldericus magister scolarum, Henricus cantor, Cunradus prepositus sancti Paulini, Walterus decanus sancti Symeonis, Sigerus abbas sancti Maximini, Bertolfus abbas sancti Eucharii, Ludewicus sancte Marie, Godefridus sancti Martini, Rikardus Sprenkerspachcensis, abbas de Claustro; laici: Meffridus de Nümaga, Arnolfus de Serca; ministeriales sancti Petri: Engelbertus, Fridericus, Willelmus, Heremannus, Enbrico, Teodericus et ceteri quam plures, quos enumerare non potuimus.

Original Coblenz, Staatsarchiv,

Siegel des Erzbischofs von braunrotem Wachs an Lederstreifen, unterer Rand zerstört. G@leichzeitiger rückseitiger Vermerk: Hillini; bei einem solchen des 18. Jh. ist beigefügt: A, Numerus primus.

2. Papst Hadrian IV. bestätigt die Stiftung und den Güterbesitz des

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Augustinerklosters in Lautern. 1155 Januar 23. Rom.

Adrianus episcopus servus servorum dei dilectis filiis Henrico preposito Lutrensis ecclesie ejusque fratribus tam presentibus quam futuris canonicam vitam professis inperpetuum. Religiosis desideriis dignum est facilem prebere consensum, ut fidelis devotio celerem sorciatur effectum. Eapropter, dilecti in domino fil, vestris justis postulationibus elementer annuimus et prefatam ecclesiam, in qua

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divino maneipati estis obsequio, sub beati Petri et nostra protectione suscipimus et presentis scripti privilegio communimus, in primis siquidem statuentes, ut ordo canonicus, qui secundum deum et beati Augustini regulam in Lutrensi ecclesia dinoseitur institutus, perpetuis ibidem temporibus et inviolabiliter observetur. Pre- terea quascumque possessiones quecumque bona eadem ecclesia in presentiarum juste et canonice possidet aut in futurum concessione pontificum, largitione regum vel prineipum, oblatione fidelium seu aliis justis modis prestante domino poterit adipisci, firma vobis vestrisque successoribus et illibata permaneant. In quibus hec propriis duximus exprimenda vocabulis: locum Lutre cum omnibus appendiciis suis, scilicet allodium ad Rodanam et Waldervingam et allodium ad Linden- selle, quod Wiricus cum matre sua Jutha ecclesie Lutrensi contulit, nec non et allodium Radisville et allodium apud Vilare et vineas in monte Bovario sitas!). Sane novalium vestrorum, que propriis manibus aut sumptibus colitis, nullus a vobis decimas presumat exigere. Inhibemus eciam, ut nulli fratrum vestrorum post factam in eorum loco professionem absque licencia fas sit aliqua levitate de claustro discedere, discedentem vero sine communi litterarum cautione nullus au- diat (!) retinere. Et quoniam occasione advocatorum multa consuerut (sic!) damna et gravamına ecclesiis provenire, auctoritate apostolica prohibemus, ut nullus advo- catus in vestra ecclesia statuatur, sed ab omni advocato ita maneat imperpetuum libera, quemadmodum hactenus dinoscitur permansisse. Decerminus ergo, ut nulli omnino hominum liceat predictam ecclesiam temere perturbare aut ejus possessiones auferre vel ablatas retinere, minuere seu quibuslibet vexationibus fatigare, sed illibata omnia et integra conserventur eorum pro quorum gubernatione et susten- tatione concessa sunt usibus omnimodis profutura, salva in omnibus sedis apostolice auctoritate et diocesani episcopi canonica justitia. Si qua igitur infuturum eccle- siastica secularisve persona hanc nostre constitutionis paginam sciens contra eam temere venire temptaverit, secundo tertiove commonita, nisi presumptionem suam digna satisfactione correxerit, potestatis honorisque sui dignitate careat reamque se divino judicio existere de perpetrata iniquitate cognoscat et a sacratissimo corpore ac sanguine dei et domini redemptoris nostri Jesu Christi aliena fiat atque in extremo examine distriete ultioni subjaceat. Cunctis autem eidem loco sua jura servantibus sit pax domini nostri Jesu Christi, quatinus et hie fructum bone actionis percipiant et apud districtum judicem premia eterne pacis inveniant. Amen.

Datum Rome apud sanctum Petrum per manum Rolandı sancte Rome ecclesie presbiteri cardinalis et cancellarii, X. Kalendas februarii, indictione IIla, incarnationis dominice anno millesimo C°L IIIo pontificatus vero domini Adriani pape HIT anno Le.

Abschrift auf Pergament S. XIII. Coblenz St. A.

Der folgende am Rande beigefügte Zusatz über Güterbesitz des Klosters entstammt dem XIV. Jh.: Curtis in Gynspach, decima in Wel- dinga cum suis attinenciis Metensis dyocesis; Sermedingen, Kyrlingen, Uzzelsdorf Metensis dyocesis; Pachten, Schwarzenholz, Hunexeyt, Lupach, Reyswilre, Lebach, Steinberg, in Urio, Treveris, Zwevnbechen Treve- verensis dyocesis; Synzwilre Maguntie dyocesis.

!) Siehe Bemerkung am Schluss der Urkunde.

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3. Dus Domcapitel zu Trier überlässt dem Propst Heinrich vom Nonnen- kloster Lautern gegen eine halbe Ohm Wein jährlich einen Weinberg gegenüber der Feste Neumagen an dem Berilberg, ein Geschenk Maffrids von Neumagen an die "Trierer Domkirche. /m 1160.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Godefridus majoris domus Treverensis | ecclesie prepositus, Rüdolfus decanus, Folmarus archi- diaconus cum ceteris ejusdem ecclesie personis et | fratribus omnibus Christi fidelibus tam futuris quam presentibus salutem in domino. Quoniam quod inter honestos et relligiosos viros stabilitum est firnum et stabile inper- petuum debet permanere, idcirco conventionem, que inter nos et fratrem Henricum prepositum sanctarum sororum in Lütera facta est, presenti pagine studuimus commendare, ne longioris successu temporis a memoria presen- tium vel futurorum possit recedere. Eapropter presentibus et futuris notum esse cupimus, quod dominus Maffridus antiquior de Nümaga vineam quandam contra idem castrum jacentem in monte qui dicitur Berilberch ecclesie nostre contulit, que per incuriam cultorum diu infructuosa et sterilis parum, immo fere nichil utilitatis fratribus respondit. Petente igitur predicto venerabili fratre Henrico preposito eandem vineam sibi sueque ecclesie censuali jure inperpetuum concessimus, ut hanc prout melius posset excoleret et ecclesie nostre dimidiam amam vini Treverensis mensure in festo beati Martini ipse vel quicumque successor ejus existeret Treveri in fratrum curia quotannis persolveret. Ut igitur, quemadmodum predictum est, hec rata et inconvulsa omni tempore permaneant, hoc inde eyrographum conscribi et testibus idoneis, qui interfuerunt, adnotatis sigillo beati Petri fecimus confirmari. Hii sunt testes: Johannes archi- diaconus, Folmarus archidiaconus, Henricus cantor, Everbero, Rüdolfus, item Rudolfus, Theodericus, Wezelo cellerarius, Cüno, Engelbertus, Liebertus, Wezelo, item Wehelo.

Original, Teilurkunde, Coblenz St. A.

Zwei Stücke von dem Siegel des Domcapitels an Wollschnüren. Die Zeitbestimmung nach den Mitgliedern des Domstifts, vgl. Mittelrh. U, B. I. Register. Der erste Teil des Namens »Berilberch« auf Rasur von späterer Hand. Ein rückseitiger Vermerk des XIV/XV Jh. gibt »Birel- berg«, ein solcher des XVIII. Jh. »Berlberg«. $. oben $S. 4 Be- merkung 2.

4. Erzbischof Arnold von Trier bestätigt die Schenkung von Weinbergen beim Dorfe Bovaries (bei Neumagen) seitens des Propstes Heinrich und dessen Bruders Theoderich an die Kirche in Lautern und verbietet dem Cuno v. Malberg in diesen Weinbergen Vogteirechte auszuüben. 1174.

In nomine sancte et individue trinitatis. Arnoldus dei gracia Trevirorum archiepiscopus. Justicia est, que conservat unicuique quod suum est, sed, quid cui conservari debeat, sine veritatis cognitione nulli liquido constat. Igitur defectui humane memorie, qui veritalis ignorantiam inducere et per hoc justicie solet de- rogare, scripti hujus perpetuitatem opponentes notum facimus universis Christi fidelibus tam futuris quam presentibus, quod dilecti filii nostri scilicet Henricus prepositus de Lutrha et frater ejus Theodericus in villa, que Bovaries nuncupatur, omnes vineas a predecessoribus suis hereditario jure ad se devolutas ab

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omni exaclione et pelicione liberas et ab omni onere et debito advocatie immunes quiete et sine omni infestatione possederunt, quamdiu in seculari habitu conversa- bantur. Postquam vero ambo ad claustralem conversationem se transtulerunt et vineas predictas cum omni integritate et in ea libertate, in qua eas prius usque ad diem conversionis sue possederant, ecclesie, que est in Lutrha, contulerunt, Cüno de Malberch jus advocatie ab eisdem vineis et exactionem indebitam exigere et extorquere cepit. Tandem divino instinctu penitentia ductus in pre- sentia nostri et aliorum multorum, quos testes supponemus, predictas vineas sue advocatie in nullo obnoxias esse recognovit et ab injusta exactione sua penitus destitit. Verum quia, ut lex dicit, nemo plus juris in alium transferre potest quam ipse in re habuerit, Rudolfum militem, scilicet hominem suum de Wildes- acker, qui hanc injustam exactionem sub nomine ipsius Cünonis exsequebatur, tali exsecutione privavit et desistere eum penitus fecit. Ut ergo predicte vinee ecclesie, que est in Lutrha, semper libere et ab omni exactione secure permaneant et ne aliquis hoc audeat inposterum rescindere, presentem paginam, ordinem veritatis exprimentem, sigilli nostri impressione confirmare et testium subscriptione communire decrevimus sub tali determinatione, ut qui hoc rescindere attemptaverit anathema sit. Hujus rei testes sunt: Rüdolfus Trevirorum ecclesie major pre- positus, Johannes major decanus, Folmarus, Rüdolfus, Godinus archidiaconi, Gerardus prepositus Palacioli, Walterus decanus sancti Symeonis, Wezelo cantor, Lodewicus abbas sancti Eucharii, Oliverus abbas sancti Martini, Reinboldus abbas sancte Marie, Godefridus abbas de Spren- kirsbach et alii plures clerici et monachi; Cüno de Malberh, Wiricus de Nümagen et fratres ejus, Theodericus de Bruka, Reinerus, Walterus de Palatio, preterea de concivibus quam plures.

Acta sunt hec anno dominice incarnationis M°CoLXXIII® indictione VII, epacta Vi) concurrente primo.

Original Coblenz St. A.

Siegel des Erzbischofs bis auf einen Teil der Umschrift wohl erhalten, blaue Wollbänder. Gleichz. Indors. »Arnoldi«.

5. Der Trierer Dompropst Rudolf und Ritter Maffrid von Neumagen be- zeugen, dass der »lange Weinberg< bei Clüsserath von ihren Vorfahren der Kirche zu Lautern unter der Bedingung geschenkt ward, dass ihre Schwester, die Nonne Oda, den Ertrag desselben lebenslänglich haben solle. 1169 1197.

Rodulfus dei gracia major prepositus Treverensis et Mafridus miles de Numachen omnibus presens scriptum inspecturis cognoscere veri- tatem. Cum hominum memoria sit labilis, ideo ea, que fiunt in tempore, ne labantur cum tempore, titulo solent vivacis littere cummendari. Notum facimus tam presentibus quam futuris, quandam vineam, que apellatur lunga vinea, sitam in monte de Cluscetre ab antecessoribus nostris ecclesie de Lutra nomine elemosine esse collatam, ita quod Oda monialis soror nostra fructus dicte vinee quamdiu vixerit integraliter percipiet, post vero obitum ipsius ecclesia de Lutra dicte vinee fructus inperpetuum percipiet, ita quod singulis annis in die, quo in ipsa ecclesia anniversarium antecessorum nostrorum celebrabitur, ama vini dominabus et fratribus ibidem conversantibus distribuetur. Ut autem ea, que

1) Statt XV.

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prelibavimus, rata maneant et firma, presentem paginam sigillorum nostrorum munimine roboravimus.

Original Coblenz St. A.

Siegel 1. Dompropst Rudolf, beschädigt, spitzoval; stehender Geistlicher in der Rechten Palmzweig, in der Linken ein Buch. Von der Umschrift: RODV.... A TR... ARCHJD’. 2. Maffrid v. Neumagen, sehr beschädigt, rund mit Mittelschild: geschobener Balken. Von der Umschrift M. JN. Kücks. späterer Vermerk Zweibech. Zur Datierung: In dem Dompropst Rudolf wird man denjenigen zu erblicken haben, der urkundlich für d. J. 1169—97 nachweisbar ist (M. U. B. I.), da die späteren gleichnamigen Dompröpste aus der Familie de Ponte stammen.

6. Friedrich von Bitsch befreit die Kirche zu Lautern von der Abgabe, die jedes an Rehlingen vorüberfahrende Schiff ihm zu entrichten hat. 1183.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Fridericus de Bitse notum facio tam futuris quam presentibus, quod cum quelibet navis transiens per Rolingen nobis tributum persolvere teneatur, hanc libertatem ecclesie de Luthra pro remedio anime nostre et suceessorum nostrorum concessimus, quod omnem ejus navim ascendendo vel descendendo liberam in perpetuum precepimus fieri. Ne autem hoc factum aliqua oblivione possit deleri vel novis successoribus im- mutari, auctoritate nostri sigilli dignum duximus confirmare. Hujus rei testes sunt: Rüdulfus et frater ejus Albericus, Marsilius de Himersdorf, Wiricus de Rolingen.

Facta sunt hec anno dominice incarnationis M. C. LXXXIIL Epacta XXV.

Indictione I. Original Coblenz St. A.

Reiter-Siegel des Ausstellers von braunem Wachs, rund an Lederstreifen, stark beschädigt. Umschrift: nur Buchstabenreste.

7. Friedrich Herr zu Bitsch bestätigt das Kloster Lautern in dem Besitz eines Guts zu Pachten (Patta), der Fähre und Zinsgenusses daselbst, wie ihm alles von dem verstorbenen Wilhelm und dessen Ehefrau Osilia geschenkt worden war. Um 1183.

Ego Fridericus divina gracia Bitensium dominus notum esse volu || mus cunctis Christi fidelibus tam videlicet futuris quam presentibus, quod nos | allodium de villa, que Patta dicitur, cum navi et censibus et cum his omnibus, que Willelmus bone memorie et uxor sua Osilia Lutrensi ecclesie pro salute anime sue contulerunt, libere et integraliter eidem ecclesie reddidimus et dimisimus. Quod ut verius infuturum credatur et firmius inperpetuum teneatur, corroboravimus hoc omnibus modis testibus idoneis adhibitis scilicet: abbatem Villariensem, abbatem de Sturcelburnen, abbatem de Rütele, filios nostros Matheum et Philippum et alios quam plures, quos presens scedula non sufficiebat capere. Super hec omnia cartam istam scribi jussimus et sigillo nostro signavimus, ut si aliqua profana persona hoc infringere aliquo ingenio temptaverit maledictus sit a domino deo in secundo adventu.

Original Coblenz St. A.

Siegel abgefallen. Regest in Goerz, Mittelrhein. Regesten II S. 244, No. 884 mit Jahreszahl ce. 1200; die Urkunde war damals die älteste bekannte von Fraulautern.

A

S. Friedrich von Bitsch bezeugt, dass Folmar von Willingen sein Eigentum zu Karlingen, dass ferner Arnold von Loimersfeld, der zum Gefolge des Ausstellers gehörte, seinen Landbesitz bei Sermedingen dem Kloster Lautern geschenkt habe. 1183.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ne oblivio longioris temporis rerum- que mutabilitas plures ecclesiarum deleret contractus, precepit consuetudo bona illos scripto conmendari. Inde ego etiam Fridericus de Bitse notum fieri cupio tam futuris quam presentibus, quod dominus Folmarus de Willingen allodium suum, quod habebat in Keirlingen, cum omnibus appendiciis suis ecclesie de Luthra per manus nostras in presentia nobilium et minis- terialium nostrorum libera tradidit donatione. Preterea quidam de familia nostra Arnoldus videlicet de Loimersvelt terram, quam jure hereditario secus Ser- medingen possederat, eidem contulit ecclesie, ita consensu filiorum suorum Hesonis videlicet et . . .!) omniumque coheredum suorum, quod siquis eorum deinceps ecclesiam prenominatam inquietare presumeret prius ecclesie de injuriosa pulsatione satisfaceret et nobis vel successoribus nostris centum solidos teneretur solvere. Ne autem hec aliquis in posterum rescindere presumat, kartam seriem veritatis exprimentem testibus idoneis adnotatis sigilli nostri impressione corro- boramus. Hec sunt nomina testium: Cristianus sacerdos de Liezdorf, Beren- serus de Himmersdorf, Rüdulfus de Siersberch, Albericus frater ipsius, Arnoldus de Bekingen, Willelmus de Hechelingen, Johannes de Gerlevengen, Arnoldus de Turri, Philippus de Hustat, Marsilius de Himerstorf.

Acta sunt hec anno dominice incarnationis MCLXXXIIT Epacta XXV. Indic- tione I. Original Coblenz St. A. Siegel abgefallen. Ein rücks. Vermerk des 18. Jh. hat Arnoldus de Somersfeld.

9. Das Domcapitel in Trier bekundet auf Ersuchen der Priester Eberwin und Burchard und des Laienbruders Theoderich den Verkauf der der Kirche zu Lautern gehörigen Güter zu Noviant und Maring (Kr. Bernkastel) an das Kloster Himmerode. Da die Kirche in Lautern kein Siegel habe, wurde das Domcapitel um Siegelung der Urkunde gebeten. Als Zeugen genannt: Die Ministerialen Ludwig von der Brücke (de Ponte), dessen Bruder Reiner, Friedrich von Merle, Rudolf von der Brücke (de Ponte), Jacob von Daun; die Bürger Herbord Schultheiss, Ludwig Vogt und Ludwig Slizeweche. ca. 1200.

Original Coblenz St. A. Gedruckt Mittelrh. U.-B. II, S. 335 u. III, S. 328. Regesten ebenda S. 782 No. 1031 und Mittelrh. Reg. II, S. 243 No. 879.

10. Graf Heinrich von Zweibrücken und seine Gemahlin Hedwig schenken dem Kloster Lautern ihr Eigentum in Reisweiler. 1212.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Heinricus comes de

Gemino Ponte et Hedewigis collateralis mea sancto conventui in Lutrea in perpetuum. Quia sollempnitas contractuum scribi postulat, ne per oblivionis

!) Name von etwa 10 Buchstaben ausgelassen.

er

nebulam a memoriis hominum recedat, dignum duximus litteris exarare et subscrip- tione testium eternare, quod allodium nostrum in Reiswilre, sicut nobis here- ditario jure successit in agris, in pratis, in silvis, in pascuis, eidem ecclesie Lutrensi cum omni integritate!) pro remedio animarum nostrarum et omnium parentum nostrorum et liberorum et speciali memoria Friderici ducis?) et uxoris sue perpetuo possidendum contulimus et presentem paginam nostris si- gillis munitam scribi fecimus, testibus subscriptis: Theodericus abbas de Strurcelburnen et Symon capellanus suus et Peregrinus abbas de Wadegozingen, Helwicus prior ibidem, Gerburgis de Warnsberch et Osilia de Paten, Lifwinus de Adelartswilre, Albertus Munt de „astela, Gervalcus de Volkelinga et alii quam plures.

Acta sunt hec anno dominice incarnationis M. CC. XI.

Original Coblenz St. A.

Siegel 1. Graf Heinrich; schildförmig, am Rande beschädigt ; nach rechts schreitender Löwe. Von der Umschrift ..N HEINRICI. 2. Gräfin Hedwig; spitzoval, am Rande beschädigt; stehende Frauengestalt auf der linken Hand einen Vogel haltend nach dem sie blickt. Von der Umschrift SIGILLVM HAIDE....

11. Das Domcapitel in Trier bekundet, dass der Trierer Subdiacon Friedrich und seine Ehefrau Mathilde sich und ihre Tochter dem Kloster Lautern übergeben und dass der Vater desselben sein Jahrgedächtnis im Kloster gestiftet habe.

224 Oktober 29.

R. dei gracia prepositus, W. decanus totumque capitulum Treverense ?) uni- versis Christi fidelibus tam presentibus quam futuris imperpetuum. Ut adversus insidias calumpnie et defectum memorie rebus gestis utiliter consulatur, pre- sentibus litteris universis innotescat, quod, cum Fredericus subdiaconus Tre- verensis cum Mechtilde de facto, non de jure matrimonium contraxisset et ex ea genuisset fillam, tandem sancto spiritu obumbrante ad cor ambo reversi et conversi ad poenitentiam se et sua cum filia quam habebant in manibus preposit de Lutrea nomine ejusdem ecclesie reddiderunt. Pater autem predicti F., cum non haberet alium heredem vel filium preter eum, exultans exultatione super filio poenitentiam agente, heredem ipsum elegit, qui nos regni celestis heredes effecit, et ut post ejus obitum anniversarium suum in monasterio de Lutrea annis singulis celebretur, omnia bona immobilia et mobilia, que post exitum vite su solutis debitis sibi superfore contigerint, dicto monasterio religiosa liberalitate titulo donationis donavit, tali addita conditione, quod si dictum patrem necessitas evidens ad venditionem rerum suarum compulerit, necessitatem primitus decla- rabit et ante omnem emptorem sepedicto monasterio venalis rei offeret emptionem, contentus eo precio, quod alter daret, qui sibi comparare rem venalem vellet. Testes hujus rei sunt: Wernerus scolasticus et magister, Cunradus canonicus

‘) Hier späterer Zusatz: »et loupache, bezieht sich wohl auf Labach bei Reisweiler.

*) Friedrich I v. Lothringen, -- 1207.

*) Propst Rudolf, Dechant Wilhelm oder Werner.

a re

sancti Symeonis, Hugo et Lodowicus canonici sancti Paulin, Lam- bertus et Syfridus sacerdotes, Thomas et Ricardus milites et scabini Treverenses.

Actum anno gracie Mo CCo XXIIIT, quarto kalendas Novembris. Orig. Coblenz St. A.

Siegel der Trierer Domkirche an farbigen Wollschnüren wohl erhalten, nur Umschrift beschädigt.

12. Der Trierer Bürger Ludwig Molgrin schenkt alle seine in- und ausser- halb Triers gelegenen Güter dem Nonnenkloster Lautern. 1225 Mai 3.

Notum facimus universis, quod Lodewicus civis Treverensis cognominatus Molgrin bona sua omnia immobilia, que habet in civitate vel extra propter re- medium anime sue ecclesie sanctimonialium in Lutra donavit et tradidit, tam in jure possessionis quam jure proprietatis perpetuo possidenda, sive ea consistant in vineis, domibus, agris, vel aliis quibuscumque immobilibus. Ecclesia vero solvet pro eo debita subscripta: Bilze sorori ejusdem Lodewici XX libras in nativitate domini; monasterio de Werniswilre V libras in festo Martini; Johanni de Wilre XXI libras et XII solidos in octava Pentecoste; Arnoldo privigno suo XXIII solidos; Johanni de Nalebach VII libras et dimidiam in festo Jacobi; Gertrudi de Epternako X libras; Friderico XXI libras et X solidos; Tirrico Lyren VII solidos; Johanni preposito de Lutre VI libras et II solidos; item eidem preposito de annona II libras. Preterea ecclesia memorata dabit eidem L. singulis annis quamdıu vixerit VII libras Treverenses a festo beati Martini proximo usque ad finem anni persolvendas, ex quibus jam recepit II libras. Et prepositus predicti loci nomine ecclesie obligavit se pro eodem Lodewico, Tirrico fratri suo et Lodewico filio ejusdem T. de Huren pro tribus libris Treverensibus, quas dietus prepositus de pensione dicti Lodewici eisdem ad tres annos persolvet. Porro indulsit eadem ecclesia prefato Lodewico medietatem fructuum cujusdam orti in Wevirgazen ad dies vite sue, ita tamen, si dietum ortum vendi non contingat. Ecclesia vero, si pro predictis debitis persolvendis domos vel agros vel alia quecumque immobilia sibi ab eodem L. collata vendi- derit, nihilominus tenebitur in VIII libris annuatim Lodewico sepedicto. Ne autem super hiis, que sollempniter acta sunt, aliquis malignandi scrupulus possit in posterum suboriri, presentem paginam exinde conscriptam sigillo civitatis cum nominibus testium subnotatis et majoris ecclesie Treverensis necnon et ipsius ecclesie de Lutren sigillis placuit communiri. Testes: Scabini: Godefridus sellator, Lodewicus Freisammus, Fridericus Mundekin, Bonefacius, Walterus, Herbrandus, Henricus, Ordolfus, Lodewicus et Ernestus Puella, Johannes de Nalebach, Lodewicus Albus, Henricus, Bal- dewinus.

Actum anno domini MeGCeXXV°, quinto Nonas Maii. Orig. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Stadt Trier; zerbrochen, rote und gelbe Schnüre. 2. Dom- capitel Trier ; am Rande beschädigt, rote und blaue Schnüre. 3. Kl. Lautern, beschädigt, von der Umschrift: SIGILLV.... RINI.... Schnüre wie bei 2.

TE 2

13. Scholasticus Werner von S. Symeon in Trier kommt mit dem Kloster Lautern überein, dass er ein demselben gehöriges, sehr baufälliges Haus in Trier auf seine Kosten wiederherstellen, es dafür aber lebenslänglich bewohnen werde.

©. 1223.

Ne bonarum mencium pia intencio nube oblivionis in posterum obfuscetur, ego W.') ecclesie sancti Symeonis scolasticus notum facio tam futuris quam pre- sentibus, quod cum domina J. magistra de Lutre et B. sacerdote, ejusdem loci provisore, et sororibus dicti loci consencientibus de domo, quam habebant Tre- veri ex donacione R. earundem sorore, hoc modo convenimus, quod domum dietam, quia jam propter nimiam vetustatem ex magna parte passa fuit ruinam, eam meis expensis reedificarem et tempore vite mee eam usibus meis applicarem et hee expense cederent in salutem et memoriam anime mee apud dietam eccle- siam, nec post mortem meam aliquis amicorum meorum earumdem expensarum habebit repeticionem. Ut autem hec temporalis vite mee cencessio nec mihi nec diete ecclesie possit aliquod inducere gravamen, presens scriptum sigillo beati Sy- meonis et meo et’ecelesie prenominate roborari feci. In hujus concessionis re- cognicione testes fuerunt: Johannes custos ecclesie sancti Symeonis, Wezelo cantor, Erfo sacerdos, Otto sacerdos, Burchardus sacerdos.

Orig. Coblenz St. A. Teilurkunde. Siegel: 1. Stift S. Symeon. 2. Scholasticus W., stark beschädigt. 3. Kl. Fraulautern abgefallen.

14. Bischof Johann von Metz bestätigt die Schenkung des Patronatsrechts der Kirche in Willingen seitens des Robert von Rollingen (de Ravilla) an das Nonnen- kloster Lautern. 1230 November 9.

In nomine sancte et in individue trinitatis. Johannes dei gracia Metensis episcopus tam presentibus quam futuris, quibus hoc scriptum videre contigerit, veritatis testimonio fidem adhibere. Cum juris et rationis ordo deposcat, ut justis quorumlibet preeibus pius et facilis prebeatur assensus, specialiter et maxime convenire videtur, petitiones religiosorum pro suis necessitatibus facile et clementer admitti. Nos itaque conventus sanctimonialium de Lutra defectum in temporalibus, profectum vero et oppinionem sanctam in spiritualibus attendentes, sicut humiliter et instanter nobis supplicarunt, donationem jurispatronatus ecclesie de Weldingen, quam fecit eisdem nobilis vir Robertus de Ravilla de consensu heredum suorum eo quod ad ipsum spectare dinoscebatur approb(ante)s ?), auctoritate nostra confirmamus. Preterea, ut inopie sue aliquam a nobis consolationem accipiant, dilecto nostro B. archidyachono loci ipsius et capitulo Metensi communiter et benigne consentientibus prenominatam ecclesiam eisdem habere concessimus pleno jure perpetuo possidendam, ita quod in ipsa ecclesia vicarium a nobis instituendum presentare teneantur, salvo tamen jure dyocesiano, quod tam nobis quam archi- dyacono secundum conswetudinem ecclesiasticam comp(etere) ?) dinoseitur. Ne igitur contra hanc indulgentie nostre liberalitatem ecclesia sepedictarum monialium quoquo modo valeat inquietari, presentem auctoritatis nostre paginam

1) Vgl. Mittelrh. U. B. II u. III Register. ?) Lücke im Pergament.

Be

sigillo nostro cum sigillis archidvachoni et tocius capituli nostri fecimus com- muniri. Actum anno domini Millesimo ducentesimo tricesimo, quinto Idus Novenbris. Original Coblenz St. A. Von den 3 Siegeln nur vom zweiten (Archidiakon) Bruchstiicke. Eine Nachbildung der Urkunde auf Pergament, etwa dem 14. Jh. ent- stammend, liegt bei.

15. Gräfin Lukardis von Wied schenkt auf Bitten ihres Sohnes, des Grafen Simon von Saarbrücken, der Kirche zu Lautern eine Salzpfanne bei Breide (Bretten ?) und einen Leibeignen zu Lautern. 1234.

Ego Lucardis comitissa de Weda omnibus presentem paginam inspec- turis notum facio |, quod ego at (sic!) peticionem dilecti fil mei S. comitis Sarepuntensis, qui heres erat allodii de Breide, situm patelle cum suo jure aput (!) Breide et hominern unum aput Lutream contuli in remedium anime ipsius et mee in perpetuum possidendum. In hujus rei testimonium presentem paginam sigilli mei munimine roboravi.

Actum anno domini MP CCo XXXO IIIe.

Original im Fürstl. Fürstenbergischen Archiv zu Donaueschingen, von Herrn Rektor Jung in Saarbrücken nachgewiesen.

Siegel der Gräfin stark beschädigt. Rückseitiger Vermerk des 15. Jh. »eine brieff von dem cyncze gude zu Breide geben von der greffynnen von Wyde«. 18. Jh. »Pachten<. Vgl. auch Mittelrh. Reg. IV, 8. 125, No. 566 »Brethen«.

16. Hugo Vogt von Hunolstein schenkt dem Nonnenkloster Lautern den Zehnten und das Patroratsrecht der Kirche in Schwarzenholz. 1235.

Notum sit universis presentibus et futuris, quod ego Hugo advocatus de Hanapetra contuli ecclesie sancte trinitatis et beate virginis Marie de Lutra et dominabus ibidem deo servientibus decimam et jus patro- natus ecclesie de Svarcenholf in puram et perpetuam elemosinam pro salute anime mee et parentum meorum. Et ut hoc firmum et stabile permaneat, presens scriptum sigilli nostri munimine fecimus roborari.

Actum anno domini Mo CCOXXXoV®,

Orig. Coblenz St. À.

Siegel des Ausstellers wenig beschädigt.

Gedruckt Mittelrh. U. B. III, 5. 417 nach Copie. Regest Mittelrh. Reg. Il, 8. 572 No. 2184. Daselbst auch weitere Drucke nachgewiesen.

17. Gerbodo nebst Frau und Kindern verzichtet zu Gunsten der Kirche in Lautern für 40 Schillinge auf seinen Anteil an der Wetzelsmühle unter Abschwörung vor der Kirche zu Saarbrücken. @... 1236.

Noverint universi, quod Gerbodo renuntiavit parti sue, quam habuit in molendino Wezzeles acceptis quadraginta solidis Metensium ab ecclesia de Lutteren, similiter et uxor ejus et liberi. Quo facto interfuerunt: Johannes prepositus Lutrie, Everwinus decanus sancti Arnualis et Conradus de Alstringen et

teynoldus sacerdotes, Anselmus conversus Lutrie, Volmarus de Cokeren et Otto de Morsbach laici. Ut autem in posterum nec ab ipso nec a suis questio nulla fiat ecelesie memorate, idem Gerbodo Sareponti ante fores ecclesie tactis sacrosanctis reliquiis partem suam et suorum, sicut prelibatum est, de Wezzelis mulen abjuravit. Testes itidem prepositus Lutrie, Roricus junior, Ludewicus de Berge, Petrus de Bevelsheim, Liebwinus de Malstat. Orig. Coblenz St. A. Die Wachsreste des einen vorhanden gewesenen Siegels lassen einen nach rechts schreitenden Löwen erkennen. Der rücks. Vermerk 18. Jh. »Gensbach«, Kr. Forbach, wird vielleicht die Mühle ermitteln lassen.

18. Benannte Personen schlichten einen Streit zwischen dem Nonnenkloster Lautern und Gerbodo von der Wetzelsmühle unter Beihülfe des Herrn Merbodo von Malberg und seiner Söhne. 1256 Juni 6. Finstingen.

(Jue geruntur in tempore, ne labantur cum cursu temporis, litterarum me- morie solent commendari. Noverint igitur tam presentes quam posteri presentes litteras inspecturi, quod de gerra, que vertebatur inter dominas de Lutra et Gerbodonem de Molendino, quod dicitur Wezelsmulen, pax et composicio facta est, ita tamen, quod si dietus Gerbodo vel filii sui hujus composicionis et pacis postmodum violatores extiterint, quod dominus Merbodo de Malberc vel fil sui dietum Gerbodonem, in quocumque loco capere poterint, capient et ipsum vinculis mancipatum dominabus supradictis et claustro presentabunt. Hujus rei testes sunt: dominus Johannes dei gracia archidiaconus Metensis, do- minus Merbodo de Malberc, dominus Walterus de Brucha, sigillis quorum presentes littere sunt sigillate, dominus Johannes de Wildesberc, W. archi- presbiter de Vinstinga et alii quam plures honesti.

Datum apud Vinstinga anno domini MoCCe XXX°VI®, mense junio in die sanctorum Bonifacii sociorumque ejus.

Orig. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Archidiacon Johannes. 2. Rest eines Reitersiegels. 3. fehlt. Fücks. 15. Jh. »Ein brieff von Wetzelemuelen«. 18. Jh. »Compositio facta inter domicellas et Gerbodonem ratione molendini in Ginsbach, quam Gerbodo sub poena carceris servare tenetur 1256 (!) Genbach«.

19. Die Ritter Marsilius und Reiner sowie ihr Verwandter der jüngere Marsilius von Liesdorf, ferner Gottfried von Schwalbach schenken ihre Anteile am Patronatsrecht der Kirche in Reisweiler mit Zustimmung des Lehnsherrn Matthäus von Sidelingen dem Nonnenkloster Lautern, 1237 März 8. Pachten.

Ne illa que fiunt in tempore cum tempore labantur et transeant, universis Christi fidelibus presentibus litteris innotescat, quod ego Marsilius et Reinerus frater meus, milites, et cognatus noster, junior Marsilius de Lizdorf magistre et conventui de Lutra contulimus pro remedio animarum nostrarum medietatem Juris patronatus ecclesie de Reiswilre, quam hucusque pacifice possedimus el quiete. Partem ‚etiam terciam ejusdem juris patronatus contulit Godefridus de Sualpach conventui memorato. Similiter et Methildis de Sualpach, mater ipsius Godefridi, quicquid juris in ecclesia de Reiswilre ad ipsam spectabat,

En ‘Ne

conventui contulit antedicto. Verum cum dieti donatores jus patronatus ecclesie antedicte teneant in feodo a Matheo de Sidelingis domino, ut rata et firma habe- retur hec donatio, tres milites, videlicet me Marsilium, dominum Rodulfu m de Sirsperch et Johannem de Hustat misit nuntios ad virum nobilem domi- num Johannem de Sirsperch et mandavit eidem, quod nomine suo testa- retur magistre et conventui sepedictis, quod donationem juris patronatus, ut pre- missum est, in ipsas factam ratam haberet et gratam. Ut autem hec donatio perpetuo maneat inconvulsa, presentem cartam sigillis abbatis de Wadegozinga et domini Johannis de Sirsperch rogavimus in testimonium sigillari. Testes qui interfuerunt, ubi dominus Johannes de Sirsperch ad mandatum Mathei, qui do- minus est feodi, donationem istam ratificavit, sunt hii: dominus abbas de Wade- sozinga, ego Marsilius, dominus Rodulfus de Sirsperch, Johannes de Hustat, Roricus de Dentingen, Bezelinus milites; Heimo de Lizdorf, Mar- quardus de Beckingen, Arnoldus de Rodene, Hugo de Lutra sa- cerdotes.

Acta sunt hec aput Patthen anno domini MICCPXXXVI, in quadragesima.

Original Coblenz St. A.

Siegel: 1. Joh. v. Siersberg, geflochtene Wollschnüre. 2. An eben solchen Schnüren ein Wachsrest und am Ende angebunden ein an Pergamentstreifen befestigt gewesenes rundes Siegel: undeutlich erkennbar Brustbild einer Person nach links gewendet; die Pergamentstreifen mit Schrift aus dem Anfang des 13. Jh.

20. Der erzbischöfliche Official Canonicus Th. in Trier entscheidet in einer Streitsache zwischen dem Kloster Lautern und den Eheleuten Heinrich in Trier wegen eines jenem gehörigen, bei St. Moritz (?) in Trier gelegenen Weinberg. 1239 Mai 4.

Th. canonicus Treverensis, domini archiepiscopi officialis, omnibus presens scriptum inspecturis notum facimus, quod in causa, que vertebatur inter ma- sistram et conventum in Lutrea ex una parte et Henricum et uxorem suam Trevirenses ex altera, talis compositio facta fuit inter eos in judicio coram nobis, quod vineam, quam dictus conventus habet apud sanctum Mauricium in Treveri!), pro medietate fructuum supradictus H., quousque vixerit, illam colet tali addita condicione, quod, cum ipse decesserit, prefata vinea libera et sine reclamatione G. uxoris ipsius redibit ad claustrum supranominatum, et hoc ipse H. cum uxore sua coram nobis et testibus subsequentibus festucaverunt. Promisit et se nullum vinum expressurum in torculari dieti conventus situm apud vineam prenominatam, nisi de gracia ejusdem conventus, preter quod provenit ex vinea sepe nominata. Hiis interfuerunt dominus Willelmus de Davels, Henricus filius Sistap, Wiricus frater predicte ecclesie et Conradus de Palacio et quidam al. Ut autem hec rata et firma permaneant, presentem litteram sigillo nostro et W. de Davels concanonici nostri fecimus communiri.

Acta sunt hec anno domini M°CC°XXX°IX° feria IIII® ante ascensionem domini.

Original Coblenz St. A. Die Siegel abgefallen.

2) S. oben Text S. 10.

21. Hugo Vogt von Hunolstein (dietus avocatus de Hunoldesten) schenkt Patronatsrecht und Zehmten der Kirche in Schwarzenholz (Svwarcenholz) dem Kloster Eautern. 1239.

Actum anno domini M°CCOXXX0IX0.

Original Coblenz St. A. Siegel an Pergamentstreifen abhangend, Rand abgebrochen. Text wie No. 16.

22. Kuno genannt von Rulant schenkt die seinem Vater von Ludwig Molgrin überkommenen Güter zu Uehren der Kirche zu Lautern. 1241 Jan. 14.

Ego Cono dictus de Rulant notum facio universis, ad quos littere pre- sentes pervenerint, quod ego omnes possessiones sive hereditates, que quandoque jure hereditario contingebant Ludewicum cognomine Molgrin apud Uren, cum omni integritate, qua ipsas patri meo resignavit in vineis, agris sive areis pre omnibus aliis jure hereditario contradidi ecclesie de Lutrea perpetuo, pacifice et quiete ipsas possidendas, salvo tamen mihi et heredibus meis jure, quod ab antiquo eadem bona mihi et antecessoribus meis solvere tenebantur.

Datum anno domini M°CC°XL°, in crastino octave epyphanie. Quia ego C. sigillum proprium non habui, sigillo fratris mei Th. domini de Rulant presentes litteras in testimonium veritatis jussi communiri.

Original Coblenz St. A.

Siegel des Ih. von Rulant: schildförmig, geschobener Balken, am Rande beschädigt. Umschrift: + SI..LVM T....MINI DE RUL.NT. Für die Datierung ist Trierscher Styl vorausgesetzt.

23. Meisterin Berta und der Convent zu Lautern kaufen von Benzelin von Bedesdorf 5 Morgen Feld beim Hofe Hucelsdorf u. a. O. 1241 Fraulautern.

B. dei permissione magistra in Lutra totusque conventus sanctimonialium ejusdem loci universis presens scriptum inspecturis in vero salutari salutem. Cum res gesta mandatur litteris tocius materie calumpnie prevenitur. Noverint ergo tam presentes quam posteri, quod nos octo jurnalia camporum erga Benceli- num de Bedestorf et suos successores emimus, ut usque in perpetuum ad nostram pertineant ecclesiam, quorum quedam pars, scilicet area, sita est apud curtim in Huccelstorf et altera pars apud locum, qui dicitur Bissenpul, et una pars apud Daswilre, et quadam pars sita est apud semitam, que dueit transeuntes usque Oswilre.

Acta sunt hec apud Lutra coram conventu et domino Sibodone pastore de Ucelstorf et domino Friderico sacerdote de Bedrestorf et Johanne de Bedrestorf et coram aliis quam pluribus viris probis et honestis anno do- mini M°CC°XL°I Ut autem hec rata et inconcussa permaneant, presentem sce- dulam sigillis abatis sancti Martini Gladariensiset domini Johannis de Sirsperch fecimus roborari.

Original Coblenz St. A.

Siegel (weisse Wollschnüre): 1. Abt von Lungfelden, 2. Joh. v. Siers- berg. Eine rückseitige ältere Eintragung hat »Bederstorff«, eine jüngere » Bebersdorf«.

N > pe

24. Herzoy Matthäus von Lothringen schenkt dem Frauenkloster Lautern

einen Zins von 10 Schillingen zu Wallerfangen von dem sogen. Hufgut. 1248 März 2.

Que geruntur ab hominibus, cito labuntur a memoria, nisi scripto vel voce testium confirmentur. Declaretur igitur tam presentibus quam futuris, quod ego Matheus dux Lotoringie pro remedio anime mee et successorum meorum decem solidorum census in Walderwinga de bonis, que dicuntur Hufgüt, con- ventui sanctimonialium in Lutra in perpetuum pacifice possidendos contuli. Ne talis donacio a posteris detrimentum paciatur vel calumpnia attemptetur, presens scriptum sigilliı mei munimine duxi roborandum.

Datum anno domini MP’ CC XL VII, sabbato ante dominicam qua cantatur

»oculi mei<. Orig. Coblenz St. A.

Rundes Reitersiegel des Herzogs, abhangend, zerbrochen, mit Rück-

siegel. Zeile 3 stand: anime sue et succ. suorum; sue u. suorum sind getilgt und mee und meorum übergeschrieben. Beiliegend Abschrift des

15. Jh.: erhalten auch in Vidimus von 1481, April 3.

25. Papst Innocenz IV. erklärt, dass das Augustiner-Nonnenkloster zu Lautern nur auf Spezialmandat, das dieser Indulgenz Erwähnung thut, zur Aufnahme ‚Jemandes gezwungen werden dürfe. 1249 Jauuar 11. Lyon.

Innocentius episcopus servus servorum dei dilectis in Christo filiabus . magistre ac conventui de Lutrea ordinis sancti Augustini Treverensis diocesis salutem et apostolicam benedictionem. Cum ex superflua multitudine sequantur confusionis frequenter dispendia graviora, nos devotionis vestre precibus inclinati vobis auctoritate presentium indulgemus, ut ad receptionem alicujus in monasterio vestro compelli aliquatenus non possitis per litteras apostolice sedis vel legatorum ipsius sine speciali mandato sedis ejusdem, expressam faciente de hac indulgentia mentionem. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostre concessionis infringere vel ei ausu temerario contraire. Si quis autem hoc attemptare pre- sumpserit, indignationem omnipotentis dei et beatorum Petri et Pauli apostolorum ejus se noverit incursurum. Datum Lugduni IL Idus Januarii, pontificatus nostri anno sexto.

Orig. Coblenz St. A.

Bleibulle an roten und gelben Seidenfäden. Ein rücks. Vermerk des 15. Jh. setzt die Urk. in das Jahr 1189 und giebt ihr die No.6. Bei Potthast reg. pont. rom. II nicht erwähnt.

26. Archidiacon Arnold (v. Schleiden), Propst von $. Paulin, Archidiacon Symon (v. Franchirmont) und Canonicus S. vom Domstift in Trier vidimieren das Privileg des Papstes Innocenz IV. für Fraulautern vom 11. Januar 1249 (No. 25).

1249 März 25. Trier.

A. major archidiaconus, sancti Paulini prepositus, S. canonicus et officialis Treverensis omnibus presentem paginam visuris et audituris notum fieri cupimus, quod nos litteras domini pape bullatas, non cancellatas, non abolitas nec in aliqua sui parte vitiatas vidimus et verbo ad verbum legimus in

Bei. 1

bec verba: (folgt buchstabengetreue Abschrift des päpstlichen Privilegs vom 11. Ja- nuar 1249, s. 0.) In cujus rei testimonium presentem paginam ad peticionem predictarum magistre et conventus sigillis nostris fecimus communiri.

Datum Treveri anno domini millesimo ducentesimo quadragesimo nono, in die annunciacionis dominice.

Or. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Archidiacon A.; stehender Kleriker. Rücksiegel, Rand start beschädigt. 2. Stehender Kleriker mit Buch und Palmzweig : von der Umschrift: …TREVE. 3. Siegelrest, Haupt eines Klerikers.

27. Der Trierer Archidiacon und Thesaurar Symon bestätigt die Schenkung der Kirche in Reisweiler an das Kloster Lautern. 1250 August.

Symon dei gracia archidiaconus et thesaurarius Treverensis universis Christi fidelibus tam presentibus quam futuris, ad quos presentes littere perve- nerint, notum esse volumus, quod, cum fundatores ecclesie de Reiswilre libere contulissent ipsam ecclesiam dilectis in Christo . . magistre et conventui de Lutrea, prout in eorum litteris, quas diete magistra et conventus habent eorum sigillis roboratas, plenius vidimus contineri, nos dietam collacionem ratam haben- tes ipsas in possessionem predicte ecclesie et fructuum ipsius, quos ibidem pas- tores recipere consueverunt, portione vicarii in eadem deservientis dumtaxat competenti excepta, misimus et mittimus per presentes et eas decano loci pre- sentavimus ad eandem. In hujus rei memoriam presentes litteras super hoc con- fectas sepedictis magistre et conventui dedimus sigilli nostri munimine roboratas.

Actum et datum anno domini CC? quinquagesimo, mense Augusto.

Orig. Coblenz St. A. Siegelrest abhangend, Figur eines Klerikers.

28. Abt Heinrich von Wadgassen und Graf Heinrich) von Zweibrücken bezeugen einen Ausgleich in dem Streite zwischen dem Nonnenkloster Lautern einer- seits und Elisabeth Wittwe von Liesdorf und deren Sohne Gottfried andrerseits über das Patronat der Kirche in Reisweiler. 1250.

Hanricus dei pacientia dictus abbas in Wadegozen et H. comes Geminipontis tam presentibus quam futuris notum facimus: Si ecclesiarum dei pre ceteris curam gerere et utilitatibus earum studuerimus consulere, id procul dubio ad eterne remunerationis augmentum nobis profuturum non debemus ambigere. Sane constitutis coram nobis, extra forum judicii, domina Berta ma- gistra de Lutrea et conventu ex una parte, et Elyzabeth et Godefrido filio ejus de Lizdorf ex altera ad monicionem non solum nostram sed etiam alio- rum virorum religiosorum ac discretorum super dissensione juris patronatus ecclesie de Resswilre, que inter ipsos divertere dinoscebatur, sub hac forma in unum convenerunt, videlicet quod dicta Elyzabeth et filius ejus antenotatus cum aliis coheredibus suis divine remunerationis intuitu contulerunt ecclesie in Lutrea, quiequid juris habere dinoscebantur in jure patronatus ecclesie de Resswilre, non solum pro salute sua verum etiam pro salute antecessorum et successorum suorum perpetuo possidendum. Ut autem sepedicte E. et heredum suorum tam pia do- natio licet modica firma et inconvulsa permaneat, ad peticıonem partis utriusque

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presentem scedulam sigillorum nostrorum munimine, ut subtus cernitur, fecimus communiri. Anno domini millesimo ducentesimo quinquagesimo.

Orig. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Abt v. Wadgassen, Rest. 2. Stück des runden Reitersiegels des Grafen von Zweibrücken. Rücksiegel wohl erhalten: Rose mit Um- schrift + Secretum meum. Auf dem umgebogenen unteren Rand der Urk. von gleichz. Hand: I? (= secunda).

29. Graf H(einrich) von Zweibrücken bezeugt die Schenkung des Patronatsrechts der Kirche in Reisweiler an das Nonnenkloster Lautern. 1250.

Actum anno domini M°ducentesimo quinquagesimo.

Or. Coblenz St. A.

Siegel des Grafen H. ab.

Der Text stimmt inhaltlich mit No. 28 überein. Auf dem umgebogenen unteren Rande gleichzeitig »\11la<.

30. Abt Heinrich von Wadgassen bezeugt die Schenkung des Patronats- rechts der Kirche in Reisweiler an das Nonnenkloster Lautern. 1250.

Actum anno domini millesimo ducentesimo quinquagesimo.

Or. Coblenz St. A.

Siegel des Abtes ab. |

Text wie No. 29. Auf dem umgebogenen unteren Rande gleich- zeitig > 1%.

31. Die Kirche S. Trinitatis in Lautern kauft von Peter von Boveries und Anderen näher bezeichnete Weinrenten in Martinsgemeinde a. d. Mosel, Meyul und Kassen. c. 1250.

Notum sit omnibus tam presentibus quam futuris presentem litteram in- specturis, quod ecclesia sancte trinitatis in Lutrea supra Saram comparavit amam vini perpetuo pro quatuor libris Treverensibus erga Petrum de Boveries et suos heredes ex vinea sua, que jacet in Mertinesgemeinde supra Mo- sellam in parrochia de Numagen,' quam videlicet vineam dictus Petrus et sui heredes habent a communitate de Numagen hereditarie pro sextario vini singulis annis. Si vero Petrus vel sui heredes dictam amam vini ecclesie prenominate singulis annis persolvere neglexerint, supradicta vinea cedet ecclesie de Lutrea libere et absolute, ita videlicet, quod communitati de Numagen de sextario vini singulis annis satisfiat. Item prefata ecclesia sub eadem condicione et forma suprascripta emit amam vini erga Lambertum de eadem villa et suos heredes ex vinea sua in Meijul in dicta parrochia de Numagen, quam vineam habet etiam a communitate de Numagen hereditarıe, pro sextario vini et dimidio. Item Johannes dictus de Foramine de dicta villa vendidit prefate ec- clesie dimidiam amam vini pro quadraginta solidis Treverensibus ex vinea sua in Mertinesgemeinde, quam habet etiam a communitate de Numagen, pro quarta vini et dimidia singulis annis persolvenda. Item Winricus de eadem villa et parrochia vendidit ecclesie memorate dimidiam amam pro XLa solidis

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Treverensibus ex vineis suis in Meijul et apud Kassen, quas habet a communi- tate de Numagen, singulis annis pro sextario vini secundum formam suprascriptam. Hec autem sunt scripta et testificata coram H. centurione et quatuordecim seabinis de Numagen, Waltero videlicet et Johanne Leidevas, Alexandro et Conrado Hasart, Stephano et Reinboldo et Goboline Grundela. Ut autem hec rata et firma in posterum permaneant sigillum nobilis viri Meffridi militis domini de Numagen ad petitionem communitatis et here- dum in testimonium presentibus litteris est appensum.

Orig. Coblenz St. A.

Siegelrest des Meffried von Neumagen. Rücks. Vermerk 18. Jh. »Zweibecks Hof Zweibach, bei Neumagen. Val. zu der Urk. Mittelrh. Reg. IT 534.

32. Erzbischof Arnold von Trier bestätigt die Schenkung der Kirche zu Reisweiler an das Augustinernonnenkloster Lautern. 1251 März 25. Trier.

Arnoldus dei gracia Trevirorum archiepiscopus dilectis in Christo filiabus inagistre et conven tui sanctimonialium de Lutrea ordinis sancti Augustini Tre- verensis dyocesis salutem in vero salutari. Cum | fundatores et veri patroni ec- clesie de Reiswilre, nostre dyocesis, ipsam ecclesiam monasterio vestro contule- rint liberaliter et benigne, pro ut ex instrumentis eorundem, que super hoc habere dinoseimini, patere poterit evidenter, nos collationem eandem gratam et ratam habentes ipsam, sicut canonice facta est, presentis scripti patrocinio duximus con- firmandam, metropolitani tamen et archidiaconi loci per omnia jure salvo. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc nostre confirmationis paginam infringere vel ei ausu temerario contraire. Siquis autem hoc attemptare presumpserit, indigna- tionem dei omnipotentis et beatorum Petri et Pauli apostolorum ejus se noverit incurrisse.

Datum Treveri, anno ab incarnacione domini millesimo ducentesimo quin- yuagesimo primo, octavo kalendas Aprilis.

Or. Coblenz St. A. Siegelrest von rotem Wachs an grünen Seidenschnüren. Von der Um- schrift: ARNO. Auf dem unteren umgebogenen Rande gleichzeitig »\®«.

33. Arnold Herr von Siersberg schenkt zur Stiftung zweier Jahresgedächtnisse seiner Gattin Elisabeth und seiner Mutter Margaretha dem Kloster Lautern seine Mühle bei Rehlingen und weist demselben jährlich zwei Fischgerichte in Pachten an.

1251 Juli.

Noverint universi tam presentes quam futuri, quod ego Arnoldus do- minus de Sirsperch libere contuli monasterio de Lutrea molandinum (sic! meum apud Rolingin cum fructibus ipsius pro remedio animarum Elizabet uxoris mee et Margarete matris mee pie memorie, ut in eodem monasterio duo anniversaria a magistra et conventu ejusdem monasterii in memöriam ani- marum earundem celebrentur singulis annis. Et ad illa anniversaria dabunt piscatores mei de Pathe duo servicia in piscibus dictis magistre et conventui, quos requirent et recipient ibidem. Si vero predictum molandinum in partem fratrum meorum deducatur, ego alias de allodio meo dieto monasterio illud reconpen- sabo. In hujus rei testimonium presens scriptum super hoc confectum memoratis

3

ARE SE.

magistre et conventui tradidi sigillis abbatis de Wadegozin, domini Johannis de Kirkele, fratris mei, et meo roboratum. Actum et datum anno domini CC? quinquagesimo primo, mense Julio.

Or. Coblenz St. A. Siegel: 1. Abt von Wadgassen, Rest. 2. Johann von Kirkel (?) Rest. 3. scheint nicht angehangen zu haben.

34. Gräfin Laureta von Saarbrücken verspricht dem Kloster Lautern pünktliche Entrichtung einer Fruchtrente von einer bisher dem Kloster, ‚jetzt ihr erb- lich zustehenden Mühle bei Saarbrücken. Die Rente besteht in 12 Maltern Getreide, in zwei Terminen lieferbar. Sollten die Einkünfte der Mühle nicht ausreichen oder die Mühle zu Grunde gehen, haben die Gräfin und alle Inhaber der Burg $. die Rente dem Speicher in Saarbrücken zu entnehmen. Nichtzahlung zieht Excommunication der Schuldner nach sich. Et ut hoc ratum et firmum semper permaneat, presenti pagine sigillum domini mei avunculi Metensis episcopi una cum sigillo meo et sigillum domini abbatis Wadegozensis et conventus ecclesie ejusdem nec non et sigillum capituli S. Arnualis feci apponi. 1251.

Actum anno domini millesimo ducentesimo quinquagesimo primo.

Neue Abschrift Coblenz St. A. Gedruckt: Kremer, Ard. Geschlecht, cod. dipl. 332; Mittelrh. U. B. TIL, S. 835 : 8. auch Mittelrh. Reg. III, S. 214, No. 903.

Bem. Gräfin Lauretta von Saarbrücken bei Cohn Stammtafeln als

Schwester des Bischofs Jacob von Metz (Herzog von Lothringen) bezeichnet.

35. Der päpsthche Legat Hugo, Cardinal-Presbyter v. T. S. Sabinae, erteilt dem Augustinerkloster Lautern ein Privileg betreffend Aufnahme von Mitgliedern

(Vgl. oben No. 25). 1254 Juli 9. Trier. Frater Hugo miseracione divina tituli sancte Sabine presbyter cardinalis, apostolice sedis legatus dilectis in Christo . . magistre et conventui monasterii in

Lutrea ordinis sancti Augustini Treverensis diocesis salutem in domino. Religionis vestre sincera devocio promereri dieitur, ut votis vestris, quantum cum deo possi- mus, favorabiliter annuamus. Vestris igitur supplicacionibus inclinati, quod ad recepcionem cujusquam in canonicam et sororem per litteras nostras impetratas, per quas nulli jus fuerit atquisitum (!), seu etiam impetrandas, que de presenti in- dulgencia plenam et expressam non fecerint mentionem, compelli nequeatis in- vite vobis, auctoritate presencium indulgemus. Nulli ergo etc. etc.

Datum Treveri, III idus julii, pontificatus domini Innocencii pape III anno undecimo.

Or. Coblenz St. A.

Siegel des Legaten an roten und gelben Seidenschnüren. Verblasster rücks. Vermerk des 15. Jh.: »eine brieff von einem Cardinal, daz man uch nit drengen mach, inne zu nemen uber uwern willen einge cloister- junfrauwe, obe sy och brieff von uns hetten«. Regest des 18. Jh. mit Jahreszahl 1158 und »Numerus 5tuse,

36. Abt Heinrich von Wadgassen bezeugt, dass Johann von Schwalbach und seine Frau Elise ihr Eigentum an der Kirche in Schwalbach nebst einem Felde bei Liesdorf dem Kloster Lautern geschenkt haben. 1254.

Hanricus dei patiencia dictus abbas in Wadegozen universis Christi fidelibus presentes litteras inspecturis pacem diligere et veritatem. Ne temporales actus interire possint cum lapsa memoria, stabiliri debent cum pagina litterarum sigillo persone autentice sigillata. Noverit igitur universitas vestra, quod Jo- hannes de Sualpauch dedit deo et ecclesie sororum in Lutra laude et assensu uxoris sue Elyse et omnium liberorum suorum et aliorum, quorum assensus requiri debebat, pro remedio anime sue et omnium antecessorum suo- rum, quicquid habebat et habere debebat in ecclesia de Sualpauch et unum campum situm juxta Oirswit apud Lizdorf dicte ecclesie imperpetuum possi- denda. In cujus rei testimonium et munimen ad peticionem liberorum dicti Johannis presentibus litteris sigillum nostrum est appensum.

Actum anno domini M°CC° quinquagesimo quarto.

Or. Coblenz St. A. Siegel abgefallen.

37. Das Martinskloster bei Trier bekennt, aus Not der Frau Hadewidis von Warsberg eine Rente von 22 Schillingen verkauft zu haben, welche die Käuferin dem Kloster Lautern zum Besten verwendete. 1255 December 20.

A. priorissa et conventus sancti Martini prope Treverim omnibus presentes litteras inspecturis fidem subsequentibus adhibere. Paupertate et debi- torum multitudine depresse universitati vestre volumus esse notum, quod pre- missorum necessitate conpulse domine Hadewidi de Warnesberch census viginti duorum solidorum, nobis de domo et area domine Metildis de sancto Paulino debitos et usque nunc a nobis perceptos de domo et area antedictis, vendidimus pro viginti libris et una Treverensibus, quam pecuniam numeratam recepimus et in usus ecclesie nostre necessarios redegimus. Cui venditioni eo favorabiliorem ac promptiorem inpertite sumus assensum, quod dietum censum ad usus conventus monialium de Lutrea prefata Hadevidis con- paravit. Nos etiam priorissa et conventus de evictione dicti census cavenda se- cundum consuetudinem civitatis Treverensis nos obligamus. In cujus rei testimo- nium sigillum nostrum presentibus est appensum.

Actum anno domini M’CC°LV°, tercio decimo kalendas januarii.

Or. Coblenz St. A.

Siegel des Martinsklosters, spitzoval, stehende Bischofsfigur ; von der Umschrift .... SCI MARTINI TREVER ... Rücks. Vermerk des 15. Jh. »littera dominarum de Lutrea de XXII solidis«.

38. Abt Johannes und der Convent des Klosters S. Martin in Lungfelden (Longeville-lez-St. Avold, Longeville de Glandieres) einigen sich mit dem Kloster Lautern über bisher streitige Güter in Düren (Durnen) bei Saarlouis, genannt Zcumeheistre. 1258 August.

Huic compositioni, paci pariter et tractatui interfuerunt: dominus Ludewicus, archipresbyter de Bolleia, dominus Anselmus de Weldinga, dominus Sy- mon de Esswilre, dominus Wolpero de Mortena, dominus Godscalcus

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de Inne et dominus Antonius de Uzcelsdorf. Et ut dieta pax sive com- positio stabilis sit et firma, presentem paginam contulimus sepedictis magistre et conventui de Lutrea sigillorum nostrorum munimine roboratam.

Actum et datum anno domini millesimo CC. quinquagesimo octavo, mense

augusto.

Or. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Abt von Lungfelden, stark beschädigt, sitzende Figur eines Geistlichen; Umschrift .... ABBIS.... ARTIN..... 2. An zweier Stelle, woselbst Einschnitte, hat wohl kein Siegel gehangen. 3. Convent von Lungfelden; nach rechts schreitendes Gotteslamm mit Heiligenschein und Kreuzfahne. Umschr.: .... GLADARI....

Gedruckt: M. U. B. III, $. 1057.

Regest: Mittelrh. Reg. III, S. 340, No. 1512.

39. Hadewivis, Witwe des Edlen von Warsberg, schenkt dem Kloster Lautern eine Weinrente von näher bezeichneten Weinbergen bei Zewen. 1259 Januar.

Notum sit universis hoc scriptum visuris, quod Hadevivis vidua no- bilis de Warlesberch pro remedio anime sue tradidit et donavit in elemo- sinam cenobio in Lutra amam vini Treverensis mensure, quam dieta Hadewivis emptionis titulo comparavit erga Petrum et Berlouvim uxorem suam de Wilre supra montem de vinea ipsorum sita prope ecclesiam Cevene in monte et de vinea eorundem sita prope Pirum Regiam dicta Puwilre, que vinea contigua est vinee Rodulfi dieti Knilinc et vinee Drutwivis vidue de Cevene. Predictam quoque amam vini in censu persolvent Petrus antedictus et sui successores perpetuo annuatim de predictis vineis in autumpno ante pressorium cenobio in Lutra. Si autem propter generalem defectum vini de predictis vineis ama vini non poterit haberi, hoc ipsum vinum, quod in eisdem vineis creverit, dabunt cenobio predicto Petrus et sui successores, et pro residuo solvent pro quolibet sextario duos denarios, nec tamen aliquatenus ad id ad- mittentur, si in cultura vinearum comprobari poterunt fuisse negligentes. Si vero dieti Petrus et sui heredes in solucione census predicte ame vini extiterint in- obedientes et contumaces, de hoc sentencie et pene scabinorum Treverensium subjacebunt. Item predictus Petrus de Wilre agrum suum contiguum vinee site in monte prope ecclesiam de Cevene sepedicto cenobio titulo pignoris, quod Lanegrith vulgo dicitur, obligavit pro dicta ama vini censualis. De predicto quoque agro sito in monte prope ecclesiam in Cevene et de vinea contigua sita supra Vorst solvuntur in censu a predicto Petro et a suis heredibus domino de Rulant in censu XVII denarii. Alia vero vinea sita in Puwilre est allodium. Ut autem hujusmodi contractus et elemosine donatio robur firmitatis in perpetuum obtineat, placuit ad peticionem partium presentem paginam inde conscriptam no- minibus scabinorum et sigillo civitatis in testimonium communiri. Testes: Giletus, Henricus, Warnerus, Nicolaus, Henricus, Colinus, Ordolfus, Karolus, Henricus, Ordulfus, Petrus, Henrieus, Philippus et Jacobus scabini Treverenses. In quorum presentia et testimonio hec sunt acta anno domini M°CC° quinquagesimo octavo mense Januario.

Orig. Coblenz St. A. Teilurkunde. .

Siegel der Stadt Trier zerbrochen. Rückseitig 15. Jh.: »De ama vini de vinea prope ecclesiam in Zeven«; 18. Jh.: »Zweibechen«,

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40. Hanwela von Warsberg, Witwe des Ritters Alard von Gunsingen, kauft von Lambert in Boveries bei Neumagen eine Weinrente aus einem Weinberg bei Meiul, die nach ihrem Tode dem Kloster Lautern zufallen soll. 1259 April 25.

Notum sit omnibus tam presentibus quam futuris presentem litteram inspec- turis, quod domina Hanwela de Warnesperch, relicta domini Alardi militis de Gunsingen, comparavit erga Lambertum, filium Everonis de Boveries apud Numagen, dimidiam amam vini pro XL# solidis Tre- verensibus ex quadam vinea ipsi L. sita apud Meiiul, singulis annis jure here- ditario persolvendam H. domine quoad vixerit supradicte. Quam videlicet dimidiam amam dietus Lambertus et sui heredes perpetuo presentabunt ecclesie de Lutrea post mortem domine Hanwele prenominate. In cujus rei testimonium M. do- minus de Numagen huic scripto sigillum suum jussit apponi. Huic vero con- ventioni interfuerunt: III scabini de curia sancti Petri, Henricus videlicet, Reiboldus filius ejus et Gobelo Grundela de Boveries.

Actum anno domini M°CC°L° VII, in fesfo beati Marche (sie!) evangeliste.

Orig. Coblenz St. A. Siegel des M. v. Neumagen, schildförmig; Mittelschild mit 8 Querbalken.

41. Graf Heinrich von Saarwerden giebt die lehnsherrliche Erlaubnis zur Schenkung der Kirche in Dentingen seitens des verstorbenen Ritters Robert v. Warsberg und seines Sohmes Johannes an das Kloster Lautern. 1259 December.

Nos Henricus comes de Sarwerde universis presentes litteras visuris notum facimus, quod nos donum seu collationem ecclesie de Dendinghen, quod donum seu collatio ad nostrum feodum spectabat, quondam Robertus miles de Warnesperch et postmodum Johannes, loci ejusdem miles ejus filius, et decimam, quam idem R. ibidem habebat, necnon et duodecim quartas, quas dictus Johannes in ipsius ecclesie decima obtinebat, religiosis dominabus de Lutrea Treverensis diocesis in animarum suarum subsidium pia deliberatione et provida contulerunt, concedimus, ratificamus ac etiam approbamus et sigilli nostri munimine confirmamus. In cujus rei testimonium presentibus est nostrum appensum sigillum.

Actum anno domini M°CC°L°nono, mense decembris.

Or. Coblenz St. A. Rest des Siegels und Rücksiegels des Grafen. Rückseitiges Regest . 18. Jh. mit Jahreszahl 1250.

42. Werner von der Unteren Mühle in Thron (b. Neumagen) verkauft dem Kloster Lautern einen Weinzins von einem Weinberge bei Thron, der dem Herrn Gerhard von Urley zinspflichtig ist. 1260 Januar 19.

In nomine sancte et individue trinitatis. Ego Wernerus dictus de ın- feriore molendino in Drogena venes Numagen universistam presentibus quam futuris, ad quorum noticiam presens scriptum pervenerit, notum facio, quod ego mera et spontanea voluntate mea vendidi inperpetuum dimidiam amam vini censualem ex vinea mea sita apud molendinum inferius in villa superius nomi- nata monasterio sancte trinitatis in Lutrea pro quadraginta solidis denariorum Treverensium mihi integraliter solutis. De qua vinea singulis annis domino Ger- hardo militi dieto de Urley persolvere teneor octo nummos censuales

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Treverensium denariorum, de cujus eciam consensu el voluntale, salvo sibi censu debito, hanc vendicionem feci. Quam dimidiam amam vini, si singulis annis a presenti tempore in antea dicto monasterio Lutree tempore putacionis vindemi- arum non persolvitur, arbitratus sum, quatenus dictum monasterium liberum habeat recursum ad vineam predietam et ad ipsum sine offensa et contradictione mea et omnium . .!) heredum meorum jure hereditario revolvatur, censum quo- que pertaxatum (sic!), scilicet octo denarios, memorato domino Gerhardo, sieud (!) et ego conswevi persolvere, persolvet extune monasterium sepedietum. Ut autem hec premissa nulla mala [fidels impungnet aut cujusquam doli genus inpedeat, no- bilis viri Meffridi domini de Numago et scabinorum de Numagen cum ceteris multis honestis ..... ?) [rog]avi dominum Meffridum memoratum, ut pre- sentibus litteris suum juberet apponi sigillum. Nos vero dominus de Numagen Meffridus dieti Wernheri |precibus ine]linati presens seriptum in testimonium si- eilli nostri inpressione fecimus communiri. Anno M°CC°LVIII® XII kal. Februarii. Sehr beschädigte Abschrift des 15. Jh. Coblenz St. A. Für die Datierung ist Trierer Styl angenommen.

43. Die S. Trinitatiskirche in Lautern kauft von Hezelo gen. von Krichels- berg aus Neumagen eine Weinrente mit der Bestimmung, dass der fragliche, dem Ritter Hermann von Veldenz zinspflichtige Weinberg ihr zufallen solle, wenn Hezelo die Zahlung der Rente versäumen würde. 1261 Juni 5.

Notum sit omnibus tam presentibus quam futuris presentem litteram in- specturis, quod ecclesia sancte Trinitatis in Lutrea super Saram Treverensis dio- cesis conparavit dimidiam amam vini perpetui census erga Hezcelonem de Numagen dictum de Crichelsperch supra Mosellam ex quadam vinea sua retro domum suam prope ripam sitam, ex qua vinea tenetur singulis annis duo sextaria vini domino Hermanno militi de Veldenzen et unum vronedach et semel in anno suo placido apud Numagen interesse, tali videlicet condicione, quodsi dictus Hecelo vel sui heredes prefatum vinum solvere neglexerint, jam dicte ecclesie supradicta vinea libere cedet et absolute, et hoc de consensu do- mini Hermanni prenotati, ita tamen, quod ipsi domino H., ut superius dictum est, extunc per omnia ab-ecclesia prenotata satisfiat. In cujus rei testimonium pre- senti scripto sigillum nobilis viri M. domini de Numagen est appensum.

Actum et datum anno domini M°CC? sexagesimo primo, XVII kalendas julii.

Or. Coblenz St. A. Siegel (abhangend) abgefallen.

44. Die Kirche $. Trinitatis zu Lautern kauft von Conrad gen. Hasard in Neumagen eine Weinrente mit der Bestimmung, dass der fragliche, dem Hospital S. Symeon in Trier zinspflichtige, über der Engelgasse gelegene Weinberg ihr zufallen ‚solle, wenn Conrad. die Zahlung der Rente versäumen würde. 261 December 5.

Notum sit omnibus tam presentibus quam futuris presentem litteram in- specturis, quod ecclesia sancte Trinitatis in Lutrea super Saram Treverensis dio- cesis conparavit dimidiam amam vini perpetui census erga Conradum de

!) 2 Buchstaben unleserlich. ?) Der Abschreiber hat hier eine Zeile des Originals übersehen.

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Numagen dictum Hasardum de consensu heredum suorum ex quadam vinea sua superius domum Symonis sculteti sita prope Engelgasse, ex qua vinea tenetur singulis annis dimidium sextarium vini hospitali sancti Symeonis Treverensis, tali videlicet condieione, quod si dietus Conradus vel sui heredes prefatum vinum solvere singulis annis neglexerint, supradicta vinea jam dicte ecclesie cedet libere et absolute, ita tamen, quod ipsi hospitali extunc ab ecclesia prenominata in suo jure satisfiat. In cujus rei testimonium presenti scripto si- gillum nobilis viri Meffridi de Numagen est appensum. Actum et datum anno domini M°CC! sexagesimo primo, nonas decembris. Or. Coblenz St. A. Siegelrest Meffrids von Neumagen.

45. Ritter Nicolaus Vogt von Hunolstein und seine Frau Beatrix verkaufen ihr Eigentum im Dorfe Schwarzenholz, beim Hofe Hunescheit gelegen, für 100 Pfund Metzer Denare an das Kloster Lautern. 1262 December 31.

Ego Nycholaus miles advocatus de Hünoltsteyn ad universorum no- ticiam volo pervenire, quod omne allodium, quod habui in villa Swarcenholz juxta curtem Hunescheit sita cum omnibus suis pertinentiis, jure, dominio et honore, hominibus, terris cultis et incultis, pratis, silvis, nemoribus, aquis decursibusque aquarum, viis et inviis, libra cere dumtaxat excepta, que pertinet ad ecclesiam ejus- dem ville, vendidi . . magistre et conventui sanctimonialium de Lutrea tempore Bruningi, ejusdem conventus prepositi, laude et assensu Beatricis uxoris mee et omnium illorum, quorum consensus requiri debebat, pro centum libris Meten- sium denariorum inperpetuum tenendam et possidendam, quam pecunie summam protestor michi esse solutam et numeratam per presentes, renuncians exceptioni non numerate pecunie et non solute, doli mali et specialiter illi juri, quo possem me dicere fore deceptum ultra medietalem justi precii ad recindendam (!) dietam venditionem, vel quod deest de justo precii suppleri, et omni juris auxilio, quod michi et heredibus sive successoribus meis conpetere posset ad inpugnandum predicta, promittens ipsis de omnibus supradictis me prestare gvarandiam se- cundum terre consuetudinem, effestucans pro me et heredibus vel successoribus meis omni juri, quod habui in omnibus et singulis predictis. Ego Beatrix, uxor dicti N., profiteor dietam venditionem meo assensu atque laude esse factam, re- nuncians atque effestucans pro me et omnibus heredibus meis in futurum omni jure, si quod michi conpetere posset ad inpugnandum predietam venditionem. In cujus rei testimonium et memoriam perpetuam rogatu mei Nycholai, quia pro- prium non habeo sigillum, et mei Beatrieis, uxoris predicti N., reverendi patris ac domini Henrici dei gracia Trevirorum electi, Symonis majoris pre- positi Treverensis, nobilis viri Henrici comitis Salmensis et Theo- derici domini de Hane, soceri mei Nycholai, sigilla presentibus sunt appensa.

Datum anno dominice incarnationis millesimo ducentesimo sexagesimo se- cundo, in vigilia circumcisionis domini.

Or. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Heinrich Erwählter von Trier (v. Bolanden). 2. Dom- propst Symon, stark beschädigt. 3. Abgefallen. 4. Theoderich v. Hagen, rundes Reitersiegel, nach links sprengender Ritter mit hochgehobenem Schwert, Schild nicht erkennbar. Die Urkunde ist besonders schön geschrieben und weist sehr wenig Abkürzungen auf. Gedruckt nach einem Chartular im Staatsarchiv zu Wiesbaden (vormals Idstein). Nachweise Mittelrh. Reg. IIT, S. 413 No. 1845.

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46. Meisterin Jutta und der Convent des Klosters Lautern bezeugen einen (rütertausch ihres Hofmeiers Leo in Schwarzenholz mit Personen in Schwarzenholz, Casse und Weiler. 1265 Februar.

Nos Jutha magistra in Lutra et totus ejusdem domus conventus Tre- yerensis diocesis notum facimus universis presens scriptum inspecturis, quod Leo homo noster villicus in Suarcenoth, in nostra presencia constitutus, me- diantibus Waltero domicello de Grecenborne et de Suarcenoth, Villerio et Grecenborne scabinis, dedit et concessit laude et assensu uxoris sue et puerorum suorum Conzoni de Suarcenoth, Guiseleren de Casse, Guiselero, Cristanno, Alberto, Haymoni filio Folmari, Thome, Sibodoni, Theoderico fratri suo et Symoni de Villerio et pueris ipsorum tantum de hereditate sua sita in Creken- berc jure hereditario ab eisdem et eorum successoribus possidenda, quantum de terra expedit habere ad seminandum unam quartam annone, salvo jure nostro censuali, in quo nobis et ecclesie nostre de Lutra singulis annis tenebuntur illi, qui dietam hereditatem possidebunt. Et dicti homines et pueri ipsorum laude et assensu omnium, quorum super hoc assensus erat requirendus, abrenunciaverunt coram nobis et Waltero domicello et scabinis omnibus supradictis predicto Leoni el suis successoribus, quicquid habebant juris et habere debebant in fundo mo- lendini et vivarii molendino attinenti, que sepedictus Leo edificavit apud Suar- cenoth in loco qui Wourthen nominatur. Et ut hoc ratum et firmum permaneat, ad peticionem et instantiam predietorum Leonis el aliorum, qui superius sunt expressi, sigillum nostrum est appensum in testimonium veritatis.

Datum et actum anno domini millesimo ducentesimo sexagesimo quarlo mense Februarii.

Or. Coblenz St. A.

Siegel der Meisterin Juttu sehr beschädigt. Person in weiblicher Kleidung sitzend, in der Linken ein Buch hochhaltend; rechts und links Halbmond und Stern. Umschrift bis auf ein M nach dem Schluss zu zerstört.

47. Abt Heinrich von Wadgassen und Meisterin Jutta des Klosters Lautern bezeugen einen Güterverkauf des Ritters Matthäus von Warsberg und seines Sohnes Heinrich. 1265 Mai 15.

Nos Hanricus dei patiencia abbas in Wadesozen premonstratensis ordinis et Juttha magistra in Lutra ordinis sancti Augustini Treverensis dio- cesis notum facimus universis, ad quorum noticiam presentes littere pervenerint, quod Matheus miles de Wanespere et Hanricus filius suus vendiderunt Gerardo et Hanrico fratribus, filiis Conradi de Lutra, tria frusta terre, videlicet agrum situm in via ecclesie, qui dieitur ager Mathenley, et agrum situm in Harundine (?) et dimidium jurnale situm inter alios agros sitos in Hoen, laude et assensu uxoris dicti Mathei et omnium, quorum assensus requirendus erat, pro septem libris Metensium denariorum. Quarum septem librarum Metensium recognoverunt dicti Matheus et Hanricus filius suus, se solutionem plenariam re- cepisse in pecunia numerala. Promiserunt etiam dicti Gerardus et Hanricus fratres et tenentur pretextu et auctoritate vendictionis (sic!) predicte, solvere an- nuatim in festo beati Martini hyemalis dicto Matheo el suis heredibus apud Lutram duos capones censuales. In cujus rej testimonium ad peticionem

a er

predietorum Mathei militis et filii sui Hanrici presentibus litteris sigilla nostra sunt appensa. Datum anno domini M’CCPLX® quinto, in crastino ascensionis domini. Or. Coblenz St. A. Siegel: 1. Abt von Wadgassen, gut erhalten. 2. Meisterin Jutta, ab- gefallen.

48. Johannes von Warsberg, genannt der Richter, Herr in der neuen Burg von Warsberg, bezeugt einen Güterkauf der Meisterin Gertrud und des Convents zu Lautern bei Wallerfangen, 1269 Juni 24.

Universis Christi fidelibus presens scriptum inspecturis Johannes de Wanesperc dictus justiciarius, dominus in novo castro de Wanesperc, salutem et veritati testimonium adhibere. Cum scriptum ponat in statu sta- bili etc. etc. Eapropter noverit universitas vestra, quod Godemannus quondam scultetus in Wandervinga de communi assensu et laude Engelreth uxoris sue et puerorum suorum, Andree decani et aliorum puerorum suorum ac om- nium, quorum assensus super hoc erat requirendus, concessit et tytulo venditio- nis tradidit et resignavit Gertrudi magistre et conventui sanctimonialium in Lutrea ordinis sancti Augustini Treverensis diocesis tria jurnalia terre, ex quibus duo sita sunt ultra aquam juxta campum ipsarum et alium juxta campum Jo- hannis scuteti (sic!) situm in littore juxta vadum, pro sex libris Metensium dena- riorum, quas sibi solutas fore professus est coram nobis et ad usus suos et uxoris sue conversas, abrenuncians pro se et omnibus suis successoribus in fu- turum illi juri, quo posset dicere se esse deceptum ultra medietatem justi precii, vel quod deest de justo precio suppleri, et exceptioni non numerate pecunie et non solute, doli mali et omni juris auxilio, quod sibi et suis successoribus com- petere posset in posterum ad rescindendam dietam vendictionem (sic!) Et pro ista vendictione tenenda dietus Godemannus de assensu et voluntate predictorum E. uxoris sue et puerorum suorum constituit me fidejussorem erga dominas ante dictas, quibus promisi et promitto in hiis scriptis me prestaturum garandiam de omnibus et singulis supradictis. Et ut ista vendicio in perpetuum rata et firma permaneal, presens scriptum sepedictis magistre et conventui ad peticionem Gode- manni et suorum sigilli nostri munimine tradidi roboratas.

Datum et actum anno domini CC! LX® nono, circa festum beali Jo- hannis baptiste.

Or. Coblenz St. A. Siegel des Joh. v. Warsberg, am Rand beschädigt.

49. Kitter Gerlach Crippin von Schwarzenberg verkauft mit Zu- stimmung seiner Frau Agnes, seiner Söhne Johann und Wilhelm und der Aleyd, Frau des Johann. an das ‚Kloster Lautern seine Besitzungen in Steinberg und im Dorfe Lebach,

Es siegelten mit dem Aussteller: Erzbischof Heinrich von Trier und Gerlachs Bruder Hugo. 1270 November 17.

1270, feria secunda post Martini.

Nach einer neuen Abschrift in Coblen:, St. A. aus Mittelrk, Reg. III, S, 576, No. 2549,

700

30. Erzpriester Conrad in Wierbach bezeugt, dass das Kloster Lautern dem Herrn Symon die ständige Vikarie und alle Güter der Kirche zu Sensweiler gegen gewisse Gegenleistungen desselben übertragen habe. 1273 Januar 19.

Conradus archipresbyter in Wierbach, Maguntine dvocesis, omnibus, ad quos presens scriptum pervenerit, nolum esse volumus, quod .. magistra totusque conventus in Lutrea ordinis sancti Augustini, Treverensis dyocesis, do- mino Symoni perpetuam vicariam et omnia bona spectancia ad ecclesiam Synswilre commiserunt perpetualiter possidendam et perfruendam, ita quod dictus dominus Symon annuatim ministrabit et conferet XVI. maldra annone tam siliginis quam avene, et illam annonam ad litus Nümagen tenetur presentare diete magistre vel ejus securo nuncio, scilicet Treverensis mensure, una cum quatuor solidis Treverensium denariorum. Et tenetur dominus Symon prefatus solvere census dicte ecclesie et omnia jura ejusdem. Excipimus man- datum apostolicum et alias exactiones ejusdem, qui non attinent ecclesie supradicte. Ceterum annuatim in festo beati Johannis baptiste magistra supradicta potest et debet recipere fidejussores a dicto domino S. pro sua annona prenotata et denariis supradictis. In cujus rei testimonium presens scriptum inde confectum ad peticionem domini Symonis sigilli nostri munimine contulimus roboratum.

Datum anno domini MP CC? LXX°tercio, quinta feria ante Fabiani et Sebastiani.

Or. Coblenz St. A. Siegel abgefallen (abhangend). Regest: Mittelrh. Reg. III, 8. 633, No. 2756.

51. Th. Kantor der Kirche zu 5. Arnual und zwei Brüder von Thedingen verpachten dem Leo in Schwarzenholz ihre Mühle daselbst. 1274 März 10.

Nos Th. cantor ecclesie sancti Arnualis et Bertholomeus miles et Hanricus fratres dieti de Thetinga notum facimus universis presens scriptum intuentibus subscripte rei fidem adhibere. Innotescat ergo presentibus et futuris, quod nos concessimus Leoni de Swarceholc molendinum in eodem loco situm sibi et suis heredibus ad terminum viginti annorum, ita quod dictus Leo vel sui coheredes infra terminum prenotatum quolibet anno nobis solvent et solvere te- nentur in festo beati Mychaelis quinque maldra siliginis et quatuor capones, in festo vero nativitatis domini nostri solvent sine dilatione porcum decem solidorum Metensium. Sed annonam predietam dabunt ad mensuram Sarepontis. Ne autem hujusmodi concessio a nobis dieto Leoni et suis heredibus facta possit a posteris attemptari, sigillum domine nostre M. Sarepontis comitisse ad petitionem nostram presentibus est appensum. Nos autem M. Sarepontis comitissa sigillum nostrum ad petitionem predietorum fratrum dignum duximus presentibus appen- dendum.

Datum anno domini M°(CC°septuagesimo tercio, sabbalho post dominicam qua cantatur »oculi«.

Or. Coblenz St. A.

Siegel der Gräfin Mathilde von Saarbrücken mit Rücksiegel, ab- hemgend. Frauenfigur Schild mit schreitendem Löwen haltend; Umschrift .s... MATHILDIS COM ......NTE. Rücksiegel Schild wie oben, Um- schrift: + SECRETVM COMITISSE,

a < A

52. Meisterin G{ertrud) mit dem Convent zu Lautern und Rudolf Ritter von Siersberg freien ihren Leibeigenen Conrad in Schwarzenholz. 1279 Juni 4.

Nos G. magistra de Lutrea totusque ejusdem loci conventus, ego Ro- dulfus miles de Syberch notum facimus universis tam presentibus quam fu- turis, quod nos Conradum laycum de Suarzenholch, hominem nostrum, liberum reddidimus et reddimus tali condicione, quod dictus C. laycus nobis ma- gistre G. et conventui de Lutrea V. solidos, domino vero R. militi de Siberch decem solidos denariorum in nativitate domini annuatim persolvendis (!), predictus vero C. laycus tres vecturas miliare infra bannum de Suarzenholch nobis predictis magistre @. et conventui unam et domino R. militi duas concedet annuatim. Nos insuper memorati C. layci res et corpus pre nobis et nostris assecuramus penitus in futurum. In cujus rei testimonium ad preces sepedieti R. militis de Sirsberch sigillum domini Johannis de Warnesperch, justiciarii domini ducis, ac discreti viri sigillum domini A., decani de Waldervinga, una cum sigillo domini B., decani de Lutrea, presentibus est appensum.

Datum anno domini M’CCPLXX®nono, in dominica qua cantatur »in tuac mense juli !).

Or. Coblenz St. A.

Von den angekündigten 3 Siegeln nur das erste erhalten: Joh. v. Wars- berg, rund, Mittelschild 5 Sparren, am Rande beschädigt. Rücksiegel: Ring mit Umschrift: »Secretum meum«.

53. Futter Rudolf von Siersberg übergiebt Personen in Schwarzenholz erb- lich 4 Morgen Wiesen bei Nalbach gegen Jahreszins von 4 Hähmen. 1279 Juni 4.

Ego Rodulfus miles de Sirsberch notum facere cupio universis, ad quos presens scriptum pervenerit, quod de mea heredumque meorum voluntate Friderico ac Petro laycis fratribus de Suarzenhoch heredibusque ipsorum con- cessi et concedo jure hereditario quatuor jornalia prati apud Nalbach jacencia, cum Conrado layco de Suarzenhoch dividencia, pro quatuor capponibus michi meisque successoribus in festo sancti Martini annuatim persolvendis. In cujus rei testimonium presentem paginam ad preces meas predictis laycis F. et P. fra- tribus sigillo domini Johannis de Warnesperch, justiciarii domini ducis, cum sigillo domini A. decani de Waldervingen una cum sigillo domini B. decani de Lutrea tradidi roboratam.

Datum anno domini MPCCPLXX°nono, in dominica, qua eantatur »domine

in tua«. Or. Coblenz St. A.

Nur das erste Siegel, Joh. v. Warsberg, mit Rücksiegel, aber sehr be- schädigt erhalten.

54. Ritter Gerlach gen. Orippin von Schwarzenberg schenkt dem Kloster B. Mariae zu Lautern das Patronatsrecht der Kirche in Hasborn. 1279 December 23. Universis tam presentibus quam futuris presentem paginam inspecturis nos Gerlacus dictus Crippin de Swarcinberch miles notum esse volumus, quod ille bene possedisse dieitur temporalia, cui divina providencia per temporalium ministracionem premium attribuit sempiternum et memoriam preparat in futurum,

1) doch wohl verschrieben statt Juni.

DORA

Hine est, quod ego pro me et antecessorum meorum salute et remedio animarum confero, dono et assigno de uxoris mee ac heredum meorum consensu salutari omne jus patronatus ecclesie de Haysbürne Treverensis dyocesis, cujus verus sum patronus, cum attinenciis et honore ipsius monasterio beate Marie in Lütrea ejusdem dyocesis prope Waldervingen in elemosinam pure et simplieiter propter deum perpetuo tenendum et habendum pacifice et quiete. Ne autem hujusmodi mea pia collacio, donacio et assignacio valeat in posterum ab aliquo infringi seu quomodolibet inpugnari, hanc cartulam inde confectam in perpetuam rei geste memoriam et firmam stabilitatem mei sigilli patrocinio conmunivi, ana monasterio tradidi prenotato. Actum et datum anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo septua- gesino nono, sabbato proximo post festum beati Thome apostoli. Or. Coblenz St. A. Siegel des Ausstellers wohl erhalten an gelb-braun-weissen Wollschmüren, rund mit Mittelschild, zweimal quergeteilt. Umschrift: + S. GERLACI ALLER CRIPPIN MILITIS DE SWARCINBERCH.

55. Kitter Wilhelm von Schwarzenberg schenkt das Patronatsrecht der Kirche in Hasborn dem Kloster S. Mariae in Lautern. 1279 December 24.

Actum et datum anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo septuagesimo nono, in vigilia nativitatis domini.

Or. Coblenz St. A.

Siegel des Ausstellers wie zu No. 53. Umschrift: + S. WILLELMI DE SWARZENBERG. Derselbe Schreiber für beide Urkunden, die im Texte fast völlig übereinstimmen. Rücks. Vermerk 18. Jh.: Hasporn.

56. Der Trierer Archidiacon Walram beauftragt den Priester von Wadrull, sich nach Hasborn zu begeben und dort wegen des Patronatsrechts der Kirche Ver- handlungen zu führen, die auf dem Tag nach Petri Kettenfeier in Trier entschieden werden sollen. 1280 April 22.

Walramnus dei gracia archidiaconus in ecclesia Treverensi sacerdoti de Wadrelle salutem in domino. Cum viri nobiles Gerlacus dictus Crippin de Suarcinberch et Wilhelmus de eodem loco milites omne jus patronatus ecclesie de Hainsporne nostri archidiaconatus, cujus veri sunt patroni, cum attinenciis et honore ipsius ecclesie contulerint et assignaverint, ut dicitur, de uxorum et heredum suorum consensu salutari monasterio beate Marie in Lütrea archidiaconatus ejusdem prope Waldervingin in elemosinam pure et sinpliciter propter deum perpetuo tenendum et habendum pacifice et quiete. supplicaverunt

nobis devolissime dilecte in Christo . . magistra et conventus monasterii predicti, quatinus donacioni, collacioni et resignacioni antedictis auctoritatem et consensum nostrum ac omnia alia, que super his ad nostrum spectant oflicium, dignaremur impertiri, et ut dicta ecclesia cum suis attinenciis ipsarum monasterio misericor- diter incorporetur, ut devocius et salubrius in futurum deo valeant famulari. Nos eorum supplicacioni annuentes vobis precipue mandamus, quatinus personaliter ad ecclesiam de Hainsbürne predictam accedentes citetis peremptorie ibidem omnes, qui super dieta collacione et incorporacione sua crediderint interesse et se opponere volentes dicte collacioni et incorporacioni, ut coram vobis seu

Be.

nostro . . offieiali Treverensi conparant (!) peremptorie in erastino beati Petri apostoli ad vincula hostensuri de jure suo et ad procedendum super ‘premissis in quantum dictaverit ordo juris. Alioquin quantum ad nostrum spectat officium, diete collacioni et incorporacioni auctoritatem et consensum adhibebimus et si- sillum nostrum dicte collacioni et incorporacioni apponemus in testimonium veri- tatis. Reddite litteras cum inpressione sigilli vestri mandato executo. Sigillo eurie nostre ad presens utimur in hac parte.

Datum anno domini millesimo ducentesimo octuagesimo, in crastino pasce.

Or. Coblenz St. A. Wachsreste des Siegels an Pergamentstreifen, abhangend.

57. Erzbischof Heinrich von Trier genehmigt die Schenkung des Patronats- rechtes der Kirche in Hasborn an das Kloster B. Mariae in Lautern. 1280 Mai 2.

Nos Henricus dei gracia Trevirorum archiepiscopus ad universorum no- ticiam volumus pervenire, quod cum viri nobiles Gerlacus dictus Crippin de Swarcinberch et Willelmus de eodem loco milites omne jus patronatus ecclesie de Hays burne nostre dyocesis, cujus veri sunt patroni, cum attinenciis et honore ipsius ecclesie contulerint, donaverint et assignaverint de uxorum et heredum suorum consensu salutari monasterio beate Marie in Lütrea ejusdem dvocesis prope Waldervingen etc. etc. wie oben No. 56, ut deo devocius et salubrius famulari valeant in futurum propter augmentacionem sustentacionis earumdem in redditibus ecclesie supradicte, cum ipsarum redditus et proventus nimium sint tenues et exiles. Nos itaque hujusmodi salutaris devocionis affectum paterno favore et gracia plenius attendentes dictasque pias collacionem donacionem et assignacionem ratas habentes per omnia atque gratas, et auctoritatem debitam adhibentes eisdem, ipsas tenore presencium confirmamus et dictam ecclesiam de Haisbürne de consensu venerabilium virorum capituli ecclesie nostre Treverensis et loci archidyaconi incorporamus et adunamus monasterio in Lütrea supradicto in augmentacionem perpetuam cultus divini, salvo per omnia imperpetuum nostro et . . successorum nostrorum archiepiscoporum Treverensium et loci archidvaconi, qui pro tempore fuerint, jure debito et consueto ac competenti porcione vicarii perpetui ecclesie prenotate. Et nos, capitulum ecclesie Treverensis, et Wale- ramus dei gracia archidyaconus ecclesie supradicte nostrum expressum assensum et consensum premissis omnibus adhibemus. In quorum memoriam perpetuam et debitam firmitatem nos archiepiscopus, capitulum et archidyaconus antedicti presentem cartulam inde confectam nostrorum sigillorum patrocinio duximus roborandam.

Datum anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo octuagesimo in crastino beatorum Philippi et Jacobi apostolorum.

Or. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Erzbischof Heinrich mit Rücksiegel, wohl erhalten, rote Seidenschnüre. 2. Trierer Domcapitel, kleiner Rest, grünseidene Schnüre. 3. Archidiacon Walram, spitzoval in zwei Stücken; stehender Kleriker mit Palmzweig und Buch. Rücks. 15 Jh. »incorporatio de ecclesia Hasz- boren«; 18. Jh. »Joannes (sic!) Trev. archiep. incorporat parochiam de Hasporn eeclesiae Lutriensi 1280«.,

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58. Theoderich Rumanz von Schwarzenberg verkauft dem Conrad von Ellenbach seinen Hof zu Sensweiler (Synnswilre), aus welchem das Kloster Vrowenlutere einen Jahrzins bezieht. Zeugen die Herren Wilhelm und Gerlach von Schwarzenberg. 1280 Mai 4.

1280 crastino inventionis crucis. Regest in Mittelrh. Reg. IV., S. 160, Nr. 710 nach dem Original im St. A. Coblenz, Familienarchiv, v. Ellenbach.

59. Herzog Friedrich von Lothringen bezeugt den Verkauf von Gütern bei Lautern durch Heinrich von Gunsingen an deren Lehnsherrn Rudolf von Siersberg und durch diesen: an das Kloster Lautern. 1283 August 14.

Nos Fridericus dux Lothoringie et marchio notum facimus universis presentem litteram inspecturis seu legi audituris, quod cum dominus Henricus de Gunsinga miles, homo noster, pro se et suis heredibus successoribusque domino Rodulpho de Sirzperh militi bona sua omnia apud Lutream existentia cum omni jure et appendieiis suis quibuscumque, que ab eodem domino Rodulpho jure feodali dependent, vendiderit et acquitaverit precio persoluto, idem dominus Rodulphus eadem bona cum omni jure suo et appendiciis suis religiosis domina- bus... magistre et conventui de Lütrea nomine suo et heredum suorum successo- rumque vendidit imperpetuum ac nomine vendicionis coram nobis acquitavit pro quinquaginta duabus libris Treverensium denariorum sibi ab eisdem dominabus traditis integraliter et solutis, renuncians exceptioni dicte pecunie non numerate, non tradite nec solute sibi, beneficio restitutionis in integrum, doli mali et spe- cialiter illi juri, quo posset dicere se fore deceptum ultra medietatem justi precii et quod deest de justo precio suppleri, omnique juris auxilio canonici et civilis, quod eidem aut suis heredibus successoribusque competere posset in futurum quomodolibet ad recindendam (!) venditionem seu acquitationem supradietam. In cujus rei testimonium sigillum curie nostre una cum sigillo dileeti nostri domini Johannis de Warnisperch justieiarii nostri ad preces partium predietarum presentibus duximus apponendum.

Datum anno domini CC octuagesimo tercio, in vigilia assumptionis beate Marie virginis.

Or. Coblenz St. A. Siegel: 1. Curie des Herzogs von Lothringen. 2. Joh. von Warsberg. Beide am Rande beschädigt.

60. Herzog Friedrich von Lothringen verspricht dem Kloster Lautern, das ihm sein Eigentum in Wallerfangen abtrat, jährlich 30 Schillinge aus seinen Erz- werken daselbst. 1285 Juni 21.

. . Ego Fredericus dux Lothorengie et marchio notum facio omnibus presentes litteras inspecturis, quod pro eo quod .. magistra et . . conventus de Lutrea mihi et heredibus meis imperpetuum dederunt et quittaverunt, quicquid habebant, habere poterant et debebant in villa de Waldrowanges in redditibus, censibus et omnibus aliis quibuscumque, ego dietis . . magistre et . . conventui pro me et heredibus meis imperpetuum pro supradictis rebus dedi et contuli tri- ginta solidos Treverenses annuatim in festo purificationis beate Marie virginis in exitibus et proventibus furnorum meorum de Waldrowanges pacifice et quiete

Be ae

et sine contradictione aliqua percipiendos et habendos. In cujus rei testimonium sigillum meum presentibus litteris est appensum. Actum et datum anno ab incarnatione domini M°(i('% oetuagesimo quinto, feria quinta ante nativitatem beati Johannis baptiste. Or. Coblenz St. A. Reitersiegel des Herzogs mit Rücksiegel beschädigt. Die Urkunde ist ferner erhalten in einem Vidimus vom 3. April 1481.

61. Ritter Heribert von Senheim bekennt namens seiner Familie, dass die Hälfte des grossen Zehmtens in Sensweiler (Mainzer Diöcese) dem Kloster Lautern gehöre. 1287 Mai 8.

Universis presentes litteras inspecturis nos Heirbretus de Seneym miles et Metildis ejus uxor, Winandus, Ricardus et Ida liberi eorundem ac omnes alii eorum liberi, nec non Vüssolo maritus dicte Ide notum facimus, quod in medietate grosse decime apud villam de Sindiswilre et ejus attenciis (sic!) Ma- guntine dyocesis, que medietas speclat ad monasterium monialium de Lutrea Treverensis dyocesis ordinis sancti Augustini, et in jure eandem medietatem pereipiendi et fructus colligendi in eadem medietate decime et in straminibus vel aliqua alia utilitate, que provenire posset de fructibus medietatis decime predicte, recognoscimus nos nichil juris habere conjunctim vel divisim, et si quid juris habebamus in eorum medietate decime predicte sive ex consuetudine aut ex quacumque alia de causa nobis foret aquisitum, seu ad nos pervenisset, illi juri et consuetudini pure et simpliciter [renunciamus in hüs !)] scriptis omni fraude et dolo ammotis, promittentes per fidem a nobis singulis [et universis firmiter prestitam!)], quod contra hujus renunciacionem per nos vel per alium non ve- niemus in futurum et quod ea que fient per nun')|cios in perceptione fructuum medietatis decime prediete nec in aliquibus rebus et utilitate provenientibus de fructibus dicte decime et specialiter in straminibus eorum non molestabimus, im- petemus vel aliquid juris nobis vendicabimus in eisdem, volentes et consentientes, ut dicte domine exnunc suam quamcumque voluerint faciant et procurent de fructibus medietatis eorum dicte decime et qualibet alia utilitate de eisdem fruc- tibus proveniente voluntatem. In cujus rei testimonium presentes litteras sigillis prepositi in Revengersbure nec non Willelmi et Johannis fratrum do- minorum de Heincinberch rogavimus communiri. Et nos prepositus in Re- vengersburc, Willelmus et Johannes fratres domini de Heincinberch ad preces dietorum conjugum et liberorum suorum predictorum ac mariti Ide predicte si- gilla nostra hiis litteris duximus apponenda in testimonium predictorum.

Datum anno domini (Cl octuagesimo septimo, feria quinta post do- minicam cantate.

Or. Coblenz St. A.

Siegel: 1. Propst von Ravengiersburg, zwei Stücke. 2. und 3. Wilhelm und Johannes von Heinzberg, beide beschädigt. Die Pergamentstreifen rühren von 2 Urkunden des 13. Jh. her, in deren einer die Frau des Ritters de Dale, in der andern als Bürge Heinrich von Schoneckin vorkommt.

Regest: Mittelrh. Reg. IV., S. 325, Nr. 1433.

') Loch im Pergament.

RL. We

62. Knappe Gottfried von Bolchen bekennt, von der Meisterin Elsa und dem Kloster Lautern einen Mühlenteich hei Gensbach unter angegebenen Bedingungen gepachtet zu haben. 1289 August 11.

Universis presentes litteras inspecturis seu legi audituris ego Jofridus de Bolay armiger nalum esse cupio, quod ego suscepi et teneo a religiosis do- minabus Elza magistra et a conventu de Lutrea Treverensis dyocesis aream sive locum stagni reedificandi seu reparandı in meis sumptibus et expensis apud Guinspach, quod stagnum quamdiu vixero tenere debeo pacifice et quiete pro sex solidis Metensibus persolvendis a me dictis dominabus singulis annis in nativitate domini de dieto stagno. Post mortem autem meam ipsum stagnum ad dominas magistram et conventum prefatas libere et quiete absque omni occasione revertetur. Molendinum etiam ipsi stagno adjacens, si me reparare contigerit, mihi cedet per spacium mee vite, quod post meum obi- tum ad sepedictas dominas redibit libere et quiete. In cujus rei testimonium ego Jofridus predictus presentem cedulam sigillo religiosi viri domini Friderici dei patientia abbatis sancti Naboris ordinis sancti Benedicti necnon et sigillo discreti viri domini Th. decanı ecclesie de Homburch Metensis dyocesis tradidi roboratam. Et nos Fridericus dei patiencia ahbas sancti Naboris ac Th. decanus ecclesie de Homburch predicti sigilla nostra presentibus lit- teris ad preces Jofridi predieti armigeri in premissorum testimonium duximus apponenda. |

Datum anno domini M°CC°LXXXO0IX0, in crastino beati Laurentii martiris.

Or. Coblenz St. A. Die Siegel abgefallen.

63. Margarethe Witwe des Anselm Krebs in Euren und ihr Sohn Gerlach schenken dem Kloster Lautern allen ihren Besitz. 1290 Mai 20.

Universis tam presentibus quam futuris hoc scriptum visuris Margareta relicta quondam Anselmi dicti Cancri de Urio et Gerlacus ipsius M. filius salutem et ad perpetuam rei memoriam cognoscere veritatem. Licet parva sint et exigua, que offeruntur omnipotenti deo pro multitudine peccatorum, ipse tamen omnipotens deus non quantitatem muneris sed voluntatem respicit largientis. Presentis igitur scripti tenore universitati vestre volumus esse notum publice protestando, quod ex devotione sincera ac ob specialem dilectionis affectum, quem ad cenobium sanctimonialium in Lutrea Treverensis diocesis semper habui- mus et adhuc habemus, necnon pro salute et remedio animarum nostrarum et progenitorum nostrorum damus, legamus et conferimus donatione irrevocabili inter vivos unanimi consensu et voluntate, pure et simplieiter propter deum re- ligiosis dominabus magistre et conventui cenobii sanctimonialium in Lutrea pre- dicti omnia bona nostra, mobilia et immobilia, census, redditus et possessiones, in quibuscumque locis vel terminis consistant, ex nunc imperpetuum jure here- ditario possidenda, nullumque heredem aut successorem in prelibatis bonis nostris omnibus preter dietas religiosas dominas habere volentes vel cupientes in fu- turum. Verum ad omnem questionis materiam inposterum amputandam renuncia- mus et effestucamus de plano libera voluntate ex nunc inperpetuum super totam hereditatem nostram et omnia bona nostra memorata ubicumque. locorum sita

Se

sint, que in presenciarum habemus et possidemus eonjunctim vel divisim, et que habituri erimus et nobis conquirere poterimus in futurum, voventes et promittentes ex mera consciencia domine . . magistre et conventui prescriptis debitam fideli- tatem et perfectam obedientiam pro posse et nosce (!), more fidelis sororis et boni fratris conversi jugiter observare, conditione seu inventione quacumque non obstante, renunciantes eciam omnibus exceptionibus, cavillationibus et defensio- nibus juris canonici et eivilis, doli mali ac illi juri, quo dicere possemus, nos et quemlibet nostrum in premissis esse lesum vel lesos et circumventos, ac beneficio restitutionis in integrum, necnon omnibus exceptionibus et defensionibus tam juris quam facti, per quas effectus presentium posset cassari aliquatenus et annullari et quarum renuntiatio specialis foret necessaria exprimi de verbo ad verbum, quas haberi volumus pro expressis, promittentes bona fide et ad id nos firmiter obligamus per presentes sollempni stipulatione interposita, nullo unquam tempore contra premissa omnia vel quodlibet eorundem nos venturos inposterum, aliqua occasione, subtilitate, ingenio sive causa, fraude et dolo penitus exclusis. In cujus rei testimonium et robur perpetue firmitatis presentes litteras sigillis curie Treverensis et civitatis ejusdem, que ad petitionem nostram presentibus sunt appensa, dictis religiosis dominabus tradidimus communitas. Et nos magister Johannes cantor et... officialis Treverensis dicte curie sigillum pro- fitemur una cum sigillo eivitatis prediete huie seripto one in testimonium omnium premissorum.

Datum anno domini M°CC° Nonagesimo, in vigilia penthecostes.

Or. Coblenz St. A. Beide Siegel abgefallen.

64. Herzog Friedrich von Lothringen bessert dem Kloster Lautern die Renten in Wallerfangen zum Ersatz des durch seine deutschen Kriegsvölker erlittenen Schadens. 1294 Mai 15.

Je Ferris dus de Lohrregne et marchis fais savoir a tous, que pour plusours damaiges, que mes gent d’Alemegne firent a l’abbasse et a couant de Lutre et a lour hommes dedans werre et defurs werre, je sour seu par pax faisant lour amande les censes, qu'elles ont a Wadervenges, c’est a savoir de deix sols a panre et a avoir en tel leu et a tel jour, que les autre censes lour sont assigneez et de tele monoie com les autre censes sont a tenir et a avoir a tous jours en heritaige et lour otroi avec seu, que lour forrestier garde lour boix de Uzilstorf et de Kirlenges et an oste les miens forrestiers nene voil, que nuns de mes hommes ne de mes gent les cope des or anavant et voil, que nuns de mes sergent pennisse lour hommes avant qu’il laient monstrei et requis a l’abbasse ou a provost dou leu. Et recognoi par ces presentes lettres, que je n'ai nun droit a panre en lour viles ne suz lour hommes ne gillines ne pors se par mei achait non; ne ne voll ancores, que nuns de mes sergant faice tort a dites dames ne a lour hommes. Et par mei ces choses devant dites m’ont acquitei et acquitent la dite abbasse et li dis covans moi et mes gent de tous damaiges et de toute prises, que lour ont estei fais ne de moi ne de mes gent jusques a jour deu. En tesmoignaige de veritei je lour an ai donei et donne ces presentes lettres saieleez dou saiel de mai court de Bosonvile.

Be 24

Que furent faites l'an de graice notre signor M.CC. quatrevint et quatorse ans, en mei mois de mai.

Or. Ooblenz St. A.

Siegel abgefallen (abhangend).

Eine Urkunde Hans von Ritenhofens, 1457 Juni 8, enthält als Trans- sumpt obige Urkunde sowie eine solche des Grafen Johann von Nassau- Saarbrücken v. J. 1457 Juni 1, welche, als Transfix der Urk. des Herzogs Friedrich angehängt, den Inhalt dieser bestätigte. Die Einschnitte für das Transfix finden sich in der That in dem obigen Original des Herzogs.

64a. Friedrich von Dalheim, Burggraf zu Siersberg, liefert eine deutsche

l'ebersetzung der Urkunde (64) Herzogs Friedrich von Lothringen vom 15. Mai 1294. 1450 December 21.

Ich Friderich herezoch zu Lotringen und marggreffe doen allen luden zu wissen, daz umb vil schadens, den myn lude usser Duczlande daden der eptyssen und convent zu Luteren und den iren armen mannen in crege ader bussen creige und nu vort me des freden zu hain von uns und besseren en de zinsze, de sy hant zu Walderfingen, ist zu wissen zhein schillinge zu nemen und zu han an dem ende und uff den dach daz in de ander zinsze en bewiset sint und der muncze alz de ander zinsze zu wissen und zu hain umerme und zu erbeschaff, und erlouben in he myde, das ir furstere sullen hoeden ir welde zu Uczelezstorff und zu Kerlingen und doen da von myn furster und enwil nit, daz keyner myner mannen und amptlude und boeden nu vortme da in hauwen, und wil auch nit, daz keyner myner amptlude ader underdain ader boeden ir lude vahein ader penden erste dan es voirbracht sy und ersucht an der eptysszen ader ir ampt- lude, von dem ende de lude wanhefftich sint. Und bekennen mich in dussem gewerdighen breiffe, daz ich kein recht han zu nemen in eren dorfferen ader hoben eren armen luden ader wederdrissz geschee von mynen underdanen, und wil auch nit, daz kevner mynre amptlude und boeden unret doe den egenanten frauwen noch iren armen luden und wil daz myn amptlude nu und zu ewighen dagen de egenante eptissen und ir arme lude beschirmen vor unrecht glich unsern eygenen luden und mannen. Umb dusse vorbenant sache hant sy mich gequitet de ege- nante eptijssze und convent mich und myn lude von allen schaden und von aller name, de in gescheit sint von myr und mynen luden bicz uff dussen dach. Des zu gezuche der wairheit so han ich der egenanten eptyssen und convent geben und geben dussen gewerdighen breiff besigelt myt dem sigel myns hoeffz zu Boesendorff, der gemachet wart na gocz geburt M°CC°LXXXIIIT jair in dem halben mey.

Ich Friderich von Dalhem burchgrewe zu Sirsburg doen kont und bekennen mich, daz ich eynen welczen versigelten breiff gesein und gelesen han und gancz von allen sinen puncten und worten inhaldende in duczem alz vor- gemelt steit und besigelt myt unsers genedighen herrn sigel, daz zu der zyt zu Boesendorff lach. Und des zu urkonde so han ich Friderich vorgemelt myn sigel gehangen an dussen breiff im (!) dem jair na gocz geburt MPCCCC® und L jair, uff sent Thomas dag des hilligen apostelez.

Or. (Pergament) Coblenz St. A. Siegel des Fr. v. Dalheim.

5 .—

65. Herzog "Friedrich von Lothringen bezeugt eine (rüterschenkung des Knappen Alard von Inne zu Gisingen an das Kloster Lautern. 1294 Mai 15.

Nos Fridericus dux Lotheringie et marchio scire volumus universis, quod in nostra presencia propter hoc personaliter constituti Alardus de Inne armiger et Katherina ejus collateralis recognoverunt et sponte confessi sunt, se tradidisse et donasse donacione irrevocahili inter vivos in perpetuam ele- mosinam religiosis dominabus magistre et conventui de Lütrea Treverensis dyoeisis (!) unanimi voluntate, pari consensu et sociata manu omnia bona, que habere dinoscuntur iidem conjuges in villa Gunsinga seu in confinio dicte ville in cunctis usibus et proventibus, nichil penitus sibi retinentes in eisdem. Item dieti conjuges absolverunt perpetuo Jacobum de Kirlinga, filium quondam Johannis dieti Crippin, ab homagio et a censibus omnibus, in quibus eisdem conjugibus idem Jacobus tenebatur. Promittentes eciam dicti conjuges fide prestita corporali, se contra dictam donacionem non venire ullo unquam tempore, et ipsa Katherina divisim juravit tactis sacrosanctis ewangeliis, quod eandem donacionem ratam ac perpetuo inconcussam servabit nec ulla arte vel ingenio seu racione dotis seu dotalicii sive donacionis propter nupcias sibi factas contra veniet in futurum. Quod ut ratum et firmum permaneat, sigillum curie nostre de Bosonis villa!) ad preces et ad instanciam dietorum conjugum presentibus apponi fecimus in testimonium premissorum.

Datum anno domini M°CC°nonagesimo quarto, in medio mense maio.

Or. Coblenz St. A. Siegel abgefallen. Regest: Mittelrh. Reg. IV, 5. 511, No. 2286 nach Copie des 17. Jh.

66. Herzog Friedrich von Lothringen bezeugt einen Güterverkauf der Knappen Alard von Jnne und Wilhelm von Sponheim an das Kloster Lautern zu Sermeldingen. 1296 Mai 4.

Je Ferris dus de Loherengne et marchis fais savoir a tous, que en mai presance establis Alairs de Jnne escuiers, filz Phelepin qui fuit, et Katerine sa feme et Willames de Spanhen escuiers et Clamenze sa feme demorans a Tholeie ont recogneut par devant moy, k’il on vandut communemant de lour plainne volanteit et acquiteit a touz jours mais a la religiouse dame Hawele nonneyn de Lutres sus Saire de quant qu'il ont et puent avoir et doient avoir a Sairmedanges et on ban en homes, en femes, en chans, en preis, en boix, en censes et en tous us et en toutes manieres queiles quelles soient sans riens a retenir. Les queiles chozes entieremant et les apandises il lour ont vandut et delivreit vandent et delivrent et wairentiront pour franck allues davant tous homes et a tous jours a lour costanges. Et est fais cist vandaiges et ceste acquitance pour quailorze livres de boins Treverciens, dont il ont aut et receul boin paiemant et entier en deniers boiens bien contez et bien nombreis si comme il dient, et ont cranteit et promis et jureit, sor sains pour auz et pour lour hoirs, que jamais contre cest vandaige et ceste acquitance ne vanront ne niant ni re- clameront ne feront reclameir per aus ne par atrui, ne par devant justice seculer ne par devant justice esperitueil. En tesmoignaige de veriteit et pour ceu, que se soit farme chose et estauble, a je fait saieleir cez presantes lettres dou saieil

") Busendorf.

de ma court de Bouzonville par la requeste et par lez priierés des parties devant dites.

Ke furent faites l'an de graice nostre signour mil dous ®ens :quattre vins et saize ans, londemain de l’ascencion nostre isignonr.

Or. Coblenz St. A. Siegel abgefallen.

67. Die Brüder Peter und Friedrich gen. von Reisweiler und ahre Ge- schwister bekennen, dass ihr Streit mit dem Kloster Lautern über den Hof Steinberg beigelegt sei. 1296 Ma 31.

Nos Petrus et Fridericus fratres de Rayswilre dicti, fili Alberti pie memorie quondam de Dyrmendinga, cum ceteris nostris fratribus atque sororibus sive heredibus notum facimus universis tam presentibus quam futuris presentes litteras inspecturis aut etiam audituris, quod omnis lis sive discordia, que vertebatur inter nos ex parte una et religiosas dominas atque honestas vide- licet . . magistram et conventum de Luytra ex parte altera mediante consilio proborum virorum et peritorum sedata est amicabiliter et sopita super quadam curte dieta Steinberch eisdem dominabus religiosis attinente seu ab ipsis possessa de consensu nostro plenario et voluntario in hunc modum: renuntiavimus enim et per presentes renuntiamus cum omnibus nostris successoribus omni juri, quod nos ratione juris hereditarii in ipsa curte habere credidimus quoquo modo, nec ipsas dominas religiosas sepius dietas propter curtem ipsam deinceps in judicio vel extra judicium impetere debebimus sive etiam impedire. Testes sunt, quorum nomina subarantur, videlicet: discretus vir dominus Sybodus presbiter de Wellinga, Hennelo (?) scultetus de Xhowenberch dictus de Wysein- bach, Lücho villieus de Dyrmendinga et plures alii fidedigni. In cujus rei testimonium evidens et munimen, quia sigillo proprio caremus, sigillum honora- bilis viri et religiosi Folmari dei patientia abbatis de Tholeya litteris pro- curavimus hiis apponi. Et nos prefatus F. Abbas de Tholeya assentientes, omnia premissa esse vera, ad preces et ad instantiam dictorum, P. et T. fratrum cetero- rumque heredum, qui assensum debuerunt aliqualiter adhibere, sigillum nostrum hiis litteris duximus appendendum.

Datum feria quinta proxima post dominicam qua cantatur »factus est ele. anno domini M°CC°nonagesimo VI".

Or. Coblenz St. A. Siegel des Abtes Folmar von Tholey beschädigt. Rücks. Vermerk 18. Jh. »1262 Lebach«.

68. Der Official der bischöflichen Curie in Metz verweist auf das Privileg des Papstes Hadrian IV. für Fraulautern vom Jahre 1155 und bedroht alle mit Ex- communication, die das Kloster beraubt haben, falls sie nicht binnen bestimmter Frist Entschädigung gewähren. 1297 November 27.

Officialis curie Metensis universis presentes litteras inspecturis salutem in domino. Noveritis nos vidisse et tenuisse litteras apostolicas non abolitas, non cancellatas, nec in aliqua sui parte viciatas, hunc titulum continentes: Adrianus etc. etc!) Cum igitur aliqui malefactores dei timore postposito et

Ts 1) Wie oben No. 2,

ei

mandato apostolico non eurato Lutrensem ecckesiam predictam spolient, hontines erusdem ecclesie capiant, bona curtium dicipiant, molendina sua destruant et con- fringant, prout nobis prepositus, magistra et conventus eiusdem ecclesie lacrima- bili querimonia demonstrarunt, eapropler nos mandatum apostolicum efficaciter promovere et ecclesias et omnes personas ecclesiasticas defendere fideliter inten- dentes, vobis omnibus abbatibus, prioribus, decanis, archipresbiteris, presbiteris seu aliis ecclesiarum rectoribus in dyocesi Metensi constitutis, ad quos presentes littere pervenerint, sub pena suspensionis et excommunicationis, quas in vos ferimus in hiis scriptis, si non feceritis, quod anandamus, trium tamen dierum monitione premissa, cum requisiti per presentes fueritis, precipiendo mandamus: quatinus omnes molestatores, iniuriatores, spoliatores dicte ecclesie primo, secundo et tercio commonitos habeatis, ut sepe dicte ecclesie de dampno et molestiis satisfaciant competentes et nobis de contemptu eo quod mandatum nostrum immo verius apostolicum contempserunt: alioquin ipsos, nisi infra octo dies post mo- nitionis vestras dicte ecclesie de dampnis et molestiis satisfecerint, quos nos ex tunc excommunicamus in hiis scriplis, excommunicatos nominatim illos, de quibus vobis constiterit, alios vero in generali singulis diebus dominicis et festivis candelis accensis campanis pulsatis publice nuncietis, alta voce eisdem expri- mentes illud quod in litteris apostolicis eontinetur videlicet: nisi presumpcionem suam digna satisfactione correxerint, potestatis honorisque sui dignitate careant, reosque se divino iudicio existere de perpetrata iniquitate cognoscant et a sacra- lissimo corpore et sanguine dei et domini redemptoris nostri Jhesu Christi alieni fiant, atque in extremo examine districte ultioni subiaceant, nec a denunciatione eorum, qui propter hoc fuerint excommunicati, cessetis nec eos pro absolutis habeatis, quousque de absolutione eorum aliud a nobis receperitis in mandatis.

Datum feria quarta ante festum beati Andree apostoli, anno domini mille- simo ducentesimo nonagesimo septimo.

Or. Coblenz St. À.

Siegel an mehrfarbigen Seidenschnüren, abgefallen. Höhe der Urkunde bis zum umgebogenen Rande 61,5 cm, Breite 52,5 cm, umgeb. Rand 6,5 cm. Rückseitige Vermerke des 18. Jh.: 1. Bulla Adriani quarti Romani Pon- tificis emanata anno 1297 (corrigiert aus 1157) vigesima nona 10 bris (sic!), qua excommunicantur omnes Molestatores, detentores bonorum seu Violatores jurium ac Damnificatores Ecclesie Lutriensis seu personarum ibi Deo servientium. Numerus 4tus A. 2. Excommunicatio a papa contra omnes molestatores nostros.

69. Herzog Friedrich von Lothringen bezeugt, dass Ritter Isenbert von Warsberg seine lothringischen Lehen um eine Wiese über dem Teich am Warentwald unter Gürtingen gemehrt habe. 1299 December 25 (?).

Je Ferris dus de Lorreingne et marchis fais savoir a tous, que c’est bien par mon los et par mon orant, que mes sires Ysambers de Warnesperch chevaliers mes hom et mes feaubles ait et teingne de moi en acroisance des autres fiez, qu’il tient jai de moi, les preis, qu'il at acheteiz desuz mon estant dou bois de Warant desouz Guertenges!) sauf mon droit. En tesmoignaige de

7) Guerting, (on de Boulay, Gürtingen.

EE

veritei et pour ceu, que se soit ferme chouze et estable lan ai je donnee: ceste lettre pendant saelee de mon seel, qui ful faite l'an mil douz cens quatre vins et dix et nuef, on mois de decembre, le jour de lan.

Or. Coblenz St. A.

Die Hülfte des grossen runden Reitersiegels nebst Rücksiegel des Herzogs.

Rücks. Vermerk 15. Jh. »non pertinet nobise ; 18. Jh. »Gensbache, Die Datierung 1299, December am Jahrestag ist merkwürdig und könnte zu dem Schlusse führen, dass doch der 25. December als Jahresanfang mit »Jahrestags bezeichnet worden wäre, wo bleibt aber dann der hier doch anzunehmende Trierer oder Metzer Styl?

Schlussbemerkung. Zur Vervollständigung der Nachrichten über Frau- lautern bis 2. .J. 1300 sei hier noch auf folgende, in den Mittelrh. Regesten Band IV an der bezeichneten Stelle aufgeführten Urkunden hingewiesen :

1289 Mai 16, Meier Henzo von Lautern; 8. 375, No. 1660. 1289 Dec. 7, Bruno, Landdechant von Lautern; 8. 385, No. 1709. 1290 April 10, Priester Andreas von Lautern als Vicepastor der Eaurentius- kirche in Trier berufen; S. 395, No. 1761. 1294 April 4, Die Meisterin von Lautern siegelt mit dem Abt von Wadgassen eine Verkaufsurkunde; 8. 507, No. 2266. Zwei im Archiv Fraulauterns in Coblenz befindliche französische Urkunden ent- stammen zwar dem ehemaligen Klosterarchive, beziehen sich aber nicht auf das Kloster und wurden daher nicht aufgenommen. Die erste v. J. 1249 August 28 rührt von Ritter R. von Siersberg, die zweite, 1285 Mai, von Graf Eberhard von Zweibrücken her.

35

Register zu den Urkunden.

Die Zahlen bezeichnen die Nummer der Urkunden, Jahreszahlen sind in Klammern beigefügt.

Adelartswilre, Lifwinus de 10 (1212). Adelbero Albero, Erzbischof v. Trier 1. Adelbertus, miles 1. Albericus, Zeuge bei Bitsch 6 (1183).

Alexander, Archidiacon in Trier 1 (1154).

Alemegne (Allemagne) 64.

Alstringen, Conradus de, S. Arnual 17 (c. 1236).

Andreas, Dechant in Wallerfangen 48 (1269).

Arnold, Erzbischof von Trier 4 (1174).

Arnold, Stiefsohn des Ludwig Molgrin in Trier 12 (1225).

Arnual S., Kloster. Dechant Evervin, Priester Conradus de Alstringen und Reynold 17 (c. 1236), Cantor Th. 51 (1274). Siegel 34 (1251).

Friedrich von

Priester in

Balderich, Dom-Scholasticus in Trier 1 (1154).

Beckingen, Arnoldus de 8 (1183). Priester Marquard in B. 19 (1237).

Bedesdorf, Bedresdorf, Bedersdorf Kr. Saarlouis, Benzelinus und Johannes de B. 23 (1241), Priester Friedrich 23 (1241).

Berge, Ludewicus de 17 (c. 1236).

Berilberch (oder Bevilberch?), Berg bei Neumagen 3.

Berlouvis, Frau in Weiler supra mon- tem 39.

B(erthold), Archidiacon (S. Bapt. in Marsal) 14 (1230).

Bertolf, Abt von S. Eucharius in Trier 1 (1154).

Bevelsheim, de 17 (c. 1236).

Bezelin, Ritter 19 (1237). S. auch unter Bedesdorf.

Bilze, Schwester des Ludwig Molgrin in Trier 12 (1225).

Johannis

_ Bissenpul, Flurname 23.

Bitsch, Bitse, Friedericus de, Bitensium dominus 6, 7, 8 (1183); seine Söhne Matthäus und Philipp 7 (c. 1183).

Bolay, de s. Bolchen.

Bolchen, Archipresbyter Ludwig daselbst 38 (1258). Jofridus de, armiger 62 (1289).

Bosonvile, Bosonis villa s. Busendorf.

Bovaries, Boveries, Berg u. Dorf bei Neu- magen, jetzt Ferres 1,2,4. Einwohner

Evero und Lambert 40, Petrus de 31.

Breide, wohl Bretten, Saline daselbst 15.

Brucha, Walterus de 18 (1236).

Brücke, von der, s. de Ponte.

Bruka, Theodericus de 4 (1174).

Burchard, Priester (c. 1200).

Busendorf, Bosonvile, Bosonis villa 64, 65, 66.

in Fraulautern 9

Cancer s. Krebs.

Casse bei Schwarzenholz 46,

Castel (Castela) 10.

Cevene s. Zewen.

Christian, Priester in Liesdorf 8 (1183).

Claustrum (Kloster Himmerode) Abt des- selben 1 (1154).

Cluscetre (Clüsserath) 5.

Cokeren, Volmarus de 17 (c, 1236).

Conrad, Propst von S. Paulin in Trier 1 (1154), Erzpriester in Weierbach (50)

(1275).

Crekenberc bei Schwarzenholz, Flur- name 46.

Crichelsperch, Hezelo de Neumagen

dictus de 43 (1261). Crippin, Johannes und sein Sohn Jacob 65 (1294).

Dale, de, Ritter 61 Bemerkung.

Dalhem, Dalheim, Friedrich von, Burg- graf von Siersberg 64a (1450).

Daswilre Dasweiler (?) 23.

Daun s. Dune.

Davels, Wilhelmus de 20 (1239).

Dentingen, Kirche, 41, Roricus de 19 (1237).

Dirmendingen, Albertus de 67 (1296) (Dirmingen, Kr. Öttweiler), Hofmeier Lucho in D. 67.

Drogena, Thron a. d. Mosel, 42.

Drutwivis, Witwe in Zewen 39.

Dune, de, 9 (c. 1200).

Durnen, Düren, Kr. Saarlouis, 38.

Eberwin, Priester in Fraulautern, 9 - (e. 1200). Echternach, s. Epternach. Ellenbach, Conradus de, 58 (1280). Engelsgasse in Neumagen, 44. Epternako, Gertrudis de, 12 (1225). Esswilre, Symon dominus de (Esch- weiler) 38 (1258).

56

Euren, Uren, Urium (bei Trier) 2, 22, 63. |

Finstingen 18, Erzpriester W. in F.18 | | Hana Petra s. Hunolstein. | Hane, Theodericus dominus de, Schwie-

(1236). Folmarus, Archidiacon in Trier 3 (c. 1160).

Foramine, Johannes dictus de (Neu- |

magen) 31 (c. 1250).

Fraulautern, Kloster. Meisterinnen: J. (Jutta oder Ida?) 13 (c. 1225). B. (Berta) 23 (1241), 28 (1250). Jutta

|

46, 47 (1265). Gertrud 48 (1269), 52 |

(1279). Elza 62 (1289).

Pröpste: Heinrich 1, 2, 3, 4 (1154— | 1174). Johannes 12 (1225), 17 ‘c. 1236). |

Bruning 45 (1262).

l

|

Ort 31, 47, 59. Einwohner Gerhard und Heinrich, Söhne des Conrad 47. Freisammus, Lodewicus, Schöffe in Trier 12 (1225). Friedericus, Subdiacon in Trier 11 (1224). Abt von S. Nabor 62 (1289).

Gemino Ponte, comes de s. Zweibrücken.

Gensbach, Gynsbach, Guinspach, 2. Mühle und Teich dabei 62.

Gerbodo von der Wetzelsmühle 17, 18 (1256).

Gerhard, Propst des Coll.-Stifts Pfalzel, 4 (1174).

' Gerlevingen, Johannes de, 8 (1183). (ladariensis, S. Martinus s. Lungfelden.

Schwestern: Oda von Neumagen 5 | (1169—1197). R. 13 (c. 1225). Hawele |

66 (1296). Geistliche: B. 13 (1225). Hugo 19 (1237). B. Dechant 52, 53 (1279).

Conversen : Anselm 17. Leibeigene:

Walter 15. Ecclesia s. trinitatis et beate Marie 16 (1235), 43 (1261), 49 (1261).

Gottfried, Dompropst in Trier 1, 3 (1154, 1160). Abt von S. Martin in Trier 1 (1154).

Grecenborn, Walterus domicellus (Grügelborn ?) 46 (1265).

Gunsingen, Alardus miles de 40 (1259). Henricus miles dominus de 59 (1283). Ort 65.

Gürtingen, Guertenges, Kr. Bolchen, 69.

de

Hadrian IV., Papst, 2 (1155).

servater des Nic. Vogt v. Hunolstein, 45 (1262).

Harundo (in Harundine), Flurname bei Fraulautern, 47.

Hasard, Conradus, in Neumagen 44 (1261)

Hasborn, Haysburne, Hainsporne, Kirche daselbst, 54—57.

Hechelingen, Wilhelmus de 8 (1183).

Heinrich, Cantor am Domstift in Trier 1 (1154).

Heinrich, Erwählter von Trier, s. Trierer Erzbischöfe.

Heinzenberg, Heincinberch, Wilhelmus et Johannes domini de, Gebrüder 61 (1287).

Himmerode (Claustrum) Abtei 9. Abt derselben 1 (1154).

Himmersdorf, Marsilius de 6 (1183), Be- rengerus 8 (1183).

Hoen, Flurname bei Fraulautern 47.

Homburg, Diöcese Metz, Kirche und Dechant Th. 61 (1287).

Huccelstorf 32, s. auch Usselsdorf, Uzzels- dorf.

97

Hufgut des Herzogs von Lothringen bei | , Lungfelden, Abtei (S. Martini Gladarien-

Wallerfangen 24. Hugo, Cardinal-Presbyter v. T. binae, päpstl. Legat 35 (1254).

Hugo advocatus de 16 (1225), 21 (1239), Nicolaus u. s. Frau Beatrix 45 (1262), Huren (Euren ?), T. de 12 (1225). Hustat, Philippus de 8 (1183), Johannes 19 (1237).

Inne, Godscalcus de 38 (1258), Alardus armiger, seine Frau Katharina u. s. + Sohn Philipp 65 (1294), 66 (1296).

S. Sa- |

Lothringen, Herzog von, Friedrich 10, Matthäus 24 (1248), Friedrich 59 (1283), 60 (1285), 64, 65 (1294), 66 (1296), 69 (1299).

Ludewicus abbas s. Marie (Trier) 1 (1154), Sohn d. Ludw. Molgrin (Trier) 12 (1225).

sis), Abt23(1241), Abt Johannes 38(1258).

| Lutrea supra Saram 31, s. sonst Frau- Hunescheit, Hof bei Schwarzenholz 2, 45. | Hunolstein (Hunoldesten, de Hana Petra). : Malberg, Cuno de, 4 (1174), Merbodo

Johannes, Archidiacon in Trier, 1 (1154). |

Jutta (v. Neumagen?) 1 (1154).

Kassen (Ort) 31.

lautern. Lyren, Tirricus, in Trier, 12 (1225).

18 (1236). Malstat, Liebwinus de, 17 (c. 1236). Maring (Kr. Bernkastel) 9. Mathenlev, Flurname bei Fraulautern, 47. Mathilde, Gräfin v. Saarbrücken 51 (1274). Mechtildis, Ehefrau des Subdiacons Friedrich in Trier, u. deren Tochter 11 (1224). Mediolacus s. Mettlach. Mesinher, Erzbischof v. Trier, 1.

| Merle, Fridericus de, 9 (c. 1200).

Kerlingen (Kyrlingen, Keirlingen, Kir- |

lenges) 2, 8, 64, 69. Kirkele, Johannes de, 33 (1251).

(1259).

Mertinesgemeinde supra Mosellam ir parrochia Numagen 31.

Metildis domina 37 (1255).

Mettlach, Abtei (Mediolacus) 1.

Krebs (Cancer) Anselmus in Euren (Urio) |

s. Wittwe Margaretha u. s. Sohn Ger- lach 63 (1290).

Lanegrith, Bezeichnung für eine Pfand- art 39.

Laubach (Lupach) 2.

Lautern s. Fraulautern.

Lebach 2, 49.

Lendesele, Lindenselle, wohl Linslerhof, Kr. Saarlouis, 1, 2.

Leo, Hofmeier Fraulauterns in Schwar- zenholz, 46 (1265), 51 (1274).

Liesdorf (Lizdorf), Marsilius et Reinerus fratres de, Marsilius junior 19 (1237); Elisabeth et Godefridus filius ejus de 28 (1250).

Priester Heimo in L. 19 11237), Ort 36.

Loimersfelt, Arnoldus de u. s. Sohn Heso

8 (1183).

Knilinc, Rudolfus dictus, in Zewen 39 | Metz, Bischöfe:

Johannes

Jacobus 34 (1251), Archidiacon Johannes 18 (1236), Offi-

cial des Bistums 68 (1297), Diöcese 68.

Molgrin, Ludwig, Bürger in Trier, 12, 22 (1225, 1241).

Mauricius, S., in Trier (?) 20 (1239).

Morsbach. Otto de, 17 (1236).

Mortena, dominus Wolpero de, 38 (1258).

Mühle, die untere (de inferiore molen- dino) bei Thron, 42.

Mundekin, Friedrich, Schöffe in Trier. 12 (1225).

Munt, Albert de Castela, 10 (1212).

Nabor S., Abtei, Abt Friedrich, 62 (1289).

Nalbach Johannes de, Schöffe in Trier, 12 (1225), Ort 53.

Nassau (-Saarbrücken), Graf Johann von, 64 Bemerkung (1457).

Neumagen (Numagen, Numachen,

14, (1230),

Nu-

maga), Wiricus dominus, de und dessen

Mutter Jutta 1 (1154), 2 (1155). Maf- fridus antiquior dominus de 3 (c. 1160), Wiricus de und dessen Bruder 4 (1174). Mafridus miles de 5 (1169—97), 31 (e. 1250). Meffridus dominus in 42 (1260), 43, 44 (1261). Oda de, Nonne in Fraulautern 5 (1169—97). Hezelo de, dietus de Crichelsperch 43 (1261). Conradus de, dietus Hasard 44 (1261). Castrum 3. Centurio H., Scabinae: Walter und JohannLeidevas, Alexander und Conrad Hasart, Stephan, Reinbold, Gobolo Grundela 31 (c. 1250). Ein- wohnerLambert, Johannes de Foramine, Winrich 31 (c.1250). Schöffen 42 (1260) Ort 31, 40, 42—44, 50. Parochie 31. Noviant, Kr. Bernkastel, 9.

Oda (de Neumagen), Nonne in Frau- lautern, 5 (1169—97).

Oirswit, Flurname bei Liesdorf, 36.

Osilia, uxor Willelmi, 7 (1183).

Oswilre (wo?) 23.

Pachten à. d. Saar, (Patta, Paten, Pathe, Patthen) 2, 7, 19, 33, Osilia de 10 (1212).

Palacio, Walterus de 4 (1174). 20 (1239).

Palaciolum s. Pfalzel.

Päpste, Hadrian IV., 2 (1155), 68. Inno- cenz IV., 25 (1249), 35 (1254).

Patta s. Pachten.

Pfalzel (Palaciolum) Collegiatstift. Propst Gerhard 4 (1174).

Pirus Regia dieta Puwilre 39.

Ponte, Ludewicus de, Ministeriale des Trierer Domstifts, und dessen Bruder Reinerus 9 (c. 1200). Rudolfus ebenda.

Puella, Lodewicus et Ernestus, Schöffen in Trier 12 (1225).

Puwilre 39.

Conrad

Radisvilla s. Reisweiler.

Ravengiersburg, Kloster, Propst dessel- ben 61 (1287).

Ravilla, Robertus de (Rollingen) 14 (1230).

Rehlingen (Rollingen), Kr. Saarlouis, 6. Mühle daselbst, 33.

58

Reisweiler (Radisvilla Resswilre) 1, 2, 10, 19, 27—30, 32. Brüder Peter und Friedrich von R., Söhne. des Albert von Dirmingen, 67 (1296).

Rettel s. Rutela.

Rikardus, Abt von Springiersbach, 1 (1154). Ricardus miles Schöffe ın Trier, 11 (1224).

Ritenhofen, Hans von, 64 Bemerkung (1457).

Roden (Rodene), Kr. Saarlouis, 1, 2. Priester Arnold daselbst 19 (1237).

Rolingen, Wiricus de, 6 (1183).

Roricus junior 17 (c. 1236).

Rudolfus, Domdechant in Trier, 1 (1154). Dompropst 4(1174). Zeuge bei Friedrich von Bitsch 6 (1183).

Rulant, Cono dictus de, u. Th. dominus de Rulant Dominus de R. 39 (1259).

Rutela, Rettel a. d. Mosel, Abt daselbst 7*(e. 11183):

s. Bruder 22 (1241).

Saarbrücken 17, 34 (Burg und Mühle). 51 (Maass von S.). Graf Simon von S. 15 (1234). Gräfin Lauretta 34 (1251). Gräfin Mathilde 51 (1274).

Saarwerden, Graf Heinrich von, 41 (1259).

Salm, Graf Heinrich von, 45 (1262).

Sattler (Godefridus sellator) s. sellator.

Schaumburg (Schowenberch), Schult- heissHennelo dietus de Wyseinbach, 67 (1296).

Schoneckin, Heinricus de, 61 Bemerkung.

Schowenberch s. Schaumburg.

Schwalbach (Sualpauch), Godefridus de, u. s. Mutter Methildis 19 (1237). Johannes de u. s. Frau Elyse 36 (1254). Kirche 36.

Schwarzenberg, Ritter Gerlach Crippin von, 49 (1270), 54 (1279),56—58 (1280). S. Frau Agnes, s. Söhne Johann und Wilhelm, s. Schwiegertochter Aleyd, s. Bruder Hugo 49 (1270). Ritter Wilhelm 55 (1279), 56, 58 (1280). Theoderich Rumanz von S. 58 (1280).

Schwarzenholz (Svarcenholf, Svarcen- holz) 2, 16, 21, 45, 52, 53. Schöffen,

Einwohner namens Conzo, Leo, Con- radus, Fridericus, Petrus 46. Mühle 51.

Sellator, Godefridus, Schöffe in Trier, 12 (1225).

Senheim (Seneym), Heribertus miles de, s. Frau Metildis u. s. Kinder Winandus, Richardus und Ida; Mann der Ida Vussolo, 61 (1287).

Sensweiler (Synswilre, Sindiswilre) Kr. Bernkastel, 50, 61.

Serca s. Sierck.

Sermeldingen (Sermedingen), Sermel- dinger Hof, Kr. Saarlouis, 2, 66.

Sibodo, Pfarrer in Usselsdorf (?) 23 (1241).

Sidelingis, Matthäus dominus de, 19(1237).

Sierck (Serca), Arnolfus de, 1 (1154).

Siersberg (Sirsperch, Syberch, Sirzperch), Rudulfus de u. s. Bruder Albericus 8 (1183). Rodulfus u. Johannes 19 (1237). Johannes 23 (1241). Arnoldus, s. Frau

Elisabeth u. s. Mutter Marga- retha 33 | (1251). Rudolfus miles 52, 53 (1279), |

59 (1283). BurggrafFriedrich 64a (1450).

Sigerus, Abt von S. Maximin in Trier, 1 (1154).

Sistap, Heinricus 20 (1239).

Spanhem, armiger de, u. s. Frau Cle- menze in Tholey, 66 (1296).

Springiersbach, Abtei, Abt Richard 1

(1154). Abt Gottfried 4 (1174). Steinberg (Kr. Saarlouis), 2, 49, 67. Stürzelborn, Abt des Klosters 1 (ec. 1183).

Abt Theoderich, und Symon, dessen

Capellan, 10 (1212).

Symon, Capellan des Abts von Stürzel- born, 10 (1212). Schultheiss in Neu- magen 44 (1261). Pfarrer in Sens- weiler 50 (1273).

Synzwilre s. Sensweiler.

Theodericus, Bruder des Propstes Hein- rich von Fraulautern, 4 (1174). Laien- bruder in Fraulautern, 9 (c. 1200).

Thetingen, Bartholomaeus et Heinricus fratres de, 51 (1274).

Tholey, Abtei, 66. Abt Folmar 67 (1296).

Thomas, Ritter (Trier) 11 (1224).

Thron s. Drogena.

Tirricus, Bruder des Ludwig Molgrin in Trier, 12 (1225).

Trier. Erzbischöfe: Albero 1, Meginher 1, Hillin 1 (1154), Arnold 4 (1174), Arnold 32 (1251), Heinrich 45 electus (1262). 49 (1270). 57 (1280). Offi- cial 63 (1290).

Domcapitel 9 (c. 1200).

Domstift. Pröpste: Gottfried 1 (1154), 3. (1160). Rudolf 4 (1174). 5 (1169— 97). Rudolf 11 (1224). Symon 45 (1262). Dechanten: Rudolf 1 (1154). 3 (1160). Johannes 4 (1174) W. 11 (1224). Archidiakonen: Alexander, Johannes 1 (1154). Folmar 3 (c. 1160). 4 (1174). Rudolf 4 (1174). Godinus 4 (1174). A. S. 26 (1249). Symon (et thesau- rarius) 27 (1250). Walram 56. 57 (1280). Cantoren: Heinrich 1 (1154). 3 (1160). Johannes 63 (1290). Cellerarius: Wezelo 3 (c. 1160). Scholastiei: Balderich 1 (1154). Werner 11 (1224). Canonici: Everbero, Rudolf, Theoderich, Cuno, Engelbert, Liebert, Wezelo, Wehelo 3 (c. 1160), Th. 20 (1239). S. can. et officialis 26 (1249). Ministerialen: Engelbert. Friedrich, Wilhelm, Hermann, Enbrico, Theoderich 1 (1154).

Klöster u. Stifter: S. Eucharius, Abt Bertolf 1 (1154). Ludwig 4 (1174).

S. Maria ad martyres, Abt

Ludwig 1 (1154), Reinbold 4 (1174).

S. Martinus, Abt Oliver 4 (1174).

S. Martinus (Dominikaner-Nonnen-

kloster) Priorissin A. 37 (1255).

S. Maximin, Abt Siger 1 (1154).

S. Paulinus 37, Propst Conrad 1

(1154), A. 26 (1249). Canonici Hugo

u. Ludwig 11 (1224). S. Symeon,

Dechant Walter 1 (1154). 4 (1174).

Cantor Wezelo 4 (1174). Scholasticus

W.,. Custos Johannes 13 (c. 1225).

Canonicus Conrad 11(1224). Sacerdotes

Erfo, Otto, Burchard 13 (c. 1225).

S,Symeon, Hospital, 44. Geistliche: Lambert, Siegfried 11

(1224).

Stadt 1, 2, 20, 37. Schöffen: Thomas u. Richard 11. Gottfried Satt- | ler (sellator), Ludwig Freisam, Fried- | rich Mundekin, Bonefaz, Walter, Her- brand, Heinrich, Ordolf, Ludwig und | Ernst Puella, Johann von Stalbach, | Ludwig Weiss (Albus), Heinrich, Bal- duin 12 (1225). Giletus, Heinrich, Warner, Nicolaus, Heinrich, Colinus, : Ordolf, Karl, Heinrich, Ordulf, Petrus, Heinrich, Philipp, Jacobus 39 (1259). Bürger: Herbord Schultheiss (scul- tetus), Ludwig Vogt (advocatus), Lud- wig Slizeweche 9 (c. 1200). Heinrich u. seine Frau G. 20 (1239).

Turri, Arnoldus de, 8 (1183). Uren s. Euren. Urley, dominus Gerhardus de, 42 (1260).

60

Usselsdorf, Uzzelsdorf, Huccelsdorf, Uzils- |

torf (wo?) 2, 64.

Uzzelsdorf, Antonius dominus de, 38 (1258). :

Veldenz, Hermannus miles de, 43 (1261). |

Villarıum Weiler-Bettnach bei Metz, | Kloster, Abt 7 (1183).

Volkelinga (Völklingen), Gervalcus de, 10 (1212).

Vorst, Flurbezeichnung bei Zewen 39.

Vussolo, Ehemann der Ida v. Senheim 61 (1287).

W. Erzpriester in Finstingen 18 (1236).

Wadgassen, Abtei. Aebte: Peregrinus 10 (1212), ohne Namen 19, Heinrich 28, 30 (1250), o. N. 33, 34, Heinrich 36 (1254), 47 (1265). Prior Helwich 10 (1212).

Wadrill, Priester daselbst 56 (1280).

Waldrowanges, Wadervenges etc. siehe Wallerfangen.

Wallerfangen 1, 2, 24, 59, 64. Dechant A (Andreas) 52,53 (1279). Schultheiss Godemann u. s. Frau Engelreth, ihr Sohn Dechant Andreas 48 (1269).

Walter, Dechant v. S. Symcon, Trier L (1159):

Warantwald 69.

Warsberg, Warnesberg, Warlesberch. Novum

; Wilhelmus + et

Warnesperch, | castrum 47. |

Gerburgis de 10 (1212), Hadewidis 37 (1255),39 (1259), die Witwe des Ritters Alard v. Gunsingen 40 (1259), Robertus miles und sein Sohn Johannes 41 (1259), Matthäus miles und sein Sohn Heinrich 47 (1265), Johannes dominus justitiarius des Herzogs v. Lothringen, 48 (1269), 52, 53 (1279), 59 (1283), Ritter Isenbert(Ysambers chevalier) 69 (1299). Webergasse (in Wevirgazen), Trier, 12.

' Weierbach a. d. Nahe, 50.

Weiler, Wilre, Johannes de 12 (1225). Weiler (Vilare, Wilre, Villerium) 1, 2. W. supra montem 39, Schöffen und Einwohner mit Namen aufgeführt 46.

Weiler-Bettnach, s. Villarıum.

Weiss (Albus), Ludwig, Schöffe in Trier, 12 (1225).

Weldinga, s. Willingen.

Wernerus dictus de inferiori molendino in Thron. 42 (1260).

Werschweiler, Werniswilre Kloster 12.

Wetzelsmühle (in molendino Wezzeles) 10, 18:

Wied, Gräfin Lukardis von, 15 (1234).

Wildesacker, Rudolfus miles de, 4 (1174).

Wildesberg, Johannes de, 18 (1236).

uxor sua Osilia Pachten, 7 (1183).

Willingen, Weldinga, Weldingen (Archi- presbyterat S. Avold), 2. 14. Folmarus dominus de, 8 (1183). Anselmus do- minus de, 38 (1258). Svbodus, Pres- byter zu W. 67, (1296).

Wiricus dominus (de Numagen) 1, 2

Wiricus, frater ecelesie (Trier?), 20 (1239).

Wourthen, Flurname bei Schwarzen- holz, 46.

Wvseinbach, Schultheiss Hennelo von Schaumburg, gen. v. W., 67 (1296).

Zewen (Cevene in monte) 39.

Zum Heister (Zcumeheistre), Flurname bei Düren, Kr. Saarlouis, 38,

Zweibacher Hof (Zweynbechen), bei Neu-- magen, 2.

Zweibrücken, Graf Heinrich von (de

Gemino Ponte), und seine Frau Hedwig, 10 (1212), Graf Heinrich 28,29 (1250).

in

een =:

Laut- und Flexionslehre der Mundart der Moselgesend von Oberham bis zur Rheinprovinz

von

Karl Hoffmann.

EINLEITUNG.

In mannigfachen Windungen schlängelt sich die Mosel in ihrem Laufe von oberhalb Oberham bis zur Grenze der Rheinprovinz hin und zwar bis Mallingen in einer reichen Ebene. Von dort ab erheben sich an ihren Ufern zu beiden Seiten vielfach kleinere Hügel: die auf dem linken Ufer laufen ununterbrochen von Berg bis zur luxemburgischen Grenze fort. Zu beiden Seiten der Mosel sind an den Abhängen die schönsten Reben zu sehen. Der Wein steht allerdings ziemlich weit hinter den Weinen der Metzer Gegend zurück (es ist nämlich fast nur Weisswein), aber doch wird er in der ganzen Gegend fast ausschliesslich getrunken und sogar noch von ziemlich weit her angekauft. Auf dem rechten Moselufer breitet sich von Rettel bis Sierck eine schöne, frucht- bare Ebene aus, die aber leider oft erheblichen Schaden erleidet infolge der Moselüberschwemmungen. Von Sierck bis Apach sieht man wieder Hügel, die teils wiederum mit Reben, teils anderswie, besonders aber mit Obstbäumen, bepflanzt sind. Auch findet man auf dieser Strecke auf beiden Seiten der Mosel reichlich Quarz, der weithin versendet wird, vor. Ausserdem trifft man auf der ganzen besprochenen Strecke Sand, Bau- und Kalksteine in grosser Menge an. An Holz ist die Gegend ziemlich arm, und die Wälder, die man erblickt, genügen durchaus nicht, um das nötige Brenn- und Bauholz zu liefern.

Die Hauptbeschäftigung der Bewohner der Gesend bildet der Landbau nach dem System der Dreifelderwirtschaft und der Weinbau. Die Bodenerzeugnisse sind im allgemeinen mehr als genügend, um die nötigen Bedürfnisse zu decken. Ausser Wein sind die Haupterzeugnisse Kartoffeln, Weizen und Hafer. Nicht so reichlich ist die Ernte von

> al " 1 5 7 Roggen, Gerste, Bohnen, Erbsen, Linsen und Runkelrüben.

Ge

Von jeher gab es in der Gegend zwei grosse Verkehrswege, nämlich die Mosel und die grosse Landstrasse von Metz nach Trier. In neuerer Zeit bedient man sich nicht mehr des ersteren, denn er ist vorteilhaft ersetzt worden durch die Eisenbahnlinie Metz Dieden- hofen— Trier.

Die Bevölkerung zeichnet sich durch Fleiss und Sparsamkeit aus. Sie ist fast ausschliesslich katholisch. Nur in einigen Ortschaften findet man noch hin und wieder einheimische jüdische Familien. Auch trifit man einige evangelische Familien an. Dieselben sind jedoch nicht einheimisch, sondern sie haben sich erst in letzter Zeit, d. h. nach dem deutsch-französischen Kriege, in der Gegend niedergelassen.

Die Sprache der Gegend ist ein deutscher Dialekt, und zwar der luxemburgische, der sich aber in Bezug auf die Lautlehre nicht ganz mit dem, welcher im Grossherzogtum Luxemburg gesprochen wird, deckt, während die Flexionslehre und die Syntax im allgemeinen überall dieselben geblieben sind; doch muss hier bemerkt werden, dass in Luxemburg die Imperfekte des Indikativs noch sehr häufig gehört werden, während dieselben in der Gegend, mit der wir uns beschäftigen, fast nur noch bei den Hülfszeitwörtern 3x (sein) und hun (haben) im Ge- brauch sind.

Die Mundart der besprochenen Gegend nun, also einer Strecke von 17 bis 18 km in die Länge und 5 bis 6 km in die Breite, soll der Gegenstand folgender Abhandlung sein. Die Ortschaften, die dabei in Betracht kommen, sind auf dem rechten Moselufer: Ober- und Niederham, Elsingen, Koenigsmachern, Metrich, Hettingen, Mallingen, Hüntingen, Rettel, Sierck, Rüsdorf, Kirsch, Merschweiler und Apach; auf dem linken Moselufer: Berg mit Gauwiese, Beiern, Ober- und Niederkontz.

Ich behalte die Kraeuter’sche Schreibweise bei (siehe $ 1) und auch die Zeichen für die Doppelkonsonanten, die Hans Lienhart in seiner Dissertation über die »Mundart des mittleren Zornthales im Elsass« gebraucht hat, nämlich „=ng; x=ch; $—sch; ts=z; ks=x. Da die Mundart auch das weiche und harte s kennt, so soll 3 weiches s; s—hartes s oder ss sein. Auch ist das w nach és und s kein reines

ee

iv, sondern ein Mittellaut zwischen u und w, ich bezeichne diesen Laut deshalb mit w. Ausserdem muss ich wegen der französischen Wörter, die in der Mundart vorkommen, ein Zeichen für das französische j, dessen Aussprache in den meisten Fällen unverändert beibehalten worden ist, wählen; ich schreibe dafür Z. Da die Zunge auch manchmal etwas lange auf /, m, n und y verweilt, so gebrauche ich, um dieses Ver- weilen zu bezeichnen, folgende Zeichen: /, m, » und y. Silben mit untergesetztem senkrechten Striche (,) tragen den Hochton.

Ich werde in der Ausführung zuerst das Wort anführen, wie es in der Mundart lautet, dann das mittelhochdeutsche resp. französische und zuletzt in Klammern das neuhochdeutsche Wort oder die Bedeutung, letzteres allerdings nur da, wo es zum Verständnis des mundartlichen oder mittelhochdeutschen Ausdruckes irgendwie notwendig sein wird.

Dass das Mittelhochdeutsche nicht die Urstufe der Mundart ist, wird als selbstverständlich vorausgesetzt; für die Vergleichung mit dem älteren Sprachstand leistet es jedoch die besten Dienste.

Betreffs der Abkürzungen sei folgendes erwähnt:

Mda. Mundart;

ahd. althochdeutsch ; mhd. mittelhochdeutsch ; nhd. neuhochdeutsch ;

frz. französisch.

G4

ERSTER ABSCHNITT.

Lautlehre.

I. Der Vokalismus.

$ 1. Darstellung und Aussprache der Vokale.

Die Mundart hat 7 kurze Vokale: geschlossen: a et ou offen: à trüb: 2 ı ist der kurzgesprochene Laut, den wir in Gatte, lassen, Gasse, ferner im frz. ramassa, maladie finden. ist der kurzgesprochene Laut in gehen, sehen, Reh, im frz. créé, repete, decede. ist das kurzgesprochene i in ist, bist, Schiff, Gift, oder das frz. i in limité, fini, divisibilite. o ist der kurzgesprochene Laut des nhd. o in tot, hoch, oder des frz. 0, au in mot, sot, chapeau, autel. « ist das kurzgesprochene nhd. u in Stube, Ruhe, Rute, oder das frz. ou in fou, mou, poule. ist der kurzgesprochene Mittellaut zwischen nhd. ä und geschlossenem e und lautet wie nhd. e in Eltern, Gelt, Ferse, oder wie frz. e, ai in terre, pelle, mais, bienfait. ist der kurzgesprochene dumpfe Laut des nhd. e in unbetonten Silben: Bote, siedet, machen; des frz. e und ai in je, me, te, le, se, ne, semer, faisant, faisons, faisait. Die Mundart zählt 8 lange Vokale: geschlossen: & e 4 0 offen: & überoffen : &

=,

=

SE

N

S

Die langen geschlossenen Vokale entsprechen ihrer Aussprache nach den kurzen geschlossenen mit dem Unterschiede, dass sie lang gesprochen werden.

65°

d ist ein langer zwischen « und 4 schwebender, aber mehr zu 6 hin- neigender Laut.

é ist ein langer zwischen nhd. langen ä und geschlossenem langen e schwebender, aber mehr zu langem ä hinneigender Laut. 4 und kommen nur in einzelnen Ortschaften vor.

& ist das nhd. ä in Käse, Thräne, oder das frz. ai in caisse, fraise. Ausserdem hat sie noch 11 Diphthonge:

ai, di, au, au, ei ei, ie, ia, ou, ue, ud. ia und wa kommen nur in Sierck vor.

$ 2. Etymologische Verhältnisse des Vokalismus. A. Die betonten kurzen Vokale.

Ausgehend vom mhd. Sprachstand sollen nun im folgenden die Veränderungen betrachtet werden, welche die alten Vokale in betonter Stellung bei ihrem Uebergang in die Mundart erlitten haben.

Mhd. a

wird in der Regel als a beibehalten vor Konsonantenverbindungen und wo sich im nhd. Il und nn entwickelt haben: ant, hant (Hand); bay, banc (Bank); khamp, kamp (Kamm); zalts, salz (Salz); halof, halp (halb) ; khalek, kalc (Kalk); gants, gans, (Gans); damp, dampf (Dampf); Sarof, scharpf (scharf); arom, arm (arm und Arm); al, al (all); bal, bal (Ball); ban, ban (Bann); man, man (Mann). In Koenigsmachern und in der Umgegend, d. h. in Metrich, Elsingen, Ober- und Nieder-Ham ist das a jedoch lang vor r 4 Kons. sarf; harf, harpfe (Harfe); arm; darm, darm (Darm); warm, warm (warm); in Oberkontz und Berg sagt man zwar Sarf, harf, aber vor rm wird das a hier zu à: dorm, wäorm, déorm.

Ein für alle Mal soll hier bemerkt werden, dass die Mda. viele dumpfe » resp. e vor k und ch sich entwickeln lässt vor oder nach r, r + Kons., 1 + Kons. und nf. Bei 1 + Kons. und nf steht es zwi- schen beiden Konsonanten. Vor einfachem r entwickelt es sich nur nach den mundartlichen langen Vokalen und Diphthongen. Bei r + Kons. steht es vor r, wenn vor r ein langer Vokal oder Diphthong steht. Steht aber vor r ein kurzer Vokal, so tritt das dumpfe e zwischen r und den folgenden Konsonanten. Ausgenommen sind jedenfalls die Diphthongen öe, ia, uè, ua und das lange 4 sowie auch © und @. Folgt jedoch auf r oder r + Kons. noch eine Silbe, so entwickelt sich teils das dumpfe e, teils auch nicht, ja bei ein und demselben Worte hört man es bald, bald auch wiederum nicht, so dass man hier keine feste Regel aufstellen kann.

66

Mhd. a wird 4, wenn einfache Spirans, eine Spirantenverbindung, einfache tenuis oder die Liquiden Il, m, n und ng folgen; weiter steht a als Ersatzdehnung, wenn die Gemination vereinfacht wird und bei It das t ausfällt: «pol, apfel (Apfel); bak, backe (Backe, Wange); bat, bat (Bad); khats, katze (Katze); dat, das (das); wat, waz (was); zak, sac (Sack); day, dach u. tac (Dach u. Tag); fas, vas (Fass); graf, grap (Grab); /dyon, lachen; trayton, trachten; kraft, kraft; mayt, macht (Macht): sam, zam (zahm); af, affe (Affe); usafon, anschaffen; ham, hamme (Schinken) ; fordamon, verdammen ; flam, vlam u. vlamme (Flamme) ; Spanon, spanen; lan, lange; slay, slange (Schlange) ; stay, stange ; orkhalon, erkalten; halon, halten; fal, valle u. valte (Falle u. Falte); falon, vallen u. valten (fallen und falten).

Es wird 6 vor Gutturalen, wenn kein r entweder vor oder nach der Gutturalis folgt, die Gutturalis fällt aber immer hier aus: klön, klagen; kl6, klage ; m6, mage ; möt, maget (Magd) ; Sléon, slagen (schlagen) ; $l6, slage (Werkzeug zum Schlagen) ; drösn, tragen; fortsöoon, verzagen. Folgt aber ein r, so wird es in der nördl. Hälfte der besprochenen Gegend eben- falls zu 6 wie bei den einfachen Gutturalen, in der südl. Hälfte aber zu à: môort, mart, market (Markt); mösr, mar, mager; ebendasselbe gilt bei a vor rt, rz, rr: höort, hart, hart; bôort, bart, bart; poor, par, pfarre (Pfarrei); nöor, nar, narre (Narr); wörtsol, wärtsol, warze: goort, gart, garte (Garten); Æhôort, khart, karte.

Vor re und rw wird das a zu o in Rettel und Apach, zu «e in Oberkontz, Berg, Mallingen, Hettingen, Hüntingen; zu «a in Sierck ; zu in Niederkontz, Rüssdorf, Kirsch, Belmach, Merschweiler; in der Regel zu 6 in Koenigsmachern und Umgegend: orey, uèry, uary, èrey, dry, arc (arg); morey, muery, muarz, merey, in Koenigsmachern und Umgegend heisst es auch muery, marc (Mark); forof, fuerf, fuarf, ferof, foorf, varwe (Farbe); gorof, guerf, guarf, gèrof, görf, garwe (Garbe). |

In offenen Silben und mitunter auch vor hs, ht, | und r wird es in Koenigsmachern und Umgegend meistens zu 6, von Mallingen ab nach Norden hin zu «e, vor r jedoch zu ı», in Sierck wa: grôwon, grucwon, gruawon, graben; gröf, gruèf, gruaf, grabe (Graben); lödon, luèdon, luadon, laden; löt, luèt, luat, lade u. laden (Lade u. Laden); molon, muelon, mualon, malen (Getreide malen); tsöl, tsuel, tsual, zal (Zahl); 3ödol, zuedol, zuadol, satel (Sattel); hôs, hues, huas, hase; nös, mues, nuas, nase; Ööt, wet, wat, aht (Acht); nôt, nuèt, nuat, naht (Nacht); wöson; wueson, wuason, Wahsen: ıvös, nes, wwuas, wahs (Wachs); flös, flues, /Inas, vlahs (Flachs); féron, fuüoron, fuaron, varen (fahren); Sporen,

67

Spioron, Spuaron, sparen; Sdvr, Suor, Suar, schar (Pflugschar) ; dévr, dur, duar, dar.

Vor m wird es in Kœnigsmachern und Umgegend zu #, sonst zu uw: khumor, khumor, kamere (Kammer); humor, humor, hamer (Hammer).

Das a wird allgemein zu « bei den Wörtern, die zugleich auf an und ane im mhd. endigen können: drun, dran u. drane; bun, ban u. bane (Bahn); krun, cran u. crane (Krahn); fun, van u. vane (Fahne); nur bei /rin, han, hane (Hahn) ist es allgemein zu # geworden.

Es ist zu © geschwächt worden vor sch und in einigen andern Wörtern: es, asch (Esche); bei den meisten mit sch waren jedoch zwei Formen, eine mit a und eine mit e schon im mhd. vorhanden, so: ès, asche u. esche (Asche); fes, tasche u. tesche; fles, vlasche und flesche (Flasche); weson, waschen u. weschen; die andern Wörter, bei denen a zu © wird, sind: wol, aber; eltor, altar; entforon, antwurten (antworten); pelom, palm; fenkon, fangen; heykon, hangen; delt, tal (Thal). Bei diesen letzteren mit Ausnahme von èwol (welches in Mallingen, Berg, Oberkontz und in einigen andern Ortschaften sèwol und in Koenigsmachern und Umgegend éwol heisst) folgt eine Liquida auf das a; vielleicht hat dieselbe irgend welchen Einfluss ausgeübt, wie auch wohl oben das n bei drum etc.

Bei einigen Wörtern wird es zu ie, in Kenigsmachern und Um- gegend zu €: wiel, wel, wal (Wahl); siel, sel, schale (wird nur gesagt von Früchten, die man schält, z. B. von der Schale der Kartoffeln, Aepfel, Birnen ; von den Schalen der Eier, Bäume, Hülsenfrüchten aber sagt man suel, in Sierck Sal, in Koenigsmachern und Umgegend $öl) ; sniewley, Ssnewley, snabelöht (geschnäbelt, schnabelig): 3ièdbr, zedlr, sateler (Sattler) ; $ièt set (Schatten), wofür man jedoch im mhd. neben schate auch schete sagte. Vor m wird bei dieser Art von Wörtern das a allbemein zu ö: zömlon, samlen (sammeln); $önt, scham (Scham).

Mhd. e

wird vor Geminationen und Konsonantenverbindungen in der Regel zu ©, d.h. es behält seine Aussprache bei: bèkon, becken (Becken) : behen, behende ; bend»l, bendel (Bendel); bo»stelon, bestellen; bet, bette (Bett); besor, besser (besser); èrwon, erben; Senkon, schenken; wetm, wetten; bomenon, benennen; deykon, denken; sötson, schetzen (schätzen).

Bei einigen Wörtern mit den Geminationen nn und Il werden diese vereinfacht und e wird zu 4: dénon, dennen daneben aber im Mhd. auch denen (dehnen); ét, ellende (elend): dlöndey, ellendec

Su A ES

elendig): sl, schelle; $ébn, schellen; hier schliessen sich an: spenon, spenen (von der Mutterbrust abgewöhnen); Auelon, queln (quälen).

In den ofienen Silben wird es in Koenigsmachern und Umgegend gewöhnlich zu €, sonst gewöhnlich zu ie, vor r zu io: redon, rièdon?), reden; éséron, tsioron, zeren, (zehren); fsélon, tsièlon, zelen (zählen): Sélon, sielm, schelen (schälen); zwweron, wioron, weren (wehren); hewon, hiewon, heben; tredon, triedon, treten. Ebenso bei denjenigen Wörtern, die das End-e abwerfen und somit in der Mda. geschlossene Silben darbieten: réf, riet, rede (Rede); 1 iel, ele daneben im Mid. jedoch auch elle (Elle).

Wenn aber ge, gen, get folst, se wird es allgemein zu é, wobei aber ge oder wenigstens g ausgeworfen wird: /éon, legen; let, leget; 36, sege (Säge); 34n, segen (sägen); féon, vegen (fegen).

Mhd. &

wird in geschlossenen Silben gewöhnlich als © beibehalten : lekon, lecken ; près, presse ; pèrsoun, persöne; frek, vréch; gèk, géc (Narr); beyor, böcher; gelt, gält (Geld).

Vor r wird es in Rettel, Niederkontz, Apach, Kirsch, Merschweiler, Belmach zu €, wenn noch eine Silbe folgt, und zu &, wenn keine Silbe mehr folgt; in Oberkontz, Berg, Mallingen, Hettingen, Hüntingen zu ie; in Sierck ia; in Kenigsmachern und Umgegend immer zu €: sterwon, Sticrwon, Stiarwon, Stérwon, sterben; forderwon, fordierwon, fordiarwon, forderwon, verderben; werfon, wierfon, wiarfon, werfen, werfen; wert, wiert, aviart, wert, wert (wert u. Wert); ger, gier, giar, ger, gerne. Vor re jedoch wird es in Rettel und den sonstigen nördlichen Ort- schaften nicht zu @ sondern zu , bei anderen Ortschaften gilt die eben angeführte Regel: werek, wierk, wiark, werk, were u. werch (Werk u. Werg); berey, biery, biary, berg, berc (Berg).

Bei den Wörtern, bei denen auf & chen, zen, It, rs und ge mit oder ohne folgenden Konsonanten folgt, wird dieses & zu 6, indem die Gemination 33 sowie It und rs vereinfacht werden; die Silbe ge wird bei einigen Wörtern abgeworfen, bei andern aber nicht: breyen, brechen; Stéyon, stöchen ; meson, messen; (son, öszen (essen); gélon, gelten; Sélon, schölten; ré», regen (Regen) ; rénon, rögenen; forfléjon, verpflögen; fley, pflöge (Pflege); ler, léger (Lager, Ruheplatz); 3énon, ségenen (segnen); séjon, sögen (Segen); fest, verse (Ferse); gest, gerste. Doch haben die Wörter auf chen, szen und rs in der sühl. Hälfte der Gegend nicht

1) riedon kommt in der Regel nur vor in dem Ausdruck: mat forléf tso riedon (mit Erlaubnis zu reden) und in @m èpos ausrièdon (einem etwas ausreden).

ET

sondern €: bréyon, brechen; Sféyon, stêchen; éson, öszen; méson, mözzen: gést, gerste; fést, verse.

Bei den Wörtern, die nach dem & noch ein zu derselben Silbe gehörendes 1 haben, wird das & in Kænigsmachern und Umgegend in allen Fällen zu é: mél, mel (Mehl); mélom, melm (Staub); gl, göl (gelb) : sl, schelch (scheel); in Rettel und Apach wird es bei den Substantiven zu €, bei den Adjektiven zu und ie: mel, mël: melom, mälm; gel und giel, gel; sel u. Siel, schölch, im Plural aber nur gel und Siel; in den übrigen Ortschaften in allen Fällen zu 5: miel, mielom, giel, Sid.

Bei den Wörtern, bei denen ht auf das & folgt, wird das & bei den Verbis allgemein zu €, es wird also seiner Bedeutung und Aus- sprache nach beibehalten: feyton, véhten (fechten); fleyton, vlähten (flechten). Bei den sonstigen Wörtern steht in Kænigsmachern und Umgegend durchweg €: knét, knëht (Knecht); Slet, slöht (schlecht); réf, röht (Recht); in Mallingen, Hettingen, Berg und in den sonstigen nörd- lichern Ortschaften hört man bald # allein, bald 2 und # zugleich, wobei jedoch zu bemerken ist, dass in den Fällen, wo © steht, wo also die Aussprache von & beibehalten worden ist, auch das h (— 7) bei- behalten ist, während es bei ie ausgefallen ist: /niet, knöht (Knecht): reyt u. riet, reht; Sleyt u. sliet, slëht: gorèyt u. gorièt, gerëht (das mhd. geréht bedeutet sowohl »gerecht« als auch »passend«, in der Mda. haben aber yoreyt und gorict nicht beide Bedeutungen zugleich, sondern grèyt bedeutet soviel wie das nhd. gerecht lat. iustus; grièt aber passend). Nur in flit, vléhte (Flechte) wird es allgemein zu ?.

Hërze (Herz) heisst in Rettel und in der nördl. Hälfte herts, sonstwo hiorts. Körze, wozu man auch merze (März) und mer (Meer) fügen kann, heissen in den nördl. Ortschaften khiorts, miorts und mior, in Koenigsmachern und Umgegend khörts, mörts, mer; in Mallingen sagt man h@rts und mor wie in Rettel, aber /hörts und mörts wie in Koenigsmachern. (Ein für alle Mal sei hier bemerkt, dass die Sprache von Mallingen bald auf der Seite der nördl. Hälfte, bald auf der von Konigsmachern steht. Da letzteres jedoch häufiger der Fall ist, so ist Mallingen und ebenso Hettingen und Berg immer mit Koenigsmachern und Umgegend unter der südl. Hälfte verstanden, da wo geschieden wird zwischen südl. und nördl. Hälfte der besprochenen Gegend. Ober- kontz schliesst sich auch fasst durchweg der südlichen Hälfte an.)

Mhd. i

bleibt ; in offenen Silben, vor r + kons. und in geschlossenen Silben vor einfachem 1: $midon, smiden (schmieden): widor, wider; kidl, kitel

ee

(Kittel); 3%j»l, sigel; slit, slite (Schlitten); rs, rise (Riese); ystrit, ge- striten; grit, geriten (geritten); lit, geliten (gelitten); Jöm»l, himel (Himmel); gowimol, gewimel; Spilon, spilen (spielen); Spil, spil; dif, dil (Brett); wörkon, wirken; tsörkol, zirkel; firmon, firmen. In Kœnigs- machern und Umgegend jedoch wird es 4 vor r Æ kons.: férmon, firmen ; wirkon, wirken; tsirkol, zirkel. Bei den Substantiven wird i vorr + kons. allgemein zu ?, auch wenn das r in der Mundart ausfällt: star, stirne ; wiort, wirt (Wirt); hioron, hirne; bior, birne; tswior, zwirn ; khis, kirse (Kirsche); ebenso 1 vor rr: #oron, irren; gesior. geschirre.

In geschlossenen Silben, mit Ausnahme der eben besprochenen, wird das i meistens zu e: stem, stimme; stelon, stillen; stel u. Stel, stille; Stekon, sticken; des, tisch; fres, vrisch ; gowes, gewisse; goweson, gewissen; zetson, sitzen; fes, visch (Fisch); mey mich; dey, dich; zex, sich; Stefton, stiften ; zelwor, silber: krep, krippe; Strey, strich.

In Kœnigsmachern und Umgegend wird, wenn nc, ng, nk folgt, das i gewöhnlich zu «a, in Rettel und den nördl. Ortschaften wie oben zu e: rayk, reyk, rine (Ring); dragkon, dreykon, trinken; famor, femor, finger ; tswanou, tswenon, zwingen; zamon, zeyon, singen; Sprayen, Spreyen, springen. Doch sagt man überall: denen, ding; breyon, bringen, klenol, klingel; Æleyolon, klingelen.

In Mallingen sagt man zwar reyk, rine, {sweyon, zwingen etc., aber man sagt dagegen faner, finger.

Wenn i vor den Geminationen mm, nn, weiter wenn es vor nd, nt und mitunter auch, wenn es vor einfachem t steht, wird es zu «: döbanon, däbinnen; dran, drinnen; Span, spinne; Spann, spinnen; «an inne; Sıwamon, swimmen (schwimmen); /damon, klimmen; hanor, hinter ; grant, grint: khant, kint: rant, vint: want, Wint: wantr, winter; manor, minder; banon, binden; fan»n, finden; $mat, smit (Schmied); mat, mit: Snat u. Snats, snit (Schnitt). Hier kann man auch beifügen: babr, bitter; dor maton dran (in der Mitte, mitten drin); aber meton u. met, mitte; ebenso auch Smet, smide (Schmiede). Bei der soeben ange- führten Regel kommen jedoch vereinzelte Ausnahmen vor, so: senon, schinden; sensor, schinder ; henoron, hindern; renon, rinnen; fent, tinte; Swendsl, swindel (Schwindel, ein selten gebrauchtes Wort); wendol, windel (Windel). |

Ferner findet sich «a für i im Partic. praet. der meisten ablautenden Verba der I-Klasse und bei den Subtantiven, die von dieser Verbal- form abgeleitet sind: gobas, gebisen (gebissen); bas, bis (Biss), aber gobes, gebis (Gebiss); goras, gerisen (gerissen); ras, risse (Riss); goS$mas, gesmison; Smas u. Smes (Schmiss); gowax, gewichen; ugostray,

ee

angestrichen !); gograf, gegriffen: yraf, grif (Griff); geslaf, geslifen ; Sauf, slif (Schliff), aber slefor?), slifære (Schleifer); gopaf, gepfifen. Aus- genommen sind die Part., die auf iten und iben endigen: gorit, geriten ; go$trit, gestriten ; blif, gebliben (geblieben); yarif, geriben ; wsrif, ge- schriben ; godrif, getriben; zu dieser Ausnahme gehört auch go$in, ge- schinen (geschienen).

Diejenigen Wörter, bei denen auf i die Konsonantenverbindung ht folgt, behalten das i bei, wenn h (= y) bleibt, es wird aber zu ‘, wenn h ausfällt: s/it, sliht (schlicht); gosit, gesiht; ritey, rihtec (richtig), davon rit, (richt); gorit, gerihte (Gericht); goıwit, gewihte (Gewicht) ; ft, phlicht (Pflicht) ; forfligton, verphlihten ; wiyt, wiht (nur beisowiyt (Bösewicht) : 99Siyt, geschichte. Ausser g0siyt kommen die Wörter mit beibehaltenem h wenig vor; man gebraucht nämlich lieber andere Ausdrücke dafür, so z. B. sagt man für flöyt gewöhnlich Seleykh@t (Schuldigkeit); für »jemanden verpflichten« &@n doun (thun) od. ésweym (zwingen); für verpflichtet sein« meison (müssen) od. $elez sin (schuldig sein). Jene Wörter mit yf haben wohl ihr Vorhandensein in der Mda. dem deut- schen Schulunterricht zu verdanken, denn es sind besonders nur jüngere Leute, die sie gebrauchen. (Ganz vereinzelt steht giht (Gicht), welches in der Mda. giyt lautet.

Mhd. o

bleibt vor 1 + Kons., mitunter auch vor einfachem t, m, n und tz: Stolts, stolz; golt, golt; foljon, volgen (folgen); Spot, spot (Spott); got, got (Gott); krot, krot (Kröte, nur als Scheltwort gebraucht); trots, trotz ; trotson, trotzen; khomon, komen (kommen); door, doner (Donner) ; wolelk, wolke; folek, volk.

Vor r + Kons., vor einfachem d und ! wird es in Rettel und Apach beibehalten; in Niederkontz, Rüssdorf, Kirsch, Merschweiler, Belmach wird es zu © vor r + Kons. und zu e vor d, | und wenn bei r + Kons. das r in der Mda. ausfällt ; in Oberkontz, Berg, Mallingen, Hettingen, Hüntingen zu we; in Sierck zu wa; in Koenigsmachern und Um- gegend zu 6: fodron, fedron, fuedoren, fuaderon, fodoron, vordern u. vodern (fordern) ; khorof, khèraf, khuèrf, khuarf, khösrf, korb : fordorof, fordèrof. forduerf, forduarf, fordöorf, verdorben; dorf, dèrof, duèrf, duarf, dorf. dorf; zorjon, zerjon, suèrjon, suarjon, 36crjon, sorgen ; zorey, zerey, zuery. suary, 30974, Sorge (Sorge); morjon, mèrjon, muerjon, muarjon, moorjon,

') Das einfache Verbum Straigan, striygan, bedeutet in der Mda. melken,

Partie. goStrag, davon do Stray = das, was auf einmal an Milch gemolken wird. ®) Slefor kommt nur in Séra$lefor (Scheerenschleifer) vor.

DNS

morgen (Morgen); wol, wel, wuel, wual, wöl, wol (wohl); hol, hel, huel, hual, höl, hol (hohl); bodom, bedom, buèdom, buadom, bödom, bodem (Boden) ; dodor, dedor, duedor, duador, dédor, doter aber ahd. dodero (Dotter). Wort heisst allgemein wort, in Sierck wart; phorte (Pforte) heisst in den nördl. Ortschaften port, in Sierck puart, in den südlichen part.

Mhd. o wird allgemein zu a vor b, f, ff, pf, k, ck, ch, st und den Zischlauten: day, doch; khay, koch; jay, joch; tray, troc (Trog); klak, klocke; stak, stoc (Stock Baumstumpf, Blumenstock u. s. w.); flak!), vlocke (Flocke); graf, grob u. grop; haf, hof; hafon, hoffen; hafeyon, hoffenunge (Hoffnung); afon, offen; khap, kopf: sap, schopf; hap, hopfe (Hopfen); rast, rost; khast, kost; frast, vrost (Frost); Spras, sprosze (Leitersprosse); mas, mos (Moos); slas, sloz (Schloss); Alats, kloz (Klotz). Aber allgemein sagt man: bol:, boc (Bock); #07, woche; Sfopon, stopfen.

In den offenen Silben fast immer (denn auszunehmen sind die- jenigen, auf die ch folgt, wie z. B. khayon, kochen; gobray, ge- brochen, u. s. w.; diese befolgen die eben angeführte Regel) und vor hs und ht wird das o zu wè, in Sierck zu wa, in Kenigsmachern und Umgegend zu 6: buct, buat, böt, bote; Inewon, luawon, lowon, loben ; uewon, uawon, ôwon, obene u. oven (oben u. Ofen); wèps, aps, Oops, obes (Obst); duetor, duator, dötor, tohter (Tochter); «es, was, 6s, ohs (Ochs), jedoch kommt daneben auch oks in der Mda. vor.

Vor r wird das o in den meisten Ortschaften zu #, in Sierck jedoch wa, und in Koenigsmachern und Umgegend zu 6, steht das o jedoch vor rn, so muss für Mallingen und die südl. Ortschaften unter- schieden werden zwischen den Verbis und den übrigen Wörtern, bei den Verbis hat Mallingen, Berg u. s. w. noch wie die nördl. Ort- schaften und Koenigsmachern ö wie oben, in den andern Fällen aber haben alle südlichen Ortschaften «, die nördl. aber # wie vor ein- fachem r: Spor, Spuar, Spör, spore; bioron, buaron, bôron, born (bohren) ; buor, buar, bör, mhd. nicht bezeugt (Bohrer) ; Æhuoron, khuaron, khôron, korn u. koren (schmecken) ; Ihtor, khuar, khar, korn (Korn); hüor, huar, har, horn: huoresol, huaresol, haresol, hornis; mor, muar, mûr, morn u. morne (morgen lat. cras).

Die beiden Wörter vogel und boge (Bogen) stossen das g aus und lauten in der Mda. foul und bou.

Mhd. ö kommt nicht häufig im Singular oder bei Verbis vor. Im Plural auf -»r und bei den Verkleinerungsnamen ist es häufiger zu finden.

1) flak kemmt nur in Sneiflakon (Schneeflocken) vor.

ne

Der Plural des Mhd. kann aber hier meistens nicht in Betracht kommen. da ja der Plural in der Mda. abhängig ist von dem Vokal, den das Wort im Singular hat. So ist z. B. der Plural von roc (Rock) in der Mda. rèk, von boc (Bock) aber bek, weil man in der Mda. verschiedene Vokale hat: rak, bok. Es kann also nur der Plural derjenigen Sub- stantiva herangezogen werden, die im Sing. das o beibehalten, ausser- dem die Deminutiva davon und die einzelnen Wörter, die von vorneherein ö haben. Das ö wird nun in diesen Fällen allgemein zu e: /henon, können; felpol, tölpel; yetor, göter; felkor, völker; welktyon (Wölkchen).

Mhd. u

wird vor den einfachen Zischlauten, den Geminationen und Konsonanten- verbindungen, mit Ausnahme von ht, hs, Id und r + Kons. zu o: brost, brust; glost, gelust (Gelüste) ; lost, lust; bokol, buckel; polfor, pulver ; gosont, gesunt ; gront, grunt; gontst, gunst; joyk, junc; kromp, krump (krumm) ; Æhomor, kumber (Kummer); /on, lunge: khos!), kus; nos, nu; (Nuss); flos?), fluz; mots, nuts u. nuz; Sots, schuz u. schus (Schutz u. Schuss) ; Solt, schult; stom, stump (stumm); Sompez, stumpf adj.; Stomp, stumpf subst.; ston, stunde; droyk, trunc; doykel, dunkel; fornonoft, vernunft; pont, pfunt; won, wunde ; wonor, wunder; sop, suppe ; Smontsolon, smunzen u. smunzeln (schmunzeln); 30», sunne (Sonne); ebenso die Vorsilbe on-, un-.

Vor r + Kons. und vor m wird es im allgemeinen beibehalten, nur in Koenigsmachern und Umgegend wird es lang vor r + Kons.: wursm, wuorm, wurm; wurof, wuorf, wurf; urzay, urzdy, ursache: murmolon, murmolon, murmlen ; duroy, duory, durch; frum, vrum (fromm): sumar, sumer (Sommer). Es wird allgemein zu ü vor rz, rt, rn wobei jedoch das n abgeworfen wird, vor rst, wobei r ausgeworfen wird, und vor hs und ht, bei denen h ausfällt: wurtsol, wurzel; khuorts, kurz; wrtol, urteil; hwort, hurt (ein Flechtwerk); gobiort, geburt; for, turn (Turm u. Gefängnis); buor, burne (Brunnen); dust, durst; Antst, kruste, (bei diesem Worte ist, wie beim niedersächs. korste Metathesis des r anzunehmen, wodurch wir dann in der Mda. khurst bekommen und hierauf nach Auswerfung des r khust): frét, fruht (Frucht); #sét, zuht: fs, fuhs, daneben aber auch, bei ältern Leuten jedoch weniger häufig, foks (Fuchs); jenen Wörtern mit r kann man auch Sndr, snur (Schwiegertochter) beifügen.

‘) In der Mda. wird das Wort sehr selten gebraucht.

?) los pl. fles wird in der Regel nur zur Bezeichnung der Rheumatismen gebraucht.

RE

Vor Id, welches natürlich immer innerhalb des Wortes steht, wird das u zu e und das d nach | ausgeworfen: seley, schuldee (schuldig); godeley, geduldic; gelon, guldin (golden).

Mhd. ü

wird allgemein zu e vor (Geminationen und Konsonantenverbindungen mit Ausnahme von r + Kons.: beks, bühse, (Büchse); brek, brücke ; drekon, drücken; steps, gestüppe (Staub); /nepon, knüpfen; kremon, krümben (krümmen); Arempt, krümbe (Krümme); kheney, kündec (be- kannt); ments, münze; pets, phütze (in der Mda. bezeichnet pets ausschliesslich einen aufgebauten Brunnen, während br die allgemeine Bedeutung des nhd. Brunnen hat); slesol, slüszel (Schlüssel); $pen, spünne (Muttermilch); sen, sünde ; felon, vüllen (füllen).

In offenen Silben wird es zu ö: wol, übel; Ahrwol, kübel; khinek, künie (König); gotimol, getämel (Getümmel); filon, vülin (Füllen). Ueber heisst in den nördl. Ortschaften wor, in den südl. aber zwar.

Vor einfachem r wird es allgemein zu ©: dior, tür (Thür); fr, vür (für); Spéoron, spüren; daran schliesst sich auch ortsioron, erzürnen, weil hier das n in der Mda. ausfällt. Vor r —- Kons. wird es im allge- meinen zu i, nur in Kaenigsmachern und Umgegend wird es zu 4: wörfol, wtorfol, würfel; orwirjon, orwiorjon, erwürgen; gobirdey, gobiordey, ge- bürtic; trek, tiork, türke (Türke); tirmon, Hiormon, türmen (in der Mda. sich etwas ausdenken vgl. das lateinische terminare).

Bei einigen Wörtern fällt das r aus und dann wird als Ersatz- dehnung das ü allgemein zu 2: diston, dürsten ; fordistorn, verdürsten ; bist, bürste ; biston, bürsten.

B. Die betonten langen Vokale. Mhd à wird allgemein zu 6: owont, äbent; popst, päbest (Papst); yon, gan (gehen); Ston, stän (stehen); löson, läzen (lassen); w6, wäge; pléon, plägen ; plo, pläge ; yrö, grä (grau); 3öm!), same ; röt, rät (Rat); brôdon, bräten ; nol, nädel; ôdor, äder (Ader) ; bréyon, brächen ; bröy, bräche (Brache); n6, nähe ; gröf, gräf (Graf) ; slöfen, släfen (schlafen).

Mhd, &

wird allgemein zu ei, ausgenommen sind die Liquiden |, n, r, vor denen es in Koenigsmachern und Umgegend als beibehalten wird: ei, à (Ehe);

1) 36mon, pl. von 36m, bezeichnet das junge Getreide, während die ver- schiedenen Samensorten oder die jungen Kräuter mit dem Kollektivnamen go3&mps bezeichnet wird.

CR 75 ze

klei, kl& (Klee) ; wei, we (Weh): eiwey, êwic; eior, er, êre (Ehre); kheior,

khér, kere (Wendung) ; formeioron, formeron, vermeren ; geileyon, gelenon, gechlingen (schnell); zeit, 3él, sêle (Seele); geint, gént, gen (gegen) ; weiney, weneg, wenie (wenig).

Mhd. i

wird in der Regel zu «ai in Sierck, Rettel und den anderen südl. Ort- schaften, zu in Apach, Kirsch, Belmach und Merschweiler: ailon, eilon, ilen (eilen); «aison, eisom, isen (Eisen); vais, weis, wis, (weiss); main, mein, min (mein); zain, zein, sin (sein); gai, gei, gige (Geige). Bei liht (leicht) und erlihtern (erleichtern) fällt das h aus und das lange i bleibt erhalten: lit, orlitorn. Aus diesem letztern und aus dem, was wir schon gesehen haben und noch sehen werden, geht klar hervor, dass der vor dem ausfallenden h stehende Vokal nicht in einen andern verwandelt wird nach den allgemeinen Gesetzen der Mundart, sondern blos gedehnt wird, wenn er nicht schon lang war.

Bei den einsilbigen Wörtern, die auf i endigen, wie dri (drei), bri (Brei), fri (frei), wird das î zu « resp. ö, wobei man jeden einzelnen langen Vokal sehr gut hört: drai, drei; brai, bréi; frai, frei. Ausge- nommen ist nur bai, bei, bi (bei).

Für drizehen (dreizehn) sagt man in der nördl. Hälfte drautsein, in der südl. draitsen; für drizec sagt man in erstern Ortschaften dr«isez, resp. dreisey in Apach, etc., in den südl. aber dresey.

Mhd. 6

wird in der Regel zu or, in Kænigsmachern und Umgegend aber wird es beibehalten als 6: nout, nôt, nôt (Not); oustron, östron, Östern; rous, ros, rôse; roust, röst, vöst; brout, bröt, bröt: toun, ton, dön u. tôn (Ton); rout, rôt, rôt; loun, lôn, lôn (Lohn). Endigt jedoch das Wort auf Ô, so wird dieses auch in Koenigsmachern und Umgegend zu ou: flou, vlö (Floh); frou, vrö (froh). Gröz heisst in den nördl. Ortschaften gris, in den südlichen und Oberkontz grous, in Koenigsmachern und Umgegend gros. Lös (los u. frei) heisst allgemein /as; aber gotlös (gottlos) heisst gotlous, resp. gotlôs.

Strö (Stroh) und (roh) heissen allgemein strei und rei, höch heisst hei, in Oberkontz und den südl. Ortschaften ist jedoch die Form heiy häufiger. Ei ist aber der Pluralumlaut von ox, wie wir später sehen werden.

Mhd. ü wird allgemein zu au: bauyon, büchen (bauchen); bay, büch (Bauch); bauor, bür (Bauer); haus, hûs (Haus); Arant, krüt (Kraut); warm, rüm

un

(Raum); ars, à (aus); Shraus, strüs (Strauss). Nur brün (braun) heisst in Oberkontz und in den südl. Ortschaften broy, in den nördl. aber brun.

Mhd. æ

wird allgemein zu €: gé, gæhe (jähe, steil); won, wæjen (wehen); dedenon, tædingen (prozessieren); félon, vælen (fehlen): gnédey, genadiec (gnädig); Stets, staetes (stets); {sé, zæhe (zäh). Sælec (selig) heisst in Kœnigsmachern u. Umgegend 3éley, sonst 3eiley.

Mhd. œ

wird in den nördl. Ortschaften zu ei, in Oberkontz, Berg, Koenigsmachern und Umgegend zu €: beis, bes, base; heioron, héron, hœren; neidey, nedey, nœtic; eim, ém, œheim (Oheim); Sein, sen, schen; treiston, treston, troesten. Mhd. iu

wird wie das mhd. ı behandelt. Es wird demnach zu «ai in Sierck, Rettel und den südl. Ortschaften, zu e in Kirsch, Apach, Belmach, Merschweiler: lait, leit, liute (Leute); daits, deits, diutsch (deutsch); kraits, kreits, kriuze (Kreuz); daiwol, deiwol (in Oberkontz déwol), tiufel (Teufel); faior, feior, viur (Feuer); daior, deior, tiure (teuer). Wie liht oben bei 1 zu /it wird, so wird auch hier viuhte (feucht) zu fit. Eine Ausnahme von der angeführten Regel bilden nur frent, vriunt (in der Mda. fast nur in der Bedeutung von »Verwandter« im Gebrauch, sehr selten bedeutet es »Freund«, wofür man das franz. ömi, ami, gewöhn- lich gebraucht); frentsof u. frentsof, vriuntschaft (bedeutet nur Ver- wandtschaft); frentley, vriuntlich (freundlich).

War aber neben der Form mit iu eine andere mit à vorhanden, dann kommt diese letztere in der Mda. in Betracht, so dass man bei diesen Wörtern nur ax, nicht aber «, hat: bauon, biuwen u. büwen (bauen); braut, briut und brüt (Braut); brauon, briuwen und brüwen (brauen): laudon, liuten u. lüten (läuten u. lauten): sauson, siusen und süsen (sausen). Nur für niuwe, nüwe (neu) sagt man in Oberkontz und den südl. Ortschaften nai, in den andern aber au: nai ist von niuwe, nau von nüwe gebildet.

C. Die betonten Diphthonge.

Mhd. ei wird zu @: &, ei (Ei); @yon, eichen; ét, eit (Eid); &jon, eigen; @dom, eidem (Eidam); @n, ein; @lof, eilf: @tor, eiter; bots@ynon, bezeichenen : nen, nein; béyon, bleichen; dél. teil; I@don, leiten.

NT

Mhd. ie

wird allgemein zu ci: deidrey, dietrich; breif, brief; we, wie: bein, biegen; bit, liet (Lied); Seisin, schiesen (schiessen); fer, vier. In Oberkontz, Berg, Mallingen, Hettingen und Hüntingen sagt man denst für dienst, deyon für dienen, in den andern Ortschaften aber sagt man ganz regelrecht deintst und deinsm.

Mhd. ou wird allgemein zu à : /af, loup (Laub); /afon, loufen (laufen) ; fra, vrouwe (Frau) ; glawon, geloube (Glaube); «, ouge (Auge); dayon, tougen (taugen) ; orlaban, erlouben (erlauben); bam boum (Baum); dram, troum (Traum): ast, ougest (August).

War aber neben der Form mit ou noch eine andere mit à vor- handen, so wurde die letztere in der Mda. massgebend und deshalb hat man bei diesen Wörtern nicht « sondern au: bauon, bouwen und büwen (bauen); saufon, soufen u. süfen:; faul, voul u. vül (faul): faust, voust u. vüst (Faust).

Mhd. uo

wird in der Regel zu ou: broudor, bruoder (Bruder); blout, bluot (Blut); mout, muot (Mut); poul, phuol (Phuhl); Soul, stuol (Stuhl); Smowor, snuor (Schnur); boum, bluome (Blume): down, tuon (thun); grouf, sruobe (Grube). Nur vor ch wird es in den südl. Ortschaften zu w, in den andern aber wie oben: buy, bouy, buoch (Buch); duy, doux, tuoch (Tuch); yonuy, gonouy, genuoc (genug); fluyon, flouyon, vluochen (fluchen); hieran schliesst sich auch gut, gout, guot (gut).

Für suochen (suchen), buoche (Buche) und muoder (Mieder) sagt man in der nördl. Hälfte >”y»n, beiyt und meidor und in der südlichen siyon, biy und midor. Das gotische sokjan (suchen) ist bezeugt, während die got. Benennungeu für Buche und Mieder nicht erhalten sind. Viel- leicht hat das j in sokjan den Umlaut hervorgerufen, denn « ist der Umlaut vom mundartlichen ox, und ö der von vr.

Mhd. öu

wird zu &, denn wie öu der Umlaut vom mhd. ou ist, so ist in der Mda. @ der Umlaut von 4. Ausserdem haben wir gesehen, dass das mhd. ou in der Mda. zu « wird. Daraus folgt also, dass das mhd. öu regelrecht zu & wird: ts@mon, zöumen (zäumen); /@, höuwe (Heu

son, söugen (säugen); »rfr@on, ervröuwen (erfreuen); frét, vröude (Freude); défon, töufen (taufen). Hier kann allerdings nicht unerwähn! bleiben, dass im Mhd. besonders bei den Verbis neben der umgelauteten

en ee

Form sehr oft eine nicht umgelautete vorhanden ist. Sobald nun eine umgelautete da ist, wird dieselbe in der Mda. bevorzugt, ja die Mda. lautet sogar da um, wo im Mhd. sar keine umgelautete Form vor- handen ist, z. B. gléwon, gelouben (glauben), aber ylawon (Glaube), khefon, koufen (kaufen), aber hf (kauf) etc., jedoch umlautet sie nicht immer, z. B.: /dwon, louben (entlauben); hdon, houwen (hauen) etc. Wäre hier vielleicht auch das got. j die Veranlassung zum Umlaut, denn gléwon heisst got. galaubjan und défon daupjan ?

Mhd. üe

wird zu e. Das mhd. üe ist der Umlaut von uo, in der Mda. ist aber ei auch der Umlaut von ox, daraus folgt also, dass der mhd. Umlaut üe in der Mda. regelrecht zum Umlaut e wird, da ja das mhd. uo in der Mda. ox heisst: beison, büesen (büssen): feilon, vüelen (fühlen); breion, brüeten (brüten); dreif, trüebe (trüb); /heil, küele (kühl); reioron, rüeren (rühren). Mhd. küene (kühn) und grüene (grün) heissen in der nördl. Hälfte /hein und grein, in der südl. aber /hen und grey.

D. Unb’etonte Vokale und Diphthonge.

Die unbetonten oder schwach betonten Vokale und Diphthonge sind entweder geschwunden oder zu einem dumpfen » herabgesunken: khein, khen, küene (kühn); frét, vröude (Freude); orfréon, ervröuwen (erfreuen); gelon, guldin (golden); «drbst, arbeit; wrtol, urteil; hents, hantschuoch (Handschuh). Vor ce, ch sind sie zu einem sehr kurzen e geworden: zondey, suntac (Sonntag); héley, heilie (heilig); h@mley, heimeliche (heimlich). Die Endung tuom wird sowohl zu tm als auch zu tom: bestom u. bestom, bistuom (Bistum); raöytom u. raiytom, Yihtuom (Reichtum). Nur bei äne (ohne) und papele (Pappel) wird das Schluss-e zu ©: om und popk.

Die FRANZÖSISCHEN VOKALE. A. Die betonten Vokale.

Wie in den andern Mundarten zahlreiche Fremdwörter vorhanden sind, so ist auch eine ziemlich grosse Anzahl französischer Wörter und Ausdrücke in die Mundart, mit der wir uns beschäftigen, eingedrungen. Betreffs ihrer ist folgendes zu bemerken:

a

hat den hellen Klang, den es im Französischen hat, im allgemeinen beibehalten: pagas, bagage (Gepäck, altes Zeug, Zigeunerbande);

Be

hanape, canapé (Sopha): dmbara, embarras (Schwierigkeit); apardopk, à part done (ungefähr); yrawats, gravatte (Halsbinde); pe/jas, paillasse (Strohsack) ; fasaun, in Oberkontz und den südl. Ortschaften fusoy, facon (Gestalt einer Sache); paseioron, in Koenigsmachern und Umgegend paseron, passer (vorübergehen, zustossen); pap, papa (Vater): nam, maman (Mutter); /hatrin, Catherine: Æhaltsoy, calecon (Unterhose): mari, daneben kommen jedoch häufiger vor mer; und mrai, Marie; margrit, Marguerite; parfors, par force (durchaus); blokhas, blocage (Art von Pflastersteinen). | Folgt auf r noch eine stumme Silbe, welche das Wort schliesst, so wird das vor r stehende a gedehnt, wenn es nicht schon lang von Natur ist: gart, garde (Zollaufseher); sarol, Charles (Karl); yar, gare (Bahnhof und »aufgepasst«); gardenpr, gare à toi (weh dir!).

Es wird zu à in mem, mamelle (Mutterbrust); 2», Jeanne (Jo- hanna) und emi, ami (Freund); etjes, adieu (Ade).

Offenes e

ist gewöhnlich beibehalten worden: ferm, ferm (fest); respekt, respect (Ehrfurcht); ekspres und ekspres, exprès (absichtlich); polet, épaulette (Epaulette) ; preseioron, in Koenigsmachern und Umgegend prèséron, presser (eilen); fisel, ficelle (Schnur); sef, chef (Vorsteher). Vor r wird es gedehnt, d. h. es wird zu @, wenn noch eine stumme Silbe im Fran- zösischen folgt: mérol, merle (Amsel); «lért, alerte (belebt, lebhaft). Langes geschlossenes e finden wir in «zen, Eugene (Eugen); kurzes geschlossenes in Zile, gilet (Weste); i in kholi, collet (Kragen).

Geschlossenes e

wird auf verschiedene Weise behandelt, wie aus folsenden Beispielen hervorgeht: in tsekreit, lat. secretum (Abort) bleibt das erste geschlos- sene e, das zweite aber wird, weil es lang ist, behandelt wie das lange mhd. &, d. h. es wird zu eö; ebenso bleibt das geschlossene e in Ahanape, canapé; in röpsteioren resp. rèpatéron, répéter (wiederholen), wird das erste e zu £, das zweite aber zu 2 (über die franz. Verbalendung -er werden wir noch später einiges bemerken); es wird zu ö in mikhanik, mécanique (Dreschmaschine), davon aber mekhanikon neben milhaniken (Getreide mit der Dreschmaschine ausmachen) ; 4h62i, congé (Militärdienst), 2. B. on hot zai kho2i bai don saldöt» gemat (er hat seinen Dienst bei den Soldaten gemacht); es wird zu 2 in numoro, numéro (Nummer).

DRE trs

Dumpfes e wird zu kurzem geschlossenen e in refizeioron, resp. refiséron in Kœnigs- machern und Umpegend, refuser (verweigern). i

ist kurzes geschlossenes i geworden oder als solches erhalten: frikho, fricot (gutes Essen); fisèl, ficelle; Æhomi, commis (Arbeitaufseher) ; butik boutique (Handels-, Spezereienladen) ; misel, Michel; wiktör, Victor ; mari Marie; margrit, Marguerite: poli, poli (höflich).; sotison, sottises (sotiso gen heisst in der Mda. jemanden schelten ; sotise kreion gescholten werden); khatrin, Catherine; pölin, Pauline.

Offenes 0

ist zu où, resp. 6 in Koenigsmachern und Umgegend geworden, wenn das o im Französischen lang ausgesprochen wurde oder wenn ein r direkt oder indirekt darauf folgte: mout, mot, mode (Mode); Ahamont, khamöt, commode (Schrein); proupor, pröpor, propre (rein); wiktér, Victor, sagt man allgemein. In den anderen Fällen wird es zu kurzem geschlossenen o: poli, poli; sotison, sottises; kholi, collet; Æhomi, com- mis; frikho, fricot; buldok, bouledogue (Bullenbeisser) ; mortjes, mort de Dieu (Fluchwort) ; nondidjes, nom de Dieu (Fluchwort); blokhas, blocage.

Geschlossenes 0

ist erhalten: moment, moment (Augenblick); numoro, numéro ; lozoment, logement (Wohnung): loZeiaron, resp. loféron, loger (wohnen).

u

3

ist zu ö geworden in bis, peluche (Wollsammet); futi, foutu (gebrochen, zerrissen, tot, letzteres nur von den Tieren gesagt und verächtlich von den Menschen); refiseioron, resp. refizeron, refuser (versagen); khip, cube (Kubus); zu # in talopant, tulipe (Tulpe); lusje, Lucien; khurjeis, curieux (wählerisch beim Essen); #y#moro, numéro: zu e in jeStemènt, justement (gerade, eben adverb.).

B. Die Diphthonge. ai ist der Aussprache nach erhalten, also entspricht es unserm @: afer, affaire (Geschäft); plezeior resp. plesér, plaisir (Freude, Vergnügen); sey pléscioron resp. pléséron, se plaire (sich irgendwo gefallen); pléseirlez

Bar ga

resp. plésérlez (was plaisir bereitet); meer, maire (Bürgermeister): es wird aber zu é in justopé, juge de paix (Friedensrichter); zu & in peljas, paillasse (wo das franz. ai nicht wie deutsches ä, sondern wie deutsches ai ausgesprochen wird).

au ist zu kurzem geschlossenen o geworden in samo, chameau (Kameel): polèt, épaulette: zu 6 in pélin, Pauline.

eu

ist zu geworden in Ahurjeis, curieux; zu e in mortjes, mort de Dieu und nondidjes, nom de Dieu; £tjes, adieu (Ade); zu & in alaboner, à la bonne heure (Glück auf).

œu

ist zu & geworden in fs@r, sœur (Klosterfrau).

ou ist als « wiedergegeben in buldok, bouledogue: pulis, pouliche ; puler, poulette (beide letztern Wörter als Pferdenamen im Gebrauch); fufi, foutu; butik, boutique; als # in bégor, bougre (Schelm); 3”, sou (Geld- stück 4 Pfge.); bozuar, bon jour (Guten Tag!); es ist zu ou geworden in Zalous, jaloux (neidisch).

oi ist der Aussprache nach erhalten: es wird also durch oa wiedergegeben: bosoar, bon soir (Guten Abend!) ; soazeioron resp. Souséron, choisir (wählen).

C. Die Nasalvokale.

Der nasale Charakter der Vokale ist beim Uebertritt in die Mda. ganz verloren gegangen. Der nasale Konsonant ist aber fast immer beibehalten worden. Die Aussprache ist ganz dieselbe wie im Deutschen: moment, moment (Augenblick); loZoment, logement (Wohnung); afront, affront (Schande) ; ranzeioron resp ranzeron, ranger (ordnen). Guttural- nasal ist eingetreten bei busoy, bouchon (Propfen): /hoson, cochon (Schwein, man sagt es manchmal zu den Kindern); Zan, Jean (Johann) und fasoy in den südlichen Ortschaften, facon (äussere Beschaffenheit oder Gestalt eines Dinges). In dem sehr häufig gebrauchten Grusse bozuor, bon jour, und bosoar, bon soir, ist das n ganz ausgefallen, ebenso in Saéemènt, changement (za Sazoment kreion heisst von einem Posten auf einen andern versetzt werden): aber es ist meistens bei- behalten in Sanéejoron resp. Sanzerm, changer (wechseln, ändern). In khomadetoran resp. khomodérm, commander (befehlen) ist die Silbe an zu einfachem » geworden.

D. Die unbetonten Vokale.

Die zwischen betonten Silben stehenden unbetonten Vokale sind meistens in dem dumpfen »-Laut zusammengefallen ; jestoment, justement (gerade, zufällig); Sazoment, changement, u. s. w. Vielleicht liesse sich auch hier anführen : Æhomodeisron, commander, und rèpoteioron, répéter (wiederholen).

Bei den Verbis werden die Endungen -er und -ir zu -eioron, in Koenigsmachern und Umgegend zu -éron: ranzeloron, vanzeroen, ranger ; prèscioron, prèséron, presser (sich beeilen); Soazeioron, Soazeron, choisir ; dasselbe gilt bei pl@zeior, plésér, plaisir (Freude).

S 3. Rückblick.

Wie man aus dem Vorhergehenden sehen kann, bleibt sich die Mda. in den verschiedenen Ortschaften der besprochenen Gegend im Grossen und Ganzen so ziemlich gleich, was jedoch in den Einzelheiten nicht immer der Fall ist. Betrachtet man nun diese Einzelheiten, so findet man, dass die Mda. in Kenigsmachern und Umgegend, trotz ihrer srossen Entfernung vom Hochdeutschen, doch demselben näher steht als die in den nördlichen Ortschaften. Man vergleiche z. B. nur bart, hart, khart mit böort, hôort, khöort u. s. w. (siehe oben bei a); khör, er mit Æheior, eior u. s. w. (s. oben bei &).

Auch findet man in Kanigsmachern und Umgegend das Streben nach langen Vokalen und das Vermeiden der Diphthonge in sehr vielen Fällen, während man, je nördlicher man geht, desto mehr die Neigung wahrnimmt, die Vokale zu verkürzen sowie Diphthonge zu bilden, auf denen die Stimme öfters nur sehr schnell hingleitet, was der Mda. in diesen Ortschaften einen sehr flüchtigen Charakter verleiht, während die Mda. in Koenigsmachern und Umgegend als eine sehr gedehnte und ziemlich schwerfällige daneben erscheint, so ist z. B. bei vor (Ehre) das eo viel kürzer als das in ör; das 6 in böori (Bart) kürzer als das « in bart u. s. w.

(ranz vereinzelt steht Sierck da mit seiner breiten Aussprache, die es durch die Diphthonge ia und wa an den Tag legt.

ee

I. Der Konsonantismus.

s 4. Allgemeines.

Obwohl die Konsonanten in der Mda. fast durchweg ihr tönendes Element eingebüsst haben, so ist es doch in gewissen Fällen bei /, ın, n, y erhalten, ja vielmehr noch erweitert worden. Wo letztere dasselbe beibehalten, werden wir sie mit /, ım, n, y bezeichnen. Die Zunge bleibt bei der Aussprache derselben ungefähr ?/3 Sekunde an den Gaumen gedrückt, wobei sie die Operation, die sie bei der Aussprache des ein- fachen 1, m, n, macht, so lange fortsetzt.

Wir fassen die Konsonanten in folgende 3 Gruppen zusammen:

1. Explosivlaute: p, t, k, kh, b, d, g. 2. Eiquiden: I, I, m, m, n, n, 9, 9 r- spiranten: f, ww, 1,85 3.31, HN.

Um physiologische Irrtümer zu verhindern, ist für den Nasal mit Gaumenverschluss d. h. ng das von Rapp, G. Gröber und andern an- genommene 7 angewendet worden. Aus demselben Grunde ist der griechische Reibelaut y für ch, $ für die gequetschte Spirans sch, s für den harten und 3 für den weichen s-Laut und À für das fran- zösische j mit französischer Aussprache angewendet worden. Ausserdem sind die Doppelkonsonanten x und z in ihre eigentlichen Bestandteile ks und fs aufgelöst worden.

- Ausserdem soll noch bemerkt werden, dass, da der Konsonantismus in der ganzen besprochenen Gegend so zu sagen ganz und gar der- selbe ist, nur die Aussprache meines Heimatsortes angeführt wird, da ja im Vokalismus bereits die verschiedenen Abänderungen der Vokale bis in die Einzelheiten angeführt worden sind.

$ 5. Etymologische Verhältnisse des Konsonantismus der Mundart.

Dem mittelhochdeutschen Konsonantismus tritt die Mundart wie

folgt gegenüber:

b ist im Anlaut erhalten: bauor, bûr (Bauer); bam, boum (Baum); baron, binden; brost, brust; broudor, bruoder (Bruder).

Auslautend erscheint es als f: yraf, grab u. grap (Grab); öf, ab u.ap; deif, dieb u. diep (Dieb); /af, loub u. loup (Laub); daf, toub u. toup (taub). Dasselbe gilt, wenn das Schluss-e oder -en nach b ab- geworfen wird: saöf, schibe (Scheibe); gruöf, graben (Graben): rief,

ee AE

vebe (Rebe). Doch bleibt es resp. wird es zu p in reip, rüebe (lat. rapa, Rübe).

Intervokalisch oder zwischen |, r und einem Vokal ist es zu ww geworden: dont, àbent: zwol, übel; wol, aber!); erwon, erben ; Stèrwon, sterben; forderwon, verderben; zelwor, silber (Silber); Ahalwon, kalben. Erhalten ist es in nuebol, nabel; Snucbol, snabel (Schnabel); föblon, fabeln; erbos, erbse; drbot, arbeit.

‘s fällt aus nach m: dom, dumb (dumm); bokhemoron, bekümbern (bekümmern); Ahomor, kumber (Kummer); drom, darumbe (drum); ausserdem in erst, herbst; gen, geben; lun, haben; emos, imbis (Mahl- zeit); Srauon, schrüben (schrauben), letzteres, weil bei $rau, schrübe (Schraube) die Endung be ganz abfällt.

Es wird zu p in pöpst, babest (Papst); propst, brobest (Propst); sirpol, scherbe. In der Redensart aber: ox hot et an dor Sirbol, er hat’s in der Scherbe, d. h. er ist angetrunken, ist das b geblieben.

d

ist anlautend erhalten: do, dä; damp, dampf: dekon, decken; dorof, dorf; drekon, drücken; doykol, dunkel.

Auslautend, d.h. wenn nach d das Schluss-e abgeworfen wird, wird es, insofern es erhalten bleibt, zu {: muet, made (Made); riet, rede (Rede): «@rt, erde; frit, vride (Friede). Die Endung -de wird ge- wöhnlich abgeworfen nach | und n: mel; milde (mild); el, wilde (wild); bal, balde (bald); len, lende; goswen, geswinde (geschwind); gowen, gewinde (heftiger Wind); con, wunde (Wunde); wonor, wunder ; /hon, kunde (Kunde).

Intervokalisch ist es erhalten, wenn auf den folgenden Vokal noch ein Konsonant folgt: boriedon, bereden; dedeyon, tædingen (pro- zessieren); ameidor, muoder (Mieder); der, äder; Snaidon, sniden (schneiden); #èdom, Adam. Nach 1 und n fällt d auch in diesem Falle aus, wofern kein | in der nächsten Silbe folgt: henoron, hindern; Senon od. sen, schinden ; fann od. fan, finden ; banon od. ban, binden ; kheney, kündic (bekannt mit etwas) ; wonoron, wundern ; manor, minder (weniger); gelon, güldin (golden); forwelon, verwildern ; aber handol, handel; handlon, handeln ; Swendol, swindel (Schwindel); wendol, windel; yrondol, grundel; bendal, bendel.

Zu t wird es in Zaisol, dihsel (Deichsel) und bentol, bündel.

1) Sollte nicht éwol mit niederländisch evél aus evenwel (doch) zusammen- hängen? S.De Bo, Westvlaamsch Idioticon. Zusatz von Prof. Martin,

bleibt im Anlaut: yueıwol, gabele (Gabel); géljon, galge (Galgen): ul, galle; gai, gige (Geige); gen, geben; und bei der Vorsilbe ge-: yobai, gebiuwe (Gebäude); gogruif, gegraben: yolèn, gelende (Gefilde).

Inlautendes g oder auslautendes ge werden in der Regel ab- geworfen nach langen Vokalen oder Diphthongen: 4, ouge (Auge); tsaion, ziugen (bezeugen); wei, wiege; gai, gige; #0, wäge.

Nach den kurzen Vokalen lässt es Ersatzdehnung zurück:

ag oder age wird zu 0: klösm, klagen; lo, klage (Klage); won, wagen (Wagen); déloun, tagelön (Tagelohn).

eg und ög werden vor Nebensilben zu é: léon, legen: 36, sege (Säge); sem, segen (sägen); fén, vegen (fegen); ren, rögen (Regen); rénon, rögenen (regnen); /er, léger (Lager der Menschen und Tiere); 3énon, Segenen.

ig wird as: laion, ligen (liegen); wain, wigen (wiegen).

“og wird ou: bou, boge (Bogen); foul, vogel.

Beibehalten wird es nach |, n, r und in der Silbe gel, d. h. nach n wird es mit demselben zu y, in den andern Fällen aber wird es inlautend zu j, auslautend zu x: Strèy, strenge; beyol, bengel; penston, phingsten (Pfingsten); slay, slange (Schlange); sprenon, springen; birez, bürge; yobirey, gebirge; zorey, sorge; 3orjon, sorgen; borjon, borgen: morjon, morgen (der Morgen) ; »rwörjon, erwürgen ; yaljon, galge (Galgen); foljn, folgen; fordiljon, vertilgen ; flijol, vlügel (hat alle Bedeutungen des nhd. Wortes »Flügel«, nur bedeutet es nie »Flügel eines Vogels«, wofür man flits sagt); öjol, igel; 3ijol, sigel (Siegel); Spijol, spigel (Spiegel); brijolon, prügeln; Æujol, kugel. Ausserdem ist es erhalten resp. zu } oder 7; geworden wie oben bei: @jon, eigen; 3éjon, sögen (aber senon, sögenen); priedey, predege (Predigt); priedej»n, predegen ; wirdejon, wür- digen; dejoley, tägelich.

Es wird zu 7 innerhalb des Wortes bei mumtyor, maneger (man- cher); day»n, tougen (taugen) und eiyt, egede (Egge): riyton, egeden (eggen); zu yk resp. yk bei Spreykol, sprengel; hereyk, heringe und yk, enge. Die Endung -unge wird eyen: me@nen»n, meinunge (Meinung); hafeyon, hoffenunge (Hoffnung); ertbiwenen, örtbibunge (Erdbeben).

Ist im Mhd. & in den Auslaut gerückt, so wurde ce dafür gesetzt. In der Mda. wird es zu 7; ausgenommen ist nur ne, welches zu ÿk wird: orey, arc (arg); bèrey, berc (Berg); @ntsey, einzec (einzig); r{e7, rihtee (richtig); kreiy, kriec (Krieg): tsw@y, zwie (Zweig); fswerez,

zwörc (Zwerg); gonony, genuoc (genug); day, lac (Tag); »wey u. we,

a

enwöc (weg);aber: gosayk, gesanc (Gesang); yayk, ganc (Gang); Sproyk, sprune (Sprung); reyk, rine (Ring); joyk, june (jung); layk daneben auch lan, lanc (lang) !).

Es fällt aus bei plou, phluoc (Pflug); Arou, kruoc (Krug); we wec (Weg).

$)

p ist im Anlaut der Fremdwörter erhalten: por, par (Paar); pelom, palm; popli, papele (Pappel); pèy, pech; pain, pine (Pein); pelts, pelz.

Für mhd. ph (pf) steht bei weitem in den meisten Fällen blosses p: pefor, phefler (Pfeffer); paifon, phifen (pfeifen); pért, phert (Pferd); ploöstor, phlaster ; plants, phlanze; port, phorte; plou, phluoc.

In einigen wenigen aus dem Hochdeutschen entlehnten Fällen wird es mit f wiedergegeben: failor, philære (Pfeiler); flyt, phliht (Pflicht) ; feney, daneben jedoch auch penek und peneyk, phenninc und phennic (Pfennig); prafon, phrophen (pfropfen). Bei den verbis auf -phen steht -pon oder -fon (jedoch meistens -pen), je nachdem dasselbe ein Sub- stantiv zur Seite hat, das in der Mda. auf p oder f endigt, so sagt man z. B. prafon, weil daneben praf, phropher (Pfropfreis) steht; Ahepon, köpfen (köpfen), weil daneben /hap, kopf u. koph steht.

Auslautendes p, welches im Mhd. gewöhnlich nur das in den Aus- laut tretende b ersetzt, erscheint in der Regel als f: staf, stap u. stoup (Stab u. Staub); laif, lp (Leib); def, diep (Dieb); af, loup (Laub); half, halp (halb); Ahalof, kalp (Kalb); Ahorof, korp (Korb). Kommt aber eine Endung hinzu, so steht w: halwon, halber: khelwor, Kälber, denn dann steht ja auch im Mhd. nicht p sondern b, und darum unter- liegen alle jene Wörter den bei b angeführten Regeln. Nach m bleibt p: khamp, kamp (Kamm); lamp, lamp (Lamm); Æromp, krump (krumm). Im Plural jedoch, sowie bei den von diesen Wörtern abgeleiteten Verbis und bei den Adjektiven in attributiver Stellung fällt es aus, weil es ja auch im Mhd. in jenen Fällen schwand oder zu b wurde und deshalb auch hier die Regeln von b Geltung haben: khèm, kemme (Kämme); khemon, kemben u. kemmen (kämmen); kremon, krümben u. krümmen; lèmor, lember u. lemmer (Lämmer); krom fra, krumbe frouwe (krumme Frau); kromo beyol, krumber bengel.

Auslautendes pf od. ph. (pfe) ist in der Regel zu p vereinfacht worden: khap, kopf u. koph (Kopf); rap, kropf u. kroph (Kropf); sap,

1) Im Plural fällt das 4 jedoch weg: 95307 od. gozenar, gen, Sprem, ren, J0%, lan, ausserdem bei den Adjektiven in attributiver Stellung, denn in diesen Fällen haben wir im Mhd. wie ja auch im Nhd. die Endung -ge, von der nach den Ge- setzen der Mda. nur das e abgeworfen wird.

aan. 2.

schopf (Haarschopf); damp, dampf; trap!), tropfe u. trophe (armseliger - Mensch). Bei diesen Wörtern bleibt das p auch im Plural und ebenso bei den davon abgeleiteten Verbis: Ah0p (Köpfe); krep (Kröpfe); Ihepon, köpfen (enthaupten); dèmpon, dempfen (dampfen). Bei den Wörtern mit rpf, rph erübrigt dafür gewöhnlich rf: harof, harpfe (Harfe); $arof, scharpf u. scharph (scharf); kharof, karpfe (Karpfe); sörfon, scherpfen (schärfen). Der Plural von Aharsf, woneben jedoch auch Æharop vor- kommt, wie ja auch im Mhd. karpe neben karpfe steht, ist in der Regel kharpan.

t

ist anlautend in den meisten Fällen mundartliches d: day, tac (Tag); dants, tanz; daf, toup (taub); dauf, tübe (Taube); dout, tôt; dréon, tragen; droyk, trunc (Trunk u. Trank); drayk, trance (nur Trank, d.h. nur Birnen- u. Aepfelwein); draf?), trouf (Traufe) ; dräm, troum (Traum); dreif, trüebe (trüb).

t ist geblieben in #$, tasche ; taston, tasten; tauyon, tüchen (tauchen): faus, tüsch (Tausch); fauson, tüschen; tor, teller ; tömp»l, tempel; #pi u. Zepey, tepit u. tepich (Teppich); fèsfomènt, testament: trön, trahen (Thräne) ; #roun, trön (Thron) ; tent, tinte : töbon, toben ; trayton, trachten : traum, trüwen (trauen); frai, triuwe (Treue, in der Mda. ist fraö jedoch in den meisten Fällen als Adjektiv verwendet, während man für »Treue« gewöhnlich traih@t sagt) ; trauor, trüre (Trauer); trauoron, trüren (trauern); trèp, treppe; frièdon, treten; tray, troc (Trog):; trelon, trollen (in der Mda. fallen); trol (etwas aufgerolltes); from, trumel (Trommel); #romon, trumelen (trommeln):; Zrap, tropfe (armseliger Mensch): troust, tröst (Trost); treiston, trösten. Sieht man sich aber die soeben angeführten Wörter etwas näher an, so findet man, dass das t sich meistens in Fremdwörtern und vor r erhalten hat.

Auslautendes t, auch wenn es die Stelle des in den Auslaut tre- tenden d ersetzt, ist erhalten und ebenso das t bei der Endsilbe -te, welche das e nach der Regel der Mda. abwirft: bat, bat (Bad); böort, bärt (Bart); blat, blat (Blatt); ét, eit (Eid); yelt, gelt (Geld); ylit, gelit (Glied); gout, guot (gut); khéort, karte; bröt, bräte (Braten); Slt, slite (Schlitten). Wo aber das auslautende t an Stelle des auslautenden d tritt und demnach inlautend wieder zu d wird, da gelten infolge dessen in der Mda. auch wieder die bei d angeführten Regeln. Kalt und alt können sowohl khalt u. alt als auch khdl u. dl heissen; in attributiver

') trap kommt nur in der Verbindung érmon trap (armer Tropf) vor. *) drdf kommt nur in der Verbindung déydräf (Dachtraufe) vor.

OR m

Stellung kommt nur hal und «al vor, während in praedikat. Stellung beides vorkommt.

Bei den Verbis auf It und den davon abgeleiteten Substantiven auf Ite, Iter fällt t resp. te bei den Substantiven aus: falon, valten, (falten); fal, valte: orkhalon, erkalten ; halon, halten; Spalon, spalten ; spal, spalte ; spalor, spalter ; malor, malter.

In den andern Fällen bleibt es nach I: it u. altor, =elte u. alter (Alter) ; eltor, altære (Altar): kholtor, kolter (Pflugmesser).

Intervokalisch ist es gewöhnlich durch d vertreten : biedon, beten; bedolon, betelen (betteln); baidol, biutel (Beutel): bloudon, bluoten (bluten) ; aödol, itel (leer); brödon, bräten ; foudor, vuoter (Futter).

Nach Konsonanten ist es erhalten: bastort, bastart (unechtes Kind oder halb Huhn und halb Hahn); baiyton, bihten (beichten); baston, bersten ; biston, bürsten ; ton, stän (stehen) ; destol, distel ; fleyton, vlehten (flechten) ; montor, munter.

Unverschobenes t steht in dat (das, dass); wat (was); et (es); siehe auch die Adjektiva im Neutrum $ 14 Ende.

k

ist im Anlaut, Inlaut und Auslaut erhalten, resp. kk vor betonten Vokalen und Diphthongen geworden: Ah@sor, keiser (Kaiser); Æhabf, kalp (Kalb); /haf, kouf (Kauf); Aheior, k6re (Kehr): klö, klawe u. klage (Klaue u. Klage): Aleyalon, klingelen (klingeln); kremon, krümben (krümmen) ; rek, rücke (Rücken): bokol, buckel; mek, mücke ; .drekon, drücken; gek, gec (Geck, Narr); spek, spék (Speck); 54k, sac (Sack); rak, roc (Rock); bok, boc (Bock).

f od. v

ist ebenfalls im An-, In- und Auslaut erhalten: fr, vride (Friede): frou, vrè (froh); fal, valle; fenkon, fahan (fangen); fous, vuos (Fuss); foudor, vuoter (Futter); rouf, ruof (Ruf); deif, tiuf, (tief); Séaif, stiuf (steif): steft, stift (etwas Gestiftetes): $ef, schif (Schiff); raf, rif (ge- frorener Tau): Sôfon, släfen (schlafen); merfol, mülvol (Mundvoll): stefton, stiften; dörfon, dürfen.

Ausgenommen sind nur: khièbur, kalfer (Käfer): tswaiwol, zwivel (Zweifel); tsiwaiwolon, zwivelen (zweifeln) und z£ıon, oven (Ofen): cdarwol u. daibol, tiufel (Teufel). Unverschobenes » steht in op, üf (auf).

W

ist im Anlaut erhalten: widor wider (wider u. Widder): wuès, wahs (Wachs); wei, we u. wiege (weh und Wiege); w«@t, weide: wais, wis (weiss); wièson, wesen (Wesen) ').

Inlautend wird es abgeworfen, nur nach r wird es beibehalten: fr&on, vröuwen (freuen); bauon, büwen (bauen) : rouon, ruowen (ruhen) : trauon, trüwen (trauen); aber ferwon, ferwen (färben): gèrwon, gerwen (gerben), wegen des vorhergehenden r.

Die Endsilbe we wird in der Regel abgeworfen, nur nach r wird w nach abgeworfenem Schluss -e zu f, das jedoch, wenn eine Endung, wie z. B. im Plural, hinzutritt, wieder zu # wird: fra, vrouwe (Frau): gobai, gebiuwe (Gebäude); Aa, houwe (Hacke); 446, kläwe (Klaue): ron, ruowe (Ruhe); aber forof, varwe (Farbe); yorof, garwe (Garbe): mérof, mürwe (mürbe); pl. forwon, gorwon, mirwon ap»l (mürber Apfel); letztern Wörtern schliessen sich auch an /eif, löwe (Löwe); pl. leiwon und smolof, swalwe (Schwalben), pl. smolwon.

s ohne konsonantische Verbindung wird zu weichem s (= 3) im An- und Inlaut: saft, saft; sauon, sügen (saugen): biesom, beseme (Besen); »rleizon, erlæsen: 501, esel. Es wird zu hartem s in breisom, broseme (Brosame); zu r in freioron, friesen (frieren); forleioron, verliesen (ver- lieren); zu $ in fest, vérse (Ferse) wegen des hinzugetretenen t: zu s und auch ts in saldot od. tsaldôt (Soldat). Für die Endsilbe -se steht s: blôs, blâse: rous, rôse: hues, hase; nuès, nase; khés, kæse.

hs (hse) wird in- und auslautend in der Regel zu hartem s: «es, ahse u. ohse (Achse u. Ochs); eidles, egedehse (Eidechse); fés, vuhs (Fuchs); wuès, wahs (Wachs); fluès, vlahs (Flachs); wwueson, wahsen (wachsen); wièsal, wöhsel (Wechsel); wiesolon, wehseln. Bei einigen Wörtern ist es zu Äs geworden: beks, bühse (Büchse); dksel, ahsel (Achsel).

s vor I, m, n, p, t, w wird zum gequetschten $: Slaiyon, slichen (schleichen); Séfon, sleifen (schleifen); Slekon, slicken (schlucken): g9Smdy, gesmac u. gesmach (Geschmack); g»smaidey, gesmidec (ge- schmeidig); Snaidon, sniden (schneiden); $nouor, snuor (Schnur); Spön, spän (Spahn); spalen, spalten; Stan, stange; Stön, stän (stehen); frast, vrost (Frost); destol, distel: Swöort, swarte (Speckhaut): swöorts, swarz

1) Das hochd. Wort »Wesen« hal sowohl abstrakte als konkrete Bedeutung,

während das mundartliche Wort »wiezan« in der Regel nur etwas Abstraktes be- deutet. Statt »Wesen« in konkreter Bedeutung sagt man denan (Ding).

ar ee

(schwarz): Swamon, swimmen (schwimmen). ss kommt im Mhd. nicht häufig vor, es wird durch s ersetzt: près, pressen; pres, presse; gowes, gewisse (gewiss).

; ist im In-und Auslaut zu s geworden: Gnas, Ameise (Ameise): Le] 1 [ef V /

resp. 33 bas, bis (Biss); grus, grös (gross); Spras, sprosse (Sprosse der Leiter); wasor, wasser (Wasser); meson, messen (messen) ; $lesol, slüszel (Schlüssel) ; baison, bizen (beissen); beison, büezen (büssen); zweson, wissen (wissen) ; Seison, schiesen (schiessen); stouson, stôson (stossen). Es wird zu $ in kraison, krizen (weinen); Jirs, hirs (Hirsch); aber bei hiortsomentyon u. huortsofr@yon (männl. u. weibl. Hirschkäfer) wird es zu fs, ebenso bei sots, schus (Schuss) und beitson, büezon (Kleider ausbessern und über- haupt nähen). z und tz

sind in der Mda. erhalten: bofsuèlon, bezaln (bezahlen) ; tsuel, zal (Zahl) ; tsou, zuo (zu); dautson, dützen; @rts, erze (Erz); hats, katze. Es wird zu {$ in hetst, hitze, wegen des hinzugetretenen t, vor dem s zu 5 wird Wir haben 3 in doson, dutzent, wohl wesen des franz. dou-

G

zaine (Dutzend), von dem ja auch das mhd. dutzent abgeleitet ist.

J ist im Anlaut erhalten: ÿ6, ja; joor, jar (Jahr); joyk, june (jung). In- lautend ist es ausgefallen: mn, mæjen (mähen); dréon, dræjen (drehen) ; wweon, wæjen (wehen) ; bleion, blüejen (blühen) ; breion, brüejen (brühen). Allerdings muss hier bemerkt werden, dass dieses inlautende j auch schon im Mhd. oft ausgelassen wurde, so findet man z. B. dræn, wæn, blüen u. s. w.

h hat in der Mda. den Charakter des Reibelautes verloren und ist zum blossen Hauchlaut herabgesunken oder gänzlich geschwunden.

Anlautend ist es immer erhalten: hant, hant (Hand) : amor, hinder (hinter) ; haf, hof; hafon, hoffen ; houf, huof (Huf).

Inlautend ist es nicht erhalten: sein, zehen (zehn) ; waion, wihen (weihen) ; fortsaion, verzihen (verzeihen): tseion, ziehen.

Vor s fällt es entweder mit Ersatzdehnung aus, oder hs wird zu ks, wie wir oben bei s und vorher schon beim Vokalismus an mehreren Stellen gesehen haben.

Vor t (mit Ausnahme der Wörter auf eht, von denen wir später sprechen werden) fällt es bei denjenigen Wörtern, die in der Mda. am häufigsten vorkommen, mit Ersatzdehnung aus: wèt, ahte (Acht); weten,

en

ahten (achten); gowit, gewihte (Grewicht) ; gztt, gesiht (Gesicht): vitn, rihten (richten); ‚li, lihte u. lieht (leicht u. Licht) ; fortn, vürhten (fürchten); net, naht (Nacht). Bei denjenigen Wörtern aber, die in der Mda. nicht so gebräuchlich sind oder die man nur durch den Schulgebrauch kennen gelernt und dann in die Mda. aufgenommen hat, ist das h seinem Werte nach, also als y, erhalten: /lyt, phliht (Pflicht) ; forfligton, verphlihten !); riytor, rihter (Richter)?); wigt, wiht (Wicht) : haiyxt, bihte (Beicht) ; baigton, bihten ; weytor, wæhtære (Wächter) ; slayt, slahte (Schlacht) ; go$iyt, geschiht (Geschichte).

Bei den Wörtern auf eht wird h entweder mit Ersatzdehnung ausgeworfen oder ohne Ersatzdehnung beibehalten, d.h. das e wird entweder zu ie ohne y oder es ist erhalten mit y: riet u. reyt, reht (Recht) ; Slièt u. Steyt, sleht (schlecht); gorièt u. goreyt, gereht (gerecht). Nur bei /mict, kneht (Knecht) und flit, vlehte (Flechte) fällt es immer aus und bei heyt, heht (Hecht) und fleyfon, vlehten (flechten) bleibt es immer.

Die Endsilbe -heit behält das h: fraih@t, vriheit (Freiheit); faul- het, vülheit (Faulheit). Nur bei gowumeyt od. gowineyt, gewonheit (Ge- wohnheit) und wowrezt, wärheit (Wahrheit) scheint das ei ausgeworfen worden zu sein, so dass dann h vor t zu 7 geworden ist; weitere Belege für diese Meinung lassen sich doch nicht anführen.

Anstatt vähan (fangen) und hähan (hangen) erscheinen fenken und heyken (in der Mda. bedeutet letzteres sowohl hängen als hangen). ch wird in der Mda. durch den Reibelaut y dargestellt: m«yon, machen ; waiyan, wichen (weichen); meley, milch; mey, mich; dey, dich; z3ez,

sich ; beyar, becher ; wwdyan, wachen ; lyon, lachen.

Wenn y durch Flexion aus dem Auslaut in den Inlaut tritt, so ist es dennoch erhalten: day, dach, plur. deyar; khirey, kirche, plur. khiryon. Nur das auslautende y, welches an Stelle des in den Auslaut tretenden mhd. g steht, wird inlautend zu j: h@ley, heilec (heilig), 9% h@lejon (ein Heiliger); naidey, nidie (neidig), » naëdajs ments (ein neidiger Mensch).

1) Für Pflicht gebraucht man am häufigsten Seleyk@t (Schuldigkeit) ; für verpflichten tsweyan (zwingen) oder doun (thun): z.B.: do khäzor hot à gatswon tse gôn oder god6 gôn, der Kaiser hat ihn gezwungen zu gehen oder gethan (= ver- pflichtet) gehen; für »verpflichtet sein« sagt man gewöhnlich: ey mous (ich muss) oder ex 3i Seley (ich bin schuldig).

?) riytor ist sehr selten gebraucht, häufiger ist fridonsrigtor (Friedensrichter), am gewöhnlichsten ist ZuStape (juge-de-paix).

a ae

Für ch erscheint % in frek, vröche (dreist); frekh@t, vrechheit. Es fällt aus bei: for, vurch (Furche) ; sel u. $iel, schäleh (scheel) und in den nördl. Ortschaften auch bei hei, hoch.

Die Liquiden |, r, m, n haben abgesehen von den gegenseitigen Vertauschungen in der Mda. ganz denselben Charakter wie im Mhd. Doch sei folgendes bemerkt:

|

ist in allen Stellungen erhalten: /ayk u. lay, lanc (lang); lant, lant (Land): fles, vlasche (Flasche); falon, vallen u. valten; yaljon, galge (Galgen); gal, galle; faul, vül (faul). Il wird vereinfacht, wie aus falon, vallen (fallen); yal, galle, hervorgeht.

r

bleibt ebenfalls in jeder Stellung, nur vor st fällt es gewöhnlich mit Ersatzdehnung aus: reip, rüebe (Rübe); row, ruowe (Ruhe); dreif, trüebe (trüb); féoron, varen (fahren); béoron, bären (bahren); Sporen, sparn (sparen); pior, par (Paar); mesor, messer (Messer); aber baston, börsten; diston, dürsten; dust, durst; bist, bürste; biston, bürsten; gést, gérste; bust, borst u. burst (Borste). Hieran schliessen sich auch khrtst, kruste (s. oben unter u) und fest, vérsene u. vörse (Ferse, bei dem zuerst Annahme des Schluss -t, wie dies ja der Fall ist bei vielen, besonders weibl. Substantiven, wie wir später beim Lautzusatz sehen werden, vorauszusetzen ist, worauf dann r vor st ebenfalls schwand). Eigen- tümlich sind dustrez, durstec (durstig) und fordistoron, verdürsten, Meta- thesis kann hier doch nicht angenommen werden, da ja das r aus einer Silbe in die andere hätte übergehen müssen; es kann also hier nur die Rede von Lautzusatz sein.

Stehtrvordodert,sokann es ausfallen und auch beibehalten werden, bei ein und demselben Worte: fodoron u. fordoron, vordern (fordern); fiorton u. fioton, vürhten (fürchten) ; wirt u. wiot, wirt (Wirt); béort u. bist, bürde; göart u. géot, garte (Garten); khôort u. khöst, karte. Es fällt jedoch nicht spurlos aus, sondern es lässt das dumpfe >, das sich nach den langen Vokalen vor r entwickelt, zurück. Ueberhaupt kann das r auch nur da ausfallen, wo das » sich entwickelt, so z. B. bleibt es in hart, hart (in Keenigsmachern); bart, bart (ebendaselbst). Das Streben der Mda., alles scheinbar Unnötige abzuwerfen oder abzukürzen, kann wohl hier als Ursache jenes Vorgehens betrachtet werden.

I voue

ist in ällen Stellungen erhalten: mir, mer (Meer) ; mout, muot (Mut): émer, eimer ; damp, dampf; dempsn, dempfen (dampfen) ; arom, arm : daum, düme (Daumen).

n

bleibt in allen Stellungen, nur nach r fällt es aus: Snousr, snuor (Schnur): houn, huon (Huhn); fun, vane (Fahne); bolounsn, belônon (belohnen) ; aber btor, born (Brunnen); gévr, garn (Garn); fir, vorne; huaresal, horniz (Horniss) ; ortsioron, erzürnen; bior, birne; tswior, zwirn. Es fällt ebenfalls aus in bai, bine (Biene), plur. baion, binen.

Inlautendes nk wird yk: Senkon, schenken; drenykon, trinken. Aus- lautendes nc wird y: bayk, banc, ebenso im plur. bèyk: jomk, junc. Imny

o o

stehen nur nach kurzen Vokalen, / und in der Regel nur vor t, » vor p, g vor k: alt, alt; khalt, kalt; laut, lant (Land); hont, hunt (Hund) ; dempan, dempfen (dampfen); /amp, lamp (Lamm); layk, lanc (lang) ; Joyk, junc (jung). Ausserdem ersetzen / und » noch die Doppelkonso- nanten Il und nn, die wir im Neuhochdeutschen am Wortschluss finden: zen, sin (Sinn); man, man (Mann); al, al (all); $al, schal (Schall) ; fal, val (Fall). Im Mhd. steht dieses einfache 1 und n ja auch für die Gemination ll und nn, wie es aus allen jenen Wörtern deutlich her- vorgeht, sobald sie eine Endung annehmen, so heissen z. B. die Genetive sinnes, mannes, schalles, valles; wird al flektiert, so heisst es aller, alliu, allez.

DIE FRANZÖSISCHEN KONSONANTEN IN DER MUNDART.

b

ist anlautend in der Regel erhalten: bo&uor, bon jour!; bosoar, bon soir: buldok, bouledogue (Bullenbeisser) : es wird zu p in pagas, bagage (Ge- päck, altes Zeug, Gesindel); auslautend, d. h. -be wird p: hip, cube (Kubus); nach m fällt es aus: faimor, tombereau (zweirädriger Last- wagen); khomkhomor, concombre (Kürbiss).

p ist erhalten: proupor, propre (rein, reinlich, nett, fein); pèrmisjoun, per- mission (Erlaubnis); pap, papa (Vater); parapli, parapluie (Regen- schirm); pröseioron, presser (eilen) ; ausgenommen ist bli$, peluche (Plüsch).

DR

d

ist ebenfalls erhalten, nur die Endung de wird zu t, weil das Schluss -e abgeworfen wird ; drèseioron, dresser (zähmen) ; khomodeioron, commander (befehlen); byldok, bouledogue; aber mout, mode (Mode): Æhamout, commode (adj. bequem, subst. eine Art von Schränken); yart, garde (Zollaufseher). t

ist auch erhalten: #raip, tripe (Eingeweide); spitif, perspective (Fern- rohr); polet, epaulette; taimor, tombereau: butik, boutique (Werkstatt, Handelszimmer).

Auslautendes t, welches im Französischen nicht gehört wird, fällt ab: Zile, gilet (männl. Brustbekleidung); /holi, collet (Frauenkragen). Ausgenommen sind respekt, respect (Ehrfurcht) und die Wörter auf -nt: moment, moment (Augenblick); jesfomènt, justement (gerade, zu- fällig) ; lo2oment, logement (Wohnheit) ; afront, affront (Schande, Schimpf).

gutturales g ist gleichfalls erhalten: tsigar, cigare ; gars, garce (Luder, Schimpfwort Frauenzimmern gegenüber): pagas, bagage ; grawats, gravatte (Halsbinde).

palatales g

ist ebenfalls der Aussprache nach erhalten: ranzeioron, ranger (ordnen); Ikhözi, congé (Ferien, Militärdienst); Zöneioron, gèner (hindern, in Ver- legenheit setzen); sazoment, changement (Aenderung des Amtes). Bei der Endung -ge fällt e ab und g wird zu $: pagas, bagage: tapas, - tapage (Lärm, Geräusch); blokhas, blocage (die schlechteste Sorte von Pflastersteinen).

C ist in der Regel seiner Aussprache nach erhalten, d. h. es ist kh vor dunkeln Vocalen und s vor hellen: Æhomkhomor, concombre: Æhomi, commis (Aufseher bei der Arbeit); Ahaltsoy, calecon (Unterhose); fisèl, ficelle (Schnur); prosowerba, procès-verbal (Protokol); anlautend wird es zu ts: tsigar, cigare.

qu ist ebenfalls der Aussprache nach erhalten: khéyon. queue (Schwänzchen die am Halse in ein Schwänzchen auslaufenden Haare); kharli, quart ein kleines Mass zum messen der Hefe); Zak, Jacques (Jakob).

JAI ist ebenfalls erhalten: Zay, Jean (Johann); Zen, Jeanne (Johanna): Zustos, justice (Gericht); Zustope, juge-de-paix (Friedensrichter, daneben

un.

hört man jedoch auch sehr häufig just»s und JuStopé): Zalous, jaloux (neidisch). Ausgenommen sind immer $p, jupe (männl. Kleidungsstück) und jestoment, justement. ch

ist ebenfalls der Aussprache nach erhalten und wird also mit 5 wieder- gegeben: khu$dey, couche-toi (lege dich); sarboy, char-à-bancs (Wagen mit Sitzbänken) : Sagrey, chagrin (Kummer); Sökhanor, chicaneur (einer der immer Händel mit andern hat oder sie in Unannehmlichkeiten zu bringen sucht): pylis, pouliche (ein Pferdenamen) : blis, peluche (Woll-

sammet). f

ist erhalten: fray, pl. frayken, francs (Geldstück) ; fisel, ficelle (Schnur); frikho, fricot (Leckerbissen); af@r, affaire (Geschäft, Schwierigkeit): futi, foutu (zerbrochen, zerrissen, von Tieren tot).

V

ist der Aussprache nach erhalten und wird also durch :v dargestellt: serweit. serviette: grawats, gravatte; &wor, livre (Geldstück fray 0,80 Je); wokhants, vacance (Ferien); prosawèrba, procès-verbal : wèrneioron, vernir (mit Firnis überziehen); werni, vernis (Firnis).

S

ist anlautend als hartes s erhalten oder zu /s geworden bei ein und demselben Worte: inlautend ist es als weiches s 3 erhalten: sabo od. tsabo, sabot (Holzschuh) ; sé3i, od. fsé3i, saisie (Pfändung) ; sezeioron od. tsezeioron, saisir (pfänden); sös od. tsös, sauce (Sauce, Brühe): s@r od. ts@r, sœur (Klosterfrau). Weiches anlautendes s haben wir in 3%, sou (Geldstück 0,04 .#). Vor p und t wird s zu 5, wie wir es ja auch schon oben beim Mhd. gesehen haben: spiitf, perspective (Fern- rohr); Spanjoul, Espagnol (Spanier); st@r, stère (Mass für Holz-Kubik- meter); jestoment, justement. Im Französischen nicht ausgesprochenes Schluss-s bleibt weg: werni, vernis; Æhomi, commis. Es bleibt aber in chspres, oder ekspres, exprès (absichtlich).

m

ist erhalten: #ûm, maman (Mutter); mout, mode ; ambarra, embarras (Umstände, Schwierigkeit) ; moment, moment ; taimor, tombereau : Smizet, chemisette.

n ist als unnasaliertes n erhalten im An- und Inlaut und vor -nt: nondidjes, nom de Dieu (Fluchwort) ; ranécjoron, ranger: Zineioron, gèner :

a

Sikhanor, chicaneur ; moment, moment: afront, affront. Es wird zu m in khomkhomar, concombre. Ist es im Französ. im Auslaut nasaliert, so wird es in der Regel zu y: Zay, Jean: play, plan (Plan): davon playon (einen Plan fassen); Sagrey, chagrin (Kummer); bu$oy, bouchon (Pfropfen): /hoson, cochon (Schwein); façon heisst in den südl. Ort- schaften fasoy, in den nördl. aber fasaun.

r

ist erhalten : guworneioron, gouverner (regieren); guwormènt, gouverne- ment (Regierung): respekt, respect; traip, tripe (Eingeweide) ; taimor, tombereau ; grimas, grimace (Mundverzerrung).

|

ist in der Regel erhalten : misel, Michel: al&rt, alerte (aufgeweckt) ; polèt, épaulette: lozeioron, loger. Es fällt aus in prosowèrba, procès- verbal. Il wird zu 1j in peljas, paillasse (Strohsack).

X

wird inlautend beibehalten und also durch #s wiedergegeben :

èksèmpol, exemple (Beispiel) ; ekspres, ($ wegen des folgenden p), expres (absichtlich) ; auslautend, selbst wo es im Französischen nicht gehört wird, wird es zu s: Zalous, jaloux (neidisch); Æhurjeis, curieux (wählerisch beim Essen).

$ 6. Verhalten der alten Quantitäten vor den einzelnen Konsonanten.

Die alten Quantitäten sind vielfach verändert worden infolge des Einflusses, den die folgenden Konsonanten ausgeübt haben. Wir wollen dieses im Folgenden etwas näher untersuchen.

A. Einfluss der Liquiden.

Einfaches r und auch m im Stammesauslaut ruft Dehnung des vorhergehenden kurzen Vokals hervor; dabei gehen aber die Vokale trotzdem nach den im Vokalismus aufgestellten Regeln in andere über, die aber doch gedehnt werden: duor, dar: bior, bir und ber (fem. Birne, masc. Erdbeere) ; mor, mir; dior, dir und tür (dir u. Thüre): por, par (Paar); Spuor, spor u. spur (Sporn u. Spur) ; forh@ron, heren (verheeren); Aior, hör (her); tsam, zam (zahm): ebendasselbe gilt, wenn nach r die Silbe -ne oder n abfällt; fér, vorne ; ger, gern(e) ; kher, körn(e) (Kern): Ahntor, korn ; dıör, dorn: bior, burne, burn und born (Brunnen).

9

Die Substantiva auf -alle und -amme werfen die letzte Silbe ab und verlängern das a: gal, galle; fal, valle (Falle); Adam, hamme (Schinken) ; flam, vlamme (Flamme). Die Verba auf -allen und -ammen vereinfachen die Gemination mit Verlängerung des a: filon, vallen (fallen): Salon, schallen: flamon, vlammen: stamon, stammen (abstammen): das- selbe gilt bei Clan, schällen, und $/, schëlle und vor rr: dr, irre: ioran, irren; dior, dürre: diaron, dorren (verdorren u. dörren).

Bei gedeckter Liquida, d. h. bei It (t fällt weg), rs, rst (r fällt hier aus) rt und rz, wird der vorhergehende Vokal ebenfalls gedehnt : fal, valte (Falte): falon, valten: spal, spalte: Spalon, spalten: halon, halten; fest, vérse(ne) (Ferse); \his, kirse (Kirsche); gest, gerste: dust, durst ; diston, dürsten ; khöort, karte; böort, bart: wöordon, warten : hèrt, hert (Herde u. Herd); wisrt, wirt ; Mort, hirt ; héort, hurt (Stroh- geflecht zum Schutze gegen Wind und Regen); wwort, wort: khiorts, kerze:; h@rts, herze ; miorts, merze.

Die langen Vokale sind vor den Liquiden im allgemeinen erhalten; denn es kommen, wie wir im Vokalismus gesehen haben, nur ganz vereinzelte Ausnahmen vor, bei denen der lange Vokal verkürzt worden ist.

B. Einfluss der Verschlusslaute.

Vor f, k, x und t sind die kurzen a lang geworden ; graf, grap (Grab) ; Staf, stap (Stab): rat, rat (Rad): bat, bat (Bad): pdt, pfat (Pfad); zak, sac (Sack); Say, slac (Schlag). Die anderen Vokale aber sind kurz geblieben oder nach den im Vokalismus angeführten Regeln in andere kurze übergegangen : zaf, sip (Sieb) ; gef, gip (gib); graf und grop, grop (dick u. ungebildet); lit, gelit (Glied); bok, boc (Bock); bit, bit (Gebet).

C. Einfluss der Spiranten und Affrikaten.

Hier ist nicht viel zu bemerken, wenn nicht, dass a verlängert wurde vor Schluss-s, st und 3: glas, glas; gras, gras; fas, vas (Fass): has, has (Hass); yast, gast; last, last: dasselbe gilt bei 33, das aber zu s wird: hyson, hassen (hassen); wésor, wasser (Wasser): ebenso wird & zu é vor 33: méson, möszen (messen); éson, öszen (essen); fréson, [reszen (fressen).

Vor ch wird das a in allen Fällen verlängert: 347, sache: mıyz, mache (Mache) ; méyon, machen : layon, lachen ; krdy, krach (Schall) : kräyen, krachen ; Släyton, slahten (schlachten) ; $äyt, slaht (Schlacht) : forSmäyten, versmahten (verschmachten).

(Die Fälle, wo h vor t mit Ersatzdehnung ausfällt, sind oben bei h näher besprochen worden.)

ORNE

Es ist noch zu bemerken, dass das abgeworfene Schluss-e oder die abgeworfene Schluss-Silbe eine bedeutende Rolle in Bezug auf die Quantität der vorhergehenden langen Vokale gespielt haben. Sie haben den vorhergehenden langen Vokal zwar nicht zu einem kurzen gemacht, jedoch wird derselbe viel kürzer ausgesprochen als in den Fällen, wo kein e oder keine Silbe nach demselben abgeworfen wird: so ist z. B. das a viel länger in da, tou (Tau) als in /a, louge (Lauge), «, ouge (Auge) ; länger in bam, boum (Baum) als in fra, vrouwe (Frau) ; länger in eiwex, èwic (ewig) als in sel, sele (Seele): à länger in dör, dir und tür (dir u. Thür) als in dér, dürre (dürr): au länger in daw, (du) als in dauf, tübe (Taube) und dau, düge (Daube).

$ 7. Lautwandel.

A. Umlaut. In der Mundart sind die Umlautsregeln sehr einfach: (42

lang oder kurz wird zu ©: hant, hant, pl. hen; halts, hals, pl. hèlts: baley, bale (Balg) pl. bèlez : halom, halm, pl. helom: man, man (Mann) pl. mènor : gast, gast, pl. yest: böy, bach, pl. bey ; wasor, wazzer, collect. gowesor , plats, platz, pl. plètsor : zu & vor m: bam, boum, pl. b@em ; dram, troum (Traum) pl. drém ; tsam, zoum (Zaum), pl. tsem.

Aber ausgenommen sind: gants, gans, pl. gents; blat, blat, pl. blièdor: rat, rat (Rad) pl. wieder; graf, grap (Grab) pl. griewor, haf, houf (Haufe) pl. Léf.

(2 wird zu e: holts, holz, pl. helsor, coll. gohelts: broy, bruch, pl. brey; brost, brust, pl. brest; bokol, buckel, pl. bekel; nos, nuz (Nuss) pl. nes; hont, hunt (Hund) pl. hen. Vor r jedoch wird es zu €: dorof, dorf, pl. derfor ; khorof, korp (Korb), pl. kherof. Aber son, sun (Sohn), demi- nutiv: söntyon.

l

0 ?

,

0 wird zu é: mo, mage (Magen), pl. me; 36m, säme (Samen), coll. go3émps ; not, nät (Not), pl. net; möt, maget (Magd) pl. met; pöpst, bäbest (Papst) pl. pepst. Vor r wird es zu &: böort, bart, pl. bért: möort, market (Markt), pl. mert.

(1 wird zu ö: wwurom, wurm, pl. wérom; icurof ?), wurf, pl. wirof, humor, hamer (Hammer) pl. hömor; Inıwol (kleiner Hügel, Erdhaufe), hvwol.

1) Wursf bedeutet in der Mda. die Zahl der kleinen Gegenstände, besonders beim Obst, die man auf einmal werfen kann mit einer Hand, d.h. soviel als fünf Stück: so bedeutet z.B. > w iof nes soviel als fünf Nüsse, 2 würaf kuèt$on soviel als fünf Zwetschen.

wird zu 4: fus, vuhs (Fuchs), pl. fis; wort, wort, pl. wiordor; tior, turn (Turm), pl. for; $nuüor, snur (Schwiegertochter), pl. Swior; bust, burst u. borst (Borste), pl. biston.

au

wird zu aö: haus, hûs (Haus), pl. haisor, coll. gohais: maus, müs (Maus), pl. mais; Straus, strûz (Strauss), pl. Strais, coll. gestrais; bauy, büch (Bauch), pl. baiy; haut, hüt (Haut), pl. hait; kraut, krüt (Kraut), pl. kraidor, coll. gokraits.

ou wird zu ei: bouy, buoc (Buch), pl. beiyor ; plou, phluoe (Pflug), pl. plei: flouy, fluoch (Fluch), pl. fleiy; flou, vlö (Floh), pl. flei; toun, dön u. tôn (Ton), pl. tein.

ue wird zu ie: suèdol, satel (Sattel), pl. zicdol; gruef, grabe (Graben), de- minut. grièftyon; kluèf, klobe (gespaltenes Holzstück oder Stück Eisen zum Festhalten oder um etwas daran aufzuhängen), deminut. kliöftyom (sehr gebräuchlich in der Redensart: # wwoor um klièftyon, es war am klièftym, d. h. es war die höchste Zeit).

B. Konsonantenwechsel.

Ausser den bisher besprochenen lautgesetzlich durchgeführten Veränderungen gibt es auf dem Gebiete des Konsonantismus noch eine ganze Reihe von Fällen des sporadischen Lautwandels, namentlich innerhalb der Gruppe der Liquiden. Vertauschungen von | und r lassen sich schon im Mhd. und Nhd. nachweisen. In der Mda. sind folgende Fälle vorhanden:

! für r manarwolsf, mülwerf (Maulwurf); telpel, törpel (Tölpel); w»l, aber: bekol, bitter (nur in der Redensart: bell zalts bitter Salz).

! für n Slèk, snecke (Schnecke); klekon, knicken.

I! für g (resp. ))

mètslor, metzjer u. metziger (Metzger, vergl. lat. macellarius); metsolon, metzjen u. metzigen (schlachten). |

r für I drmss, almuosen (Almosen); mausrwolof, mülwerf.

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r für n mor, man (man). |

m für I Smayk, slane (schlank, mager).

m für n

tsaum, zûn (Zaun); tsaimon, ziunen (flechten); froumfaston, vrônefasten (Frohnfasten) ; grompior, gruntbere (Kartoffel); Æhèmbor, kennebar (kenn- bar): dompst, dunst.

n für m khanfor, kampfer.

n für ch Soun, schuoch (Schuh).

m für w

smolof, swalwe (Schwalbe) ; mior u. mor, wir ; nemon, niuwan (nur).

b für m marbol, marmer und marmel (Marmor, vergl. das frz. marbre).

f für A sleif, slèhe (Schlehe): tseif, zèhe (Zehe).

k für ch frek, vrech (frech) ; Snarkon, snarchen (schnarchen).

k für p (resp. £) spawek, spinnewöppe u. spinnewët (Spinnengewebe).

k für

bekol, bitter.

ks für tz (resp. ss)

hekson, hetzen u. hessen (hetzen); ophèkson, ûfhetzen (aufhetzen). p für tw

pos, &tewas (etwas). r für s

freioron, vriesen (frieren); forleioren, verliesen (verlieren). $ für 3

hirs, hirz (Hirsch); kraison, krisen (weinen). is für 3

Sois, schus (Schuss) ; hiortsomèntyon, hirskäfer (siehe bei 3). ts für ss

bretson, pressen (hineinpressen),

11

ts für gs und es sèntsol, sögense (en ist ausgefallen, Sense ; /antsom, lancsam (langsam).

2 für es (resp. hts) gmuèäom, genuocsam und genühtsam (genügsam).

C. Assimilation.

Assimilatorischer Lautwandel kommt häufig in der Mda. vor: f in gef, gip (gieb) assimiliert sich vor m zu m in gemor, gip mir; ebenso n vor m in umar, amor, fumor, umey, an, in, von mir, an mich; gimar gin mer, gan wir (gehen wir) : gèmor gen mor, geben wir u. s. w. nt und » werden vor b und p zu m: khembar, kennebar ; grompor, sruntbirne (Kartoffel); /hampst, kintbette (Wochenbett). Vor f assi- miliert sich nt zu f: mufol, muntvol (Mundvoll) ; hafol, hantvol (Hand- voll); ebenso ne in jufor, junc-vrouwe (Jungfrau). Totale Assimilation ist ebenfalls eingetreten bei awèney, innewendic (inwendig):; Spawek, spinnewëppe (Spinnengewebe) : bawol, baumwolle (Baumwolle). # wird mit dem folgenden y zu y in boyort, boumgarte (Baumgarten).

D. Lautverlust.

Ganz allgemein und regelmässig durchgeführt ist die Apokope des auslautenden e: Sfuf, stube; riet, rede; buet, bote: @rt, örde: ıwö, wäge (Wage); loy, lunge ; fles, vlasche (Flasche) ; lef, lewe (Löwe) ; gas, gazze (Gasse) ; raup, rüpe (Raupe).

Eine scheinbare Ausnahme machen eine Reihe von Wörtern, deren auslautendes e nur deshalb erhalten ist, weil es in der Mda. durch ein » gedeckt ist: nıumaon, name (Name) ; Suèdon, schade (Schaden): glawsn, geloube (Glaube); yaljon, galge (Galgen); dy»n, nache (Nachen).

ch ist geschwunden bei sel u. sel, schölch (scheel) ; fir, vurch (Furche) und in den nördl. Ortschaften auch bei hei, hoch: siehe oben unter ch.

Ausserdem ist geschwunden : g in plou, phluoc (Pflug) ; wé, wc (Weg): d in nöl, nädel (Nadel); h in boustof, buohstabe (Buchstabe) : leinon, lèhenen (leihen); eödles, ededehse (Eidechse); / in as; als; 230u, also (so); » in dyon, nachen (Nachen); r bei gest, göstern (man sagt jedoch auch häufig gestor) ; w in zestor, swester (Schwester); z in Siortey, schurz-tuoch (Schürze).

_ Ausser den eben angeführten Fällen giebt es noch eine ganze Reihe von Lautverlusten, wie z. B. Schwinden des L vor #, des r vor / und st, des » nach », welche man oben bei den einzelnen Konsonanten angegeben findet.

12

E. Lautzusatz.

Auf dem Gebiete des Vokalismus kommen hier nur die svarabhak- tischen Vokale in Betracht. In der Regel ist es ein dumpfes » oder e, welches sich vor r und nach den Liquiden vor folgenden Gutturalen oder Spiranten oder m entwickelt hat oder schon in früherer Zeit vor- handen war, aber in der ahd. Zeit verloren gegangen ist: meley, milch, ahd. miluh: fir, vorne: mior, mir; khirey, kirche; Starck, starc: wurom, wurm.

Folgende konsonantischen Zusätze sind zu verzeichnen: y: règleg?), reinlich (rein) : ausserdem in Oberkontz und in den südl. Ortschaften bei »en, niun (neun); grey, grüene (grün); $oy, schuoch (Schuh) ; broy, brün (braun) und bei vielen andern Adjektiven, wenn nach » ein e ab- gefallen ist. In der ganzen Gegend mit wenigen Ausnahmen sagt man: mey, min (meine); dey, diae (deine); ey, sine (seine) im Singular des Femininums und im Plural der drei Geschlechter, jedoch in Kirsch, Merschweiler, Belmach, Apach sagt man: main, dain, zain. ge: gozin u. sin, sehen u. sen (sehen): gosimps, sims (Gesimse). / resp, ol: eidles, egedähse u. eidéhse (Eidechse): #ayol, mang u. mange (Mangel); zentsol, segense (Sense): Snetsolor, snitzære (Schnitzer): huoresol, horniz; wöortsol, Warze : futsol, vetze (Fetzen): frunZol, frz. frange (Franse). Vielleicht könnte man bei den angeführten Substantiven das -»/ als Ueberrest der alten Deminution auf -el oder -lin erklären, jedoch muss dann bemerkt werden, dass die genannten Substantiva und noch viele andere mehr in der Mda. nicht als Deminutiva betrachtet werden (siehe s$ 14 Deminution).

m foromoncioron, verruinieren.

n resp. on: nast, ast: nestrey, estrich : krenon, kræjen u. kræn (krähen): bailon, bil (Beil): depon, topf.

k: feykon, fähen (fangen) ?), frömeykhet, vrümecheit u. vrümekeit (Frömmigkeit); eiweykh@t, &wicheit (Ewigkeit).

p: Stamp, stam (pl. stem, Stamm); zwischen m und z, m und s, m und t: gesimps, sims; ampt, amt.

r: Spratscioron, spazieren; blantsleyor, blintsliche (Blindschleiche) : lefor, lippe u. löfse (Lippe).

s: steps, stüppe (Staub); dreps, tropfen, davon abgeleitet drepson (tröpfeln), was im Mhd. ja auch tropfezen heisst. Ausserdem wird s

) rènlez ersetzt das nhd. rein und reinlich, während das mundartliche Wort r@n nur die Bedeutung von »fein, dünn« hat.

2) fenkon ist wohl gebildet nach Analogie’ von henkan, hähen und henken (hangen und hängen).

1

103

22

namentlich an Kollektivnamen, woran die Mda. sehr reich ist, ange- hängt: godeyks (Dings): gosraifs (Schreiberei, Schreibsachen): golauts (Geläute).

t: fest, vérse (Ferse); dayton, tougen (taugen); /aönt, line (Leine): geint, gegene (gegen); aptekt, apotêke: wumeyt, wonunge; laiyt, liche (Leiche); delt, tal (Thal). Ausserdem wird t angehängt bei den meisten Namen der Bäume und bei den abstrakten Begriffen, wenn sie auf e endigen, und bei den männl. Substantiven, die von Verben abgeleitet sind, aber in der Mda. keinen Umlaut haben: beiyt, buoche (Buche) : @yt, eiche; lenkt, lenge (Länge); dekt, dicke; grist, graeze (Grösse): hetst, hitze; Spotort (Spütter): réyort (Raucher) von rayon u. s. w. (Bei den beiden letzten und andern der Art ist wohl Anlehnung an die Wörter auf -hard anzunehmen).

ey: peiterzelay masc., pêtersil masc. daneben allerdings pêtersilje fem. (Petersilie).

ts: Spaits, spie (Speichel): spaitson, speien u. spien (speien).

S 8. Accent.

Die germanischen Accentregeln haben wie bei den andern deutschen Dialekten auch in der besprochenen Mda. ihre Geltung. Beim Einzel- wort herrscht also das Princip der absteigenden Betonung: der Haupt- accent ruht auf der Wurzelsilbe und gegen den Schluss zu nimmt die Tonstärke sowie die Tonhöhe ab, z. B. wirdejon, würdigen; priédejon, predigen. In zusammengesetzten Wörtern trägt das Bestimmungswort den überwiegenden Hochton: hausdior, hüstür (Hausthür); he@klap, höuweklopf (Heuklopf). Daraus folgt auch, dass wie bei den andern Dialekten, z. B. beim elsässischen, bisweilen das Grundwort fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wird: hents, hantschuoch (Handschuh): fuèsont, vasnaht (Fastnacht); Snaptey, snupfe-tuoch (Schnupftuch): boyort, boumgarte (Baumgarten).

Bei den eingebürgerten Fremdwörtern ist keine feste Regel aul- zustellen, da die einen die deutsche Accentregel befolgen, wie bufel, bouteille (Flasche); êtjes, adieu (Ade): die andern aber den fremden Accent beibehalten: bozu»r, bon jour (Guten Tag!): bosoar, bon soir (Guten Abend).

Für den Satzaccent gelten in der Mda. dieselben Regeln wie im Hochdeutschen, d. h. das Wort, auf dem das meiste Gewicht liegt, wird mehr betont.

104

ZWEITER ABSCHNITT,

Flexionslehre.

I. Deklination. A. Artikel.

$ 9.

Es scheint mir am Platze zu sein, die Flexionslehre mit dem Artikel zu beginnen, da hier einige notwendige Bemerkungen ange- knüpft werden müssen.

Es gibt in der Mundart wie im Hochdeutschen ein dreifaches Genus und einen doppelten Numerus.

sing. plur.

masc. fem. neut. für die 3 genera nom. don do t(d) 1 t (db) dat. dom om dar dom om don do acc... den do, t (do): À t (db)

Im nom. und acc. sing. und dat. plur. können don und d nicht ohne Unterschied vor einem und demselben Worte stehen. Don ist wohl die eigentliche Form des Artikels, da ja die niederdeutschen Dialekte gerne den Accusativ an Stelle des Nominativs verwenden, aber doch ist diese Form nicht so häufig wie die andere, denn sie steht nur vor den Wörtern, die mit einem Vokal oder mit d, t, h, ts beginnen, do aber steht vor allen andern Wörtern: don owont (der Abend), don uewon (der Ofen); don des (der Tisch), don trompeitor (der Trompeter), don humor (der Hammer): don tsam (der Zaum); don damwon (den Tauben); don heion (der hohe u. den hohen); aber: do bes (der Busch Wald), do man (der Mann), do plou (der Pflug), do zaf (der Sieb) u. s. w.))

1) Das Schluss-» wird nicht nur beim Artikel abgeworfen vor den angege- benen Konsonanten, sondern das ist der Fall bei allen andern Wörtern, die auf -n endigen, so bei den Substantiven, Adjektiven, Fürwörtern u. s. w.

15

Statt des Genetivs gebraucht man die Praepositien fun (von), welche beim Mascul. und Neutrum mit dem Artikel zu fm verschmilzt.

Im dat. sing. masc. und neutr. werden dom und am ohne Unter- schied gebraucht; doch wenn das vorhergehende Wort auf { endigt, dann hört man in der Regel nur om; get om man et (giebt dem Mann es).

Die eingeklammerte Form ds» kommt nie vor Vokalen vor. Vor Konsonanten steht sie auch nicht so häufig wie { Jedoch gebraucht man in der Regel vor den Substantiven, die mit { oder ts be- ginnen, und wenn das dem Artikel voraufgehende Wort auf f endigt, um das Vorhandensein des Artikels besser zu bezeichnen: do faisolon (die Deichseln), do tsdyon (die Zangen), do man hot da besa gazin (der Mann hat die Wälder gesehen).

Sehr oft wird in der besprochenen Mda., wie überhaupt auch in den meisten andern Mundarten, der Artikel ohne Notwendigkeit und Ursache nach dem Subjekt wiederholt, so dass ein Pleonasmus ent- steht: do man don as gris (der Mann ist gross).

B. Substantiva. $ 10. a) Die starke Form. 1. Ohne Umlaut: masc. do frent (der Freund), do börey (der Berg); neutr. # hhant (das Kind), £ bailon (das Beil).

Masculinum Neutrum

Sg.N. da frent da bèrey t khant t bailon G. fum frent fum berey fum khant fum bailon D. dom frent dom bèrez dom khant dom bailon A. do frent do berey t khant t bailon

PI. N. £ fren tbereyu.tbery t khanar t bailon G. fun do frenon fun do bèrjon fun de khanoron fun do bailon D. do frenon do bèrjon do khanoron da bailon À. t fren tbereyu.tberg t khanar t bailon

Von einer Deklination im ursprünglichen Sinne kann in dieser Mda. wie auch in den andern keine Rede mehr sein, da ja eigentlich nur zwei Kasus erhalten sind, nämlich der Accusativ für Nominativ und Accusativ und ausserdem noch der Dativ. Dass der Accusativ und nicht der Nominativ erhalten ist, das zeigt schon der Artikel, wie wir oben gesehen haben, und das wird ferner das Adjectiv in attribu- tiver Stellung zeigen, wie wir noch sehen werden. Der Genetiv wird vermittelst der Präposition fun (von) gebildet.

06 =

In der Mda. finden sich wohl keine Feminina vor, die hier anzu- führen wären.

2. Mit Umlaut: masc. do khorof (der Korb); fem. £ brost (die Brust), t khou (die Kuh): neutr. f dorof (das Dorf).

Masculinum Femininum Neutrum Se. N. A. do khorof t brost t khou t dorof G. fum khorof fun dor brost f. dor khou fum dorof D. dom khorof dor brost dor khou dom dorof Pl.N.A t khersfu. t khèrf t brest t khei t derfor G. fun do kherwon fundobrestonf. do kheion fun don dèrforon D. da kherwon do bre$ton do kheion don derforon

Nicht nach der gemischten wie im Nhd., sondern nach der starken Deklination geht do last masc. (die Last), pl. t lest.

Gegen die neuhochdeutsche Regel lautet um im Plural don hont (der Hund) pl. t hen; don halom (der Halm) pl. t hèlom u. t helm ; do bröt (der Braten) pl. t bret; don haf (der Haufen) pl. t hef; do m6 (der Magen) t m6: do won (der Wagen) t wen; hier könnte man mit- unter wohl hinzufügen do bou (der Bogen) pl. { bei, welches allerdings im Nhd. neben dem PI. Bogen auch Bögen hat.

Die Substantiva, die schon im Singular den Umlaut haben wie Swetsor (Schwatzer), swain (Schwein), deif (Dieb), breif (Brief), deior (Tier), /niet (Knecht), fes (Fisch) u. s. w. und im Nhd. im Plural ge- wöhnlich nur umlauten oder die Endung -e anhängen, bleiben in der Mda. selbstverständlich unverändert, da ja das Schluss-e, wie wir ge- sehen haben, überall abgeworfen wird, oder sie gehen zur schwachen Deklination über, wie z. B. hents (Handschuh) pl. hentson.

Es bleiben im Plural unverändert $Soun, uèwon (Ofen) pl. wewon, obwohl sie die Deminutiva seintyon und ieftyon darbieten.

Eine grosse Anzahl von Wörtern hauptsächlich sächlichen Geschlechts nehmen im Plural die Bildungssilbe -»r an, wo dies im Nhd. nicht der Fall ist; es sind dies die folgenden Plurale: deyor (Dinge) ; gl&zor (Geleise), gobièdor (Gebete), gobaior (Gebäude), gosètsor (Gesetze), goSpréyor (Gespräche), gowelwor (Gewölbe), gowitor (Gewichte) ; joyor nur nom. und acc. daneben auch ? joy (Junge eines Tieres, gen. und dat. nur joyon); kraitsor (Kreuze); loZomentor (frz. logements); Sazomentor (frz. changements), s@lor (Seile), Spilor (Spiele), Sprèsor neutr. (Sprosse fem.), hértsor (Herzen); ponor (Pfund); dazu kommen noch einige Neutra, die im Nhd. nach der gemischten Deklination gehen; betr (Betten), hemor (Hemden). Hier kann man auch noch einige Wörter

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eines andern Geschlechtes hinzufügen : reSfor masc. (Reste), Suösteyor (Schornsteine) ; platsor u. plétsor (Plätze, neben plats masc. und fem. kommt im sing. auch plèts mit Umlaut ebenso oft vor), gobraiyar masc. (Gebräuche) ; dyon (Nachen) pl. ayor.

Die Substantiva masc. wurom (Wurm) und dar (Dorn) nehmen im Plural nicht wie im Nhd. die Bildungssilbe -»r, sondern den blossen Umlaut an: wirom u. wirm und dir.

Ganz eigentümlich ist der Plural folgender Wörter : métyon neutr. (Mädchen) pl. médoryor, géltyon neutr. (Medaille) pl. gelorgar, fleityon neutr. (Federmesser) pl. fleitoryor, faileintyon fem. (Veilchen) pl. faileinoyor, lejwèkoltyon masc. (Lerche) pl. leiwekoltyar. Der Plural ist gebildet nach Analogie der Deminutiva, wie wir später sehen werden. Ueberhaupt sind jene Wörter ja auch nichts anders als Deminutiva, obwohl sie in der Mda. nicht mehr als solche gelten.

b) Schwache Form.

Einen Unterschied zu machen zwischen schwacher und gemischter Deklination, wäre wohl in der Mda. nicht möglich, da ja im Singular, wo bei diesen Deklinationen im Hochdeutschen der Unterschied statuirt wird, die Wörter jeglichen Geschlechtes unverändert bleiben.

Wir sprechen also demnach nur von einer schwachen Form.

Beispiele: masc. do leif (der Löwe), do kh@r (der Kern): fem. t fra (die Frau); neutr. ft joor (das Jahr).

Masculinum Femininum Neutrum Sg. N. A. do leif do kher t fra t j6or G. fum leif fum kher fun dor fra fum joor D. dom leif dom kher dar fra dam Jar PI. N. A. t leiwon t hheron t fraom t joaren G. fun do leiwon f. do kharon fun do fräon fun da jooran D. do leiwon do kheron do fraon do joaran

Eine gewisse Anzahl von Substantiven, welche im Nhd. zur starken Deklination gehören, gehen in der Mda. zur schwachen über: j6or (Jahr s. oben); grucf (Graben) pl. gruèwon, hün (Hahn) pl. mon, dks (Axt) pl. akson, klats (Klotz) pl. klatson, daneben jedoch auch Alès, tuor (Gefängnis) pl. tuoron, aber tar (Türme); Axor (Horn) pl. Autoren, foul (vogel) pl. foulon, sämtliche haben also bei ihrem Uebergang den Umlaut, den sie im Nhd. haben, eingebüsst, ferner werden schwach : des (Tisch) pl. desen, arom (Arm) pl. drmon, bes (Busch Wald) hesan,

7108 =

faint (Feind) pl. faindon, fres (Frosch) freson, die letzteren haben schon zum Teil im Singular den Umlaut angenommen.

Ohne Umlaut bleiben im Singular und Plural: txt pl. tıton (Düte), krot pl. krôton (Kröte, wird gewöhnlich nur als Schimpfwort gebraucht) ; des Plurals wegen kann man hier auch foul (Vogel) pl. foulon anführen.

Umgekehrt nehmen mehrere Wörter schon im Singular den Um- laut an, bei denen er im Nhd. nicht nur im Singular, sondern auch im Plural fehlt : /heston ohne sing. (Kosten), Ahest pl. kheston (Kastanie), ès pl. è$on (Asche) ; fles pl. fleson (Flasche), tes pl. teson (Tasche).

s 11. Alte Kasusreste.

Obwohl man bei der Deklination eigentlich nicht von Nominativ und Genitiv sprechen kann und die Substantive im Singular überhaupt unverändert bleiben, so haben sich doch alte Kasusreste erhalten. Sie mögen hier zusammengestellt werden:

a) Reste des Nominativs: dor daiwol! (der Teufel!), dor daiwol helt dey (d. T. holt dich), dor daiwol 301 dey holon (d. T. soll dich holen), dat w@s dor daiwol (das weiss d. T.), hot dey dor daiwal gozin? (hat dich d. T. gesehen?) ; dor donor ! (der Donner),

dor donor helt dey (d. D. holt dich), dor donor zol dey holon

(d. D. soll dich holen) ; leiwor got ! (lieber Gott!), du mai leiwor

got! (du, mein lieber Gott!) u.s. w. Es sind also, wie man

leicht erkennen kann, nur Ausrufe und Flüche.

b) Reste des Genitivs:

1. bei Zahl-, Mass- und Mengbegriffen: w3or, @rar, hiarer fil, en, tswen u. s. w. (unser, eurer, ihrer viel, einer, zwei u.sw.), fil lafos, Sraiwos u. s. w. hun (viel Laufens, Schreibens u. s. w. haben); fil der deyer, d@r sprey, der héron u. s. w. (viel der [— jener, solcher, siehe beim Pronomen] Dinge, der Sprünge, der Herren u. s. w.), tseinarl& (zehnerlei); honordorlé (hun- derterlei) u. s. w. khaps heior, klénor, grisor (Kopfs höher, kleiner, grösser).

2. In Zeitbestimmungen : morjos (des Morgens), metos (des Mittags), öwants (des Abends), nuets (des Nachts), hautos days (heut des Tages heut zu Tage), wgayks, ausganks woy, mönt, j6or (Anfangs, Ausgangs Woche, Monat, Jahr), ugayhs, aus- gayks freijoar, zumar, herst, wantor (Anfangs, Ausgangs Früh- jahr, Sommer, Herbst, Winter), gohantsday (Johannistag) ; peitosday (Peterstag), misrtosday (Martinstag); Stefosday (Stephanstag); naöjöorstay u. naujoostay (Neujahrstag).

= 00

3. Um Verwandtschaftsbegriffe auszudrücken oder das Besitz- tum anzuzeigen: khantskhanor (Kindskinder) !), t motor gotos, die Mutter Gottes.

Um das Besitztum anzuzeigen, gebraucht man bis- weilen auch Genitivausdrücke: t nöpes haus (des Nachbars Haus) ; do besofs palast (der Bischofs-Palast); do khineks palast (der Königs-Palast); on as a wdgnss (er ist in Wagners seil. Haus); » khempt fu Sreinss (er kommt von Schreiners scil. Haus).

4. In formelhaften Ausdrücken und Wendungen sowie in Zu- sammensetzungen: fu khantsdom un, op (von Kindstagen an, auf); Ahenos wes (keineswegs), khèyos gouda wés welon (keines guten Weges wollen); 3e zin dos daiwalts (sie sind des Teufels); fil ulaios un epos hum (viel Anliegen [würtl. An- liegens| an etwas haben); méno nay 39 hèto wat wonas gemat (sie meinen noch, sie hätten was Wunders gemacht); op dor hergots welt (auf der Herrgotts Welt); hergots weder (Herrgotts Wetter d. h. sehr schlechtes Wetter); hergots khant (Herrgotts Kind d. h. dummes Kind, dummer Mensch) ; a gotos namen (in Gottes Namen) ; em gotos welon (um Gottes willen); an hot et owei em gots wel gomat (er hat es wie um Gottes willen gemacht, d. h. er liess sich viel bitten, ehe er es machte); ey hun on owoi em gots wel bito meisom (ich habe ihn wie um Gottes willen [d. h. dringend] bitten müssen) ; gotsloun (Gottes Lohn); butiksfra (Frau, die einen Laden hält); butiksmétyon (Ladenmädchen); wisrtsfra (Wirtsfrau, Wirtin); wwiortsmetyon Wirtsmädchen, Kellnerin); khintsburey (Königsburg [Name eines Gehöftes, das zu Sierck gehürt|): khineksmayer (Königsmachern); epos welos hun (etwas Willens [d. h. im Sinne] haben); # as net dor wért (es ist nicht der [seil. Mühe] wert); on as mants (er ist Manns [d. h. mannbar|): t métyen as mänts (das Mädchen ist mannbar [d. h. schon gross, erwachsen]); mants gomouy (Manns, mannbar genug); d@as gonouy (dessen genug); ey hun der deyar, der zayon

1) Die Ausdrücke Enkel und Enkelin sind in der Mda. gänzlich unbekannt. Ausdrücke dafür sind neben Ahantskhaner noch folgende Umschreibungen: dem zena khanar hior khanar (wörtl. dem seinen Kindern ihre Kinder = dessen Kinder oder Kindskinder), dém zaim jon zen khanor (wörtl. dem seinem Sohn seine Kinder dessen Sohnes Kinder), der hioror duetar hior khanor (wörtl. der ihrer Tochter ihre Kinder deren Tochter Kinder).

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d@os Sraiwos gonouy (ich haber der [d. h. jener, solcher] Dinge, Sachen, solchen Schreibens genug); t as net nenos wert (es ist nicht Nennens wert); memos, deyos, 3e99s, 4395, ceros, hioros glaiyon (meines, deines, seines, unsers, eueres, ihres Gleichen); Sterwos krayk zin (Sterbens [d. h. auf den Tod, tot-| krank sein); @m Sterwos aykst zin (einem Sterbens angst sein): liewos gofoor (Lebensgefahr) ; 3eyos liewos zat zin (seines Lebens satt sein); 3eyos lièwos net 3eyor 3in (seines Lebens nicht sicher sein); mai, dai, sai leptyos déon day net mei (wörtl. mein, dein, sein Lebenstage Tag nicht |d. h. niemals] mehr). c) Reste des Dativs: fun ha@rtson (von Herzen); fun hertso gar von Herzen gern).

$ 12. Substantiva mobilia.

Wie im Hochdeutschen von vielen Substantiven, die zur Be- nennung von Männern dienen, durch Anhängung von Endungssilben Sub- stantiva zur Bezeichnung von Frauen gebildet werden, so geschieht das auch in der Mda., mit der wir uns beschäftigen; jedoch wird in der Mda. in der Regel nicht die mhd. Endung -inne, in, nhd. -in gebraucht, sondern die Endung ->5, welche sich anlehnt an die Endung -se, die uns im Fränkischen, besonders im Ripuarischen, im 14. und 15. Jahr- hundert häufig bei schwachen von Masculinis auf -er gebildeten Femi- ninis begegnet, deren volle Endung wahrscheinlich -esse war und nach J. Grimms') Vermutung aus romanischem -esse?) entlehnt ist. Durch Einfluss des r ging -se oft in -sche über. Diese letztere Form wurde in der Mda. bevorzust, doch wurde das r, das sie veranlasst hatte, regelmässig ausgeworfen (vgl. oben unter r): biörjes, burgerse u. bur- gersche (Bürgerin); wolkhem>s, kemberse u. kemberssche (Wollkämmerin); mdstos, meisterse (Meisterin); rdwos, roubersche (Räuberin)?). Nach Analogie jener Wörter ist dann auch nedos (Näherin) gebildet.

Man findet in der eigentlichen Mda. der besprochenen Gegend, d. h. bei den älteren Personen, deren Sprache nicht so wie bei den Jüngern vom hochdeutschen Schulunterricht beeinflusst ist, nur einige weibliche Benennungen auf -#n, um hohe Würdenträgerinnen zu be- zeichnen, so: khinigin u. khinegin (Königin); prentsesin (Prinzessin);

‘) Vergleiche Grimm’s Grammatik, neuer Abdruck III, 337.

?) Vergleiche das spätl. abbatissa (Aebtissin), diaconissa (Diakonissin, Kirchen- dienerin), das frz. maîtresse (Herrin), pécheresse (Sünderin) u. s. w.

*) Siehe Mittelhochdeutsche Grammatik von Karl Weinhold, $ 267.

11

kh@szorin (Kaiserin), woneben jedoch auch oft kh@305 gehört wird. An diese schliesst sich auch leiorin (Lehrerin) an zur Bezeichnung der Person, die Schulunterricht erteilt, während Soulméstos (Schulmeisterin) nur die Frau des Lehrers bezeichnet.

$ 13. Genus der Substantiva.

Die folgenden Substantiva zeigen in der Mundart teilweise ein vom neuhochdeutschen und teilweise auch vom mittelhochdeutschen Sprachgebrauch abweichendes Geschlecht; sie werden aufgezählt in der Reihenfolge Mda. mhd. nhd.

1. Masculina: altor, das alter, das Alter: «dd»l, der u. da; adel, der Adel; bak, der backe, die Backe u. der Backen; barof, diu barbe, die Barbe; bat, das bat, das Bad; beior, daz bier, das Bier; bentol, oberd. der bündel, das Bündel; blèy, das blöch, das Blech; blai, das bli, das Blei: blantsleyar, der blintsliche, die Blindschleiche; play, das bloch, der Block; bist, der u. das borst u. diu borste, die Borste; bokol, der u. diu buckel, der Buckel; botor, der u. diu buter, die Butter; day, das dach, das Dach; dil, der u. diu dil, die Diele; ek u. kon, diu und daz ecke, die Ecke; @tor, das eiter, der Eiter; bior, das u. diu örtber, die Erdbeere; @ntor, tswa@tor, dretor, feiortor u. s. w., nhd. eine eins, zwei, drei, vier u. Ss. w., gar, frz. la gare, der Bahnhof; h@sproyk, der höuschröcke, die Heuschrecke; huney, das honec, der Honig; houfort, diu hoffart, die Hoffart; emos, der u. das inbis, der Imbiss; hhirjolaison, der kirieleison, das Kyrieleison; /hol, der u. da; kol, die Kohle; khuast, der u. diu kost, die Kost; /knei, das knie, das Knie; /hofor, das kupfer, das Kupfer; last, der last, die Last; leiwekoltyen, diu l&rche, die Lerche; liefkhouy, die Levkoje: lou, der u. die lohe (lö), die Lohe; muet, der made, die Made; marek (selten femin.), die Mark (Geldstück) ; mampl, der mangel u. diu manc u. mang, der Mangel; martor, diu marter, die Marter; mout, frz. la mode, die Mode; mort, der u. das mort, der Mord; maul, daz mül und da; u. diu müle, das Maul; meidor, da; muoder, das Mieder; mis@r, frz. la misère (das Elend); »um»ro, frz. le numéro, die Nummer; afor, das opfer, das Opfer; pöort frz. la part (Teil)!); peitorselez, der pêtersil u. diu pêtersilje, die Petersilie ; pets, diu phütze, die Pfütze; polfor, der u. da; pulver, das Pulver; $elt, der !) pöort kommt nur vor in den stehenden Ausdrücken ; da mdsta part, der meiste Teil, die Meisten; do grist» poart, der grösste Teil; fir mai, dai, za, ze, «ra, hiare pöort, für meinen, deinen, seinen, unsern, euern, ihren Teil, was mich, dich, ihn u. s. w. betrifft; jedoch findet man auch häufig dé! (Teil) in allen jenen Ausdrücken mit ebenderselben Bedeutung wie port.

schilt, das Schild: $frémol, der streim aber das streimel, die Strieme: Slèk, der snecke, die Schnecke; spawek, daz spinnegewëppe, das Spinn- gewebe u. die Spinnwebe; zelwor, das silber, das Silber; Sokola, frz. le chocolat, die Chocolade; steps, das stüppe, der Staub; raup, diu rüpe, die Raupe; prouf, spätmhd. diu probe, die Probe; dél (sehr langes & ; d@! mit kürzer gesprochenem & ist fem. und ist nicht so gebräuchlich wie das masc.; der Anteil am Gemeindegrundbesitz heisst immer dél (fem.) der u. das teil, der u. das Teil; del, der u. diu tille, der Dill u. die Dille; daf, diu toufe, die Taufe !); drauf, der u. diu trübe, die Traube; den, der u. diu u. daz tenne, die Tenne; fun, der vane, die Fahne; tsen, das zin, das Zinn; wolek, der u. diu wolke, die Wolke.

2. Feminina: drmos, das almuosen u. diu almuose, das Almosen ; elt, da; alter, das Alter; es, der asch, die Esche; bay, diu bach, der Bach; bal, der balle, der Ball; doson, das totzen, das Dutzend (frz. la douzaine); felts, der vels, der Fels; glo$t, der geluste u. diu gelust und das gelüste, der Gelust u. das Gelüste; Aunwol, der hobel, der Hobel; huewar, der habere, der Hafer; hents, der hantschuoch, der Handschuh; hièf, der u. diu heve, die Hefe; hioron, daz hirne, das Gehirn ; hworèsol, der hornis, die Horniss: jol, der igel, der Igel; hen, das kinne, das Kinn; klats, der u. dag klöz u. der u. das kloz, der Klotz; khuor, (Roggen), das korn, das Korn; leps, der u. diu léfse, die Lefze; lést, der leist, der Leisten; lents (— Gerste, wohl so genannt weil man sie im Frühling säet), der u. diu lenze, der Lenz; luet, der laden, der Fensterladen; /omp, der lumpe, der Lumpen (als Schimpfname aber ist es in der Mda. meistens männlichen Geschlechts); mérol, frz. le merle; metla (mitunter auch masc.), frz. le matelat (Matratze); melts, das milze, die Milz; mös (auch neutr.), das mäz, das Mass; plaäts (auch masc.) u plèts, der platz, der Platz; pl&@zeior (selten masc.) frz. le plaisir (Vergnügen); rep, da; u. diu rippe, die Rippe; $plaitor, der und diu spilter, der Splitter; Spuèt, der spade, der Spaten ; srout, der schröt, das Schrot; steft, der u. diu u. das stift, das Stift u. die Stiftung; tsekreit, der Abort, lat. secr&tum oder vielmehr vom plur. secreta; Straus, der strüs, der Strauss; on, der u. diu sunne, die Sonne; delt,?) das tal, das Thal; salöt u. tsalöt, der salät, der Salat (frz.

u === À .

7) Das einfache daf kommt nur vor in dem stehenden Ausdruck: don he@lejon daf an eiore gahdl, die heilige Taufe in Ehren gehalten; khantaäf, diu kint- toufe, die Kindtaufe ist aber immer fem.

*) dal neutr. (Thal) kommt nur vor in dem stehenden Ausdruck: t zon Saint Sun iwor berey an dul, die Sonne scheint schon über Berg und Thal; dal ist in der Mda. wie im mhd. und nhd. sächlichen Geschlechtes.

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aber la salade, wovon wohl salöt abgeleitet ist, wie auch so ziemlich erhellt aus dem harten s oder fs, mit dem salöt beginnt, während es wohl zalöt hiesse, wenn es von nhd. salät abgeleitet wäre, siehe oben bei s); dreps der tropfe, der Tropfen; fentstor, daz vënster, das Fenster: faileintyom, der viol u. diu viole, das Veilchen; fsa, der ziuge, der Zeuge (vgl. diu ziuge, Zeugenbeweis); tseil, der ziegel, der Ziegel: wekol, der wickel, der Wickel; wuet, der wade, die Wade.

3. Neutra: owontrout, der äbentröt, das Abendrot; wgosit, diu an- sesiht u. da; angesihte, das Angesicht; bir, der Bohrer; en der und das ende, das Ende; goweson, diu u. daz gewissen, das Gewissen ; galei, diu galide, die Galeere; l&t, diu leide, das Leid; mast, der u. daz mist, der Mist: morjorout, der und da; morgenröt, das Morgenrot; $pras, der u. diu sprosze, die Sprosse; depon, der topf, der Topf; #rtl, diu und das urteil, das Urteil; puis, frz. la pouliche; pulèt, frz. la poulette; lizet, frz. la lisette (die drei letzten Wörter sind Pferdenamen). Ferner sind in der Mda. abweichend vom nhd. Sprachgebrauch sämtliche Frauenvornamen sächlichen Geschlechtes.

Aus der voraufgehenden Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die Mundart in Bezug auf das Geschlecht der Substantiva beim Mas- culinum dem Mittelhochdeutschen näher steht, beim Neutrum aber dem Neuhochdeutschen, während aus der Zusammenstellung der Substantiva feminina nichts zu folgern ist, da die Zahl der Abweichungen vom Mittelhochdeutschen der der Abweichungen vom Neuhochdeutschen vollständig gleichkommt.

$ 14. Deminution.

In der Mda. giebt es noch einige Ueberreste der alten Art die Wörter zu verkleinern, denn es findet sich eine gewisse Anzahl von Wörtern vor, die auf -»! endigen, was wohl als Ueberrest der mhd. Ver- kleinerungssilbe in mit vorausgehendem e zu erklären ist, da sonst das ->/ nicht erklärt werden könnte, weil ja die Mda. immer darnach strebt, die Endsilben zu verkürzen oder ganz abzuwerfen. Solche Wörter sind: grédol, Margaretha; berbol, Barbara; Zeyol, Johann; Snetsol, sniz u. demin snitzel; Sp@y»l, speiche u. daneben auch schon speichel (Speichel); stremal, streim u. dem. streimel (Strieme); Auoresol, horniz ; wôortsol, warze ; fatsol u. fetsol, vetze; zentsol, sögense (Sense) u.s. w. Doch hat in der Mda. bei all diesen Wörtern die Endung -»/ ihre frühere Bedeutung ganz und gar eingebüsst, d. h. die Wörter haben nicht die Bedeutung von Deminutivis, und sollen sie verkleinert werden, so befolgen sie ganz dieselben Regeln der Deminution wie die andern

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Substantiva. Nur bei Jeykol, hüenelin (Küchlein); betsol (Zicklein, wohl vom frz. biche, Hirschkuh abgeleitet); tsekoltyon, zigelin (Zicklein) kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das ->/ seine frühere Bedeutung der Verkleinerungssilbe -lin beibehalten hat, wie aus der Bedeutung der Wörter so ziemlich klar hervorgeht. Jedoch können heylol und betsol wieder nach den unten anzuführenden Regeln verkleinert werden zu heykoltygan und betsoltyon. Neben und vor tsekoltyon (welches nur als Kosewort für Ziege und Zicklein gebraucht wird) muss wohl auch das Wort tsekol, von dem das jetzige Wort tsekoltyon kommt, bestanden haben, das aber die Mda. bereits nicht mehr kennt.

Die allgemeine Deminutionssilbe ist x», die aber auf verschiedene Weise an das zu verkleinernde Wort angehängt wird, welches letztere fast immer den Umlaut annimmt, wenn es denselben nicht schon hat.

Endigt das Wort auf einen Vokal resp. Diphthongen, so wird die Endung -yon ohne Bindevokal angehängt; der Plural lautet -oryar: khou (Kuh), Akheiyon, pl. kheioryar; à (Auge), &yon, pl éoryor: zau (Sau), saiyon, pl. zaioryor, m6 (Magen), méyon, pl. méoryor; U (Lüge), liyon, pl. Goryor ; brai (Brei), braigon; klei (Klee), kleiyon.

Bei den Konsonanten muss man viele Unterscheidungen teils des Singulars, teils des Plurals wegen machen.

Endigt das Wort auf f, so wird im sing. nur yon, im plur. aryor an den umgelauteten Stamm angehänst. Vor der Endung des Plural fällt jedoch das { aus, wenn es auch beim einfachen Worte im Plural ausgefallen wäre, oder zu d oder ? wird resp. als ? bleibt, je nachdem es im Inlaut zu d geworden oder als ? erhalten wäre: hont (Hund), hentyon; pl. hen also henoryor ; lant (Land), lentyon, pl. lènor also lenaryor ; hant (Hand), hentyon, pl. hen also hènoryor; kraut (Kraut); kraityon, pl. kraidor also kraidoryor: jut (Jude), jityon, pl. judon also jidoryor ; zait (Seite), safyon, pl. zaiton also saitoryor; set (Saite), sétyon, pl. zeton also z@toryar, greit (Grethe, Eigenname), greityon, pl. greidon also greidorypr. An diesen Deminutivplural schliessen sich auch an die Plurale métyon (Mädchen), pl. médoryor: géltyon (Medaille), pl. géloryor und fleityon (Federmesser), pl. fleitoryor, welche wir oben bei der starken Deklination genannt haben.

Bei den Wörtern, die auf s und fs endigen, wird im Singular nur -m, im Plural aber -»ryar wie oben angehängt; im Plural bleibt teils das harte s, teils wird es zu weichem 3, je nachdem bei diesen Wörtern in inlautender Stellung s oder 3 steht: aus (Haus), haison, pl. haisor also haisoryor: maus (Maus), maison, dat. pl. maison also maizaryar ;

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$las (Schloss), Slèson, pl. slesor also slesorgor;, fous (Fuss), feison, dat. pl. feison also feisoryor , Spets (Spitze), Spetson, pl. Spetson also Spetsoryer ; plats (Platz), pletson, plètsoryor ; kraits (Kreuz), kraitson, kraitsoryor.

Die Wörter auf -»r hängen im Singular yon an, im Plural blosses y»r, wenn dem »r ein Diphthong voraufgeht, und arypr, wenn dem r ein langer Vokal voraufgeht: bauor (Bauer), baioryan, baioryor ; ouor (Ohr), eioryan, cioryor ; Saior (Scheune), Saiorgon, Saioryor ; Snouor (Schnur), Sncioryon, Sneioryor; bior (Birne), biaryon, biroryar; béor (Brunnen), bioryon, biroryor ; böar (Art irdener Schlüssel), béryon, béroryor; gostar (Geschirre), gosiorgon, goStroryar.

Die Wörter, die auf 5 oder auf die Gutturalen y, %, 7 endigen, hängen im Singular oltyan, im Plural »ltyar und oryor an; die beiden Pluralendungen können bei ein und demselben Worte gebraucht werden, jedoch hört mau »ryor viel seltener als »ltyor: fes (Fisch), fesoltyon, pl. fesoltyor u. fesaryar ,; des (Tisch), deSoltyon, pl. desoltyor u. desaryar ; fres (Frosch), frèsaltyon, pl. frèsoltyor u. frèsoryor; rak (Rock), rèkoltyon, pl. rekoltyor u. rèkoryor : Stek (Stück), Stekoltyon, pl. Stekoltyor u. Stekaryor ; Stak (Baumstock), Sfèkoltyon, pl. Stèkoltyor u. Stekaryar, bouy (Buch), beiyaltyan, pl. beigoltyor u. beigargar, lay (Loch), leyaltyan, pl. leyaltyar u. leyaryar; bauy (Bauch), baiyoltyon, pl. baiyaltyar u. baiyaryar, joy (Junge = Knabe u. Sohn), jeyoltyon, pl. jegoltyor ; tsoy (Zunge), tsemaltyon, pl. tsemaltyor u. tsenaryar.

Bei den andern Konsonanten wird im Sigular {yon und im Plural aryar angehängt. Endigt das Wort auf mp, so bleibt dieses p im Plural oder es fällt aus, je nachdem es beim nicht verkleinerten Worte im Inlaut bleibt oder ausfällt, ebenso wird f vor der Pluralendung bei- behalten oder es geht zu w über, je nachdem es beim einfachen Worte inlautend bleibt oder zu :w wird, auch Schluss-p bleibt entweder oder es wird zu b, je nachdem es im Inlaut bleibt oder zu b wird: lp (Lappen), leptyon, leparyor, weil der Plural lèpon heisst; Stop (Pfropfen), Steptyon, dat. pl. do Stepon also Steporyor ; khucp (Rabe vgl. frz. corbeau), khièptyon, pl. khuebon also khieboryar, foul (Vogel), feiltyon, feiloryar ; rol (Rolle, Walze), reltyon, reloryor; Sol (Scholle), Seltyon, Selorgor, lamp (Lamm), lemptyon, pl. lemor also lémoryor ; Ihamp (Kamm), hhömptyon, pl. khem also khemaryar, Stomp (Baumstamm, Stumpf), Sfemptyon, pl. Stemp also Stemporyor ,; lomp (Lumpen), lemptyon, pl. lompon also lemporyor:; hem (Hemd), hèmptyon, hèmoryor; 34m (Saum), semptgon, semaryar, tsam (Zaum), tsémptyon, tsémoryor (das p wird bei den drei letzten Wörtern nach der Regel zwischen m und # eingeschoben) ; ren (Regen), réntyon, renaryar ; ban (Bann), bèntyon, benaryar , hun (Hahn),

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hintyon, hinoryor; houn (Huhn), heintyon, heinoryor , laif (Leib), laiftyon, pl. laiwor also laiworyor; gr@f (Mistgabel), gréftyon, pl. gréfon also gréforyor; Sof (Shaf), Séftyon, dat. pl. do Sowon also Séworyor: dauf (Taube), daiftyon, pl. dauwon also daiworyor.

Endigt das Wort aber auf om oder »l, so wird im Singular eben- falls tyon (resp. ptyon nach om) angehängt, der Plural aber lautet tyor resp. ptyor: huwol (Hobel), hiwaltyon, hüvoltyor; Stiwol (Stiefel), Stiwoltyon, Stiwoltyor, khiwol (Kübel), khäcoltyen, kkiwoltyor:; bodom (Boden), be- demptyon, bedomptyor , fodom (Faden), fedomptyon, fedemptyor ; biesom (Besen), bièsomptyon, bièsiomptyor.

Endigt das Wort auf -on, so fällt dieses -»n kurzweg ab und das Wort folgt dann der allgemeinen Regel der Gattung der Wörter, zu der es nun durch den Endkonsonanten dieses verkürzten Wortes gehört ; uewon (Ofen), éèftyon, ièworyor; depon (Topf), deptyon, deparyar ; bailon (Beil), bailtyen, bailoryer.

Die Kinder verkleinern gewöhnlich mit Hülfe eines hinzugefügten i oder # im Singular und io» im Plural: Seini u. Seini, pl. Seinion (Schuh) ; heini u. heini, pl. heinion (Huhn); desi u. dest, pl. desion (Tisch); pérdi u. perdi, pl. pérdion (Pferd). Infolge dieser Art und Weise ein Wort zu verkleinern, lässt sich nun auch leicht erklären, weshalb die Vor- namen durch Anhägen eines ö verkleinert werden können, es ist nämlich nur eine Nachahmung der Kindersprache. Beispiele dieser Verkleinerung sind: pit, piti (Peter); het, khèti (Katharina); greit, greidi (Grethe); mis, misi (Michel); Zan, Zeni (Johann) u. s. w. Plural ist wie oben -im. Jetzt können diese verkleinerten Namen wiederum durch Hinzu- fügung der Silbe -y»n, pl. -yer verkleinert werden: Sarol, Sarli, Sarliyen, Sarligor (Karl); zus, sus, zusigen, zuziyor (Suzanna); en, èni, èniyon, eniyar (Anna).

Ausser dieser Verkleinerungsweise der Vornamen gilt dann aber auch noch bei ihnen diejenige Art, die oben betreffs der gewöhnlichen Substantiva angeführt worden ist: sarol (Karl), Saroltyon, pl. Séroltyer ; hents (Haus), hentson, pl. henzon, pl. hènsoryor; pit u. peitor (Peter), pityon u. peitoryen, pl. pitoryor u. peitoryor ; en (Anna), entyon, pl. enaryer ; Zosèf u. jousop (Joseph), Zozeftyen u. jousoptyon, pl. Zozeforgar und jousoporyor; isak (Isaak), izekoltyon, pl. izekoltyor u. isèkoryor; mèri (Marie), mèriyon, pl. mèriyor.

Die Verkleinerung der Eigennamen mit -iyon ist in der Regel nur den kleinen Kindern gegenüber oder in der Koseform im Gebrauch, während die Endungen i und yon auch bei den Namen erwachsener Personen sich vorfinden, so findet man z. B. Leute, die ihr ganzes

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Leben lang piti, pityon: khèti, khetyon;, greidi, greityon u. s. w. heissen ; jedoch ist zu bemerken, dass die Verkleinerungsnamen mit der Endung -yon gewöhnlich nur im Gebrauch sind, um Leute zu bezeichnen, die klein von Gestalt sind, während die Verkleinerungsnamen mit der Endung i sich auch zur Bezeichnung grosser und starker Leute ge- brauchen lassen.

Zu dem Deminutivum tritt noch sehr häufig hinzu Ælénon, kKlen (fem. u. neut.), kleiner, kleine, kleines und Klintsejan, klintsey (fem. u. neut.), sehr kleiner, kleine, kleines. Siehe die Steigerung der Ad- jektiva S 16.

Auffallend und der Mundart eigentümlich ist, dass das verkleinerte Wort nicht wie in den andern Mundarten das sächliche Geschlecht annimmt, sondern dasselbe Geschlecht beibehält, das es in seiner nicht verkleinerten Gestalt hat: do mèntyon (dass Männlein); don desoltyon (das Tischchen); èy fréyon (ein Fräulein); 09 kheiyon (ein Kühchen). Verkleinerte Frauenvornamen sind selbstverständlich vom sächlichen Geschlechte, da ja jene Namen, selbst wenn sie unverkleinert sind, sächlichen Geschlechtes sind, wie wir beim Genus der Substantiva $ 13 gesehen haben.

C. Adjektiva. 8 15. Die Eigenschaftswörter werden wie im Hochdeutschen in attributiver und praedikativer Stellung gebraucht.

Es gibt in der Mda. nur eine Deklinationsform. Beispiel: masc. Seinon, Seins , fem. Sein; neut. Sein (schön).

Masculinum Femininum Neutrum Sg. Nom. Seinon, Sein sein sein (Gen. seinon, Seins Seinor Seinon, Seins) Dat. Seinon, $eino Seimar Seinon, Seind Acc. S$einon, Seins Sein Sein A I PS PRES PE PE EN Hain, PI. Nom. sein (Gen. Seinan, Seins) Dat. Seinon, Seimd Acc. Sein.

Die Formen seinsn stehen wie die Formen don beim Artikel vor den Vokalen und vor d, f, ts, h, vor den andern Konsonanten aber steht Seins: Seins bam (schöner Baum), do Sein» bam (der schöne Baum); grüson des (grosser Tisch), do gruson des (der grosse Tisch).

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Im Nom. und Ace. sing. fem. und neut. und im Plural der drei Geschlechter werfen viele Adjectiva auch ihr Schluss-n ab vor den Konsonanten mit Ausnahme wiederum von d, t, ts, h, andere behalten es aber immer bei. Eine feste Regel kann hier nicht aufgestellt werden, sondern jene Erscheinung hängt vom blossen Sprachgebrauch ab, so sagt man z.B. en $ei wis (eine schöne Wiese), aber en grein wis (eine grüne Wiese); klé fréon (kleine Frauen), aber khein fräom (kühne Frauen). .

Obwohl in der Regel kein Unterschied zwischen starker und schwacher Form bei den Adjektiven in der Mda. gemacht werden kann, sondern in der Mda. nur eine Form aufzuweisen ist, so gilt das doch nicht vom dativ sing. masc. und neut., denn hier endet die starke Form auf -„m, die schwache aber auf -»n, z. B.: dom Seinon holts (dem schönen Holz); fu Seinom holts (von schönem Holz); dom alo wain (dem alten Wein); fun alom wain (von altem Wein).

Die Adjektive auf -nt und -/t wie blant (blind): gezont (gesund) ; alt (alt); hhalt (kalt), werfen das in attributiver Stellung ab; in praedikativer aber kann es abfallen und auch beibehalten werden; fällt es ab, so wird bei /f der vorhergehende Vokal verlängert; on alon des (ein alter Tisch), 2 khalo wantor (ein kalter Winter); t al fra (die alte Frau); wasor as khal od. kkalt (das Wasser ist kalt); t pért as al od. alt (das Pferd ist alt).

Bei denen auf y%k fällt das k in attributiver Stellung ab, wenn im Mhd. das ce inlautend zu g wurde, in praedikativer Stellung aber kann das % bleiben und auch abgeworfen werden; wenn aber im Mhd. das c im Inlaut beibehalten wurde resp. zu k überging, so muss es auch in der Mda. in jeder Stellung beibehalten werden: layk, lanc gen. langes, daher heisst es in attributiver Stellung layon, lay (mit langem a), in praedikativer aber /ayk u. lay; joyk, june gen. junges, daher in attrib. Stellung joyon, joy (kurzes o), in praedik. joyk, selten joy; Smayk, slanc gen. slankes, daher in attrib. Stellung smaykon, Smank, in attrib. ebenfalls smayk; ebenso krayk, kranc gen. krankes, attrib. krapkon, krayk, praed. krayk.

Die Adjektive auf -mp werfen das p ebenfalls ab in attributiver Stellung, in praedikativer Stellung wird es häufiger beibehalten als abgeworfen; kromp (krumm), » kromo man (ein krummer Mann); slamp (hinkend); # Slam fra (die hinkende Frau), { khon as Slamp seltener Slam (die Kuh ist hinkend).

Nichts Schönes, nichts Gutes, nichts Schlechtes u. s. w. heissen naist Seinos od. naist Seints, naist goudos od. naist gouts, naist Sleytos

od. naist Slèyts u.s. w. Etwas Grosses, etwas Grünes, etwas Langes, etwas Junges u. s. w. heissen èpos gros, èpos greinos od. pos greints : epos lamos od. èpos lamks, èpos jomos od. jomhs. ?)

Werden die Adjektiva als Substantiva neutrius generis gebraucht, oder ist ein Substantiv neutrius generis hinzuzudenken, so wird die Endung -1 an das Adjektiv angehängt, z. B. à grusot (ein Grosses); grılzot (das Grosse); t goudot (das Gute), à goudot (ein gutes); ey het gar » mèsor, m& 9 Sarwat (ich hätte gern |—- möchte] ein Messer, aber ein scharfes); wat fir ent fun do khanoron? dat jomot, dat klenst (was für eins von den Kindern? das junge, das kleine). Das Gute, das Schlechte, das Ueble heissen auch: t gouts, t sleyts, t iwolts (iwolts hat überhaupt nur diese Form, nicht die auf -»t).

$ 16. Steigerung der Adjektiva.

Der Komparativ der Adjektiva wird gebildet wie im Hochdeutschen durch Anhängung von -»r an den Positiv, der Superlativ durch An- hängung von St: Sein, Seinor, Seintst (schön); Staif, Staifor, Staifst (steif); raiy, raiyor, raiyst (reich) ; rau, rauor, raust (rauh); rei, neior, reist (roh).

So wie im Nhd. werden auch in der Mda. die umlautsfähigen Stammvokale nicht immer verändert, z. B. frum, frumor, frumpst (fromm) : dom, domor, dompst (dumm), glat, glätor, glatst (glatt); faul, faulor, faultst (faul); aber gris, grisor, grist (gross); Ihuorts, khiortsor, khiortst (kurz); lay, leyor, leykst (lang). Andere lassen doppelte Formen zu: orey, orejar, oreyst und ersjor, ereyst (arg); Swöorts, Swöortsor, Swöortst und Swe@rtsor, Swertst (schwarz) in den südl. Ortschaften sagt man wery, uèrjor, ueryst und èrojor, ereyst; Swärts, Swartsor, Swartst und Swertsor, Swertst). Ganz regelrecht sind gebildet fist von fior (vorne, denn das r fällt vor $f aus, wie wir bereits oben bei r ge- sehen haben); iewost (obert) von wèwon (oben); en»st (unterst) von enon (unten); dagegen ist hen»st (hinterst) unregelmässig von hanor (hinter) gebildet, denn der Umlaut von « ist nicht e sondern wie wir oben gesehen haben.

Wie die Adjektiva so haben auch der Komparativ und Superlativ, wenn sie vor einem Substantiv des weiblichen oder sächlichen (e- schlechtes stehen, keine Endung im Nom. und Ace. sing.: kh@ Seinor haus (kein schöneres Haus); èy besor fra (eine bessere Frau).

In den Sätzen wie: der gelehrtere Mann, der treuere Freund u. s. w.., wo der Komparativ attributivisch mit vorangehendem bestimmten

2) èpas Jonas od. èpas jonks wird in der Regel nur von neugeborenen Kindern

gesagt, so z.B.: mor hun epas jonks (wir haben etwas Junges d. h. ein neuge- borenes Kind); 39 hun èpos jonas od. jonks (sie haben ein neugeborenes Kind).

ADI

Artikel vorkommt, gebraucht man in der Mda. in der Regel die Um- schreibung mit einem Relativsatz, z. B. do man, do goleiortor as (der Mann, der gelehrter ist der gelehrtere Mann); do frent, den traior as (der Freund, der treuer ist der treuere Freund) u. s. w.

Der Komparativ wird syntaktisch verstärkt durch Vorsetzung der Adverbia fil (viel) und wait (weit); der Superlativ durch bai waitom (bei weitem).

Es muss jedoch bemerkt werden, dass im allgemeinen die an- geführte Komparativform auf -»r nicht so häufig im Gebrauch ist als die Superlativform auf -$f, sondern man liebt es, sich mit dem Positiv mit vorgesetztem mei (mehr) zu begnügen. Geht dem Komparativ der unbestimmte Artikel voran, so setzt man dieses mei mit Vorliebe vor den unbestimmten Artikel, so dass dieser zwischen mei und das folgende Adjektivum tritt! mei o Sein haus (ein schöneres Haus), jedoch sagt man auch mei Sein haus und > Seinor haus; mei ey grus fra u. èy mei gras fra (eine grössere Frau).

Der eigentliche Komparativ auf -»r wird jedoch mit Vorliebe ge- braucht in der Verbindung mit naist (nichts), kh@n (kein) und epos (etwas): naist apSailejor (nichts abscheulicher) ; naist besoros (nichts besseres); kh@n domora ments (kein dummerer Mensch); Akhey frèkor khanor (keine frecheren Kinder); èpos grisor (etwas grösser); èpos weinejor (etwas weniger); epos Spedor (etwas später) u. s. w.

Jedoch gebraucht man auch häufig in diesen Fällen mei mit dem Positiv: naist mei gout (nichts besser) ; kh&@ mei gosaitore man (kein gescheidterer Mann); Æhèy mei kl& fraan (keine kleinern Frauen).

Der absolute Superlativ wird durch den Positiv mit folgenden Adverbien ausgedrückt; gants (ganz), ongohaior (ungeheuer); èlon (ab- scheulich, hässlich); &stley, @Storley (ängstlich); fr&Storley (verängstlich)');

1) @Stley und «@storley haben im Sprachgebrauch die Bedeutung »ängstlich« verloren, wie es klar sich zeigt, wenn sie als Adjektiva gebraucht werden, denn dann bedeuten sie immer nur etwas Vornehmes, Tüchtiges. Sie sind jedoch sehr verschwommene Ausdrücke und werden sehr oft nur ironisch gebraucht, so z. B. wenn einer prahlt, so sagt man ironisch zu ihm: dau «stlegoa od. @starlexa kheral (du ..... Kerl); wenn man jemanden oder etwas vor einem andern lobt, der aber mit dem Lobe nicht ganz einverstanden ist, so sagt er: wé&rt 07 nay èpos d@Storlegas 3in (es wird auch noch etwas besonderes sein). Ohne Ironie sagt man jedoch auch an &starlegan h@r (ein tüchtiger, vornehmer Herr); en «stley khou (eine prächtige, sehr schöne Kuh) u.s. w. Aus dem Gesagten könnte man fast schliessen, dass «@stley, «@slorley die Bedeutung von »erstlich« habe. Dieser Bedeutung steht aber dann das fr&@Storley im Wege, denn dieses kann doch wohl nur als @starley mit der Vorsilbe for- (ver-) angenommen werden, und dazu hat es die Bedeutung von »Furcht und Angst einjagend« oder auch von »ängstlich,

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ongosekoley (ungeschicklich unschicklich); fwormeisez (übermässig) : iwor do möson (über die Massen); hilS (höllisch) '); Swaintsey (schweine- mässig)?). Gants entspricht dem Nhd. ganz und sehr. Alle angeführten Adverbia mit Ausnahme von gants, hèlo$ und Swaintsey können in der Regel eins für das andere gebraucht werden, denn sie drücken alle ins- gesamt das Ausserordentliche, das Auffallende aus, z. B. ongohaior, lon. @stley, &storleg, fr&storley, iwar do môson, twormeisey ongsSokoley dom (dumm), raiy (reich), daior (teuer), arom (arm) ?) u. s. w.

Sehr auffallend und der Mda. ausschliesslich eigentümlich ist der Superlativ auf -ey oder -éy, den man bei einer ziemlich grossen An- zahl von Adjektiven neben dem auf -$f vorfindet: «aley u. aley (sehr alt), yrıisey u. grüsey (sehr gross), klintsey u. klintsey (sehr klein), läney u. läyey (sehr lang) u. s. w.: 2 klintsey khentyon (ein sehr kleines Kind): a Seiney haus (ein sehr schönes Haus). Die Endung -% (mit langem e) ist eine Verstärkung des einfachen -ey (mit kurzem e), so dass der Superlativ um so mehr verstärkt wird, je länger man mit der Aus- sprache auf der Endsilbe -% verweilt, diese bekommt jedoch nicht da- durch den Hochton, sondern derselbe bleibt nach wie vor an der Stammsilbe des Adjektivs haften. Um diesen Superlativ noch mehr zu verstärken, setzt man häufig noch meiley (möglich) hinter denselben, wodurch dann der stärkste absolute Superlativ entsteht: «lego meileyo od. on aleya meileyp man (ein sehr alter Mann, es bedeutete wohl ur- sprünglich: ein ältst möglicher Mann, eine Bedeutung, die man jetzt in der Mda. dabei gänzlich vergessen hat); on heieya meiley» od. on heicya meileyo berey (ein sehr hoher Berg, ein höchst möglicher Berg).

Unregelmässige Steigerungsformen haben gout (gut) und fil (viel); gout, besor, best daneben jedoch auch, aber selten, gout$t ; fil, mei, mé$t

beängstigt« beibehalten, z. B. wenn jemand erschrickt oder etwas Häusliches, Fürchterliches erblickt und dabei grosse Augen macht, so sagt man von ihm: on hot t don frdSterley opgaras (er hat die Augen ...... aufgerissen); von einem ungeheuer grossen Tiere oder Menschen, in dessen Gegenwart es einem etwas unheimlich wird, sagt man 9 fra@storley deior, à fré$torleyo ments; von einer un- heimlichen Gegend kann man auch sagen èy fr@Starley gejant, von einer ganz stürmischen Nacht en fr&Starleg nuet u. s. w.

1) helos kommt nur vor khal, khalt (kalt) vor, also nur helos khäl od. khalt, wie man auch manchmal für sehr schlecht himal Slèyt sagt.

?) Swaintsey gebraucht man gewöhnlich nur vor rai (reich) und davor (teuer): Swaintsey raiy ; Snaintsey daior (sehr reich; sehr teuer).

®) Einige absolute Superlative werden durch stehende Ausdrücke wieder- gegeben, z. B. Starek awei à p@rt (stark wie ein Pferd); nds ewei èn kré (nass wie eine Krähe = sehr nass); fol od. dronkan wei on henkol (betrunken wie ein Küch- lein = sehr betrunken); khanounefol (kanonenvoll = sehr betrunken).

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und weniger häufig filtst; für »die meisten« sagt man # ma@st, do méston del, do m&st» pöort!). Hei (hoch) heisst im Superlativ heist und hekst, welche im Grossen und Ganzen dieselbe Bedeutung haben, d.h. eins kann für das andere gebraucht werden, wenn etwas Materielles gemeint ist; spricht man aber von Oberhäuptern oder etwas Ungreifbarem, so gebraucht man immer hekst: dom hekst» od. heisto berey (der höchste Berg); # hekst od. t heist haus (das höchste Haus); do khinek as dom hekston (der König ist der Höchste); t wöor t hekst tsait (es war die höchste Zeit). Das Adverb. gér (gerne) heisst im Komp. leiwor von leif (lieb) im Superl. gerst u. leifst.

»Als« nach dem Komparativ lautet in der Mda. as, owei (wie), as wei: on as raiyor as ey od. as wei ey od. owei ey (er ist reicher als ich).

»Am« vor dem Superlativ kann durch »am« wiedergegeben werden: den am best» Sraift (der am besten schreibt); dei am gerst od. am leif$to lafon (die am liebsten laufen); dei am Seinsto zin (die am schönsten sind); dei am Sneltste od. zeiorst» gin (die am schnellsten gehen) u. s.w. Aber man setzt auch ebenso häufig, wenn nicht noch häufiger, dor an Stelle des am, welches dr bei allen drei Geschlechtern sowie bei der Ein- und Mehrzahl unverändert bleibt: t fra, dei dor best khay» khan (die Frau, die am besten kochen kann); # métyon, wou dor Seintst beitst (das Mädchen, welches am schönsten näht); menor, won od. dei dor Sleytst zeyon (die Männer, welche am schlechtsten singen); + haizor, wou od. dei dor mést khaston (die Häuser, die am meisten kosten); dat as dor best (das ist am besten).

Beim Verbum 3in (sein) kann man sich jedoch auch wie im Hoch- deutschen ausdrücken: dei mènor, dei dei best zin od. dei menor, won dei best sin (die Männer, die die besten sind od. welche die besten sind); t métyon, dat dat grist as od. wou dat grist as (das Mädchen, das das grösste ist od. welches das grösste ist; aber häufiger sagt man auch hier wie oben: dei dor best zin; dat dor grist as.

D. Zahlwörter. SAT a) Grundzahlen. 1. en, en, ent; 2. tswén, tswou, tsw@&; 3. drai; 4. feior, in Koenigsm. fer; D. fenaf; 6. zeks; 7. ziwon, südl. von; 8. ayt, südl. ét, in Koenigsm. ét; 9. nain, südl. ne; 10. tsein, südl. tsen, in Koenigsm tsen; 11. @lof;

1) do méston dal und da mésto port bedeuten auch »meistenteils«, das hochdeutsche »meistens« wird gewöhnlich durch »dor m&st« wiedergegeben.

13

12. tswilof, südl. tswielef, Koenigsm. fswélof ; 13. drautsein, südl. draitsen, Koenigsm. draitsen; 14. fértsein (tsein mit seinen soeben angeführten Modificationen); 15. foftsein; 16. séytsein; 17. ziwostsein; 18. aytsein, südl. veytsey, Koenigsm. aytsen; 19. nauntsein, südl. nonktsen, Koenigsm. nauntsen; 20. tswantsey; 21. d@nontswantseg, südlich eyontswantsez : 22. tswa@ontswantsey; 23. draiontswantsey ; 29. nainontsiwantsez, südlich neyantswantsey; 30. draisey, südl. dresey; 40. fertsey; 41. énofértsez, südl. enofertsey; 50. foftsey; 60. zeytsey; 70. ziwatsey; 80. aytseyg, südl. ueytsey; 90. naintsey, südl. noyktsey ; 100. honort; 101. honort ent oder honart an (und) ent; 102. honort tsw@ od. honort an tswa@; 105. honort fenaf od. honart a fensf; 200. tsw@honsrt; 300. draihonort; 800. ayt (resp. ièt od. ét) honort ; 1000. dauszont; 10000 tsein (resp. tsen od. tsen) dauzont; 1000000. miljoun, in Koenigsm. miljon.

Die substantivisch gebrauchten Zahlen sind männlichen Geschlechtes indem sie -br, nach ft und y aber -Stor anhängen: on @ntor, eine eins; don, an tsw@tor, die, eine zwei; an dretor, südl. drator, eine drei; 2 feiortor, eine vier; » fenoftor, eine fünf; » sekstor, eine sechs; 2 5wontor, südl. ziwantor, eine sieben; on aystor u. aytor, südl. öetstor, Koenigsm. dtstor, eine acht; 9 naintor, südl. neytor, eine neun; on tseintor, südl. tsentor, Konigsm. tsentor, eine zehn; on tswantseystor, e. zwanzig; on draiseystor, südl. dreseyster, e. dreissig; on homortstor, e. hundert; on dausantstor, e. tausend.

Die beiden ersten Zahlen werden folgendermassen dekliniert:

Masculinum Femininum Neutrum N. A. an tswen en tsıwou ent tsw@ G. emos tswénor eyor tswouor emas tswéar D. em tswensn eyor tswouon dm tswa@on

Das adjektivisch gebrauchte Zahlwort »ein« hat in betonter Stellung die Funktion eines reinen Numerale, in unbetonter aber die des unbestimmten Artikels; es hat dementsprechend auch eine doppelte Deklinationsweise, nämlich:

Masculinum u. Neutrum Femininum betont unbetont betont unbetont N. A. en, à on, 9 en en G. emo emor D.; 2m om enar enar

Um auszudrücken: »er ist in den zwanziger Jahren«, kann man sagen: on as an don tswantsejor jooren od. on as an don tswantsejon ;

ebenso für »in den dreissiger, vierziger« u. S. w.

BE ee

Bei ungefähren Zahlangaben z. B. für »ungefähr fünf und zwanzig« sagt man: êyor fenof on tswantsey; ey fenof on tswantsey ; ongefér fenof on tswantsey; omgofer em od. eyor fenof on tswantsey; otes') fenof on tswantsey ; otos em od. enor fenof om tswantsey; un da fenof on tswantsey (an die fünf und zwanzig).

Die Zeitbestimmungen nach der Uhr werden auf die Frage welex tsait as ot? (welche Zeit ist es?) weley tsait humer? (welche Zeit haben wir) wei fil auor as ot? (wie viel Uhr ist es?) wie folgt ausgedrückt: en auor (ein Uhr); t as e9 auor (es ist ein Uhr); ey auor a fenof mi- nuton (ein Uhr und fünf Minuten); en auor an o f@rol (ein Uhr und ein Viertel); » férol no em od. » férol op tswou (ein Viertel nach eins od. ein Viertel auf zwei); halwor tswou (halb zwei); may tswantsey minuto bes tswou (noch zwanzig Minuten bis zwei); nay 2 f@rol bes tıwou (noch ein Viertel bis zwei); {swou auor weinejor 0 férol od. tswou weinejor o f@rol (zwei Uhr weniger ein Viertel). Abweichend vom hochdeutschen Sprachgebrauch stimmt das Zahlwort, welches deklinierbar ist, wie en, en, ent, tswén, tswou, tsw@, mit dem Worte auor im Genus überein; awuor jedoch bleibt unverändert.

Auf die Frage weinei? (wann?) oder em wei fil auor (um wie viel Uhr?) erfolgt als Antwort: em èy (um eins); em ey auor (um ein Uhr), em tswou (um zwei); em tswou auor (um zwei Uhr); metos em tswelof auor od. metos tswelof auor (Mittags zwölf Uhr); nuets em tswelof auor od. nuets tswèlof auor (Nachts zwölf Uhr); morjos, owonts em 3èks auor od. morjes, 6wonts zcks auer (morgens, abends sechs Uhr).

Auf die Frage em wai fil auor ongof@r? (um wie viel Uhr un- gefähr ?) oder im allgemeinen weinei ongofér (wann ungefähr ?) antwortet man: obS eyor férol Ston, ots em férol Ston, ongofer an od. no émor férol ston (ungefähr in od. nach einer Viertelstunde) ; 015 à puor Stonon (in ein Paar Stunden ungefähr); ots drai Stonen, ment, j6or ?) (unge-

‘) Vielleicht abzuleiten vom mittelniederdeutschen ode (gemächlich, leicht- lich, gern, 1. Lübben-Walther Mnd. Handwörterbuch).

*) Ist eine Zahlangabe bei Jahr, so wird jooar in der Mda. stark dekliniert, z.B. t zin tswantsey ‚joor (es sind zwanzig Jahre); on as foftsein joar alt (er ist fünfzehn Jahre alt); in den anderen Fällen aber geht es nach der schwachen Deklination: tjoaran hun on èn (die Jahre haben ein Ende); tritt aber ein Adjektiv oder sonst welche nähere Bestimmung hinzu, so kann es stark und schwach dekliniert werden, es geht jedoch häufiger nach der starken Deklination. Bei der Präposition an (in), welche doch den Dativ regiert, können d6 (Tage), ment (Monate) und ‚joar (Jahre) dekliniert werden oder auch undekliniert bleiben, z. B. in drei,

vier Tagen, Monaten, Jahren heisst sowohl an drai do, ment, j6ar als auch an

drai doan, ménton, jooren: à khempt an drai do od. drai doan aram (er kommt in drei Tagen zurück).

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fähr in drei Stunden, Monaten, Jahren). Bei den ältern Leuten ist ot$ viel häufiger im Gebrauch als ongofér.

Noch sehr im Gebrauch ist b&@t (beide) in der Verbindung mit al (alle): Nom. u. Acc. al» bet, Dat. al» bédon.

Honort (hundert) und dauzont (tausend) werden auch als Substan- tiva gen. neut. gebraucht: t homort salöt (das Hundert Salat); on dauzont khuèlon (ein Tausend Kohlen).

b) Ordnungszahlen.

1. eist, Koenigsm. est; 2. iswéêt; 3. dret, südl. drat; 4. feiort, Kenigsm. fert; 5. fenoft; 6. zekst; 7. ztwont, südl. zöwont; 8. dyst und dyt, südl. öetst u. it, Koenigsm. etst u. et; 9. naint, südl. nenkt; 10. tseint, südl. tsegkt, Koenigsm. tsent; 11. eloft; 12. tsweloft, südl. tswieloft, Kaenigs- machern tswehft; 20. tswantseyst; 30. draiseyst, südl. dreseyst: 40. fért- seyst, Keenigsm. fertseyst; 100. honartst; 1000. dauzontst; 1000000 mil- jountst, Koenigsm. miljöntst.

Sätze wie: »Sie sind zu acht gekommen« lassen sich wiedergeben mit: 39 sin tsou ayt khom; t zin hioror ayt khom (es sind ihrer acht gekommen); # zin dor ayt khom (es sind der scil. Leute acht gekommen); 30 zin tsoum daysto khom (sie sind zum achten gekommen).

Die Jahreszahlen von 1801 bis 1899 werden wie folgt ausge- drückt: t @ntor!) od. t eistor joor, tswétor j6or, t dreter joor u. s. w. immer mit Auslassung des Jahrhunderts.

c) Teilzahlen.

1. gantson (ganzer); gants (ganze); gants (ganzes); ist es sub- stantivisch gebraucht oder ist ein Substantiv des sächlichen Geschlechtes dabei zu ergänzen, so heisst es 2 ganzot, ganzot, südl. gantst; 1J> halwon, südl. hahvon (halber); halof, südl. halof (halbe, halbes); halwot, südl. halft (ein halbes, wie oben bei gansot) ; 1/3 on dretel, südl. dratol, od. don dreton resp. draton del, poort Kanigsm. part; 1/4 0 f@rol od. do feiorton resp. férton del, pöort resp. part; !/; do fenofton dal, port; 1/10 don tseinton del, pöart; *lıoo don honortston dél, pöort. Analog gebildet ist do méston od. griston dal u. do mast» pösrt, der meiste od. grösste Teil, die Mehrzahl.

1 @nt kommt nur in dem Ausdrucke für eiSt vor. eiSt mit dem un-

bestimmten Artikel heisst auch »sehr tüchtig, sehr gute: an eiston tsaldot (ein sehr guter, sehr tüchtiger Soldat); t as an eiSt p@rt (es ist ein sehr gutes, sehr brauchbares Pferd).

Beh =

Von !/; ab sind die Substantiva -»! sehr wenig im Gebrauch; die jüngern Leute gebrauchen sie öfter als die ältern, eine Erscheinung, die wohl dem Einflusse des deutschen Schulunterrichts zu verdanken ist.

E. Pronomina. 8 18. a) Personalia. Die persönlichen Fürwörter haben zwei Reihen von Formen ent- wickelt, eine betonte und eine unbetonte. Sind die unbetonten Formen suffigiert, so treten sie bisweilen in verkürzter Gestalt auf.

1. Person 2. Person betont unbetont betont unbetont Sg.N. ey ey dau südl. du dau do südl. du do G. meyor deyor D. mior südl. mer mar dior südl. der dor A. mey mey dey dey Pl. N. mior südl. mer mor dior südl. der dor G. %3or eror Ders us C4 04 A. üs us ey ey 3. Person Masculinum Femininum Neutrum betont unbetont betont unbetont betont unbetont Sg. N. hen Königsm. hen on sai südl. 34 30 hat dat G. 3eyor hiorer 3eyor D. im om hior Ir him om A. hen Königsm. hen on 3ai südl. 34 39 hat ot betont unbetont (für die 3 Geschlechter) BIHAN. Year Suds 39 G. hiorer D. hinon on A. sd südl. 34 39

Das unbetonte enklitische Pronomen der 2. Person sing. verliert das d: ba$ta (bist du); wöorsto (warst du); hosto (hast du). Folgt ein Vokal auf ebendasselbe enklitische Pronomen, so wird von letzterem gar nichts gehört: léfst oy (läufst du auch); gosaist ewol (siehst du aber); g@st iwar t gas (gehst du über die Gasse).

Mehrere Wörter wie wou (wo); wail (weil); wan (wenn); wei (wie); den (der, welcher); dei (die, welche); dat u. dat (das, welches,

Per

dass) hängen $ an, wenn sie vor dau resp. und do resp. du zu stehen kommen, wobei dann aber das d des Pronomens zu { übergeht: wanstau (wenn du); wailstau (weil du); denst» bast (der du bist). Bes (bis) u. as (als) verwandeln in der Stellung das s in s: best» (bis du) ; astau (als du).

Ausdrücke wie: du Kerl, du Schelm, du schlechter Mensch, du Lump und andere dergleichen Ausdrücke und Ausrufungen werden all- gemein mit od. du khèrol, di od. du Sèlom, du od. du Slèyto ments, du od. du lomp wiedergegeben; jedoch wird in den nördlichen Gegenden, wo dau und dau im Gebrauch ist, auch letzteres mitunter in solchen Ausrufungen gehört, so dass man hier hört: dau, dau, du, du Sèlom ; dau, dau, du, du leiwor got (du lieber Gott) u. s. w.

Der mittelalterliche Gebrauch der Anrede, das Duzen (in der Mda. nördl. dautson, südl. dutson) und Ihrzen (in der Mda. diortson und diotson, südl. dértson) hat sich in der Mda. bis auf den heutigen Tag unverändert erhalten. Das Anreden mit Sie (3a, 3?) ist vollständig unbekannt. Das vertrauliche Du unter gleichalterigen Freunden, Ver- wandten, Bekannten, ja unter sämtlichen Bewohnern eines Dorfes oder einer kleinern Stadt, z. B. wie Sierck, ist durchaus das gewöhnlichere. Aeltern und unbekannten Leuten, sowie auch den höhern Ständen An- gehörigen gegenüber ist das Anreden mit Ihr (dir, resp. der) im Ge- brauch. Auch die Kinder ihrzen (déortson u. diotson) meist ihre Eltern, nur die ganz kleinen Kinder dützen (dautson resp. dıttson) dieselben und überhaupt einen jeden beliebigen.

Es dürfte vielleicht auch hier am Platze sein, einiges zu be- merken über die verschiedenen Ausdrücke, die man gebraucht, um Jemanden anzureden. Aeltere bekannte Männer redet man mit eim (Oheim); eöm, eim peitor (Peter); eim hents (Hans). Folgt ein Name, der mit m beginnt, so verschmilzt das m von em in der Regel mit diesem m zu einfachem m: eimèts (Oheim Mathias), jedoch hört man auch eim mets. Unbekannte ältere Männer redet man ebenfalls mit eim od. eimptyam oder mit petor od. pètoryon (Pathe, Pathchen) an; un- bekannte jüngere Männer und Jünglinge und auch Knaben gewöhnlich mit petoryan. Bei älteren bekannten und unbekannten Frauen gebraucht man die Anrede mit meimi (Muhme Tante); folgt ein Name, der mit einem Konsonanten beginnt, so wird meimi gewöhnlich zu mem» oder meim: meimo greit od. meim greit (Grethe); meimo Ihet od. meim Ihet (Katharina), jedoch hört man auch meimi greit, meimi khet; aber nur meimi en (Anna), weil der Name mit einem Vokal beginnt; folgt ein Name, der mit m beginnt, so hört man gewöhnlich nur mei: mei mert,

mei mrai (Marie). Um fremde Mädchen anzureden bedient man sich des Wortes mamzel (fr. mademoiselle) od. mamzeltyn, äusserst selten des Wortes jufor, jiforgon (Jungfer).

Männer eines höhern Standes oder solche, die man besonders ehren will, redet man an mit h@r (Herr) oder mosje (fr. Monsieur); Frauen mit madam (fr. Madame); Mädchen mit mamzel (fr. Mademoi- selle) oder aber sehr selten mit jufor (Jungfer). Will man nun die betreffende Person noch näher bezeichnen, so folgt in der Regel der Familienname bei verheirateten Männern und Frauen, bei unverheirateten Personen der Familien- oder Vorname, letzterer ist aber bei unver- heirateten Weibspersonen häufiger im Gebrauch als der Familienname. Gebraucht man nun den Vornamen, so nimmt man nicht den Namen, wie er in der Mda. gewöhnlich verkürzt heisst, sondern wie er entweder im Hochdeutschen oder im Französischen lautet. Beispiele: hér oder mosje Snaidor; her od. mosje krémor; madam wébor; her od. mosje nikhola , mamzel mari; mamzel ana. Dem Vokalismus nach aber schliessen sich auch in diesen Fällen die Namen nicht selten an die Regeln der Mda. an: mosje téljor (Monsieur Tailleur); mosje por (Monsieur Pierre) ; mamzel lusi (Mademoiselle Lucile).

b) reflexivum. Das Reflexivpronomen hat in der Mha. die beiden Formen zeyer

(seiner) u. 3e4 (sich), welches als Dativ und Accusativ sing. und plur. gilt und sowohl betont als unbetont sein kann.

c) possessiva.

Die adjektivisch gebrauchten besitzanzeigenden Fürwörter lauten wie folgt:

masc. main dain sam U30n dran hioron

fem. mn dey sm os er hior

neut. main dain gain wst dr südl. ert hior südl. fort

Die substantivischen hängen im Neutrum ? an, wenn sie es nicht schon haben, also: maint, daint, zaint, ust, &rt, hiort.

Masculinum Femininum Neutrum Sg. N. A. main men main G. meyas menar meyos D. maim südl. megom meyor maim südl. menom

Nonnen mu m nn nn mern mm nn nn Sm PI. N. A. mey G. meyor D. menyom

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Aehnlich gehen dain und sain: genet. demor, 3emor u. Ss. w. sain wird nur gebraucht wie im Hochdeutschen bei männl. und sächl. Sub- stantiven, bei weibl. sagt man Héron, hior (ihr, ihre, ihr).

uson, &@ron, hioron werden dekliniert wie die Adjektiva, doch haben sie den Genitiv erhalten.

Masculinum Femininum Neutrum Sg. N. A. uzan us ust er südl. ért G. üzes 130 U398 @ros D. uzom u30r U30M @rom

Kam U ,

Pl. N, Ars, @r G. #30r «rar D. üzson &ron

Die Genetive dieser Pronomina sind sehr im Gebrauch sowohl in absoluter Verwendung als auch in Verbindung mit einem Substantiv oder in elliptischen Ausdrücken: on hat Ihey èpol, dou hot on uzor gohol (er hat keine Aepel, da nahm er unserer d. h. von den unserigen); œror khanor @nt (eines eurer Kinder); on hot ü30s brout ges (er hat unsers Brodes, d. h. von unserm Brod, gegessen); on hot 11305 wai godroyk (er hat unsers Weines, d. h. von unserm Wein, getrunken); 4395 klei (unsers Klees); on dél, einen Teil, ist wohl in allen jenen elliptischen Ausdrücken hinzuzudenken); drai hioror médoryor (drei ihrer Mädchen); #30r, @ror, hioror 3èks (unser, eurer, ihrer sechs).

Hier möge auch bemerkt sein, dass bei Redensarten wie: dem seyor (wegen dessen); der hioror (wegen ihrer ihretwegen, fem. sing.); dénon hioror (wegen ihrer, plur. der 3 gen.); der want hioror (wegen der Versteigerung, fr. vente); dom haus 3eyor (wegen des Hauses) u. s. w. die Causalpartikel wéjon od. wejont (wegen) weggelassen werden kann und dennoch die causale Bedeutung fortbesteht. Auffällig ist die Konstruktion, nämlich: der Dativ mit Artikel und folgendem Possessivpronomen im Genetiv. Man kann jedoch auch wéjon od. wejont vorsetzen aber mit Beibehaltung ebenderselben Konstruktion oder höch- stens mit Auslassung des Pronomens: wéjon dem zeyor (dessentwegen); wéjon od. wéjont do perdan od. wéjont do pérdon hioror (wegen der Pferde); wéjon do kheion od. wejon do hheion hioror (wegen der Kühe). Meinetwegen, deinetwegen u. s. w. lautet am häufigsten: wwdjont mener, wéjont deyar, wéjont zeyar, wéjont ü30r, wéjont &ror, wéjont hioror (letzteres ist sowohl fem. sing. als plur. für die 3 genera), weniger häufig: mainst-

wem U. menstwejn, daimstıwejm u. di yotwejon, 3ain Hivéjon u. zenstwejan,

a

uzotwejon, drotwejon, hirotwejon. »Deswegen, deshalb« heisst nur wejon(t) dem od. wéjon(t) dem 3eyor, die Causalpartikel darf also in diesem Falle nicht weggelassen werden.

Verstärkt wird das Possessivum durch Hinzufügung von «&jon (eigen) oder durch einen Relativsatz: do forst@t &n sain &j» wuort net (da versteht man seln eigenes Wort nicht); on hot mor al zai gelt gen, dat on hat (wörtl. er hat mir all sein Geld gegeben, das er hatte).

Die substantivisch gebrauchten Possessivpronomina werden im Masculinum und Femininum sing. und plur. und im Neutrum plur., da sie hier keine besondere Endung annehmen, wie die adjektivisch ge- brauchten, die wir oben gesehen haben, dekliniert. Im Nominativ und Accusativ sing. des Neutrums aber haben sie das oben erwähnte Schluss-t, also :

st ert hiort 3955 @ros hiaras

Neut. Sing. N. A. maint daint samt ı CG. menos deyos zemas 1 | nördl. maim daim sam

Se usom drom hiorom | südl. menyem deyom 3emom

Im Hochdeutschen kann der bestimmte Artikel vor diesen Für- wörtern stehen, die Mda. lässt denselben aber nie zu, weder wenn sie adjektivisch noch wenn sie substantivisch gebraucht sind: «st haus (unser Haus, das unsrige Haus); @rt as besor as wei ust (das Eure ist besser als das Unsere); #s khomon ox (die Unsrigen, Unsern kommen auch).

d) demonstrativa.

Die hinzeigenden Fürwörter bezeichnen entweder einen gegen- wärtigen Gegenstand oder im allgemeinen etwas Nahes oder etwas Entferntes. Um etwas Gegenwärtiges zu bezeichnen, bedient man sich folgender Fürwörter oder Ausdrücke; dezom masc., des fem., det neut. (dieser, diese, dieses); den olai masc., dei olai fem., dat olai neut. und auch aber sehr viel weniger den hai, dei hai, dat hai (der hier, die hier, das hier). Um etwas Entferntes zu bezeichnen, sagt man: den olö, dei ol6, dat olö und auch aber äusserst selten den do, dei do, dat do (der da, die da, das da; dat deyan olai (das Ding hier dieses Ding mda. det deyon); dat deyon ol6 (das Ding dort jenes Ding)').

!) Zwischen olai u. hai und 216 u. do gibt es in der Mda. einen grossen Unterschied: alai und 216 bezeichnen nur einen ganz bestimmten Ort, auf den man gleichsam mit dem Finger hinzeigt, während hai und do einen weit grössern Um- fang haben, z. B. da man as olai heisst: der Mann ist an diesem bestimmten, vor mir liegenden Orte; do man as hai aber heisst: der Mann ist an diesem Orte, im

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Mascul. Femin. Neut. für die 3 Geschlechter Sg. N. À. deson des det Pl. des G. . dezos dezor des desor D. desom dezar desom deson Sg. N. A. dén olai dei elai dat olai dei olai G. deos olai der olai dass olai der olai D. dem olai der olai dem olai dénon olai

Ebenso werden den hai, den olo und den do dekliniert.

Wie im Hochdeutschen bei »der da« der Gegenstand, den man bezeichnet, zwischen der und da steht, so geschieht es auch in der Mda.: man olai (der Mann hier); dat haus »lo (das Haus da).

e) determinativa.

Wie im Neuhochdeutschen das einfache betonte der, die, das als Pronomen determinativum gebraucht wird, so auch in der Mda. den, dei, dat. Ausserdem kommt noch sehr häufig vor désèlwejon, deizelwey, datzelwey (derselbige, dieselbige, dasselbige derselbe, dieselbe, dasselbe); das Neutrum als Substantiv gebraucht lautet datzehveyt und tzelweyt: weniger häufig gebraucht man dejeinejan, deijeiney, datjeiney (derjenige, diejenige, dasjenige).

Masculinum Femininum Neutrum Sg. N. A. den dei dat & dés der dass 3 dem der dem

mm m nn mn U nn nn nn

PL.N.-A, , de Gr » der D. denn Sg. N.A. désèlwejon u. dozelwejon deizelwey u. tzelwoy datzelwey u. tzelwey G. déossèlwejon doszelwejon derzelwejaor darzelwejar déossèlwejon doszelwejan

D. demzelwe on doemzelwejsn derzelwejar derzelwejar demzelwejan damzelwejan 2 ) e : e : e J 2 ) nn?

Pl. N. A. deizelwey u. tzelwey G. derzelwejar dorsèlwejor D. dezehvejon dazelwejan Sg. N.A. dejeinejm deijeincz datjeiney

? fehlt fehlt fehlt D. demjeinejm derjeinejor demjeinejan

PI. N. A. _ deijeiney CG. derjeinejor D. dejeincjon Dorfe, in der Stadt; die Stelle, wo er sich befindet, wird also nicht genauer an- gezeigt. Damit >lai diese letztere Bedeutung erlange, müsste man noch »am doraf,

ae

Bei dezelwejon und dozelwejon u. s. w. ist die zweite Form nicht etwa als die unbetonte Form, die erste aber als die betonte zu be- trachten, sondern beide Formen sind ganz gleichbedeutend und werden ganz ohne Unterschied eine für die andere gebraucht.

»Selbst« ist in der Mda. nicht vorhanden, wohl aber zelwor (selber), welches die Stelle des Hochdeutschen »selbst« und »selber« vertritt: ey zelwor (ich selbst, ich selber); mior zelwor (wir selbst, wir selber).

f) relativa.

Das Relativpronomen welcher, welche, welches ist in der Mda. nicht vorhanden. Wie im Hochdeutschen das betonte der, die, das als Relativpronomen dient, so auch dient es als solches in der Mda.: ey hun man gozin, den dout goSlogèn as (ich habe den Mann ge- sehen, welcher tot geschlagen worden ist; ey khenon fra, dei ot gozöt hot (ich kenne die Frau, welche es gesagt hat) u. s. w. Ausserdem wird das relative Verhältnis noch durch das Lokaladverbium wow (wo) ausgedrückt: deior, wou ey gofay hun (das Tier, welches ich gefangen habe): t Æhanor, wou do wöoron (die Kinder, welche da waren).

»Dessen« masc. u. neut. sing., »deren« fem. sing. und »deren« plur. der drei Geschlechter wird mit dem Dativ des betonten den, dei, dat und folgendem Pronomen possessivum, das im Numerus und Genus mit dem hierauf folgenden Substantiv übereinstimmt, wiedergegeben : de man, dem zen khanor gestorof zin, as khom (der Mann, dessen Kinder gestorben sind, ist gekommen); metyon, dem 3ai pap fort as, hot at g36t (das Mädchen, dessen Vater fort ist, hat es gesagt); ? fra, der hioron man dout as, khan zey nay omöl bostuedon die Frau, deren Mann tot ist, kann sich noch einmal verheiraten); dei khanor, denen hior eltor dropmèyor zin, zin onglekley (die Kinder, deren Eltern Verschwender [wôürtl. Draufmacher] sind, sind unglücklich). Im Plural kann man je- doch auch déron (deren) sagen, ausserdem für alle genera und numera wou ....fun: t khanor, dern eltor ..... (die Kinder, deren Eltern..... JE t fra, won do man gestorof as, kraist (die Frau, deren Mann gestorben ist, weint); £ joy, wou hen do pap fun as, 3% glekley (die Knaben, deren Vater er ist, sind glücklich). vou und fun können auch neben-

an dor Stät< hinzufügen: do man as olai am doraf, der Mann ist hier im Dorfe as olai, ist hier. Dasselbe gilt von 2/6 und do: do man as ol6, der Mann ist da an der Stelle, auf die ich hinzeige, do man as do aber heisst überhaupt: der Mann ist da, ohne dass der Ort genau bestimmt wird. Bei den hai u. den olai und den do u. den lo fällt jener Unterschied jedoch weg.

133

einander stehen: £ khanor, wou fun hen do pap as...., t haus, won fun don day agefal as...; das Haus, dessen Dach eingestürzt ist....). Wo man aber im Hochdeutschen statt des »dessen« od. »deren« auch das einfache »wo« setzen kann, d. h. wo das Possessivverhältnis nicht so sehr in den Vordergrund tritt, da kann man auch in der Mda. den Artikel und fun weglassen, z. B. t mötyon, wou 34i guet wöar, as Su grüs (das Mädchen, wo sie [d. h. bei dem, dessen] Pathin war, ist schon gross).

Wie im Hochdeutschen so vermeidet man auch meistens in der Mda. zweimal dasselbe Pronomen nach einander zu setzen, nämlich einmal als determinativum und dann als relativum, und man setzt es nur als determinativum, und für das relativum gebraucht man eine der soeben angeführten Relativbezeichnungen.

g) interrogativa.

Die fragenden Fürwörter sind wen (wer), wat (was); wat fior od. fir od. for @n, ey, ent, plur. wat fior od. fir od. for in der betonten Form; wat für od. for on, èy, on, plur. wat fir od. for mit folgendem Substantiv (was für einer, eine, eines, pl. was für od. welcher, welche, welches).

Sehr häufig wird in den Fragen 56, söt (sage, saget) vorn an die Spitze gestellt: 36, bast» fiordey? (sage, bist du fertig?); 364, khempt » net? (saget, kommt er nicht?). Ebenso sagt man, wenn man auf etwas warten muss und dann seinen Unwillen gemildert ausdrücken will, /a (frz. la), was dem »na« anderer Mundarten gleichkommt : la, khempst» bal? (na, kommst du bald?); la, bast nvail dö? (na, bist du jetzt da?).

h) indefinita.

Die Mda. hat die folgenden unbestimmten Fürwörter: mr (man), emost (jemand), nem»st (niemand), jeidorman (jedermann, wird nur sehr selten gehört), sowie die unbestimmten Zahlwörter @n, èy, @nt (einer, eine, eins); khe@n, khey, khént (keiner, keine, keins), jeidoren, jeidoren, Jeidor@nt (wörtl. jeder einer, eine, eins); jeitwidoren, jeitwidoren, jeit- widorent od. jetwidorén, -èy, -@nt (jedweder einer, eine, eines jeder, jede, jedes); weiney (wenig und wenige plur.) fil (viel und viele); muntyaren, mumtyorey, mauntyorant, pl. muntyor (mancher einer, eine, eines, pl. manche mancher, manche, manches), èpos (etwas), naist (nichts), abs (alles), al (alle) häufiger jedoch al» géor (wörtl. alle gar alle).

IL Konjugation.

s 19. Allgemeine Bemerkungen.

Ausser 5%» (sein) und un (haben), deren Konjugation wir etwas weiter unten angeben werden, haben alle Verba in der besprochenen Gegend das Imperfektum des Indikativs eingebüsst mit Ausnahme von ey duèt (ich dachte), do duetst, on duèt, mor dueton, dor duet, 39 duèton ; ey, do, o wost (ich, du, er wusste), mor woston, dor wost, 30 woston ; ey, 9 3öt (ich, er sagte); mor, 39 36ton (wir, sie sagten).

Das Plusquamperfektum ist wie im Hochdeutschen vorhanden, und ausser diesem hat die Mda. noch eins, das aus dem mit 3x oder hum erweiterten Perfektum besteht.

Das Futurum I ist zwar vorhanden, aber ist wird ziemlich selten gebraucht, man gebraucht nämlich in der Regel das Praesens Indik. dafür. In den Sätzen aber, welche etwas Zweifelhaftes und Ungewisses oder eine Drohung ausdrücken sollen, verwendet man es jedoch häufig und gewöhnlich steht dann #0! (wohl) dabei. Das eben Gesagte gilt auch vom Futurum Il, das in der Regel durch das Perfektum Indik. ersetzt wird.

Das Praesens des Konjunktivs ist nicht viel im Gebrauch; ältere Leute gebrauchen es noch hin und wieder. Nur in einigen Wunsch- formeln wird es allgemein gebraucht: got sen dey (Gott segne dich) ; got zen (Gott segne)'); got helof ey (Gott helfe euch); got dayk ey (Gott danke euch)?); got stei mor bai (Gott stehe mir bei).

Das Participium praesens fehlt.

Das Imperfekt des Konjunktivs ist bei einer sehr grossen Zahl von Zeitwörtern erhalten, manchmal mit einem sonderbaren Ablaut, wie wir weiter unten sehen werden. Um diese Verbalform aus- zudrücken, bedient man sich bei den Verbis, die kein Imperfektum des Konjunktivs haben, immer der umschreibenden Konditionalform, die gebildet wird, mittels der Konjunktivform des Hülfszeitwortes doun (thun) verbunden mit dem Infinitiv: ey dit 3emon (wörtl. ich thäte singen ich sänge); do ditst Stèrwon (wörtl. du thätest sterben du stürbest).

Die andern Verba, welche schon ein Imperfekt des Konjunktivs bilden, haben diese Form noch daneben und zwar ist sie eben so sehr im Gebrauch wie die andere: ey lif u. ey dit lafon (ich liefe); ex gief u. ex dit gen (ich gäbe).

!) got zen od. got zen dey ruft man dem zu, der niest.

?) got hèlof ey sagt man zum Bettler, wenn man kein Almosen geben will; ausserdem gebrauchen ältere Leute noch das got helof ey und got dank ey als Gruss und Gegengruss.

_ 190

Man kann eine starke und eine schwache Konjugation unter- scheiden. Da aber keine Imperfekte des Indikativs erhalten sind, so können nur die Participia des Perfekts einzig und allein für den Unter- schied jener Konjugationen massgebend sein.

Einige Verba gehen aus der einen Konjugationsform in die andere über, jedoch sind dieselben sehr spärlich vorhanden, so z. B. réfon part. goraf (raffen, gerafft); entpioron part. énfptor (entbehren, entbehrt). Andere sind sowohl stark als schwach: brelon part. gobrol u. gobrelt (brüllen, gebrüllt); Senon part. gesent u. gosant (schinden, geschunden).

Die 1. Person des Indikativs praesens gleicht in der Regel dem Infinitiv: lafon (laufen), ex lafon (ich laufe); bauyon (auchen) ey bauyon (ich bauche) ; luèwon (loben), ey luewon (ich lobe). Ausgenommen sind gôn (gehen), ey gin (ich gehe); stöon (stehen), ex Stin (ich stehe); doun (thun), ey din (ich thue); brauyon (brauchen), ey brauy (ich brauche) und überhaupt die meisten der Hülfszeitwörter, siehe unten.

's 20. Von den Hülfszeitwörtern.

Die Hülfszeitwörter sind folgende:

a) hun (hahen), sin (sein), das defektive ey wéron od. ey wert (ich werde), gen (geben). Diese vier Verba dienen dazu die Unterschiede des Tempus und des Genus zu bezeichnen und können deshalb Hülfszeitwörter der Zeit und des Genus ge- nannt werden.

b) khenon (können), dirfon (dürfen); mdyan (mögen); meison (müssen); zolon (sollen); welon (wollen); löson (lassen). Diese sieben Verba dienen dazu, den Unterschied des Modus oder der Aussage zu bezeichnen und können deshalb Hülfszeitwörter des Modus oder Modalitätszeitwörter genannt werden.

ey wé&ron wird nur gebraucht, um das Futurum zu bilden. Es wird konjugiert wie folgt: ey wéron od. ey wert, do wér$t, » w@rt, mor wer, dar wart, 39 wéron.

Das hochdeutsche »werden« beim Passiv wird in der Mda. durch gen (geben) wiedergegeben: ey geslö (ich werde geschlagen): on as gelé gen (er ist geschlagen worden); 2 wert Su goluèft gen (er wird schon gelobt werden). Ausserdem ersetzt gen das hochdeutsche »werden« in allen Fällen: he get m@r (er wird Bürgermeister); # get naist doraus (es wird nichts daraus); es hat also auch noch die Bedeutung des lateinischen fieri. Selbstverständlich hat es daneben noch die gewöhn- liche Bedeutung von »geben«: ey gen dar gelt (ich gebe dir Geld); hot mor tso dreyko gen (er hat mir zu trinken gegeben).

Wie im Neuhochdeutschen bei den unter b) angeführten Verbis oft der Infinitiv an Stelle des Participiums gebraucht wird, so ist das auch in der Mda. der Fall: ey um ot botsuèlo meison (ich habe es be- zahlen müssen); ey hu naist mayo khenon (ich habe nichts machen können).

Dirfon, meison und mäyon (woneben man auch ziemlich häufig mdon hört) haben zwar ein Participium godiroft, moust und gomdt, aber sie werden ziemlich selten gehört; denn man gebraucht gewöhnlich den Infinitiv dafür. Bei den vier andern: khenon part. khont; zolon part. zolt, welon part. wolt, löson part. golés hört man das Particip so häufig wie den Infinitiv. Ausserdem bilden diese unter b) angeführten Verba, mit Ausnahme von löson, ihre 1. Person sing. indic. praes. ganz analog der entsprechenden Person im Hochdeutschen : ey khan, ey dirof, ey MAY, ey mous, ey 30l, 94 wel, aber ey löson.

Konjugation von 3in (sein) Konjugation von /um (haben) Indikativ Konjunktiv Indikativ Konjunktiv Praes. ey 3n ey zei | Praes. ey hun ey hièf do bast do 3eist do host do hirfst on as 9 3e on ot on hief mar zin mar zeian mor hun mar hièwon dar zeit dar zeit dar hot dor hieft 39 3in 39 3ein 59 hun 39 hiewan Imperf.ey woar ey wer ey dit Imperf. ey hat ey he ey dit da wöarst da werst da ditst da hatst da hetst da ditst 9 wöar 9 wer on dit \= on hat en het on dit mar woaren mar wéron mar dita| ** mar haton mar hèton mar diten dar wöart der wert der dit dar hat dor het dor dit 39 wöoren 39 weren 39 dito 39 haten 39 hetan 39 diton Indikativ Konjunktiv Indikativ Konjunktiv Perf. ex 31 ex 3ei Perf. ey hu ey hief da bast da zeist | do host da hiefst an À 9 sei z | on hot gm hief = mor 31 à mor sm |I mor hu [SI marhiewal I dar zei dar zeit dar hot dar hieft 39 3e19 59 hu 39 hiews PI. q. Perf. ey vor ey wer PI. q. Perf. ey hat ey het da w62r 2 da = do hatst | da hetst | a wor | 9 wer | | on hat |" on hèt |= mar wöare È mar werd È mar hato S mar heto S dor wéort| dar wert À dar hat dor het 39 W0979 39 ward 59 hato 39 heto

hun.

137

Fut. 1. ey w@rs od. wert | Fut.]. og w@ron od. wert da werst Inf. praes. | do werst Inf. praes. a wert À sin 9a wert = hun mar werd © Part. perf. mor waren = Part. perf. dr wert gawest dor wert gohot 39 ward 39 waren Fut. Il. ey wéro od. wert Fut. II. ey wersn od. wert do werst & do werst = 9 wert er 9 wert È mor ward À mor warst S dor wert S | dar wert S 33 werd | 39 waren Imperat. zei Imperat. hief seit | hieft

Die Eigentümlichkeiten der übrigen Hilfszeitwörter seien hier kurz erwähnt:

gen u. gen (geben): Indie. praes. ey gen, do gest, e get, mor gen, dor get, gen; Imperat.: gef, get; Konj. praes. (dient auch als Kon]. Imperf.) ey gief, do gièfst, 9 gief, mor gièwon, dor gieft, 39 gièwon; Part. gen u. gen. khenon (können): Indic. praes. ey khan, do khantst, à khan, mor khenon, dor khent, 3e khenon: Konj. praes. ey khen, do khentst, à khen, mar khenon, dor khent, ze khenon; Konj. imperf. ey khent, do Ihentst, 9 khent, mor khenton, dor khent, ze khenton: Part. khont.

dirfon (dürfen): Indic. praes. ey dirof, do dirofst, om diraf, mor dirfon, dor diroft, 39 dirfon; Konj. praes. ey dirof, do dirofst, on dirof u. s. w.: Konj. imperf.: ey diroft, do dirofst, on diroft, mor dirfton, dor diroft, ze dirfton.

mäyen (mögen) hat keinen Indikativ; Konj. praes. ey may, do mdyst, o may, mor mdyan, der mäyt, 39 mäyen; Konj. imperf.: ex mist od. mort, do miotst od. miartst, à miot od. miort, mor mioton od. miarton, dor mist od. miort, 39 miotom od. miorten. Das r, das man im Kon- junktiv Imperfekt sehr häufig hört, ist beim ersten Anblick etwas auf- fallend. Aber wenn man das, was oben bei hiart od. hist (Hirt); wiart od. wiot (Wirt) u. s. w. gesagt worden ist, in Betracht zieht, so fällt die Schwierigkeit weg. Denn das r in der Stellung, die es im vor- liegenden Falle einnimmt, wird ja gewöhnlich nicht so rein und klar ausgesprochen wie das r, mit dem ein Wort beginnt, und besonders in der Stellung zwischen langem ö und { wird es ja von Leuten, die

LE

eine auch nur wenig dicke Zunge haben, wie eine Art dunkles e ge- sprochen. Da sich also aus dem Gesagten das wiort u. wist erklären lässt, so hat man wohl nach Analogie jener Wörter auch das > in mist hineingebracht, ohne an den Ursprung der Wörter zu denken.

meison (müssen): Indie. praes. ey mous, do moust, 9 mous, mor mouson, dor moust, mouson: Konj. imperf. ey meist, do meist, à meist, mor meiston, dor meist, 39 meiston, daneben hört man noch das weniger gebräuchliche und affektierte: ey mist, do mist, o mist, mor masten, dor mist, 3e miston.

zolen (sollen): Indie. praes.: ey 30l, do zoltst, à zol, mor 3olon, dor 3olt, 39 zolen;, Konj. imperf. ey zolt, do zoltst, zolt, mor 3olton, der solt, 39 zolten.

welon (wollen): Indie. praes. ey wel, do weltst, à welt, mor welon, dor welt, 39 welon; Konj. imperf. ey welt, do weltst, à welt, mor welten, dor welt, 3e welten: Imperat. wel, welt.

löson (lassen): Indie. praes. ey löson, de lé$t, à lest, mor löson, der löst, 39 löson; Konj. imp. ey lis, do list, o ls, mor lison, dor list, 39 lison, daneben eben so häufig: ey lest, do lest, à lest, mor leston, dor lest, 59 léSton, mitunter hört man auch noch das affektierte: ey litst, do litst u. s. w. Imperat.: lös, löst.

$ 21. Flexion der andern Verba. a) Starke Flexion.

Die Flexionen sind in der Mda. sehr einfach, wie aus folgenden

Beispielen hervorgehen wird. Infinitiv Indikativ Konjunktiv

werfon (werfen) praes. ey werfen imperativ praes. 2x werof imperf. ey wirof

Partic. praet. do werfst werf do wèrofst do wirfost goworof 9 werft 9 weraf 9 wirof mor werfon mar werfon wor wirfon dor werft werft dor weroft dor wiroft 39 werfon 39 werfen 39 wirfon perf. ey hu | = perf. ey hièf = do host VS do hiefst | S usw RS Uu. S. W. | a Plusq. Perf. ey hat |E Plusq. Perf. ey het = da hatst LS do hetst | = U. S. W. | z u. S. W. | S

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oder ey hief

oder ey hu | do hiefst

da host

US. W. U.S. W.

goworof gohot

goworof gohot

| | oder ey het |

oder ey hat | = _ ES 1, 1348 s do hatst a S = do hetst LS = ITS Zt a DIS wenn. 2

Konj. Imperf. heisst auch: ey wöroft, do wirofst, » wiroft, mor wirfton, dor wiroft, 39 wirfton.

Das Praesens des Konj. wird sehr selten gebraucht. Die 1. und 3. Person sing. werfen ihre gewöhnlichen Endungen -»n und -{ ab, die andern Personen aber behalten die ihrigen. Umlaut kommt nicht vor: ey laf (ich laufe), do lafst, » laf, u. s. w. obwohl der Indikativ lautet ey lafen, do léfst; ey klam (ich klimme), do klampst, » klam, Indikativ aber ey hlamom, do hlempst, » klempt; ey 36 (ich sage), do 36$t, à 36,

Umlaut beim Partieipium :

a wird 0: banon (binden), gebon: Spann (spinnen) g9Spon; gowanon (gewinnen), gawon: Swamon (schwimmen) gswom; klamon (klimmen) geklom.

a bleibt in der Regel: haln (halten), gohal; bakon (bachen, gebal:; lafon (laufen), yolaf; aber Spann (spannen) und seine Komposita, wie uspanon (anspannen); öfspanon (abspannen), opSpanon (aufspannen), aus- Spanon (ausspannen) haben gespon; falon (fallen) und seine Komposita, wie öfalon (abfallen), afalon (einfallen) u. s. w. und gofalon (gefallen) haben gofal.

e wird 0: $weyon (schwingen), goswon: Sprenon (pringen), gesprop : tswenon (zwingen), yotswoy. Aber zetson (sitzen u. sich setzen) und seine Komposita, wie dropzetson (draufsitzen), opzetson (aufsitzen) u. Ss. w. haben gogés.

è wird o vor If, rf, rw: helfon (helfen), geholbf; werfon (werfen), goworof ; Sterwon (sterben), goStorof; forderwon (verderben), fordorof; vor 5 bleibt es: drè$on (dreschen), yodres; weson (waschen), gewès; es wird zu a in heykon (hangen und hängen), gehay und in feykon (fangen), gefan.

é bleibt vor s: éson (essen), ges; fréson (fressen), gofrés ; méson (messen), games; es wird zu a vor y: bréyon (brechen), gebray; Stéyon (stechen), gastay ; Spröyon (sprechen), gespray !) ; zu o vor l: gélon (gelten), gol; Selm (schelten), go$ol.

Indikat. ey 30on, da 3é$t, 9 3ét, mor 36on, der 30t, 39 30on.

1) Das einfache $préyan kommt nur vor in der Verbindung mit h&ley u. 3eilez ; h&ley Spreyan (heilig sprechen), zeiley Sprégon (selig sprechen); ausserdem in den Kompositiv /as$preyan (lossprechen) u, u$préyan (ansprechen). Für »reden, sprechen« gebraucht man in der Mda. Swètson (schwatzen), Part. gaswät.

140

à wird 4: lion (lügen), get: Storon (scheren), gosouor; Swioron (schwören), gaswitor.

o bleibt: kkomon (kommen): khom.

6 bleibt: blöson (blasen), yoblös; Sloom (schlagen), go$l6; drôon (tragen), godrö. göon und Stén werden wir weiter unten besprechen.

bleibt: gruèwon (graben), gogrucf; luèdon (laden), goluet.

bleibt ebenfalls: féoron (fahren), gofuor.

& bleibt auch: h@son (heissen u. begehren), gohd@s.

ai wird in der Regel zu ö: Sraiwon (schreiben), gosrif; blaiwon (bleiben), blif: Snaidon (schneiden), gosnit; waion (wiegen), gowi; waizon (zeigen), gowis; Straidon (streiten), gostrit. Vor s, 5, f und x wird es zu a: baison (beissen), gobas; flaison (fleissen), geflas; raison (reissen), goras; kraison (weinen), gakras, graifon (greifen), gograf;, paifon (pfeifen), gepaf; glaiyon (gleichen), goglay: Slaiyon (schleichen), goslay ; waiyon (weichen), gaway. Aber von laion (liegen) lautet das Particip gole.

au wird zu 0: saufon (saufen), go50f; Slaufon (schlupfen), goSlof.

ei wird in der Regel zu #: fleion (fliegen), gofht; forleioren (ver- lieren), forlüor; beion (biegen), yobıt; bodreion (betrügen), bodru;, tseion (ziehen), gotst. Vor s wird es zu o: $eison (schiessen), go$os; Sleison (schliessen), go$los: fordreison (verdriessen), fordros. Das Participium aber von gobeidon (gebieten) und forbeidon (verbieten) lautet yobuet und forbuit.

ie wird zu «ec, vor I jedoch zu 0: hièwon (heben), gehuef; trièdon (treten), gotruèt; aber Stièlon (stehlen), yostol; bofièlon (befehlen), bofol; aber liezon (lesen) lautet im Partie. golies.

ou bleibt: roufon (rufen), gorouf; Stouson (stossen), gostous. Das Participium von doun (thun) lautet jedoch gedôn.

Der Umlaut der 2. und 3. Person sing. indie. praes. ist folgender:

a wird e: ey banon (ich binde), do bentst, 9 bent; ey fanon (ich finde), do fentst, à fent; ey Swamon (ich schwimme), do Swempst, 9 Swempt; ey Spanon (ich spinne); do Spentst, > Spent.

o wird e: ey khomon (ich komme); do Ihhempst, e khempt.

a wird 2: ey bäkon (ich backe), do bekst, » bèkt: ey halon (ich halte), do heltst, on helt, ey falon (ich falle), do feltst, » felt; jedoch bei /afon (laufen) und seinen Kompositiv wird es zu @: ey läfon, do lêf$t, à left, bei Spdmon (spannen) und seinen Kompositis aber zu e: ey Spanan do Spentst, à Spent.

é wird verkürzt: ey fréson (ich fresse), da frest, o frest; ey eson (ich esse) d est, on est; ey bréyon (ich breche), db breyst, à breyt; ey Steyon (ich (steche), do Steyst, o Steyt; ey Sélon (ich schelte), do Seltst, o Selt; ey gelon

- M

(ich gelte), do yeltst, à gelt; bleibt bei ey méson (ich messe’, do mist, » mest und bei seinen Kompositis und bei sn (schellen), ey selon, da seltst, » Selt.

6 wird €: ey bloson (ich blase), do blest, à blest; ey loson (ich lasse), do lest, » lest; ey Slom (ich schlage), do slest, à Slöt; ey dröom (ich trage), da drest, on drét; ey Slôfon (ich schlafe), do Sléfst, à sleft.

au wird e: ey zaufon (ich zaufe), do zefst, » 3eft: ey Slaufon (ich schlupfe), do Slefst, à Sleft.

ow wird ei: ey roufon (ich rufe), do reifst, à reift; ey Stouson (ich stosse), de Steist, à Steist. Doun (thun) lautet im Indie. praes. ey din, da dest, an d@t, mor din, dor deit, 39 din.

ie wird 2: ey bofièlon (ich befehle), da bofiltst, à bofilt ; ey Stielon (ich stehle), do stiltst, » Sblt; es wird zu 4 in ey lieson (ich lese), do list, à list.

bleibt: ey Swioron (ich schwöre), do Swiorst à Swiart; ey Sioron (ich schere), do siorst, à Stort.

und # werden 7: ey füoron (ich fahre), do fiorst, o fort; eg gruèwon (ich grabe), do grifst, » grift: ey wuèson (ich wachse), do wist, à wist.

Nicht alle Verba haben das Imperfektum des Konjunktivs, wo es aber vorhanden ist, wird es wie folgt gebildet:

a wird e: banon (binden), ey bent; gawanon (gewinnen), e% gowent ; Swamon (schwimmen), ey Swempt; fanon (finden), ey fent .

da wird 4: lafon (laufen), ey if; halon (halten), ey il; falon (fallen), ey fil; von haon (hauen) lautet aber das Imperf. Coni. ey het.

e bleibt: Swelon (schwellen), ey Swelt; spremon (springen), e% spreykt; von zetson (sitzen) aber lautet es ey 33s.

è wird ö: werfon (werfen), ey wirof u. wiroft; fordèrwon (ver- derben), ey fordirof u. fordiroft. Von feykon (fangen) u. heykon (hangen) lautet es aber ey fig u. ey hip.

é wird ©: éson (essen), ey is; freson (fressen), ey fris; Stéyon (stechen), ex Stiy.

o wird 2: lhomon (kommen), ey khim u. kuim.

6 wird und i: blöson (blasen); ey blest u. bis: Slôon (schlagen), ey Slét u. Sliy (das y ist wohl ein Ueberrest des ausgefallenen g): dröm (tragen) ey drét: lösen (lassen), ey lest u. lis: Slôfon (schlafen), ey sleft u. Slif.

& wird 4: h&son (heissen, begehren), ex his.

ai wird 4: blaiwon (bleiben), ey blif; draiwon (treiben), ey drif: graifon (greifen), ex grif; glaiyom (gleichen), ex gliy; raison (reissen), ey ris; laion (liegen); ey löy (hier haben wir dieselbe Erscheinung wie oben bei $liy und wie wir sie bald wieder haben werden).

io ee

et wird 2: beion (biegen). ey big; bodreion (betrügen), ex bedriy.

ie wird 4: hièwon (heben), ey hift: trièdon (treten), ex trit ;

; bleibt. : Swiaron (schwören), ey Swiar: Staron (scheren); ey Sur; lion (lügen), ey lit.

on wird { und e: stonson (stossen), ey Steist u. Stis: roufen (rufen), ey reift und réf; down (thun), ey dit).

au wird e und 7: saufon (saufen), ey 3eft u. if; Slaufon (schlupfen), ey Sleft u. Slif.

und # werden +: gruewon (graben), ey grift: luèdon (laden), ey lit: wueson (wachsen), ey wist; füoron (fahren), ey für.

Der Ablaut des Konjunktivs Imperfekt ist also, wie man aus dem eben angeführten deutlich erkennen kann, vorwiegend der I-Laut. Bei einer grossen Anzahl von Verbis lässt sich dieses I ziemlich leicht er- klären durch das Verbum, das dem der Mda. als Grundlage diente, oder aus dessen entsprechender Form im Imperf. Coni., bei andern aber ist der I-Laut sehr befremdend und schwer erklärlich.

Als ganz eigenthümlich erscheinen uns die beiden Verba yon (gehen) und S{én (stehen). Diese Verba haben in der Mda. ganz und gar dieselbe Flexionsart, was weder im Alt- noch im Mittel- noch im Neuhochdeutschen der Fall ist. Doch wird im Anschluss an das Hoch- deutsche gén mit dem Hülfszeitwort 35» (sein) und $tön mit ham (haben)

konjugiert. Es ist wohl Analogiebildung bei diesen Verbis anzunehmen. Infinitiv Indikativ Konjunktiv gôn (gehen) Praes. ey gen ey stin Praes. ex gei ey stei stön(stehen ) do gest do Stést do geist da Steist à get > Stat à gei a stei Particip mor gin mor Stin * mar geion mar Steion gay dar geit dor Steit dar geit der Steit gastan 39 gin 39 Stin 39 geion 39 Steion Perf. ex 3 ey hu Perf. ex giy ex Stay da bast da host do ginkst do stinkst an as ron DANCE o giy stm mor zii |S mor hu T mor giyan mor Stiyan dar zeit dar hot dor ginkt dor Stight 39 31 39 hu 59 giyon 30 Stimon Imperativ ' oder ; Le Sei ex dit N % a \ = geit Bar da ditst DS do ditst E REN u. 5. W. } u.s. W. }

‘) doun in der Bedeutung »etwas thun, etwas machen« hat kein Imper- fekt Konjunktiv; ey dit, da ditst u. s. w. dient nur dazu, um das Imperfektum Coni. zu bilden bei den andern Verbis, es ist also blos eine Hülfsform.

143

Die andern nicht angeführten Zeiten sind bei den beiden Verbis im Gebrauch wie bei den andern und nach dem bis jetzt Besprochenem bilden sie keine besondere Schwierigkeit. Die Komposita jener Verba werden gerade wie die einfachen konjugiert.

Da gesin (sehen) einige Schwierigkeiten darbietet, so wollen wir seine Konjugation hier anführen:

Infinitiv Indie praes. Imperat. !) Koni. praes. Koni. imperf. gain u. gesin ey yozin gazei tx g9zei CL 9934 Particip do gozaist gozeit da gozeist do gastyst gyazın a gazın d go3ait I gazel I gazıy mar gazin mar gozeim mar gaztjon dor gazeit dar gezeit dar gaziyt 39 qo3in 39 gezeran 39 go3tjon

Die andern hier nicht angeführten Zeiten bilden keine besondere Schwierigkeit. |

b) Schwache Form.

Infinitiv Indik. praes. Koni. imp. Imperat. Particip brauyen ey brauy ey braiyt hrauy gebrauyt (brauchen) ds brauyst do braiyst branyt > brauy > braiyt Praeterium mor braugon mor braiyton x hu TR der bauyt dor braiyt do host N È 50 brauyto 50 braigt sw. |! 'S 36 yton 39 braiyton us W. y À

Neben der angeführten Form der Konj. imp. hört man auch noch hin und wieder das affektirte: ey briyt, do briyst, o brigt, mar briyton u. S. w.

Infinitiv Indik. praes. Konj. imperf. Imperat. Praeteritum mdägen u. mdon ey mäazyon od. maan ey miy mayod.ma ey hu \ (machen) das meyst od. mest da miyst maytod.mat do host \

a meyt 2 miy u. S. W.

gomat

mar mayen od. masn mar miyon dar mayt od. mat dor miyt 39 mayan od. man 39 miyan

*) Der Imperativ gazei, gazeit werden in der Regel nicht oft gehört und zwar der Sing. ga3ei noch weniger häufig alt der Plur. gozert. Man gebraucht gewöhnlich dafür khuk, khukt vom Verbum khukan (gucken).

nr

brauyen verliert wie die Hülfszeitwörter bei der 1: und 3. Person sing. Indie. die gewöhnlichen Endungen -»» und -{: die Komposita jedoch haben die Endungen: ey forbrauyen (ich verbrauche), » forbraugt.

Der Umlaut bei der 2. und 3. Person sing. Indie. praes. ist nur bei einigen Verbis vorhanden, nämlich bei mayen (siehe oben) ; bröden (braten), do brétst, » brét: holon (holen), do heltst, en helt: röden (raten), do retst, o vet, 36m (sagen), do zest, o set, Sielon (schälen), do Scltst, o Selt:; wielm (wählen), do weltst, » welt, tsièlon (zählen), do tsieltst, on tsèlt; Sucwon (schaben), do sifst, » Sift, und bei ihren Compositis; wöordon (warten), do wertst à wert.

Das Imperfectum Coni. ist auch nur bei einigen wenigen Verbis vorhanden: mayon, ey miy; braugen, ey braiyt; bröden, ey bret; rôdon, ey vet, 30on, ey 36t; khafon (kaufen), ey khif; Sléfon (schleifen etwas mit sich ziehen), ey Slif; wöordon (warten), ey wert; lem (legen), ey let.

Eine nicht geringe Anzahl von schwachen Verben verliert beim Participium den beim Infinitiv angenommenen Umlaut: $idon (schütten), gosut, khefon (kaufen), khat; feioron (führen), yofouort; heidon (hüten), gohout, hoioron (hören), gohouort}): reioron (rühren), gorouort?); zeigen (suchen), gosouyt, Speilon (spülen), gospoult; hailon (heulen), gohault ; Snaitson (schneutzen), gosnaut; Spaitson (speien), gospaut; trelon (trollen fallen), getrolt; Swetson (schwatzen), goSwät.

Rückumlaut haben Sielon (schälen), goselt; wielon (wählen), gewelt: tsielon (zählen), gotsètt.

Keinen Umlaut weder im Infinitiv noch im Particip hat woulen (wühlen), gawondt.

Das Participium von len (legen) ist goluet; hier ist das wohl als Ersatzdehnung für das ausgefallene g zu betrachten.

Ueber die Vorsilbe g5- beim Particip ist folgendes zu bemerken: Diejenigen zusammengesetzten Verba, die im Hochdeutschen im Par- ticip die Vorsilbe ge- nicht annehmen, nehmen dieselben auch in der Mda. nicht an: tsortriedon (zertreten), tsortruèt: forston (verstehen), for- stay; forueton (verachten), foruit. ;

Die Verba, die mit einem Vokal beginnen, werfen das > der Vor- silbe g aus und haben somit blosses y: gaifort (geeifert): gerft (geerbt); ges (gegessen); geiort (geehret).

') gahouart wird ziemlich selten gehört, wohl wegen seines Gleichklanges mit gahouart partic. von houaran (huren); man gebraucht deshalb lieber den ein- fachen Infinitiv: ey hu naist heioron (ich habe nichts gehört).

*) Jenen Participien ganz analog gebildet ist gokhouart, Particip von kheioran (kehren).

Die Vorsilbe fehlt ganz und gar bei folgenden Participien : blif (geblieben) ; bruèt (gebracht): font (gefunden); yay (gegangen): gan u. gen (gegeben); gol (gegolten); khast (gekostet); Ahaunt (gekannt); Æhont (gekonnt): /hat (gekauft); kreit (gekriegt, von kreion, kriegen be- kommen): moust (gemusst): zolt (gesollt); wolf (gewollt).

c) Mischung der starken und schwachen Form.

Wie schon oben ($ 19) bemerkt wurde, sind nicht viele Verba aus einer Klasse in die andere übergegangen. Jedoch sind einige der allgemeinen Regel nicht gefolgt, und zwar sind:

im Mhd. und Nhd. stark, in der Mda. aber schwach: leinon (leihen), goleint: Sen (schinden), yosent und gesant (goSent wird vom Schinder gesagt: om hot à pért goSent, er hat ein Pferd geschunden; Sant heisst »leicht verwundet«: 9% hot zey goSant, er hat sich geschunden, leicht verwundet); zrööwan (weben), gowictt: goseion (geschehen), yeseit:

im Mhd. und in der Mda. stark, im Nhd. aber schwach: kraison (kreischen weinen), gokras; saion (seihen), yo3%:

im Mhd. und in der Mda. schwach, in Nhd. aber stark: »rsrehkon ntrans. (erschrechen), »rsrekt; deyon (dingen), godenkt;

im Mhd. und Nhd. schwach, in der Mundart aber stark : Saufon (schlüpfen), goslof.

s 22. Unregelmässige Verba.

Ausser den Unregelmässiskeiten, die im Verlaufe der Abhandlung angeführt worden sind, sind noch folgende unregelmässige Verba anzu- führen :

breyon (bringen): Indie. praes: ey breyen, do breykst, à breykt, mor breym, dor breykt, 50 breyon: Konj. imperf. x briet, do briètst, à brict, mor brièton, dor brièt, 39 brieton; Partie. bruet.

brènon (brennen); nenn (nennen), renon (rennen), Ahen»n (kennen) lauten im Partic. gobrant, gonant, gorant, Ihant.

doun (thun) und yozin (sehen) haben wir oben gesehen.

Die unregelmässigen Hülfszeitwörter Ihenon (können), meison (müssen) u. s. w. sind ebenfalls besprochen worden.

weson (wissen), Inbic. praes.: ey wés, do west, e was, war wesen, dor west, 32 wesan; Konj. imperf.: ey west, do west, o west, mor weston, dor west, westn, daneben das weniger häufige und alfektierte: 0% wist, do wist u. s. w. - Partic.: gowost; Imperf. ind. ex wost.

N. B. fanon (finden) hat im Partic. font u. fon:

146

holon (holen) hat im Partic. ebenfalls goholt u. gohol: Indik. praes.: ex holon, do heltst, on helt, mor holon, dor holt, 3e holon: Konj. Imperf. : ey hil u. hil u. hel, do hiltst, hiltst u. heltst u. s. w. Imperat. hol, holt.

Eine gewisse Anzahl von Verbis hat neben der Zusammensetzung mit der Vorsilbe f»r- (ver-) auch die mit bo- (be-) und zwar mit ganz derselben Bedeutung: bokkefon u. forkhéfon (verkaufen), boleioron und forleioron (verlieren), bodoun u. fordoun (verthun), bogeson u. forgéson (vergessen) u. s. w. Dieses ist aber nur da der Fall, wo im Hoch- deutschen neben den mit der Vorsilbe ver- zusammengesetzten Verbis keine andern vermittels der Vorsilbe be- gebildeten Verba vorkommen, welche Verba dann infolge der verschiedenen Vorsilben auch verschiedene Bedeutung haben; so bedeutet z. B. bokloon beklagen, forkloon aber ver- klagen, boslöan beschlagen, forslöon aber verschlagen ; bokheisron bekehren, forkheisron aber verkehren u. s. w.')

S 25. Präpositionen.

In der Mda. sind die Präpositionen bei weitem nicht so zahlreich wie im Neuhochdeutschen. Eine und dieselbe muss deshalb in der Mda. manchmal mehrere hochdeutschen ersetzen.

Den Dativ regieren:

aus (aus); auzor (ausser); banon (binnen); entgeint (entgegen); mat (mit, mittels, vermittelst); »o (nach): sant (sammt); fun (von): trots (trotz); tsowidor (zuwider); wéjon u. wéjont (wegen, halber, inbetreff, kraft, vermittelst, mittels, vermöge):; santor (seit).

Den Accusativ regieren:

aplats (statt, anstatt); durey (durch, kraft, vermöge, mittels); fér od. fior od. fir (für); oni (ohne): zon»r (sonder, ohne).

!) Eine scheinbare Ausnahme hierzu bildet badroan u. Jardroon, die beide »vertragen« bedeuten, und 3ex badroon u. 3ey fordréan, die ebenfalls beide »sich vertragen« bedeuten. Die Ausnahme ist aber nur scheinbar, denn in der Mda. kommt b.drösn, welches dem hochdeutschen »betragen« zwar der Form nach ent- spricht, nicht in der Bedeutung von »betragen« vor, sondern das hochdeutsche »betragen« wert sein, wird in der Mda. durch zin (sein), mayan (machen) oder ausmdyxan (ausmachen) wiedergegeben: z. B. das beträgt zwanztg Mark heisst: dat as od. 3èn od. meyt od. mdzxsn tswantsey marek, od: dat meyt od. maxan tswantsey marek aus. »Sich betragen« heisst nur 3ey Sekon: er beträgt sich gut, schlecht heisst 2 Sekt zey gout, Slièt,

RIT

Bald den Dativ, bald den Accusatif regieren, je nachdem sie einen

Ort oder eine Richtung bezeichnen:

Dativ auf die Frage wo ? an (in, während, innerhalb) bai (bei), baim khinek, beim König enr (unter, unterhalb) fior od. fir gewöhnl. fir un (vor) geint (gegenüber, neben) hanor (hinter) iwer (über, oberhalb) lantst (längs, neben) nièwon (neben), selten gebraucht) op (auf) tsweson (zwischen) widor (neben, dicht an, dicht neben)

Accusativ auf die Frage wohin ? am (in) bat (zu), bai do khinek, zum König enar (unter) for oder fir gewöhnl. fir un (vor) geint (gegen) hanor (hinter) wor (über)

lantst (an vorbei, neben) niewan (meben), selten gebraucht op (auf )

fsweson (zwischen) widor (wider).

auzarhalaf (ausserhalb) selten gebraucht, ariwor (richt herüber gegenüber, gerade gegenüber), deszait (diesseit), deizait (jenseit) werden in der Mda. mit fun (von) und folgendem Dativ gebraucht: dessait fum wäsor (diesseit des Wassers), deisait fum dorof (jenseit des Dorfes).

148

Germanische Siedlungen in Lothringen und in England.

Mit einer Karte.

Von A. Schiber, Colmar.

l:

Als ich vor nunmehr einer Reihe von Jahren daranging, die damals fast unwidersprochene Theorie vom schwäbisch-alemannischen Ursprung der Ortsnamen auf -ingen, ganz besonders wenn sie gemischt mit solchen auf -weiler vorkämen, einer Prüfung zu unterziehen, erkannte ich alsbald, dass es für die Zwecke, die ich verfolgte, von grosser Wichtigkeit sein werde, die Untersuchung auf eine möglichst breite Basis zu stützen; denn ich glaubte wahrzunehmen, dass Arnold, wenn er irrte, dies nur that, weil er seine Schlüsse, wenn auch nicht aus- schliesslich, so doch vorzugsweise aus einem Namenmaterial zog, das ihm nahe lag, sagt er doch selbst im Titel seines Buches !): »Zumeist nach hessischen Ortsnamen. «

Mr. Charles Pfister, der nur Elsass - Lothringen untersuchte, meint?): Ces terminaisons ne sont pas également reparties en Alsace et en Lorraine, dans la premiere de ces provinces dominent les heim et les wihr; dans la seconde, ...... les ingen sont en majorite. Les premières terminaisons, semble-t-il, sont plutôt du dialecte allemanique; la dernière a été préférée par les Francs (sic!).

Deshalb dehnte ich sofort meine Forschungen auf ganz Deutsch- land, Belgien, Frankreich, die Schweiz und Ober-ltalien aus, freilich, der Not gehorchend, zum Teil mit nicht erschöpfendem Material. In der Vorrede meiner bei Trübner erschienenen Broschüre*) führte ich aus, warum ich annahm, dass nach Lage der Sache auch mit diesem Material etwas Brauchbares geleistet werden könne; es scheint auch nicht, dass ich mich dabei zu sehr geirrt habe.

Gleichwohl empfand ich seither etwas wie eine moralische Ver- pflichtung, auch die bisher nur auf Grund lückenhafter Quellen heran-

.

gezogenen Gebiete genauer zu untersuchen, was ich denn inzwischen,

1) Wanderungen und Ansiedlungen deutscher Stämme.

?) La limite de la langue française et de la langue allemande en Alsace- Lorraine.

3) Die fränkischen und alemannischen Siedlungen in Gallien, Strassburg 1894.

ze

freilich oft behindert durch Abhaltungen aller Art, ziemlich gewissen- haft gethan zu haben glaube.

Das Ergebnis dieser Arbeiten werde ich, insoweit es mir die Lösung mancher ansprechenden siedlungsgeschichtlichen Frage gegeben hat, wenn es die Umstände vergönnen, seiner Zeit ausführlich bekannt geben; hier will ich nur erwähnen, dass es geeignet scheint, meine Thesen, wie ich sie in den Siedlungen erörtert und glaubhaft gemacht habe, der Hauptsache nach unberührt weiter bestehen zu lassen, viel- fach zu bekräftigen.

Diese Thesen sind, um es in Kürze in Erinnerung zu bringen, folgende:

i. Die Ortsnamen auf -ingen sind das Resultat germanischer

Massensiedlung auf erobertem Boden, in Volks- resp. Stamm-, Gau- und Sippen-Verbänden, von Siedlungen: auf genossen- schaftlicher Grundlage; sie sind in keiner Weise nur den Alemannen eigen.

2. Ebensowenig sind dieses die -weiler, sie treten da auf, wo im Bereiche germanischer Ansiedlung auf gallo-römischem Boden ein für genossenschaftliche Siedlung germanischer Sippen weniger geeignetes Terrain gegeben ist, ihre grosse Mehrzahl lindet sich daher in gebirgigem (Gelände.

3. Die Orte, deren Namen auf -heim enden, sind jedenfalls ger- manische Siedlungen, allein viele Umstände sprechen dafür, dass sie nicht Volks- oder Sippen-Siedlungen sind, vielmehr einem Herrn zugehörten, dieses und ihre geographische Ver- breitung, sowie die Analogie mit den Ortsnamen -ville, -mont, -court etc., sprechen dafür, dass wir es hier namentlich, wo diese -heim auf früher alemannischem Gebiete auftreten, mit fränkischen Herrensiedlungen zu thun haben, wobei aber keineswegs bestritten werden soll, dass da, wo solche Namens- form einmal verbreitet war, später nach einem bekannten Er- fahrungssatze, wonach die Analogie bei der Ortsnamenbildung eine grosse Rolle spielt, sich Ortsnamen gleicher Endung auch unter abweichenden Voraussetzungen bilden konnten !).

') Vgl. Waitz, das alte Recht der salischen Franken, S. 53: Mehreren deutschen Stämmen ist das Wort »heim« als Bezeichnung zusammenliegender Wohnstätten gebräuchlich; ursprünglich gleichbedeutend mit Haus, drückt es später häufig den Begriff des Dorfes, der Dorfschaft aus, einer solchen, die von dem einzelnen und seinen Leuten oder den Mitgliedern einer Familie angelegt worden ist und die nun mitunter von den Gründern auch

wie es scheint, besonders

den Namen empfangen hat. So ist das Wort bei den Angelsachsen im Gebrauch,

150

Gerade meine Stellungnahme zu dieser Frage, wonach ich der bisher herrschenden Theorie zustimme, also es heim Alten zu lassen schien, wenn man übersah, dass ich für -heim den Charakter der Herrensiedlung gegen Arnold hervorhob, wurde mir seltsamer Weise vielfach vorgeworfen und als Inkonsequenz gedeutet, als ob, wenn man einen Vorgänger berichtigen zu müssen glaubt, man nun auch alles, was der Mann je gelehrt und gethan, von Grund aus verwerfen müsste!

Man fand es inkonsequent, dass -ingen keinen bestimmten deutschen Volksstamm kennzeichnen, -heim aber für fränkische Siedlung charak- teristisch sein solle: worin die Inkonsequenz liege, das sagte z. B. Herr Charles Pfister!) nicht. Mehr Gewicht hatle es, wenn man darauf hinwies, dass auch in Gegenden, wo von fränkischem Einflusse keine Rede sein könne, so in England, die mit unserem -heim gleichwertige Endung -ham sehr häufig vorkomme. Neu war mir das nun ebenso- wenig, als das Auftreten von vielen -ham in Bayern, von -um im Friesenlande, aber in jener Schrift, die zunächst die Unterscheidung zwischen alemannischen und fränkischen Siedlungen bezweckte, schien es nicht unerlässlich, auch auf diese Ortsnamen einzugehen.

Nachdem ich aber alle einst römischen Gebiete des Continents, in denen sich Germanen angesiedelt und in denen sie germanische Ortsnamen in grösserer Zahl geschaffen haben, untersucht hatte, schien es mir nötig, auch die germanischen Massensiedlungen jenseits des Meeres ın den Bereich meiner Forschungen zu ziehen.

Freilich ein Werk, aus dem alle englischen Ortsnamen zu ersehen wären. aufzutreiben ist mir noch nicht gelungen, wohl aber fand ich ein solches, das eine Uebersicht aller patronymisch benannten Orte Englands zu geben sich vorsetzt.

Es ist dies John Mitchell Kemble, »The Saxons in England« das Werk eines vor 50 Jahren schreibenden Gelehrten von Ruf; Kemble war Mitglied der britischen Akademie der Wissenschaften und anderer selehrter Gesellschaften.

Als ich nun Kemble, der mir bisher unbekannt geblieben war, durchging, staunte ich über die Uebereinstimmung zwischen seiner Auf- fassung von der Bedeutung der altenglischen Ortsnamen auf -ingas und meiner Erklärung der deutschen Ortsnamen auf -ingen.

so bei den Alemannen im Süden und bei den Friesen im Norden Deutschlands, ganz besonders aber scheint es den Franken eigen gewesen zu sein, so dass der häufigere Gebrauch des Wortes im Süden zur Bezeichnung der Grenze gegen die Alemannen, im Osten gegen die Sachsen gebraucht werden kann.

') Revue critique, 2.—9. Juli 1894.

151

Er sagt hierüber '), nachdem er vorher die -ingas als einstige Markgenossenschaften erklärt hat: Das Wort Mark hat eine gesetzliche, es hat auch eine territoriale Bedeutung, es bedeutet nicht nur ein Stück Land, wie es oben beschrieben worden ist, sondern auch ein Glied des Staates, in diesem Sinne bedeutet es Jene, welche das Land bewohnen etc.

Ferner : In diesem Sinne ist die Mark eine (Gemeinschaft von Familien und Haushaltungen, angesiedelt auf einem Bezirk Wald und Land, wie oben beschrieben. Dies ist die ursprüngliche Grundlage, auf der die ganze teutonische Gesellschaft beruht; und weiterhin: Einmal eingeführt, musste eine solche Bezeichnung (die patronymische ist ge- meint) wandern mit der Wanderung der Gemeinschaft selber.

Man sieht, es stimmt alles dieses ganz auffallend zu meinen Aus- führungen, Siedlungen $. 9, 10.

Solche Ortsnamen auf -ingas weist nun eine Sammlung, die Kemble als Codex Diplomaticus Normannicus bezeichnet, in erheblicher Anzahl auf, Kemble vermehrt sie aber, indem er eine Anzahl Ortsnamen auf -ington und -ingham, -ingbourn etc. gleichfalls, wie er sagt, nach Prüfung der sämtlichen in Betracht kommenden Umstände, als alte Markgenossen- schaften betrachtet; er spricht die Ansicht aus, dass alle die von ihm aus einer grossen Zahl ausgewählten Ortsnamen alte -ingas seien und findet so über 600 Ortsnamen dieses Typus.

Musste es mich überraschen, dass schon vor 50 Jahren solche Sätze aufgestellt werden konnten, ohne in Deutschland, dessen Ur- seschichte sie doch immerhin mit betrafen, grosse Beachtung zu finden, so wuchs mein Erstaunen, als ich bei einem andern englischen Schrift- steller etwas jüngern Datums Ausführungen fand, die wieder in anderer Hinsicht sich mit meinen Anschauungen in bemerkenswerter Weise begegneten.

* Es war dies bei Seebohm: The English Village community. Dieser kommt auf Grund einer Argumentation, die mit der in meinen Sied- lungen nicht das mindeste gemein hat, insofern zu denselben Schlüssen wie ich, als er annimmt, dass die Ortsnamen auf -heim in Deutschland und jene auf -ham in England, ebenso wie jene auf -ville, -court ete. im französischen Sprachgebiet Gutsherrschaften darstellen, (manors) Colonen- Dörfer, gerade so wie nach seiner Ansicht auch die Ortsnamen auf -ton dieselbe Bedeutung haben.

Ausser diesen für meine Forschungsergebnisse augenscheinlich erfreulichen Wahrnehmungen, auf die übrigens näher einzugehen hier

1) À. a. O. Bd. I, S. 42, 53, 58.

152

nicht die Stelle ist !), stiess ich aber bei Gelegenheit dieser Arbeiten auf eine Thatsache, welche wohl als ein toponymisches Kuriosum, wenn nicht als etwas besseres, unsere Beachtung verdient.

Es ist das die Thatsache, dass eine erkleckliche Anzahl der loth- ringischen Ortsnamen auf -ingen, namentlich ein sehr grosser Teil der Ortsnamen dieses Typus im Kreise Diedenhofen, ja die Gesamtheit der- selben im Kannerthale sich in genau derselben, oder doch in ganz ähnlicher Form in England wiederfindet!

Um aber diese Thatsache zu würdigen, ohne ihre Bedeutung zu über- noch zu unterschätzen, wird es von Nutzen sein, sich von der Entstehung dieser Namen ein möglichst klares Bild zu machen.

Zu diesem Behufe muss etwas weiter ausgeholt werden. Die alten Ortsnamen auf -ingen, welche durch die Lage und den Umfang ihres Bannes, sowie durch ihre Flureinteilung als genossenschaftliche Gründung eines über die Bedeutung nur einer Familie erheblich hinausgehenden Ver- bandes sich darstellen), bezeichnen nach der hier zu vertretenden Ansicht einstige Markgenossenschaften *), Siedlungen einer Gemeinschaft von Haushaltungen, welche einer Sippe angehören, die sich durch ihre Benennung als Nachkommenschaft eines gemeinsamen Stammvaters kennzeichnet.

Es scheint kaum eines besonderen Hinweises darauf zn bedürfen, dass eine solche Gruppe von unter einander gesippten Familien in dem Stamme, dem dieselbe angehört, die kleinste staatliche und auch wohl die kleinste militärische Einheit gebildet haben muss.

Die Existenz einer kleinsten Einheit solcher Beschaffenheit bei den Völkern Germaniens wird aber durch das Zeugnis Cäsars und im noch viel schlagenderer Weise durch das von Tacitus bestätigt; letzteres bedarf freilich, um recht einleuchtend zu scheinen, erst der Richtig- stellung.

Cäsar sagt bekanntlich): Agriculturae non student; majorque pars victus eorum in lacte, caseo, carne consistit; neque quisquam

!) Man sehe meine vorläufigen kurzen Betrachtungen zu diesem Punkte im Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertums- vereine 1900, S. 126.

?) Nicht alle -ingen sind alte Markgenossenschaften.

3) Dabei gebrauche ich, wie man aus dem Gesagten ersieht, das Wort Markgenossenschaft nicht streng in dem Sinne, den ihm unsere Rechtshistoriker beilegen, sondern, seiner Prägnanz und Anschaulichkeit wegen, in einem weiteren Verstand für die kleinsten Genossenschaften, welche ein abgegrenztes Gebiet, eine Mark in Gesamtbesitz nahmen. Vgl. über die Bedeutung Mark auch Grimm, deutsche Rechtsalterlümer, S. 496 ff.

*) de Bello Gallico, L. VI, Kap. 22.

Lx 455

agrı modum certum aut fines habet proprios; sed magistralus ac prin- cipes in annos singulos gentibus cognationibusque hominum, qui una coierunt, quantum, et quo loco visum est, agri attribuunt, atque anno post alio transire eogunt. Aus dieser Stelle, die ja wohl hinsicht- lich mancher Einzelheiten wie in Bezug auf die nachfolgende Erklärung dieser Sitte Einwürfe zulässt, geht jedenfalls mit ziemlicher Sicherheit (denn Cäsar ist doch im Ganzen als ein zuverlässiger Berichterstatter zu erachten) soviel hervor, dass die alten Germanen kein Individual- Grundeigentum kannten, und dass das Land von ihnen an Genossen- schaften und deren Unterabteilungen (gentes-cognationes) verteilt wurde, welche auf Geschlechtsverband gegründet waren.

Für eine Zeit, die etwa 150 Jahre später liest, meldet uns Tacitus ') folgendes :

Foenus agitare et in usuras extendere ignotum: ideoque magis servatur quam si vetitum esset. Agri pro numero cultorum ab universis invicem occupantur, quos mox inter se secundum dignationem partiuntur; facilitatem partiendi camporum spatia praestant. Arva per annos mutant et superest ager. Nec enim cum ubertate et amplitudine soli labore contendunt, ut pomaria conserant et prata separent et hortos rigent: sola terrae seges imperatur. Unde annum ipsum non in totidem digerunt species, hiems et ver et aestas intellectum ac vocabula habent, autumni perinde nomen ac bona ignorantur.

So ist die übliche Lesart, statt invicem steht in vielen Ausgaben in vices, in anderen per vices: die ältesten Handschriften, so auch die Stuttgarter, lesen vorherrschend?) »vices« allein. Das scheint nun keinen rechten Sinn zu geben, daher die Versuche, die Stelle durch Conjecturen zu verbessern. Mit Recht ; aber die einfachste, unscheinbarste und so naheliegende Emendation wurde in der Regel nicht beliebt. Die Mängel der üblichen Lesart scheinen mir in die Augen zu springen, das fand auch Holtzmann, der sehr wohl das wirklich Anstössige derselben fühlte, der aber mit seinem Verbesserungsversuche nur eine Schwierig- keit beseitigte, eine andere aber bestehen liess. Doch zur Sache, vor- erst zu dem, was mir an den herrschenden Lesarten missfällt.

Vor allem finde ich auffallend, dass das Land »ab universis pro numero cultorum+ besetzt werden soll? Das heisst doch wohl »im Verhältnis zur Anzahl der Bauern«, ein Verhältnis kann aber nur in

') Germania, Kap. 26. ?) Die Leydener hat in vicem, die vatikanische No. 1682 in vicis. Diese Abweichungen deuten auf Versuche, eine unverständliche Vorlage zu emendieren,

1 :<

Frage kommen, wenn mehrere nach dem Verhältnis zu berücksichtigen sind. Mit Recht hat daher Holtzmann als etwas nicht zu bezweifelndes ausgesprochen, dass zu »universic ein Subject gehöre, das seiner Meinung nach ausgefallen war. Er schlug vor zu lesen: »ab universis cognationibus«. Damit hat er den Sinn der Stelle gewiss richtig gegeben, insoferne es unzweifelhaft Geschlechtsverbände gewesen sein müssen, die das Land »pro numero eultorum« besetzten, nur irrte er, wie mir scheint, darin dass er das Subject zu »universis« verloren wähnte, es ist nur versteckt. Uebrigens bleibt auch nach der Holtzmannschen Conjectur eine Schwierigkeit bestehen, nämlich die Deutung der Worte in oder per vicem. Pro numero .... invicem occupantur. Das zeigt uns das Land offenbar schon nach dem angegebenen Teilungsmassstabe verteilt, und zwar nicht zum dauernden, sondern zum wechselnden Besitz.

Nun heisst es aber gleich weiter wieder, dass sie das Land ver- teilen, aber diesmal secundum dignationem. Wie ist das bei dem schon unter die Bauern vertheilten Lande möglich ? Und eine Zeile weiter heisst es wieder »arva per annos mutant« ; wie die Stelle gemeinhin verstanden wird, soll sie bedeuten, dass die Besitzer jährlich ihr Ackerland unter einander vertauschen, im Sinne des Caesarschen »alio transire cogunt«').

!) Jene, welche eine jährliche Neuverteilung der Aecker für unwahrscheinlich, oder, wie es mir vorgekommen ist, für undenkbar halten, braucht man gar nicht erst auf das zu verweisen, was über die frühere Uebung in Dänemark von Hanssen berichtet wird, (Falke, neues staatsbürgerl. Magazin, Bd. 3 und 4) und was nach Schwerz, Mögliner Annalen, 27, I, am Hundsrück wenigstens noch vor 60 Jahren geübt wurde, vgl. Sybel, Entstehung des deutschen Königtums, S. 9; wir finden solche Zustände noch heute lebendig im Russischen »Mir«. Elisée Reclus sagt hierüber in seiner Nouvelle Géographie universelle, Bd. 5, S. 866: L'ensemble des habitants d’un village constitue le mir ou la commune. Le mir, qui s’administre en toute liberté, est propriétaire du sol, mais en même temps il est responsable du bien-être de tous les membres de la commune; il doit assurer une part à tout individu capable de travailler. Souvent les forêts et presque toujours les pâturages restent indivis. La maison, le terrain elle est construite et le jardin attenant sont propriété privée; mais aussi longtemps que le possesseur n’a pas acheté définitivement sa part de terre à l’ancien seigneur, il appartient à la commune et ne peut vendre ni maison ni jardin à une personne étrangère au mir qu'avec le consentement des habitants du village. En principe, le partage se doit faire suivant la quantité des travailleurs mâles dans chaque fa- mille (pro numero cultorum ?) et la terre étant taxée pour les impôts d’après la population mâle, la répartition du sol devient obligatoire après chaque recense- ment. Mais les oscillations diverses ..... obligent les villages à faire des ré- partitions plus fréquentes. .. Dans le même district des communes procèdent au

Warum nun diesen Besitzwechsel einige Sätze vorher so unbe- stimmt vorgreifend andeuten ? Will gesagt werden, dass die einzelnen Ansiedler (cultores) jährlich ihr Pflugland (arva) vertauschen, der mit in vicem« angedeutete Wechsel aber den Gebietsaustausch grösserer Verbände betreffen soll? Hier müsste natürlich die Umtriebszeit eine andere sein, eine mehrjährige, aber welche ?

Manche verstehen das »arva mutant« nicht von einem Besitz-, sondern von einem Fruchtwechsel, die Anhänger dieser Interpretation nehmen eine fortgeschrittene Kultur. ja sogar Individualeigentum an. Wie verträgt sich mit diesen Zuständen aber der weiter oben ange- deutete allgemeine Wechsel (invicem) ?

Alle diese Schwierigkeiten verschwinden sofort, wenn man liest: »Agri pro numero cultorum ab universis vicis occupantur«. Nun liest sich das ganze Kapitel sehr leicht: Die Ländereien werden von den gesamten Dorfgenossenschaften im Verhältnis zur Anzahl der Hüfner in Besitz genommen; diese (natürlich die Dorfgenossenschaften) verteilen ihre Anteile alsbald unter sich nach Massgabe der Würdigkeit,

partage tous les ans, tandisque d’autres ne font de nouvelles divisions qu'après deux ou plusieurs années... Zur Illustration der Besitzverhältnisse innerhalb eines »Mir« giebt Reclus eine Karte, welche die Verteilung des Acker- landes innerhalb des Mir von Vororino, District Jaroslavi, darstellt. Diese zeigt 21 Unterabteilungen, die einigermassen an die Gewanne unserer Dörfer erinnern; jede solche Fläche ist wieder in Parzellen von länglicher, streifenartiger Form geteilt, die augenscheinlich die Anteile der einzelnen >individus capables de tra- vailler« darstellen, da je 9, 7 und 5 aneinander stossender Gewanne mit 1—7. I.—IX. und a—e bezeichnet sind, so ist anzunehmen, dass die drei Gruppen, »les trois chapeaux«, die drei »Zelgen« darstellen und dass jeder Anteilberechtigte in jeder Zelge ein oder mehrere Stücke besitzt, wie sie ihm aus dem Hute zu- gelost wurden; ein ähnlicher, wenn nicht gleicher, Verteilungsmodus, geleitet von dem Bestreben, alle gleich zu stellen, hätte sonach hier zu derselben Flur- einteilung geführt, die wir in den deutschen Gewanndürfern und, auffallend über- einstimmend damit, in den germanischen Siedlungen Englands antreffen (man vergleiche nur die Flurkarte des Dorfes Hitchin bei Seebohm). Den Gegensatz dazu bilden die Flurkarten der irischen Dörfer, mit ihrer an die blockartige Auf- teilung der »Weilerorte« erinnernden Abteilung. (Vgl. die Flurkarte von Corres- kallie in Monaghan bei Seebohm.) Auch hier war das Land Gemeingut der Stämme oder Geschlechter, aber wie ganz anders lautet, was Seebohm über die Art der Verteilung unter den Nutzungsberechtigten berichtet: Nach dem Venedotian Code sollte von dem mit 8 Ochsen gepflügten Land das eine Stück (erw.) an den gehen, der pflügte, das zweite an die Pflugschar, das dritte an den Leitochsen auf der äussersten Linken (Schollenseite) u. s. f. In Irland wechselten die Be- wohner, die Hofstatt blieb fest; selten sind denn auch die Marken, in denen die alten Bezeichnungen der Höfe fortleben, nach einem P. N. benannt, gewöhnlich rührt der Name von einem Appelativum her, Seebohm a. a. 0. S. 83 u. 148.

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Das Pflugland wechseln sie jährlich und es bleibt noch Land übrig etc. Diese Erklärung scheint so befriedigend, dass es Wunder nehmen würde, wenn sie nicht schon vorgeschlagen worden wäre; nur ein Bedenken könnte ihr entgegengehalten werden : Kann denn vicus mit Dorf- senossenschaft übersetzt werden ? Vicus heisst doch das Dorf! So steht’s allerdings im Lexikon und das war vielleicht der Grund, warum »vicise von einem denkenden Abschreiber oder von einem gelehrten Herausgeber der Renaissancezeit, denn über diese reicht der Stamm- codex unserer Handschriften nicht hinaus'), in »vices« geändert wurde. Wenn ich nun behaupten will, vicus bedeute hier eine Unterabteilung von pagus und könne ebenso wie letzteres Wort nicht nur territorial, sondern auch persönlich verstanden werden, so scheint das freilich sehr kühn, wenn ich mich auch auf den Umstand berufen kann, dass pagus (Gau) zweifellos von den Leuten gebraucht wird, welche den Gau bilden. So heisst es bei Caesar?): Quod improviso unum pagum adortus esset was, zumal es sich um einen pagus der wandernden Helvetier handelt, nur von einem Personenganzen verstanden werden kann. Wird doch auch civitas mit demselben Doppelsinne gebraucht. Dass vicus territorial eine Unterabteilung des pagus ist, wird ja nicht bezweifelt werden °).

Trotz dieser Argumente hätte ich mich mit dem Vorschlag »vicis« zu lesen nicht hervorgewagt, hätte ich nicht gefunden, dass der be- rühmte Textkritiker Becker diese Lesart angenommen hat: es kann daher wohl nur ihre Richtigkeit, nicht aber ihre Möglichkeit in Frage gestellt werden À).

Mit der Bedeutung des »arva mutante brauchen wir uns, scheint mir, für die Zwecke dieser Untersuchung gar nicht näher zu befassen, denn : Entweder man darf Denen beistimmen, welche den Germanen: jener Zeit nur eine sehr primitive Bewirtschaftungsmethode zuschreiben, eine sogenannte Gras- oder Ehgarten-Wirtschaft, wobei jedes Jahr ein anderes Stück Boden besäet wird, um dann eine längere Reihe von Jahren zu ruhen, d. h. als Weide zu dienen, dann leuchtet ein, dass das brach liegende Feld wieder in die Allgemeinnutzung der Almende°)

1) Die Abschrift des Henoch Asculanus entstand um die Mitte des 15. Jhdts.

2\ Bell. Gall. I, 13.

3) Tac. Germ. C. 12 >qui iura per pagos vicosque reddunt«.

*) Vgl. Seebohm, S. 233. Auch er liest: Ab universis vicis occupantur.

5) Wegen des Begriffs »Mark« und »Almende« siehe bei Grimm, deutsche Rechtsaltertümer, S. 496--498. Vgl. Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadt-Verfassung, 1854, S. 93: Denn dass Tacitus beim Gebrauche des Wortes ager an einen ager publicus im römischen Sinne des Wortes gedacht habe, scheint mir ausser Zweifel zu sein. Bestätigt wird diese Ansicht durch die

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zurück fallen musst); oder die Landwirtschaft wird als so entwickelt gedacht, dass ein beschränkter Teil der Mark dauernd der Ackerwirt- schaft gewidmet bleibt, wobei aber der Genuss jährlich wechselt ?), dann kann von einem Individual-Eigentum am Grund und Boden auch nicht die Rede sein. Und wenn wir auch das »arva mutant« nur von der Fruchtfolge d. i. der zeitweisen Brache verstehen wollten *), nun dann hätten wir jedenfalls die Annahme, dass die Dorfschaften ihrer- seits in gewissen Perioden, wie zu Caesars Zeiten, wechseln, ganz ausgeschlossen, aber auch nicht das mindeste Recht, zu vermuten, dass auch das nicht unter den Pflug genommene Land unter den »cultores« verteilt war; letztere sind also im gemeinschaftlichen Besitz wenigstens der ungeteilten Mark, und insoferne müssen wir sie als Mark- genossen bezeichnen; nicht als ob das mittelalterliche Rechtsinstitut der Markgenossenschaften in jene Zeit zurückverlegt werden wollte. Dass ein solcher »vicus« wenn seine Mark gross bemessen war, mit der Zeit in seinem Bezirk Tochterdörfer gründen musste, denen selbst wenn ihnen ausser der besonderen Feldmark ein besonderer Teil Wald und Weide zufiel, sehr wohl ein Mitgenuss an anderen Teilen der gemeinen Mark bleiben konnte, ja sehr wahrscheinlich regelmässig blieb, ist wohl nicht abzuweisen und insofern sind wir

Geschichte der nordischen Reiche. Nach der Art und Weise, wie nämlich auch dort ursprünglich das Land in Besitz genommen worden, war alles Land ursprünglich Gemeinland, Almenning, alminning, almäninger oder Allmende, also der Gesamtheit gehöriges Land. Ebenda S. 97, $ 44: Ursprünglich ist dem- nach die ganze Mark in Gemeinschaft.... gewesen, Denn auch bei der ge- teilten Feldmark hat, so lange der jährliche oder auch erst nach Jahren wieder- kehrende Wechsel der Ackerloose bestand, die Gemeinschaft fortbestanden.

') Zu dieser Auffassung stimmt auch besonders, dass dann das ganze ( 26 eine treffliche Illustration des Satzes »faenus agitare ignotum« wird. Das Fehlen allen Individualeigentums am Boden, die primitive Bestellungsweise, die der Besitzwechsel von selbst ergiebt, der Mangel eigner (besser gepflegter) Wiesen, sowie jeglicher Fruchtgärten ergeben einen wirtschaftlichen Zustand, bei dem für die usura, damals schon die »Geisel Roms«, offenbar kein Raum gegeben war. Eine Anspielung auf Feldwirtschaft mit rationellem Fruchtwechsel, unter Voraus- setzung eines Grundeigentums der Einzelnen an den zugeteilten Ländereien würde weit weniger hierher passen, ja eher abschwächend wirken.

2?) Also so, wie es (vgl. oben S. 9, Note) von Hansen und Schwerz für die jüngste Vergangenheit berichtet wird und im Mir statthat.

3) Die hier bevorzugte Auslegung des arva mutant ist auch von Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 578, namentlich in Note 3, als die richtige er- achtet worden; insbesondere nimmt auch Gierke Feldgraswirtschaft an. Auch für das weiter unten über die Genossen als Gentilen Auszuführende kann auf diesen gewichtigen Gewährsmann verwiesen werden. A. a. 0, S. 576.

18

berechtigt, eine grosse Anzahl der spätern, technisch so genannten Mark-, Wald- und Alpgenossenschaften von solchen Dorfsiedlungen der ersten Landnahme herzuleiten.

Da aber das Eigentum in der frühesten Zeit bei der Ge der Volksgenossen stand, der das nicht unter die Dorfschaften verteilte Gebiet ebenso zustehen musste !), wie die Almende, das nicht unter die cultores verteilte Land der »vici«, so ist es nicht zu verwundern, auch Markgenossenschaften von einem solchen Umfang zu treffen, dass ihr Gebiet auf einstigen gemeinsamen Besitz eines ganzen Volksstammes oder mindestens eines Gaues hinzuweisen scheint, wie die alte Fuldische Mark, die Heppenheimer Mark etc.?). Wichtiger als die Frage, wann und wie sich in jenen Genossenschaften aus der Urzeit das Eigentum aus dem ursprünglichen Nutzungsrecht bezw. der Gewere?) entwickelt hat, erscheint hier die Frage: standen unsere Markgenossen unter einander in keinem näheren Verbande, als dem der Zugehörigkeit zum selben Volke ?

Bedenkt man die grosse Bedeutung, die bei den Germanen dem Sippenverbande überall zukömmt, wie schon Caesar andeutet, dass sie bis zu den kleinsten Einheiten herab zusammen hausen (gentes cognationesque); ferner wie vielfach alle politische Ordnung in die Formen der Familie gekleidet war“); die Wichtigkeit der nachbarlichen Verhältnisse im deutschen Recht), namentlich das Erbrecht der Nach- barn noch zu Childerichs Zeiten, Bestimmungen wie jene der lex Salica Tit. LVII Al. 3 (Emend), die Vorschrift nachbarlichen Consenses zur Klage, sowie die Sitte, nach Geschlechtern geschaart zu kämpfen), so muss man wohl Sybel zustimmen, wenn er sagt: für die Charak- teristik des Vicus dünkt es mich entscheidend, Vicinen dieser Art dürfen wir unbedenklich als Gentilen bezeichnen ?).

Welches die Benennung dieser Geschlechtsverbände in der Sprache der Germanen war, ob »Sippe« ob, wie Sybel zu vermuten scheint, »fara« der entsprechende Ausdruck war, soll hier nicht erörtert werden, dass aber bei solcher verwandtschaftlichen Grundlage des gegenseitigen

!) Freilich bestand in solchem Land anfangs freies Occupationsrecht proprisus, purprisus, vielleicht der Ursprung der »heim«. Maurer, Einleitung etc. S. 82—83.

?) Maurer, Geschichte der Markenverf. in Deutschland.

®) Maurer, Einleitung etc., $ 45.

*) Sybel, Entstehung des deutschen Königtums, S. 18.

Duswbel;a.a03:8,724!

5) Tacitus, Germ. C. 6.

7), Sybel, .2..2..0x:5: 98.

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Verhältnisses eine patronymische Benennung des Verbandes wahrscheinlich ist, dürfte nicht zu bestreiten sein. Die Bildung des Patronymicums durch das Suffix ing, ingas, ingon ist bekannt).

Da somit eine Masseneinwanderung von Germanen mit Sitten, Gebräuchen und Rechtsverhältnissen, wie sie Tacitus schildert, in Gründung von zahlreichen Dorffluren, mit gleichmässiger Verteilung des Ackerlandes unter den regelmässig gleich bedachten Hüfnern, mit ge- meinsamem Genuss von Wald und Weide, dabei die einzelnen Sied- lungen wenigstens vorherrschend in einer Weise benannt, welche die Gründung durch Geschlechtsverbände andeutet, sich notwendig hätte äussern müssen, so werden wir annehmen dürfen, dass in der That zur Zeit der Einwanderung der Germanen im Römerreich in der Zeit vom 3. bis zum 5. Jhdt. unter ihnen noch so ziemlich dieselben Verhältnisse in Kraft waren, wie zur Zeit, da Tacitus ihre Sitten schilderte, und dass hierauf das massenhafte Vorkommen patronymisch benannter Orte in diesen Gegenden zurückzuführen ist ?).

Die Bildung des Patronymicums erfolgte aber nicht, wie vielfach angenommen wird, einfach durch Anhängen des Suffixes ing an einen Personennamen.

Die alten germanischen Personennamen bestehen regelmässig aus zwei Wortstämmen, wie Sigi- bert. d. i. dem Sinne nach: der prächtige Sieger. Es war nun, scheint es, üblich, dass die Kinder eines Mannes dieses Namens auch wieder ähnliche Namen trugen, etwa: Sigfried, Sigraban, Sigibodo, Sigibald, Sigibrand, Sigihard, die Töchter mochten Sigiburg, Siglinde, Sigihilda, etc. heissen.

Die Sippe, der ein jedes angehörte, wurde also durch den ersten Teil des Namens gekennzeichnet.

Das älteste Beispiel für diese Sitte ist wohl der Bericht des Tacitus, wonach ein Fürst der Cherusker den Namen Sigomar (Segimerus) führte, sein Bruder heisst Sigogast (Segestes), dessen Sohn aber Sigmund (Segimundus) ?).

Bekanntlich vermutet man, Arminius, der auch einen Bruder Sigomar hatte, möge den Namen Sigfried geführt haben und der Held jener von Tacitus erwähnten Gesänge zu seinen Ehren sei auch der der Nibelungensage!

Diese Sippe würde nun aber nicht den Namen der Sigbertingen oder dgl. geführt haben, sondern das Suffix wurde vielmehr an den die

1) Siedlungen, S. 8 ff. ?) Vgl. Siedlungen, Kap. 1. #) Tac. Ann. I, S. 54, 71.

BR

Sippe determinierenden Namensteil Sig- angehängt, also: die Siggingen, oder die Sikkingen. Man kann auch sagen, das Suffix wird an den Kurznamen angehängt, denn die vorerwähnten Mannesnamen hätten alle die Kurzform Sigo oder Siggo gebildet, auch Sicco, und wohl zu beachten Sigilo kömmt vor. Theodorich der Grosse stammte aus dem Geschlechte der Amalungen, seine Tochter hiess Amala- suntha, zuverlässig hiess die Familie nach einem Amalarich oder Amalfried oder Amalolf: aus der Kurzform Amalo ist das Patrominycum sebildet.

Aber es giebt auch eine andere Ableitungsform, wie es auch eine andere Art giebt, die Kurzform des Personennamens zu bilden.

Von Merovech, Sohn des Chilperich, nannte man seine Nachfolger Merovinger, nicht Meringer.

Es entspricht das einer Kurznamenform, die einen Teil des zweiten Wortstammes aufnimmt, so wird Dagobert Dappo: Gundobald oder Gundobert Gumpo: wie das Steub in seiner Schrift zu den deutschen Familiennamen (1873) ausgeführt hat.

Es soll aber nicht verschwiegen bleiben, dass es auch eine Reihe von Ortsnamen giebt, die den ganzen Namen enthalten: Sigmaringen, Volmeringen, Geiselhöring u. s. w. Es kann dies um so weniger über- raschen, als es ja auch patronymische Ableitungen dieser Art giebt, die jedermann bekannt sind: Asilolfingen, Luitpoldingen u. a. m.

Ist das eine Durchbrechung unserer Regel oder ein Beweis, dass Jene recht haben, welche Formen wie Rodingen, Nebingen, Meiningen, Reiningen für Contractionen längerer Ortsnamensformen halten; also etwa von Rodbertingen, Nebulfingen, Meinhardingen, Reinbertingen ?

Natürlich giebt es zusammengezogene Formen: Gandringen mag wohl aus Ganthar, Weckringen aus Wickram mit Hilfe des Suffixes -ing entstanden sein; auch dem Namen Bertringen wird eher ein Bertram oder Bertrand zu Grunde liegen als eine Form Bertro, die nirgends vorzukommen scheint. Aber jene Namen, in denen die übliche Kurzform des Personennamens ganz rein vorkömmt, wird man im Zweifel auch von dieser ableiten müssen.

Dass dies sich so verhält, ergiebt sich auch aus folgendem: In den Ortsnamen ist oft, sehr oft sogar, statt des Kurznamens in seiner ursprünglichen Form eine Weiterbildung desselben enthalten, welche durch das Suffix -ilo gebildet wurde, ursprünglich offenbar eine Ver- kleinerungs- oder Koseform, die aber später, nach Förstemanns Ansicht, diese Bedeutung verlor. Gerade von dieser verlängerten Form sind aber eine Menge Ortsnamen gebildet: Wolfraban giebt Wolfo, dieses

à . et

a

Wolfilo: und von diesem kömmt Wölflingen !). Läge hier nur eine Contraction vor von Personennamen und Suffix, wie käme da das »|« in den Namen. Wir finden übrigens die gleiche Duplicität der Namen- bildung bei Ortsnamen anderer Endung: So finden wir neben einem Gizziboldesheim ein Wünheim: neben einem Heinrichsdorf ein Gebes- dorf; neben einem Gebhardsberg ein Warnesberg.

Dass hier keine im Lauf der Jahrhunderte abgeschliffene Formen, sondern von Haus aus Bildungen vom Personennamen in seiner Kurz- form vorliegen können, das beweisen klar und deutlich die bekannten Ortsnamen der lex Salica: Wisoheim, Bodoheim, Saloheim, Widoheim. die uns diese selbe Form schon für die Zeit des 5. Jhdts. geben.

Es scheint, nach all dem, was wir bisher beobachtet haben, dass es sich bei diesen verschiedenen abgeleiteten Formen weniger um nebeneinander herlaufende, als vielmehr um zeitlich aufeinander folgende Bildungen handelt. Und zwar glaube ich die Derivate vom einfachen Stamm resp. von der Kurzform des Personennamen für die älteren halten zu müssen. Dafür spricht die Chronologie der angeführten Ortsnamen und Sippennamen, für mich auch die Annahme, dass das allgemein ver- breitete Gefühl für die determinierende Bedeutung des ersten Stammes der alten Namen früh verloren gegangen sein dürfte). Ein Zeichen dafür scheint mir schon das Auftreten der einstämmigen Namen, wie Karl, Pippin, Otto, die ich für Kurznamen halte, denen ein älterer, nicht in allen Fällen mehr zu ermittelnder doppelstämmiger Name einst entsprochen hat. Im 8. Jahrhundert tauchen Personennamen auf wie Alagastesheim, Dagastisheim, die, wenn im 5. Jahrhundert entstanden, wohl Alaheim, Dagaheim genannt worden wären.

Gehen wir daher nunmehr zur Prüfung des von mir zu behan- delnden Ortsnamen-Materials über:

Zum Vergleich soll herangezogen werden nicht das Gebiet von Lothringen allein, sondern das ganze von mir in meinen »Siedlungen« 3)

') Seltener scheinen die Derivate von einer Koseform auf -izo: Cunibert- Cunigo, oder auf -ico Liubhart-Liubico.

?) Man könnte sogar sagen, wenn, wie anzunehmen ist, die echten Sippen- namen nur den ersten Teil jenes P. N. enthielten, welcher in der Sippe namentlich bei den Häuptlingsfamilien, die jedenfalls von einem göttlichen Wesen mit einem entsprechenden Namen sich ableiteten, vorherrschte, so konnte zur Zeit der Wanderungen die jeweilige Niederlassung, die in Ermangelung eines eigenen Lokalnamens nach der Sippe benannt wurde, nur einen Namen erhalten, der einen Stamm, den Hauptstamm enthielt. Anders zusammengesetzte Namen müssen also späteren Ursprungs sein,

"y Gap: 3

162

umschriebene mosellanische Siedlungsgebiet, das ist das Flussgebiet aller in die Mosel unterhalb Metz bis zu der Thalverengung unter Trier einmündenden Wasserläufe, welche, mit Ausnahme des Ornethals, bis in ihre Quellgebiete ganz germanisiert sind, während darüber hinaus im weiten Halbkreis von der Gegend von Malmedy über West bis zum Donon allenthalben welsche Sprache auftritt, gegen S. O. aber die grosse Saarbrücker Weilergruppe angrenzt.

Es werden im Folgenden die deutschen Ortsnamen des oben be- zeichneten Gebiets den ihnen gleichen oder doch sehr ähnlichen eng- lischen gegenübergestellt, sodann wird für die lothringischen Ortsnamen die älteste zuverlässige Form aufgesucht ') die englischen sind uns von Kemble ohnehin, soweit er sie im Codex Dipl. ermittelte, in der ältesten Form gegeben, es ist in diesen Fällen die Nummer des Codex beigesetzt, bei den übrigen ist die alte Form von ihm zu reconstruieren versucht worden.

Für Luxemburg und Rheinland sind mir die alten Formen nicht zugänglich, doch sind die meisten Ortsnamen nur Wiederholungen der lothringischen Namen.

Man wird finden, dass manche der alten Formen den Eindruck machen, als hätte der Schreiber, der oft genug ein Welscher ge- wesen sein wird, die Namensform arg entstellt, so dass wir der lebendigen Ueberlieferung im Volksmund mehr Bedeutung beimessen dürfen, als der urkundlichen. Zudem hat Bouteiller, der sein Buch sehr eilig herstellte, manches offenbare Versehen begangen, so wenn er Leutermingas zu Luttange setzt, da es doch nur zu Lauter- mingen gehören kann; wo ferner in ganz kurzen Zwischenräumen ganz verschiedene Formen sich folgen, liegt natürlich keine sprachliche Ent- wicklung, sondern, mindestens einmal, ungenaue Wiedergabe vor; der heute im Volksmund fortlebenden Namenbildung steht da ohne Zweifel die Entscheidung zu.

Was die Zurückführung auf einen alten Personennamen anlangt, so habe ich mich dabei hauptsächlich auf Förstemanns » Altdeutsches Namen- buch« gestützt. Manche Erklärung fand ich bei ihm schon fertig vor; dass ich ihm nicht unter Verzicht auf eigne Ansicht folgte, wird man leicht bemerken.

Es ergibt sich, dass, wie zu erwarten war, die weitaus meisten Ortsnamen aus der Kurzform des Personennamens gebildet sind, und

7) Und zwar bei-Bouteiller und Lepage, Dictionnaire topographique de la Moselle resp. de la Meurthe; wo (?) steht, fand ich dort keine urkundliche Form verzeichnet.

163

zwar enthalten ca. 54 Namen, die mehrfach erscheinenden Ortsnamen nur einmal gerechnet, nur den ersten Teil des Personennamens schlechtweg, während er in 15 Fällen in der Form auf -ilo auftritt: in den übrigen 10 Fällen kann es oft zweifelhaft sein, ob eine Namenskurzform nach Analogie der Bildung »Merving«, also unter Ein- beziehung eines Teiles des zweiten Stammes, oder ob eine Zusammen- ziehung vorliegt, eine Frage, die mir auch die alten Formen in unsern Fällen selten zu entscheiden scheinen, während sie sonst oft Aus- kunft geben, so wenn wir Girlingen gleich Geroldingen erkennen. Etwa die Hälfte dieser 10 Ortsnamen mögen contrahierte Formen sein, die andern sind wahrscheinlich auch von Kurzformen des Personen- Namens abgeleitet, was sich übrigens nach meinen Wahrnehmungen von der ungeheuren Mehrheit aller lothringischen Ortsnamen auf -ingen beweisen liesse. Dasselbe Verhältnis dürfen wir aber in England voraussetzen, nachdem von ca. 100 zum Vergleich herangezogenen Ortsnamen ebenfalls über 90°/o gleicher Bildung sich schon durch ihre Uebereinstimmung mit unsern Ortsnamen insbesondere auch in allen Fällen, wo die alten Formen vorliegen, erweisen.

Dass wir nicht überall, wo die Namen der Orte sei es eine Aehnlichkeit, sei es volle Uebereinstimmung aufweisen, annehmen müssen, dass sie auch von demselben Namensstamme abzuleiten seien, das ergibt sich schon daraus, dass für ein und denselben loth- ringer Ortsnamen verschiedene Stämme in Frage kommen können. Berücksichtigt man, dass wir es mit verschiedenen Sprachgebieten zu thun haben, dass wir nicht wissen, wie die englischen Ortsnamen in der Zeit lauteten, der die verschiedenen für Lothringen überlieferten urkundlichen Formen angehören, so versteht es sich von selbst, dass eine solche Behauptung hier gar nicht versucht werden soll.

Aber in einer sehr grossen Zahl von Fällen ist doch anzunehmen, dass die Ortsnamen beider Gebiete von Personennamen desselben Stammes abzuleiten sind. Dies scheint mir namentlich in jenen Fällen zuzutreffen, wo die sehr einfachen Formen, wie Edingen, Eppingen, Edingen und viele andre schon in den frühesten Zeiten, in die wir zurückforschen können, im 8. und 9., ja im 7. Jahrhundert, diese Form aufweisen, wie denn die Einfachheit des Namens zu Verunstaltung und Zusammenziehung gar nicht aufzufordern scheint.

Und unter -diesen nicht seltenen Fällen möchte ich wieder jenen ein besonderes Gewicht beimessen, welche wie die Namen des Stammes Ter u. a., so selten sind und nur in unsern beiden Gebieten auftreten.

À. Uebersicht der in Lothringen resp. im Moselgebiet und fast oder ganz gleich- lautend in England vorkommenden Ortsnamen auf -ingen.

Lothringen.

Kreis Diedenhofen.

15

>

wo

Algringen. Bettingen (4 mal)

. Bevingen

4. Bidlingen

5. Blettingen

. Bollingen

. Büdingen (3 mal) . Ebingen

9. Edingen

. Elingen

. Elsingen | . Elzingen J . Ewringen . Hellingen

. Hückingen . Hlingen .

. Inglingen . Kedingen

. Kneuttingen . Mallingen . Mondelingen . Oetringen

. Oettingen

. Redingen

5. Reningen

. Terlingen (abg. Ort) . Weckringen

. Weimeringen

England.

Aeleringas Alkrington, Lancaster Beadingas C. D. 314, Sussex Beaddingas C. D. 475, Wight Beofingas Bevington, Warwyk Bydelingas C. D. 445, Northampton Blaedingas Bleddington, Gloucester

Bollingas Bollington, Chester

Budingas Buddington, Sussex

Aebingas Abinghall, Glouc. Abington, Cambr.

Edingas Edington, Berks. Nrthld. Som- mers. Wilts. Edingthorpe, Norfolk Ealingas Ealing, Mddles. Eling, Hants.

Elsingas -- Elsing, Norfolk

Eberingas Ebrington, Glouc. Hellingas Hellinghill, Nthbld. Hellingbv, Sussex

Hucingas Hucking, Kent

Ilingas Illington, Norf. Illingworth, York Englungas C. D. 123, Kent.

Caedingas Caddington, Bedf. Herts. Ked-

dington, Linc. Kedington Essex. Cnottingas Knotting, Bedf. Knottingby, York Mallingas Malling, Kent, Sussex. Mundlingas C. D. 107, Kent Oteringas Otirington, York Ottringham, York. Oddingas C. D. 209, Worcester Readingas C. D. 688, Berksh. Renningas Rennington, Nthbld. Terlingas C. D. 907, Essex Waeceringas Wakering, Essex Weomaringas Wymering, Hants.

Kreis B

29.

30. ar: 32.

33. 34. 3). 36.

37. 38. AD: 40. 41.

Kreis F

42.

43. 44. 45. 46.

olchen. Eblingen

Edelingen Edlingen Fehringen

Füllingen Hallingen Hecklingen Hollingen

Aeblingas Ablington, Glouc. Ablinghall, Wilts. | Eadlingas Edlingham, Nthbld. Edlington, Linc. York.

Fearingas Faringdon, Devon., Farringdon, Dors. Hants. Berks. Sommers.

Farrington, Lanc. Som.

Fullingas C. D. 987, Sommers.

Hallingas C. D. 160, Kent.

Haeglingas C. D. 1193, Surrev

Hollingas C. D. 722 Kent. Hollingbourn, Kent.

Inglinger Hof (vgl. Inglingen)

Isingen Tettingen Trittelingen Willingen orbach.

Beningen (3 mal)

Büdingen, s. 0. No. 7. Gesslingen

Lellingen Wintringen

Kreis Saarburse.

47. 48. . Hemingen . Mettingen

54 55 56

Bebingen Berlingen

. Pettlingen . Rieding(en)

» Kreis Metz. 53.

Coulange (?)

Issingas Isington, Hants. Taetingas Tattington, Norf. Tritlingas Tritlington, Norf. Willingas Willingdon, Sussex

Benningas Benningbrough, York, -holme Y. -ton, Hants, Linc. -worth Line.

Gislingas Gislingham, Suff.

Laellingas C. D. 715 Essex

Wintringas Winteringham, Laine. York. Bebingas Bebington, Chesh.

Berlingas, Wore. vgl. 62, 74.

Hemingas Hemingbrough, York.

Maetingas —- Mattingby, Hants. Mettingham, Suff.

Petlingas Peatling, Leic.

Ridingas Riding, Nrthbld.

Culingas C. D. 132

. Epange (vel. Kr. Saargemünd)

. Hessingen . Marange

Haessingas Hassingham, Norf. Maeringas Marrington, Salop Mering, Nott, Merrington, Durh.

57. 38. 59. 60.

Nidange

Rollingen Silvingen (Silvange) Talange

Kreis Chäteau-Salins.

.. Arlange . (Beringen) Bérange

Büllingen (Bellange) Bessingen Dedeling(en)

. Hudingen . Lidersingen . Wirmingen

Kreis Saargemünd.

69. 10. 11. 72. 13)

14. 75. 76. at. 18. 19.

80. 81. 82. 83. 84.

Dieblingen Eppingen Ettingen Hallingen Wittringen

Luxemburg.)

166

Nydingas Needingworth, Kent

Rollingas Rollington, Dorset Silfingas Silvington, Salop Taelingas Tallington, Line.

Arlingas Arlingham, -ton, Glouc. Dev. Suss. Beringas C. D. 518 Kent Bellingas Bellington, Berks. -ham, Nthbld.

Bessingas Bessington, Oxf. Daedlingas Dadlington, Leic. Hudingas Huddington, Worc. Lidesingas Lidsing ?

Wyrmingas Wormingford, -hall, -ton. Casex, Berk., Glouc.

Deoplingas Debtling, Kent Eppingas --- Epping, Kssex Ettingas Ettinghall, Staff. Hallingas, s. Bolchen.

Witringas C. D. 464, Sussex.

Beringen, s. o. Kreis Chäteau-Salins Bettingen, s. o. Diedenhofen

Bevange, s. Didling Dillingen Dönningen

o. Diedenhofen Didlingas Didling, Suss., Didlington, Dors. Norf. Dillingas Dillington, Norf.

Doningas

Donington, 3 X, Donningt. 6 X

Line. Leirt etc.

Ehlingen, s. o. Diedenhofen

Ellange Ehlerange Essange Gödringen

Ellingas Ellingham, -ton Elringas -— Ellerington, Nrthld. Essingas Essington, Staff. Godringas Gotherington, Glouc.

!) Die Uebereinstimmung der Namen in Luxemburg mit der Nomenclatur Lothringens ist übrigens weit intensiver als hier zu Tage tritt. Die grosse Aehn- lichkeit der rheinpreussischen Nomenclatur erhellt aus No. 93—105. Alles dies spricht für meine Annahme, dass die Besiedlung einheitlich und von der Mosel aus, nicht von Süden her dorthin lässt die Uebereinstimmung nach = erfolgte. V. Siedlungen, Cap. 3, S. 20 ff.

167

85. Hellange, s. o. Diedenhofen 86. Kädange, s. 0. Diedenhofen

87. Nördingen Nordingas --- Northington, Hants 88. Petange Paetingas Pattingham, Salop, Staff. 89. Rodange Rodingas C. D. 907, Berks.

90. Rollingen, s. o. Metz 91. Tetange, s. o. Bolchen 92. Wintringen, s. 0. Forbach.

Rheinprovinz.

93. Binningen (R.-B. Coblenz) Binningas, Binnington, Yk. 94. Nasingen (Kr. Bitburg) Naessingas, Naessington Nhamp. 95. Berlingen (R.-B. Trier), vgl Saarburg

96. Bettingen (R.-B. Coblenz), vgl. Diedenhofen, Luxemburg 97. Dillingen (Kr. Saarlouis) vgl. Luxemburg

98. Bewingen (Kr. Daun), vgl. Diedenhofen

99. Büdingen (Kr. Trier), vgl. Diedenhofen

100. Ellingen R.-B. Coblenz, vgl. Luxemburg

101. Essingen (Kr. Daun), vgl. Luxemburg

102. Illingen (R.-B. Trier), vgl. Diedenhofen

103. Mehring (R.-B. Trier), vgl. Metz, No. 56

104. Silwingen (Kr. Merzig), vgl. Metz, No. 57

105. Tettingen (Kr. Merzig), vgl. Bolchen, Luxemburg.

B. Versuch einer Ableitung der Lothringer Namen unter Berücksichtigung der überlieferten alten Formen.

Lothringen. Kreis Diedenhofen. 1. Algringen Alkerenges 875, Alger, Athalger, Stamm Athal.

. Bettingen bei Waldwiese Bettingen 1135, B. Flörchingen, Baitanges 1352 Betto, Badulf. Stamm Bad.

. Bevingen bei Justberg, Buivanges 1236 | Bevo, Bebrimod,

. Bevingen bei St. Michel Bovenges 1128 J Stamm Bib.

. Bidlingen Budeliacum 633, Buodlingen 12. Jhdt., Bodilo, Bodogast, Bodulf, zu Bud.

5. Blettingen Blettange 1357, Bletto von Blithar, Blidegisel, Blidmar zu Blid.

7. Bollingen Boulenges 1290, Bollo, Bolheri, Stamm Bol.

DD

sum w

8.

9

10. 43,

ET

Büdingen Kannerthal, Budinacha 940, Budinga 11. Jh. Büdingen bei Justberg, Bodingias 959

Büdingen bei Kedingen, Budanges 1294, Budinge 1318] Ebingen Hebingen 1169, Ebo, Ebolenus. (Wie gerade mehrere der dunkelsten Stämme ist auch dieses Eb fast gar nicht com- positionsfähig, sagt Förstemann, Personennamen S. 357; sollte man nicht annehmen dürfen, dass die damit zusammengesetzten Per- sonennamen früh ausser Uebung kamen, daher uns fast nur Kurz- formen überliefert wurden?)

Edingen Adingias 959, Edo, Edilof, Edulf, vgl. übrigens Förste- mann wegen der zu Ath und Id gehörigen Formen.

Bodo, Bodulf etc.

. Elingen Helledange 1322, Ellingen 1682, Eli, Ello, Elolf, Elemund

zu Stamm Alı.

. Elsingen Elcanges 1541 | Elsinga 1544, Eliso, Elisard, Elisnod. . Elzingen —- Ilsingia 1632 J Stamm Alıs.

. Ewringen Ebiringon 963, Ebroin, Ebarhelm etc. Stamm Ebar.

. Hellingen ebenso 1693, Heliger, Helipold, Heling oder Halid?

vgl. Hallingen.

. Hückingen (Ueckingen) Utingas 1152, Ukenge 1181, aber

Huchenigen 1544, Huckange 1790, Hugo, Hugibart zu Hug. Förste- mann leitet auch den Personennamen »Uecke« von Hugo ab, die Schreibart mit oder ohne H verschlägt also kaum etwas für die Ableitung.

9. Illingen —- Ellanges 1377, Illingen 1574, Ilo, Ilimot, Ipogo zu Il. . Inglingen Engilengis 1147, Ingling (Cassini) | Ingo (Ingilo),

21. Inglinger Hof Inglingen 1594 J Ingomar, -brant.

. Kedingen Katenges 1259, Keding 1300, Keto, Ketold.

. Kneuttingen Knuttingen 1529, Knut? Chnodomar ?

. Mallingen Mellingon 874, Malfred, Malpert, Malulf zu Mal: ein

Stamm Mel. ist nicht erwiesen, aber Mil.

. Mondelingen Medelinga 11. Jhdt., Matto, Madalo, Matfried. Med

verweist Förstemann auf Math. Mondelanges 1262 deutet auf Mundilo, Mundoald Stamm Mund.

. Oetringen Ottringas 679, Otheri gleich Audchar, Otrich, Othrad,

beide nach Förstemann zu Stamm Aud.

. Oettingen Ottingin 1051, Othinge 1056 | se . Oetingen Ettingen 1594, Oettingen 1628, | tried, Otgar

Ottingen 1779, Otto, zu Aud.

9. Redingen Rodilinga 795 Radinga 926 unbedenklich zu Radobert (Rado, Rading sind beglaubigt !).

1) Rodilinga ist eher Rollingen, oder wäre Radilinga zu lesen?

30.

31. 32. 33, 34.

NE) -

Reningen Reninga 1606 wohlnur ver- | beide zu Regino (Reino) derbt aus Reiningen Reginhard etc., Renange (bei Charleville) Rinange 1627 Stamm Ragan. Terlingen (abg. Ort) Terlinga 875 Terbert, Stamm Ter. Weckringen Weicrenges 1429, Wikram, Wichraban, zu Vig. Weimeringen Wemeringas 926, Widiomar, zu Vid.

Kreis Bolchen.

36. 37. 38.

39. 40.

47.

Eblingen Ebling 1606 Ebbo, Ebo, Ebila, Epelin, vgl. Ebingen zu Eb. Edelingen Alingiis 1152, Edlingen 1594 | Edilo Edo, siehe Edlingen —- Edelingen 1184 J Edingen.

Fehringen Feiringa 1405, Feringen 1594, Faroald, Farabert, Fa- ramund. Stamm’ Far.

Füllingen Fullinga 1181, Stamm Ful, Folabraht, Folarat. Hallingen Halling 1756, Halido (vgl. Hallingen, Kr. Saargemünd) Halidulf, Halitgar; da auch Helido, Helidperaht, Helidmund zum selben Stamm Alid gerechnet werden dürften, so passen diese Namen auch zu Hellingen.

. Hecklingen Hechelingen 1179, Eee Hagilo, Hagibert, Hagiwolf,

Stamm Hago.

. Hollingen ebenso 1581, Stamm Huld: Holdigern, Holdulf.

. Inglinger Hof Inglingen 1594, vgl. oben No. 17.

. Isingen Ingsingen 1594, Isanbald, Isanbert, Isulf zu Is.

. Tettingen Thatanges 1289, Tettinga 1308 Tadebert, Tetfried,

Tetward, zu Tat.

. Tritelingen Wrentilinga, 11. Jhdt. Druteringa, 1121 Drutelinga,

1544 Trutelingen, 1563 Trettelingen, 1563 Triutili (Frauenname bei Goldast) zu Stamm Druht. Willingen Vilingen 1137, Wilhelm, Willihard, Willigis. Stamm Vilja.

Kreis Forbach.

. Beningen bei St. Avold Beninga 1275 | Benno, Benegar, Ben- . Beningen bei Harprich (?) chard, Benegaud.

. Beningen bei Bertringen Benning 1682 Stamm Ben.

. Gesslingen Gosselingen 1309, Gesslingen 1341, Gisal-bert. -fried,

-hart etc. oder Gaueibert, Gozger, Stamm Gaud.?

92. Lellingen Lellinga 1275, Lello (Hontheim, hist. Trev. 926) zum

Stamme Laith, Leitfried, Letger, Ledoald, Ledila, Pol. R.; mase. wäre Ledilo, was Lello giebt, wie Rodilo, Rollo, s. o. unter Rollingen.

. Wintringen Wintrange 1354, Wintrulf, Winterhere, Windihari

zu Vintar.

10

Kreis Saarburg.

54. 59.

56.

Bebingen Bubinga 1121, vgl. Bevingen, No. 3.

Berlingen (?) Berafried, Berahart, Bernulf, viele ähnliche geben Bero, Berilo. Stamm Bera.

Heming(en) Emmingen 1178, Helmingen 1267, Hemingen 15. Jhdt. Immo, Emehard, Emmeram zu Im; oder Emicho, Amichar zu Amic; oder Haimo, Heimard etc. Stamm Haim?

. Mettingen 1719 ebenso, Mit-bert, -iwan. Stamm Mid. 8. Pettlingen b. Saarburg ? Patager, Badagad, Peto, Petto, . Pettlingen bei Bühl

. Rieding(en) Radenei 1231, Reutingen 1490, Redingen 1525,

Petilo, zu Bad.

Ruding 1526, könnte zu Stamm Rad, Raud oder Hrad gehören, vgl. Förstemann. über Rieding bei Miesbach a. a. O. IL S. 1155, 1179.

Kreis Metz.

61.

62. 63.

64.

65.

66. 67.

68. 69.

Coulange wenn überhaupt german. Ableitung zulässig, zu Col- Colobert, CGoloman. Epange (?), vgl. Eppingen Saargemünd.

Hessingen Essingen 1169 Hatto Hesso, von Hathubald, Hadubrand, Stamm Hath.

Marange bei Metz | vgl. Mairengo, Marengo, Mehringen. Möh- Marenges 1181 | ringen 8. Jhdt. Maringen u. a., zu Maro-, Marange b. Zondringen Marabert, Marobod, Marafried, Maroad, Mairenga 1121 Marulf.

Nidange Nydenges 1031, Nidgar, Nidolf, zu Nid.

Rollingen -- Radonis villa 11. Jhdt., Roldinga 1179, Roldinges 1210, von Rodilo zu Hrodt, Ruotger, Ruadalo etc.: Förstmann nimmt das luxemb. Rollingen zu Stamm Riud, wie es scheint, auch dann ist die Metathesis Id -dl gegeben, zu Rado passt aber doch besser Ruadalo als Riutilo ?

Silvange Sulvange 1327 (v. Silwingen, Kr. Merzig) Silulf. Talingen Tatolinga 960, Tatelinga 977, Tatto, Tattilo, Tade- bert etc. zu Tat., nach der Form Thalingin 1235 aber zu Dal; Tallo, Talamot.

Kreis Chäteau-Salins.

70.

Arlange Allerange 1476, unbedenklich zu Ara Arnold, Arafried, Arnulf (so ist Arlesheim 966 Arnaldesheim), die Urkunde v. 1476 ist französisch geschrieben, »le priol de Allerange« die Laut- verwechslung ist hier wie in andern Fällen auf den Schreiber zurückzuführen, die mündliche Ueberlieferung ist unverdächtiger.

‘ah 72.

73.

74.

75. 16.

At;

11

Bérange 1206 ebenso zu Bera, Bero, wie Berlingen. Böllingen Billanges 1349, Belanges 16. Jhdt. Bilo, Billung, Bilifried zu Bil.

Bessingen 1269 ebenso, zu Baz, Bazmunt, Pazmuot schon von Förstemann gestellt.

Dedeling(en) Dructelingas? 995, Drutheringa 1121?, Tuttilingis 1182, Dedling 1756. Die beiden ersten Formen dürften andere Orte angehen oder entstellt sein (machte man doch aus Tolegia, Teologia !). Tuttelingis wiese auf Dodo, Dotbert, Dothart, die neuere Form, die der Ueberlieferung entspricht, auf Tat, Tetbald, Dedalgar.

Hudingen ebenso 1594, Hudo, Hudipert. Stamm Hud. Lidersingen ebenso 1130, Luresingen 1559 zu Liud, Liuderich, Liuderchingen ?

Wirmingen Wirmingas 777, Wirmenges 1231 zu Warin, Werem- bert, Warimbod, Warmenhagdis (Frauenn.) Werimer.

Kreis Saargemünd.

18

19; 80. 81. 82.

83. 84.

85. 86.

87. 88. 89. 90.

Dieblingen Dubelange 1277, Dueblingen 1587, zu Thiuda, Thiudo- bald, Dibold.

Eppingen Eppingen 1429, Eppo, Ebbo zu Ab, Abbarich, Abachild. Ettingen Aettingen 1571, zu Ath, Athaulf, Athald, Ato, Etti. Hallingen -— Aldinga 1275, s. o. Bolchen, No. 40.

Wittringen Witteringen 1420, Witramnus, Witirich, Wither, Stamm Vid.

Luxemburg.

Didling Deotilo, Tutilo, Didoald, Stamm Thiuda.

Dillingen Tutilo, wie oben, gebildet wie Rollingen, Lellingen, (Diese Vermutung soll schon vor Jahren in den Hamburger Mit- teilungen ausgesprochen worden sein).

Dönningen Duno, Tunitach, Dunsuint.

Ellange zu Ali Ello, Aliperht; oder zu Athal, Adalung, Edilo so wie Dillingen gebildet: dl 1.

Ehlerange zu Ala Alaher, Alarich, Alarad.

Essange Azo, Azibald, Ezelfried, Ezelm zu Az.

Gödringen Godrebald, Godrevert, Gotrat zu God.

Nördingen Nordobert, Nordfried zu Nord.

= 19 91. Petange Peto, s. 6. Pettlingen, No. 58. 92. Rodange zu Hrod, Hrodo, Ruodpert, und viele andere:

oder zu Raud, Raodold, weit seltener.

Rheinprovinz. 93. Binningen wohl zu Benno: möglich ist Ableitung von Binin, Förstemann a.a.0. B. I, S. 261. 94. Nasingen Nas, Nasolt, Nasua. IM.

Prüfen wir das Ergebnis obiger Zusammenstellung, so ergiebt sich: Etwa der dritte Teil aller lothringischen Ortsnamen patronymischer Bildung findet sich also in England wieder: in England liessen sich, wenn wir alle die von Kemble ausgesonderten Orte wirklich als Gründungen aus der Zeit der ersten Niederlassung betrachten dürfen, weit über hundert Sippen nieder, die den gleichen Namen führten, wie ebensoviele Genossenschaften, die sich, um die gleiche Zeit, wie es scheint, in der Moselgegend ansiedelten. Nicht nur um das Vorkommen von Personen- Namen eines Stammes handelt es sich, sondern um mehr, um wan- dernde »vici« gleichen Namens.

Wie wir sahen, kann ebendarum aus den vorliegenden Patrony- micis der Name des Gründers selbst regelmässig nicht ersehen werden; nur der Stamm tritt hervor, mit Ausnahme von wenigen Namen, wie: Algringen, Weimeringen, Weckringen, lässt sich vielleicht nirgends behaupten: der Gründer dieser Sippe muss so geheissen haben. Dies bestätigt meine Annahme, dass wir es hier mit der ältesten Ableitungs- form zu thun haben. Aber es darf nicht verschwiegen werden, dass eine sehr grosse Anzahl von Personennamen bei allen deutschen Stämmen vorzukommen scheint, wie wieder besonders aus den Ortsnamen zu ersehen ist.

Wir finden Rodengo in Italien, Roding in Bayern, Rodange in Luxemburg, Rodingas in altenglischen Urkunden und unser Rollingen, (Raville) gehört zum gleichen Stamme Hrod; aber ob Rodbert, Rotmar, Rodhart, Rodmund der Personennamen, von dem die Kurzform Rodo, Rodilo, Rodlingen, Roldingen. Rollingen abzuleiten, das ist unerfindlich, solange nicht neben den urkundlichen Formen Radonis villa, Roldinga auch, wie bei jenem andern Raville (bei Lunéville) eine alte Form Rodaldi ‚villa uns anzeigt, dass dem Kurznamen Rodo, Rado ein Chrodoald zu Grunde liegt. |

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13

Es verdient übrigens Beachtung, dass gerade bei dem einst im deutschen Sprachgebiet gelegenen Rollingen (fr. Raville) der volle Per- sonenname verschollen ist. Es ergiebt sich nämlich, dass überhaupt in den französischen Ortsnamen auf -ville, -mont, -court, die alten Formen überwiegend den vollen Personennamen enthalten: lediglich auf das vermittelnde Idiom scheint das kaum zurückzuführen, denn einerseits tritt dieser Umstand auch bei den elsässischen -heim immerhin häufiger auf, als bei den lothringischen Namen, andererseits habe ich in meinen Ortsnamen des Metzer Landes auch romanische Formen nachgewiesen, die von Kurznamen herrühren, wie Scy, Vany, und andere mehr. Ist der Grund dieser Erscheinung darin zu suchen, dass die einen Namen früher gegründet wurden, oder soll in den kürzeren Formen mehr ein senealogisches, in den andern mehr ein possessives Moment angedeutet werden ?

Wo gleiche Personennamen, können und müssen auch gleich- benannte Sippen vorkommen, auffallend bleibt nur eine so massenhafte Uebereinstimmung, weil dieselbe eben anderwärts zwischen einzelnen deutschen Landschaften in diesem Masse nicht vorzukommen scheint, der Nachweis wäre jedenfalls noch zu erbringen !). Ich habe versucht, dies zu kontrollieren, muss aber gestehen, dass ich auch mit Hülfe Lehnerts, freilich stand mir dieser nur zu kurze Zeit zur Verfügung, für kein deutsches Gebiet eine so häufige Uebereinstimmung der Orts- namen besonders patronymischer Art, feststellen konnte. Dazu komm! aber noch Folgendes: Wie es weitverbreitete Personennamen giebt, so auch seltene, die entweder von jeher nur in einem beschränkten Kreise verbreitet waren oder zur Zeit der hier in Rede stehenden Siedlungen. spätestens Mitte des 5. Jahrhunderts, schon im Absterben begriffen er- scheinen. Solche scheinen mir unter anderm jene zu sein, die den Namen Blettingen, Liedersingen, Kedingen ?), Terlingen, Lellingen, Sil- wingen, Güdringen, Nasingen zu Grunde liegen, auch Culingas ist hierher zu rechnen, falls man es als germanischer Abstammung gelten lässt °).

1) Was an solchen Parallelen bei Seebohm a. a. O., S. 247, sich findet und was Taylor und Leo nachwiesen, dürfte lange nicht so viele Fälle, auf eine deutsche Gegend concentriert, geben. Uebrigens könnten gerade die Leo aufgefallenen Fälle aus der Neckargegend eher auf Franken, als auf Alemannen deuten ? Von den französischen Ortsnamen bei Seebohm versteht sich das von selbst.

?) Eine Landschaft Kehdingen liegt am linken Elbufer bei Hamburg.

3) Wenn das öftere Vorkommen des Namens Coulange im innern Frankreich auch Bedenken erregt, so braucht man diese doch nicht auf zweifellos einst ger- manische Gegenden auszudehnen; Colofried und Colobert letzterer Name hat sich in Frankreich erhalten als Colbert sind doch von unverkennbar deutschem Grepräge.

174

Dies Alles führt darauf hin, in besagter Uebereinstimmung der Namen etwas mehr als Zufall oder Beweis für gleiche Gründungszeit zu suchen.

Aber, wird man fragen, welcher andere Zusammenhang soll denn zwischen unsern löthringischen Ortsnamen und den englischen, die doch sächsischen Ursprungs sind, wenn nicht anglischen, was auf eine räumlich noch weiter entlegene Herkunft hinweisen würde, bestehen können ?

Nun, die meisten und frühesten Besiedler germanischer Herkunft, die sich auf der »Saxon shore«, dem litus Saxonicus, niederliessen, kamen dahin weder aus Angeln noch aus dem eigentlichen Sachsen- lande, soviel darf als feststehend erachtet werden.

Es bricht sich immer mehr die Anschauung Bahn, dass die Sachsen, welche in England im 5. Jhdt. erscheinen, keineswegs alle von den Ufern der Elbe oder überhaupt von den heutigen deutschen Küsten aus nach England hinüber fuhren, sondern von den Küsten des Aermel- meeres, was ja auch jedenfalls der weitaus kürzere, somit auch der für Ueberführung einer ganzen Völkerschaft besser geeignete Weg war; denn es ist doch sicher, dass die England erobernden germanischen Stämme weit zahlreicher auftraten, als später die normannischen Er- oberer, die ja z. B. beide Sicilien mit einer Handvoll Leute wegnahmen. Nun finden wir aber an der gallischen Küste des Kanales Sachsen schon seit dem 3. Jhdt. die Uferlandschaften beunruhigend; der Strich heisst in der Notitia dignitatum »litus Saxonicus«!); die Sachsen, mit denen vereint Gregor von Tours Childerich die Alemannen bekämpfen lässt ?), sind in den Inseln der niederländischen Küste ansässig gewesen, nicht die Saxones Baiocassii sind darunter zu verstehen ?); was also von Sachsen nach England übersetzte, dürfte grösstenteils, durch die Franken bedrängt, von den gallischen Nordseeküsten aus den Weg hinübergenommen haben!)

Für die Richtigkeit jedenfalls der Aufstellung, dass beide Ufer des Kanals von demselben Volke besiedelt wurden, spricht auch die

‘) Quin et Armoricus piratam Saxona tractus Sperabat, cui pelle salum sulcare Britannum Ludus et assuto glaucum mare findere lembo. Sid. Appol. Paneg. Avito. Imp. v. 369. 2) Greg. Tur.: 1219: *) Kurth, la frontière linguistique en Belgique et dans la France du Nord. *) Diese Ansicht wird auch vertreten bei P. C. Molhuysen, de Angeln in Nederland, in Bijdragen voor vaderlandsche Geschiednissen en Oudheidkunde, verzameld en uitgeven door Nijhoff, Arnhem 1848.

Uebereinstimmung der Ortsnamen, die hüben wie drüben ganz das gleiche Gepräge tragen:

Drüben: -ing, -ingham, -ham, -wick, thorp,

Hüben: -ingue, -inghen, -inghem, -hem, -wick, -dorp.

Sogar die sonst den Sachsen in Britannien eigentümliche Endung -ton, von der bei den Sachsen des Festlandes kaum schwache Spuren zu finden sind !), kommt im arr. St. Omer 4 mal, im arr. Boulogne 36 mal und im arr. Pas de Calais 40 mal vor?).

Neben bezw. nach den Sachsen und den ihnen nahe stehenden Jüten, welche ebenfalls nichts mit Jütland zu thun haben, sondern als Saxones Eutii angesehen werden, zogen auch Angeln in Britannien ein: sie müssen sogar eine dominierende Rolle gespielt haben, denn die germanischen Ansiedler jenseits des Canals nennen sich selbst die Angeln. Dass diese nicht aus dem Lande Angeln stammen, hat meines Erachtens Erdmann?) hinreichend erwiesen. Für die Herkunft der Angeln aus Mitteldeutschland hat sich schon Zeus“) ausgesprochen.

Auch Holtzmann suchte sie dorten, er nahm an, dass sie von der Ostsee nach Thüringen gezogen seien’), und vielleicht erst von da nach England, aber er verschweigt nicht, dass Ptolemäus die » Angeli« in die Gegend der Saale und untern Elbe setzt.

Jedenfalls wird ihr Name von den römischen Schriftstellern, welche über die Heimsuchung der Küsten Britanniens und Galliens in der Zeit der ersten Jahrhunderte der Kaiserzeit berichten, nicht neben den Am- bronen, Chauken, Friesen und Sachsen genannt.

Die Ankunft der Angeln in Britannien setzt Erdmann, gestützt auf Procop, ins 6. Jahrhundert. Nach diesem griechischen Autor wären Angeln und Friesen gleichzeitig eingewandert.

Es scheint aber, was weiter auszuführen zu weit gehen dürfte, dass die ganze germanische Invasion ein Jahrhunderte hindurch sich hinziehender Vorgang gewesen ist®). Es giebt ein Gesetz, das sich selbst »lex Anglorum et Varinorum id est Thuringorum« nennt, man ist aber ungeachtet dieser ausführlichen Betitelung oder gerade wegen dieser nicht einig darüber, wo dieses (Gesetz gegolten haben soll, ob

1) Altenzaun a. d. Elbe?

A, Kurth'a.'a.:O,

3) Ueber die Heimat und den Namen der Angeln, in Skrifter utgifna of Humanistiska Venskapssamfundet i Upsala 1890.

*#, Die Deutschen und ihre Nachbarstämme.

5) Germanische Altertümer ed. Holder 1873, S. 254.

8) So auch Kemble a. a. O.

176

im Lande der bekannten Thüringer oder vielmehr im Lande der links- rheinischen Thoringer, in Tongern ?

Wir dürfen, glaube ich, diese interessante Controverse ebenso unerörtert lassen, wie die Frage, ob ein Unterschied anzunehmen ist zwischen Angrivarii und Anglivarii, ob letztere in der Not. dign. er- wähnte Abteilung zu den Angli resp. Angeli gehören vgl. Chatti und Chattuarii es scheint für die Zwecke unserer Untersuchung zu genügen, wenn wir Folgendes festhalten:

Von den germanischen Völkerschaften, die zwischen Rhein und Weser, und über letzteren Fluss hinaus bis zur Elbe sassen, ausser dem grossen Stamme der Chatten, mögen die Usiper, Tencterer, Cha- maven und Angrivarier, sowie die Chauken erwähnt werden, auch die Bructerer und die Cherusker sind wohl kaum so völlig vernichtet worden, wie berichtet wird; man weiss ja, dass bei den alten Schrift- stellern das Vernichten mancher Völker mehrere Male vorkommen konnte. Sie sind, wenn wir die Chatten in einem gewissen Sinne ausnehmen !), entweder in den Franken oder in den Sachsen auf- gegangen. Ursprünglich werden sie aber, wie schon aus ihrem lange währenden nachbarschaftlichen Verhältnis zu schliessen ist, unter sich viel Gemeinsames gehabt haben, wahrscheinlich waren die meisten enge verwandt. Dass Chatten und Cherusker uns als Erbfeinde und Rivalen geschildert werden, spricht bei germanischen Völkern eher dafür als dagegen.

Als nun die nordalbingischen Sachsen nach Südwesten vordrangen, in die Stelle der südlich abziehenden Semnonen (2. Jhdt.), hatten die Nordalbingier, wie dies bei jedem frischen Ariernachschub aus Norden der Fall zu sein pflegt, offenbar die grösste Thatkraft, sie traten an die Spitze des nach ihnen genannten Völkerbundes?). Ob sich aber ein Stamm ihnen oder den Franken anschloss, das wird von allerlei Zufälligkeiten abgehangen haben, ohne dass wir anzunehmen brauchen, dass ausschliesslich nähere Verwandtschaft mit chattisch-fränkischer oder mit nordalbingisch-sächsischer Art entscheidend gewesen sei. So glaubt Weiland?) sicher annehmen zu dürfen, dass es Chauken waren, die in Kent und Northumberland, sowie in einem Teil von Wessex und Sussex sich niedergelassen haben; von Sachsen und Chauken,

!) Man ist uneinig, in wieferne man sie zu den Franken rechnen darf, nicht aber über ihre Stammverwandtschaft mit diesen.

?) Vgl. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, S. 495, Note 1, eine sehr beachtenswerte Bemerkung.

*) Die Angeln, ein Kapitel aus der deutschen Altertumskunde, Göttingen 1889.

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177

meint er, ging der Sachsenname dann über auf die andern Völker des Binnenlandes, auf die Reste der Longobarden im Suevengau, und auf die Angrivarier und die Cherusker. Westlich der Weser, fährt er fort, scheint der Sachsenname eine Zeit lang mit dem der Franken gekämpft zu haben, Die zwischen Chauken und Chatten wohnenden Völker hielten sich bald zudiesem, bald zu jenem Bundes- genossen.

Diese Darstellung hat mindestens sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich.

Es ist hieher auch noch zu erwähnen, dass in der ersten Zeit ihrer Raubzüge Franken und Sachsen oft gemeinschaftlich genannt werden !).

Da nun jedenfalls für die Besiedlung Englands durch Germanen nicht an dem Jahre 449 festzuhalten, der Anfang derselben unbedingt früher zu setzen ist, so erscheint es gar nicht ausgeschlossen, dass unter den Ansiedlern, oder, wenn man will, Eroberern, wenn sie auch von den Eingeborenen Sachsen genannt wurden ?) und sich zum Teile selbst so nannten ?), Stämme sich befanden, deren Ueberbleibsel am Kontinent sich zur Genossenschaft der Franken bekannten.

Den Grundstock der Ribuarier, denen wir unsre Mosel-Franken doch wohl zuzählen müssen ®), bildeten nach Zeuss die Ampsivarii, eine Ansicht, der auch noch Schröder?) im wesentlichen beistimmt, wenn er auch die Beteiligung von Chamaven und Bructerern stärker betont.

Die östlichen Nachbarn der Ampsivarii waren aber die Angri- varii. Ihnen eine erhebliche Rolle bei Bildung des Angelsächsischen Volkes zuzuschreiben ist man neuerdings, trotz der schroffen Abweisung einer Abhandlung in diesem Sinne®) durch Weiland, wieder mehr

') Eutrop IX. 21. per tractum Belgicae et Aremorici mare, quod Franci et Saxones infestabant. Amm. Marc. 27. 8. 5. spricht von einem Einfall der Franci et Saxones isdem confines. Julian oratio I. 34. 35. lässt auch darauf schliessen, dass Franken und Sachsen an der Küste des Kanals sassen; hierzu die schon erwähnte Stelle bei Greg. Tur. I. 19: Odovacrius cum Childerico foedus init, Alemannosque, qui partem Italiae (lies Galliae) pervaserant, subjugarunt. Vgl. bei Lamprecht, Fränkische Wanderungen vornehmlich im Rheinland. Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 1882.

?) Die Briten nannten, wegen des Schreckens des Namens, alle Germanen Sachsen, wie die Finnen noch heute.

®) Beweis die Landschaften Ost-, West-, Süd- und Mittel-Sachsen.

*) Noch im 9. Jhdt. bezog man sich in Trier auf ribuar. Recht, Lamprecht a. a. 0.

5) Die Franken und ihr Recht, Weimar 1881.

5) Bening, Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen 1880.

—.17%8

gencigt. Ziemlich bestimmt äussert sich in diesem Sinne Jellinghaus?), der freilich etwas eklektisch auch die suebischen Angeln nicht aus- schliessen will.

Er meint sogar, es sei doch nicht so ausgeschlossen, dass Angri in Angli habe verwandelt werden können. Beachtenswerth. ist vor- züglich die von ihm citierte Glosse zu Adam von Bremen: Saxones eirca Rhenum sedes habent et vocatisunt Angli; ferner eine Stelle aus den leges Edward des Bekenners, wo es von den Guti heisst: Exierunt enim quondam de nobili sangue Anglorum, scilicet de Engra civitate et Anglici de sanguine illorum ...

Die Angrivari sind aber nach Tacitus?) mit den Chamaven zu- sammen an Stelle der vertriebenen Bructerer eingewandert und so Nachbarn der Tencterer geworden.

Die Chamaven haben wir als einen Teil der Ribuarier kennen gelernt.

Aus dem Gesagten geht wohl soviel hervor, dass recht gut unter den britannischen Sachsen Stämme gewesen sein können, deren nächste Blutsfreunde unter den Lothringen besiedelnden Germanen sich be- funden haben. Ein etwas unsicheres Resultat, mag man finden. Ge- wiss, sein Wert soll ja auch zuvörderst in einer negativen Leistung, in der Zerstörung des Vorurteils bestehen, als hätten wir es bei den sermanischen Besiedlern Englands nur mit Sachsen von den östlichen Küsten der Nordsee, Auswanderern aus dem Lande Angeln und allen- falls noch mit Jüten, sowie, für die spätere Zeit, mit Skandinaviern zu thun. Im Gegenteil. es muss daran festgehalten werden, dass die früheren germanischen Besiedler Britanniens auf ihren Wanderungen alle oder doch vorwiegend eine zeitlang in den Rheingegenden, oder im nordöstlichen Gallien, also entweder in Germania secunda oder in Belgica prima sesshaft gewesen sein müssen.

Dafür spricht, ausser dem Vorgetragenen, noch ein andrer Um- stand, auf den ich Gewicht lege; es ist das eben die häufige Anwen- dung des Suffixes »ham«, im Zusammenhalte freilich mit anderen That- umständen.

Dies erfordert aber eine ausführliche Begründung.

Heim, agls. ham, bedeutet von haus aus, wie noch jetzt, Domi- eilium, Wohnsitz. Im Englischen lautet es in diesem Sinne: home.

') Englische und niederdeutsche Ortsnamen Anglia, Zeitschrift für englische Philologie B. XX. 1898.

2) Germania: C. 33.

LI

19

Aber das altdeutsche Wort bekam auch einmal eine enger umgrenzte Bedeutung, und noch deutlicher tritt dies im Angelsächsischen hervor '), nämlich die Bedeutung von »villa«. Nicht von »villa« im Sinne der lateinischen Sprache der klassischen Zeit, wonach das Wort Landhaus, Landgut, auch Lustgarten *) bedeutete, sondern von »villa« im gallo- römischen Wortverstande der späteren Zeit, wo es eine herrschaftliche Domäne, bestehend aus Herrenhof und Colonendorf samt den von den Colonen zu bestellenden Ländereien bedeutete*). Eine solche »villa« trug aber regelmässig eine Bezeichnung, die von dem Namen des Gründers oder auch des Besitzers unter Anhängung des Suffixes -acus gebildet wurde. Diese »villae« waren aber an den Grenzen des Römerreiches nirgends zahlreicher, als in Germania secunda, nament- lich im Bezirk der civitas Agripinensium, nach den ungemein häufigen Ortsnamen gerade dieser Gegend, die noch heute eine Benennung führen, welche auf ein altes -acum zurückweist. Es giebt in der Rhein- provinz etwa 300 Ortsnamen, bei denen dies zuzutreffen scheint ®). Man könnte ja annehmen, dass es in anderen Grenzbezirken ebenso- viele gab, dass sie aber zerstört wurden. weil in Gegenden ge- legen, wo die »feroces Alamanni« einbrachen. Im einen wie im andern Falle ergiebt sich dann aber gleicherweise, dass jedenfalls nirgendwo den Germanen bessere Gelegenheit geboten war und grössere Geneigt- heit herrschte, solche Domänen kennen zu lernen, als eben in der Germania IL, wo ein intensiv mit gallo-römischen »villae« besetztes Gebiet von Barbaren besetzt wurde, welche schonend genug vorgingen, um die Erhaltung der fraglichen Domänen, wenn auch wohl selten bei ihren Besitzern, zu ermöglichen und sich so dieses Wirtschaftssystem

") König Alfred (849—901) verfügt in seinem Testament über mehr als 30 Besitzungen in Wealcyne (Westwales), wozu damals noch Somerset und Teile von Wiltshire gerechnet wurden, und schliesst: »das sind alle »landes«, die ich in Wealcyne besitze«: sobald er aber über seine Güter in den südöstlichen Gegenden Englands verfügt, spricht er von »hams«. Die altenglische Uebersetzung seines Testaments setzt für »landes« dasselbe Wort, giebt aber >»ham« mit »twune« wieder; eine lateinische Uebersetzung gebraucht für >ham« das Wort »villa«. Seebohm a. a. O., S. 87, 171.

?) Vgl. »villa publica«, ein öffentlicher Vergnügungsort in Rom.

®) Villae vero, quam forte tunc praeteribimus, coloni, multitudinem nostram latrones rali etc. Apulejus, Metamorph. I, 8. Auch aus dem Testament des Bischofs Tello von Chur (8. Jhdt.) geht hervor, dass villa das Dorf höriger Leute, curtis einen Herrschaftshof bedeutete, der selbst wieder mehrere »mansus«, deren jeder eine Familie nährte, umfasste.

#) Vgl. Merian, Programm der Realschule zu Aachen, 1880, der einen Teil der Ortsnamen auf -ich, -ig auf das alte -acum zurückführt, an der Hand urkund- licher Beweise.

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anzueignen. Das Ergebnis ist also, dass die Franken es waren, welche zuerst als Nachbarn, dann als Eroberer am besten in der Lage waren, diese Wirtschafts- und Besiedlungsweise kennen zu lernen.

Bei ihnen findet sich aber die erste erweisliche Spur von einer sanz analogen Siedlungsweise. Es sind das die »villae« aus dem Prologe der lex Salica: Bodohame, Widohame und Salohame, welche offenbar zu den proceres, den »electi de pluribus«, welche die lex entwarfen, Bodogast, Widogast und Salogast in einer näheren Beziehung standen, als die im Text erwähnte, wonach man in diesen Orten zusammen kam. Es war jedenfalls die »villa« das »Heim«, der Wohnsitz des respectiven »Gastes« und die Residenz des vierten Gesetzgebers, Wiso- gast, Wisohame ist nur deshalb nicht genannt, weil man »per tres mallos convenientes«, nur an 3 verschiedenen Orten tagte.

Diese »Heime«, sagte ich, erinnern uns mehrfach an die gallo- römische »villa«. Einmal schon durch die Bezeichnung im Texte: in villis, quae ultra Rhenum sunt'), ferner dadurch, dass sie augen- scheinlich nach einem Gründer oder Besitzer benannt sind, in der- selben Weise, wie die gallorömischen, nach ihren possessores benannt werden?). Denn nach einem Personennamen des Stammes Bod ist Bodohame benannt, sei es nun nach einem Bothad, Bodirid, Bodolold, Botthar oder Bodenolf. Die Frage, ob gerade Herr Bodogast dem »Heim« seinen Namen gab oder Be ihm benannt ist, können wir unerörtert lassen).

Es lässt sich aber auch darthun, dass es an andern Aehnlichkeiten nicht fehlte: Wie die Gallo-Römer ihre coloni, so hatten auch die fränkischen Herren nicht nur Knechte, sondern auch hörige Bauern:

1) So der prologus minor nach der Emendata.

>) Siehe meine Ortsnamen des Metzer Landes, Jahrb. der Gesellsch. für lothr, Gesch., Bd. IX.

3) Wenn Waitz, »das alte Recht der Salischen Franken«, S. 68 meint, der Annahme, dass »gast« eben den Vorsteher des »Heims« (den Herrn!) bedeute, stehe entgegen, dass es dann »Saleheimgast« heissen müsste, so kann man darauf er- widern: wie das Heim nur den die Sippe bestimmenden Stamm in den Namen aufnahm, so lässt sich das gleiche auch für die Bildung der Form auf »gaste denken, zumal der Herr einer solchen »villa« wohl der berühmteste Krieger (gasts) der Sippe sein mochte, also bei den Bodungen der Bodogast; die hohe Stellung dieser Männer spricht dafür; vgl. den Sigogast des Tacitus, den römischen Heerführer Arbogast, den Trierer comes Arbogast, Sobn des Ariogast, und unsere Gesetzgeber. Umgekehrt konnte aber aus Salogast ebensogut, wenn es em Name war und kein Titel, Saloheim werden wie aus Wunibald Wün-

heim, aus Kunibert Künheim, aus Gebhard Gebesdorf und aus Ingraban Ingweiler etc.

1831

in Tit. XXVI. der lex Sal. werden neben servi auch noch liti genannt. Ferner : zu den Bestandteilen einer »villa« gehörten bei den Römern das Praetorium und die chors (cohors), was sowohl Umzäunung als, wie vorliegend, Gehöfte, Wirtschaftsgebäude bedeutet: die fränkischen Herren aber sassen in ihrer »sala« (engl. hall, franz. mansio), die chors nannten sie Hof, die nach England übersiedelnden Germanen aber wörtlich genau übersetzend möchte man sagen, tun. -court kam erst durch die Normannen nach England. Was court in Gallien im Ver- hältnis zu villa bedeutete, ergiebt sich nach dem Gesagten von selbst; es ist weniger als »villa«, da der Teil immer weniger ist als das Ganze. Diese Bezeichnung des Dorfes »eines Einzelnen oder eines Geschlechtes«, wie sich schon Waitz !) ausdrückt, können nach dem (Gesagten die Germanen nur infolge engerer Bekanntschaft mit gallorömischen Ver- hältnissen sich angeeignet haben, es ist daher schon darum anzunehmen, dass die Besiedler Britanniens, welche das Wort »ham« in diesem Sinne dort einführten, vor ihrer Uebersiedlung nach Britannien in enge Fühlung mit gallo-römischen Einrichtungen gekommen waren. Das konnten sie aber weder im Lande Angeln, noch von den oben erwähnten Sitzen der Angeli, noch auch von denen der Angrivarier aus in diesem Masse. Wie bei den germanischen Bewohnern Kents und der benach- barten Grafschaften schon die Lage, so spricht auch bei den nördlicher wohnenden Angeln vieles dafür, dass sie eine zeitlang im nordöstlichen Gallien gesessen haben, was schon Molhuysen angenommen hat *). Sehen wir so die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Besiedlung Britanniens durch germanische Völker zum Teil Stämmen zufiel, von denen andere Abteilungen ihren Weg ins Moselland gefunden haben, und haben wir zugleich aus der Form der vorherrschend gebrauchten Benennungen der Ansiedlungen nach dem ersten Stamm eines Personennamens einen Anhalt dafür ermittelt, dass die An- siedlungen in beiden in Rede stehenden (Gebieten annähernd zur selben Zeit erfolgt sein müsse ?), worin uns die Wahrnehmung bestärken muss, dass auch die Nomenclatur der burgundischen Siedlungen (aus der Mitte des 5. Jahrhunderts) einen übereinstimmenden Charakter aufweist, so wäre die nächste sich aufdrängende Frage nun die:

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?) Seine Beweisführung ist freilich, soweit sie sich auf das Vorkommen einzelner Ortsnamen wie Engelveld und Varnhout stützt, etwas veraltet, da bier nicht notwendig an Angeln und Varnen, sondern eher an Personennamen wie Engelbert und Warnefried zu denken sein dürfte.

3) Von 106 burgundischen Ortsnamen auf -ingen, bei Zimmerli, »Die deutsch-

französische Sprachgrenze in der Schweiz«, III. Teil, S. 110 ff., dürften die meisten aus dem Anfangsstamm eines Personennamens allein gebildet sein, offenbar auf

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In welchen Gegenden Englands herrschen die den moselanischen verwandten oder gleichen Namen besonders vor; und sind solche Uebereinstimmungen nicht in gleichem Masse zwischen den Ortsnamen Englands und denen anderer deutscher Gebiete vorhanden ?

Fände man alle in Betracht kommenden Namen oder den grössten Teil in einer Gegend Englands dicht gedrängt, so läge es freilich sehr nahe, Schlüsse zu ziehen; das konnte ich aber nicht wahrnehmen, wenigstens nicht mit dem mir zu Gebote stehenden Material. Nur soviel hat sich mir ergeben, dass der grösste Teil der oben aufgeführten Ortsnamen in dem Gebiete sich findet, der nach der Karte Seebohms heute die meisten Ortsnamen auf -ing enthält, ein Gebiet, das durch eine Linie markiert wird, die nach Westen durch die Grenzen der Graf- schaften York, Nottingham, Leicester, Northampton, Huntingdon. Cam- bridge, Herford, Middiesex, und weiterhin durch die Nordgrenze von Surrey, Berkshire und Gloucester sich kennzeichnet, während von Südwest-England die Grafschafien Dorset und Devon und natürlich auch das spät germanisierte Cornwall ausgeschlossen sind. Innerhalb dieser Umgrenzung liegen die fraglichen Ortsnamen am dichtesten in den am frühesten germanisierten counties, d. h. östlich einer Linie, die man von der Insel Wight nordöstlich nach dem Wash ziehen kann, namentlich in Norfolk, Suffolk (also in Ost-Anglia), in Kent und Sussex und ausser- dem in Lincoln und in dem weitausgedehnten York. Aber auch ausser- halb der oben beschriebenen Grenzen ist noch ein ziemlich häufiges Vorkommen in Northumberland zu konstatieren.

Die westlichen Grafschaften bis an die Grenze von Wales, im Norden bis (exclusive) Lancaster, bilden mit dem oben umschriebenen Verbreitungsgebiet der -ing den Bezirk, in welchem in England die Orts- namen auf -ham häufig sind, eine Häufigkeit, die in den Grafschaften Derby und Stafford nur eine relative ist: ausserhalb dieser Grenzen, in den Grafschaften im Nordwesten von York, ebenso wie im Süden

eine Ableitung aus einem vollen Personennamen deutet nur die Form Ransoldingis, während in der deutschen Schweiz und in Bayern solche Formen der Ortsnamen jedenfalls häufiger sind; vielleicht hauptsächlich darum, weil dort die Bildung solcher Ortsnamen auf -ingen noch geraume Zeit fortdauerte. Vielleicht aber hatte auch, und das wäre natürlich sehr wichtig, die Bildung der abgeleiteten Form auf -inga aus dem ganzen Namen eine andere Bedeutung, die eines Possessivums, was ich von einigen Fällen, namentlich ganz kleinen Gruppen von Höfen, die nie einer Markgenossenschaft Raum zur Niederlassung geboten hätten, schon jetzt als wahrscheinlich aussprechen möchte. Solche -ing und -ingen finden sich aber namentlich in der Schweiz und in Bayern! In Lothringen war die An- siedlung offenbar gleich von anfang eine weit dichtere.

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von Herford, in der Grafschaft Monmouth. scheinen sie nach Seebohm so gut wie gar nicht vorzukommen.

Dieser Umstand ist von grösster Bedeutung, wie mir scheint, weil sich daraus unwiderleglich ergibt, dass die Gründung von Ortsnamen auf -ham noch fortdauerte, als solche auf -ingas schon nicht mehr entstanden, und zwar in einem national gemischten Gebiet. denn diese Gegenden, in denen die -ham noch vorkommen, aber wenig oder gar nicht die -ing, sind ein Gebiet, das im 6. Jahrhundert. und zum Teil noch viel später als wallisisch galt! Von welcher Bedeutung dies für die Auffassung der Masse der -ing als Volks-. der -ham als Herren- Siedlung ist, bedarf wohl kaum des Hervorhebens!!)

Dieses Ergebnis muss uns trösten, wenn die Untersuchung in andrer Hinsicht negativ ausgefallen ist; es kann uns das aber nicht zu sehr wundern, denn wir haben der Uebereinstimmung der Ortsnamen von An- fang an, gewohnt mit nüchterner Kritik an solche Dinge heranzutreten, keine übermässige Bedeutung beigemessen. Wenn wir uns vergegenwär-

!) Ein Blick auf die beigegebene Karte nach einer Skizze bei Seebohm zeigt uns in höchst bezeichnender Weise die als Volkssiedlungen angesprochenen -ing in einem der Küstenlinie, also der Einbruchsstelle der Germanen folgendem bandartigen Streifen sich von der Westspitze von Sommerset am Kanal von Bristol und von der Grenze zwischen Dorset—Hampshire am Aermelkanal an bis zum oben genannten Wash hinziehen, und über diesen hinaus, der Ostküste entlang, bis an die Grenze der Grafschaft Durham. So sehr scheint die Verbreitung dieses Ortsnamentypus an die Nähe des Meeres gebunden, dass auch die Linie, welche die Zone dichten Vorkommens landwärts markiert, der südlichen und östlichen Küstenlinie parallel läuft, so dass sie im Innern dasselbe Knie macht, das die englische Küste in der Grafschaft Kent bildet. Middlesex fällt darnach schon nicht mehr ganz in die Zone der Verbreitung der -ing. Dagegen greift der Ver- breitungsbezirk der -ham überall darüber hinaus. Westlich liegen die zu ihm ge- hörigen, national zweifellos sehr mit wallisischen Elementen gemischten Grafschaften Dorset, Devon, Cornwall, von dem Gebiet der -ing gegen Wales zu gehört alles jetzt englische Gebiet dazu, ausser Monmouth und gegen Schottland zu sind ebenfalls einige Grafschaften des Königreichs England nicht eingeschlossen. Ist hier- nach anzunehmen, dass, zeitliche Verschiedenheit der Gründung angen ımmen, die -ing oder die -ham früheren Ursprunges sind ? Ferner, stimmt das nicht vorzüglich zu meiner Annahme, es seien die -heim spätere Erscheinungen, was wenigstens ihr massenhaftes Vorkommen anlangt, und es seien ihrem Entstehen, eben in ihrer Eigenschaft als Herrensiedlungen, Bezirke, in denen infolge der Eroberung noch ein starker Rest des unterworfenen Stammes zurückblieb, besonders günstig ? Dass Ortsnamen auf -ing in Britannien auch ausserhalb dieser Begrenzung einzeln vorkommen, ist wohl nicht zu bezweifeln, so kenne ich den Ortsnamen Stirling bei Edinburgh; dies kann nicht Wunder nehmen, namentlich wenn man erwägt, dass eine Insel wie die britische, von allen Seiten, namentlich der Ostküste, gelegentlich germanische Seefahrer, Wikinger, landen sehen konnte

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tigen, dass die Eroberer Britanniens wohl allezeit, so auch im 5. und 6. Jahrhundert in nicht allzugrosser Menge jeweils über die See fahren mochten, da sie ja doch mit Weib und Kind und einem Teil ihrer Fahr- habe hinübergingen, so können wir übrigens auch annehmen, dass die einzelnen Stämme sich vielfach untereinander mischten, soweit solches nicht schon auf der Wanderung vom alten Wohnsitze zwischen Elbe und Weser über das nördliche Gallien zur Küste geschehen sein sollte, so dass die Sippen der einzelnen Stämme in Britannien zwischen Wight und Wosh weit zerstreut werden mochten.

Was aber die andre Frage anlangt, ob in irgend einer Gegend Deutschlands eine ebenso dichte Uebereinstimmung der Nomenclatur mit der englischen wahrzunehmen sei, so würde es vielleicht zu kühn sein, sich hierüber absprechend zu äussern wenn man erwägt, wie versteckt oft die Personennamen in den Ortsnamen sich vorfinden; aber dass wohl nirgends so häufig patronymische Bildungen in gleichlautender Form sich finden, also -ingen mit einem Personen- namen gleichen Stammes, das halte ich nach meinen Nachforschungen in dem sehr vollständigen Ortsverzeichnisse von Lehnert für sicher, ohne spätern Untersuchungen, die anzuregen mir zur Genugthuung ge- reichen würde, vorgreifen zu wollen.

Schliesslich möchte ich einen allerdings naheliegenden Einwand vorwegnehmen: man könnte wohl sagen, die zur Bekräftigung meiner eingangs erwähnten Sätze angeführten Schriftsteller entkräften sich gegenseitig, Kemble sieht überall freie Markgenossen, Seebohm nur Frohnhöfe, soweit zurück er forschen kann.

Hiergegen habe ich zu erwidern: Seebohms Quellen reichen eben nicht in die Zeit der ersten Anfänge. Man erwartet wohl nach dem Ausgeführten den Versuch aus dem häufigen Vorkommen der -ingham und -ington den Schluss gezogen zu sehen: die freien Besiedler der -ingas wurden zu Hörigen und ihre Sitze zu -ham und -ton. Ich gehe nicht soweit, und zwar darum, weil ich der Bedeutung dieser Formen noch ebenso zurückhaltend gegenüberstehe, wie in meinen Siedlungen t).

Die Sache ist die, dass ich noch immer für unentschieden halte, ob hier »-ham« an »-ingas«, sei es von vornherein, sei es nach- träglich, angehängt wurde, oder ob -ing hier rein possessive Bedeutung hat. Försteman, von gleichem Zweifel erfüllt, entschied sich schliesslich für letztere Annahme), ich möchte aber behaupten, dass alle diese verschiedenen Annahmen gelegentlich zutreffen, in

1) S. 57, Note. ?) Die deutschen Ortsnamen, S. 178.

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einem Falle diese, im andern jene!). Ein Schmieding, wie es in Bayern und Oestreich häufig vorkommt, kann wohl nur possessiv sein; da- gegen halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass in einer Gegend mit massenhaft auftretenden »Heimen«, namentlich in einer Zeit wo das Verständnis der Bedeutung von -ingas verwischt war, heim, ham, ton, oder etwas ähnliches angehängt wurde, mit dem Gefühle, dass eine solche Endung einem Ortsnamen gebühre. Aber wie dem auch sei, eine Benennung, deren Bedeutung entweder schwankend war, oder doch für uns noch nicht hinreichend erkennbar ist, scheint mir eben- darum nicht geeignet, darauf Schlüsse zu bauen. Immerhin lohnt es sich wohl. darauf hinzuweisen, dass in der Umgegend von London, auf einem Gebiet von etwa 120 Quadratmeilen sich heutzutage 30 -ham, darunter nur 2 -ingham, ferner 10 -ing, ferner 24 -ton, darunter 8 -ington, finden.

Bei solchem Ueberwiegen einer Endung scheint es nach den Beobachtungen, die man auch anderwärts machen kann, durchaus denkbar, dass der vorherrschende Ortsname als Typus im Laufe der Zeit um sich gegriffen habe ?).

Dass ein solcher Vorgang durch Herabsinken einer Markgenossen- schaft zum Colonendorf begünstigt werden musste, ist kaum in Abrede zu stellen, doch will ich zugeben, dass, namentlich im westlichen Deutschland auch andere Orte ihren Namen durch diese assimilierende Tendenz verändert sehen konnten ?). Es soll nicht im mindesten bezweifelt werden, wenn Seebohm“) schon im Anfang des 7. Jahrhunderts Frohnhöfe im südlichen England annimmt, aber dass freie Siedlungen dort gar nie existierten, weil in späterer Zeit, abgesehen von den von Dänen 5) besetzten Gegenden (Ostanglia, Lincoln, Essex) alles Bauern- volk in Hörigkeit verfallen war und weil die erforschten Urkunden keinen Nachweis des Gegenteils ergeben, möchte ich nicht annehmen.

!) In den von Kemble auf -ingas zurückgeführten Ortsnamen muss freilich -ham, -ton als nachträglich angehängt werden, dies sind aber lange nicht alle Ortsnamen solcher Bildung.

?) Ein Bestreben, Ortsnamen durch Anhängung der vertrauten Form »heim« sich mundgerecht zu machen, glaubt Lamprecht bei den Mittelfranken nachweisen zu können. Vgl. Fränkische Wanderungen und Ansiedlungen, vornehmlich im Rheinland, Zeitschr. des Aachener Geschichtsvereins, 1882.

3) Beispiele von anscheinend im 8. Jhdt. noch freien Orten mit Namen auf -heim bei Maurer, Gesch. der Dorfverfassung in Deutschland.

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5) Seebohm, a. a. O., S. 61, 62.

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Im Frankenreich ist bekanntlich die Tendenz der Entwicklung gewesen: Hebung der Servi und Herabdrücken der freien Landbewohner zu Zinsbauern; wie ich schon in meine Ortsnamen des Metzer Landes betonte. ist das Niveau der französischen Volksfreiheit, namentlich da, wo die Zahl der Unterworfenen (Romanen, Alemanen) gross war, ungemein rasch gesunken.

Wie lagen aber die Dinge in Britannien ?

Ein zahlreiches unterworfenes Volk, bei dem die Verhältnisse nicht besser gelegen haben können als bei den Romanen unter fränkischer Herrschaft, eher härter; eine Menge kleiner Könige, in end- lose Fehden unter sich verwickelt, der Menge der Herren entsprechend eine verhältnismässige grosse Anzahl von Antrustionen, (Gefolgs- leuten : ein ununterbrochener Kriegszustand gegen die Welschen und gegen die Stammesgenossen, also weit mehr, als je zur schlimmsten Zeit merovingischer Fehden ein Hervortreten eines gewerbsmässigen Kriegerstandes, der die Mitwirkung des Volksheeres, das bei all diesen kleinen Kriegern weder mitwirken konnte noch wolltet), ersetzte also alle Bedingungen für ein übermütiges, anmassendes Gefolgschaftswesen in weit höherem Masse vorhanden, als bei den Franken; dazu, statt eines einheitlichen Volkstums, eine Menge kleiner Völkerschaften, eine jede später einwandernde nach Möglichkeit bereit, ihre früher ansässig gewordenen Stammesgenossen in Abhängigkeit zu bringen, sollte es uns da verwundern, wenn es mit der Freiheit des kleinen Mannes ungeheuer rasch abwärts ging?

Wie wenig es, wenn die Voraussetzungen einmal gegeben sind, bedarf, um ein ganzes Volk in Unfreiheit zu bringen, zeigt uns ein Vorgang aus neuerer Zeit.

Eine Hungersnot gab im 17. Jhdt. in Russland Anlass, den Land- bewohnern (zeitweise dachte man erst) das Verlassen ihres Herdes zu untersagen?), bald darauf waren diese Bauern zu Leibeigenen geworden. Wie erschüttert in ihren Grundfesten muss die Volksfreiheit bereits gewesen sein, um solches zu ermöglichen; wie weit muss es aber im Frankenreiche schon im 9. Jahrhundert damit gekommen sein, wenn Karl der Kahle in einem Capitulare von 847 geradezu die Commen- dation an einen Seigneur befehlen durfte).

. .') Gerade um sich der Kriegspflicht, die auf freiem Grundbesitz lastete, zu entziehen, erfolgte am häufigsten (wenigstens im Frankenreiche) die freiwillige

Hingabe von Land seitens kleinerer Besitzer an grosse (Commendation).

?) Angebliche Ukas vom 21. Novbr. 1604. Vgl. Meitzen, a. a. O., S. 227.

°) Volumus ut unus quisque liber homo in nostro regno seniorem qualem voluerit in nobis et in nostris fidelibus accipiat. Maurer, Einl. zur Gesch. der Mark-, Hof- etc. Verf., $ 95, Note 73.

Unter seinen Nachfolgern finden wir denn auch den Rechtssatz »nulle terre sans seigneur«, den Grundsatz des ärgsten Feudalismus, zur That geworden.

Zweifellos war schon längere Zeit vorher der freie Kleingrund- besitz so gut wie verschwunden: im Elsass schenkt ein Herr Wido schon im 8. Jahrhundert zahlreiche Dörfer an den Abt von St. Pilt, da kann es nicht verwundern, wenn es in Britannien mit der ger- manischen Volksfreiheit noch rascher abwärts gegangen ist, wie denn die Urkunden schon früh »Folkland« mit »terra regis« übersetzen.

Somit hat es gar nichts Befremdendes, wenn wir mit Kemble die Gründung zahlreicher freier Markgenossenschaften zur Zeit der Landnahme annehmen, und doch auch Seebohm beipflichten, wenn er annimmt, dass schon wenige Jahrhunderte später die Könige, oder wenn man sie lieber so nennen will, die Häuptlinge und ihr Gefolg- schaftswesen alle. oder fast alle diese kleinen Gemeinwesen in ihre Hörigkeit gebracht hatten.

Dass aber die Gefahr einer Ueberhebung der Gefolgschaften über die remeinfreien bei den Germanen von den frühesten Zeiten an gross war, hat schon Tacitus, zu dem wir zum Schlusse zurückkehren, ge- sehen, denn er sagt in seiner Germania: liberti non multum supra servos sunt, raro aliquod momentum in domo, nunquam in civitate, exceptis dumtaxat iis gentibus quae regnantur, ibi enim et super nobiles ascendunt !) !

226725:

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Aus dem alten Diedenhofen.

Von Emil Knitterscheid.

Zur Geschichte des Orts bis 1000. Als Teissier vor mehr als 70 Jahren seine Geschichte Diedenhofens schrieb!), bedauerte er?), dass nicht irgend welche Funde aus der Römer- zeit gestatteten, das Alter der Stadt soweit hinauszurücken. Nun hat man

Fig. 1. Zwillingsturm mit Schlossgasse.

aber später wiederholt römische Münzen u. s. w. auf dem Stadtgebiete gefunden. So teilte Abel 1862 in einer Sitzung der Societe d’Archeo- logie et d'Histoire de la Moselle) mit, es seien beim Aufwerfen von Gräben für die Gasleitung römische Ziegel, eine Münze mit dem Bilde der Faustina u. m. A. gefunden worden. Eine grössere Anzahl von Münzen kam ans Tageslicht, als man 1872 das alte Luxemburger Thor

‘) Histoire de Thionville par G. F. Teissier, Metz 1828, 2) 8.8. Vgl. auch S. 429. *) Bulletin de la Société, 58 année, S. 161.

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niederlegte und in der Nähe andre Bauarbeiten an den Befestisungs- werken vornahm. Erwähnt werden von diesem Funde grosse Erze von Nerva, Tetricus, Posthumus, Constantinus mit dem Jabarum. Maxentius, Valentinianus und hauptsächlich eine Goldmünze Neros, In den Mémoires de Ja Société, 17. Bd. 1887, welchen diese Mitteilung entnommen ist, heisst es weiter S. 120, man habe 1886 bei der An- lage der Wasserleitung an der Ecke der Mersch- und der Luxemburger Strasse an der Stelle des ehemaligen bedeckten Marktes die Reste eines gallo-römischen (Grebäudes gefunden, welches unzweideutige Spuren eines Brandes aufgewiesen hätte.

Weniger bestimmt, aber doch nicht bedeutungslos ist die folgende ältere Notiz, welche die Sekretäre der genannten Gesellschaft in der chronique archéologique ihres ersten Jahrbuches!) gegeben haben: »Les travaux de déblaiement nécessités autour des remparts de Thion- »ville par le prolongement- du chemin de fer de Luxembourg ont mis »au jour un certain nombre de sépultures antiques accompagnées de »poteries brisées et de monnaies de diverses époques. Grâce aux soins »de M. Michelet, capitaine du génie, ces dernières ont été sauvées du »creuset de l’orfevre, qui est le sort le plus habituellemeut réservé »aux pièces d'or et d'argent anciennes trouvées à Thionville et aux “environs. Ces médailles sont un Trajan en argent, au revers un »genie, légende S. Hadrianus. Trajanus. Aug. P. M. P. R. P. »Cos. III; un jeton en argent de Louis XIII et de Marie-Thérèse 1660 »Securits publica« pp.

Die letzte Zusammenstellung ist etwas bedenklich, auch der Fund- ort wenig genau angegeben, an der Thatsache selbst aber kann man wohl nicht zweifeln.

Nach einer gefl. Mitteilung des Herrn Kreisbauinspektors Baurat Morlok wurde um die Mitte der neunziger Jahre in der Stadthaus- strasse bei Grabarbeiten eine Anzahl römischer Grossbronzen gefunden.

Von der Besitzerin des sog. Chäteau de Thion auf dem Schloss- hofe von welchem später die Rede sein wird -- wurde mir ver- sichert, dass man Ende der sechziger Jahre beim Graben im Keller ihres Hauses zur Herstellung einer Abortgrube eine Anzahl von römischen Münzen in der Erde gefunden habe. Die drei nachstehend beschriebenen, einen Denar von Traianus (98—-117), eine Mittelbronze von Maximinus I (235—38) und eine kleine Bronze von Licinius jun. (317—26), halte sie noch in Besitz.

1) Bulletin 1858, S. 62.

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Traianus, Denar aus 114, Coh. 497. Imp. Traiano Aug. Ger. Dac. P. M. Tr. P. Cos. VI P. P. Kopf mit Lorbeer n. r. R/ $S P Q R Optimo Prineipi. Reiterstatue n. |. mit Lanze 1. d. R.

Maximinus I., Coh. 35. Imp. Maximinus Pius Aug. Kopf n. r. mit Lorbeer. Mantel und Panzer. R/ Pax Augusti S. C. Friedensgöttin stehend n. l., mit Oelzweig i. d. R. und Scepter

schras. 1.4. D.

Lieinius junior, Coh. 14. Licinius Jun. Nob. Caes. Kopf n. r. mit Lorbeer. Mantel. R/ Dominorum Nostrorum Caess. VotL N um. Kranz’ 7.

Vor kurzem erfuhr ich von Herrn Kupferschmied Schneider, dass man vor mehreren Jahren bei Grabarbeiten auf seinem Hofe römische Münzen gefunden hätte, welche in den Besitz des Herrn Abel -- kurz vor seinem Tode übergegangen wären. Die Fundstelle befand sich zwischen dem Augustinermagazin und dem nördlichen Eckturm des Schlosses, nicht weit vom Luxemburger Platz.

Sämtliche bisher genauer bekannt gewordenen Münzen stammen aus der Zeit vom ersten bis zum vierten Jahrhundert. Fast bei jedem Funde waren Münzen verschiedener Zeiten vertreten. Falls dies auch in Zukunft bei etwaigen weiteren Funden die Regel bilden sollte, so scheint der Schluss berechtigt, dass alle Münzen erst zu spätrömischer Zeit an Ort und Stelle gekommen sind.

Es lässt sich jetzt nicht mehr prüfen, in wie weit die von Abel gebrauchte Bezeichnung »gallo-römisch« für das oben erwähnte Ge- mäuer zutreffend war und ob die gefundenen Ziegel wirklich römischen Ursprungs gewesen sind. {

Selbst gesehen habe ich nur das Bruchstück eines römischen Ziegels, das bei der Fundierung des gegenwärtig in Ausführung be- griffenen Erweiterungsbaues des Amtsgerichts gefunden wurde.

Man muss auch zugeben, dass gewiss srosse Vorsicht am Platze ist, wenn man aus vereinzelten Münzfunden auf das Alter einer Wohn- stätte schliessen will, denn eine spätere Verschleppung ist denkbar, und es ist wahrscheinlich, dass die römischen Münzen stellenweise bis

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in das frühe Mittelalter hinein als Zahlungsmittel galten, indem die auf den Trümmern des römischen Staates neu gegründeten Reiche sich zunächst mit ihnen behalfen.

Trotzdem kann man auf Grund der aufgezählten durchaus nicht vereinzelt dastehenden Funde meines Erachtens mit ziemlicher Wahr- scheinlichkeit annehmen, dass an der Stelle des heutigen Diedenhofens eine wenn auch kleine römische Ansiedlung sich befunden hat. Dazu ist man durch die Häufigkeit der Funde berechtigt. Dass die An- siedlung nicht von Bedeutung war, geht vielleicht daraus hervor, dass die Heerstrasse Metz—Trier, welche in der Gegend mit einem auch anderswo vorkommenden Namen nach dem mittelalterlich lateinischen Worte caminus!) »le Kem« genannt wird, nicht unmittelbar an ihr, sondern in etwa 2 km Entfernung am Fusse der (rentringer Höhen vorbeiführte; sie ging von Daspich nach Grosshettingen.

Doch kann auch die Strasse älter als der Ort gewesen sein.

Vielleicht war ein Flussübergang, eine Fähre, die erste Ver- anlassung, der Ursprung der Ansiedlung, wie dies natürlich und schon in vorrömischer Zeit mehrfach nachweisbar ist. Diese Fähre würde die Verbindung des alten Ortes Iudiacum oder Iudicium, des nach- maligen Jeutz, mit der erwähnten Heerstrasse vermittelt haben. Vgl. den Plan Fig. 2, der nach den Messtischblättern Diedenhofen und Hayingen, sowie alten Katasterplänen mit freundlicher Unterstützung des Herrn Baurat Morlok gezeichnet ist und dem jetzigen Zustande nur zum Teil entspricht.

Der alte Name Diedenhofens »Theodonis villa«, die lateinische Uebersetzung des deutschen, weist nach der gewöhnlichen Annahme auf fränkischen Ursprung. Es wird ihm der Personenname Thiudo oder Theodo zu Grunde gelegt und ein Mann dieses Namens als Gründer oder Be- sitzer, Erbauer oder Verwalter des Landgutes angenommen, welches zur fränkischen Zeit an dem Orte bestand. Man mag sich also denken, dass erst zur Merovingerzeit die ehemals kleine Siedlung einige Be- deutung erlangt oder dass an ihrer Stelle sich ein fränkischer Herren-

hof erhoben hat. Aehnliche gleichzeitige und spätere Namen- bildungen kommen in hiesiger Gegend mehrfach vor, z. B. Gondulli villa, Gondreville Pappoli villa, Plappeville Bosonis villa,

Busendorf und im Kreise Diedenhofen selbst Amnéville, Bettlainville und Pepinville, deutsch Pipensdorf, ein Ort, der vielleicht von oder nach dem Vater Karls d. Gr. so benannt ist ?).

1) via, iter, chemin. 2) Vgl. 5. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz: Dr. Uibeleisen, die roman. u. fränk. Ortsnamen Welsch-Lothringens.

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Die Bedeutung Diedenhofens muss um die Mitte des 8. Jhdts. eine erheblichere geworden sein, denn bei der ersten Erwähnung 753 erscheint es bereits als Aufenthalt und Eigentum Pipins des Kleinen, also als Krongut des Karolingischen Hauses. Dass die villa vorher Besitz der Merovingerkönige war und dass diese sich auf römischen Trümmern eingerichtet hatten, halte ich für wahrscheinlich. Haben sie sich doch vielfach an Rhein und Mosel die grössten und bestgelegenen, nament- lich durch Weinkultur und grosse Waldungen ausgezeichneten römischen Stationsorte als königliche Kammergüter (fisci regii, villae regales) reserviert!). Hierbei kamen nicht nur feste Punkte, Castelle, sondern auch grosse Villen in Betracht, deren so manche hier zu Lande nach- gewiesen sind.

Die Fortsetzung der Chronik des Fredegar und die Annales Laurissenses geben übereinstimmend an, dass Pipin als König i. J. 753 sich in Diedenhofen aufgehalten habe »Theudone villa publica super Mosella«.

Es handelt sich hier um einen längeren Aufenthalt mit. Familie und Hofstaat, um eine Hofhaltung, wie aus dem Ausdrucke »resedere« der erstgenannten (Quelle geschlossen werden kann. Der Aufenthalt fällt in den Herbst und dauerte wenigstens bis zum Ende des Jahres, denn er umfasste noch das Weihnachtsfest, welches in jener Zeit am Königshofe mit grossen Feierlichkeiten begangen wurde. Nach den Ausführungen Dümmlers in den » Jahrbüchern der deutschen Geschichte« haben wir uns während dieser Zeit in Diedenhofen die Reichsversamm- lung zu denken, von der Paulus Diaconus in der Geschichte der Bischöfe von Metz erzählt. Hiernach hätten von hier aus zwei der vornehmsten Franken, der Bischof Chrodegang von Metz und der Herzog Autcharius etwa anfangs August 753 die Reise nach Italien angetreten, um den Papst aus Rom ins Frankenland zu geleiten.

Pipins Sohn Karlmann urkundet im März des ‚Jahres 770 Theudone villa Palatio?). Hier haben wir die erste von vielen Er- wähnungen des Palatiums, der Pfalz. Die letzte ist meines Wissens aus 940, so dass der Königssitz also 170 Jahre lang in den Quellen als solcher genannt wird.

Die fränkischen Pfalzen waren meist keine festen Plätze, sondern friedliche Wohnungen in ebener, bequem zugänglicher Lage. Ideler °)

!) Vgl. Eltester in den Bonner Jahrbüchern L u. LI, S. 66. ?) Bouquet V, 720. °) Commentar zu Einhards Leben Karls des Grossen, I, 249.

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führt 129 Pfalzen auf, deren sich Karl und seine unmittelbaren Nach- folger nachweislich bedient haben, fast alle in Deutschland und in der Ebene gelesen. (Genauere Zählungen haben ergeben, dass uns von gleichzeitigen Schriftstellern allein etwa einhundertundfünfzig Paläste merovingischer und karolingischer Könige genannt werden, welche ziemlich regelmässig über das ganze Reichsgebiet verteilt und mehrfach in planmässigem Zusammenhang mit älteren römischen Anlagen errichtet waren. In neuerer Zeit hat man begonnen, sich eingehender wie bisher mit den Bauten des deutschen Altertums zu beschäftigen: von den Pfalzen insbesondere ist die Nimwegener von Hermann und später von Dr. Plath in Einzeldarstellungen behandelt worden !).

Die grosse Anzahl der fränkischen Pfalzen, ihre Notwendigkeit und Wichtigkeit erklärt sich dadurch, dass die Könige mit ihrer ganzen Hofhaltung und dem vollständigen Regierungsbetriebe bei der Bereisung ihres grossen Reiches an vielen Stellen eine angemessene Unterkunft finden mussten. Die Pfalzen waren nach ihrer Gesamtanlage, nach Zahl und Grösse der Bauten verschieden; sie waren ihrer geographischen Lage und Bedeutung entsprechend mehr oder weniger umfänglich und reich ausgestattet. Die kleineren und weniger wichtigen hatten wohl neben Steingebäuden auch Fachwerk- und Holzhäuser mit Strohdächern, und nur für die bedeutenderen würde uns heutzutage die Bezeichnung Königspalast als zutreffend und angemessen erscheinen.

Eine solche grössere Pfalz haben wir uns zu denken als eine Anzahl von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, umgeben von Höfen, Nutz- und Ziergärten, Feldern und Wiesen in oft grosser Ausdehnung. Den Mittelpunkt bildeten die stattlichen Wohnungen des Königs, seiner Familie und des zahlreichen Gefolges; sie boten meist auch Platz zur Aufnahme von Gästen, Gesandten u. s. w. Eine Schlosskapelle fehlte nicht, auch war ein Versammlungssaal da nicht zu entbehren, wo Reichstage oder kleinere Versammlungen von Grossen abgehalten wurden. Hierzu kamen die Behausungen für den Burggrafen, den Vertreter des Königs während seiner Abwesenheit, für die Beamten und Pächter,

!) Vgl. Hermann, der Palast Karls d. Gr. zu Nymwegen in den Bonner Jahr- büchern. LXXVII, 88. Die Arbeit Plaths ist in holländischer Sprache erschienen. Eine deutsche Bearbeitung findet sich’ in der Deutschen Rundschau 1895 96, I, S. 141 ff. Von Dr. Plath ist auch zu vergleichen »Dispargum« in den Bonner Jahrbüchern, HeftXCV. Der Verfasser hat sich die umfangreiche Aufgabe gestellt, sämtliche Pfalzen in vergleichend historisch-archäologischer Untersuchung zu be- handeln. Von allgemeinem Interesse ist seine Abhandlung über »Merovingische und Karolingische Bauthätigkeite im Februarheft 1894 der Deutschen Rundschau.

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dann die Wirtschaftsgebäude, Ställe, Scheunen, Lagerhäuser, Werk- stätten u. s. w., endlich in grösserem Abstande vielleicht und zu ein- zelnen Gruppen vereinigt die Wohnungen der Arbeiter mit Zubehör, sofern letztere nicht etwa in nahen Dörfern Unterkunft fanden.

Da Diedenhofen, obwohl es nicht in erster Linie steht, doch zu den öfter bewohnten und darum wohl auch bedeutenderen Pfalzen zählte, so kann man, glaube ich, Teissier beipflichten, wenn er in seinem Aufsatze »Origine et progrès des Fortifications de Thionville« !) meint, die villa regia des 8. Jahrhunderts habe einen grösseren Raum eingenommen als die jetzige Stadt, soweit sie auf dem linken Ufer liest. Jedenfalls dürfte die Ansicht für das 9. Jahrhundert zutreffen, zu welcher Zeit zweifels- ohne wohl Ergänzungsbauten aufgeführt wurden, obwohl uns hierüber nur eine einzige spärliche Nachricht überliefert ist, von der später die Rede sein wird. Die angegebene Fläche begreift Felder und Gärten ein. Vergleichsweise sei hier bemerkt, dass das Gebiet der freilich viel jüngeren und ungleich grossartigeren Kaiserpfalz zu Goslar ohne das zugehörige Land etwa 550 m lang und durchschnittlich 250 m breit war?).

Die Lage Diedenhofens musste sowohl an sich als auch bezüglich der weiteren Umgebung und Nachbarschaft als eine sehr günstige erscheinen. Der Fluss erleichterte den Verkehr und ermöglichte Fisch- fang, Bad und Kahnfahrten. Die damals sumpfige und waldreiche nächste Umgebung lud zu Jagden ebenso ein, wie die unschwer zu erreichenden Waldgebirge der Ardennen und der Eifel. Metz und Trier, Prüm und Echternach, blühende Städte und Klöster, lagen in der Nähe.

Für Pipin kam der persönliche Grund hinzu, dass in Metz sein Jugendfreund Chrodegang den Bischofssitz inne hatte.

Mit der weitaus grössten Anzahl der bekannten Pfalzen teilte die Diedenhofener die Lage in der Ebene am Flusse. Befestigt könnte sie nur insofern gewesen sein, als ein von der Mosel gespeister Wasser- sraben sie vielleicht ganz oder teilweise umgeben hat. Doch ist dies nach anderen Beispielen nicht wahrscheinlich; so ist auch die neuer- dings von Dr. Plath untersuchte Merovingervilla in Kirchheim i. E. nicht mit einem Graben umgeben gewesen’).

Karl der Grosse ist in Diedenhofen, was ihm nach dem frühen Tode seines Bruders Karlmann zufiel, nachweisbar 772, 773, 775, 782,

A590: 467; 2) v. Behr, Zeitschrift für Bauwesen, 1900, S. 162 ff. 3) Die entgegenstehende Mitteilung in der Strassburger Post, 1899, No. 1038,

beruht nach mündlicher Angabe Dr. Plaths auf einem Irrtum.

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783, 805, 806. In einzelnen Jahren hat er sich wiederholt dort auf- gehalten.

Zuerst ist eine Urkunde von ihm im April 772 aus Theodono-villa pal. publ. datiert. Auch im Mai desselben Jahres weilte er in der Pfalz.

Für 773 ist seine Anwesenheit nur anfangs März nachzuweisen, doch kann er auch schon früher dagewesen sein.

Aus 775 giebt es Urkunden vom 3. und 10. Mai und vom No- vember. Wahrscheinlich in diesem Jahre sass der Kaiser in Diedenhofen

vor einer glänzenden Versammlung weltlicher und geistlicher Würden-

träger zu Gericht. 3 Bischöfe, 11 Grafen und zahlreiche Getreue werden

aufgezählt.

Am verhängnisvollsten für ihn wurde der Aufenthalt im Winter 782/83, welchen er zum grössten Teile so Weihnachten und Ostern in Diedenhofen zubrachte. Am 30. April starb hier seine

Lieblingsgemahlin Hildegard, 25 Jahre alt, nach der Geburt ihres neunten Kindes. Durch eine vom 1. Mai pal. nostro datierte Urkunde schenkte Karl für ihr Seelenheil der Kirche St. Arnulf bei Metz, in welcher sie beigesetzt wurde, die villa Cheminot.

Länger als 22 Jahre hat dann der Kaiser die Pfalz gemieden. Erst 805 nahm er in ihr wieder seinen Aufenthalt, nachdem er sie im Sommer desselben Jahres auf einer Jagdreise von Aachen in die Vogesen passiert hatte. Aus diesem Aufenthalte stammt die vom Dezember datierte Instruc-

tion für Königsboten, duplex capitulare missorum in Theodonis villa

datum, eine Sammlung von Vorschriften für Schreiber u. s. w. Gleich nach dem Weihnachtsfeste empfing der Kaiser in seiner Pfalz eine wichtige Gesandtschaft‘; an ihrer Spitze erschienen die beiden venetianischen Dogen mit Gefolge und Geschenken, um die völlige Unterwerfung Ve- netiens und Dalmatiens anzuzeigen.

Am 6. Februar 806 fand in Diedenhofen auf einem Reichstage der fränkischen Grossen die Teilung des Reiches in 3 Teile statt. Im selben Monat verliess der Kaiser die Pfalz, die er nicht wieder sah, zu Wasser. Er fuhr die Mosel und den Rhein herunter nach Nimwegen.

Oefter noch als sein Vater weilte Ludwig der Fromme in Diedenhofen. Schon vor seiner Thronbesteigung war er wiederholt dort. Aus seiner Regierungszeit ist uns seine Anwesenheit bekannt in den Jahren 816, 821, 828, 831, 834, 855, 836, 837.

Während der erste Aufenthalt im Juli 816 nur ein kurzer ge- wesen zu sein scheint, fand im Oktober 821 eine allgemeine Reichs- versammlung apud Theodonis villam statt, gelegentlich welcher der Kaiser mit grossem Glanze seinen ältesten Sohn und Mitkaiser Lothar

—.1900t—

mit Irmingard, der blonden Tochter des Grafen von Tours, vermählte. Noch im November urkundet er hier.

828 entsandte er Lothar von Diedenhofen aus mit bedeutender Heeresmacht in die spanische Mark.

831 im Oktober fand wieder eine allgemeine Reichsversammlung hierselbst statt, bei welcher wie in früheren Zeiten ungetrübten Glanzes eine Reihe fremder Gesandten am Throne des Kaisers erschien. Nicht nur Dänen und Slaven bewarben sich um seine Gunst, sogar aus dem fernen Bagdad von dem grossen Chalifen Mamun kamen drei Botschafter mit kostbaren Stoffen und arabischem Räucherwerk, um das zwischen Karl und Harun geschlossene Bündnis zu erneuern.

Vorher, im Sommer desselben Jahres, schloss der Kaiser zu Diedenhofen mit Dänemark Frieden, nach mehrjähriger Feindschaft ?).

854 Juli 20 urkundet Ludwig Theodonis villa pal. r. Ende des- selben Jahres begab er sich zur Ueberwinterung ad palatium Theo- donis, und sein diesmaliger Aufenthalt dauerte mit Unterbrechungen bis in den März 835. Anfangs Februar fand in Diedenhofen eine grosse, im wesentlichen aus geistlichen Würdenträgern zusammengesetzte Reichsversammlung statt; es werden 44 Bischöfe, darunter 8 Erzbischöfe namentlich aufgeführt. Vor der »in sacrario, non coram laicis« versammelten Synode tritt der Kaiser als Ankläger gegen Ebbo von Reims auf. Das sacrarium und nicht das tribunal palatinum war des- halb gewählt worden, weil die Bischöfe Einspruch dagegen erhoben hatten, dass vor Laien verhandelt werde. Man hat das Wort sacrarium hier mit Sakristei übersetzt. Wenn dies richtig und es gestattet ist, aus der Grösse der Sakristei, die eine solche Versammlung aufnehmen konnte, auf den Umfang der Kirche zu schliessen, so können wir uns diese nur als ein sehr geräumiges Gebäude vorstellen. Aber es ist meines Erachtens in diesem Falle wahrscheinlicher, dass unter sacrarium das Chor der Kirche oder diese selbst zu verstehen ist?).

Im Mai 856 fand in Diedenhofen eine Beratung des Kaisers mit dem engeren Kreise seiner Getreuen statt.

In den Annales Fuldenses kommt um diese Zeit zum ersten male der deutsche Name vor: »Imperator in palatio Thiodenhove conventum habuit« (Enhardi Fuldensis annales 836 M. G. SS. I 360). Die Angabe Abels »une charte de 706 nous révèle l’existence de Dietenhoven«

1) Vergl. Geschichte des ostfränkischen Reiches von E. Dümnler, II. Aufl., I. Bd., S. 67 und 275.

*) Vergl. Ep. Caroli Calvi ad Nicolaum Papam und Mühlbacher Regesta Imperii I nr. 930.

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beruht auf einem Irrtum). Im Mai und Juni 837 finden wir den Kaiser zum letzten Male in seiner Diedenhofener Pfalz, wo er die jährlichen Geschenke des Volkes in Empfang nahm.

Aus seiner Regierung ist uns —- als ganz vereinzelt stehende Angabe etwas von einer Bauthätigkeit der Karolinger in Diedenhofen berichtet und zwar aus einer späteren Quelle. Ludwig begann den Bau einer Kapelle nach dem Muster des Aachener Marienmünsters. Hierauf gehe ich später näher ein.

Lothar I., der sein Reich von Metz aus regierte, weilte in Diedenhofen 841, 842, 844, 848, 853. Im August 841 versammelte er hier seine Getreuen um sich; dieser von Nithard III, 3 erwähnte Conventus wird durch eine Urkunde des Kaisers vom 1. September Theodonis villa palacio regio für den Dogen Peter von Venedig bestätigt.

Den Herbst des folgenden Jahres brachte er wieder dort zu. Seine Anwesenheit ist für September bezeugt, vom 17. Oktober ist eine Urkunde für das Bistum Chur, vom 12. November eine solche für das Kloster Prüm ausgestellt (v. Mohr, cod. dipl. I, 39. Boehmer N. 575). Auch fand in der ersten Hälfte November eine Versammlung der Grossen in Diedenhofen statt, auf welcher Lothar die ihm von seinen Brüdern gestellten Bedingungen verwarf. Im gleichen Monat wurde zwischen den Brüdern der Vertrag von Diedenhofen abgeschlossen, nach welchem zwischen ihnen Frieden bis zum 14. Juli 843 herrschen sollte. Im Vertrag von Verdun 843 behielt Lothar Diedenhofen.

844 im Oktober kamen penes Theodonis villam die drei Brüder Lothar, Ludwig und Karl zusammen. Gleichzeitig tagte in Jeutz secus Theudonis villam in loco qui dieitur Judictum unter dem Vorsitze Drogos von Metz eine bischöfliche Synode. Von Jeutz wird später im Zusammenhang die Rede sein.

Oktober 848 haben wir wieder eine Reichsversammlung in Diedenhofen, woselbst der Kaiser noch am 11. November urkundete.

Seine letzten Urkunden aus der hiesigen Pfalz sind vom 3. Juli 853 datiert.

Von Aufenthalten der nächsten Nachfolger Lothars wissen wir zwar nichts, es ist indessen wahrscheinlich, dass wenigstens Lothar II, der für gewöhnlich in Metz residierte, sich zeitweilig in Diedenhofen einfand.

Ob und inwieweit die Normannen, welche 866 und auch später zu Zeiten Ludwigs des Jüngeren und Karls des Dicken bis in die ') Vgl. seinen Aufsatz, »les voies romaines dans le département de la Moselle< in den Mém. de la Société d'Archéologie et d'Historre de la Moselle 1858.

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hiesige Gegend vordrangen, die Pfalz geschädigt haben, ist nicht über- liefert; aber man wird wohl nicht fehl gehen in der Annahme, dass der unbefestigte und schlecht verteidigte Ort gleich vielen anderen hart mitgenommen wurde.

Im Vertrag zu Mersen 870 kam Diedenhofen ebenso wie Metz unter deutsche Herrschaft. Allerdings war die Wirkung dieses Vertrages nur eine kurze.

In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, zuerst zu Lothars IL Zeiten, erscheint Flörchingen (Floringas curia r., Florichingas) als ein im Besitztum der Krone befindlicher Frohnhof (curtis, curia) auf der Bildfläche. Das Dorf liegt in der Luftlinie etwa 5 km südwestlich von Diedenhofen. Eine einigermassen gerade Strassenverbindung ist nicht vorhanden. Arnulf von Kärnthen urkundet hier 893, sein von ihm zum Gouverneur von Lothringen ernannter Bastard Zwentibold 896 und 898. In diesem Jahre sammelten sich hier um Letzteren nach allerlei Widerwärtigkeiten die Grossen des Landes, aber schon 900 waren sie von ihm abgefallen und huldigten im Februar in Diedenhofen dem letzten deutschen Karolinger Ludwig dem Kinde. Dieser urkundet am 22. März 900 in Diedenhofen.

Nach seinem Tode machte der französische Karolinger Karl der Einfältige Ansprüche auf Lothringen und wurde gegen den Willen der deutschen Fürsten 912 in Metz zum König gekrönt. Als solcher hielt er auch Hof in Diedenhofen; seine dortigen Urkunden sind von 913 Aug. 13 915 Nov. 24 919 Juli 9. Aber die Zugehörigkeit des Landes zu Frankreich dauerte nur kurze Zeit und 921 wurde im Vertrage zu Bonn die zu Mersen vorgenommene Teilung des Reiches erneuert.

Es tritt nun in der Geschichte Diedenhofens eine Lücke ein. Die Kaiser wohnten längere Zeit nicht mehr in ihrer dortigen Pfalz. Viel- leicht war sie durch die Normanneneinfälle in ihrer Wohnlichkeit sehr beeinträchtigt worden. Möglicher Weise kamen auch die Ungarn 917 auf einem Raubzuge bis in die hiesige Gegend'). Dass die Pfalz aber wohl noch eine Zeit lang fortbestand, geht aus einer Schenkung Ottos I. hervor, welcher 940 dem bei Trier gelegenen Maximinenkloster u. a. die ihm bereits von seinem Vater Heinrich geschenkte Kirche bestätigte, quae est in villa Tedonis nostri palatii cum 2 mansis. Nochmals be- stätigt wurde die Schenkung 966 Jan. 7 in einer Urkunde von Köln über die »aecclesia in nostro regali fisco Theodonis villa nominato

1) Dümmler a. a. O. Bd. III, S. 613.

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constituta« nebst Zubehör. Die katholische Kirche in Diedenhofen ist zwar seit langer Zeit dem hl. Maximinus geweiht, aber nach alten Nachrichten stand die erste Pfarrkirche unter dem Schutze des hl. Eustachius !).

Von dem continuator Reginonis?) ist uns zum Jahre 939 folgende wichtige Nachricht überliefert, welche sich auf die Kämpfe Otto des Grossen mit den Lothringern und dem Bischofe Adalbero I. von Metz bezieht: »Omnibus tamen Lothariensibus subactis, aliquamdiu resistere »conatus est episcopus Mettensis, unde Theodonis villa capellam domni »Ludovici pii imperatoris, instar Aquensis inceptam, ne perliceretur aut »pro munimine haberetur destruxit.«

Ludwig der Fromme hatte also in Diedenhofen einen Kapellenbau nach dem Muster der berühmten kaiserlichen Schlosskapelle in Aachen unternommen, welche Karl der Grosse 796—804 erbaute und mit seinem Schlosse in Verbindung setzte. Dieser Bau war nicht fertig, als er 939 aus Furcht davor, dass er vollendet als Festung benutz! werden könnte, zerstört wurde). Die Ansichten darüber, ob der Kaiser oder der Bischof die Zerstörung befahl was aus dem Zusammenhang der Stelle nicht ganz klar ist gehen auseinander; die Meisten schreiben sie dem Bischof zu.

Es werfen sich hier einige schwer zu beantwortende Fragen auf. Warum hatte man den Bau über ein Jahrhundert lang unvollendet liegen lassen? War die unfertige Kapelle in Benutzung genommen ? Gehürte sie dem Abte der Maximinenkirche oder haben wir uns eine andere ecclesia als Gegenstand der kaiserlichen Schenkung zu denken ? Berücksichtigt man nur die 940 erfolgte Erneuerung oder Bestätigung der Schenkung, so sollte man sagen, dass eine zerstörte Kirche nicht wohl Gegenstand einer kaiserlichen Schenkung sein kann. Andererseits ist es einigermassen unwahrscheinlich, dass die Pfalz zwei Kirchen hatte, obwohl dies in Goslar z. B. in späterer Zeit der Fall war. Wenn der Bau Ludwigs des Frommen was im Mittelalter öfter vorkam unfertig benutzt worden ist, so kann man immerhin annehmen, dass im ersten Drittel des 10. Jhdts., als die Kaiser, wie erwähnt, sich nicht mehr in Diedenhofen aufhielten, Heinrich I. die als solche nicht oder nur wenig mehr benutzte Palastkapelle dem Kloster schenkte. Voraus- gesetzt, dass die Kapelle, wie anderswo und an sich wahrscheinlich,

1) Vgl. Teissier a. a. O. S. 206. 2) Ser. I, 618. 3) Das »aut« im Texte muss man sich dem Sinne nach durch ein »et«

ersetzt denken.

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im Bering des Palatiums lag, so waren die anderen (Gebäude dieses letzteren, wenn sie damals noch bestanden, offenbar weniger geeignet, befestigt zu werden. Sonst wären sie wohl auch zerstört worden.

Die Zerstörung der Kapelle wird man sich so zu denken haben, dass im äussersten Falle alles Mauerwerk über der Erde abgetragen worden ist. Zu einem Abbruch der Fundamente lag keine Veranlassung vor, weil sie nicht zu Verteidigungszwecken dienen konnten. Es ist daher wohl möglich, dass die Fundamente noch vorhanden sind und dass sie einmal gefunden werden.

Es liegt auf der Hand, dass Diedenhofen abnehmen musste, als es sich nicht mehr der Vorteile eines zeitweiligen Aufenthaltes der kaiserlichen Hofhaltung erfreute. Denn hier fehlte Handel und Industrie oder eine andere Veranlassung, welche einem kleinen Gemeinwesen zur Blüte verhelfen konnte. Um die Mitte des 10. Jhdts. erscheint der Ort im Besitze der Grafen von Luxemburg, welche sich allmählich eine starke Hausmacht gründeten. Die Kaiser hatten wohl nur noch ein Absteigequartier in ihrer ehemaligen Pfalz, wo sie sich sehr selten aufhielten.

977 Mai 10 und 11 urkundet Otto IL in Diedenhofen, 993 Mai 9 Otto II. »in villa Dedonise, 1003 Januar 15 Heinrich IL, der in diesem Jahre eine Versammlung der Grossen von Oberlothringen hier abhielt.

Aus der späteren Geschichte des Orts sei hier nur kurz er- wähnt, dass Diedenhofen ungefähr ein halbes Jahrtausend, bis 1462, in Luxembursischem Besitz geblieben ist, bis 1354 unter den Grafen, später unter den Herzogen. Die Luxemburger haben also das Erbe der ehemals karolingischen Pfalz angetreten.

Auf eine kurze Regierung der burgundischen Herzöge (bis 1477) folgte diejenige des habsburgischen Hauses (bis 1519), darauf die spanische (bis 1643) und dann die französische Herrschaft (1643-1870).

Deutz.

Oestlich von Diedenhofen, auf dem anderen, rechten Moselufer liegen die Dörfer Niederjeutz und Oberjeutz. Letzteres befand sich bis 1815 auf einer anderen Stelle, näher der Stadt und näher bei Nieder- jeutz, zwischen dem Jeutzer Fort und den Schiessständen. Sein alter verfallener Kirchhof, bei welchem ein Steinkreuz dem Zusammensturz nahe ist, findet sich nächst der nach Illingen führenden Landstrasse im Messtischblatte vermerkt. Die Veränderung in der Lage ist zu dem Irrtume Veranlassung gewesen, dass in der Karte S. 16—17 des Werkes

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»Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Januar 1648«'), I. Teil, Oberjeutz an seiner jetzigen Stelle einge- tragen ist.

Niederjeutz und Oberjeutz waren beides Dörfer der seigneurie de Meilberg ?).

Stemer, Traité du département de Metz’), giebt S. 473 folgende Beschreibung: »Yutz, Village, divisé en haute et basse, La »haute Yutz est le premier village en sortant de Thionville par la porte »du Pont, à droite de la Moselle: il est destiné à être démoli pour »augmenter les fortifications de la Ville. La basse Yutz est aussi à »droite de la Moselle, et dans le même cas ci-dessus: l'Eglise parois- »siale de ces Villages est près de la basse Yutz. La tradition porte ‚que l'on y a tenu un Concile vers lan 814 . . . .«. Gemeint ist die Synode von 844.

Die schon damals ins Auge gefasste Zerstörung wurde 60 Jahre später zur Thatsache. Teissier sagt hierüber *): »Yutz, dont le nom est »ecrit dans les auteurs et sur les cartes géographiques Jeust, Jeutz, » Judz etc. et en latin Judicium, est encore aujourd'hui un village »considerabie, qui n’est séparé de Thionville que par la Moselle: plus »de la moitié des maisons sont dans le rayon de défense de la place: »c’est cette position qui a servi de prétexte, en juin 1815, au com- »mandant supérieur de Thionville pour faire détruire l’antique monu- »ment, siège de la diète et du concile de 844«. Der erwähnte Kom- mandant war der General Hugo, der Vater des Dichters Victor Hugo, welcher Oberjeutz in der Nacht vom 25. zum 26. Juni 1815 verbrennen und zerstören liess, weil es dem Heere der Verbündeten im Januar 1814 einen Stützpunkt bei der Beschiessung der Stadt geboten hatte. Diese Massregel erregte grossen Unwillen, nicht nur bei den Betroffenen. In einem Werke, welches dem General selbst zugeschrieben wird, aber auf dem Titelblatt einen anderen Namen trägt: »Journal historique du blocus de Thionville en 1814 et 15«°), heisst es S. 115: >Les envi- »rons de la place furent découverts à 500 mètres seulement, et au »srand regret du général le hameau de Haute-Yutz se trouva compris »dans le razement.« S. 172 ff. wird die Massregel verteidigt.

1) Strassburg 1898.

2) De Bouteiller, Dictionnaire topographique de l’ancien département de la Moselle.

3) Metz, Collignon 1756.

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5) Blois 1819.

Bei der Zerstörung des Dorfes wurde auch die Kapelle von Oberjeutz niedergelegt, und man fand in ihren Trümmern eine Anzahl von Ziegeln mit Inschriften'). Es scheint, dass Teissier hauptsächlich diese Kapelle im Auge hat, wenn er von der Zerstörung des alten Monumentes spricht. Das würde allerdings nicht mit der obigen Schluss- bemerkung von Stemer stimmen, nach welcher die Synode in der Pfarrkirche von Niederjeutz stattgefunden hätte.

Die hier bestehenden Zweifel sind bis heute nicht gehoben. So viel ist aber sicher: beide Kirchen waren nicht die ersten auf ihrem Platze, sondern Ersatzbauten. Zeichnungen davon sind mir nicht bekannt, abgesehen von kleinen Grundriss- und auch Ansichtsskizzen ın Plänen. So ist in einem in der Metzer Stadtbibliothek befindlichen »Plan de la ville de Thionville 1643 assiegée par l'armée du Roy u. s. w.« die Kirche von Oberjeutz grösser gezeichnet und umgekehrt orientiert wie diejenige von Niederjeutz (»Nider-Jycits«). Aber der Plan ist bezüglich der Kirchen sehr ungenau, denn sie sind alle nach einem und dem- selben Grundrissmuster dargestellt, welches in den meisten Fällen nicht zutrifft. Ein anderer Plan aus 1766 (ebenfalls auf der Metzer Stadt- bibliothek) hat die Niederjeutzer Kirche richtig als Kreuz inmitten des Kirchhofs liegend; in Oberjeutz ist keine Kirche verzeichnet. In der Berliner Ruhmeshalle befinden sich grosse Reliefmodelle von einer Anzahl französischer Festungen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahr- hunderts, darunter auch eins von Diedenhofen. Es ist nicht ausge- schlossen, dass hieraus einige Klarheit gewonnen wird; ich konnte das Modell selbst nicht einsehen.

In einem Katasterplan von 1807, welcher auf dem Bürgermeister- amt Niederjeutz aufbewahrt wird, sind kleine Ansichten beider Kirchen eingetragen. Oberjeutz erscheint als einschiffiger Langbau mit einer- seits angefügtem plattgeschlossenen Chor und andererseits vorgebautem Turm, der eine Zwiebelkuppel trägt. Das Chor lag anscheinend nach Westen. Die Niederjeutzer Kirche erscheint nur als Turm, viereckig und mit einfachem Pyramidendach bekrönt. Vielleicht war die Kirche damals schon abgetragen.

Oberjeutz war nur bis zum 19. März 1810 eine selbständige Ge- meinde und wurde dann mit Niederjeutz vereinigt. Zur Pfarrei des letzteren Dorfes gehörte es schon früher, ebenso wie Mackenheim und Künzig mit dem Meierhof Helpert und der Kapelle Hennequin.

Nach dem Frieden bauten die Einwohner mit Hülfe des Königs Ludwig XVII, der ihnen Beisteuern und Holz verschaffte, den Ort an

1) Teissier |. c. S. 476 u. 429.

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der jetzigen Stelle wieder auf!). Er wurde dann wieder eine eigene (Gemeinde.

Die älteste dem Namen nach bekannte Persönlichkeit aus Jeutz wird in der Lebensbeschreibung der h. Glodesindis erwähnt?). Hier heisst es »Fuit quidam vir, Odilulfus nomine, faber imperatoris, de villa, euius vocabulum est Judich« und zu der Ortsbezeichnung sagt eine Anmerkung »Ita codex S. Huberti, sed Trevirensis habet Vidihe, »Blaburensis Judith. Vitae secundae exemplaria omnia locum hunc »latine apellant fudicium. Est autem ludieium, vulgo Judae.« Der Mann hatte einen Teufel im Leibe, den er durch eine Wallfahrt zum Grabe der Heiligen in Metz verlor. Die Begebenheit wird ins 9. Jahrhundert gesetzt. Damals also wie heute wohnten Leute in Jeutz, welche in Diedenhofen beschäftigt waren.

Jeutz ist eine alte Culturstätte. Man hat daselbst von Alters her Funde der verschiedensten Art gemacht. Schon Teissier ?) er- wähnt Münzfunde, ebenso Abel#) und Robert”). In der Sitzung der Metzer (Gesellschaft vom 12. 11. 1863 teilte ein Herr Krismann mit, man fände in der Umgebung des alten Niederjeutzer Kirchhofs auf mehreren ihm gehörigen Feldern ziemlich oft römische Münzen, meist solche der ersten Kaiser, aber auch besonders viele von Constantin. Sie lägen zusammen mit Bruchstücken von Töpfer- geschirr verschiedener Farbe und grossen Dachziegeln®). Hiermit übereinstimmend berichtete lange vorher Victor Simon in einer archäologischen Notiz über Metz und seine Umgebung ”), Jeutz sei be- merkenswert wegen der grossen Anzahl von Geschirr- und Ziegel- trümmern, die sein Boden berge, es müsse sich daselbst eine römische - Töpferei befunden haben. Erwähnt und abgebildet sind an dieser Stelle einige damals gemachten Funde, ein Thränenfläschchen, ein Ge- wicht in Pyramidenform und eine irdene Lampe. Das Thränenfläschchen wurde bei der Gründung einer damals gerade gebauten Kaserne aus einer Tiefe von 4-5 m zu Tage gefördert. Es handelt sich hier wohl

1) 1817; vgl. Viville, dictionnaire du département de la Moselle, Metz 1817, Tome II, S. 449.

2?) A. SS. Julii Tome VI. Vita antiquior S. Glodesindis virg. S. 208.

8) L.: c. S. 429.

+) Keltische: M&m. d. 1. Soc. d’Arch. et d’Hist. de la Moselle 1862, S. 222. römische: Mém. 1887, S. 116.

5) Merovingische: Mém. 1860.

8) Bull. Mos. VI, 1863, S. 155 f.

7) Acad. de Metz 1841, 151 f.

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um das Cavallerie-Kasernement, welches im Jeutzer Fort, also auf der rechten Moselseite gelegen ist und um diese Zeit gebaut wurde.

Beim Bau der Aktienbrauerei St. Nicolaus zu Niederjeutz wurde 1898 der Schatz- oder Depotfund aus dem späteren Bronzezeitalter entdeckt, welcher jetzt eine Zierde des Metzer Museums bildet. Auch stiess man bei demselben Bau auf eine römische Ziegelei, und von dem Konservator des Museums, Herrn Keune, wurden die Reste eines römischen Ziegelofens ausgegraben, welcher Ziegel mit den Stempeln der Fabrikanten Pariator, Florentius, Virisimus und Adiutex letzterer um 310 lieferte!). Ein vor 60 Jahren gefundener Ziegelstempel Adjutex ist für Simon?) die Veranlassung gewesen, ihn irrtümlicher Weise mit dem römischen Ortsnamen Judicium in Verbindung zu bringen,

Im März 1900 traten in der Nähe der erwähnten Brauerei, aber mehr nach Südwesten, auf einem Grundstücke des Bauunternehmers Kraemer, das zur Sandgewinnung ausgebeutet wurde, die Kellermauern eines römischen Hauses zu Tage, bei welchen Scherben, bemalte Stuck- reste und Münzen gefunden wurden. Auch früher schon hatte Kraemer unfern dieser Stelle andere römische Fundamente, Schwerter, Münzen und Bruchstücke einer Bildsäule gefunden.

Von einem Gräberfunde weiss Abel im 17. Bande 1887 der Memoires de la Soc. d’Arch. et d’Hist. de la Moselle zu berichten. Es heisst da S. 116: »Im Norden von Niederjeutz haben die Arbeiten an »der Eisenbahn nach Sierck zur Entdeckung eines vollständigen fossilen »Mammuths geführt, welches ins Berliner Museum gekommen ist. In »derselben Sandschicht, am Fusse des Dorfes, fand man vor einigen » Jahren eine beträchtliche Reihe von Gräbern, welche aus ausgehöhlten »weissen Steinen bestanden, die mit grossen Platten bedeckt waren. »Diese trugen das Zeichen der Ascia. Innen fand man neben mensch- »lichen Gebeinen gewöhnliches Geschirr und spätrömische Münzen, »darunter einen Constantin mit der Wölfin.«

Es unterliegt also keinem Zweifel, dass Niederjeutz zu gallo- römischer Zeit bewohnt war und schon damals ein blühendes Cultur- leben aufzuweisen hatte. Ob.die Angabe Huhns?) »es liege 60 m nordöstlich von einem alten Römerlager« begründet ist, weiss ich/nicht.

‘) Vgl. hierzu Keune im Korrespondenzblatte der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jahrgang XVII 1898 No. 12, und Jahrbuch der Gesell- schaft für Lothringische Geschichte und Altertumskunde 1899, S. 374, 378.

*) Acad. de Metz 1841, S. 152.

®) Deutsch-Lothringen S. 318.

205

Als Mittelpunkt der Siedlung ist nach den bisher bekannt gewordenen Funden das genau östlich von Diedenhofen liegende Gelände anzunehmen.

Das ehemalige Oberjeutz ist wahrscheinlich gleichaltrig mit Nieder- jeutz. Auch hier sind römische Ziegel gefunden worden, z. B. zwischen den Schiessständen und der Mosel in der Nähe der letzteren und beim Abbruch der vorher!) erwähnten Kapelle, welche auf dem alten Kirch- hof gelegen hat. Die beiden verlassenen Kirchhöfe sind überhaupt für beide Dörfer die letzten noch gerade erkennbaren zu Tage liegenden Spuren ihrer alten Vergangenheit. Von demjenigen in Niederjeutz be- richtete Abel in der erwähnten Sitzung der Metzer Gesellschaft vom 12. November 1863), er sei von der (Gemeinde verkauft worden und diese habe es vorläufig für zweckmässig erachtet, seine Umfassungs- mauer niederzulegen, um ihre Wege neu zu beschottern. »Diese Mauer »hatte das Merkwürdige, dass sie aus Lagen von Steinen errichtet war, »welche mit Reihen dicker und grosser Ziegel mit Rillen abwechselten, »was auf eine alte römische Bauweise hindeutet. Die Ortsüberlieferung »ist die, dass sich an dieser Stelle ein alter römischer Tempel be- »funden hat, welcher durch ein christliches Bethaus verdrängt wurde. »In diesem Bethause wurde 846 ein Concil abgehalten. Das Bethaus »ist 1571 durch eine kleine gotische Kirche ersetzt worden, welche »mit prismatischen Graten gewölbt und durch vier grosse Fenster mit »Stabwerk erleuchtet war. Sie war geostet und hatte die Form eines »lateinischen Kreuzes. Von Diedenhofen führte zweifelsohne über seine Fähre ein Weg zu dieser Kirche; er ging noch weiter bis zu »der Römerstrasse, welche Oberjeutz mit Walmesdorf verband. Diese »Verbindungsstrasse besteht noch, sie heisst in einem Teile ihres »Laufes »Kem« und in dem übrigen Teile »Weg der Königin«. Der »Weg von der Kirche zum Kem ist nicht mehr vorhanden, aber man »kann ihn noch erkennen in mehreren Ackerfurchen in der Nähe der »Brennerei des Herrn Krismann, in welchen er sich durch die Ueppig- »keit des Pflanzenwuchses auszeichnet. «

Nachdem seit dieser Mitteilung mehr als ein Menschenalter ver- flossen ist, sind auch diese letzten Spuren verschwunden. Das Kris- mannsche Anwesen befand sich auf dem Gelände der jetzigen Aktienbrauerei.

Jeutz war im frühen Mittelalter Hauptort der gleichnamigen Gaugrafschaft, des pagus Judiacensis oder comitatus Judicii, welcher wiederholt erwähnt wird, z. B. in einer Urkunde Ottos I. für

1) S, 202.

?) Bull. Mos. VI 156.

206

die St. Petersabtei in Metz vom Jahre 960, welche als in comitatu Judiei gelegen aufführt Petraevillare et Villare et Seimaricurtem. Das Gebiet der Grafschaft lag zu beiden Seiten der Mosel. Die genauen Grenzen sind nicht bekannt, auch nicht in welchem Verhältnisse die nähere Umgebung von Diedenhofen zu der Grafschaft stand. Die Pfalz selbst hatte als fiscalischer Besitz wohl ihre eigene Gerichtsbarkeit. Auf die Stelle des Grafenschlosses deutet vielleicht ein (rewann-Name »am Schloss« gegenüber dem Eingang der Schiessstände nördlich von letzteren, also im ehemaligen Oberjeutz. Möglicherweise im Gegensatze hierzu wurde früher das stattlichste ältere Haus in Niederjeutz, welches noch jetzt das Gepräge eines Herrenhauses trägt und Eigentum des Herrn Blaise ist, mit der Nachbarschaft als petit chäteau bezeichnet. Es ist dasjenige in nordöstlicher Richtung vom alten Kirchhofe gelegene Anwesen, hinter welchem die »Herrengasse« nordwestlich von der Hauptstrasse abzweist. Das südlich gelegene Gelände, auf welchem die oben erwähnte römische Kelleranlage gefunden wurde, heisst im Volksmunde der »Schlossgarten «').

Zu dem Lageplan Fig. 2 ist noch Folgendes zu bemerken. Der frühere Weg von Diedenhofen nach Oberjeutz überschritt den Canal da, wo jetzt das obere Schleusenkasernement sich befindet; er ist punktirt gezeichnet.

Zur Zeit der Belagerung von 1558 befanden sich auf dem rechten Moselufer noch keine Festungswerke. Um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts war »vor dem Thore nach der Siercker Seite« ein grosses Hornwerk vorhanden. Anfangs des achtzehnten Jahrhunderts hielt man das Hornwerk zu schwach im Verhältnis zu der starken Stadt- befestigung und Cormontaigne, ein Schüler Vaubans, entwarf und baute ein Kronwerk mit allem Zubehör ?). Um 1750 wurde das Werk er- weitert und das Fort in der Gestalt erbaut, welche es bis heute im Wesentlichen behalten hat”).

Vor 1675 gab es unseres Wissens keine feste Verbindung zwischen den beiden Moselufern. In diesem Jahre baute ein Hauptmann Salz- seber die erste Brücke, welche aus einem bedeckten Holzbau auf Steimpfeilern bestand. Schon 1681 wurde sie vom Eise zerstört, dann aber von ihrem Erbauer solider wiederhergestellt. Sie galt lange Zeit als ein Wunder der Baukunst, aber schon zu Teissiers Zeiten hielt man es für ein noch grösseres Wunder, dass sie immer noch nicht

1) Nach frdl. Mitteilungen des Herrn Baurat Morlok. *) Un vaste ouvrage nommé le Couronné d’Yütz. ®) Le fort de la Double-Couronne; vergl. Teissier a. a. O. S. 178.

on

eingestürzt war: so baufällig war sie im Laufe der Zeit geworden. Doch wurde sie erst 1846 durch die jetzige Steinconstruction ersetzt. Eine auf den Bau geprägte Medaille befindet sich im Metzer Museum. Bei niedrigem Wasserstande kann man die Pfeilerfundamente der alten Brücke, welche auf dem Titelbilde von Teissiers Werk dargestellt ist. nordöstlich von der jetzigen noch in der Mosel erkennen.

Die Römerstrassen, für welche die Bezeichnung »le Kem« noch überliefert ist, sind links und rechts der Mosel in dem Plane ein- getragen.

Im östlichen Teile der Stadt, in deren Grundriss eine dunkle Linie den älteren Teil von dem neueren scheidet, bezeichnet ein schwarzer Fleck die Stelle des luxemburgischen Schlosses, welche in Fig. 3 nach dem besten vorhandenen allerdings auch ungenauen Plane in grösserem Massstabe dargestellt ist. Diese Darstellung im Wesentlichen einer Zeichnung aus 1813 entsprechend kann nur im Allgemeinen über die Lage der verschiedenen Gebäude zu einander unterrichten.

Das Schloss in Diedenhofen.

Von der Königspfalz der Karolinger, dem gewiss glanzvollen Wohnsitze unserer fränkischen Könige, liegen in Diedenhofen keine Reste mehr zu Tage. Die Aufsuchung ihrer zweifelsohne noch vorhan- denen Fundamente ist eine Aufgabe, die nicht nur grosse Opfer an Zeit und Geld erfordert, sondern auch besonders günstige Umstände bedingt, wie sie vielleicht bald eintreten können, wenn die in Aussicht genommene Niederlegung der Festungswälle zur Thatsache wird und dann auch der Wall zwischen Schloss und Mosel fällt. Es ist nämlich in hohem Grade wahrscheinlich, dass man diese Reste an der Stelle des jetzigen Schlosses und im Bereiche seiner Umgebung finden wird. Hierfür spricht nicht nur die von Alters her an der Stelle haftende Ueberlieferung, sondern auch der Umstand, dass wir hier offenbar den ältesten Teil und die ursprünglich am höchsten gelegene Stelle der Stadt vor uns haben. Wie schon erwähnt, liegt es nahe anzunehmen, dass die Luxemburgischen Grafen das Krongut der Kaiser übernommen und es zum Teil zu einer festen Burg ausgebaut oder eine solche auf dessen Stelle neu errichtet haben.

Die von Teissier !) geäusserte Ansicht hierüber halte ich für richtig. Er sagt ungefähr folgendes: Es ist nicht wahrscheinlich, dass Diedenhofen vor dem 10. Jahrhundert mit Mauern umgeben war, weder was den eigentlichen Palast noch was die sonst etwa vorhandenen Häuser

Dita 9 en eye

208

anbelangt. Erst die Einfälle der Normannen (und Ungarn?) waren die Veranlassung der Befestigung. Das jetzige sogenannte Schloss ist gewiss die Stelle des Lehnssitzes der Grafen von Luxemburg.

Es verlohnt sich auf dieses ehemalige Schloss näher einzugehen, sowohl weil es an sich nicht ohne Interesse ist, als weil die Beschreibung des jetzigen Zustandes zukünftig einmal von Nutzen sein könnte.

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Fig. 9: Lagtpfars des alles. Fhtosses 4:2000.

Der Schlosshof in Diedenhofen bietet ein malerisches Bild. Durch einen von zwei Türmen flankirten Thorbau a im Lageplan Fig. 3 den sogenannten Zwillingsturm '), tritt man von der engen mit hohen Häusern eingefassten Schlossgasse aus hinein und erblickt nun ver- schiedene Bauten, die teils dem frühen Mittelalter, teils der Spätgotik, teils der Renaissance und teils der Neuzeit entstammen. (Gerade vor uns zur Rechten steht ein modernes grosses Wohnhaus b jetzt im Besitze des Herrn Marchal offenbar auf alten Fundamenten und unter Benutzung vorhandener Mauern errichtet, während zur Linken ein im Aufbau reichgegliedertes stark gruppiertes Gebäude ce aus spät- sotischer Zeit sich erhebt, welches man hin und wieder chäteau de Thion nennen hört. Dieses Gebäude steht frei im Schlosshof und ist seit langer Zeit im Besitze der Familie Obercontz.

Geht man rechts daran vorbei, unter dem Bogen durch, so steht man in ein paar Schritten vor dem Flohturm d. Geht man links

1) Vergl. das allerdings nicht von der Strasse, sondern von einem hohen Standpunkte aufgenommene Titelbild Fig. 1.

209

vorbei, so stösst man auf ein anderes (tebäude im Lageplan e welches vom chäteau de Thion durch einen kleinen Zwischenraum getrennt ist und fast einen rechten Winkel mit ihm bildet. Es ist ein stattliches, mit vielen gewölbten Räumen versehenes Renaissancehaus, welches in neuester Zeit von den Schwestern in Peltre zu Schulzwecken erworben worden ist. In diesem Gebäude, dessen stark beschädigte mit Medaillons geschmückte Pilaster und gewölbtes Portal auf die Mitte oder den Ausgang des 16. Jahrhunderts weisen, befanden sich angeblich die Küchen Karls des Grossen. Stemer!) sagt mit Bezug auf ihn: »sa demeure étoit la maison qui appartient à M. le baron d’Eltz, au haut du Château; on y voit encore les cuisines de ce Roi« ?). Ich konnte den betreffenden Raum nicht finden, auch wissen die jetzigen Bewohner nichts mehr von dieser Ueberlieferung.

Der Zwillingsturm

in französischen Kärten als »tours jumelles« bezeichnet, ist als Thorbau der Burg aufzufassen, und entspricht als solcher ziemlich genau der Musterbeschreibung, welche in verschiedenen Werken von derartigen Anlagen gegeben wird. So heisst es bei Schultz »Höfisches Leben zur Zeit der Minnesänger« I, 54: »Das Thor liegt gewöhnlich in einem »Turme oder, und das ist die Regel, die Thorhalle wird von zwei »Türmen flankiert, oft sogar noch von einem Turme selbst überragt, »so dass die Befestigung des Thores in der That einer kleinen Burg »verglichen werden konnte«. Nach Köhler »die Entwicklung des Kriegs- wesens und der Kriegsführung in der Ritterzeite 3. Band finden sich in den Stadt- und Burgenumfassungen des Mittelalters nach römischer Art am häufigsten Thortürıne oder zwischen zwei Türmen liegende Thore. Piper *), dem diese Hinweise entnommen sind, sagt, die Gestaltung des Thores zu einem festen Turmbau und zumal die beiden Seitentürme seien zwar bei Stadtbefestigungen gewöhnlich, bildeten aber sonst eine seltene Ausnahme; vielmehr unterschiede sich der Thorturm der Burg in der Regel nicht wesentlich von einem gewöhnlichen Berchfrit. Da es sich hier nicht um ein Stadtthor handelt, so hätten wir nach Piper eine seltene Ausnahme vor uns, hingegen nach Schultz die Regel. Der Zwillingsturm hat bisher wenig Beachtung gefunden. Die Innenseite vom Schlosshofe gesehen bietet nichts Merkwürdiges

I. Ne. ar U. De 108.

®) Bei Kraus, Kunst und Altertum in Lothringen S. 91 ist irrtümlich von der »Kirche« statt »Küche« Karls d. Gr. die Rede.

») Burgenkunde S. 315 ff.

ON =

und die Aussenseite, wie sie schmucklos aber kraftvoll zu den bekrünenden Zeltdächern emporstrebt, wird leicht übersehen in der engen Schloss- gasse, weil der richtige Standpunkt fehlt). Und doch dürfte der Turm als ein ziemlich erhaltenes Beispiel einer derartigen spätmittelalterlichen Anlage eine geometrische Aufnahme verdienen. Eine solche ist auf der Tafel in einem Grundriss und zwei Schnitten durch die Thorhalle gegeben (Fig. 4—6).

Die beiden Seitenbauten, deren aussen halbrunde, innen recht- eckige Form sich bis in die ältesten Zeiten der Geschichte verfolgen lässt sie findet sich nicht nur bei den Römern, sondern auch bei den Griechen, z. B. in der aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammenden Festungsmauer von Messene ?) haben wie bei den inneren Türmen des Deutschen Thores in Metz eine lichte Breite von 2,80 m. Die Thordurchfahrt ist 3,75 m breit, der Schlitz für das Fallgatter noch kenntlich, der Thoranschlag mit den Kopfeisen noch vorhanden. Die äusseren Fenster sind zum Teil nachträglich eingebrochen.

Merkwürdig waren die Eigentumsverhältnisse des Turms. Der Grund und Boden sowie das untere Geschoss wurden teils von der Stadt, teils von vier Privatpersonen benutzt und als ihr Eigentum be- trachtet. Die beiden Obergeschosse und das Dach sowie die von unten heraufführende Treppe waren Eigentum der Heeresverwaltung, sind aber von dieser vor kurzem an die Stadt verkauft worden. Worauf sich die Besitzverteilung im Erdgeschoss gründet, konnte nicht festgestellt werden, da weder die Stadt, deren Archiv bei der Beschiessung 1870 teilweise zerstört wurde, noch auch die Privatleute Auskunft zu geben oder Besitztitel beizubringen vermögen. Die Durchfahrt unter dem Thorgewölbe verbindet den Schlosshof, in welchem sich eine ganze Reihe von Wohnungen befinden, mit der übrigen Stadt. Vor 1870 befanden sich in dem Zwillingsturm die Geschäftszimmer des fran- zösischen Artilleriedepots. Das Gebäude wurde damals und früher als »Turm am alten Jagdschloss in der Schlossstrasse« geführt. Rechts und links schlossen sich die Burgmauern an und es gilt mit einiger Einschränkung noch heute was Teissier?) sagt: »Die mit ihrer Rück- »seite dem Schloss zugewendeten Häuser der Luxemburger Strasse »zeigen Spuren der alten Umwallung: in dem einen ist es eine Wölbung, »in dem anderen die Bekleidungsmauer eines Grabens oder das Wider- »lager eines Thorgewölbes. Vom Schlosse nach der genannten Strasse

1) Vgl. oben S. 208 und Fig. 1, S. 188. ?) Vergl. Merckel, die Ingenieurtechnik im Altertum, $. 425 ff. SA 200-2160:

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»führte ein gewölbter Verbindungsweg, der für Wagen breit genug war, »seinen wohlerhaltenen Eingang sieht man in einer noch bestehenden »Scheune zwischen den Häusern der Herren Hans und de Mairesse.«

In Fig. 1 erblickt man vor dem Zwillingsturm rechts in der Schlossgasse einen der für das alte Diedenhofen typischen Treppentürme.

Der Flohturm

französisch »la tour aux puces«, auch zuweilen »tour de Thion« ge- nannt, ist das merkwürdigste (rebäude des Schlosses. Er ist für mich die Veranlassung zu dieser Arbeit gewesen. Verschieden wird sein

Fig. 7. Flohturm, Stadtseite.

Ursprung erzählt. In einer Handschrift der Metzer Stadtbibliothek (No. 253) findet sich abschriftlich ein ziemlich wertloser Abriss der Geschichte Diedenhofens, welcher von den Augustinern herrührt, die

sich 1655 in der Stadt niedergelassen haben. Dieser Abriss ist bis 1773 von dem Bruder Hérault fortgesetzt worden. Darin heisst es S. 16: »Le seigneur Thion fit construire dans sa terre une maison de »campagne, dont il ne reste plus rien que cette tour qui est dans le »Chäteau de la ville sur le Rempart. Cette tour sert aujourd'hui de »magasin, c'est dans cet appartement que Thion logeait les gens qui »cultivaient et labouraient ‘ses terres. Quelque temps après on bâtit ‚a Thionville un bourg qui n’était fermé que de simples murailles.«

In den Jahrgängen 1853 und 54 der »Austrasie, revue de Metz et de Lorraine« hat Abel eine Studie über die Belagerung Diedenhofens i. J. 1558 veröffentlicht, welche »La Tour aux Puces« betitelt ist. Darin werden gleich zu Anfang zwei Legenden mitgeteilt, von denen jetzt nichts mehr im Lande bekannt ist. Abel sagt ohne seine Quellen anzugeben Folgendes: »Ce monument historique n’est connu »dans le pays que par des légendes que colportent l'ignorance et la »tradition.

»A les en croire, après la conquête des Gaules, Thion centurion »romain, vint habiter les bords de la Moselle. Il était suivi d'une légion de vétérans. César lui avait donné ces terres pour les colo- »niser et les défendre contre les invasions des barbares. La premiere »pensée du général romain fut de se construire un chäteau-fort auquel »il donna son nom. Jl en fit son habitation, pendant que ses soldats »couchaient sous la tente. (Ceux-ci murmurèrent. Thion fit alors ériger dans l’intérieur de son château une tour d’une grande élévation. »]| v logea ses troupes. Dans cette tour, avec les vétérans, les puces »ne tarderent pas à élire leur domicile en nombre tel qu'il fallüt murer »la tour de peur d’inonder le pavs de ce fléau.

»C'est ainsi que cet édifice porte, soit le nom de Tour aux puces, »soit le nom de Tour de Thion.

» Une autre légende, empruntée à un genre d'idées tout difierent, »donne à la Tour aux puces une origine à la fois moins illustre et »moins ancienne. Elle raconte que Charlemagne aimant à chasser »l’'auroch dans les forêts arrosées par la Moselle, arrivait toujours à > Thionville suivi de nombreuses limiers. L’etendue de la meute ré- »clama un emplacement spécial dans le palais de Thionville. L’Empe- sreur fit élever une tour énorme qui conserva du séjour de ses hôtes »une telle population d'insectes parasites de la race canine que le nom de Tour aux puces en est resté au chenil imperial.«

Abel fügt hinzu: »Ces traditions doivent être acceptées pour ce »qu’elles valent. Gardons nous bien néanmoins de les rejeter avec

213

_»mépris. Bien souvent le fond en est vrai, les accessoires seuls sont

»créés par l'imagination des peuples qui se les transmettent.«

Während diese Geschichten, wie erwähnt, im Volke nicht mehr bekannt zu sein scheinen, ist eine andere interessantere wenigstens noch in Spuren vorhanden. Einige ältere Leute haben sie in ihren Jugendjahren einmal gehört. Sie bezieht sich auf eine Prinzessin, welche im Turme gefangen gehalten worden sein soll. Das kleine, mit vergittertem Fensterchen!) versehene Gefängnis wird noch unter der Treppe gezeigt. Die Flöhe sollen die Prinzessin sehr gepeinigt oder sogar aufgefressen haben.

Nach vielen vergeblichen Versuchen ist es mir vor Kurzem noch selungen, eine Niederschrift dieser Geschichte zu erhalten; ich verdanke sie der Tochter der bejahrten Besitzerin des chäteau de Thion, welche sie angeblich in ihrer Jugend von einer Lehrerin in der Schule gehört hat. »Au temps vivait le bon roi Charlemagne de glorieuse mé- »moire, quand il faisait à notre pays l'honneur d'y venir chasser, la »joie était grande et l’on festoyait dru. Une princesse y fut amenée »comme otage et enfermée dans la grosse tour qui servait alors de »prison. Etait-elle normande ou saxonne, ou venait-elle d’ailleurs ? »Nul ne le sut jamais. La tour ayant été assiégée par des malandrins, »la pauvre fut oubliée, et quand après plus de huit jours le geölier »vint à son cachot, il la trouva morte de faim et de misère. S’etant »approché pour voir, s'il ne pouvait la secourir encore, il vit qu’elle »était couverte de puces qui en lui trouvant une proie vivante se »Jetèrent sur lui et tous les efforts que l’on fit pour détruire cette »vermine restèrent vains. Il mourut d'être divoré par les puces. Depuis »la prison fut appelée la tour aux puces. Enfants, lorsque vous passez »devant la tour, saluez, car une femme y subit le martyre.«

Man hört auch wohl den Turm als einen von denen bezeichnen, in welchen Karls des Grossen Tochter Emma gefangen gehalten worden sein soll.

In den Legenden einen Anhalt finden zu wollen, der eine brauch- bare Erklärung des Namens »Flohturm« ermöglichte, scheint mir ebenso verfehlt wie den Namen mit fléau oder mit pucelle zusamımenzubringen. Ich bin vielmehr zu der Ansicht gekommen, dass der Name nicht den Legenden, sondern umgekehrt die Legenden dem Namen ihr Dasein verdanken. Vielleicht liegt dem letzteren das alte deutsche Wort »Fluh« zu Grunde, welches sich noch in »Nagelflue« findet. Es bedeutet eigentlich

1) Fig. 18 (Tafel),

ae

eine »hervorstehende und jäh abfallende Felswand«, einen »Fels- . absturz«. Mhd.: die vluoch, gekürzt vluo, viü. Ahd.: die fluoh, fluah. Angelsächsisch flöh in flôh stänes - Steinmasse !). Dieses Wort, woraus auch im Allemannischen »floch, vlock, flock« geworden ist, bezeichnet im weiteren Sinne einen festen Stein, einen festen Steinbau. Bezeich- nungen wie »Stein«, »Fels« und Ableitungen dafür für Burg, Turm begegnet man in der Burgenkunde sehr häufig, auch Zusammensetzungen mit »Fluh< kommen vereinzelt vor, z. B. Fluhenstein im Allgäu, Herrenfluh im Wasgau. Im frühen Mittelalter gab es noch viele Holz- türme, sodass sich ein steinerner Turm auszeichnete und recht wohl als solcher benannt werden konnte. Wenn man den Flohturm ansieht, wie er als gewaltige Steinmasse kaum von irgend einer Oeffnung durch- brochen und ohne Zuthat anderer Baustoffe dasteht, so hält man auch heute noch, wo die Errichtung von Steinbauten die Regel bildet, die Bezeichnung »steinerner Turm« für nicht unangemessen; um wie viel mehr musste sie vor Jahrhunderten zutreffen, als die wenigen übrigens später wieder vermauerten Fenster noch nicht aus- gebrochen waren und nur einige schmale schiessschartenartige Schlitze sich im oberen Teile vorfanden!

Das Volk verstand später den Namen fluoh nicht mehr, und nach volkstümlicher Umbildung wurde er zum »floh«, der mdh. »vlöch, vlö« heisst.

Die französische Bezeichnung »la tour aux puces«, die wörtliche Uebersetzung von »Flohturm«, kann erst vor verhältnismässig kurzer Zeit gebräuchlich geworden sein, denn Diedenhofen lag im deutschen Sprachgebiete. In dem Werke von Ch. Rahlenbeck: Metz et Thion- ville sous Charles-Quint ?) heisst es S. 292 unten u. f.: »Le quartier de > Thionville était encore, au XVI siècle, entièrement germanique de mœurs »et de langage. Le fait est officiellement constaté par un document de »1542... Pour la ville et la prévôté de Th., sans en excepter un seul Sillaeer. , Ja langue allemande est seule employée.« Das ging sogar soweit, dass unter den Besitzern, deren Namen bekannt sind, kein ein- ziger ist »qui soit wallon ou gaulois«.

Beim Flohturm ist der im Laufe der Zeit missverstandene Name die Veranlassung der Sagenbildung geworden. Ganz ähnlich hat sich der ehemalige Mauthturm bei Bingen in einen Mäuseturm verwandelt. Wie in diesem der Erzbischof Hatto von Mainz zur Strafe für seine

') Vergl. Deutsches Wörterbuch von Dr. Weigand 1873, S. 479. ?) Bruxelles 1880.

215

Grausamkeit von den Mäusen aufgefressen ward, so wurde im Floh- turm eine gefangene Prinzessin von den Flöhen verzehrt.

Die Erklärung des Namens verdanke ich Herrn Direktor Besler in Forbach. Ihr wurde von Herrn Professor Follmann in Metz grosse Wahrscheinlichkeit zugesprochen. Im übrigen war letzterer der Ansicht, dass »Flohturm« möglicherweise auch auf mhd. Vluhtturn Zulluchts- turm zurückgehen könne, da das alt- und mittelhochdeutsche vluht ebenso häufig refugium wie fuga bedeute. Bedenken aus der Oertlich- keit sind auch gegen diese Erklärung nicht zu erheben.

Bevor ich zur Beschreibung des Bauwerks übergehe, ist es nötig, seines Vorkommens in der Geschichte und der vorhandenen älteren Beschreibungen kurz Erwähnung zu thun.

Der Name Flohturm in französischer Uebersetzung kommt meines Wissens zum ersten Male vor in einigen Beschreibungen der Belagerung Diedenhofens 1558, z. B. in den Commentaires de Messire Blaise de Montluc (Bd. II). Hingegen haben die Mémoires de la vie du maréchal de Vieilleville (Tome 4) den Namen nicht, obwohl der Turm wiederholt erwähnt wird.

Da das Gebäude wohl ein halbes Jahrtausend älter ist, so könnte dies auffallen, wenn es nicht eine bekannte und vielbestätigte Thatsache wäre, dass wir zwar von Kirchen meist viele, von Burgen aber meist wenige, zuweilen gar keine älteren Nachrichten haben. »Nur in seltenen »Ausnahmefällen wissen wir mit Sicherheit, wann ein burgliches Bau- »werk errichtet wurde« '). Dies hängt damit zusammen, dass im Mittel- alter die Geschichtschreibung fast nur von Geistlichen gepflegt wurde, denen der Gegenstand weniger nahe lag. Uebrigens haben wir von der Burg ältere Nachrichten, nur der Turm als solcher wird nicht früher erwähnt.

jei der Belagerung von 1558 nun spielte er oder doch ein Turm, welcher von einigen Schriftstellern »Tour aux puces« genannt wurde, eine wichtige Rolle, so dass Abel seine erwähnte Studie danach beti- telte. Diese Studie bringt auf S. 427?) folgende: »Particularité à noter. »La tradition est en désaccord avec l'histoire, non point sur le nom »de la Tour aux puces, mais sur la construction qui portait ce nom, »la Tour aux puces actuelle n'étant précisément pas la Tour aux puces »du XVI siecle.«

Diese Behauptung ist insofern richtig, als der Turm, welchen Montluc Flohturm nannte, aus verschiedenen Gründen, auf welche

1) Piper, a. a. O. S. 25.

?) Austrasie 1853.

216

einzugehen hier zu weit führen würde, nicht der heutige Flohturm gewesen sein kann. Ersterer ist vielmehr vollständig verschwunden; er lag der Mosel näher und erheblich tiefer, frei vor den Festungs- mauern. »Le tourillon-, sagt Vieillevilles Secretair Carloix, »avoit »plustost facon d’une fuye que d’une forteresse: excepté de la largeur »qui estoit grande, mais sans voulte ny couverture.« Bei der in Rede stehenden Belagerung wurde dieses »einem Taubenhaus ähnliche« Türmchen durch Geschütze gedeckt, welche auf einer Plattform standen; diese befand sich innerhalb der Stadt »à l’encoignure des remparts«. Vielleicht war diese Plattform der jetzige Flohturm, vielleicht aber ist auch sie verschwunden. Ich halte ersteres für wahrscheinlich.

Es sind nun zwei Fälle möglich. Entweder ist der Name von dem verschwundenen Gebäude auf den jetzigen Flohturm übergegangen, oder aber Montluc und, wer etwa ausser ihm noch selbständig den Namen erwähnt, hat sich geirrt in der Bezeichnung. Das erscheint nicht so unmöglich, wenn man sich vorstellt, dass den auf der anderen Moselseite befindlichen französischen Offizieren sowohl Vieilleville als auch Montluc nahmen persönlich an der Belagerung Teil die einzelnen Türme wohl nicht durch Karten bekannt waren, sondern jedenfalls erst auf Befragen von den Dorfbewohnern bezeichnet wurden. Der Flohturm bezw. die Plattform und der »tourillon« lagen einander ganz nahe. Eine Verwechslung konnte vorkommen und ist wohl thatsächlich vor- gekommen. Für den Zweck des vorliegenden Aufsatzes kommt es auf den Namen des Bauwerks, welches beschrieben wird, weniger an. Wenn man den Verlauf der Belagerung und die Rolle, welche dabei der Flohturm, die Plattform und der Donjon des Schlosses gespielt haben, bei Abel nachliest, so wird man über diese letztere nichts weniger als klar, weil der Verfasser sich selbst nicht klar gewesen ist. Man kann aber soviel sagen: Das von Montluc als Tour aux Puces bezeichnete Gebäude war älter als die Festungsmauern: von diesen war es 4 Schritte‘), von der Mosel 7—8 Schritte entfernt?). Es war rings von einem Wassergraben umgeben und jedenfalls wohl ein Be- standteil des festen Schlosses der Luxemburger.

Von unserem jetzigen Flohturm selbst giebt Abel folgende Beschreibung °):

»C'est une lourde bâtisse qui domine le cours de la Moselle du »haut des remparts: une espèce de maison polygonale, sans fenêtres,

1) F. de Rabutin. Mém. sur l’hist. de France. ?) B. de Montluc. Mém. sur l'hist. de France. A4 10:45: 5405 f

BT

»dont la circonférence de 500 pieds de diamètre (!) n'est éclairée que »par quelques rares meurtrières. Une toiture presque plane, en tuiles »creuses, couvre les deux tiers de l'édifice. Le tout est surmonté d'un »paratonnerre; ce qui vous annonce que vous vous trouvez devant un »magasin à poudre. .... La muraille qui regarde la ville accuse une »construction très ancienne. Elle est formée d'énormes blocs en grès »rouge soigneusement équarris, assis les uns sur les autres sans ciment, »se soutenant en vertu de leur propre poids. L'une de ces pierres de »taille a même servir à recouvrir une tombe antique comme le »revele une tête grossièrement sculptée en creux dans le grès à la »manière gauloise. Ces pierres de taille doivent provenir du pays de » Trèves qui, seul, renferme des carrières de cette espèce de grès. Elles »entraient comme principal élément dans les constructions titaniques »des Romains. Leur emploi, dans un monument, permet de supposer »qu'il est de création romaine ou d'une époque voisine de la domi- »nation du peuple géant dans nos contrées.

»Ces blocs de grès en gros appareil se montrent encore sur »la paroi opposée qui fait face à la campagne, mais noyes dans le »mortier de chaux et de sable sous lequel les treize pans de la mu- »raille primitive apparaissent, Les arêtes en ont disparu sous les rac- »cords de moëllon, De grandes tranchées se détachent en blanc sur »le rouge sombre des pierres de taille comme autant de cicatrices »sillonnant la face d’un vieux guerrier. Ce sont des balafres véritables. »Ce sont les déchirures de la mitraille et du boulet.«

Von den übrigen Erwähnungen des Flohturms, welche meist sehr kurz sind, sei hier noch diejenige von Kraus angeführt '): »In der Flucht »der Festungswerke steht der sog. Flohturm, ein Zwölfeck aus wohl- »gefügten grossen aber unregelmässigen Quadern construiert. Die noch »anstehenden Mauern mögen etwa 20° Höhe haben. Die Kanten zeigen »kein Buckelwerk. Man bemerkt hier und da gekuppelte ziemlich hohe »rundbogige Fenster, die jetzt vermauert sind; ausserdem einige kleine »ebenfalls geschlossene Mauerschlitze. Es ist schwer zu sagen, ob der »Turm ursprünglich bedeutend höher war; man sieht nach oben »keinerlei Abschluss. Da der jetzt der Artillerie dienende Bau unzu- »gänglich ist, war eine Untersuchung des Inneren nicht möglich. Die »Annahme, dass derselbe in das karolingische Zeitalter hinaufreicht, erscheint nicht ausgeschlossen, doch kann er auch so gut wie die ihm sehr ähnliche Pfalz in Egisheim der romanischen Periode seine Ent- »stehung verdanken. «

1) Kunst und Altertum in Lothringen, S. 92 f.

a

Beschreibune des Flohturms.

Der Turm liest im östlichen Teile der Stadt, im Bereiche des alten Schlosses, unmittelbar hinter Courtine II-III der Stadtbefestigung, welche sich längs der Mosel hinzieht, etwa 100 Schritte vom Brücken- thor. Er gehört zur Zeit noch der Heeresverwaltung und wird vom Artilleriedepot als Lagerraum benutzt: es ist aber in Aussicht genommen, ihn bei Gelegenheit der Stadterweiterung an die Stadt abzutreten mit der Bedingung, ihn zu erhalten und entsprechend auszubauen. An der Stadtseite sowohl wie an der Wallseite kann man unter der über- tünchenden Farbe noch die aus der Revolutionszeit rührenden In- schriften lesen :

Propriété nationale

Liberte, Egalite, Fraternite.

Der Turm bildet im Grundriss kein Achteck, als welches er sich vielfach bezeichnet und dargestellt findet, auch kein Zwölfeck, wie Kraus meint, oder ein Dreizehneck, wie Abel angiebt, sondern ein Vier- zehneck, dessen umschriebener Kreis ungefähr 19m Durchmesser hat. Für einen Turm ist die Grösse eine ganz bedeutende.

Das Gelände ringsum liegt jetzt verschieden hoch, weil an der Moselseite der Wall unmittelbar anstösst. Als der Turm erbaut wurde, war der Wall noch nicht vorhanden. Der Turm liest auch wegen einiger Anbauten nicht ganz frei, sodass man ihn nicht von allen Seiten in seiner ganzen Höhe sehen kann. Früher war er noch mehr ver- baut wie jetzt, wie z. B. aus dem Plane Fig. 3 sich ergiebt. An der am meisten freien Stelle kann man die noch vorhandene Höhe zu fast 14 m annehmen, an der Wallseite beträgt die Höhe ungefähr 9 m.

Das Aeussere.

Das Mauerwerk zeigt aussen regelmässig behauene Quadersteine, deren Farbe und Grösse verschieden ist. An der Moselseite ist es zum grossen Teile verputzt, wohl um die vielen Kugelspuren zu verdecken \. Einige Kugeln stecken noch darin. Durchmesser etwa 15 cm. In Folge des Verputzes kann man auch die Ecken des Vierzehnecks hier nicht so scharf erkennen, wie auf der anderen Seite.

Die Steine, deren verschiedene Färbung sich auf den Abbildungen Fig. 7 und 8 ersehen lässt, sind rot, grau und gelb. Sie stammen also

') Vergl. die Beschreibung von Abel.

=— 19

nicht aus einem Bruche und sind wahrscheinlich teilweise aus altem Material zurechtgehauen. Die roten Quadern sind wahrscheinlich bei Sierck oder Apach gebrochen, die grauen stammen aus Escheringen, während die gelben, welche den Jaumontsteinen ähnlich sind, wohl aus der Neunhäuser (regend herrühren.

Die Schichthöhe wechselt etwa zwischen 20 und 60 em. Die unteren Schichten haben zweckmässiger Weise die grösste, die oberen die ge- ringste Höhe, da mit der Höhe die Schwierigkeit des Aufbringens der Steine zunahm. Einige Quader- abmessungen in den Ansichtsmassen 110:60, 100:60, 100:40, 80:60, 60:40, 50:40, 40:60, 25:60 cm (Breite :Höhe). _

Löcher für die Steinzange sind nicht zu sehen.

Zwei grosse plumpe Steinmetz- zeichen haben ungefähr die Formen und Abmessungen der Fig. 9 und 10 (vel. Tafel). Ein drittes ähnliches ist nur noch schwach zu erkennen.

Sie befinden sich an der Stadtseite in mittlerer Turmhöhe. Andere Stein- metzzeichen habe ich aussen nicht gefunden.

Der Stein, welchen Abel als Teil eines gallisch-römischen (rabdeckels bezeichnet, ist in Fig. 11 abgebildet. Er befand sich unterhalb des ge- kuppelten Fensters links vom stadt- seitigen Eingang. Ich habe ihn heraus- nehmen und durch einen gewöhnlichen Quader ersetzen lassen, der in Fig. 7 durch seine hellere Färbung kenntlich ist. Das Steinbild war in dieser Vermauerung nicht darauf berechnet, als

Vom Aeusseren des Flohturms.

solches erkennbar zur Erscheinung zu kommen, wie das wohl hin und wieder bei mittelalterlichen Bauten der Fall ist, denn die lotrechte Mittellinie des Kopfes lag wagerecht. Der Stein ist 48,5 cm lang, 28,5 cm hoch,

220

i. M. 35 em tief, nur auf der Vorderseite regelmässig behauen, doch hinten ziemlich glatt. Der Kopf ist in vertieften Linien roh gearbeitet. Auf der Rückseite des Steins befindet sich ein erob eingehauenes Kreuz von der Form Fig. 12, welches den christlichen Ursprung des Steins bestätigt.

Der Turm schliesst nicht in einer Höhe ab, vielmehr ist der nach dem Walle zu gelegene Teil etwas höher. Der Uebergang ist in Fig. 8 oben zu erkennen. Anfänglich war die Höhe natürlich gleich. Die einseitige Erniedrigung ist wahrscheinlich erst nach der Beschiessung von 1870 vorgenommen worden, welche an dem oberen Teil der Stadt- seite Zerstörungen verursachte. 1880 ist das alte Hohlziegeldach über dem wallseitigen Teile des Turmes, welches eine zu geringe Neigung hatte), durch eine Metalldeckung ersetzt worden. Bei dieser (Gelegenheit wurde der bis dahin noch unbedeckte linksseitige Hofraum mit einem Dache versehen, zu welchem man die gewonnenen Hohlziegel verwendete.

Die beiden gekuppelten Fenster, welche im Schaubilde Fig. 7 zu sehen sind in Fig. 17 ist eins geometrisch dargestellt waren früher vermauert und verputzt, bündig mit der Aussenfläche des Turms?). Als diese Vermauerungen im vorigen Jahre (1899) herausgenommen wurden, fanden sich dahinter Hohlräume, welche sich dadurch gebildet hatten, dass die Fenster auch bündig mit der Innenseite der Mauer zu- semauert waren, dass man aber das Füllmauerwerk nicht hatte durchgehen lassen. Die gekuppelten Fenster, von welchen im Ganzen 4 Gruppen vorhanden sind, gehören nicht zum alten Turm; man kann sehen, dass sie nicht im Verbande mit dem ursprünglichen Mauerwerk hergestellt, sondern nachträglich eingebrochen sind.

Die ersten Turmfenster sind viel kleiner und im einfachen oder zusammengeschnittenen Rundbogen geschlossen. Beide Arten sind in Fig. 8 vermauert zu erkennen. Die Abbildung soll hauptsächlich zur Veranschaulichung des Steinverbandes dienen; sie stellt den oberen Teil der Seite dar, bei welcher in den Grundrissen der Buchstabe b steht. Die Fensterchen im Obergeschoss sind i. L. etwa 33 cm breit und 63 em hoch. Die Laibungen sind stark abgeschrägt, so dass in

der inneren Wandfläche die Oeffnung 1,12 m breit und im Scheitel des Rundbogens 2,26 m hoch ist.

Fig. 11. Stein vom Flohturm.

1) Nur 15—220,

*) Vgl. die Beschreibung von Kraus S. 217.

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Der Flohlurm in D

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Am Aeusseren des Turms sind im Uebrigen noch zu bemerken : An der Stadtseite ein Kragstein, der möglicher Weise einem Wasser- speier zur Unterstützung gedient hat und an der Wallseite die Reste einer Anlage, die man vielleicht als Maschikulis sich wiederherstellen könnte. Jedoch ist dies unsicher. Es könnte sich auch um eine andere Auskragung handeln.

Westlich legt sich ein im Schaubilde Fig. 7 erkennbarer kleiner Vorraum, östlich ein ganz unregelmässig von einer Mauer umschlossener Hof vor das Gebäude beide sind in den Grundrissen nicht gezeichnet, aber im Lageplan Fig. 5 ersichtlich —- und an diesen beiden Stellen befinden sich jetzt die Eingänge, welche aber dem ursprünglichen Bau anscheinend nicht angehört haben. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass der älteste Eingang sich auf der Stadtseite etwa in Höhe des ersten Geschosses befunden hat und von einem Anbau oder vermittelst einer Brücke zugänglich gewesen ist. Meine Untersuchung konnte sich auf diese und andere Einzelheiten aus verschiedenen Gründen nicht erstrecken.

Wenn man von der Stadt aus den erwähnten kleinen offenen Vorraum passirt hat, so gelangt man durch eine 1,42 m breite zu ebener Erde gelegene Thür, welche in die 1,71 m starke Umfassunes- mauer später eingebrochen ist, in

Das Innere!).

Raum 1. Zunächst betritt man einen bedeckten Hof, welcher beinahe die Hälfte des Erdgeschosses einnimmt. Seitliche Fenster in der Aussenwand hat er nicht, das Licht fällt vielmehr von oben herein, zwischen zwei Pultdächern hindurch, welche sich von rechts und links nach der Mitte neigen. Die Traufen dieser Dächer liegen verschieden hoch und der Zwischenraum ist gross genug, um für gewöhnlich den Hof und die darin liegende Treppe ausreichend zu beleuchten. Das Dach links ist Anfangs der 80er Jahre erst gebaut worden; vorher war dieser Teil des Hofes unbedeckt und es stand ein Epheustamm von mehr als Armdicke darin, den man später entfernte. Der jetzt zugeschüttete Brunnen von 1,08 m 1. Durchmesser ist von 5 Stück 38 cm breiten Hausteinen in Fussbodenhöhe eingefasst. Früher ging die Erdleitung des Blitzableiters hinein, welcher den Turm .überragte, als er zu französischer Zeit noch als Pulvermagazin diente.

Der gepilasterte Fussboden senkt sich im rechten Teile des Hofes um etwa 50 cm vom Einsange an gerechnet zu den Thüren der beiden grossen ‘kellerartigen Räume 5 und 6. Der linke Teil des Hofes

1) Vergl. die Fig. 13—16,

Bat

liegt um eine Stufe höher als die Eingangsschwelle und ist wage- recht. Der Halbmesser im Grundriss des Erd- oder Untergeschosses (Fig. 16) bezeichnet den Verlauf der Futtermauer, welche den höher selegenen Hofteil gegen den niedrigeren abstützt. Diese Mauer ist erst nach 1870 hergestellt, früher hatte der Hof gleichmässiges Gefülle und der Brunnen eine Brüstungsmauer.

Raum 2 liegt unter der Treppe und wird als Gefängnis der Prinzessin bezeichnet. Zugänglich ist er durch eine niedrige Thür, 0,84 m. breit und 1,55 m hoch, beleuchtet durch ein kleines doppelt vergittertes gotisches Fensterchent), aus welchem man in den Hof hineinsehen kann. Thür und Fenster haben Hausteineinfassungen. Die Decke wird durch zwei ansteigende Hausteingurtbogen gebildet, welche die Treppe tragen. Bogenbreite 43 und 35 cm. Dazwischen und da- hinter liegt Füllmauerwerk. Die Bögen ruhen beiderseits in den Ab- schlusswänden auf einfach abgeschrägten Gesimssteinen, deren Unter- kanten sich 0,83 m und 1,60 m über Fussboden befinden. Letzterer liegt wenig höher wie die tiefste Stelle des Hofes, die Thürschwelle steht nicht vor. An der 29 cm starken Innenmauer treten über Fenster- höhe innen zwei Consolen mit einfacher Profilierung vor, welche auf ihrer Oberseite mit Einschnitten versehen sind, als ob sie ehemals einer Mauerlatte zum Auflager gedient hätten. Im allgemeinen kann man den Raum für ein mittelalterliches Gefängnis nicht als ungemütlich bezeichnen. Schliesseisen und eine Steinbank sind angeblich erst nach 1870 entfernt worden.

Raum 3 und Raum 4 liegen übereinander, beide unter dem im ersten Obergeschoss befindlichen Treppenflur, welcher in Fig. 14 als Plattform bezeichnet ist. Zu Raum 3 steigt man hinauf, zu Raum 4 herunter vom Hofe aus. Nur letzterer ist im Grundriss dargestellt.

Raum 3 wird auf einer ausgetretenen Wendeltreppe erreicht. Er liegt 1,50 m über der Hofsohle. Unter der Treppe befindet sich ein Hohlraum, welcher einerseits mit dem Hofe, andererseits mit Raum 4 in Verbindung steht (vergl. unten). Raum 3, welcher mit einem Tonnengewölbe bedeckt ist, hat ein doppelt vergittertes hochliegendes Fenster und eine Nische, die früher als Wandschrank gedient hat.

Kaum 4. Wandstärke 43 cm. Hausteineinfassung der 1,14 m breiten, 1,57 m hohen Thür mit innerem Falz und äusserer Fase. Die Thür öffnete sich nach innen. Der Fussboden wird auf 3 abwärts führenden Stufen erreicht, welche in der Mauerstärke liegen; da aber noch eine 4. Stufe in Höhe des Fussbodens liegt, so kann man an-

Sl Nerol. Rise. 18.

Be

nehmen, dass letzterer früher tiefer lag. Neben der Thür befindet sich die Oeffnung, welche unter der eben erwähnten Wendeltreppe hindurch mit dem Hofe in Verbindung stand. Sie ist 35 cm breit, 45 cm hoch und mit geschwärzten Hausteinen eingefasst, welche 9 em nach innen vorstehen. Der Zweck der Oeffnung ist unklar; wahrscheinlich ha! sie nur als Luftloch gedient, durch welches auch ein Schimmer von Licht in den Raum fiel. Die Verwendung als Rauchablass für einen Herd oder Ofen würde grosse Unzuträglichkeiten im Gefolge gehabt haben.

Der Raum ist mit einem Tonnengewölbe bedeckt. Gegenüber der Thür befindet sich ein vermauertes Fenster, ein liegendes Rechteck mit schrägen Laibungen; sein Sturz liegt höher wie der Gewölbe- scheitel, sodass eine Stichkappe nötig wurde.

Unter der Treppe zum ersten Obergeschoss springt in den Raum ein Mauerkörper vor, von welchem man anzunehmen geneigt ist, dass er nur zur Treppenunterstützung errichtet ist, obwohl dies nicht ganz sicher ist. Eine genauere Untersuchung konnte nicht stattfinden.

Raum 5 ist der tiefstgelegene des Turmes, weshalb darin eine Aufgrabung gemacht wurde. Ausser einer kleinen Bleikugel und ein paar Ziegelstücken wurde nichts gefunden, namentlich kein älterer Fussboden. Der jetzige liegt erheblich unter dem tiefsten Punkte des Hofes und wird auf 5 Stufen erreicht, deren oberste aber über der Hofsohle liegt und somit eine stark vortretende Schwelle bildet, welche einen Abschluss gegen Regen- und Scheuerwasser darstellt. Das Gewände der Eingangsthür ist 1,28 m breit, 1,65 m hoch, aussen gefast, innen gefalzt. Ueber dem Hausteinsturz befindet sich ein kleines vergittertes Fenster zur Beleuchtung des Inneren, welches sonst keine Fenster hatte, so dass der Raum wohl immer als Keller gedient hat. Er ist mit zwei Tonnen- gewölben bedeckt, welche sich gegen eine mittlere Gurtbogenstellung legen; diese hat einen Stützpfeiler, welcher im Grundriss ein schiefes Viereck bildet. Das über dem Fussboden vortretende Fundament ist noch schiefer. Die Gewölbe haben hier wie in den übrigen Räumen auch eine dünne Mörtelbekleidung, in welcher sich vielfach Schiefer eingelest finden. Der Raum ist vom Fussboden bis zum Gewölbe- scheitel 3,13 m hoch, um 60 cm niedriger wie der danebenliegende Raum No. 6. Dies liegt darin begründet, dass der Turm über 5 noch Geschosse hat, über 6 aber nur noch 2.

Bei der erwähnten Aufgrabung fand sich etwa 2 m tief aul- gefüllter Boden, darunter gewachsener Sand.

Raum 6 ist dem vorigen ähnlich, insofern er ungefähr dieselbe Fläche und auch einen Mittelpfeiler hat. Aber er ist höher und sein

Fussboden nur um eine Stufe gegen die tiefste Stelle von Raum 1 vertieft. Auch liessen zwei Fenster etwas Licht eindringen, eins in der Aussenwand nach dem Walle zu ist jetzt vermauert, das andere liegt in der Innenwand nach dem bedeckten Hofe zu. Licht- maasse der Thür 1,15:1,79 m: Der Uebergang der Fundamentrundung in das aufgehende Vieleck liegt 15—20 cm über dem Fussboden. Be- merkenswert sind zwei runde tiefgehende Löcher von etwa 15 cm Durchmesser, von denen eines in der Aussenwand, das andere in der Scheidewand zwischen 6 und 5 liegt. Derartige Löcher findet man in vielen Burgruinen. Sie sind verschieden erklärt worden, ohne dass eine Erklärung vollständig befriedigte; sicher wohl waren sie ehemals mit Hölzern ausgefüllt, aber der Zweck dieser Hölzer ist nicht überall klar.

Nachdem wir so die Erdgeschoss- bezw. Kellerräume durchgegangen haben, gelangen wir auf einer Treppe von 20 Stufen zu dem Podest, welches den Vorraum des Hauptgeschosses bildet '). Von dieser Platt- form aus hat man den besten Ueberblick über diesen Teil des Turms. In der Ecke führt eine Wendeltreppe zum Obergeschoss. Daneben be- linden sich zwei Thüren, dahinter eine Durchreichöffnung. Die schmälere Thür nächst der Treppe zeigt über der Oeffnung in gotischer Bogen- füllung ein gut erhaltenes Wappen W mit Helm ?). Hierauf wird weiter unten näher eingegangen werden. Unmittelbar hinter dieser Thür führen 10 Stufen einer nur 76 cm breiten Treppe wieder hinunter in den 1,90 m tiefer als die Plattform gelegenen

haum 7, welcher nur im Schnitt, nicht im Grundriss gezeichnet ist. Er liegt zwischen 5 und 8 und hat ungefähr dieselbe Grösse wie diese Räume. Auf einem runden Mitteipfeiler von etwa 0,80 m Durch- messer ruht das ringförmige Tonnen- oder Kappengewölbe, welches die Decke bildet. Scheitelhöhe 2,10 m. Mittelpfeiler bis zum Gewölbe- ansatz 1,45 m hoch. Gewölbeputz mit eingedrückten Schiefern wie in den Kellerräumen, wenig sorgfältig. In der Decke befinden sich 6 eiserne Ringe von 14 cm äusserem Durchmesser, welche um den senkrechten Nagel, an welchem sie hängen, frei beweglich sind. Der- arlige Deckenringe finden sich auch in alten Kellern der Nachbarschaft. Zweck unbekannt. Angeblich hat man Stricke hindurchgezogen, um Weinfässer u. s. w. leichter bewegen zu können. Das ist hier unwahr- scheinlich wegen der engen Treppe. Es sind zwei Fenster vorhanden, welche aber über dem (rewülbescheitel liegen und daher nur wenig Licht

1) Vergl. den Grundriss Fig. 14.

2) Fig. 19.

schräg von oben einfallen lassen. So macht der Raum bei seiner geringen Höhe einen düstern Eindruck. Neben dem Fenster zur Rechten, etwa 50 em über dem Fussboden ein kreisrundes Loch von der Art wie in Raum No. 6, 9—10 cm Durchmesser, 45 cm tief mit etwas Gefälle in die Mauer hineinreichend. Fussboden Kalkestrich auf Beton,

Wieder hinaufgestiegen zur Plattform, kommen wir nun zu den besseren Wohnräumen des Turmes.

Raum 8 und 9. Sie sind im Grundriss Fig. 14 und im Schnitt Fig. 13 dargestellt. Raum 8 hat wahrscheinlich zum Essen, Raum 9 zum Wohnen gedient. Ersteres schliesse ich aus der erwähnten jetzt vermauerten Durchreichöffnung hinter der Treppe, welche 32 cm breit und 45 cm hoch war und in einer Nische liegt. Die Einfassungs- hausteine gingen tiefer herunter. Der Fussboden des Raumes liegt jetzt um etwa eine Stufe höher wie der ursprüngliche. Das Deckengewölbe ist in der ganzen Anordnung und in den Einzelheiten nicht sehr kunstvoll. Seine Rippen wachsen ohne Kapitäle, plump aus der Mauer, Diejenigen des vierkappigen Kreuzgewölbes vereinigen sich zu einem kreisförmigen Schlussstein von 21,5 cm Durchmesser, welcher das in Fig. 20 dargestellte Wappen trägt. In der Mitte befindet sich ein kleiner Ring, welcher wohl zum Aufhängen einer Lampe oder Laterne ge- dient hat.

Ausser der Eingangsthür sind noch zwei Thüren in dem Raume vorhanden. Ueber der einen, welche der ersteren gerade gegenüber in der Aussenmauer liegt und auf den kleinen Hof in Wallhöhe führt. befindet sich ein gekuppeltes Fenster. Die andere führt über eine fünfstufige Treppe zu Raum 9. Ausser dem gekuppelten Fenster waren noch zwei einfache vorhanden, von welchen das eine in der Ecke liegende jetzt vermauert ist!).

Kaum 9 war nach Grösse, Höhe und Ausstattung der Haupt- raum des Turms. Der Fussboden liegt ebenso wie in 8 jetzt um eine Stufe höher wie früher. Ein mittlerer Hausteinpfeiler trägt das durch Rippen in verschieden geformte Kappen geteilte Gewölbe.

Der Pfeiler hat quadratischen Querschnitt, abgefaste Kanten und als Kapitäl eine viereckige Platte mit Hohlkehle, 22 cm hoch. Das Gewülbe hat 4 Schlusssteine, alle glatt, zwei einfach ringförmig, zwei wappenschildförmig. Zwei Fenster in der Aussenwand; nur das kleinere hochgelegene gegenüber der Thür, welches jetzt zugemauert ist, gehör! dem alten Turme an, das andere wurde beim Umbau eingebrochen,

®) Vergl. S. 220 u. Fig. 8

226

Seine mit steinernen Sitzbänken ausgestattete Nische lag eine Stufe höher als der Fussboden. In der Innenmauer nach dem Hofe zu ein drittes Fenster. Den Hauptschmuck des Raumes bildete ein spätgotisches Hausteinkamin, welches in einer Ecke frei vorgebaut ist, 2,54 m lang, etwa 3 m hoch und 1,02 m ausladend. Leider ist es beschädigt und musste abgestützt werden, weil es einzufallen drohte. Die Mitte seiner oberen Gesimsplatte nimmt ein ähnliches Wappen ein, wie über der Thür zu Raum 7 angebracht ist; jedoch sind die Felder mit einander vertauscht, so dass ein anderer Träger anzunehmen ist!). Vergl. hier- über weiter unten. Der Helm mit Kleinod und Decke ist in der Figur nicht mit dargestellt. Das Abschlussgesims des Kamins ist mit 15 Zinnen bekrönt.

Auf dem Wandputz des Raumes ist noch einfache Quader- bemalung zu erkennen. Am Deckengewölbe sind verschiedene Ringe angebracht, kleine und grosse.

Von 9 gelangen wir durch 8 wieder auf die Plattform. Bevor wir von hier auf der in der Ecke liegenden Wendeltreppe zum Ober- seschosse aufsteigen, können wir noch einige Bemerkungen über den früheren baulichen Zustand machen. Ueber dem äusseren Eingang, durch welchen wir Raum 1 betreten haben, befinden sich die Reste zweier Kaminstützen, anscheinend aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Das Kamin beweist, dass damals der Hof nicht vorhanden war, sondern dass der Fussboden in Höhe der Plattform durchging. Dies kann man übrigens auch aus den beiden vermauerten gekuppelten Fenstern schliessen, von denen auf S. 220 die Rede war. Sie waren nur von dem jetzt verschwundenen Fussboden des Hauptgeschosses aus erreichbar. (ing der letztere so vermutlich durch den ganzen Turm hindurch, so kann man dies auch von einem darüber liegenden Fussboden des Ober- seschosses behaupten. Denn es sind in passender Höhe noch eine Anzahl von Wandkragsteinen vorhanden, von welchen ich annehme, dass sie Mauerlatten oder Unterzüge getragen haben, auf denen die Deckenbalken ruhten. Diese Kragsteine haben das Profil eines ge- streckten Viertelkreises, etwa 25—-30 cm Ausladung, 40 cm Breite und 40 cm Höhe.

Der jetzige Obergeschossfussboden liegt höher als der vermutete ältere.

Die "Treppe zum Obergeschoss ist eine Wendeltreppe aus Hau- stein, welche durch einen diagonalen Hausteinbogen und eine konsolartige

21

Auskragung rechts neben der Thür zu Raum 7 abgestützt wird, 24 Stufen zu 17—19 cm Steigung. L. Breite 91—94 cm. Plattenbrüstung. Profile unbestimmt.

Die beiden Räume des Obergeschosses nehmen zusammen die Hälfte des Turmgrundrisses ein, die andere Hälfte ist Hof. Ein Metall- plattendach bildet jetzt die Decke der Räume, vorher war ein Hohl- ziegeldach mit zu geringer Neigung vorhanden.

Raum 10. Der Fussboden liegt 30 cm höher wie das Austritts- podest der Treppe. Zwei hochliegende romanische Fenster gehören der ersten Anlage an. Sie sind im Halbkreis geschlossen und haben 63 cm Höhe bei 33 cm Breite. Die Laibungsschräge schneidet 1,75 m über Fussboden ein. Ausser diesen beiden Fenstern ist noch eine Oeffnung in Brüstungshöhe vorhanden. Sie ist 40 cm breit und 55—60 em hoch und liegt in einer Nische, welche mit einem Rundbogen überdeckt war. Masse dieser Nische: etwa 3,00 m Scheitelhöhe, 1,05 m Breite in der inneren Wandflucht, 0,50 m Tiefe.

Raum 11. Zwei Fenster wie die zuletzt besprochenen, ein ein- faches Kamin über demjenigen in Raum 9. Der jetzt tiefer liegende Fussboden befand sich anscheinend früher in einer Höhe mit dem- jenigen des vorigen Raumes. Vor dreissig Jahren noch stand am Kamin eine Steinbank und unter einem Fenster war ein auf Säulchen oder Kragsteinen ruhender Steintisch angebracht.

Zur Zeit bildet das Dach die Decke der beiden Räume 10 und 11. Früher war es anders. Zwei in der jetzigen Abschlusswand stehende Säulen!) deuten darauf hin, dass das ganze Obergeschoss des Turms von einem einzigen Saale, einem Solarium, Söller mit Holzdecke ein- genommen war. Die Säulen haben meines Erachtens mächtige Unter- züge getragen, auf denen die Balken ruhten. Der Zweck der 4 Con- solen am Säulenschaft ist unklar. Bei nur 10 cm mittlerer Ausladung konnten nur kleine Gegenstände daraufgestellt werden.

Küche und Abort vermochte ich im Flohturm nicht nachzuweisen.

Baugeschichtliche Untersuchung.

Ohne Zweifel haben wir zunächst zwei Hauptbauzeiten zu unter- scheiden, eine für das Aeussere, d. h. die Umfassungsmauer des Turms, und eine allerdings weniger einheitliche für die inneren Mauern u. s. w.

Der Beweis ist aus der Verschiedenheit der Technik, der Fun- dierung und der Kunstformen zu erbringen.

2) Vergl. Fig. 24.

223

Die Umfassunesmaner besteht aussen aus Quadern, innen aus oewöhnlichem Bruchsteinmauerwerk oder mit anderen Worten: sie ist in Bruchsteinen mit äusserer Quaderverblendung errichtet. Stumpf dagegen, ohne irgend welchen Verband, stossen die Innenmauern, welche technisch schlechter ausgeführt sind als die Innenseite der Aussenmauer, obgleich auch diese zu wünschen übrig lässt, während die äussere Quaderverblendung als gut zu bezeichnen ist.

Das Fundament der Umfassungsmauer ist ein Hohleylinder, ge- bildet aus dem eingeschriebenen und dem umschriebenen Kreise. Der Uebergang ist in sämtlichen Räumen des Erdgeschosses zu erkennen ; er liegt nicht überall genau in derselben Höhe, sondern wechselt bis etwa 60 em. Der Fundamenteylinder geht gerade ohne innere Absätze in der Erde herunter bis 5,10 m unter den tiefstgelesenen Fussboden des Untergeschosses in Raum 5. Ein älterer, noch tieferer Fussboden wurde bei der Ausgrabung, wie erwähnt, nicht gefunden.

Es konnte nur an dieser einen Stelle im Inneren des Turms ge- oraben werden. |

Während so die Aussenmauer tief und im Ganzen ausreichend solide fundiert ist ein starker senkrecht durchgehender Riss ist allerdings vorhanden lässt sich von den Innenmauern gerade das Gegenteil sagen.

Das Fundament der Hauptscheidewand reicht nur 30 em unter den Fussboden des Raumes 5, bleibt also 2,50 m über der Sohle der Aussenmauer liegen, während die dazu senkrecht stehende Wand our mit dem Fussboden selbst abschneidet, also überhaupt kein Fun- dament hat.

Der Mittelpfeiler, welcher die Gewölbe des Raumes 5 zu tragen hat, ist nur 70 cm tief gegründet. Wenn keine gefährlichen Setzungen vorgekommen sind, so ist das nur dadurch zu erklären, dass sich der sanze Innenbau an den alten starken Aussenwänden abgestützt hat.

Eine deutlichere Sprache als die Mauertechnik und die Gründung reden die Kunstformen, besonders im Innern.

Von älteren Iritt in der Aussenmauer nur der einfache Rundbogen an den oberen und der zusammengeschnittene an den unteren Fensterchen und die Sockelschräge auf. Sie könnten der frühromanischen Zeit entsprechen, sind aber an sich zu, wenig eigenartig und einer engbegrenzten Zeit angehörig, als dass man genau danach bestimmen könnte.

Auch sonst fehlt es an bezeichnenden Merkmalen. Man nimmt vielfach an, dass die Mauerzange oder Teufelsklaue erst mit Ende des

Einzelheiten vom Flohturm in Diedenhofen.

(Fig. 22 und 23 vom Château de Thion.)

229

12. Jahrhunderts in Gebrauch kam, aber wenn die Quadern eines Baues wie es beim Flohturm der Fall ist die betrelfenden Löcher nicht haben, so beweist das nicht, dass der Bau vor 1200 errichtet ist; man hat sich eben auch später zuweilen ohne das Instrument beholfen.

Die erwähnten Steinmetzzeichen geben ebenfalls keine genügende Aufklärung. Aehnliche findet man in vielen Zeitabschnitten. Verdächtig ist es, dass man nur drei findet, und man kommt unwillkürlich zu der Annahme, dass die betreffenden Quadern von einem andern Bau über- nommen sind. Im Grossen und Ganzen gilt für diese Zeichen, dass die grösseren älter und dass sie bei Römerbauten und Profanbauten der romanischen Zeit nicht besonders sorgfältig, selbst nachlässig aus- geführt sind. In Rom und bei romanischen Burgbauten giebt es solche bis 30 em Länge). Abmessungen und schlechte Ausführung lassen bei den hier fraglichen auf die frühromanische Zeit schliessen. Das in Fig. 11 dargestellte Bildwerk ist sehr früh, vielleicht vorromanisch. Den Turm wird man aber nicht in die vorromanische Zeit setzen können: es ist vielmehr wahrscheinlich, dass er dem 11. oder 12. Jahr- hundert entstammt. Das Kamin über dem stadtseitigen Eingang (S. 226) und die Wandkragsteine, welche ehemals die Unterzüge der Balkenlagen gelragen haben, als der Turm noch nicht gewölbt war, können all- gemein als romanisch bezeichnet werden.

Genauer wie aussen können wir im Inneren datieren mit Hülfe der Bauformen und Wappen. Die 3 in Fig. 19-21 dargestellten sind aus dem Turme selbst und zwar befindet sich Fig. 19 über der Thür zu Raum 7 bei W, Fig. 20 im Gewölbeschlussstein des Raumes 8 und Fig. 21 auf dem Kamin im Raum 9.

jeschäftigen wir uns zunächst mit letzterem Wappen, dessen stark beschädigte Helmzier, welche derjenigen von Fig. 19 ähnlich ist, in der Zeichnung weggelassen wurde. Im 1. und 3. Felde haben wir das Wappen der edlen Herren von Rollingen (Raville) vor uns. Dieses Geschlecht hatte sein Stammhaus, Dorf und Burg Rollingen in Deutsch- Lothringen; der Ort liegt im Landkreise Metz hart an seiner Ostgrenze und an der Sprachenscheide. Das Stammwappen der Familie waren °) 3 silberne Sparren im roten Schilde, auf dem Helm ein, oft auch irrig als Adlerrumpf gezeichneter silberner Pfauenhals.

Um 1365—1418 lebte Johann Ill. von Rollingen, welcher als Slammherr der fortlaufenden Reihe angesehen wird. Seine Söhne waren

1) Vgl. Piper a. à. O. S. 173ff. ?) Nach Siebmachers Wappenbuch II, 11, Deutsch-Lothringer Adel, Taf, 9 und S. 12.

230

Georg und Johann IV., die Begründer zweier Linien. Georges de Ra- ville, seigneur de Septfontaines, de Milberg et de Cranendone, wird seit 1411 genannt, capitaine et prévôt de Thionville 1430, 1433, 1440, sénéchal du duché de Luxembourg 1431, lebt noch 1447.

Jean IV. de Raville, seigneur de Milberg, Septfontaines, Dagstul 1418—61 erheiratete mit Anna von Daun und Densborn diese Herr- schaften und die Erbmarschallwürde des Herzogtums Luxemburg.

Beide Söhne hatten Anteile an den Herrschaften Siebenborn und Milberg. Sie siegellen mit einem vom Stammwappen und einem roten Felde, worin ein silbernes Ankerkreuz (wegen Siebenborn), geviertetem Schilde. Dieser Schild, welchen Fig. 21 darstellt, wird in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts meist gebraucht (etwa seit 1413).

Das Wappen im Flohturm wird man einem der beiden Brüder Georg oder Johann (IV.) zuteilen müssen. Ich bin mit Herrn Pfarrer Chatelain in Wallersberg, welcher mich in diesem Teile meiner Arbeit, insbesondere bei der Bestimmung der Wappen in dankenswertester Weise unterstützt hat, der Ansicht, dass Johann der Wappenträger ist. Einerseits war die Würde des »pr@vöt« eine vorübergehende, die- jenige des »burgsess« aber eine erbliche. Andererseits haben wir eine Bestätigung in einer Urkunde, welche auszugsweise in den »Chartes de la Famille de Reinach déposées aux archives du Grand- » Duché de Luxembourg« !) veröffentlicht ist: 1461, 8. Mai: »Le gouver- »neur el capitaine général du duché de Luxembourg pp. déclare que Guillaume de Raville, écuver, a relevé en fief du duc de Bourgogne la part et portion que feu sire Jean de Raville, l'aîné, chevalier, son grand-père, tenait ès forteresses, terres et seigneuries de Raville, de » Warnesperch, de Septfontaines et de Remich, au village de Roisport el en plusieurs villages de la seigneurie de Milberg, avec sa maison »ou chastel de Thionville et dépendancese*). Wilhelm von Rollingen war der Enkel des vorgenannten Johann IV. Letzterem kann mit ziemlicher Sicherheit das Wappen zugeschrieben werden, denn schon sein Sohn, der Vater Wilhelms, siegelte mit einem anderen Schilde.

Johann IV., justicier des nobles et chambellan de Philippe due de Bourgogne, wird von 1418—61 erwähnt. Damit können wir das Kamin in Raum 9 datieren.

Mit gleicher Sicherheit ist das Wappen im Schlussstein des Ge- wölbes von Raum 8 zu bestimmen. Der geviertete Schild zeigt im 1. und 4. Felde das Wappen der edlen Herren und Grafen von Crichingen

7) Luxemburg 1877 u. 79.

*) Das »ou« steht nach Angabe des Herrn Chatelain für on d.h. au.

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(Créhange), einen roten Balken im silbernen Felde. Der Stammsitz dieses Geschlechts liegt südwestlich von St. Avold, bei Falkenberg. etwa 9 km von Rollingen entfernt. Im 2. und 3. Felde sehen wir das Kreuz von Pittingen, welches seit 1546 mit dem Stammwappen ver- eint geführt wurde; die Herrschaft Pittingen in Luxemburg hatte ein Herr von Crichingen (+ um 1424) durch seine Heirat mit der Erb- tochter an sein Haus gebracht.

Der oben erwähnte Wilhelm von Rollingen hatte ausser zwei Söhnen eine Tochter Irmengard, welche sich mit Johann von Crichingen verheiratete. Ihre Brüder starben beide vor ihr ohne Nachkommen- schaft und so erbte sie 1548 den Besitz der jüngeren Linie des Rollinger Geschlechts. In demselben Jahre 1548 starb auch ihr Ge- mahl Johann, so dass auf ihre beiden Söhne Georg und Wirich von Crichingen die Herrschaft überging. Von ihnen ist der letztere höchst- wahrscheinlich der Wappenträger.

Wirich, Herr von Crichingen und Pittingen, seit 1542 Gouverneur von Diedenhofen, begleitete Karl V. bei der Belagerung von Metz 1552. Er war »conseiller au conseil provincial et justicier des nobles« und erscheint als Diplomat und Kriegsmann. Sein Tod fällt in das Jahr 1587. Da er auch wiederholt in Diedenhofen selbst erwähnt wird und die Schildforın sowohl wie die Hausteinprofile der Wölbung, in dessen Schlussstein sich das Wappen befindet, nicht entgegenstehen, wird man Wappen und Wölbung in die Zeit von 1548 bis 1587 zu setzen haben.

Mehr Schwierigkeit verursacht das Wappen Fig. 19. Es ist dem- jenigen Fig. 21 sehr ähnlich, nur sind die Felder vertauscht. Schildform und architektonische Einfassung, welche in der Zeichnung nicht dar- gestellt ist, weisen auf ein höheres Alter, die Wappenbilder aber wieder wie bei Fig. 21 auf eine Verbindung der Herrschaften Siebenborn und Rollingen, nur dass letztere hier an zweiter Stelle steht, d. h. im zweiten und dritten Felde des Schildes, während wir im ersten und vierten das Ankerkreuz von Siebenborn vor uns haben. Auch die Familien Pittingen und la Roche führten freilich das Ankerkreuz, und es sind Verbindungen zwischen ihnen und der Familie Rollingen be- kannt, hingegen fehlt die Beziehung zur Burg in Diedenhofen.

Ich kann eine ausreichende Erklärung des Wappens z. Z. nicht geben und beschränke mich auf die Angabe, dass es meines Erachtens aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammt.

Fassen wir hiernach das Ergebnis der Untersuchung kurz zusammen.

Der Flohturm ist ein romanischer Centralbau, welcher ursprüng- lich durch Balkendecken in drei (ieschosse eingeteilt war. Man kann

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ihn als Wohnturm bezeichnen, als wehrhaften Palas, der zwischen dem bewohnbaren Berchfrit und dem einfachen Palas ungefähr die Mitte hält.

Zwischen 1350 und 1600 wurde er in verschiedenen Bauzeiten hauptsächlich von den Herren von Rollingen und von Crichingen zeit- semäss ausgebaut. Dieser Ausbau erstreckte sich im wesentlichen auf die Wölbung der Decken, auf das Einbrechen grösserer Fenster in der romanischen Aussenmauer und auf die Anlage massiver Treppen. Im Obergeschoss wurde ein durchgehender grosser Saal eingerichtet, welcher zu Versammlungen, Gerichtssitzungen, Festen u. s. w. benutzt werden mochte. Auf ihn bezieht sich wohl folgender Auszug: »1433, 7 Mai >Goirge von Rouvldingen hre zu Siebenbouren und zu Dagestuyl, probst »zu Dyedenhoven dun kont daz .... manne und scheffen zu Dyeden- »hoven in dem Saille in der Burche zu gericht gesessen hain .

Es steht nicht fest, ob der Ausbau des Turmes bei der Belagerung 1558 vollendet war. Jedenfalls musste man letzteren nachher gründ- lich in Stand setzen, denn die französischen Geschütze auf der anderen Moselseite haben ihn arg beschädigt. Dafür beteiligte er sich aber wohl auch selbst lebhaft an der Verteidigung der Stadt, deren ältestes Bau- werk er war. Dass auf einer damals vielleicht noch vorhandenen Plattform Kanonen aufgestellt waren und der Flohturm als Batterie- turm in Wirksamkeit getreten ist, kann man für möglich halten.

Höchstwahrscheinlich war das alte Schloss in Diedenhofen der Sitz des Probstes, jedenfalls waren darin die »Burgmannen« unter- gebracht. Der Probst (prévôt) war vom 12. bis zum 16. Jahrhundert der unmittelbare Vertreter des Landesherrn. Er vereinigte in seiner Hand richterliche, militärische und Verwaltungsbefugnisse. Als Stell- vertreter stand ihm ein »sousprevöt« zur Seite. 1477 trägt er die doppelte Bezeichnung als »capitaine et prévôte.

Vom 16. ‚Jahrhundert an, mit der wachsenden Wichtigkeit der Festung, finden wir Militärgouverneure neben oder über den Pröbsten, aber beide Aemter waren noch öfters in einer Person vereinigt. So war de Quaderebbe 1558 gleichzeitig Gouverneur und Probst.

Von den Pröbsten sind viele dem Namen nach bekannt. Auch die »Burgmannen«, welche die Grafen und Herzöge von Luxemburg in ihrer Diedenhofener Burg unterhielten, werden mehrfach genannt, 2. B. 1386 »Herr Johann, herr tzu Mylberg und zu Kranendong, Jo- han Voez von Bettenberg, Claus Peters seligen son in der bourg, »man und bourgman tzu Dyedenhoven« 1425 Jean de Soleuvre, seigneur de Lagrange, chevalier: Peter Voiss de Bettemberg et Clessgen de Thionville, hommes féodaux de la prévôté. 1465 Louis de Chinery,

seigneur de Lagrange, Frederic Tristant de Trèves (seigneur de Distorf) et Henri Studigel de Bitche (seigneur de Neuerburg) hommes castraux.

Der Flohturm ist zweifelsohne ein sehr merkwürdiges Bauwerk. Als Vierzehneck wird er unter den Türmen wohl einzig dastehen, auch der grosse Durchmesser von mehr als 19 m hebt ihn über seines Gleichen heraus. Dass er von Anfang an die Bestimmung gehabt hat, als wehrhafter Turm die letzte Zuflucht des festen Schlosses der Luxemburger zu bilden, unterliegt keinem Zweifel. Aber damit erklärt man nicht die aussergewöhnliche Form und Grösse.

Ich hegte anfangs die Hoffnung, nachweisen zu können, dass der Turm auf den Fundamenten der 939 zerstörten Karolingerkapelle er- richtet worden ist. Dieser Nachweis ist mir nicht gelungen, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass er in Zukunft doch einmal erbracht werden kann, wenn das (ebäude seiner jetzigen Bestimmung entzogen und freier Untersuchung zugänglich wird. Allerdings ist die Hoffnung gering. In der Erde wurde bisher nichts gefunden, und der Stein Fig. 11, der wohl der Kapelle angehört haben könnte, ist eine magere Ausbeute und als Beweismittel allein von nur geringem Wert.

Die karolingische Kaiserkapelle zu Aachen sowohl wie ihre Vor- stufe, die Karlskapelle zu Nymwegen, bestehen aus höhergeführten acht- eckigen Mittelbauten und weniger hohen sich darum legenden Ring- bauten von sechszehneckiger Grundform. Aachen hat etwa 33 m, Nym- wegen etwa 14 m umschriebenen Kreis. Diedenhofen mit über 19 m würde zwischen beiden liegen, aber der letztgenannten Kapelle näher kommen. Die vierzehneckige Anlage könnte man vielleicht als nich! ganz zutreffende Reminiscenz an das Sechszehneck der zerstörten Ka- pelle auffassen. Der Fundamentevlinder ist nicht hinderlich. Auch in Nymwegen ist das Fundament rund. Zukünftige Nachgrabungen würden sich hauptsächlich darauf erstrecken müssen, die Grundmauern eines etwaigen inneren Achtecks zu finden.

Es gibt in Deutschland und den benachbarten Ländern eine grosse Anzahl von Rund- und Polygonbauten aus dem Mittelalter, kirchliche und profane. Eine Uebersicht der kirchlichen, welche überwiegen, findet sich z. B. im ersten Bande von Otte »Handbuch der kirchlichen Kunst-Archäologie des deutschen Mittelalterse. Die Profangebäude kommen im wesentlichen im Burgenbau vor. Man hat in den letzten Jahren begonnen dieser Gattung von Bauten eine grössere Aufmerksam- keit zuzuwenden, man hat versucht, sie für sich zu behandeln,

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Auf Grund seiner nicht auf Deutschland beschränkten, sondern auf das ganze germanische Kunstgebiet ausgedehnten Studien behauptet F. Seesselberg in seinem Werke »die frühmittelalterliche Kunst der sermanischen Völker«'), dass die sämtlichen auf germanischem Boden vorkommenden Zentralbauten sich selbständig aus germanischen Ur- formen entwickelt haben und dass sie eine »Bautenfamilie« für sich bilden. Er fasst die altgermanischen Burgbauten im wesentlichen als Vorläufer der späteren Rundkirchen auf und erläutert im einzelnen wie ihr ursprünglich rein fortifikatorischer Charakter allmählich zu Gunsten des kirchlichen in den Hintergrund getreten ist.

Dem würde nicht entgegenstehen, dass wir beim Flohturm mög- licherweise auch einmal den umgekehrten Fall hätten, wenn nämlich zukünftig der Beweis gelingen sollte, dass er wirklich auf den Funda- menten der Karolingerkapelle errichtet ist. Der Geist der Zeit würde jedenfalls einer derartigen Anpassung eines Burgbaues an die Grund- mauern eines kirchlichen Centralgebäudes nicht hinderlich gewesen sein.

Vorläufig allerdings können wir den Flohturm nur so betrachten und in der Gestalt würdigen, wie er über der Erde sichtbar auf uns gekommen ist, nämlich als Wohnturm eines mittelalterlichen Lehnssitzes, eines festen Schlosses, welches die Luxemburger auf der Stelle der einst weitbekannten Kaiserpfalz errichtet haben. Es ist zu hoffen, dass ihm auch unter diesem Gesichtspunkte das Interesse und die dauernde Obhut der lothringischen Geschichts- und Altertumsfreunde nicht fehlen wird.

Das Chäteau.de Thion:

Es erübrigen einige Worte über das in Mitten des Hofes frei- stehende Gebäude c*), dessen Nordseite schaubildlich in Fig. 25 dargestellt ist. Schon früher war wiederholt von ihm die Rede. Von den ver- schiedenen Schlossbauten barg es wohl die wohnlichsten und sichersten \äume. Der spätgotische Turm wurde 1870 stark beschädigt. Er hatte ursprünglich in dem unmittelbar unter dem Dache liegenden Geschosse sechs mit zierlich eingerahmten Wappen überdeckte Fenster. Jetzt sind noch drei vorhanden, von welchen eines im Bilde kenntlich ist. Die anderen hat man wegen der Beschädigungen vermauert und verputzt, was sehr zu bedauern ist. Von den Wappen zeigt eins ein Ankerkreuz, das zweite einen einfachen Balken und das dritte einen Löwen, Fig. 23. Das Ankerkreuz weist wahrscheinlich auf Siebenborn oder Pittingen

1) Berlin 1897. ?) Vergl. Lageplan Fig. 3.

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hin, der Balken auf Crichingen, den Löwen im Wappen trug z. B. Jean de Soleuvre, chevalier, seigneur de Lagrange, justicier des nobles, Lehns- und Burgmann, auch Probst zu Diedenhofen (1423 25). Ausser diesen drei oben unter dem Turmdach sitzenden Wappen befindet sich noch eins aussen am Erdgeschoss, auf der anderen Gebäudeseite gegenüber dem Flohturm, ebenfalls über einer Oeffnung

Fig 25, Château de Thion,

in gotischer Umrahmung. Der in Fig. 22 dargestellte Schild bietet Schwierigkeiten. Die rechte Hälfte hat grosse Aehnlichkeit mit dem Wappen der Familie Durendal von der Schuren, deren Stammhaus das Gut Scheuren (Lagrange) bei Diedenhofen gewesen ist. Dies wird z. B. erwähnt in einer Urkunde vom 15. Juni 15321), in welcher (reorg von

') Beglaubigte Abschrift im Metzer Bezirksarchiv, Abt. Clerff

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Brandenburg, Herr von Clervaux, von Kaiser Karl V. sein Haus genannt »die Schurre« zu Lehen nimmt, das zur Burg in Diedenhofen gehörte.

Aber Sibmacher giebt unter Vorbehalt einen Apfel statt des Kopfes im rechten Obereck an, und man weiss auch nichts von einer Familienverbindung, welche durch die linke Schildhälfte ange- deutet sein könnte. Herr Pfarrer Chatelain ist der Ansicht, dass wir das Wappen des Johann IV. von Milberg vor uns haben, welcher be- reits 1386 als Burgmann erwähnt ward. 1391—1403 war er Probst zu Diedenhofen und starb 1409 ohne Nachkommen.

Im Keller des Gebäudes sieht man noch die Mündung eines jetzt verschütteten unterirdischen Ganges, welcher in nordöstlicher Richtung nach dem Gebäude e verlief.

Ueber zwei Kaminplatten, welche sich im Bereiche des Schlosses befanden, vergl. Jahrbuch 1899 S. 364. Im Chäteau de Thion werden noch einige ältere, aber weniger gut erhaltene Platten aufbewahrt.

Für die photographischen Aufnahmen, welche in vorstehender Arbeit wiedergegeben sind, sei Herrn Oberlehrer Arnold in Diedenhofen auch hier der gebührende Dank abgestattet.

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Die Grabschrift des Erzbischofs Heinrichs II von Finstingen in der Domkirche zu Trier,

Von Franz Xaver Kraus.

Heinrich von Finstingen ist am 26. April 1286 aus diesem Leben geschieden. Er war im August 1260 durch päpstliche Provision in das Erzbistum eingesetzt worden; aber zwölf Jahre vergingen, ehe diese viel umstrittene Ernennung perfect wurde: erst der Schiedsspruch zwischen ihm und seinem Mitcompetenten Theoderich, Abt von S. Mattheiss, welchen zwei Cardinäle »apud veterem Urbem« 1272, September 21, gefällt, setzte Heinrich definitiv in die Verwaltung des Erzstiftes ein. Im Jahre 1285 erkrankte er an Podagra und erlitt er eine Lähmung, von welcher er Heilung durch eine Pilgerfahrt nach St Jossé-sur-Mer bei Montreuil in Artois suchte. Für diese Reise hatte er sich nach den Gesten einen bequemen, mit Leder ausgeschlagenen Reisewagen her- richten lassen (currum corio circumvectum). Er reiste mit kleinem Gefolge, in S. Jodok angekommen, erkrankte er noch schwerer und unterlag er nach etlichen Tagen einem Schlagfluss. Nach der bei Wyttenbach und Müller (II 108, bei Waitz 55. XXIV 456) an erster Stelle abgedruckten Vita wäre der Tod in predicto loco (also ad limina beati Jodoci iuxta mare) in crastino beati Marci Evan- geliste (also 26. März) anno Domini M.CC.oct. VI eingetreten. Diese Angabe des Heinrich ungünstig gesinnten S. Mattheiser Chronisten stimmt mit den Gesta des ihm ergebenen zweiten Lebensbeschreibers (Ordol- phus Scholerius? Wyttenbach und Müller II, 110, Waitz a. a. O. 461) hinsichtlich des Datums 1286, März 26 überein. Doch lässt letzterer den Erzbischof nicht in S. Jossé selbst sterben, sondern nach Besuch dieses Heilistums (liminibus tum dieti sancti . .. feliciter visitatis) auf dem Wege nach Boulogne-sur-Mer (dum . . . devotionis causa ab hine tenderet versus Bononiam!) in littore maris sitam, in quo loco Mater Domini gloriose veneratur). Dieser zweite Biograph fügt hinzu, Heinrichs Reisegenosse, der Trierische Archidiakon Wilhelm, habe die Leiche nach Trier zurückgeführt, wo sie in der Domkirche, rechts an der Mauer, beigesetzt und ein Altar zum Andenken an den

1) Die Lesarten Boventam, Bonoventam sind auf Missverständnisse zurück- zuführen.

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Todten errichtet wurde!) (translatus Trevirim in ecclesia Sancti Petri, in dextro latere ad murum, debitis exequiis peractis, est a clero et populo honorifice tumulatus et ibidem iuxta tumulum suum altare, quod ipse largissimis honoravit donariis, ad laudem Dei constructum est pro suorum remissione peccatorum, et ob felicem memoriam sui sempiternam). Aehnlich hatte sich hinsichtlich der Beisetzung übrigens auch der ältere Biograph ausgedrückt: translatus Trevirim in ecclesia beati Petri in dextro latere iuxta murum, debitis exequiis peractis est a clero et populo honorifice tumulatus; et est ibidem altare iuxta tu- mulum quod ipse largissimis honoravit donariis ad laudem Dei con- structum ac animae suae requiem pariter et memoriam sui sempiternam. Die Beisetzung scheint am 6. Mai (feria III post invent. Crucis) statt- sefunden zu haben, da auf diesen Tag, laut einer in Coblenz bewahrten und von Goerz (Mittelrhein. Regesten, Cobl. 1886, IV, 304) mitgeteilten Originalurkunde das Anniversar für Heinrich gehalten wurde. Trithe- mius hat (Chron. Hirsaug. II, 51) 1288 als Todesjahr genannt, offen- bar verführt durch den Umstand, dass Heinrichs Nachfolger Boëmund von Warnesberg (gew. 1286, Tag unbekannt), erst 1289 von Rom als Erzbischof anerkannt wurde.

Die Grabschrift des Erzbischofs Heinrich hat, zuerst Brower (Annal. Trev. II, 167, ohne Angabe seiner Quelle) herausgegeben ; dann haben sie Wvttenbach und Müller in ihrer Ausgabe der Gesta Trev. (I 109) aus den Frankfurter, Pauliner und Pariser Gesten- handschriften abgedruckt, mit dem Bemerken, dass sie diesen Hand- schriften von späterer Hand beigefügt ist: silet, fügen sie hinzu, omnino de hac blanda et rudi epigrapha cod. noster S. Math. synchronus. Waitz hat sie dann (S. XXIV, 456, vgl. 461) aus dem Pauliner Codex (Trev. 1343, saec. XIV) wiederholt, offenbar ohne zu wissen, dass das Original noch erhalten ist; desgleichen teilen die Grabschrift Hansen und Walrand in ihren Beschreibungen des Domes mit?).

1) Die Notiz in Cod. Trev. 1462: VI. Klas Maji Trevirim relatus ante altare beati Erasmi tumulatus (Wyttenbach und Müller II 123, d) liesse darauf schliessen, dass hier bereits vor Heinrichs Stiftung ein Altar sub tit. S. Erasmi bestanden hätte. Indessen enthalten die Regesten des Trierischen Dom- kapitels die Notiz: 1286 Stiftung und Dotirung des Altars des hl. Erasmus im Dom zu Trier durch die Testamentsexecutoren des Erzbischofs Heinrich und die Bestätigung dieser Stiftung durch das Domkapitel sede vacante (Mitt. des Herrn Domkapitular Dr. Lager). Die Stelle der Bestattung geben einige Hss. Wytten- bach und Müller ll, 109, a) genauer dahin an: »ad ostium per quod est ingressus ad templum B. M. V. ex summo templo.«

?) Hansen 1 JMJ., Der Dom zu Trier, Trier 1853, S.20. Walrand,

PM., Die Geschichte des Domes zu Trier nebst Beschreibung und Erklärung seiner Monumente, Trier 1844, S. 86.

70:

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Keine dieser Editionen giebt den heutigen Zustand des Epitaphs wieder, welches sich an der von den Gesten bezeichneten Stelle, der rechten Umfassungsmauer des Langhauses, in der Domkirche, erhalten hat. Ich habe vor einer Reihe von Jahren Herrn Regierungs- und Baurat Meydenbauer gebeten, gelegentlich seiner hochschätz- baren Aufnahmen des Trierer Domes den Stein für mich zu photo- graphieren, und erlaube mir hier das Ergebnis dieser Aufnahme vor- zulegen, nachdem die Grabschrift als nach 1250 fallend, in meine Sammlung der christlichen Inschriften des Rheinlandes nicht mehr eingerückt werden konnte.

Die Grabschrift ist auf einen einzigen Sandstein von 0,57 m Höhe und 1,525 Breite eingehauen; der Umfassungsrahmen der Tafel hat am untern Rand 0,08, sonst überall 0,06 m: die Höhe der Buchstaben beträgt 0,04 m. Das Epitaph zählte 12 Zeilen, welche durch Horizontal- linien eingefasst sind: von diesen 12 Zeilen sind jetzt die beiden unteren grösstenteils zerstört, ausserdem haben alle Zeilen in dem letzten Drittel ihres Textes sehr stark gelitten, namentlich 2., 6.—10., wo die Schrift gegenwärtig beträchtliche Lücken aufweist. Ich (Rebe den Text nach den Grundsätzen wieder, welche in meiner »Sammlung christlicher Inschriften der Rheinlande« zur Anwendung gelangt sind.

Ben nen PRAE S VL-FViTmMmmm zn

MORIBVS.Z-UITA NVLELI-FVIG OR4E um ms |

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E RECGOR ERAT-S2AGN VS: DEUOS IS: EXC MERTESE ea] H IS-PIA-UBA-DABAG-TUMIDOOS TIBI-SUPP D = LL PSEGIBI-CAYLAS.MVLTAS-CONSTRVXIT:E VHS | TE BENE:-DITAVIT-TIBIF ORCIA -CASTRA'/ Ar. AEUIUITIR

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Hi BIO LUUHULO tt MA ES AS TON E MSC

VMS uf em REG VIESE: ETAT ccubitui tit tony

1 = fehlt in allen Edd. FINSTINGA Brower. Hans. Wal- rand. FYN. Cod. Par. 6036. PRESUL Waitz. FVIT HIC ORIVNDVS alle Edd.

2. FVIT : ORBE : SECVNDVS alle Edd.

TREBERIS : TIBI : FIDVS : AMICVS alle Edd.

MAGNIS Brower, Wyttenbach et Müller, Hansen, Walrand.-

MAGNVS Waitz.

SW

2140

6. HIIS Waitz. NOTA statt VERBA Brower, Wyttenbach et Müller, Waitz. SVPPEDITABAT alle Edd. DABAS, SVPEDITABAS Waitz.

7. AVLAS alle Edd.

8. DOTAVIT Brower, Wyttenbach et Miller, Waitz, Hansen, Wal- rand. FORTIA alle Edd. PARAVIT alle Edd.

9. CVM : FLETIBVS : ORA alle Edd.

10. CHRISTVS alle Edd.

Die beiden Schlussverse giebt nur Brower; es ergiebt sich daraus als Gesamttext:

+ de Finestinga: praesul: fuit: [hie o] riundus moribus - et -uita:nulli fuit: orfbje [secundu]s nobilis: Henricus: Treberis : [ti]bi-fildus amicus] cura:tuis morbis : honor : et: pax : vrbis : et: orbis D rector - erat: magnus: deuotis : ewtitit : agnus

his pia - uerba : dabat - tumidos - tibi - suppedit{ abat] ipse- tibi - caulas : multas : construxit : et: auf la]s te bene: ditauit : tibi - forcia : castra: [pJar/auit] nunc: Trevir-plora: dominu[m] cum: [fletibus ora]

10 quod:sibi:solamen prestet: ers: deus : a] men] hie obiit [sext]o: [kal.] mfaii] - anno- dni: MCCJLXXX VI] cuius: Janfim{a] . requiescat: [in : pace]

6 und 7 beziehen sich auf die zahlreichen Fortifikationsbauten, welche Heinrich von Finstingen insbesondere zum Schutze der Stadt Trier (wo er auch das Palatium restaurierte) nach dem Zeugnis der (testen vornahm.

9 in DOMINV hat der Steinmetz den Strich über V vergessen.

10 XRG- der Text der Inschrift scheint aber XRG zu haben, Jedenfalls hat der Urheber derselben sich für die Schreibung des Wortes Christus noch an die alte Sigla XPC = Xgıorog angelehnt.

11 DNI Brower druckt DOMINI, doch scheint mir das Original die Abbreviatur zu geben.

11 und 12 weichen hinsichtlich des Charakters der Schrift so stark von dem Rest der Inschrift ab, dass ich diese Zeilen für einen späteren Zusatz halten muss; sie fehlen auch in den von Wyttenbach und Müller benutzten Hss.

In ihrem paläographischen Habitus stellt die Inschrift den in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bei uns noch allgemeinen Typ der Mischung capitaler und uncialer Formen dar: noch fehlt fast jede Spur

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eines Ueberganges zu der sog. gothischen Majuskel. Die Ausführung is! sorgfältig; von Ligaturen ist ein sehr mässiger Gebrauch gemacht, regelmässig ist der Wechsel der capitalen E, V, D mit den uncialen D, E, U, wie auch ein ähnlicher Wechsel in den Buchstaben A, M, T zu bemerken ist.

Sprachlich und inhaltlich sind diese zehn leoninischen Verse nicht besser und schlechter als die Mehrzahl ihrer Zeit. Das Lob, welches dem Toten in diesem Epitaph gespendet wird, lässt deutlich erkennen, dass sein Verfasser auf jener Heinrich von Finstingen günstigen Seite stand, von welcher die zweite Vita (»Historias conscribere«) ausging. Wenn in dieser (Wyttenbach et Müller II, 121; Waitz 461) gesagt wird: »vir magni consili fuit, in spiritualibus et temporalibus cireum- spectus et sagacissimus in acquirendo transitorias huius mundi facul- tates, et quod laude dignum est, clerus et populus Treverensis bona pace fretus sub ipso principe gaudebat metasque iurisdictionis ecclesie Treverensis fiducialiter dilatavit ac totam provinciam suis temporibus feliciter gubernavit«, so erkennt man in diesem Satze wörtliche Nach- klänge des Epitaphiums. Auch Vers 6 spricht leise aus, was beide Biographien betonen: der Erzbischof hätte noch viel mehr für Trier und seine Unterthanen gethan, wenn er, um die Anerkennung in Rom zu finden, nicht so grosse Summen auf seine Reisen dorthin verwenden und der Curie selbst hätte auszahlen müssen si curie Romane tantam summam pecunie non solvisset. Und so stellt denn dies Epitaph eines unserer hervorragendsten Kirchenfürsten des 13. Jahrhunderts ein kleines Stimmungsbild dar, dem der Lothringer wie der Trierer ein gewisses Interesse nicht versagen wird.

Die reichsunmittelbaren Herren im Gebiete des heutigen Lothringen und ihre Schicksale in den Jahren 1789-181.

Von Dr. Fr. Grimme.

Von den zahlreichen grossen und bedeutenden Gebieten, die das Deutsche Reich im Mittelalter auf der linken Rheinseite besessen, waren ihm im Laufe der Jahrhunderte nicht wenige entrissen und mit der Krone Frankreichs verbunden worden. Was ausser den eigentlichen sogenannten Rheinlanden im Jahre 1789 noch in seiner Gewalt sich befand, waren ganz geringe Reste der alten Herzogtümer Lothringen, und sie waren politisch dem oberrheinischen Kreise zugeteilt. Schon seit den frühesten Jahrhunderten hatte Frankreich ja nach der Rheingrenze seschielt, und die Ausdehnung seines (Gebietes nach Osten zu, die Wiederherstellung des alten lotharingischen Reiches in seinem früheren Umfange unter dem Lilienbanner, war von Alters her der rote Faden, der seine ganze Politik durchzog. Mochte dieses Streben auch für manche Jahrzehnte, als Frankreich mit England um seinen eigenen Grund und Boden kämpfen musste, nicht so offen zu Tage treten, aufgegeben hat man es nie; und wenn Carl VII. im Jahre 1444 die Städte in Lothringen und im Elsass aufforderte, sich zu unterwerfen, da Frankreich seine natürlichen Grenzen bis zum Rhein wieder haben müsste, so sprach er das nur offen aus, was sämtliche französische Herrscher vor ihm gedacht hatten. Wohl vermochte er seine Absichten noch nicht ganz in die Wirklichkeit umzusetzen, da der Friede zu Trier den französischen Gelüsten vorläufig noch ein Ziel setzte, aber bei der offenkundigen Schwäche des Deutschen Reiches konnte es doch nur eine Frage der Zeit sein, wann der Rhein aufgehört haben würde, Deutschlands Strom zu heissen. Der Kampf gegen das Deutsche Reich, besonders gegen das mächtige Haus Habsburg, hat von den Tagen des ausgehenden Mittelalters nicht mehr geruht: Franz I. lebt in ununter- brochenem Kriege mit dem deutschen Kaiser, und sein Nachfolger, Heinrich IL, bringt auf die sattsam bekannte Weise die weiten Gebiete von Metz, Toul und Verdun an Frankreich und fasst so, als der erste, festen Fuss im heutigen Lothringen, um selbst nicht wieder zu weichen, als ganz Deutschland gegen ihn in Walfen. Mit dem Rückzuge Karls V.

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von Metz im Dezember 1552 ist eigentlich das Schicksal unserer Gegenden schon entschieden. Frankreich hat sich in Mitten des deutschen Landes eingenistet, und die alte Moselveste wird von nun an das Ausfallsthor für die fränkischen Heere, welche sich anschicken, das eben erst begonnene Werk der Zerstückelung Deutschlands zu vollenden. Die Zeiten eines Ludwig XII und XIV. bildeten gleichsam einen un- unterbrochenen Eroberungszug gegen Osten, und der Lohn ihrer Be- mühungen war die Erwerbung zahlreicher burgundischer und luxem- burgischer Lande und des schönen Elsass. Die berüchtigten Reunionen suchten mit einem Male reine Bahn zu machen und den Rheinstrom völlig in französische Gewalt zu bringen, doch verzichtete Ludwig XIV., wie bekannt, im Frieden von Ryswick 1697 auf sämtliche reunierten Gebiete ausserhalb des Elsass und gab die besetzten Länder ihren rechtmässigen Herren zurück; aber es konnte kaum mehr lange währen, bis diese mitten in französischen Landen eingesprengten Gebiete end- gültig ihre Selbständigkeit verloren. Bereits im Jahre 1661 erwarb Frankreich durch den Vertrag von Vincennes von Lothringen die Stadt Pfalzburg mit den zur Herrschaft gehörigen Dörfern und stellte so die ihm notwendige Verbindung mit dem Elsass her. 1766 fiel nach dem Tode Stanislaus Lesczynskis das Herzogtum Lothringen mit sämtlichen Anhängseln, wie Finstingen, Mörchingen, Forbach und Pütt- lingen, an Frankreich, und durch den Vertrag vom 27. September 1781 wurde auch der Graf v. d. Leyen aus dem Gebiete des heutigen Loth- ringen hinausgedrängt. Als nun im Jahre 1789 die französische Re- volution ausbrach, die ja die Landkarte von ganz Europa in einer Weise verändern sollte, wie dies nie vorher der Fall gewesen, war zwar durch die ununterbrochene Eroberungspolitik des französischen Hofes der weitaus grösste Teil des jetzigen Deutschlothringen unter dem Lilienbanner vereinigt und dem Reiche entfremdet, dennoch waren verschiedene grössere oder kleinere Gebiete vorhanden, deren Herrscher noch Glieder des Deutschen Reiches waren. Trotz aller Fährnisse und Nöten waren sie bis jetzt den gierigen Krallen der Franzosen ent- schlüpft, und erst die Wogen der Revolution haben sie endgüllig von der europäischen Staatenkarte weggeschwemmt. Sie waren sämtlich im sogenannten Westrich gelegen und bildeten ein ziemlich zusammen- hängendes Ganzes auf beiden Ufern der Saar von ihrer Quelle an bis in die Gegend von Saargemünd. Während die ursprünglichen ein- heimischen Herrscherfamilien dieser Territorien im Laufe der Jabr- hunderte fast durchgehends ausgestorben waren, befanden sie sich zu Ende des vorigen Jahrhunderts im Besitze grösserer oder kleinerer

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Dynastengeschlechter, die auch sonst noch an den Rheinufern begütert waren, und hatten somit einen immerhin etwas festeren Rückhalt am Deutschen Reiche, als wenn]sie ganz allein auf sich und ihre Macht an- gewiesen gewesen wären. Dennoch aber war das morsche, in seinen Fugen erschütterte Reich nur im stande, in friedlichen Zeiten eine achtenswerte Unterstützung diesen so weit vorgeschobenen Posten des Deutschtums angedeihen zu lassen: diese versagte aber sofort, als der Sturm der Revolution über die Lande dahinbrauste, und so ist es wohl begreiflich, dass gerade die unmittelbaren Gebiete des heutigen Lothringen neben dem päpstlichen Avignon die ersten waren, welche von der Revolution verschlungen und dem französischen Reiche ein- verleibt wurden. Doch betrachten wir zunächst diese Ländchen und Stätchen etwas näher.

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Als die Wogen der Revolution anfingen, auch in den Bereich des heutigen Lothringen hinüber zu schlagen, gab es in unseren Ge- senden noch zehn Herrschaften, deren Fürsten unmittelbare Glieder des Deutschen Reiches waren, und deren Länder sich noch frei von der französischen Vormundschaft gehalten hatten. Zu diesen zählte zunächst

die gefürstete Grafschaft Salm!). An den Abhängen der Vogesen gelegen, dergestalt, dass der Lauf der oberen Breusch sie von dem Elsass trennte, war sie ursprünglich nach Süden und Westen vom Herzogtum Lothringen und dem Gebiete des Bistums Metz eingeschlossen, von dem sie auch in den ältesten Zeiten zu Lehen ging. Noch im Jahre 1499 haben die Grafen von Salm Lehensbriefe vom Bistum Metz gelöst. Die erste grössere Teilung des Landes fand statt im Jahre 1449, indem die Grafen Simon II. und Johann VI. eine Scheidung ihres Erbes vornahmen. . Des ersteren Anteil fiel, da er ohne männliche Nach- kommen war, an seine Tochter Johanna, und diese brachte ihn ihrem Gemahl, dem Rheingrafen von Dhaun-Kyrburg zu, dessen Nachfolger den Titel »Rheingrafen von Salm« führten. Die andere Hälfte kam im Jahre 1600 ebenfalls durch Heirat an Graf Franz von Vaudémont, den späteren Herzog von Lothringen; doch war die Trennung der Länder keine vollständige, und bis zum Jahre 1751 ist die Grafschaft Salm von beiden Parteien gemeinschaftlich regiert, und die Einkünfte der- selben sind geteilt worden. Der Rheingraf Philipp Otto von Salm wurde

1) Das folgende meistens nach: Die alten Territorien des Bezirks Loth- ringen, 132 ff.

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vom Kaiser am 8. Januar 1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben und ebenso die Grafschaft Salm zum Reichsfürstentum ge- macht. 1654 erhielt die letztere Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat der Art, dass der Erbe des Landes die Stimme führen durfte. Zwar starb die fürstliche Hauptlinie bereits im Jahre 1738 mit Ludwig Otto aus, doch folgte ihm in der Regierung der Grafschaft Nikolaus Leopold aus dem Hochstraatenschen Zweige, der sich von nun an Fürst von Salm-Salm nannte. Um den Schwierigkeiten ein Ende zu machen, welche notwendiger Weise die Teilung der Gerechtsame zwischen Salm und Lothringen mit sich bringen musste, schloss der letztgenannte am 21. Dezember 1751 mit Stanislaus Lesczynski, dem Herzoge von Loth- ringen, einen Vertrag, durch welchen der bisherige gemeinsame Besitz der Grafschaft aufgelöst, und diese selbst geteilt wurde. Es wurde daher bestimmt, dass die Mitte des Laufes der Plaine die Grenze zwischen Lothringen und Salm bilden sollte. Infolgedessen fiel die alte Hauptstadt des Ländchens Badonviller an Lothringen, und die Fürsten von Salm residierten von nun an in der Abteistadt Senones. Der letzte Herrscher war Constantin Alexander, der durch die französische Re- volution Thron und Land verlor und seitdem in der seinem Hause 1648 durch Erbschaft zugefallenen reichsunmittelbaren Herrlichkeit Anholt im westfälischen Kreise Wohnsitz nahm. Die gefürstete Graf- schaft Salm zählte nach der Teilung im ganzen noch 22 Orte und Dörfer, nämlich Grandfontaine, Plaine, Saulxures und Vorbruck, im heutigen Deutschlothringen gelegen, ferner Allarmont, Belval, Celles, Chatas, Grandrupt, La Petite-Raon, Le Ménil, Le Mont, Le Puid, Le Saulcy, Le Vermont, Luvignv, Moussey, Raon-sur-Plaine, Senones, St. Stail, Vexaincourt und Vieux-Moulin, die dem französischen De- partement des Vosges angehören. Die Einkünfte dieses Gebietes wurden auf rund 60000 Gulden veranschlagt).

Die Herrschaft Diemeringen?), im Eichelgau gelegen, war eine der kleinsten reichsunmittelbaren Gebiete des alten oberrheinischen Kreises. Sie umfasste in zwei getrennten Stücken nur drei Dörfer, nämlich Diemeringen, Ratzweiler und Dehlingen, dazu kam noch ein kleiner Teil des Gemeindebannes von Rahlingen, das selbst unter loth- ringischer Hoheit stand. Das Ländchen war im ‚Jahre 1521 an den Rheingrafen Johann von Kyrburg gekommen, hat nach dessen 1531 erfolgten Tode die verschiedensten Streitigkeiten durchgemacht, da sämt- liche Angehörige des rheingräflichen Hauses Ansprüche geltend machten,

1) v. Hoff, Das teutsche Reich vor der franzüsischen Revolution und nach dem Frieden von Lunéville I, 180. ?) Lothr, Territorien, 168.

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so die Fürsten von Salm, die Rheingrafen von Neuweiler (Hochstraaten), von Kyrburg, Grumbach, Dhaun und vom Rheingrafenstein. Durch Urteil des Reichskammergerichts vom 20. Dezember 1764 wurden die Rheingrafen als Erben eingesetzt, und diese einigten sich dahin, dass Diemeringen eine vierherrige Gemeinherrschaft sein sollte, der Art, dass die zwei fürstlichen Linien Salm-Salm und Kyrburg je */16, die Rhein- srafen von Grumbach und vom Rheingrafenstein !) je ?/ıs aus den Ein- künften beziehen sollten. Diese können kaum bedeutend gewesen sein, und wenn die Einnahmen der Wild- und Rheingrafen auf überhaupt 100000 Gulden angegeben werden ?), so wird Diemeringen wohl den kleinsten Teil davon aufgebracht haben.

Die Reichsgrafschaft Kriechingen?) ist eine der jüngsten staatlichen Schöpfungen .innerhalb des oberrheinischen Kreises, da sie erst im Jahre 1617 vom Kaiser Mathias zur Reichsgrafschaft erhoben wurde. Sie umfasste in den heutigen lothringischen Kreisen Bolchen und Forbach in vier völlig getrennten Stücken zehn Orte, von denen Büdingen, Dentingen, Kriechingen, Momersdorf und Steinbiedersdorf sanz, dagegen Folschweiler, Kuhmen, Lellingen, Niederwiese und Tetingen nur teilweise der Grafschaft angehörten. Nachdem am 5. Mai 1681 der Graf Johann Ludwig als der letzte seines Namens gestorben, kam die Herrschaft an seine Schwester Anna Dorothea, die mit dem Reichs- erafen Edzard Ferdinand Cirksena von Ostfriesland vermählt gewesen war. Deren Tochter Christine Louise verheiratete sich 1726 mit dem Grafen Johann Ludwig Adolf von Wied-Isenburg-Runkel; sie brachte so die Grafschaft an dieses Haus, und ihr Sohn, Graf Christian Ludwig, der im Jahre 1757 die Resierung antrat, war der erste und letzte Herrscher aus der neuen Linie. Die Grafschaft umfasste im Ganzen zwei [JMeilen, hatte beim Ausbruch der Revolution 5000 Einwohner und brachte ihrem Regenten an Einkünften jährlich gegen 50000 Gulden ein‘). Nach Hoff?) sollen die Grafen von Kriechingen im Jahre 1769 einen Unterwerfungsvertrag mit Frankreich geschlossen, die französische Hoheit über ihr Land anerkannt und nach dem Muster der elsässischen Reichsstände Patentbriefe gelöst haben. Dem gegenüber ist zu be- merken, dass die Grafschaft bis zu ihrer endgültigen Einverleibung in Frankreich (1793) stets frei und unabhängig geblieben ist, und dass die französische Regierung nur wiederholt freund-nachbarlich der gräflichen

1) Letztere starben am 1. Juni 1793 aus und wurden von den Grafen von Grumbach beerbt. ?) v. Hoff I, 181. 3) Lothr. Territorien, 288. 4) v. Hoff I, 184. 5) Ib. 1, 99.

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Herrschaft die königliche Assistenz zum Vollzug von Reichs- und Kreis- beschlüssen angeboten hat!).

Die Erbkastenvogtei Herbitzheim?), an der Saar gelegen, um- fasste die Ortschaften Herbitzheim, Keskastel und Oermingen ganz, Greningen, Kalhausen und Rahlingen zum Teil. Sie bildete ursprünglich den freien Besitz der Benediktinernonnenabtei »Zu unserer lieben Frau «, die in den Stürmen der Reformationszeit aufgehoben wurde. Vögte derselben waren seit Alters die Grafen von Saarbrücken, und sie führten in dieser Eigenschaft den Titel: »Erbkastenvögte, Land-Schutz- und Schirmherren«.. Am 1. April 1544 hatte die Aebtissin Amalie von Altdorf die Güter der Abtei dem Grafen von Saarbrücken über- lassen, und diese wurden daher 1556 als Hausgut des Hauses Nassau eingezogen. Bei der Teilung der nassauischen Hausgüter (1629) kam Herbitzheim als besonderer Besitz an Nassau-Saarbrücken, doch einigte man sich durch Familienvertrag im Jahre 1745 dahin, dass Herbitzheim mit Keskastel und den andern Dörfern Nassau -Weilburg zugesprochen wurde, während nur Oermingen bei Saarbrücken verblieb.

Die reichsunmittelbare Grafschaft Saarwerden?) war das grösste der deutschen Gebiete im Westrich, da sie mehr als 30 Dörfer umfasste. Sie war ursprünglich allodialer Besitz, welchen die Grafen von Saarwerden aus dem Hause Metz-Lunéville in der Zeit erworben haben dürften, als ihnen auch die Grafschaft im oberen Saargau ge- hörte. Durch Erbschaft kam die Hälfte des Gebietes im Jahre 1512 an den Grafen Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken, während die andere Hälfte vom Bischof von Metz, angeblich als erledigtes Lehen der Metzer Kirche, eingezogen und dem Herzoge Anton von Lothringen überlassen wurde, trotzdem Kaiser Karl V. auf die Seite Nassaus trat, und auch dieses Haus durch Beschluss des Reichstags von Augsburg vom 22. Oktober 1550 im Besitze geschützt wurde. Nach jahrhundert- langen Verhandlungen wurde endlich im Frieden von Ryswick (1697) bestimmt, dass die Metzer Lehen bei Lothringen verbleiben, das Uebrige jedoch Nassau zugesprochen werden sollte. In dem schon erwähnten Familienvertrage des Jahres 1745 wurde zwischen Nassau-Saarbrücken- und -Weilburg die Teilung in der Weise vorgenommen, dass ersteres zwei Drittel erhielt, während Weilburg mit einem Drittel abgefunden wurde. Die Saarbrückschen Besitzungen bildeten das Oberamt Hars- kirchen mit den Dörfern Altweiler, Bärendorf, Berg, Bissert, Büst, Bütten, Diedendorf, Domfessel, Drulingen, Eschweiler, Görlingen, Hars- kirchen, Hinsingen, Hirschland, Kirberg, Lorenzen, Mackweiler, Oer-

') Lothr. Territorien, 304. 2) Ib. 187. °) Ib. 197.

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mingen, Ottweiler, Rauweiler, Rexingen, Sieweiler, Thal, Weyer und Wolfskirchen, während das Weilburgsche Amt Neusaarwerden folgende elf Orte umfasste: Burbach, Eyweiler, Herbitzheim, Keskastel, Neu- saarwerden, Pisdorf, Rimsdorf, Schopperten, Silzheim, Völlerdingen und Zollingen. Die Einkünfte des Grafen von Saarbrücken aus seinem Anteil an Saarwerden und Herbitzheim beliefen sich beim Ausbruch der Revolution auf mehr als 27000 Gulden !), während über die Weil- burgschen keine bestimmten Angaben vorliegen, doch werden sie mit 12000 Gulden wohl kaum zu hoch eingeschätzt sein.

Im Gebiete des heutigen Lothringen besass Nassau-Saarbrücken weiter noch als souveraines Eigen die Dörfer Settingen und Diedingen ?), südlich von Saargemünd, und hatte Anteil am alten Warendwald *), ohne dass sich die Einkünfte aus diesen Gebieten näher bestimmen lassen.

Im Besitze der Reichsritterschaft befand sich die Herrschaft Lixingen®), zwischen Forbach und Saargemünd. Sie umfasste die Dörfer Lixingen, Iplingen und Ebringen ganz, von Hundlingen nur den sogenannten Hersingerbann und die Hälfte von Ruhlingen. Besitzer dieser Herrschaft waren die Herren von Kerpen, deren Stammgüter im alten Herzogtum Jülich an der Erft gelegen waren. Wahrscheinlich war Lixingen in alter Zeit ein Burglehen der Grafen von Saarbrücken, und es befand sich zunächst in den Händen der Herren von Wars- berg: seit 1552 sind die Herren von Kerpen die Besitzer, die es durch Heirat an sich gebracht. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hat Saar- brücken auf seine Lehnsrechte verzichtet, und Lixingen wurde darauf in die Matrikel der Reichsritterschaft des Kantons am Oberrhein ein- getragen, zu dem es noch beim Ausbruche der Revolution gehörle. Ueber die Höhe der Einkünfte habe ich nichts Näheres in Erfahrung bringen können.

Ebenfalls im Bereich der Reichsritterschaft war die Herrschaft Assweiler’), nur das eine Dorf gleichen Namens in der Nähe von Drulingen umfassend. Es war ein Lehen der Grafschaft Lützelstein im Elsass und stand somit in Abhängigkeit von dem Hause Pfalz-Zwei- brücken. Seit dem Jahre 1606 war die Herrschaft im Besitz der Herren von Steinkallenfels bei Kirn a. d. Nahe. Obwohl sie ständig im Lehensverband mit der Pfalz geblieben ist, wurde sie dennoch im Jahre 1723 bei dem rheinischen Ritterkreise Kanton am Niederrhein immatrikuliert. Die Einkünfte können nur gering gewesen sein.

1) Hoff 1,97. ?) Lothring. Territorien, 186. 8) Ib. 194. *) Ib. 254.

5) Ib. 256.

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Auch der deutsche Ritterorden besass im heutigen Lothringen eine freie Herrschaft, die das Dorf Hundlingen!) und einen Teil von Ruhlingen umfasste. Sie gehörte zur Comthurei Saarbrücken der Ballei Lothringen, und sie ist trotz mancher Schwierigkeiten und Anfechtungen bis zur Revolution beim Orden verblieben.

Als letzte reichsunmittelbare Besitzung in Lothringen wäre das Amt Lemberg?) der Grafschaft Hanau-Lichtenberg zu erwähnen. Während die Hauptmasse dieser zur Zeit der Revolution dem Land- srafen von Hessen-Darmstadt gehörigen Herrschaft im Bereich des Elsasses lag und durch den Frieden von Ryswick ihre Reichsunmittel- barkeit verloren hatte, war das Amt Lemberg, das zum Teil in Loth- ringen lag, sich aber noch weit in die Pfalz hinein erstreckte, infolge der Bestimmungen desselben Friedens nicht unter französische Ober- hoheit gekommen und hatte somit die volle Zugehörigkeit zum Reiche bewahrt. Zu ihm zählten in Lothringen die Gemeindebänne von Bärenthal und Philippsburg mit den Schlössern Falkenstein, Ramstein, Grossarnsberg und Rothenburg, ferner das Dorf Obersteinbach mit den Burgen Kleinarnsberg und Lützelhardt und dem Weiler Neunhofen, sämtlich in der Gegend von Bitsch an der Grenze des Unterelsass gelegen.

Ausser diesen genannten vollständig reichsunmittelbaren Herr- schaften befanden sich jedoch im Bereich des heutigen Lothringen noch zahlreiche Besitzungen einheimischer und deutscher Grossen und Herren, die zwar unter französischer Oberhoheit standen, dennoch aber sehr bedeutende Rechte und Einkünfte sich gewahrt hatten. Sie waren meistens Lehen der im Laufe der Zeiten an Frankreich gekommenen grösseren Gebiete, Luxemburgs und Lothringens, und die Inhaber dieser Lehen waren bei der Besitzergreifung durch Frankreich ausdrücklich in ihren Rechten anerkannt und bestätigt worden. Sie traten eben nunmehr für diese Herrschaften in das gleiche Verhältnis zum fran- zösischen Königtum, wie es bis dahin zwischen ihnen und dem Kaiser bestanden hatte, ohne aber dadurch den Charakter als deutsche Reichs- fürsten zu verlieren. Die Zwitterstellung, in welcher diese Länder sich befanden, hatte schon Jahrhunderte lang Stoff zu Streitigkeiten ge- geben, und beiderseits war verschiedentlich versucht worden, die Ge- rechtsame näher abzugrenzen, doch hatte Frankreich als der Mächtigere immer den Vorteil daraus gezogen, und schliesslich war eine Reihe von Reichsfürsten dazu übergegangen, um wenigstens etwas zu retten, besondere Verträge mit der französischen Krone abzuschliessen, in

", Lothr. Territorien, 261. *) Ib. 174.

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denen sie die Souveränität Frankreichs förmlich anerkannten und sich von diesem ihre weiteren Rechte gewährleisten liessen. »Solcher Ver- träge sagt Häusser !) allerdings ohne Zustimmung des Kaisers und des Reiches, waren zu Ende des 17. und im Laufe des 18. Jahr- hunderts eine ganze Menge geschlossen worden; in der Regel ver- kündete eine lettre patente des Königs den Parlamenten das neue Verhältnis, in welchem sie einerseits zur Krone, andererseits zu ihren Unterthanen standen, und von den Parlamenten wurden diese könig- lichen Briefe gleich anderen Edikten einregistriert. In solch ein Verhältnis war schon Ende des 17. Jahrhunderts das Stift Strassburg eingetreten, später (1756) auch Speier, Württemberg (1758), Pfalz- Zweibrücken (1768), Kurtrier (1778) und andere, soweit ihnen im Elsass, in Lothringen und Burgund Güter und Rechte zustanden. Zur Zeit, wo die Revolution ausbrach, bestanden diese Verträge zu Recht; zwar erkannte das Reich dieselben nicht an; die deutschen Reichs- stände aber, die solche eingegangen, glaubten sich in ihrem Besitz- stande, den sie mit erheblichen Opfern erkauft, fortan vertragsmässig in der Weise geschützt, dass darin nur mit ihrer freien Zustimmung und durch neue Verträge eine Aenderung vorgenommen werden könnte. «

Zu diesen Gebieten ist zu rechnen die luxemburgische Herrschaft Rodemachern*) im heutigen Kreise Diedenhofen, mit mehr als zwanzig Orten und Dörfern, die am 15. November 1492 durch König Maximilian I. dem Markgrafen Christoph von Baden, Statthalter in Luxemburg, geschenkt wurde, um sie als Erblehen zu tragen. Trotz zahlreicher Anfechtungen und Prozesse ist sie im Besitze der Mark- grafen von Baden verblieben, die oft, aber stets vergeblich versucht haben, sich der luxemburgischen Lehensherrlichkeit zu entziehen und für Rodemachern die Reichsunmittelbarkeit zu erhalten; vielmehr wurde letzteres durch den Vertrag von Versailles (16. Mai 1769) von Luxem- burg an Frankreich abgetreten, und die Markgrafen haben später, zu- letzt noch im Jahre 1782, dem französischen Könige den Lehenseid geleistet.

Die Freiherrschaft Rollingen?), im Gebiete der deutschen Nied gelegen, war ebenfalls ein luxemburgisches Lehen. Sie umfasste die Dörfer Baumbiedersdorf, Bizingen, Bruchen, Halleringen, Helsdorf, Rollingen und Wieblingen, dazu Teile von Füllingen und Zondringen. Die Herrschaft war gegen Ausgang des Mittelalters zur Hälfte an die Herren von Kriechingen gekommen, die auch in der Folgezeit fast die

‘) Häusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Grossen bis zur Gründung des deutschen Bundes I, 276. ?) Lothr. Territorien, 54. 3) Ib. 104.

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gesamte zweite Hälfte dazu erwarben. Durch die Heirat der schon oben erwähnten Erbtochter Anna Dorothea mit dem Reichsgrafen Edzard von Ostfriesland fiel die Lehensherrschaft diesem anheim, und als seine Enkelin Christine Luise im Jahre 1725 den Reichsgrafen Johann Lud- wig Adolf von Wied-Runkel ehelichte, brachte sie mit der Grafschaft Kriechingen auch die Herrschaft Rollingen an Wied-Runkel, bei welchem Hause sie beim Ausbruch der Revolution noch war.

Auch im Gebiete des alten Herzogtums Lothringen waren mehrere Lehensherrschaften, die, wie die Stammlande selbst, infolge des Wiener Friedens und nach dem Tode des Herzogs Stanislaus (1766) unter französische Oberhoheit kamen, während den Inhabern derselben sämtliche Herrenrechte und Einkünfte verblieben. Ausser dem Marquisat Falkenberg an der deutschen Nied, das nach dem Aussterben der Herrn von Finstingen in französische Hände gelangte und daher ausser den Bereich dieser Betrachtung fällt, ist hier zu nennen:

Die Grafschaft Püttlingen im heutigen lothringischen Kreise Forbach. Sie umfasste die Stadt gleichen Namens und nach Huhn !) 20 Dörfer, nämlich Castweiler, Diefenbach, Ernstweiler, Heckenransbach zum Teil, Farschweiler, Grundweiler, Gebenhausen, Lupershausen, Metzingen, Moosbronn, Nussweiler und das val de Holving, bestehend aus Holwingen, Balleringen, Bettringen, Diderfingen, Hinzingen, Hirbach, Richlingen und Schmalhof. Die Kirchner’sche Karte?) verzeichnet dazu noch Remaringen, während Hoff?) den Umfang der Grafschaft auf 23 Dörfer angiebt. Ursprünglich befand sich diese in den Händen der Grafen von Blieskastel‘), kam durch Erbschaft um das Jahr 1278 an die Grafen von Salm und nach Aussterben dieser durch die Erbtochter Johanna mit der Hälfte von Salm und Mörchingen an ihren Gemahl. den Wild- und Rheingrafen Johann (+-1499). Später gelangte Pütt- lingen an die Jüngere rheingräfliche Linie von Dhaun. Der letzte dieses Stammes, Johann Friedrich, starb im Jahre 1750, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, und so ging die Grafschaft über an die Gräfin Katharina von Leiningen, die Tochter des Grafen Carl Ludwig von Leiningen-Bockenheim aus der Hartenburger Linie, und der Rheingräfin Karolina von Dhaun, die eine Bruderstochter des ge- nannten Johann Friedrich war. Diese nun vermählte sich mit dem Fürsten Theodor Alexander von Löwenstein-Wertheim-Rochefort und brachte ihm u. a. auch Püttlingen als Morgengabe zu. Ihr Sohn

1) Huhn, Deutsch-Lothringen, 393. ?) Das Reichsland Lothringen am 1. Februar 1766. °) Hoff, a. a. O. I, 99. *) Die folgenden Mitteilungen ver- danke ich dem Herrn Ministerialrat Freiherrn du Prel in Strassburg 1 E

war der Fürst Dominikus Constantius von Löwenstein, der 1786 die Regierung antrat und beim Ausbruch der Revolution sich noch im Be- sitze Püttlingens befand. Nach dem Umfange der Grafschaft zu schliessen, müssen die herrschaftlichen Einkünfte nicht gering gewesen sein, wenngleich genauere Angaben hierüber mir nicht zur Verfügung standen.

An Püttlingen grenzte im Norden die Grafschaft Forbach, ausser der Stadt selbst noch 6 Dörfer umschliessend, nämlich Klein- Rosseln, Stieringen, Spichern, Alstingen, Oetingen und Kerbach. Sie kam nach zahlreichen Wandlungen im Jahre 1602 durch Erbschaft an die Grafen von Leiningen-Westerburg und von Eberstein!), die bis zum Jahre 1618 gemeinsam die Regierung führten, sich dann aber in die Herrschaft teilten. Als jedoch die letztere Linie 1660 im Mannesstamme erlosch, suchte Johann Ludwig von Leiningen-Westerburg beim Herzog Karl IV. von Lothringen die Belehnung mit der ganzen Herrschaft nach und erhielt sie auch, sodass nunmehr das gesamte Gebiet von Forbach ein Besitztum der Grafen von Leiningen-Westerburg bildete. Diese ver- kauften es aber _bereits 1678 aus Geldnot dem Kurfürsten von Mainz, Damian Hartard v. d. Leyen, der es noch im gleichen Jahre seinem Neffen, Anton Freiherrn v. d. Leyen, dem Herrn von Blieskastel, ver- machte. Ohne einen förmlichen Beschluss der Metzer Reunionskammer abzuwarten, leistete letzterer am 15. Mai 1680 dem französischen Könige den Lehnseid und erhielt von ihm am 5. Mai 1681 die Herr- schaft Forbach bestätigt). Als seine Familie im Jahre 1709 ausstarb, kam das Gebiet an einen Seitenzweig, wurde aber im gleichen Jahre an die Gräfinnen von Leiningen-Westerburg abgetreten, die den Verkauf des Jahres 1678 beim obersten Gerichtshofe in Lunéville angefochten und am 23. März 1709 ein obsiegendes Urteil erstritten hatten. Am selben Tage erfolgte jedoch auch ein zweiter Spruch desselben Gerichtes, nach welchem die Töchter der nachgeborenen Tochter des letzten Grafen von Eberstein Sophie Esther, Gemahlin des Herzogs Friedrich August von Württemberg, mit der zweiten Hälfte von Forbach belehnt wurden. So kam ein Teil der Herrschaft an die Prinzessinnen von Württemberg. Von den genannten Gräfinnen von Leiningen hatte die eine Esther Juliane den schwedischen Baron von Sinclair ge- heiratet und vermachte ihm die Hälfte ihres Anteils an Forbach,

') Vergl. für das folgende: Atorf, Geschichte der früheren Herrschaft Forbach, und Besler, Geschichte des Schlosses, der Herrschaft und der Stadt Forbach. ?) Kaufmann, Die Reunionskammer zu Metz. Jahrb. d. Gesellsch. f. lothr. Geschichte XI, 232.

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während sie die andere ihrer Schwester Sophie Sybille schenkte. Diese verkaufte”ihre Anrechte 1716 an den Baron Henning von Strahlenheim. Bereits 1708 vom Kaiser Joseph I. in den Reichsgrafenstand erhoben. wurde er auch vom Herzog Leopold von Lothringen am 13. August 1717 zu Lunéville zum Grafen ernannt, und infolgedessen wurde auch zu gleicher Zeit die alte Herrschaft Forbach in eine Grafschaft um- gewandelt. Nach zahlreichen Verschiebungen und Verkäufen durch die Prinzessinnen von Württemberg, den Baron von Sinclair und die Grafen von Strahlenheim erstand endlich der Herzog Christian IV. vun Zwei- brücken die ganze Grafschaft für fast 500000 Francs und machte sie seiner morganatischen Gemahlin, der früheren Schauspielerin Marie Anna Cammasse, zum Geschenk, die vom Herzog Stanislaus am 15. Oktober 1757 zur Gräfin von Forbach erhoben wurde. In ihrem Besitze befand sich die Grafschaft, welche 1766 unter französische Lehensoberhoheit gekommen war, noch beim Ausbruch der Revolution.

Die Grafschaft Mörchingen'), im Gebiete der französischen Nied, war ebenfalls ein lothringisches Lehen. Sie war grösser als die vorhergenannten und zählte ausser dem Hauptorte über 30 Dörfer. Sie war seit dem 12. Jahrhundert im Besitze der Grafen von Salm und sing später durch Erbschaft auf die Wild- und Rheingrafen über, die noch zu Beginn des 30jährigen Krieges in ihr herrschten, und zwar, wie es scheint, als wirklich souveräne Herren. Durch den Krieg aus derselben vertrieben, wurden sie gemäss Artikel IV, $ 35 des west- fälischen Friedens in dynastiam Mörchingen cum pertinenciis?) wieder eingesetzt, doch ging die Selbständigkeit durch den Frieden von Rys- wick verloren, und Mörchingen wurde eine mittelbare Grafschaft unter lothringischer Oberhoheit. Um das Jahr 1730 teilten sich in die Ein- künfte der Herrschaft verschiedene grosse Dynastengeschlechter. So kamen drei Teile den Rheingrafen von Grumbach zu, zwei dem Prinzen von Birkenfeld, einer dem Grafen von Wied-Runkel, je einer dem Herzog und den Prinzen von Württemberg. Im Jahre 1736 wurden diese Gerechtsame von dem Herzoge Franz Stephan von Lothringen abgelöst, der am 26. Mai 1736 Mörchingen von neuem zur Grafschaft erhob und den Edlen Grandville Elliot und seine Gemahlin, die Com- tesse von Martigny, damit belehnte. Diese verkauften sie im Jahre 1739 an Eleonore Henriette von Poitiers, die Witwe des Freiherrn Bleichard

1) Watrinet, Notice sur Morhange. Mémoires de la Société d'Archéologie Lorraine XLIV, 211, XLV, 236. —- Jean, Les seigneurs de Chateauvoué, 51. Berghaus, Deutschland vor 50 Jahren I, 219. °) Ghillanv, Diplomatisches Handbuch I, 19.

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Maximilian von Helmstädt, aus altem schwäbischen Geschlechte, das jedoch schon seit Jahrhunderten in Lothringen angesessen und begütert war. Der Urenkel dieser Maximilian von Helmstadt befand sich zu Beginn der Revolution im Besitze der Grafschaft Mörchingen, die ihm nach einem Ausweis, welchen er der Reichsdeputation vorlegte, jährlich 74533 Gulden Einkünfte brachte').

Die Herzöge von Croy d’Havre, denen in früheren Zeiten der grösste Teil der Herrschaft Finstingen gehörte, bis sie denselben an das Herzogtum Lothringen verkauften, waren im Jahre 1789, schwerlich jedoch als souveräne Herren, sondern unter französischer Oberhoheit, noch im Besitze des Dorfes Thicourt?), 7 km von Falkenberg ent- fernt, das heute wenig mehr als 300 Einwohner zählt und vor hundert Jahren kaum eine grössere Bedeutung gehabt haben wird. Demgemäss werden auch die Einkünfte nicht sehr gross gewesen sein. Weiterhin besassen die genannten Herren noch zahlreiche Herrenrechte in der Herrschaft Finstingen, die ihnen jährlich bedeutende Summen abwarfen.

Die Herrschaft Blieskastel), ursprünglich ein Lehen der Metzer Kirche, wurde im Jahre 1326 an das Kurfürstentum Trier verkauft und bildete seitdem ein Amt des Erzbistums, das gegen Ausgang des Mittelalters an die Freiherrn von Eltz zu Lehen gegeben war. Als diese 1654 im direkten Mannesstamm erloschen, gab der Kurfürst Carl Caspar v. d. Leyen die Herrschaft Blieskastel seinem 1653 in den Freiherrnstand erhobenen Bruder Hugo Ernst als Erbmannlehen. Dieses wurde zwar durch Beschluss der Metzer Reunionskammer vom 28. Juni 1680 als altes Lehen des Bistums Metz eingezogen, doch ge- mäss den Bestimmungen des Ryswicker Friedens wieder herausgegeben. Die Freiherren v. d. Leyen erwarben in der Folgezeit (1705) von Oesterreich die Herrschaft Hohengeroldseck im heutigen Grossherzogtum Baden, wurden 1711 in den Reichsgrafenstand erhoben und erhielten für letztere Besitzung Sitz und Stimme auf der schwäbischen Grafen- bank, während die Herrschaft Blieskastel nur den reichsritterschaftlichen Gebieten zugezählt wurde. Im heutigen Lothringen umfasste diese die Dörfer Bliesbrücken, Bliesschweyen, Heckenransbach,@Freimengen zum Teil, Ditschweiler, Wölferdingen und Wustweiler, die in verschiedenen getrennten Stücken in der Gegend von Saargemünd gelegen sind. Da sie vollständig im Gebiete des alten Herzogtums Lothringen eingesprengt waren, so einigte sich der Graf Philipp Franz v. d. Leyen am 12. resp. 27. September 1781 mit Frankreich durch einen Vertrag und trat ) Berghaus a. a. O. 219. ?) Huhn, Deutsch-Lothringen, 371. 3) Lothr. Territorien, 249.

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gegen eine Entschädigung auf dem rechten Saarufer seine Souveränitäts- rechte über die genannten Orte an Frankreich ab. Die herrschaftlichen Rechte aber und die Einkünfte, die hohe, mittlere und niedere Gerichts- barkeit wurden nach Artikel XIV des Vertrags dem Grafen vorbehalten »à condition de payer les droits et charges usites en Lorraine, comme les autres seigneurs hauts-justiciers de la province sont tenus de les acquitter«. Ferner bestimmt der Artikel XV, dass die obengenannten Dörfer und Besitzungen eine einheitliche Herrschaft »avee les titres, les honneurs et les prérogatives de la baronnie« bilden und den Namen »Baronie von Wölferdingen« führen sollen, mit welcher dann der ge- nannte Graf von Frankreich belehnt wurde, nachdem durch Dekret vom November 1782 diese Abmachungen bestätigt waren).

Die letzte mittelbare Herrschaft im heutigen Lothringen war die Grafschaft Dagsburg?), das Gebiet der Zorn und den Oberlauf der roten Saar umfassend. Sie bestand aus acht Dörfern, von denen Alberschweiler mit Soldatenthal, Dagsburg mit Hub, Haarberg, Hommert, Walscheid mit Eigenthal und Weiher in Lothringen, Engenthal mit Obersteigen und Hohengöft im Unterelsass gelegen sind, während die gesamte Grafschaft in früheren Zeiten, d. h. vor den Tagen der Re- volution, zum Elsass gehörte und so sämtliche Wandlungen dieses Landes mitgemacht hat. Ursprünglich unter eigenen Grafen stehend, kam die Herrschaft durch die Gräfin Gertrude um das Jahr 1222 an den Grafen Simon von Leiningen, aus dem Hause Saarbrücken), und sie ist in dem Besitze seiner Nachkommen verblieben bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts. Zwar starb die alte leiningensche Linie im Jahre 1467 aus, und Dagsburg gelangte darauf an die Jüngere Linie Leiningen-Hartenburg. Diese schied sich 1541 in die Zweige zu Harten- burg und Falkenburg, die zunächst das Ländchen im gemeinsamen Besitze hatten, bis am 8. Juli 1613 eine Teilung stattfand, indem jede der Linien eine der vorderen und der hinteren Waldungen erhielt. Nach dem Frieden von Nymwegen verlangte Frankreich auf Grund der Be- stimmungen des westfälischen Friedens von den Grafen von Leiningen die Huldigung für die Grafschaft Dagsburg, da sie ein altes Lehen der Strassburger Kirche sei, und liess durch Beschluss der Reunionskammer in Breisach vom 9. August 1680 die Herrschaft einziehen. Daraufhin haben sich die Grafen gefügt und die Huldigung geleistet, sodass von dieser Zeit an Dagsburg eine mittelbar freie Herrschaft unter franzö-

1) Chastellux, Le territoire du département de la Moselle, Histoire et Sta- tistique, 79. ?) Lothring. Territorien, 146. °) Cf. auch: Brinckmeyer, Genea- logische Geschichte des uradeligen u. s. w. Hauses Leiningen, I, 45 ff,

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sischer Hoheit war. Nach verschiedenen Erbteilungen ist schliesslich die gesamte Grafschaft im Jahre 1774 an den Grafen Carl Friedrich

Wilhelm von Leiningen-Hartenburg gekommen, welcher durch Kaiser

Josef II. am 23. Juli 1779 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde und beim Ausbruch der Revolution noch im Besitze des Landes sich befand.

IL.

So war denn das Gebiet des heutigen Lothringen in zahlreiche kleinere Ländchen und Herrschaften gespalten, die nur deshalb noch nicht von der Landkarte verschwunden waren, weil es Frankreich an einem hinreichenden Grunde gefehlt hatte, sie seinem Gebiete einzu- verleiben, und sie würden bei geregelten Verhältnissen wohl noch längere Zeit weiterhin sich ihres idyllischen Daseins erfreut haben und dem Deutschen Reiche erhalten worden sein da wurden sie innerhalb weniger Jahre von den Wogen der französischen Revolution ver- schlungen, um nie wieder zu erstehen. Das leichteste Spiel hatte Frank- reich natürlich mit den Herrschaften, welche zwar noch von deutschen Fürsten regiert, aber im Laufe der Zeit, wie wir oben gesehen, unter eine gewisse Oberhoheit der französischen Krone gekommen waren. Zwar hatten.ja die Herrscher dieser Gebiete durch besondere Verein- barungen sich ihre Rechte und Einkünfte sichern lassen, und sie glaubten so, nichts befürchten zu müssen. »In regelmässigen und ruhigen Verhältnissen war darauf auch mit einer gewissen Sicherheit zu zählen: aber nicht in einer Revolution, die der ganzen alten Ord- nung der europäischen Verhältnisse den Krieg erklärte. Schwerlich machte eine Umwälzung, welche die gesamte Feudalität in ihren Fundamenten erschütterte, vor den Verträgen Halt, welche eine An- zahl deutscher Reichsfürsten mit der Krone Frankreichs geschlossen hatte« ?).

Und wirklich ging die konstituirende Nationalversammlung gründ- lich zu Werke und suchte mit einem Schlage reine Bahn zu machen durch die Gesetze vom 4.—11. August 1789, die am 21. September die Unterschrift des Königs erhielten und am 3. November zur Aus- führung gebracht wurden. Sie schafften für ganz Frankreich sämtliche Rechte ab, die auf der Leibeigenschaft beruhten, vernichteten die guts- herrliche Gerichtsbarkeit, hoben das Jagdrecht auf, erklärten die Zehnten und alle Einkünfte aus Grundzinsen u. s. w. für ablösbar: mit einem Worte, alle Rechte und Erträge, welche die obengenannten deutschen

'‘) Häusser, Deutsche Geschichte I, 276.

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2597

Reichsfürsten in ihren mittelbar zu Frankreich gehörenden Gebieten besassen, waren über Nacht aufgehoben, und die Fürsten selbst da- durch gewaltig benachteiligt. Ohne jede Entschädigung, ohne den ge- ringsten Ersatz irgend welcher Art, »sollten die weltlichen Herren die Kopf- und Gütersteuern, die Frohnden, das Jagdrecht, die Zölle, Accise, das Umgeld, das Salzmonopol, das Schutzgeld und alle die Abgaben ver- lieren, die aus der Leibeigenschaft entsprangen; für eine Ablösungs- summe sollten sie alle Grundzinsen, Gülten und ähnliche an Grund und Boden haftende Gefälle hingeben. Ihre hohe und niedere Gerichts- barkeit fiel natürlich mit der neuen administrativen und richterlichen Organisation Frankreichs zu Boden; machte man doch hier und da von Seiten einzelner Municipalitäten den Versuch, die deutschen Lehens- herren als französische Bürger zu behandeln, sie in die Steuerlisten einzutragen und zu den gemeinsamen Lasten beizuziehen« !).

Es ist nun selbstverständlich, dass eine solche gewaltsame Be- raubung deutscher Fürsten, die einseitige Aufhebung jahrhundertlanger Rechte in ganz Deutschland einen Sturm der Entrüstung, entfesseln musste, und dass man nicht gewillt war, sie ohne weiteres ruhig hin- zunehmen. Dass ein Rechtsbruch der schlimmsten Art vorlag, darüber war man sich völlig einig, ein anderes war es aber, ob die französische Revolution auf Vorstellungen von deutscher Seite eingehen und das (teschehene rückgängig machen würde. Dafür war wenig Aussicht vorhanden, um so mehr, da die Unterthanen der geschädigten Fürsten die Verordnungen der französischen Kammer mit Jubel aufnahmen, die sie von ihren schweren Lasten befreite und sie zu freien Menschen machte. Auf Widerstand von Seiten dieser gegen die neuen Ver- fügungen konnten die geschädigten Landesherren daher kaum rechnen, einen bewaflneten Widerstand konnten sie der Durchführung der Ge- setze nicht entgegen stellen, und so mussten sie sich zunächst damit begnügen, in Paris gegen die Ausführung der Dekrete zu protestieren. Doch war hiervon nicht viel zu erhoffen. Bereits am 10. Dezember 1789 veröffentlichte der amtliche Moniteur an erster Stelle eine Note, welche scharf gegen die deutschen Fürsten vorging und ihnen klar machte, was sie zu erwarten hatten. Da heisst es:

»Das Gerücht befestigt sich, dass mehrere deutsche Kreise pro- testiert haben gegen die Dekrete der französischen Nationalversammlung bezüglich der herrschaftlichen Rechte, die einige Adelige innerhalb des Königreichs besitzen. Dieser Protest mag ein Akt der Klugheit sein von Seiten der auswärtigen Herren, welche nur Hochachtung haben

!, Häusser, Deutsche Geschichte I, 277.

für die souveränen Häuser, er ist aber auch wahrhaftig eine Miss- achtung gegen alle Völker der Welt. Man muss sie bedauern, dass sie so wenig die Rücksichten anerkennen, welche man einer freien Nation schuldet. Aber dieser Protest ist ein Akt der Unklugheit gegen die einheimischen Grossen, welche ihn gut zu heissen wagten, und gar ein Verbrechen gegen ihresgleichen, welche eine andere Meinung ab- gegeben haben. Jede diplomatische Spitzfindigkeit verschwindet vor der Hoheit der (esetze eines Volkes. Der Schritt der deutschen Kreise bezeugt, dass es auf der ganzen Welt unter gewissen Menschenklassen das unauslöschliche Merkmal einer unversöhnlichen Gesinnung giebt, welche auf der Angst vor der natürlichen Freiheit beruht« !).

Dennoch hofften die Fürsten mit ihren Beschwerden bei der Nationalversammlung endlich Gehör zu finden und erneuerten daher fortwährend ihre Klagen, zuletzt am 18. September 17902), ja sie wandten sich an die Person des Königs Ludwig XVI. selbst, von dem sie eine gerechte Behandlung erwarteten. Und wirklich schien ihre Hoffnung gerechtfertigt; denn Ludwig erhob seine Stimme zu ihren Gunsten und liess die Nationalversammlung wissen, dass hier Einkünfte und Rechte in Frage kämen, die auf Verträge sich stützten, und dass diese nicht einseitig aufgehoben werden könnten. Die Versammlung schien sich diesen Gründen nicht zu verschliessen, und so erliess sie denn am 28. Oktober 1790 das bekannte Dekret folgenden Wortlauts?):

»L’assemblee nationale, après avoir entendu le rapport de son comité féodal et de son comité diplomatique, considérant qu'il ne peut y avoir dans l'étendue de l'empire français d'autre souveraineté que celle de la nation, déclare que tous ses décrets acceptés et sanctionnés par le Roi ..... concernant les droits seigneuriaux et féodaux, doivent être exécutés dans les départements du Haut et du Bas-Rhin, comme dans toutes les autres parties du royaume.

Et néanmoins, prenant en considération la bienveillance et l'amitié qui depuis si longtemps unissent intimement la nation française aux princes d'Allemagne, possesseurs de biens dans lesdits départements, décrète :

Que le Roi sera prié de faire négocier avec lesdits princes une détermination amiable des indemnités qui leur seront accordées pour raison de droits seigneuriaux et féodaux supprimés par les dits décrets, et même l'acquisition des dits biens, en comprenant dans leur évaluation

‘) Moniteur 1789, 116, vom 16. Dezember. ?) Ib. 1790, 287, vom 19. Oktober.

- *) Duvergier, Collection complete des lois, deerets.... du conseil d'Etat I, 440. Moniteur 1790, 303, vom 30. Oktober.

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les droits seigneuriaux et féodaux qui existaient à l'époque de la réunion de la ci-devant province d'Alsace au royaume de France, pour être, sur le résultat de ces négociations, délibéré par l’Assemblée nationale dans la forme du décret constitutionnel du 22 mai dernier.« So hatte denn die französische Nationalversammlung wohl all- gemeine Versprechen für die deutschen Fürsten, aber trotz dem freund- schaftlichen Verhältnis, in dem sie so lange zu Frankreich gestanden, wurden sie auch nur mit solchen abgespeist ; bestimmte Gesichtspunkte für eine friedliche Einigung wurden nicht aufgestellt, und sie sind auch in der Folgezeit unterblieben, abgesehen davon, dass einmal der Plan auftauchte, die rechtlichen Verpflichtungen durch Assignaten abzulösen, worauf natürlich die deutschen Fürsten nicht eingehen konnten. Sie erklärten vielmehr ausdrücklich, dass jede Entschädigung für sie un- annehmbar sei, die nicht in Grundbesitz bestände!). Hieran änderte auch das freundliche Schreiben nichts, welches am 14. Dezember 1790 der neugewählte Kaiser Leopold II. an den französischen König richtete, in dem er die Wiederherstellung des Zustands beantragte, wie er vor den Beschlüssen vom 4.—11. August 1789 bestanden. Der Erfolg war ein negativer; denn die Antwort lautete, »das Reich sei bei der Sache gar nicht interessiert, und der ganze Kontlikt nur ein Streit der Krone Frankreichs mit ihren Vasallen, der am einfachsten durch friedliche Annahme der angebotenen Vorschläge sein Ende finde, wie man ja auch den Fürsten bereits Entschädigungen vorgeschlagen habe '). Letztere waren jedoch nicht gewillt, auf diesen Vorschlag einzugehen, und über- reichten daher dem deutschen Reichstage weitläufige Eingaben, in denen sie ihre Rechte ausführlich darlegten und das Reich um Schutz angingen.

Schon am 7. Januar 1790 hatte der durch die Umwälzungen am

meisten getroffene Oberrheinische Kreis folgende Beschlüsse gefasst:

1. Kaiserliche Majestät von den Beschwerden der gekränkten Stände, in gleichen des Adels und der Geistlichkeit und dem ihnen drohenden Verlust eine Anzeige zu machen, und aller- höchst dieselbe um ihren Beistand unter dem Beitritt des Reichs zu bitten:

2. den kurrheinischen, schwäbischen, fränkischen und westfälischen Kreis aufzufordern, mit ihm gemeinsame Sache zu machen, zugleich

3. die beschwerten Reichsstände anzuweisen, einstweilen nichts zu versäumen, um durch Unterhandlungen mit dem franzö- sischen Hofe den ihnen bevorstehenden Verlust abzuwenden ...*).

1) Häusser, deutsche Geschichte I, 281. Berghaus, Deutschland vor 50 Jahren I, 65. ?) Reuss, Teutsche Staatskanzley, 24, 342.

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Am 1. April erfolgte eine Beschwerde des deutschen Ordens an den Reichstag, in der es u.a. heisst:

Die Ordenskommende Lothringen betreffend, ist in dem zwischen damals regierender kaiserlicher Majestät und der Krone Frankreich unterm 28. August 1736 über die Abtrettung des Herzogtums Loth- ringen zu Wien geschlossenen Vertrag verabredet, dass allen geistlichen Corporibus die innehabende Güter mit ihrem rechtmässigen Eigenthum sollten belassen, und sie bey ihren bisherigen Freyheiten erhalten werden; und in dem sogenannten Wiener Frieden wurde Art. 18 diese Vertragsbedingniss wiederholter bestättigt, und von der Krone Frank- reich die Verbindlichkeit übernommen, namentlich die in Lothringen und Baar gelegene Besitzungen des Ordens bey ihrer vorherigen Ver- hältniss unangefochten zu belassen, so, dass das Eigenthum des Ordens nebst den solchen anklebenden Rechten und Nutzungen auch in diesen Landen durch einen feyerlichen Nationalvertrag alle gesetzmässige und verbindliche Konsistenz erhalten hat. Dass aber Verträge und Friedens- schlüsse unter Völkern heilig und unverletzlich seyen, dass alle den- selben einverleibte Bedingnisse unverbrüchlich gehalten werden müssen, dass solchen von einem der kontrahirenden Theilen willkührlich und einseitig nicht entgegen gehandelt werden könne, ohne dass derselbe sich eines gehässigen Friedensbruches schuldig mache; dieses sind in der allgemeinen Uebereinstimmung aller gesitteter Völker so fest ge- gründete Sätze, dass es gewiss eine überflüssige Arbeit seyn würde, solche weiter ausführen, und beweisen zu wollen. Nichts destoweniger hat die französische Nationalversammlung ..... sich nicht entsehen, ihre Verfügungen auch über die in Elsass und Lothringen possessionirte Reichsstände auszudehnen, das durch so viele Friedensschlüsse garan- tirte Eigenthum des deutschen Ordens anzugreifen

Am 28. Dezember 1790 wurde dem Reichstage in Regensburg ein Schreiben der fränkischen Kreisversammlung vom 2. März übergeben, das folgendes ausführt:

Verschiedene ansehnliche Mitglieder des deutschen Staatskörpers, sonderheytlich bey diesem Reichs-Creise der hohe deutsche Orden in Ansehung seiner Besitzungen im Elsass und Lothringen, das fürstliche Haus Löwenstein-Wertheim wegen der Herrschaft Scharfeneck im Elsass, und wegen der Grafschaft Püttlingen in Lothringen .... sind durch die nicht ungegründete Besorgniss beunruhigt, es möchte die drohende Ausdehnung vorgedachter Abschlüsse dabey in Absicht geführet und den Heichsständischen unverlierbaren Besitzungen sich zudringlich

1) Reuss, Teutsche Staatskanzley, 25, 321.

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senähert werden, welches zur natürlichen Folge hätte, dass die Grundlage der deutschen Reichs-Constitution gegen die Vorschrift des zwischen Kaiser, dem deutschen Reiche und der Crone Frankreich bestehenden Westphälischen Friedens und der nachgefolgten Staatsverträge, welche nur höchstbelobte Crone selbst garantiret hat, und die in allem Er- trage für allzeit unverletzlich seyn und bleiben sollten, bey dem gegen Erwartung eintretenden Falle erschüttert und zum Theil ganz um- gestürzt werden müsste. Eine hochansehnliche Reichsversammlung wird sich von selbst überzeugt finden, dass der den deutschen Reichs- ständen sich darob zu leidende Verlust unersetzbar wäre, wenn der französische Hof sonderheitlich über den Westphälischen Frieden, als die Schutzwehre gegen alle gewaltsame Einbrüche in die deutsche Reichs-Verfassung hinaus weichen und den allgemeinen Reichs- verband zertrümmern, oder auch nur zum Theil auflösen wollte ').

Eine Eingabe des Markgrafen von Baden aus dem Anfange des Jahres 1791 gibt dem Reichstage in $ 23 zu wissen:

Seit den bekannten Dekreten der Nationalversammlüung vom 4. August 1789 et seq. masset sich die Französische Nation an, sowohl in Rodemachern und seinen Abhängigkeiten, als auch in den Badischen Besitzungen am linken Ufer des Rheins, eine ganz unbeschränkte Ober- herrschaft auszuüben, und den Herren Markgrafen, nicht nur Ihre Reichsunmittelbarkeit; sondern selbst Ihre Privatrechte, auf alle nur ersinnliche Weisse zu beeinträchtigen. Die Departements, und selbst die Unterthanen, setzte Vögte und Vorgesetzte ab; errichten Munizipal- Magistrate, und sogenannte Friedensrichter ; nehmen die Registraturen und Archive in ihre Gewalt; bemächtigen sich der Jagden und Fischereyen: binden sich zu sogenannten Nationalgarden, und versagen ihrem Fürsten und Herren nicht nur allen Gehorsam, sondern selbst alle Achtung. Sie machen die klärsten Rechte streitig, versagen die Zehnden, Bannrechte, Salzrechte, Schutz- und Schirmgelder und viele andere, uralte bestgegründete Abgaben, welche die Nationalversammlung selbst, ohne die mindeste Rücksicht, durch ihre Dekrete aufzuheben sich ermächtigt hat. Was aber auch diese, mit keinem Schein des Rechts zu vertheidigende Dekrete nicht aufzuheben und zu vernichten gewagt haben, das will die Nation, nach, von ihr festgesetzten Preisen, durch vermeintliche Käufe, dem Herrn Markgrafen abdringen, und, gestützt auf die Gewalt, gehen die Unterthanen selbst noch überall weit über diese Dekrete hinaus, ohne dass die, durch viele Umschweife anzurufende, neue Gerichte, mit einer thätigen Hülfe, dem äussersten

') Reuss, Teutsche Staatskanzley, 26, 268.

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Willkühr und der unbescheidensten Zügellosigkeit Schranken zu setzen im Stande wären, und die desswegen in Paris gemachten dringenden Vorstellungen und Ausführung der Badischen Rechte, sind ohne Antwort geblieben... ...

Da von der Seite Frankreichs keiner Vorstellung Platz gegeben wird: so dauern bis auf jetzt, alle die bisher erzählten Beeinträch- tigungen nicht allein noch immer fort; sondern sie vermehren sich täglich noch so sehr, dass das Markgräflich Badische Haus, sich beynahe sanz aus dem Besitz Seines, in vorstehender Ausführung so gründlich dargelegten, in dem urältesten Reichsverband stehenden Eigenthums und Seiner theuern Rechte, gesetzt zu sehen, billig befürchten muss!).

I.

Bei den Verhandlungen des deutschen Reichstags über diese Eingaben, die am 9. Mai 1791 begannen, berichtete der Kurmainzische Gesandte über die Beschwerde der Fürsten und fasste seine Aus- führungen schliesslich in 5 Fragen zusammen: |

1. Alles, was in Frankreich gegen die im Elsass angesessenen

Stände Deutschlands und gegen die Ritterschaft dieser Provinz in Bezug auf ihr Eigentum, wie auf ihre weltlichen und geist- lichen Rechte und Gerechtigkeiten unternommen worden ist, muss es nicht als ungesetzlich, als nichtig und als ein Frevel gegen die bestehenden Verträge angesehen werden ?

2. Alle Distrikte des Elsass, die durch den westfälischen Frieden und fernere Verträge Frankreich unterworfen worden sind.... müssen sie nicht betrachtet werden, als machten sie noch Teile des deutschen Reiches aus?

3. Deutsche Stände, die im Elsass angesessen sind, haben sie, indem sie stillschweigend oder ausdrücklich die französische Oberhoheit anerkannten, den Rechten des Reiches Nachteil zufügen können, und können Uebereinkünfte dieser Art noch angerufen werden, seitdem das französische Volk erklärt hat, dass es selbige nicht mehr als verpflichtend betrachte?

4. Ist überhaupt das deutsche Reich nicht befugt, alle Verträge für null und nichtig anzusehen, durch die von Deutschland Provinzen abgetrennt worden sind, um mit Frankreich vereinigt zu werden ?

5. Welche Mittel sind zu ergreifen, um die Besitzungen, sowie die geistlichen und weltlichen Rechte und Gerechtigkeiten,

') Reuss, Teutsche Staatskanzlev, 29, 96.

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welche deutschen Reichsständen gehören, die niemals der fran- zösischen Oberhoheit unterworfen gewesen, mit Erfolg zurück- zufordern, und welchen Ausweg hat das Reich, in seiner Eigenschaft als Bürge, in Ansehung derjenigen Stände vorzu- schlagen, welche jener Oberhoheit unterworfen worden sind?!) Für die Behandlung dieser Fragen wurde zunächst der 20. Juni festgesetzt, doch bei der Langsamkeit, mit welcher der Reichstag arbeitete, kam die Sache erst am 4. Juli zur Sprache, und es zeigte sich jetzt, wie schwer es war, selbst über so klar liegende Gegenstände ein ein- stimmiges Urteil herbeizuführen: denn die grossen Fürsten hatten andere Interessen im Auge als die kleinen. Die geistlichen Herren waren für eine ganz scharfe Sprache Frankreich gegenüber, während die weltlichen ein möglichst zahmes Gutachten wollten; so stritt man sich denn Tagelang über ganz untergeordnete Punkte, und schliesslich drohte noch alles im Sande zu verlaufen, als in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli vom Kaiser die Botschaft einlief, dass Ludwig XVI. einen Fluchtversuch gemacht habe, gefangen und vorläufig seiner Würde entsetzt sei; jetzt habe sich die Lage derart geändert, »als es nun völlig an einem Organ fehle, an welches die vom Reichstage beab- sichtigte Vorstellung gerichtet werden sollte. Hoffentlich werde man dem Kaiser nicht zumuten wollen, dass er hierdurch in ganz Europa den Vorgang machen solle, den König als abgesetzt anzusehen und bei einer etwa aufgestellten Kronverwaltung ein kaiserliches Reichsschreiben abzugeben, anderer Bedenken zu geschweigen, welche sich von Tag zu Tag ändern könnten« ?). Aber merkwürdiger Weise liess sich dies- mal der Reichstag durch den Kaiser nicht bestimmen, das angefangene Werk bei Seite zu schieben, vielmehr war bis Mitte August ein weit- schichtiges Reichsgutachten fertig gestellt; doch erst am 10. De- zember 1791 erhielt dieses die kaiserliche Unterschrift, und daran anknüpfend wandte sich der Kaiser zum zweiten Male an Ludwig XVI, hob noch einmal das sonnenklare Recht der deutschen Reichsfürsten hervor und gab der Erwartung Ausdruck, dass die seit dem August 1789 eingetretenen Veränderungen aufgehoben, und der alte Zustand wieder hergestellt werde”) natürlich auch jetzt ohne jeden Erfolg. Wohl lief am 15. Februar 1792 ein weiteres Schreiben des französischen Königs an den deutschen Kaiser ein, in dem das Anerbieten des französischen Volkes, mit den Fürsten in Unterhandlung zu treten wegen der Entschädigungen. wiederholt wurde; doch wurde die For- 1) Berghaus a. a. 0. I, 66. Häusser I, 281. ?) Häusser I, 284 21: Ib: I; 28.

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derung, den früheren Zustand voll und ganz wieder herzustellen, kurz von der Hand gewiesen als unvereinbar mit der französischen Ver- fassıng; man wolle aber bei der Festsetzung der Entschädigung auf den Verlust Rücksicht nehmen, den die Fürsten durch den Nichtgenuss eines Teiles ihrer Einkünfte seit dem 1. August 1789 erlitten hätten '). Infolgedessen traten einige Reichsfürsten mit der französischen Re- sierung in Unterhandlungen, um wenigstens etwas aus dem Schiffbruch zu retten, da sie wahrscheinlich trotz aller Beschlüsse des Reichstags und dem guten Willen des Kaisers an der Hoffnung verzweifelten, voll und ganz in die alten Gerechtsame wieder eingesetzt zu werden. In erster Linie waren es zwei im heutigen Lothringen angesessene und begüterte Herren, die Fürsten von Salm-Salm und von Löwenstein- Wertheim, die mit Frankreich unterhandelten, und ihre Geschäftsführer unterzeichneten am 29. April 1792 in Paris eine gleichlautende Ueber- einkunft des Inhalts, dass die Entschädigung für die herrschaftlichen und Lehensgerechtsame, sowie die nicht lehnbaren Zehnten, in deren Genuss diese Fürsten in Elsass und Lothringen sich befanden, nach dem Anschlage ihres Ertrages zu 3 °/o kapitalisiert gezahlt werden sollten. Dagegen verzichteten jene ihrerseits auf jegliche Entschädigung für diejenigen herrschaftlichen und Lehensrechte, welche nur Ehren- rechte waren?). Selbstverständlich hat das französische Volk diese Verträge nie zur Ausführung gebracht.

Während dieser Zeit machten sich in Deutschland an verschiedenen Punkten Anzeichen geltend, dass die Lehren der französischen Revolu- ion auch hier anfingen, Anhänger zu finden. Es kam in mehreren kleinen Staaten zu Ausschreitungen gegen die Landesherren, winzige Aufstände folgten, und man musste daher ernstlich besorgen, dass diese bis jetzt noch lokalen Vorkommnisse auch weitere Kreise ergreifen würden. Die abschüssige Bahn, auf der die Ereignisse in Paris unauf- haltsam weiter trieben, die Behandlung, welche der königlichen Familie zuteil wurde, liessen allmählich den Gedanken aufkommen, mit den Waffen in der Hand die Revolution zu bannen, wenigstens sie in engere Grenzen zurückzuführen, und die deutschen einflussreichen Kreise wurden hierbei unterstützt durch die zahlreichen französischen Emi- granten, die vor allem Coblenz, die Residenz des Kurfürsten von Trier, zum Sammelpunkt gemacht hatten und den Hass gegen die umstürz- lerische Revolution nach Kräften schürten. Wohl suchte letztere mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln gerade diese Gegnerschaft zu vernichten. Die verschiedensten Verordnungen wurden erlassen mit

') Berghaus I, 68. ?) Moniteur 1792, No. 140. Vergl. auch Berghaus I, 68.

der Aufforderung, nach Frankreich zurückzukehren; es wurde nicht nur gedroht, die Güter der Emigranten als Staatseigentum einzuziehen und zu Gunsten der Staatskasse zu veräussern, sondern diese Drohung wurde auch ausgeführt. Schliesslich erliess der Nationalkonvent am 25. Brumaire des Jahres II (15. November 1793) das bekannte Gesetz über die Emigranten, welches auch auf die okkupierten und besetzten Lande ausgedehnt wurde. So wurden alle diejenigen, welche seit der von den Einwohnern begehrten Vereinigung mit der Republik die Lande verlassen hatten und nicht innerhalb 3 Monaten nach der erfolgten Vereinigung zurückgekehrt waren, als Emigranten angesehen, zum Tode verurteilt und ihre Güter eingezogen. Doch ging man bald noch einen Schritt weiter und wandte das Gesetz in aller Schärfe auch auf die- jenigen an, welche aus den früheren Reichsländern vor der Annexion gellohen und im Innern Deutschlands eine neue Heimat gesucht und gefunden hatten; ja man scheute sich nicht, sogar die alten Herrscher der besetzten Gebiete und ihre Dienerschaft den Bestimmungen des Ge- setzes zu unterwerfen !).

Kam es zum Kriege mit Frankreich, der nach der allgemeinen Ansicht für Deutschland nur glücklich auslaufen konnte, so hoffte man durch ihn ein Dreifaches zu erreichen: 1. die Revolution zu vernichten, 2. den französischen König wieder einzusetzen und 3. die geschädigten Reichsstände in ihre geraubten Besitzungen zurückzuführen, ihnen ihre sämtlichen genommenen Rechte wiederzugeben und den revolutionären Geist in Deutschland völlig zu bannen. So kam es denn bereits am 7. Februar 1792 in Berlin zu einem Vertrage zwischen Oesterreich und Preussen, in dem sich beide Parteien verpflichteten zu gegenseitiger Hülfe, und sich ihren augenblicklichen Besitzstand garantierten. Ueber die Frage, welche Forderungen man an Frankreich stellen sollte, kam es jedoch schon zu Meinungsverschiedenheiten; denn während der Kaiser vorschlug zu verlangen: Zurückziehung der Heere von der Grenze, Herstellung der geschädigten Reichsfürsten, Rückgabe des dem Papste entrissenen Avignon, Anerkennung der bestehenden Verträge, Sicherheit des Königs und seiner Familie und Verhinderung republikanischer Be- strebungen, verlangte Preussen, die zwei letzten Punkte zu streichen, um den König von Frankreich nicht in grössere Gefahr und in den Verdacht der Mitwisserschaft zu bringen, und es stellte seinerseits die Forderung auf, dass der Jakobinerklub aufgelöst werde ?).

') Geheimgeschichte der Rastätter Friedensverhandlungen 6, 96.

2, Häusser I, 335.

266

Während über diese Punkte noch zwischen den beteiligten Kabi- netten verhandelt wurde, starb plötzlich und unerwartet am 1. März 1792 der Kaiser Leopold, und sein Nachfolger Franz Il, ein junger kriegs- lustiger Mann, erneuerte nicht nur den Vertrag mit Preussen, sondern wusste auch durch seine Massnahmen die Kriegsbegeisterung in Frank- reich so zu steigern, dass bereits am 20. April der König Ludwig XVI., wenn auch ganz gegen seinen Willen, in der Nationalversammlung den Antrag stellte, den Krieg an den König Franz von Ungarn und Böhmen zu erklären, und die Versammlung nahm mit beispiellosem Jubel diesen Antrag an. So mussten denn, nachdem die Diplomatie nichts hatte erreichen können, die Waffen entscheiden. Zwar war Frankreich für einen grossen Krieg fast gar nicht vorbereitet, und die ersten Ereignisse liessen nur zu bald erkennen, dass es blindlings sich in ein Unter- nehmen gestürzt, dem es durchaus nicht gewachsen war. Anderseits aber konnten die zahlreichen Misserfolge und Niederlagen, welche die französischen Waffen erlitten, den seit dem 20. September 1792 am Ruder befindlichen Nationaleonvent nicht einschüchtern und von der einmal beschrittenen Bahn ablenken. Selbst in schwieriger Lage, überall bedrängt von den siegreichen Heeren der Verbündeten, suchte er auch weiter die Menschheit mit den Errungenschaften der Revolution zu beglücken, und grade der Kriegszustand, in dem man sich mit Deutschland befand, gab eine willkommene Handhabe, um neue nach- haltige Schläge dem morschen Deutschen Reiche zu versetzen. Bis jetzt waren durch den Gang der Revolution zwar deutsche Reichsfürsten in ihren Rechten und Einkünften schwer geschädigt, aber doch nur in so weit, als ihre Besitzungen unzweifelhaft unter französischer Ober- hoheit gestanden, und die Massnahmen der Gewalthaber in Paris waren nur darauf hinausgegangen, alle ihre unmittelbaren und mittelbaren Unterthanen nach dem Gesetze gleich zu behandeln, und ihnen sämt- lich die Vorteile der neuen Zeit zuzuwenden. An den wirklichen deutschen Reichsgebieten im heutigen Lothringen halte man sich noch nicht vergriffen, so sehr man diesen Besitz auch begehrte, und die Selbständigkeit dieser Kleinstaaten war noch nicht angetastet worden. Das wurde jetzt mit einem Male anders; die französische Nation lag mit dem Kaiser und, nach ihrer Ansicht, auch mit dem Reiche im offenen, ehrlichen Kampfe, und jetzt konnte man auf dem Wege der Eroberung oder durch andere Mittel diese für Frankreich so wichtigen Bindeglieder zwischen dem Elsass und dem übrigen Reiche erwerben und der Nationalkonvent zögerte auch nicht lange, um zum Ziele zu kommen.

u.

IV.

Bereits am 19. November 1792 erliess der Nationalconvent das bekannte Dekret, durch welches er allen Völkern, die ihre Freiheit wieder erwerben wollten, brüderliche Hülfe versprach '), und schon am 17. Dezember folgte die Proklamierung der Freiheit und Unabhängigkeit sämtlicher Nationen, mit welchen Frankreich bereits im Kriege lag, oder die es noch bekriegen wollte. In einem schwungvollen Aufrufe wendet sich das freie Volk an sie und ruft ihnen zu:

»Brüder und Freunde! Wir haben die Freiheit erkämpft, und wir werden sie behaupten! Wir erbieten uns, auch Euch dieses un- schätzbare Gut zu verschaffen, welches uns stets gebührte, und das unsere Unterdrücker uns nicht ohne Verbrechen haben rauben können. Wir haben Eure Tyrannen verjagt, zeigt Euch als freie Männer, und wir werden Euch schützen vor ihrer Rache, vor ihren Plänen und vor ihrer Rückkehr! Jetzt verkündet das französische Volk die Ober- hoheit des Volkes, die Aufhebung aller bürgerlichen und militärischen Gewalten, die Euch bis heute beherrscht haben, und aller Steuern, die Ihr tragt, unter welcher Form sie auch bestehen mögen; die Ab- schaffung der Zehnten, des Lehnswesens, der Herrenrechte betreffend Lehen und Abgaben, mögen sie unbeweglich oder zufällig sein, der Zwangsgerechtigkeiten, der Leibeigenschaft, der Jagd- und Fischerei- gerechtsame, der Salzsteuer, der Zölle und Abgaben, überhaupt aller Steuern, zu denen Ihr von Euren Bedrückern gezwungen waret: es ver- kündet auch bei Euch die Abschaffung des Adels, der Priesterherrschaft und der übrigen Vorrechte und Privilegien, die der Gleichheit entgegen- stehen. Ihr seid von diesem Augenblicke an Brüder und Freunde, sämtlich Bürger, sämtlich gleichberechtigt und alle gleichmässig berufen

Die Abgesandten der französischen Republik werden sich mit Euch ver- ständigen, um Euer Glück und die Brüderlichkeit zu sichern, die von nun an unter uns bestehen muss ?).

Es ist nun leicht verständlich, dass solche Sirenenklänge, solche Verheissungen von unbedingter Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einen tiefen Eindruck machen mussten auf die Unterthanen der kleinen deutschen Fürsten, die noch nach der Sitte der Altvorderen regiert, durch Steuern und Abgaben um so mehr bedrückt wurden, je kleiner das Ländchen war, und welche die Freiheit kaum von Hörensagen kannten. So konnte es denn nicht ausbleiben, dass überall im Lande sich die Unzufriedenheit regte, man offenen Auges auf die Vorgänge

1) Duvergier, 5, 50. °) Ib, 5, 82.

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schaute, die sich in Frankreich abspielten, und bei Vielen die Sehnsucht wach wurde, möglichst bald das Joch der Tyrannen abzuschütteln. So war denn der Boden für einen Abfall an Frankreich trefflich vorbereitet, und das Weitere wurde von der Revolution selbst besorgt. Ihre Agenten und Werber durchzogen die Grenzländer und schürten das Volk auf, sie schilderten die Errungenschaften der Freiheit in glänzenden Farben, drohten aber auch andererseits mit Gewaltmassregeln, mit kriegerischer Eroberung und Plünderung, und sie wussten aller Orten wenigstens ein kleines Häuflein zu veranlassen, ein Gesuch an den Nationalconvent aufzusetzen und um Aufnahme in die französische Nation nachzusuchen. Selbstverständlich wurde diesen Bitten auf der Stelle entsprochen, der Convent verfügte auf allgemeinen Wunsch die Einverleibung, die Gebiete wurden besetzt, und den entthronten Fürsten blieb nichts übrig als eine leere Verwahrung gegen diesen Länderraub und eine Beschwerde an das ohnmächtige Deutsche Reich. Mit welchen Mitteln die Revolution arbeitete, und wie sehr alles verdreht und ge- wendet wurde, um zum Ziele zu gelangen, davon geben uns die Ver- handlungen des Nationalconvents aus jenen Tagen ein klares und deutliches Bild. So rief z. B. Carnot in der Sitzung vom 14. Februar 1795, in der Petitionen aus den Gebieten von Kriechingen und Saarwerden zur Beratung standen, mit Pathos aus:

»Kaum wurde das Dekret vom 19. November 1792 den Ein- wohnern dieser Gegenden bekannt, als sie mit Eifer die Hoffnung er- griffen, die sich ihnen darbot, und sich beeilten, ihre Stimmen für die Vereinigung bei ihren Obrigkeiten abzugeben. Aber keine Plackerei wurde unterlassen von den Beamten der alten Herren, um diese Be- geisterung für die Freiheit zu unterdrücken. Die Patrioten erlitten alle Härten und alle nur möglichen Ungerechtigkeiten. Einige Gemeinden haben sogar noch nicht dazu kommen können, ihre Massenabstimmungen bekannt zu machen, nur die Gemeindebeamten haben im Namen ihrer Mitbürger ihre Zustimmung übersandt, und die sehr grosse Mehrheit der Einwohner hat ihre persönliche Stimme gesetzmässig und frei ab- gegeben für die Vereinigung. Der diplomatische Ausschuss hat geglaubt; dass Ihr nach Euren Grundsätzen und dem Dekret vom 15. November diesem Volke, welches sich in Eure Arme wirft, die Brüderlichkeit nicht verweigern könnt, und dass es eben so sehr Eurer Würde als Eurer Menschlichkeit entspricht, es der Wut seines Despoten zu entziehen !) —« Daher schlägt er denn zum Schluss die Vereinigung dieser Gebiete mit der französischen Republik vor, und noch am selben Tage erliess der

') Chastellux, Territoire du département de la Moselle, 102.

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Nationalconvent das Dekret, durch welches die Grafschaft Kriechingen, das Hanau-Lichtenberg’sche Amt Lemberg, die reichsritterschaftliche Herrschaft Assweiler und die Herrschaft Saarwerden !) der französischen Republik angegliedert wurden ?). Der Rest der Grafschaft Kriechingen, die Gemeinden Büdingen, Dentingen und den deutschen Teil von Lellingen umfassend, wurde durch Beschluss des Convents und im Namen des französischen Volkes, «quelle accepte le vœu librement emis par les citoyens des communes«, Frankreich einverleibt am 20. März 1793°). Weiter wurde durch Dekret vom 3. Frimaire des Jahres II (23. November 1795) die Herrschaft Diemeringen mit Frank- reich vereinigt und die Dörfer derselben dem Departement des Bas- Rhin zugeteilt), infolge dessen sie heute politisch noch zum Elsass gehören. Die letzten Reste des deutschen Reichsgebietes, von der Grafschaft Salm abgesehen, auf die wir gleich noch zurückkommen, die Deutschordenskommende Hundlingen, die saarbrückischen Dörfer Settingen und Diedingen und die dem Edlen v. Kerpen gehörige Herr- schaft Lixingen, gingen am 1. Oktober 1795 in Frankreich auf?), sodass von diesem Tage an das gesamte (rebiet des heutigen Lothringen im französischen Besitz sich befand.

Doch wusste die Republik nicht nur zu locken und lieb zu thun, sie konnte auch Gewalt anwenden, um die Widerstrebenden zu sich hinüberzuziehen. Schon am 8. Dezember 1792 hatte der Nationalconvent das Dekret erlassen, nach welchem die Ausfuhr von Mehl, Getreide u. s. w. unter den schwersten Strafen verboten war. So bestimmte der Artikel I des Gesetzes: L’exportation hors du territoire de la Ré- publique de toute espece de grains, farines et legumes secs est expres- sément défendue, à peine de mort et confiscation, moitié au profit du dénonciateur, moitié au profit des établissements publics de bienfaisance, et les lois relatives à cet objet continueront d’être exécutées). Nun war 2. B. die gefürstete Grafschaft Salm, völlig von französischem Ge- biete eingeschlossen und durch ihre Lage an den Abhängen der Vogesen

1) Dass solche Bittschriften häufig durchaus nicht den Willen des ge- samten Volkes ausdrückten, zeigt gerade diese Grafschaft. die in der grossen Mehrheit gar nicht danach trachtele, mit den Errungenschaften der Revolution beglückt zu werden, und die dem angestammten Herrscherhause mit verschwinden- den Ausnahmen treu ergeben war. »Die Franzosen wurden mit Grimm und selbst mit Erbitterung aufgenommen. Man hat zu steuern gehabt, um vom Morden ab-

zuhalten; ich kenne Ortschaften, die sich erboten, Franzosenköpfe gleich Sperlingen zu liefern«, sagt Gagern in seinen Erinnerungen. (Mein Anteil an der Politik 1. 34. 2), Duvergier, 5, 153. °) Ib. 5, 205. +) Lothringische_ Territorien, 172

5) Ib. 261, 186, 254. 6) Duvergier 5, 70.

nur wenig fruchtbar und ertragreich, vollständig auf die Getreidezufuhr von Aussen angewiesen. Infolge dieses tief einschneidenden Gesetzes hätten ihre Bewohner buchstäblich verhungern müssen. Sie suchten daher die für sie so harte Massregel zu mildern und wandten sich mit der Bitte an den Convent, zu ihren Gunsten eine Ausnahme eintreten zu lassen, doch verfügte dieser unterm 14. Februar 1793: »Sur la pe- tition de plusieurs citoyens de la principauté de Salm, tendant à ce qu'il füt fait en faveur de ce pays, exception au décret du 8 décembre dernier, concernant l'exportation des grains, la convention nationale dé- crète, qu'il n'y a pas lieu à deliberer« '). Daher zogen die Bewohner es, der Not gehorchend, vor, dem Deutschen Reiche den Rücken zu kehren und sich Frankreich anzuschliessen. So erfolgte bereits am 21. Februar 1793 der Beschluss sämtlicher salmscher Gemeinden, um Aufnahme in die französische Republik nachzusuchen). Selbstverständlich beeilte sich der Convent, diesem einstimmigen Wunsche des gesamten Volkes nachzukommen und verfügte bereits am 2. März 1795 »sur le vœu librement emis par le peuple souverain composant les communes de la ci-devant principauté de Salm, dans les assemblées primaires, pour la réunion de la République francaise«, dass sie diesen Wunsch erfülle, das frühere Fürstentum Salm mit Frankreich vereinige und dasselbe vorläufig dem Vogesen-Departement zuteile?).

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Es ist nun leicht begreiflich, dass die auf solche Weise ent- thronten Herrscher nicht abwarteten, bis ihnen das Haus über dem Kopfe brannte, sondern dass sie sich, so gut es ging, rechtzeitig mit ihren Familien und Beamten zu retten suchten. Für die Fürsten, welche ausserhalb der französischen Grenzen noch souveräne Gebiete hatten, war eine Verlegung der Residenz ja nicht schwer zu bewerk- stelligen. Als einer der ersten verliess bereits am 15. August 1791) der Fürst von Salm seine Hauptstadt Senones und begab sich in die im westfälischen Kreise gelegene Reichsherrlichkeit Anholt, die durch Erbschaft an sein Haus gekommen war; von hier aus regierte er in der Folgezeit seine Lande, soweit sie ihm die Revolution nicht ent- rissen.

Dieser vollständig beglaubigten Thatsache gegenüber steht ein Bericht des Moniteur in No. 134 des Jahres II, nach welchem die

') Duvergier, 5, 153. ?) Lothringische Territorien, 145. ?) Duvergier 5, 178.

+) Haller, Geheimgeschichte 6, 96. Die Angabe in den Lothringischen Terri- torien 145 (März 1790) ist demnach falsch.

Fürsten von Salm-Salm und Hohenlohe am 9. Pluviose im Haag auf den Glacis mit einem Generaladjutanten des Generals Clairfait sefangen genommen und nach Paris gebracht wurden. Sie hatten vorher ver- sucht, nach England zu entkommen, indem sie den Kapilänen eines amerikanischen und dänischen Schifles zu diesem Zwecke eine grosse Geldsumme angeboten hatten. Aber diese braven Leute, sagt der Moniteur, hatten geantwortet, dass sie mit Frankreich nicht im Kriege lägen und deshalb nichts gegen dasselbe unternehmen würden; sie würden vielmehr die Neutralität genau beobachten.

Obgleich ich im Augenblick diesen Widerspruch nicht erklären kann, möchte ich doch auf jeden Fall eine Verwechselung annehmen; vielleicht handelt es sich um einen Angehörigen der Familie Salm- Reiferscheidt, die ja in den Niederlanden angesessen war, vielleicht gar um den später zu nennenden Fürsten Friedrich von Salm-Kyrburg.

Auch der Fürst von Leiningen verliess beim Ausbruch der Revo- lution seine lothringischen Lande und nahm zunächst in Dürkheim, seiner gewöhnlichen Residenz, jetzt ständigen Aufenthalt. Beim ersten Ansturm der Franzosen im Jahre 1792 hielt er daselbst noch aus, begab sich jedoch bald darauf nach Mannheim, um in seine an- gestammten Besitzungen nicht wieder zurückzukehren. »Die fürstliche Familie hatte in diesen schweren Zeiten, die sie ausserhalb ihres Landes zubringen musste, manche Drangsale zu erdulden, doch kämpfte sie der Fürst männlich und standhaft durch').«

Noch schlimmer erging es dem regierenden Fürsten Ludwig von Nassau-Saarbrücken, der unter den ersten die Folgen der grossen Um- wälzung in Frankreich zu tragen hatte. Schon durch die frühesten Dekrete der Nationalversammlung war er schwer getroffen worden, da sie ihn seiner Rechte und Einkünfte aus dem Gebiete der Abtei Wad- gassen beraubt hatten, doch war sein Protest hiergegen sowohl bei der Verwaltung in Metz als auch in Paris nicht beachtet worden”). Nicht besser erging es seinen Eingaben im folgenden Jahre‘). Trotz- dem war der Fürst redlich bemüht, so viel an ihm lag, mit den fran- zösischen Gewalthabern auf gutem Fusse zu bleiben, und er hatte auch insoweit Erfolg, dass er wiederholt als Freund und Allirter der Re- publik bezeichnet wurde, dem kein Haar, seinen Unterthanen kein Grashalm gekrümmt werden sollte*). Keine Emigrirten duldete er in seinen Landen, und den ausgewanderten Franzosen wurde nur ein

1) Brinckmeier, Geschichte des Hauses Leiningen 1, 308. ?) Moniteur 1791, No. 60. 3%) Ib. 1792, 130. *, Horstmann, Die Franzosen Im Saarbrücken

und den deutschen Reichslanden 28.

212

Aufenthalt von 24 Stunden gestattet!). Im Gefühle der vollständigen Sicherheit blieb die fürstliche Familie ruhig im Lande auf ihrem Schlosse zu Neunkirchen, anstatt sich rechtzeitig über den Rhein zu flüchten. Trotzdem rückten zu Anfang des Jahres 1793 französische Heere, in erster Linie die sogenannte Moselarmee, in Saarbrücken ein und be- gannen sofort, sich als Herren zu benehmen. »Alles, was der Fürst und Privatleute an Fourage und Früchten missen konnten, wurde den Franzosen überlassen, welche ihre leeren Magazine damit anfüllten. Französische Deserteure, die sich ins Nassau’sche flüchteten, wurden entwaffnet und ihre Armaturstücke der Nation ausgeliefert . Kurz, Fürst und Unterthanen beeiferten sich, alles zu thun, um die Freundschaft mit der Nation, welche die Politik befahl, fest zu knüpfen und fest zu halten« ?). Da erfolgte bereits zu Anfang Februar der Be- fehl des Generals Laudremont, der Fürst solle seine Haustruppen ent- waffnen und deren Gewehre und alle Vorräte, die noch in den Arse- nalen lagen, der Republik ausliefern, und um des lieben Friedens willen leistete man diesem Verlangen Folge*). Am 14. Mai. beab- sichtigte der Fürst, welcher heftig an der Gicht litt, sich nach Baden- Baden zu begeben, und er hatte seine Abreise auch dem französischen Befehlshaber in Saarbrücken angezeigt. Da wurden am 13. Mai sämt- liche Regierungs- und Kammerräte zusammen gerufen und ihnen eröffnet, dass Fürst, Dienerschaft und Land als Feinde der Republik erklärt seien; die öffentlichen Behörden wurden aufgelöst, ihre Amtszimmer versiegelt und die Räte selbst in Gewahrsam genommen 4). Zu gleicher Zeit wurde eine starke Truppenmacht nach Neunkirchen abgesandt, um die ganze fürstliche Familie im Augenblicke der Abreise gefangen zu nehmen und ihre Schätze und Kostbarkeiten mit Beschlag zu be- legen. Doch glückte der Fang nicht vollständig, da der Fürst bereits in der Frühe des 13. Mai abgefahren war, und der Erbprinz in der letzten Minute noch die Flucht ergreifen und sich in das preussische Lager in Sicherheit bringen konnte). Die Erbprinzessin dagegen geriet in die (rewalt der Franzosen, wurde zunächst nach Metz, dann nach Paris geführt, wo sie in Haft gehalten und erst zu Anfang des Jahres 1796 mit den Grafen von Leiningen -Westerburg gegen den französischen Minister Beurnonville, der in die Hände der Oesterreicher gefallen war, ausgeliefert und in Freiheit gesetzt wurde®). Gnädiger Weise war ihr aus den Einkünften des fürstlichen Vermögens jährlich eine Summe ‘) Horstmann, Die Franzosen in Saarbrücken und den deutschen Reichs-

landen, 46° —: 2) Ib.-46. ®) Ib.:28. —.#) Ib,A8 2 m, IE 5) Brinckmeier a.a. 0. 2, 286, 289.

at

von 12000 Franks angewiesen '): ob sie dieselben jedoch erhalten hat, ist mehr als zweifelhaft.

Die Folge dieses Vorgehens der Franzosen war zunächst die Ein- ziehung der Güter des Fürsten, dann die Einverleibung seiner Länder in die Republik. Am 2. Juni 1793 erliessen die Gewalthaber in Metz eine Proklamation an die Bewohner des Saarbrücker Landes mit der Ueberschrift: »Paix aux chaumieres, guerre aux chäteaux«, in welcher die gröbsten Lügen gegen den Fürsten vorgebracht wurden, um das Vorgehen der Franzosen zu rechtfertigen. In dieser heisst es:

Quelques-uns des ces roitelets mirent plus d’art dans leurs dé- marches: plus pres des armées françaises, ils pouvaient être plus promptement punis: ils surent, sous le voile de la neutralité, satisfaire d'une manière plus perfide ce que leur haine leur inspirait contre la nation francaise, et ce que la prudence attendait d'eux. Ils de- vinrent les espions de leurs confrères, et se promirent de faire ainsi tourner contre les Français la protection même qu'ils en recevraient. Tel est le rôle dont le prince de Nassau et sa famille n'ont rougi de se charger: profitant du séjour des troupes françaises dans les pays de Nassau, tantôt on les voyait, soit par eux, soit par leurs agents. chercher à répandre les bruits les plus alarmants et les propres à porter le trouble et le découragement parmi des troupes qui n'auraient pas été embrasées d'un patriotisme aussi pur; tantôt, abusant de notre facilité à conserver des généraux ou traitres ou troup peu prononcés, profiter de l’ascendant qu'ils prenaient sur eux pour sauver des hommes que la vengeance nationale poursuivait. Témoins de nos forces, de nos positions et de nos mouvements, c'était toujours par eux que nos ennemis étaient instruits . . . .?).

Währenddem hatte sich der Fürst von Saarbrücken auf das rechte Rheinufer geflüchtet und lebte zunächst bis zum Ende des Jahres 1793 in Mannheim. Als er jedoch infolge des Vorrückens der Franzosen sich hier nicht mehr sicher genug hielt, begab er sich nach Aschaffen- burg, der damaligen Residenz des Kurfürsten von Mainz. wo er am 2. März 1794 starb*), seine Ansprüche auf die saarbrückischen Lande seinem Sohne Heinrich hinterlassend, der jedoch, ohne in den Besitz des Erbes gelangt zu sein, im Jahre 1797 als der letzte seines Stammes aus dem Leben schied und von Nassau-Usingen beerbt wurde).

!) Horstmann 114. ?) Horstmann 111. °) Unterhaltendes Schauspiel nach den neuesten Begebenheiten des Staates, der Kirche . . ., vorgestellt 1794, 338. #) Lancizolle, Uebersicht der deutschen Reichs-, Bundes- und Territorial-

verhältnisse 69.

ee

Das gleiche Schicksal, wie dem Fürsten von Saarbrücken, war auch seinem Nachbarn, dem Grafen v. d. Leyen zu Blieskastel, be- schieden. Gegen ihn und besonders gegen seine Gemahlin Sophie Therese, in den französischen Dekreten kurzer Hand »la dame Lalaven« senannt, wurden dieselben Anschuldigungen erhoben, dass sie mit den Feinden unter einer Decke gesteckt hätten, ein Arrestbefehl gegen leztere wurde erlassen, ihre Güter unter Sequester genommen und die Einkünfte aus denselben zu Gunsten der Staatskasse eingezogen, während allen Unterthanen verboten wurde, »de s’immiscer à l'avenir dans cette sestion, et d'en détourner le plus petit objet, sous peine d’être traités comme des spoliateurs, et poursuivis comme ennemis de la nation par- tout l’on pourra les saisir!)». Der Graf mit seiner Familie hatte sich rechtzeitig nach Hohengeroldseck zurückgezogen und war so den französischen Häschern entgangen.

Die merkwürdigste Gestalt unter den deutschen Herren im heutigen Lothringen ist ohne Zweifel der Fürst Friedrich von Salm-Kyrburg. Trotz seiner deutschen Nationalität trat er von Anfang an auf fran- zösische Seite über, wurde von Lothringen als Deputirter in die kon- stituirende Nationalversammlung gesandt und zeichnete sich von vorn- herein durch seine radikale Gesinnung aus. Besonders heftig sprach er in der Sitzung vom 11. September 1789 gegen die Sanktion des Königs und griff hierbei in erster Linie Mirabeau scharf an. Nach langen Abschweifungen giebt er in hochtönenden Ausdrücken einen seschichtlichen Ueberblick über den Gang der Ereignisse, um zu be- weisen, dass das französische Volk würdig sei, in Freiheit zu leben. Das Wohl desselben ist ihm der erste Beweggrund, vor dem alles andere zurücktreten muss, und dies sucht er an dem Beispiel des Sokrates zu beweisen. Schliesslich erklärt er sich durchaus gegen die Sanktion des Künigs?). Im folgenden Jahre finden wir ihn in den österreichischen Niederlanden, wo, durch die übereilten Reformen Josefs I. veranlasst, eine allgemeine Revolution ausgebrochen und nach Art der (ranzösischen überall Freiheit und Gleichheit verkündet worden war. Als der Kaiser am 20. Februar 1790 starb und Leopold, sein Nach- folger, sogleich die Erklärung abgab, dass er bereit sei, sich mit den Ständen zu versöhnen, war für die Stürmer und Dränger die Gefahr gross, dass mit der alten Regierung Ruhe und Frieden ins Land zurück- kehren könnten. Deshalb erliess der Fürst von Salm-Kyrburg am 18. März 1790 an die Stände von Brabant eine Proklamation, in der

1) Horstmann 113. ?) Moniteur 1789, 49.

er sich ihnen zunächst als Erbe des Vermögens und der Vaterlands- liebe des Fürsten Horn vorstellt und versichert, dass er dem Staate seinen Eifer, seine schwachen Kenntnisse und sein ganzes Vermögen anbiete: dann ergreift er die Gelegenheit, um einige Betrachtungen über die augenblickliche politische Lage anzustellen. »Kaum sinde, ruft er aus, »Eure Ketten zerbrochen, kaum erntet Ihr die Früchte eines Mutes und einer Thatkraft sondergleichen, da scheint Ihr schon nichts mehr zu fürchten. Wer möchte, wenn man Eure Unthätigkeit sieht, nicht behaupten, dass alle Gefahr vorüber ist, dass Eure Freiheit auf unerschütterlicher Grundlage beruht, dass Ihr nichts mehr zu fürchten habt, weder die Erben des früheren Herrschers, noch aus- wärtige Mächte. Ohne Zweifel werdet Ihr nichts zu fürchten haben, so lange Ihr einig seid. Eure gemeinsamen Kräfte werden ringen gegen mächtige Heere, der Gott der Schlachten wird sichtbar für Euch kämpfen, wenn Ihr Eure Freiheit verteidigt! Ich zweifle nicht an Eurem Mute, nicht an Euren Erfolgen. Der belgische Löwe, der lange geschlafen, hat in seinen Ketten gebrüllt. Sein drohendes und schreckliches Gebrüll hat die Begeisterung angekündigt, mit der er seine Ketten zerbrach. Ohne Zweifel wird er nicht wieder in seinen Todesschlaf verfallen: er will nicht gesiegt haben, ohne Teil zu nehmen an dem Siege, und weise Einrichtungen und nützliche Vorsichtsmass- regeln werden das grosse Werk seiner Freiheit vollenden. Um aber dies zu erreichen, ist die Einheit unter allen Teilen dieses grossen Körpers das beste und sicherste Mittel. Erklärt deshalb auf gesetz- mässige und rechtliche Weise, dass die Souveränität auf dem Volke beruht, dass die Belgier in dieser Beziehung zurückgekehrt sind zu den unverjährbaren Rechten aller Völker .... Wacht für die Sicherheit der Nation, schafft zahlreiche Volksheere! Eure reichen, gewaltig be- völkerten Gebiete werden mehr Verteidiger des Vaterlands liefern, als nötig sind. Zieht zu Eurem Dienste reguläre Truppen heran, aber hütet Euch, sie von einer zu mächtigen Hand zu nehmen, diese Dienste würden Ketten sein, und Ihr habt die früheren sicherlich nicht zer- brochen, um neue zu tragen! Wenn der Staat so nach aussen hin geschützt ist, könnt [br an Eurer Verfassung arbeiten. Zu diesem Zwecke ernennt das rechtmässig versammelte Volk seine Vertreter, giebt ihnen die Macht, Gesetze oder im Laufe der Jahrhunderte ver- altete Gebräuche zu verändern, ja vielleicht gar abzuschaffen. Diese Vertreter werden sich dann fest organisieren, sich in Ausschüsse teilen, in Abteilungen, und gemeinsam arbeiten für das Wohl der Allgemein- heit. Von der Vorsehung zwischen zwei grosse Völker gestellt, können

sie aus ihrem Beispiel Nutzen ziehen. Der Engländer war ein Welt- weiser, weil er frei war, der Franzose ist es geworden. Wohlan, Ihr neuen Gesetzgeber, arbeitet diese zwei berühmten Verfassungen um, nehmt von jeder das, was nach Eurer Meinung für die Interessen des Landes passt. Vor allem nehmt als Grundlage das heute allgemein anerkannte Prinzip der Gleichheit der Menschenrechte, das gebilligt ist von der Religion, der Natur und der Vernunft. Wenn Ihr diesen grossen Schritt in der Weltweisheit machen wollt, dann wird es keine Bra- banter, keine Flamländer, keine Wallonen mehr geben, dann giebt es nur noch Belgier, und dieses grosse, geeinigte Volk, mächtig durch sich selbst, stark durch eigene Kraft, wird von den anderen Mächten an- gesehen werden als ein nützlicher Nachbar, ein schätzbarer Bundes- senosse, ein furchtbarer Feind. Das sind meine Grundsätze, meine Betrachtungen, meine Wünsche. Wenn das Volk mich für würdig erachtet, teilzunehmen an so wichtigen Arbeiten, so bin ich bereit befehlt, und ich bin da. Ich lasse meine Familie im Stiche, meine persönlichen Angelegenheiten, um mich ohne Unterbrechung nur dieser zu widmen. Frei von jedem Interesse, von jedem Ehrgeiz, kann ich nur den einen haben, beizutragen zu dem Glücke des Staates, und er wird befriedigt sein, wenn dies gesichert ist !).

Viel scheinen diese aufreizenden Reden des Fürsten von Salm- Kyrburg nicht genützt zu haben: denn, soweit man sehen kann, hat er im niederländischen Aufstand nirgends eine führende Rolle gespielt. Anderseits gab aber der Fürst die Hoffnung nicht auf, dennoch zum Ziele zu kommen. Er scheint in der Folgezeit in den Niederlanden seblieben zu sein und weiter gewühlt zu haben, bis ihn endlich das Geschick erreichte. Im Jahre 1792 begab er sich heimlich ins öster- reichische Hauptquartier zu Leuse und wurde ergriffen, als er einen Plan der Gegend aufnahm. Nach einem peinlichen Verhör vor dem Generalprofoss wurde er als Gefangener auf die Citadelle von Antwerpen gebracht und zunächst in strenger Haft gehalten?). Bald jedoch gegen das Versprechen der Neutralität freigelassen, wahrscheinlich, weil man ihm nichts bestimmtes nachweisen konnte, versuchte er jetzt im Interesse Frankreichs den Ausbruch des ersten Koalitionskrieges zu hintertreiben, richtete Briefe an die Kurfürsten von Mainz und Trier, die schlecht unterrichtet seien über die wirklichen Vorgänge in Frankreich, und riet ihnen, den gerechten Zorn dieser furchtbaren Macht nicht auf ihre Länder heraufzubeschwören. Sein Ideal ist ein Defensivbündnis zwischen Frankreich und Deutschland, ähnlich dem alten Rheinbunde unter

1) Moniteur 1790, No. 77 vom 18. März. 2) Ib. 1792, No. 139.

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Ludwig XIV., an dessen Spitze ein Fürst von Salm als Grossmarschall gestanden. Als Erbe der Zuneigung seiner Ahnen zu der mächtigen französischen Nation würde er den Tag dieser Allianz als den schönsten seines Lebens bezeichnen, um so mehr, wenn er so glücklich wäre, selbst dazu beizutragen !).

Aber auch dieser Plan des Fürsten Friedrich ging nicht in Er- füllung, er blieb vorläufig ein schöner Traum; deshalb kehrte er in sein geliebtes Frankreich zurück, um dort für seine Ideen weiter zu wirken. Trotzdem er ein deutscher Fürst war, nannte er sich mit Stolz »citoyen francais«, erkannte die Souveränität des Volkes an, ver- zichtete auf seine Erbländer, soweit sie innerhalb der französischen Grenzen gelegen waren, und wollte keine Unterthanen mehr besitzen, sondern nur noch Mitbürger. Gegen Ende des Jahres 1792 rief er die Hülfe des Nationalconvents an, um in seinen früheren Staaten den Fanatismus der Priester und Mönche zu beseitigen und die Leibeigen- schaft abzuschaffen, doch ging der Convent vorläufig über diese Anträge zur Tagesordnung über?). Trotzdem nun der Fürst völlig im revo- lutionären Fahrwasser schwamm, teilte er doch schliesslich das Schicksal so vieler Genossen, von den Wogen der Revolution verschlungen zu werden; denn am 5. Thermidor des Jahres II wurde er vom Revo- lutionstribunal zum Tode verurteilt mit 45 andern, »überführt als Feinde des Volkes, indem sie teilgenommen an den Verschwörungen Capets. seiner Gemahlin, seiner Minister, der Dolchritter, an den Verbrechen Baillys, Lafayettes, an der Verschwörung des Auslandes, an dem Ver- such, das Gefängnis des Carmes zu erbrechen, um den Nationalconvent zu vernichten, ebenso seinen Wohlfahrtsausschuss und den der all- gemeinen Sicherheit, indem sie gerichtliche Verfahren einleiteten gegen die Patrioten, um Capet einen Dienst zu erweisen, im Einverständnis waren mit den Feinden des Staates, und Verschwörungen anzettelten gegen die eine und unzertrennliche Republik«*). Am 23. Juli 1794 endete er sein Leben zu Paris unter dem Fallbeil im Alter von 48 Jahren‘). Doch wurde im Jahr darauf der Sequester, der auf seinen Gütern lag, zu Gunsten der Erben aufgehoben °).

Auch den Herzog von Croy d'Havré finden wir in der konstitu- irenden Nationalversammlung, in welcher er als Abgesandter von Peronne eine lebhafte Thätigkeit entfaltete, doch ganz im andern Sinne, wie sein fürstlicher Genosse aus dem Salmschen Hause. Im Jahre 1789 richtete er eine Adresse an den König, in der er die Grundsätze des

1) Moniteur 1792, 321. ?) Ib. 1792, 338. ®) Moniteur an II 1794, No. 318. *) Unterhaltendes Schauspiel 1794, 956. ®) Moniteur an I, 365.

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Adels bezüglich der Prüfung der Vollmachten darlegte !). Im folgenden Jahre verlangte er in der Kammer eine Entschädigung für die Adeligen, denen das Holzungsrecht entzogen war), weiter widersetzte er sich dem Beschluss, dass kein Rekurs möglich sei gegen diejenigen, welche ihnen ihr Eigentum vorenthielten?), wie er auch dagegen protestierte, dass die Deputirten ein Viertel ihres Gehaltes hergeben sollten für eine Kriegssteuer *). Er verlangte die Freiheit der Presse, als das Palladium der bürgerlichen Freiheit, und stellte den Antrag, dass Marat und Camille Desmoulins in Anklagezustand versetzt werden sollten als aufrührerische Schriftsteller). Im Jahre 1791 beantragte er eine Untersuchung, welche Folgen das Dekret, die Aufhebung des Adels betreffend, haben würde ®), und gab bei der endgültigen Abstimmung über dieses (resetz seine Stimme dagegen ab”). Bei der Beratung über die Verträge beantragte er, dass das Volk nur das Mittel der Insurrektion haben sollte, um sein Votum abzugeben über die Revision der Verfassung, für den König aber verlangte er das Recht, diesen Vertrag zu bestätigen, und ohne diese Massregel drohte er der Versammlung mit einer fürchterlichen Verantwortlichkeit®). Als ein Attentat auf die Rechte der Nation und des Königtums bezeichnete er den Vorschlag, die Verfassung dem Könige nicht früher vorzulegen, als bis die Bestimmung getroffen sei, dass an ihr nichts geändert werden dürfe”). Schliesslich unterstützte er mit aller Kraft einen Antrag des Deputirten Mauri, dass die Ver- sammlung der Nation Rechenschaft über die Gelder ablegen sollte 19). Nach Auflösung der konstituirenden Nationalversammlung begab sich der Herzog von Croy nach Spanien, da er zugleich Grande dieses Königreichs war, und wurde deshalb auf die Emigrantenliste gesetzt und seine Güter eingezogen. Im Jahre 1792 war er eifrig bemüht, Zwietracht zu säen zwischen der Republik und Spanien und letzteres zum Anschluss an die Koalition zu bewegen, und zwar mit Erfolg"). Im folgenden Jahre richtete der »cidevant duc de Croy d’Havre« ein Gesuch ein beim Departement in Paris, um von der Liste der Emigrirten gestrichen zu werden, indem er falsche Aufenthaltsbescheinigungen in Frankreich vorlegte ; doch wurde diesem Gesuche keine Folge gegeben, da Guyot nachwies, dass er wirklich im Jahre 1792 sich ins Ausland begeben und damals schon seine Streichung beantragt habe in seiner Eigenschaft als Grande von Spanien !?).

1) Moniteur 1789, 9. ?) Ib. 1790, 64. 3) Ib. 1790, .74. .*) Ib. 1790, 86. 6) Ib. 1790, 214. °) Ib. 1791, 213. 7) Moniteur 1791, 221. °) Ib. 1791, 244: NID. 11791, 246.4, 100) Ib: 1491, 273.7 I Tem RI 2207

12) Tb. an all), 239.

Unterdessen nahm der Krieg mit zahlreichen Wechselfällen seinen Fortgang; Frankreich, zuerst auf allen Linien zurückgedrängt, schritt später in Folge der Zwietracht Preñssens und Oesterreichs und der dadurch bedingten schleppenden Kriegsführung von Erfolg zu Erfolg. Am 21. Oktober 1792 hielt Custine seinen Einzug in die wichtige Festung Mainz, und damit war der grösste Teil des linken Rheinufers in französischen Händen. Der Nationalconvent zögerte nicht, aus dieser ganz veränderten Sachlage den möglichsten Vorteil zu ziehen, und er- liess am 17. Dezember 1792 ein Dekret an sämtliche Generäle, dessen zwei erste Artikel lauten, wie folgt:

1. In den Ländern, welche von den Heeren der Republik bereits erobert sind oder es noch werden, sollen die Heerführer un- verzüglich im Namen des französischen Volkes verkünden die Souveränität des Volkes, die Aufhebung aller bestehenden Be- hörden, der vorhandenen Steuern und Abgaben, die Abschaflung der Zehnten, des Lehnswesens, der Herrenrechte jeder Art, der Zwangsgerechtigkeiten, der Leibeigenschaft, der Jagd- und Fischereirechte, der Frohndienste, des Adels und überhaupt aller Privilegien.

2. Sie sollen dem Volke verkünden, dass sie ihm bringen Frieden, Hülfe, Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit, und sie sollen es sofort zu Gemeindeversammlungen berufen, um eine Verwal- tung und provisorische Rechtspflege einzurichten; sie sollen wachen für die Sicherheit der Person und des Eigentums und in der Landessprache ohne Verzug in jeder Gemeinde dieses Dekret bekannt machen.

Es folgen dann weitere Bestimmungen über die Einrichtung der Behörden, und der Erlass läuft im Artikel 12 in scharfe Drohungen aus segen alle, welche die Segnungen der Revolution nicht freudig annehmen würden: »La nation française déclare qu’elle traitera comme ennemi le peuple qui, refusant la liberté et l'égalité, ou y renoncant, voudrait conserver, rappeler ou traiter avec le prince et les castes privilégées : elle promet et s'engage de ne souscrire aucun traité, et de ne poser les armes qu'après l’affermissement de la souveraineté et de l'indépen- dance du peuple sur le territoire duquel les troupes de la République sont entrées, qui aura adopté les principes de l'égalité et établi un gouvernement libre et populaire !).

1) Duvergier 5, 82.

= 280

Eine weitere Folge der französischen Waffenfortschritte war die Aufforderung an sämtliche Städte und Dörfer der besetzten Länder, sich freiwillig in den Schutz der Republik zu begeben, und unter dem Druck der Bajonette liefen“solche Bitten zahlreich in Paris ein. Nach- dem bereits am 18. März 1793 die Revolutionspartei in Mainz den Beschluss gefasst hatte, das gesamte Land von Landau bis Bingen in einen Freistaat zu verwandeln, allen Zusammenhang mit dem Deutschen Reiche zu lösen und die landesherrlichen Rechte der geistlichen Fürsten von Mainz, Worms, Speier, der Fürsten von Nassau, Salm, Leiningen, sowie der Grafen, Ritter und Reichsstädte, die jenes Gebiet umschloss, für ewig erloschen zu erklären, folgte am 21. März der Beschluss, dass das rheinische, deutsche freie Volk die Einverleibung in die französische Republik wolle und eine Denutation abgesandt werden solle, um diesen Wunsch dem fränkischen Nationalconvent vorzutragen !). Diesem sehn- süchtigen Verlangen wurde denn auch sofort entsprochen, und durch Dekret vom 30. März das gesamte Gebiet mit Frankreich vereinigt ?), infolge dessen zahlreiche deutsche Fürsten, wenn nicht ihre Selbständig- keit verloren, so doch in ihren Einkünften und Rechten ausserordentlich geschädigt wurden. So setzte sich Frankreich an den Ufern des Mittelrheins fest, und die folgenden Ereignisse auf dem Kriegsschauplatze konnten es nicht völlig aus der einmal eingenommenen Stellung ver- drängen. Ja, als die Verstimmung zwischen Preussen und Oesterreich, die ja schon von vornherein lähmend auf den Gang des Krieges ein- gewirkt hatte, von Tag zu Tag sich steigerte, als die polnische Frage wieder brennend wurde, und Preussen seine Truppen im Osten lieber ver- wenden wollte, da war das endgültige Schicksal des linken Rheinufers besiegelt. Am 5. April 1795 schloss Preussen mit der französischen Republik den Frieden zu Basel?) und ‚erkannte dadurch als erste europäische Grossmacht das Werk der Revolution in seinem ganzen Umfange an. Ihm folgte am 5. August 1796 ein Geheimvertrag zwischen Preussen und Frankreich, in dem ersteres der Republik verspricht, bei dem künftigen Reichsfrieden der Abtretung des linken Rheinufers nicht entgegen sein zu wollen, nur müssten alsdann zur Entschädigung der beteiligten weltlichen Fürsten Säkularisationen eintreten. Frankreich verbürgt sich denn auch seinerseits, Preussen für die verlorenen Länder wenigstens den grössten Teil des Hochstifts Münster und das Vest

1) Häusser I, 467. ?) Duvergier 5, 197 u. 231. °) Ghillany, Diploma-

tisches Handbuch I, 267. Lancizolle a. a. O., 63. Häusser I, 595. Berghaus

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Recklinghausen zu überlassen '). Achnliche Abmachungen schlossen in den nächsten Wochen auch Württemberg und Baden.

Bei dieser Lage der Dinge beruhte die einzige Hoffnung der Patrioten auf dem Hause Oesterreich und dem deutschen Kaiser Franz IL, der in seiner Wahlkapitulation feierlich beschworen hatte, alle Zeit ein Mehrer des Reichs sein zu wollen, und man lebte im festen Glauben, dass er niemals in eine Beraubung Deutschlands einwilligen, niemals Frankreich die schönsten deutschen Länder ausliefern werde. Und diese Hoffnung wurde gehoben durch die glänzenden Siege des Erz- herzogs Karl im Jahre 1796, der durch seine Waffenthaten zwei fran- zösische Feldherrn zwang, das rechte Rheinufer in eiliger Flucht zu räumen. Man träumte schon davon, die französische Republik zu zer- trümmern und in Paris selbst den Frieden zu diktieren da machte der Siegeszug Napoleons von den Gestaden des tyrrhenischen Meeres bis mitten in das Herz der österreichischen Lande allen diesen Hoffnungen mit einem Schlage ein Ende und führte eine Zeit für Deutsch- land herbei, wie sie trauriger niemals dagewesen ist. Am 18. April 1797 kam auf dem Schlosse Eckenwald bei Leoben ein Präliminarfriede zu stande, der möglichst bald zum definitiven umgewandelt werden sollte. Zwar trat Oesterreich an Frankreich die Niederlande ab, deren Zu- sammenhang mit dem Reiche in der letzten Zeit nur noch ein sehr lockerer gewesen war, während die Republik sich verpflichtete, für eine angemessene Entschädigung Sorge tragen zu wollen, im Uebrigen aber bestimmte der Artikel V des Vertrags, dass der künftige Reichs- friede nur verhandelt werden sollte auf der Integrität des Deutschen Reiches?). Was jedoch Oesterreich unter dieser verstand, sollte sich bald zeigen, als man in Campo Formio bei Udine zu Besprechungen zusammentrat, aus denen nach fast zweimonatlichem Feilschen und Handeln ein endgültiger Vertrag zu stande kam. Wohl waren die 25 Artikel des veröffentlichten Wortlauts ganz harmlos, indem der König von Böhmen und Ungarn nur solche Länderstrecken abtrat, über die ihm unzweifelhaft das Verfügungsrecht zustand. Ebenso kann man es immerhin begreiflich finden, wenn der Artikel 20 bestimmt, dass zu Rastatt ein Congress der deutschen Fürsten und der Vertreter der Republik zusammentreten sollte, um einen Frieden zwischen den beiden Nationen anzubahnen, wenngleich man damals schon voraussehen konnte, wohin der französische Kurs steuerte. In 24 weiteren Greheim- artikeln überlässt Oesterreich dann an die Republik den grössten Teil des linken Rheinufers, wobei die Grenzlinie so gezogen ist, dass die

1) Lancizolle 64. ?) Lancizolle 65. Häusser Il, 109. Berghaus 1, 112.

preussischen Besitzungen ausgeschlossen sind. Demzufolge soll nach s 9 von keiner neuen Erwerbung Preussens die Rede sein, was beide Mächte einander verbürgen. Nach $ 12 werden Oesterreich und Frank- reich dahin wirken, dass die Fürsten und Stände des Reiches, die in Folge des gegenwärtigen Vertrags oder des künftigen Reichsfriedens Verluste erleiden, namentlich die Kurfürsten von Mainz, Trier, Köln und Pfalzbavern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden, der Herzog von Zweibrücken, die Landgrafen von Hessen-Kassel und Darmstadt, die Fürsten von Nassau-Saarbrücken, Salm-Kyrburg, Löwen- stein-Wertheim und Wied-Runkel und der Graf v. d. Leven in Deutsch- land angemessene Entschädigungen erhalten, die im Einverständnis mit Frankreich geregelt werden sollen ?).

VL.

Am 9. Dezember 1797 wurde in Rastatt jener denkwürdige Congress eröffnet, der dazu bestimmt zu sein schien, das Verhältnis der französischen Republik zum Deutschen Reiche endgültig zu regeln, d. h. das in den früheren Geheimverträgen Festgesetzte zur Thatsache werden zu lassen, weite deutsche Gebiete an Frankreich zu überliefern und dem morschen Reiche selbst durch Vernichtung seiner Grundverfassung den Todesstoss zu geben. Hat der Rastatter Congress nun auch infolge der kriegerischen Ereignisse, die ihn vor der Zeit beendigten, nicht ganz zu diesem Er- gebnis geführt, so hat er doch der Auflösung des Reiches die Wege gebahnt und die Grundzüge festgelegt, auf denen die nächsten Friedens- schlüsse sich aufbauten.

An den Verhandlungen waren offiziell beteiligt die Gesandten der französischen Republik, des Kaisers und die vom Reichstage in Regensburg ernannte Reichsdeputation, bestehend aus Kurmainz, Kursachsen, Oesterreich, Bayern, Würzburg, Hannover, Hessen-Darm- stadt, Baden, Augsburg und Frankfurt. Dazu kamen weiterhin Ver- treter sämtlicher Reichsfürsten bis zu den Reichsrittern herab und freien Städten. Sie alle waren erschienen, um zu retten, wenn noch was zu retten war, und um zuzugreifen, sobald ein Stand auf Kosten des andern bluten sollte. Zwar wurde in Rastatt viel geschrieben und noch mehr geredet, und doch waren alle Anwesenden überzeugt, dass hier der Welt nur ein Gaukelspiel vorgemacht wurde, dass Frankreich entschlossen war, seinen Willen durchzusetzen um jeden Preis, und dass der Schwerpunkt der Verhandlungen in Paris zu suchen sei. So erleben wir denn schon in der nächsten Zeit das Schauspiel, wie die

1) Ghillany I, 277. Lancizolle 66.

283

deutschen Fürsten geheim und offen um die Gunst der französischen Gewalthaber buhlen, wie sie sich gegenseitig den Rang abzulaufen suchen, die französischen (resandten, ja selbst deren Kammerdiener und Lakaien durch reiche Geschenke ködern, in der Hoffnung, bei der Teilung der Erde nicht ganz übergangen zu werden.

Kaum hatte der Congress zu Rastatt seine Sitzungen eröfinet, so regnete es Beschwerden von Fürsten, die von den Franzosen in ihren Rechten geschädigt waren und um Abhülfe baten. Schon am 10: De- zember wurde ihm ein hessen-darmstädtisches Promemoria übergeben, des Inhalts, dass die cisrhenanische Conföderation unter Begünstigung der französischen Befehlshaber auch in dem an der lotharingischen Grenze ge- legenen hanau-lichtenbergischen Amte Lemberg zu republikanisieren an- fange; dass die durch Hoche wieder eingesetzten Beamten durch neu- bestallte Cantonsrichter verdrängt würden, und dass letztere gedruckte Republikanisierungs-Aufforderungen verbreiteten; daher bitte man die Reichsdeputation um nachdrücklichste Verwendung'). Diese Vorstellung wurde in noch schärferer Form am 21. Januar 1798 wiederholt ?). Am 13. Dezember 1797 folgte ein Bericht der schwäbischen Grafenkurie, in dem u. a. verlangt wird, dass die Grafen v. d. Leyen wegen der Herrschaft Blieskastel Anspruch auf Restitution hätten). Doch war alles dieses, wie wir sehen werden, ohne Erfolg.

War der Congress in der Absicht zusammengetreten, um die Integrität des Reiches zu wahren, so sollte er in aller Kürze einsehen, was man wirklich im Schilde führte; bereits am 17. Januar 1798 ver- langten die französischen Bevollmächtigten als Entschädigung für die Kosten, welche die Abwehr eines ungerechten Angriffs Frankreich ver- ursacht habe, den Lauf des Rheins als künftige Grenze zwischen Frankreich und dem Deutschen Reiche, und am 20. Januar erklärten sie, die französische Regierung wolle die Fürsten, welche durch Ab- tretung des linken Rheinufers Verluste erleiden würden, entschädigt wissen‘) Frankreich fühlte sich bereits als Herr, der Deutschland seinen Willen aufdrängen zu können glaubte. Erkannte die Reichs- deputation diese Forderungen im Prinzip an, so war das Schicksal zahlreicher deutscher Fürsten und Herren besiegelt; sie verloren, einige gänzlich, andere teilweise, ihre Besitzungen, die sie nach Erbrecht be- sassen, und wussten noch nicht einmal andeutungsweise, wie sie ent- schädigt werden sollten. Vor allem die kleinen Fürsten und Herren, die Grafen und Reichsritter mussten fürchten, bei der Neuverteilung

1) Haller, Geheime Geschichte der Rastädter Friedensverhandlungen 6, 101. 2) Ib. 6, 198. °) Ib. 6, 197. #) Berghaus 1, 135

a

zu kurz zu kommen, und so bestürmten sie den Congress mit Bitt- schriften und Vorstellungen, das französische Verlangen kurzer Hand abzuweisen, und es schien zunächst, als hätten sie auch Erfolg; denn am 26. Januar stützte sich die Reichsdeputation in ihrer Antwort auf die Abmachungen von Leoben, betrefiend die Integrität des Reiches, und bestand auf der Ausführung derselben; ferner erinnerte sie daran, dass die Republik zu verschiedenen Malen erklärt habe, sie sinne nicht auf Eroberungen; schliesslich flehte sie die Gerechtigkeit und den Grossmut der französischen Regierung an, dass es derselben gefallen möge, neue Vorschläge zu machen, welche den Leobener Bestimmungen mehr entsprächen '). Die Antwort der Republik war deutlich genug! Da das Reich an den Verhandlungen in Leoben nicht teilgenommen, so könnten diese nur als Privatabmachungen angesehen werden; die französische Regierung erkenne sie nicht als bindend an, und sie würde niemals die Integrität des Reiches als Grundlage der Friedensverhandlungen betrachten und annehmen, vielmehr müsse sie darauf bestehen, dass die Abtretung des linken Rheinufers und die Entschädigung der Fürsten als Grundbedingungen anerkannt würden ?).

Jetzt musste es der Reichsdeputation klar werden, dass sie mit ihren Forderungen nicht durchdringen könne, dass sie vielmehr nur zu dem Zwecke tage, um die französischen Anmassungen gut zu heissen. Auch die Fürsten, deren Besitzungen ganz oder zum Teil auf der linken Rheinseite gelegen waren, konnten nicht mehr im Zweifel sein, wohin die Republik steuere; deshalb versuchten sie noch, so viel in ihren Kräften stand, auf die Verhandlungen einzuwirken, um wenigstens etwas zu retten, und richteten daher zahlreiche Schreiben an den Congress. So erklärten z. B. die fürstlich nassau’schen Häuser, »dass das grosse Opfer des linken Rheinufers zwar nicht vermieden werden, doch in Absicht seiner Grösse und seines Umfangs vermindert werden könne; dass aber auf alle Fälle, es mögen jene Versuche ganz oder nur zum Teil geraten, alle an Frankreich zu machenden Abtretungen von deutschen Reichslanden unter nachstehendem Vorbehalt una respektiven Bedingungen geschehen möchten:

1. Dass die französische Republik sich mit der Souveränität und den Hoheitsrechten dieser abgetretenen Lande begnügen und daher sowohl das Eigentum der Privatpersonen, es bestehe in beweglichem oder unbeweglichem Vermögen, als vornehmlich auch die sogenannten Domänen der Fürsten und Landesbesitzer, welche als deren Privateigentum zu betrachten sind, in ihrem

1) Berghaus 1, 136. ?) Ib.

(er)

ganzen Umfange zurückgebe, und zu eigenem Genuss und Ver- waltung, obgleich nach Vorschrift und in Gemässheit der fran- zösischen Constitution, überlasse ....

Der Punkt der zu leistenden Entschädigungen für die verlorenen Lande, Güter und Staaten, dem Deutschen Reiche, welchem solche eigentlich zu prästieren obliegen möchten, auch allein aufzufinden und zu regulieren, jedoch unter Vermittlung und Mitwirkung der französischen Republik überlassen werden könne !).

Die Reichsritterschaft aber ersuchte die Reichsdeputation, sich dahin zu verwenden, dass

13

dem über dem Rhein gelegenen, hiebei allenfalls befangenen Reichsadel wenigstens sein bewegliches und unbewegliches

Eigentum erhalten, und ihm die Erlaubnis ausgewirkt werde,

solche, wenn er sich nicht in die neue Ordnung der Dinge zu fügen Lust hätte, in einer geraumen Zeitfrist verkaufen und den Erlass ohne Hindernis zu beziehen zu dürfen; dass für ihn, er mag auf jener Rheinseite sich aufhalten oder nicht, in An- sehung des von seinem übrigen Einkommen und Rechten er- leidenden Verlustes gleich den Ständen des Reichs gesorgt, und er dadurch in seiner politischen Existenz und in seinem Ver- band mit Kaiser und Reich erhalten werde; | dass die Namen derjenigen unter ihnen, sowie die ihrer Frauen und Kinder, welche, ohngeachtet ihrer anerkannten Eigenschaft als Reichsglieder, dennoch auf die Emigrantenliste gesetzt worden, ausgestrichen werden möchten; und

. dass nie zugegeben werde, dass die traurigen Ueberreste des

sonst so ansehnlichen Reichsritterschaftlichen Corps. nach allen Bedrängnissen, die es seit geraumen Jahren erlitten, und denen es noch entgegensieht, als ein Mittel der Entschädigung in Vor- wurf kommen, und die Reichsritterschaft dadurch ihrer erb- lichen Rechte und unmittelbaren Verhältnisse mit dem Reich und dessen Oberhaupt mit einem Federstrich auf immer be- raubt, und dadurch das Mass des Unglücks auf immer voll gemacht werde, mit welchem der Genius dieser Zeit den Adel zu Boden tritt ?).

Solche Vorstellungen konnten auf die Reichsdeputation nicht ohne Eindruck bleiben, und sie machte daher noch einmal den Versuch, wenigstens einen Teil der gefährdeten Länder für das Reich zu retten,

1) Haller 6, 102. ?) Haller 6, 106

und sprach am 16. Februar den Wunsch aus, die französische Re- gierung möge, wie man es von ihrer Gerechtigkeit und Billigkeit er- warten könnte, geneigt sein, ihre Vorschläge zu ermässigen und sich auf die Hälfte der Länder des linken Rheinufers beschränken’), und am 3.März schlug sie vor, dass der Lauf der Mosel die Grenze zwischen dem Reiche und der Republik bilden sollte, indem sie die Auswahl der Hälften Frankreich anheimstellte. Hiergegen hatte besonders Kurtrier noch am 28. Februar heftig protestiert, da es höchstens die Nahe als Grenze gelten lassen wollte, weil so der grösste Teil des Kurstaates erhalten bliebe und zwischen Nahe und Mosel auch ein nicht geringer Teil von Kurpfalz, ein Teil des Herzogtums Zweibrücken, ein Teil der Grafschaft Sponheim, ein Teil der Nassau-Saarbrückischen und Weil- burgschen Besitzungen, das ganze, was das Haus Hessen-Cassel auf dem linken Rheinufer besitzt, ein grosser Teil der fürstlich Salmschen Lande, ein Teil der Besitzungen mehrerer reichsgräflicher Familien und der grösste Teil der niederrheinischen Reichsritterschaft gerettet würde ?).

Die Reichsdeputation hörte jedoch nicht auf diese Vorstellungen und fügte ihrer Erklärung nur noch einige Vorschläge bei, die auf die oben angeführten Wünsche Bezug hatten, u. a.:

dass die Stände des Reiches, nıit Einschluss der unmittel- baren Reichsritterschaft, im Besitz ihrer Privat- und Erbgüter, überhaupt aller Besitzungen verbleiben müssen ;

dass Frankreich ihnen eine Entschädigung gewähre für die srundherrlichen und Lehensrechte und Gerechtsamen für den Fall, dass die französischen Verlassungsgesetze es nicht ge- statten sollten, sie in deren Genusse zu lassen;

dass die französische Gesetzgebung, die Auswanderer be- treffend, nicht auf die abgetretenen Länder in Anwendung ge- bracht würde;

dass alle diese Bedingungen ihre Anwendung auch bei den- jenigen Reichsständen finden müssten, die in Elsass und Loth- ringen angesessen seien *).

Die französische Antwort erfolgte bereits am nächsten Tage. Ohne auf irgend einen der gemachten Vorschläge auch nur einzugehen, forderten die Bevollmächtigten der Republik von der Reichsdeputation die bestimmte Erklärung, ob sie die vorgeschlagenen Grundbedingungen annehme, oder nicht, also der bedingungslosen Abtretung des ganzen linken Rheinufers zustimme, und diese willfahrte am 11. März, nahm die französischen Bedingungen an und fügte nur noch ganz bescheiden

1) Berghaus 1, 137—38. —- ?) Haller 6, 110. 3) Berghaus 1, 139.

ed

den Wunsch hinzu, dass die Republik sich mit dieser Abtretung be- snügen und weiter keine Ansprüche an das Reich erheben möge !). Am 15. März antwortete die französische Regierung: sie sähe mit Ver- gnügen, dass man ihrem Verlangen ohne Rückhalt entsprochen habe: über die angefügten Bedingungen liesse sich weiter sprechen, wenn die weitere Grundbedingung des Friedens, die Entschädigung der auf dem linken Rheinufer angesessenen Fürsten, angenommen und geordnet worden sei. Auch dieses liess die Deputation sich abtrotzen, und sie erklärte am 4. April, dass sie die Entschädigungsfrage ebenfalls als Grundbedingung des Friedens annehme. Zur Erledigung derselben schlage sie geistliche auf dem rechten Rheinufer gelegene Länder vor, die zu Gunsten der auf dem linken Ufer Verluste erleidenden Erbfürsten und Stände des Reiches sekularisiert werden sollten; doch müssten dabei diejenigen Rücksichten beachtet werden, die zur Aufrechterhaltung der deutschen Reichsverfassung notwendig wären ?).

Nachdem man nun soviel erreicht hatte, ging das Bestreben der französischen Bevollmächtigten in den nächsten Monaten darauf hinaus, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, um aus der allgemeinen Weltlage möglichst viel Nutzen zu gewinnen. Es folgen die geheimen Beratungen zwischen Oesterreich und der Republik zu Selz vom 30. Mai bis zum 5. Juli, deren Inhalt niemals bekannt geworden ist, und während dieser Zeit war der Congress zu Rastatt sozusagen zum Nichtsthun verurteilt. Erst am 22. Juni erklärten die französischen Gresandten, dass die Mitglieder der reichsunmittelbaren Ritterschaft auf dem linken Rhein- ufer, die nicht zugleich Fürsten, Grafen, Reichsstände und beim Reichs- tage nicht durch Viril- oder Collektivstimmen vertreten seien, als ein- fache Privatleute, als Bürger der einen und ungeteilten Republik betrachtet werden müssten. Demgegenüber richtete im Auftrage der unmittelbaren Reichsritterschaft der Freiherr Carl von Gemmingen am 26. Juni 1798 eine Vorstellung an die Reichsdeputation. in der u. a. folgende Punkte aufgestellt wurden:

1. Dass diejenigen Mitglieder der Reichsritterschaft, welche sich dermalen noch in dem Besitz und Genuss ihrer Güter belinden, darin ungestört belassen,

2. diejenigen aber, deren Güter mit dem Sequester behaftet sind, ohne irgend eine Ausnahme der Eigentümer, und ohne dass sie bis auf den Abschluss des Friedens zu warten haben, in deren Besitz und Genuss unverzüglich eingesetzt, somit der Sequester aufgehoben und die alsbaldige Restitution verordnet

1) Berghaus 1, 139. 2\ Ib. 140

288

6. besonders aber stipuliert werde, dass durchaus kein Unter- schied zwischen den Mitgliedern der Reichsritterschaft gemacht werde, die allein Güter auf der linken Seite des Rheins, und denen, die zugleich auch Güter auf der rechten desselben be- sitzen, sondern dem einen wie dem andern der ungestörte Besitz und Genuss verbleibe ;

‚ihnen an der ferneren Disposition darüber kein Hindernis in den Weg gelegt, und

8. sie für die ihnen entgehenden droits-féodaux umsomehr ent-

schädigt werden, als unter deren reichsritterschaftlichen Mit- gliedern mehrere Familien sind, deren vorzüglichste Einkünfte aus dergleichen abfliessen.

Sehr richtig werden diese Forderungen zum Schluss damit be- gründet, dass sich keine Ursache denken lässt, warum das unmittel- bare Reichsglied nicht für einen Verlust von 100--1000 und mehreren Gulden den Anspruch auf Entschädigungen machen könne, den ein Fürst und Stand des Reiches für 10000 und mehrere Gulden macht).

Weitere Verhandlungen betrafen die Frage der reichsständischen Dienerschaft auf dem linken Rheinufer. Am 24. Juli 1798 führte ein Promemoria dieserhalb aus: Der grösste Teil der vor der französischen Eroberung in Elsass-Lothringen und auf der linken Rheinseite angestellt gewesenen Diener sieht sich wegen seiner Dienstverhältnisse der härtesten Bedrückung ausgesetzt. Bald lässt man Diener, die ihren Herren nach- folgten, die Strenge der Emigrationsgesetze empfinden; bald macht man sie für. Handlungen verantwortlich, die sie auf ausdrücklichen Befehl ihrer Herren. oder vermöge ihres Berufs ausgeführt haben. Klagen gegen Rechtssprüche, die der ehemaligen Verfassung ebenso angemessen waren, als sie den Grundsätzen der jetzigen zuwider sind, werden bei französischen Gerichten angebracht und nach französischen Gesetzen entschieden. Einige Einwohner, die nach der ersten Wiedereroberung der jenseitigen Rheinlande rückständige Gefälle erhoben, sollen jetzt Summen, die sie nicht für sich bezogen haben, aus ihrem Eigentum ersetzen; fast jede Klage über angeblichen Missbrauch eines ehemaligen Amtes hat eine Arrestanlegung zur Folge... . . Daher verlangt das Promemoria, »es werde einer hochansehnlichen Reichsdeputation ge- fällig sein, so schleunig als nur immer möglich, die Abstellung der wegen ihrer Dienstverhältnisse bedrängten Güterbesitzer des linken Rheinufers zu erhalten, und die Erklärung zu erwirken suchen, dass sie in Rücksicht ihres Eigentums allen andern Einwohnern gleich

1) Haller 6, 113.

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289

gehalten, in Rücksicht ihrer besonderen Verhältnisse aber seiner Zeit in der Amnestie begriffen und vor der Hand über ihre ehemaligen un lungen nicht beunruhigt werden sollen « ').

Wirklich machte die Republik am 11. September das Zugeständnis, dass die Gesetzgebung, die Auswanderer betreffend, nicht auf die ab- getretenen Länder Anwendung finden sollte?). Doch schon bald schlug der Wind wieder um, indem die französischen Bevollmächtigten am 3. Oktober erklärten, sie könnten die Nichtanwendung der Emigrations- gesetze auf die reunirten Reichslande nicht zugeben, und sie beriefen sich dabei auf ein der begehrten allgemeinen Ausnahme widerstehendes Staatsgesetz ?). Infolge dessen richtete der Salm-Salmsche Abgeordnete unter dem 9. Oktober 1798 eine Vorstellung an die Reichsdeputation und führte folgendes aus:

»Nach dem anliegenden Auszug des Haupt-Emigrationsgesetzes vom 25. Brumaire an II sind jene, welche seit der von den Einwohnern begehrten Vereinigung mit der Republik sothane Lande verlassen haben, und nicht innerhalb 3 Monaten nach der erfolgten Vereinigung zurück- gekehrt sind, zwar schlechterdings als Emigrirte anzusehen; aber welche sich aus sothanen Landen vor der Epoche ihrer Revolution entfernt hatten, und nicht vor dieser Zeit in fremden Landen wohnsitzlich waren, nur gewissermassen den in gleichem Fall befindlichen französi- schen Abwesenden, und alsdann nur den wahren französischen Emi- grirten gleichgestellt werden, wenn sie Teil an ihrem Complott ge- nommen, oder die Waffen gegen die Republik getragen haben. | Hieraus folgt unhindertreiblich, dass alle jene, welche sich vor der Re- union eines Reichs-Landes aus demselben entfernt, und in einem andern Lande, vor dessen feindlichen Verhältnissen gegen Frankreich, etablirt haben, von dem französischen Gesetze selbst nicht als Emigrirte angesehen worden sind, mithin auch ausser der Anwendung aller Dis- positionen sothanen Gesetzes gestanden haben. In diesem Falle sind demnach notorisch alle Räte, Beamte, männliche und weibliche Diener- schaft deutscher fürstlichen und gräflichen Häuser, deren Lande reunirt worden, welche vor der Reunion mit ihrer höchst und hohen Herrschaft diese Lande verlassen und bev derselben in einem andern ihr zuständigen Reichs-Lande zu Fortsetzung ihrer Dienste, vor dem Ausbruch des Reichs-Kriegs mit Frankreich, ihren Wohnsitz genommen haben, oder dazu unter den nämlichen Umständen von ersagten ihren Herrschaften abberufen worden.

1) Haller 6, 173. 2?) Berghaus 1, 152 3) Haller 6, 94.

290

So sind z. B. vor der am 2. März 1793 geschehenen Vereinigung des Fürstentums Salm mit der französischen Republik dem regierenden Herrn Fürsten zu Salm-Salm, welcher am 15. August 1791 schon seine Residenz zu Senones mit seiner fürstlichen Familie verlassen, und in der Reichsherrschaft Anholt genommen hat, einige seiner Räte und mehrere männliche und weibliche Bediente gefolgt, und haben sich bey Höchstdemselben zu Fortsetzung ihrer respect. Dienste in Anholt vor dem Kriegs-Ausbruch mit Frankreich etablirt. So sind ebenmässig höchstdessen Frau Mutter, welche vor der Eroberung der ehemaligen Kaiserl. Königl. Niederlande höchstdero Witthum-Sitz im Herzogthum Hoogstraten verlassen, und sich ebenmässig in Anholt etablirt hat, auch einigen seiner Herrn Oheimen und Brüdern, und Frau Tante, die vor der Vereinigung des Fürstenthums Salm zu verschiedenen Epochen sich von da entfernt, und anderswo gewohnt haben, ihre Bediente weiblich- und männlichen Geschlechts nachgefolgt; und diese alle stehen gleichwohl auf mehreren französischen Emigranten-Listen, und das ihnen zustehende Vermögen ist sequestrirt.

Gleich wie nun zweifelsohne mit vielen anderen Reichsständischen Räthen, Beamten und Dienerschaften, der nämliche gesetzwidrige Fall vorwaltet, so würde es keineswegs eine Abweichung von dem fran- zösischen die Emigrationen betreffenden Staatsgesetze seyn, sondern vielmehr zu dessen Vollzug gereichen, wenn von den bevollmächtigten französischen Ministern die officielle Erklärung erfordert würde, dass alle Räthe, Beamte, männlich- und weibliche Dienerschaft und hohen (ilieder solcher Familien, welche mit oder ohne ihren Herrschaften aus ihren Landen vor ihrer Vereinigung mit Frankreich abgegangen zu seyn, und sich anderswo zu ihrem Dienste etablirt zu haben, erweisen können, von der mit grossen Schwierigkeiten und Kosten verbundenen ordentlichen Nachsuchung ihrer Radiationen auf allen desfallsigen Prä- klusionen losgesprochen seyen

Weniger aber, als diesem oben schon höchstbilligen Antrage, würden die bevollmächtigten Minister der französischen Republik mit Bestand etwas entgegen zu setzen haben, wenn eine hochansehnliche Reichs-Friedens-Deputation auf die unbedingte Radiationen aller deutschen Reichs-Fürsten und Reichs-Grafen, und ihrer Familien-Mitglieder, deren Lande mit der französischen Republik vereinigt worden, auf allen und jeden Emigranten-Listen, wie wir hierum schon unterm 24. Jan. ehrer- bietigst gebethen haben, nachdrücklich zu bestehen geruhen wollte, da diese wenigstens in keinem erdenklichen Fall den französischen Emi- srations-Gesetzen unterworfen sein können«!).

1) Haller 6, 9.

N

291

Wenngleich die hier angeregte Frage, wie es scheint, in den Verhandlungen zunächst nicht weiter berührt wurde, so ist sie doch später im Frieden zu Lunéville im wohlwollenden Sinne geregelt worden.

Unterdessen regte sich bei allen der Wunsch, endlich zum Frieden zu kommen. Bereits am 24. August hatte die Reichsritterschaft der Cantone des Ober- und Niederrheins eine Vorstellung an die Deputation gerichtet, in der ihre verzweiflungsvolle Lage geschildert wurde. »So tröstlich auch die Aussichten für die Erhaltung vieler ansehnlicher Reichsunmittelbaren Familien immer sein mögen, so verbittert der Rückblick und das Gefühl der Lage, in welcher sie sich gegenwärtig befinden, jede entferntere Hoffnung. Denn der wirkliche Besitz und das Grundeigentum wird erst nach der Auswechselung der Reichs- friedensratificationen von dem französischen (Gouvernement erteilt werden: bis dahin müssen daher die Mitglieder der Cantone Ober- und Niederrhein nicht nur den Genuss ihrer Einkünfte vollkommen ent- behren, und befinden sich dadurch in dem äussersten Notstande und Elend, sondern ihr Grundeigentum ist selbst wider den Willen des französischen Gouvernements allen Deteriorationen und Degradationen ausgesetzt, die immer die Folge einer zu ausgedehnten Administration sind . . . Die Summe des Elends ist daher bei dem Rheinischen Adel auf eine solche Höhe gestiegen, dass er das Ende desselben nur von dem allgemeinen und sehnlich gewünschten Frieden erwarten darf: die Mitglieder des rheinischen Ritterkreises glauben doch wenigstens die verzweillungsvolle Lage. in welcher sie sich befinden, ehrerbietigst und zutrauensvoll vorlegen und sich schmeicheln zu dürfen, dass eine hoch- ansehnliche Reichsdeputation in solcher einen neuen und hochderen patriotischen (Gresinnungen ohnehin übereinstimmenden Grund finden werde, die Abschliessung des Friedens auf die möglichste Art zu be- schleunigen und das deutsche Vaterland von seinen bisherigen und segenwärtigen Drangsalen zu befreien« ').

Nach 2 Tagen 26. August 1798 wandten sich auch Pfalz- Zweibrücken, Hessen-Darmstadt, Baden und Nassau in einem ähnlichen Schreiben an die Reichsdeputation und baten eindringlich, »in der gegen- wärtigen krilischen Lage der Dinge alles, was zur Beschleunigung des Friedens zwischen dem Deutschen Reiche und der französischen Re- publik nur immer beitragen kann, mit ihrem erprobten, ruhmwürdigen Eifer anzugehen und zu versuchen, einer mit ihren Pflichten verein- barlichen und mit den immer dringender werdenden Umständen im

Verhältnis stehenden Nachgiebigkeit ungehindert Platz zu geben«*).

1\ Haller 6, 182. °) Ib. 6, 214

292

Doch je mehr man den Frieden herbeisehnte um jeden Preis, um so drohender zogen von allen Seiten wieder Gewitterwolken zusammen, die sich auf das arme Deutsche Reich entladen sollten. Die Vorgänge in Italien und der Schweiz, Napoleons Zug nach Aegypten, die Weg- nahme der Insel Malta, die Anmassungen der Franzosen in den auf dem rechten Rheinufer besetzten Gebieten, ihre Kontributionen und Erpressungen überall, sie waren nicht danach angethan, die Hoffnung auf einen wirklichen dauerhaften Frieden aufkommen zu lassen; daher ist es denn leicht erklärlich, dass manche Fürsten, welche nach den mühevollen Verhandlungen in Rastatt endlich sich geborgen glaubten, von neuem für ihre Existenz zu bangen anfingen und von neuem ihre Stimmen erhoben für den endgültigen Abschluss des Friedens. Schon am 26. August hatten die obengenannten Mächte ausgeführt, »es liege nicht ausser dem Gebiete der Möglichkeit, dass noch ein Bruch der schon so lange gedauerten Friedensunterhandlungen eintreten und ein neuer Krieg entstehen könnte, der noch grösseres Elend gebähren, noch mehr deutsche Länder verwüsten und solche Umstände herbeiführen würde, welche an sich und in ihren Folgen, mit einer veränderten Ordnung der Dinge und dem Umsturz der bisher bestandenen Ver- fassung, unsägliches Unglück über das deutsche Vaterland ausstreuen und verbreiten müssten« !). Dieser Erklärung folgte am 7. Dezember eine neue der gleichen Grossen, denen sich noch Salm-Salm und die Rheingrafen, ferner die verschiedenen leiningenschen Linien anschlossen. Indem sie davon ausgingen, dass die französischen Gesandten tagsvor- her mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht hatten, ‚baten; sie dringend um Beschleunigung des Friedens, »da diejenigen Stände, des Reiches, welche ihre Besitzungen teils ganz, teils grösstenteils am linken Ufer des Rheins hatten, und verloren haben, in der bedauerlichsten

2

Lage seien« ?).

VIH.

Der so heiss ersehnte Friede war den deutschen Landen noch lange nicht beschieden. Es kam zur Koalition Russlands, Englands und Oesterreichs gegen die Republik ; noch einmal mussten die Waffen entscheiden über den Besitz des linken Rheinufers, und wieder neigte sich das Glück auf die Seite der Republik. Bereits am 7. April 1799 zeigte der kaiserliche Gesandte in Rastatt der Reichsdeputation an, dass er zurückgerufen sei, und der Kaiser alles für null und nichtig

1) Haller 6, 214. ?) Ib. 6, 218.

293

erkläre, worüber man bis jetzt einig geworden sei, und wenige Tage darauf reiste er wirklich ab). Am 28. April kam es dann zu der rätselhaften Ermordung der französischen Bevollmächtigten, und so endete der Congress mit einem schlimmen Verstosse gegen das Völker- recht, ohne, trotz semer langen Tagung, etwas Greifbares geschaffen zu haben. Es folgt nun das gewaltige Ringen der Völker Europas gegen die Heere der Republik, die unter Napoleons Führung schliess- lich bei Marengo den Sieg erfochten und Oesterreich so in Schrecken setzten, dass der Kaiser Franz zu verschiedenen Malen um Frieden nachsuchte; dieser kam jedoch nicht zu stande, worauf mehrere rheini- sche Fürsten, um sich vor weiteren Schädigungen durch die Franzosen zu sichern, auf eigene Hand Unterhandlungen mit der Republik an- knüpften. Das Haus Nassau erkaufte sich am 25. September 1800 den Frieden gegen eine Summe von 50000 Franks, die Fürsten von Wied zahlten 30000, nicht weniger die Grafen von Leiningen ?). End- lich wurde am 9. Februar 1801 der Friede zu Lunéville geschlossen, und mit ihm schlug die Todesstunde des alten Deutschen Reiches. Nicht nur wurden jetzt die Bestimmungen des Friedens von Campo Formio erneuert, sondern der Artikel 6 verfügte ausdrücklich, gemäss den in Rastatt getroffenen Abmachungen, dass der Kaiser im Namen des Reiches an Frankreich abtritt »en toute souverainété et propriété les pays et domaines situés à la rive gauche du Rhin et qui faisoient partie de l'Empire germanique«, dergestalt, dass der Thalweg des Rheins die Grenze zwischen den beiden Reichen bilden soll?). Nach Artikel 7 trägt das Reich in seiner Gesamtheit den Verlust des linken Rheinufers: die erblichen Fürsten sollen für das, was sie auf der linken Rheinseite einbüssen, nach den auf dem Congress zu Rastatt aufgestellten Grund- sätzen in Deutschland entschädigt werden. Artikel 9 besagt: Allen Bewohnern und jeglichen Eigentümern in sämtlichen durch gegenwärtigen Vertrag abgetretenen Ländern wird man die Aufhebung des infolge des Krieges verfügten Sequesters ihrer Güter bewilligen: die ver- tragenden Parteien werden alles das bezahlen, was sie jenen Privat- leuten oder öffentlichen Stiftungen schuldig sind. Ferner verfügt Ar- tikel 10: Der Sequester, welcher wegen des Krieges auf Güter deutscher

Unterthanen in Frankreich . . . . . gelegt worden ist, wird gleichfalls aufgehoben. Dieser Friedensvertrag soll vom Kaiser, vom Deutschen

Reich und von der französischen Republik in einer Frist von 30 Tagen bestätigt werden, und bis zur Auswechselung der Bestätigungsurkunden sollen die Kriegsvölker beider Mächte in ihren Stellungen bleiben:

1) Berghaus 1, 161, ?) Ib. 1 168. 3) Ghillany 1, 283 11

EX

20 Tage nach der Auswechselung werden die französischen Truppen das Gebiet des Deutschen Reiches räumen. |

Am 7. März gab der Reichstag zu Regensburg seine Zustimmung zu diesen Abmachungen, und am 16. März wurden die Friedensurkunden ‚in Paris ausgewechselt. Zur Ausführung der Bestimmungen des Ar- tikels 7 wurde vom Kaiser eine ausserordentliche Reichsdeputation be- rufen, bestehend aus den vier Kurfürsten von Sachsen, Mainz, Böhmen und Brandenburg, und vier Fürsten: Bayern, Württemberg, dem Hoch- und Deutschmeister und Hessen-Kassel, und dieser fiel die Aufgabe zu, dem alten römischen Reiche deutscher Nation, das über 1000 Jahre bestanden, das Grab zu graben. Sie besorgte es auch in 46 Sitzungen, die in die Zeit vom 24. August 1802 bis zum 25. Februar 1803 fallen. Da jedoch die Eröffnung der Verhandlungen sich so sehr in die Länge zog, bemühten sich verschiedene deutsche Staaten, vorher ihre Ent- schädigungen sich sicher stellen zu lassen, und wohl wissend, dass das künftige Schicksal Deutschlands und seine Umgestaltung nicht in Regens- burg, sondern an den Ufern der Seine entschieden würde, zögerten sie nicht, wie schon früher einmal, nach Paris zu eilen, um vom ersten Konsul sich Länder zuweisen zu lassen, über die er gar nicht verfügen konnte. So entstanden Sonderverträge der französischen Republik mit Bayern, Preussen, Württemberg und Hessen !), und die Herrscher dieser Länder zögerten nicht, sogleich von dem ihnen zugewiesenen Länder- ersatz Besitz zu nehmen, bevor noch die Reichsdeputation ihre Sitzungen eröffnet, bevor das Deutsche Reich selbst über seine Zukunft einen Beschluss gefasst hatte.

Selbst die kleinen Fürsten scheuten eine Reise nach Paris nicht; teils begaben sie sich, wie der Graf v. d. Leven und der Fürst von Leiningen, in eigener Person zu den Ufern der Seine, teils hatten sie, wie Löwenstein-Wertheim, besondere Gesandte dort?), um mit allen Mitteln der Ueberredung und Bestechung beim ersten Konsul sich Ge- hör zu verschaffen und deutsche Reichsgebiete sich überweisen zu lassen, vor allem aber auch, um die Aufhebung des Sequesters über ihre Privatbesitzungen zu betreiben. Doch noch mehr: der neue russi- sche Kaiser Alexander I. mischte sich auch in die Angelegenheiten, die ihn gar nichts angingen, und schloss am 4. Juni 1802?) einen Ge- heimvertrag mit der Republik, als dessen Folge jener Entschädigungs- plan zu betrachten ist, der am Eröffnunestage bereits der Reichsdepu- tation vorgelegt wurde. »Obwohl der Reiehstag«, heisst es in dem-

1) Lancizolle 68. ?) Häusser 2, 33940, 3%) Lancizolle 68.

rn

selben, »eine besondere Kommission zur Erledigung dieser wichtigen Angelegenheit (der Entschädigung der Erbfürsten) ernannt hat, so sieht man doch zur Genüge durch die Verzögerungen, welche ihre Vereinigung erfahren muss, wie sehr der Gegensatz der Interessen und die Eifer- sucht der Ansprüche Hindernisse dem in den Weg legen, was die Regelung der Entschädigungen im Reich von der eigenen Thätigkeit des deutschen Reichskörpers zu erwarten hat. Das ist es, was S.M. dem Kaiser aller Reussen und dem ersten Konsul der Fr. R. den Ge- danken eingegeben hat, dass es zweien völlig unbeteiligten Mächten wohl anstehen werde, ihre Vermittelung anzubieten und dem kaiser- lichen Reichstage zu dessen Beratung einen allgemeinen Entschädigungs- plan vorzulegen, der, nach Berechnungen der strengsten Unparteilichkeït entworfen, nicht allein die anerkannten Verluste ausgleichen, sondern auch zwischen den hauptsächlichsten Häusern in Deutschland das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten habe, welches vor dem Kriege be- stand. Demgemäss, und nachdem die von den beteiligten Parteien ein- sereichten Denkschriften über Verlust und Entschädigungsanspruch mit der gewissenhaftesten Aufmerksamkeit geprüft worden sind, ist man dabei stehen geblieben, folgende Vorschläge zur Verteilung der Ent- schädigungen zu machen

Dem Fürsten von Nassau-Usingen für das Fürstentum Saar- brücken, die zwei Drittel der Grafschaft Saarwerden, die Herrschaft Ottweiler und die Herrschaft Lahr in der Ortenau: die Ueberreste des Kurfürstentums Mainz auf der rechten Seite des Mains (mit Vorbehalt des Oberamts Aschaffenburg), und die zwischen dem Main, dem Lande Darmstadt und der Grafschaft Erbach, Kaub und die Ueberreste des eigentlichen Kurfürstentums Köln (unter Vorbehalt der Grafschaft Alt- wied), die Klöster Seligenstadt und Bleidenstadt, die Grafschaft Savn- Altenkirchen, nach erfolgtem Ableben des Markgrafen von Ansbach, die Dörfer Soden und Sulzbach.

Nassau-Weilburg für den dritten Teil von Saarwerden und die Herrschaft Kirchheim - Bolanden: die Ueberreste des Kurfürstentums Trier mit den Abteien Arnstein und Marienstadt.

Dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt für die Gesamtheit der Grafschaft Lichtenberg und ihren Zubehörungen: die pfälzischen Aemter Lindenfels und Otzberg und die Ueberreste des Amtes Oppen- heim, das Herzogtum Westfalen mit Vorbehalt der Entschädigung des Fürsten von Wittgenstein, die mainzischen Aemter Gernsheim, Bensheim, Heppenheim, die Ueberreste des Hochstiftes Worms und die Reichs- stadt Friedberg.

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Den Fürsten und Grafen von Löwenstein für die Grafschaft Virneburg, die Herrschaft Scharfeneck und andere Güter in den Ländern, welche mit Frankreich vereinigt worden sind: der Würzburgische An- teil an den Grafschaften Rhineck und Wertheim zur Rechten des Mains, die Abtei Brombach.

Dem Fürsten von Leiningen: die mainzischen Aemter Milten- berg, Amorbach, Bischofsheim, Königshofen, Krautheim und alle Teile von Mainz, die zwischen Main, Tauber, Neckar und der Grafschaft Erbach belegen sind, die Würzburgischen Teilstücke zur Linken der Tauber, die pfälzischen Aemter Boxberg und Mosbach, die Abtei Amor- bach und die Propstei Comburg mit Territorialhoheit.

Den Fürsten von Salm-Salm und von Salm-Kyrburg, den Rheingrafen und dem Grafen von Salm-Reifferscheid: der übrige Teil des Oberstifts Münster (so weit er nicht für Preussen bestimmt war).

Dem Fürsten von Wied-Runkel für die Grafschaft Kriechingen: die Grafschaft Altwied (mit Vorbehalt der Aemter Lintz und Unkel).

Dem Grafen v. d. Leyen für Blieskastel u. a.: die Abteien Schussenried, Gutenzell, Heggbach, Baindt und Buxheim.«

Weiter wird vorgeschlagen, »dass die Fürsten zu Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg, Salm-Salm, Salm-Kyrburg und Leiningen im Fürsten- kollegium verbleiben oder in dasselbe eingeführt werden, ein jeder mit einer Virilstimme, die an den Besitzungen haftet, die sie zur Entschädi- sung für ihre vormaligen unmittelbaren Länder bekommen werden: dass die Stimmen der unmittelbaren Reichserafen ebenfalls auf die Besitzungen übertragen werden, die denselben als Schadloshaltung zu- fallen« }).

So war denn das Schicksal Deutschlands beim Zusammentritt der Reichsdeputation bereits entschieden, und obgleich Frankreich und Russland den vorgelegten Entschädigungsplan als einen einfachen Ent- wurf bezeichneten, einen guten Rat, den man für nützlich halte, um allen Ansprüchen zu genügen ?), so war es doch sämtlichen Einsichts- vollen von vornherein klar, dass die fremden Grossmächte ihren Willen durchsetzen würden, der Reichstag nur Ja und Amen zu sagen habe und höchstens kleine Veränderungen und Verschiebungen vornehmen dürfe. Die Hauptsache stand fest, dass sämtliche geistlichen Herr- schaften und die Mehrzahl der freien Städte ihre Existenz einbüssen und von der Landkarte verschwinden würden so hatte es Frank- reich bestimmt, und das Deutsche Reich hatte sich zu fügen. Und

‘) Berghaus 1, 190ff. Häusser 2, 376. ?) v. Hoff à. a. O. 2, 68.

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| DD Ne) + |

wenn die Reichsdeputation wirklich volle 46 Sitzungen abhielt, so ge- schah es nur in der Absicht, um den Anschein zu erwecken, als handle man ganz selbständig, und um für einige minder gut bedachte Herren eine grössere Entschädigung zu erwirken.

Es liegt nun nicht in unserer Absicht, eine allumfassende Ueber- sicht über die Verhandlungen in Regensburg zu geben, vielmehr wollen wir nur das hervorheben, was sich in irgend einer Weise auf das Ge- biet des heutigen Lothringen bezieht.

Bereits in der Sitzung vom 8. September wurde der Vorschlag von Kurmainz, den Ministern der vermittelnden Mächte zu erklären, dass die Deputation den Entschädigungsplan im allgemeinen annehme, sich jedoch alle Veränderungen vorbehalte, welche aus Reklamationen hervorgehen könnten oder von der Deputation selbst für notwendig er- achtet würden, angenommen).

In der 5. Sitzung vom 16. September kam eine Eingabe des Frei- herrn von Helmstädt, eine Entschädigung für seine Herrschaft Mörchingen betreffend, zur Verhandlung, ohne dass sie praktische Folgen gehabt hätte; denn der genannte Freiherr ist im Reichsdeputationshauptschluss nicht bedacht worden. Nur so viel konnte er erreichen, dass die Deputation beschloss, man wolle bei den französischen Bevollmächtigten die Vollstreckung des Artikels 9 des Lunéviller Friedens, betr. die Aufhebung des Sequesters, reklamieren.

Die 11. Sitzung vom 30. September beschäftigte sich mit dem Einspruch der unmittelbaren Reichsritterschaft im rheinischen Kreise, die das nicht unberechtigte Verlangen stellte, für den Verlust ihrer Einkünfte entschädigt zu werden, den sie durch die Abtretung des linken Rheinufers erlitt (79,874 Gulden für den Canton Oberrhein, 133,148 Gulden für den am Niederrhein), da die französische Gesetz- gebung sie des Zehnten, der Lehnsprestationen und der herrlichen (rerechtsame beraube. Der Einspruch wurde verworfen; »so sehr auch die Reichsritterschaft zu bedauern sei, die Reichsdeputation finde sich gleichwohl nicht im stande, ihr eine Entschädigung zu verschaffen. «

In der 13. Sitzung vom 9. Oktober übergaben Frankreich und Russland zur Ergänzung ihres ersten Entschädigungsplanes ein weiteres Schriftstück, in dem sich zahlreiche Abänderungsvorschläge finden. Was Lothringen angeht, so ist folgendes zu bemerken: Zunächst wird unter die Fürsten, welche auf Entschädigung Anspruch haben, auch der Herzog von Croy aufgenommen: ihm wird ein Teil des Münsterschen Amtes Dülmen zugesprochen. Weiter werden die Salmschen Ent-

>) cf. für das folgende besonders Berghaus 1, 213.

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schädigungen genauer aufgeführt, und zwar sollen erhalten die Fürsten von Salm die Münsterschen Aemter Bockolt und Ahaus im Verhältnis von ?/s für Salm-Salm und !/s für Salm-Kyrburg. Den Rheingrafen fällt das Münstersche Amt Horstmar zu, während für den Grafen von Salm-Reifferscheid Entschädigungen in anderen Gegenden Deutschlands vorgeschlagen werden. Auch für Leiningen und Wied-Runkel werden genauere Festsetzungen gemacht, wie sie später in den Hauptschluss aufgenommen sind, dagegen wird der Graf v. d. Leyen von der Liste der zu Entschädigenden gestrichen. Auch dieser Plan fand in der 18. Sitzung vom 21. Oktober die Zustimmung der Reichsdeputation. Und wenngleich in der Folgezeit noch vieles geschrieben und geredet wurde, so wurde dennoch der ganze Entschädigungsplan in den Reichsdeputations- hauptschluss aufgenommen, der vom Reichstage am 24. März 1803 ra- tifiziert und vom Kaiser durch seine Unterschrift am 27. April zum Gesetz erhoben wurde.

Den Verlusten, welche deutsche Grosse im Gebiete des heutigen Lothringen erlitten, stehen zum Teil ganz ausserordentliche Ent- schädigungen gegenüber, von denen der Löwenanteil Baden zufiel, das wir hier jedoch füglich übergehen können.

Der Herzog von Croy hatte im deutschen (rebiete des linken Rheinufers gar keine souveränen Länder besessen, und selbst für seine Herrenrechte in Lothringen hätte er nach den aufgestellten Grundsätzen keine Entschädigungen beanspruchen können; um so rätselhafter ist es daher, dass er auf einmal unter den Entschädigten erscheint, während seiner in den vorhergehenden Verhandlungen niemals gedacht wird, und sein Name auch in dem ersten Entschädigungsplane nicht zu finden ist. Berghaus!) vermutet daher wohl nicht mit Unrecht, dass er sich beim ersten Konsul der französischen Republik insinuirt, und dieser durch einen Machtspruch seine Entschädigung verfügt habe. So wurde ihm nach Artikel 3 des Hauptschlusses der grösste Teil des fürst- bischöllich Münsterschen Amtes Dülmen mit der Stadt gleichen Namens, den Kirchspielen Buldern, Dülmen und Haltern, dem Stadtgericht Haltern und dem (Gerichte des Beifangs Buldern zugesprochen ein Gebiet von über 51} [JMeilen mit 10000 Einwohnern, dessen Einkünfte jähr- lich 50900 Gulden betrugen.

Als Nachbarn erhielt er die Fürsten von Salm und die Rheingrafen. Den Fürsten von Salm-Salm und Salm-Kyrburg wurden die Münsterschen Aemter Ahaus und Bockholt übertragen mit den darin

') cf. für das folgende besonders Berghaus 1, 272 und 279.

299

liegenden Kapiteln, Archidiakonaten, Abteien und Klöstern '), die 28 [IMeilen mit 55000 Einwohnern umfassten und jährlich 250 000 Gulden abwarfen?). Dazu kam eine jährliche Rente von 42 000 Gulden, welche die Rheingrafen aus ihren Einkünften zu zahlen hatten. Weiter

2

wurde bestimmt, dass von den genannten Gebieten */3 den Fürsten von Salm-Salm, ‘/; denen von Kyrburg gehören sollte, doch ist diese Scheidung niemals durchgeführt, da der Salmschen Selbständigkeit nur eine geringe Lebensdauer beschieden war. Die ersteren behielten ihren Wohnsitz zu Anholt, wohin sie ja gleich beim Ausbruch der Revolution geflohen waren, die Fürsten von Kyrburg residierten in Ahaus; in diesen beiden Orten sind die Geschlechter heute noch ansässig.

Den Rheingrafen von Grumbach wurden die Reste des Amtes Horstmar mit den darin befindlichen Kapiteln, Archidiakonaten, Abteien und Klöstern als ausschliessliches Eigentum übergeben *). Da- durch kam ein Gebiet von 30 Meilen mit 50000 Einwohnern in

1) Dem Amte Ahaus untergeben waren: das Gericht Ahaus, Zum Steinernen Kreuz und Ottenstein mit den Kirchspielen Ahaus, Alstätte, Ottenstein, Wessum und Wüllen; das Gogericht Borken im gleichnamigen Kirchspiel mit den Ge- richten zu Gescher und im Kirchspiel Heiden, zu Stadtlohn und Südlohn mit den Kirchspielen Rambsdorf, Grossrecken und Velen; das Stadtgericht Borken; die Graf Merveldt’sche Gerichtsbarkeit Lembeck mit den Kirchspielen Erle, Hervest, Holsterhausen, Lembeck, Rhade, Scharmbeck und Wulfen; das Gericht Lipprams- dorf, Herrlichkeit Oistendorf, die freiherrlich landsbergsche Gerichtsbarkeit zu Velen; die Graf limburg stvrumsche Gerichtsbarkeit Raösfeld; die Gerichte der Wiegbolde Ramsdorf und Stadtlohn mit der Bauerschaft Wessendorf; die Gerichte Wreden und Weseke. Das Amt Bockholt umfasste das Land- und Stadt- gericht Bockholt mit den Kirchspielen Bockholt und Rhede und das Gericht zu Dingden mit dem gleichnamigen Kirchspiel, sowie die Herrschaft Weerdt. An Abteien und Klöstern waren vorhanden Gross-Burloh (Cisterzienser) und das Minoritenkloster am Schwilbrock, beide im Amte Ahaus.

?) Berghaus 1, 272 und 280.

3) Das Amt Horstmar umfasste das Gericht Billerbeck, das Stadtgericht Coesfeld, das Gericht des Wigbolds Gronau, das Gogericht Hastehausen mit den Kirchspielen Appelhülsen, Billerbeck, Darfeld, Darup, Hawixbeck, St. Jacobi und St. Lamberti ausserhalb Coesfeld, Lette, Nottuln, Rorup, Schapdetten, das Stadt- gericht Horstmar, das Gericht des Beifangs Lembergen, die Gerichtsbarkeit der Abtei Metelen über Metelen mit Mersch und Spackenbaum; das Gericht des Wig- bolds Nienborg; das Gogericht Ruschau mit der Beerlage und den Kirchspielen Borghorst, Holthausen, Laer nebst der Bauerschaft Höpingen, das Gogericht Sand- welle mit den Kirchspielen Eggenrode, Heeck, Holtwick, Epe, Horstmar, Leer, Legden, Langenhorst, Metelen, Osterwick, Ochtrup, Schöppingen, Wettringen, Welbergen, dem Beifang und Kirchspiel Asbeck. Abteien und Klöster gab es in Klein-Burloh (Cisterzienser), Marienflucht zu Glane bei Epe (Franziskaner), Varlar

(Prämonstratenser).

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ihren Besitz, und die jährlichen Einkünfte aus demselben betrugen 300,000 Gulden, doch musste davon, wie eben gesagt, jährlich eine Summe von 42000 Gulden an die fürstlich salmschen Linien bezahlt werden: aber die Entschädigung war immer noch reichlich genug be- messen !). Der Rheingraf nahm seine Residenz in Horstmar selbst, und noch heute wohnen seine Nachkommen dort.

Dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, der die Grafschaft Lichtenberg, das Schutzrecht über Wetzlar, die Aemter Lichtenau und Wildstadt, Katzenelnbogen, Braubach, Ems, Kleeberg, Epstein und das Dorf Weiperfelden teils verloren, teils abgetreten hatte, wird zugesprochen das Herzogtum Westfalen mit der Stadt Volkmarsen und sämtlichen Kapiteln, Abteien und Klöstern, ferner die Mainzischen Aemter Gerns- heim, Bensheim, Heppenheim, Lorsch, Fürth, Steinheim, Alzenau, Vilbel, Rockenburg, Hassloch, Astheim, Hirschhorn u. s. w. Im ganzen verlor Hessen-Darmstadt ein jährliches Einkommen von 500 000 Gulden, und erhielt dafür ein Gebiet von 881} [Meilen mit 171500 Einwohnern und einer jährlichen Einnahme von 953,000 Gulden ?).

Das Haus Nassau, so weit es dem alten oder walramschen Zweige angehörte, schied sich beim Ausbruche der Revolution in 3 Linien, Usingen, Saarbrücken und Weilburg, von denen die erstere ursprüng- lich gar keine Besitzungen auf dem linken Rheinufer hatte und somit durch die Wogen der Revolution auch nichts verlieren konnte, während der Fürst von Saarbrücken seit 1792 seine sämtlichen Länder eingebüsst hatte, und auch Weilburg insoweit geschädigt war, als es seiner Ein- künfte aus der Grafschaft Saarwerden und der Herrschaft Kirchheim- Bolanden beraubt wurde. Der letzte Fürst von Nassau-Saarbrücken starb im Exil 1797 und wäre von Nassau-Usingen beerbt worden, wenn er noch im Besitze seiner Lande gewesen wäre. Diese umfassten im ganzen das Fürstentum Saarbrücken, zwei Drittel der Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Ottweiler 19 DJMeilen mit 53286 Einwohnern und brachten über 400000 Gulden jährlich ein. Obgleich nun der Fürst von Nassau-Usingen niemals wirklich die Regierung dieser Gebiete angetreten hatte, so erkannte die Reichsdeputation ihm doch Entschädigungsansprüche zu, und nachdem er der besseren Ab- rundung wegen noch die Herrschaft Lahr in der Ortenau, 5 OMeilen mit 7000 Einwohnern umfassend und 40000 Gulden abwerfend, an den Markgrafen von Baden abgetreten hatte, sprach ihm der $ 12 des Hauptschlusses zu »die mainzischen Aemter Königstein, Höchst, Cronen- burg, Rüdesheim, Oberlahnstein, Eltville, Castel mit den Domkapitels-

1) Berghaus 1, 282. ?) Ib. 1, 295. 297 ff.

1

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besitzungen rechts des Mains, unterhalb Frankfurt; ferner das pfälzische Amt Caub mit Zubehörungen, die Ueberreste des eigentlichen sogenannten Kurfürstentums Köln (mit Ausnahme der Aemter Altwied und Nürburg) : die hessischen Aemter Katzenelnbogen, Braubach, Ems, Epstein und Kleeberg mit Befreiung der Solmschen Ansprüche, die Dörfer Weipers- felden, Soden, Sulzbach, Schwanheim und Okriftel, die Kapitel und Abteien Limburg, Pimersdorff, Bleidenstadt, Sayn und alle Kapitel. Abteien und Klöster, die in den ihm als Entschädigung zufallenden Ländern belegen sind; endlich die Grafschaft Sayn-Altenkirchen mit der Auflage, sich nach der Uebereinkunft zu richten, welche wegen der Entschädigung des Hauses Savn- Wittgenstein getroffen worden ist, dessen Ansprüche an die Grafschaft Sayn und Zubehörungen erloschen bleiben « !).

Der Fürst von Nassau-Usingen verlor also im ganzen ein Ge- biet von 24 []Meilen, auf dem 60286 Menschen wohnten, und die eine jährliche Abgabe von 447000 Gulden eintrugen. Doch lagen sämtliche Länder weit von. der usingenschen Hauptmasse entfernt, sie bildeten kein zusammenhängendes Ganzes und waren rings im alten oberrheini- schen Kreise zerstreut. Durch die neuen Erwerbungen, die zu den fruchtbarsten und landschaftlich schönsten Teilen des deutschen Vater- landes gehören umfassen sie doch auch den berühmten Rheingau erhielt Nassau-Usingen nicht nur eine ganz vortreffliche Abrundung. sondern auch noch eine. bedeutende Vergrösserung. Nach genauen statistischen Erhebungen umfassten nämlich

die mainzischen Aemter 24 [)Meil., 60 000 Einw., 200000 Guld. Eink. das Amt Caub Io» » 1800 » 10000 » Ueberrest desErzstiftsKöln 11/9 » » 4000 30000 die 5 hessischen Aemter 4! » » 10500 » 90 000 Savn-Altenkirchen » 15000 » 80000 Soden, Sulzbach, Okriftel, Weipersfelden 1!» » 2000 » 20000 die Stifter und Kapitel 150000 » Summa 36°?/ı OD Meil. 93 300 Einw.. 580000 Gld.Eink.?) Der Fürst von Nassau-Weilburg hatte auf der linken Rheinseite verloren !/: der Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Kirchheim- Bolanden in der Pfalz, im ganzen 6 DMeilen mit ungefähr 15000 Ein- wohnern. Einkünfte wollte der Fürst aus diesen Gebieten jährlich

1) Berghaus 1, 306. *) Ib. 1, 309,

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178000 Gulden gehabt haben, doch wird allgemein behauptet, sie seien um mindestens 50000 Gulden zu hoch angesetzt gewesen. Dafür wurden ihm ebenfalls in $ 12 des Reichsdeputations-Hauptschlusses zugewiesen: »die Ueberreste des Kurfürstentums Trier mit den Abteien Arnstein, Schönau und Marienstadt.< Mit Recht macht Berghaus!) darauf aufmerksam, dass dieser Ueberrest ein grosses Gebiet von 16 CiMeilen gewesen sei, enthaltend »den auf dem rechten Rheinufer gelegenen Teil der Aemter Ehrenbreitstein und Bergpilege, einen grossen Teil der Grafschaft Nieder-Isenburg, die Aemter Hammerstein, Welmich, Montabaur und Limburg mit Niederselters, von der zum Amte Limburg gehörigen Kellerei Villmar die Landeshoheit, ferner Teile der Aemter Camberg, Wehrheim, Vallendar und Münzfelden« —- das ganze mit 37000 Einwohnern und 250000 Gulden Einkünften. Dazu kamen die Abteien Schönau, Arnstein a. d. Lahn und Marienstadt, die noch 75000 Gulden eintrugen, sodass die jährlichen Einnahmen von Nassau-Weilburg aus diesen Gebieten die Summe von 325000 Gulden überstiegen, wahrlich eine angemessene Entschädigung für das Verlorene.

Der Fürst von Löwenstein-Wertheim hatte durch die Er- eignisse, wie sie das Jahr 1789 im Gefolge gehabt, die Einkünfte aus der lothringischen Lehensherrschaft Püttlingen verloren, ferner die Herrschaft Scharfeneck bei Landau und einige andere kleine Besitzungen, von denen jedoch nur die an zweiter Stelle genannte reichsunmittelbar gewesen und entschädigungsberechtigt war. Trotzdem wurden ihm nach $ 14 zugesprochen: »die zwei Mainzischen Dörfer Würth und Treenfurth, die Aemter Rothenfels und Homburg im Würzburger Lande, die Abteien Brummbach, Neustadt und Holzkirchen, die würzburgischen Verwaltungen Widdern und Thalheim, eine beständige Rente von 12000 Gulden aus dem Rheinschiffahrtsoktroi und die würzburgischen Gerechtsame und Einkünfte in der Grafschaft Wertheim; nichts desto- weniger aber unter der Bedingung, das obengenannte Amt Homburg und die Abtei Holzkirchen an die Kurfürsten von Pfalz-Bayern wieder abzutreten, und zwar gegen eine beständige Rente von 28000 Gulden, oder gegen jede andere Gegenwährung, über die sie sich verständigen können«?). Im ganzen erhielt der Fürst von Löwenstein ein Gebiet von 7 ClMeilen mit 18600 Einwohnern und 150000 Gulden Ein- künften *).

Dem Fürsten von Leiningen-Hartenburg waren durch den Gang der Revolution sämtliche Lande entrissen worden, so sein Anteil an der Grafschaft Leiningen mit Hartenburg und Dürkheim, die Graf-

4) Berghaus 1, 311. ?) Ib. 1, 318. ®) Ib. 1, 32021.

ci

gi

do ie rot ot that

303

schaft Dagsburg und das elsässische Dorf Weihersheim. Letztere Ge- biete standen, wie wir gesehen, seit dem Ryswicker Frieden unter französischer Oberhoheit und waren daher kaum als entschädigungs- berechtigt anzusehen, noch viel weniger war dies der Fall mit den angeblichen leiningenschen Ansprüchen auf Saarwerden, Lahr und Mahlberg ; dennoch billigte man dem Fürsten volle Entschädigung zu, und indem man seinen jährlichen Verlust auf 220000 Gulden berechnete, schuf man für ihn zwischen Main, Neckar und Tauber ein neues Fürstentum von 271} [JMeilen mit 82900 Einwohnern und 558000 Gulden jährlicher Einkünfte, indem $ 20 des Reichsdeputations-Haupt- schlusses ihm zuwies: die Mainzischen Aemter Miltenberg, Buchen, Seligenstadt, Amorbach und Bischofsheim, die von Würzburg abge- zweigten Aemter Grünsfeld, Lauda, Hartheim und Rittberg, die pfälzi- schen Aemter Boxberg und Mosbach und die Abteien Gerlachsheim und Amorbach!). Doch wurden Grünsfeld und Gerlachsheim, um eine Rente von 32000 Gulden ablösen zu können, schon bald an Salm- Reifferscheid abgetreten. Die anderen Gebiete wurden in 12 Aemter eingeteilt und umfassten 15 Städte, 9 Marktflecken und 172 Dörfer ?).

Der Fürst von Wied-Runkel hatte durch den Frieden von Lunéville die Grafschaft Kriechingen in Lothringen verloren, deren Ein- künfte von ihm selbst auf jährlich 50000 Gulden angegeben wurden, während andere behaupten, sie hätten nur 28000 Gulden betragen. Für diesen Verlust war ihm ursprünglich nur das Kölnische Amt Alt- wied zugesprochen, jedoch mit Ausschluss von Lintz und Unkel. Gegen diese unzureichende Entschädigung hatte der Fürst Verwahrung ein- gelegt und mit derselben auch Erfolg gehabt; infolge dessen billiste ihm $ 21 ‘zu: »die Aemter Nürburg und Altwied im Kölnischen Lande und die Kellerei Vilmar«, die früher im Besitze der Abtei St. Mathias bei Trier gewesen war. Die Einkünfte aus diesen Gebieten wurden auf 50000 Gulden geschätzt, sodass der Fürst von Wied-Runkel nicht mehr erhielt, als er nach eigener Angabe verloren hatte?).

In $ 12 der Geheimartikel des Friedens von Campo-Formio war auch der Graf v. d. Leyen unter den Herren aufgeführt, welche auf éntschädigung Anspruch machen konnten, und infolge dessen hatte der erste Plan ihm auch die Abteien Schussenried, Gutenzell, Heggbach, Baindt und Buxheim in Schwaben zugewiesen. Ihm waren ja die Grafschaft Blieskastel und zahlreiche Herrenrechte verloren gegangen,

1) Berghaus I, 325. ?) Brinckmeier, Leiningen I, 309 3) Berg-

haus I, 328.

304

die er in der Baronie Wölferdingen noch besass. Doch war er in der

letzteren nicht souveräner Herr gewesen, und die Grafschaft Blieskastel

sehörte zwar zu den reichsunmittelbaren Gebieten, doch hatte sie nicht

Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen, sondern der Besuch

der letzteren stand dem Grafen v. d. Leyen nur zu wegen der Graf-

schaft Hohengeroldseck im heutigen Baden. Da nun die Reichsdepu- tation bei der Entschädigung der grösseren Herrengeschlechter sehr verschwenderisch vorgegangen war und fast das gesamte Reichsgut vergeben hatte, so blieben für die grosse Masse der Reichsgrafen, welche eine Entschädigung beanspruchten und erhofften, nur einige wenige Abteien übrig, deren Einkünfte dazu noch ziemlich unbedeutend waren. Die Teilung der Erde war beendet, und die grossen Fürsten- häuser hatten durchaus keine Lust, von ihrem Gewinn den Grafen zu

Liebe auch nur das kleinste Titelchen abzutreten: so sah sich denn

die Reichsdeputation in einer schwierigen Lage, und lange Verhandlungen

wurden gepflogen, ohne dass man zu einem Ziele gelangt wäre. End- lich beschloss man, die Reichsgrafen in 5 Klassen zu teilen:

1. solche, welche reichsunmittelbare Güter mit der Verpflichtung, zur Tragung der Reichs- und Kreislasten beizutragen, besessen hatten, und die wegen dieser Güter als stimmfähige Glieder in den Reichs- und Kreisversammlungen gewesen waren;

2. solche, welche sich ganz in dem nämlichen Falle befanden, doch mit dem Unterschiede, dass sie nicht auf dem Reichstage Sitz und Stimme gehabt hatten;

3. solche, welche zwar alle Lasten mit getragen hatten, aber vom Reichstage sowohl als von den Kreistagen ausgeschlossen ge- wesen waren;

4. solche, welche reichsunmittelbare Güter besessen hatten, die aber von aller Auflage befreit, und ihre Besitzer nicht Mitglieder der Reichs- und Kreistage gewesen waren;

9. die Herren, welche, zwar den Grafentitel führend, nur Ritter- sitze und mittelbare Güter besessen hatten, und die folglich nicht zur Klasse derjenigen Grafen gehörten, denen eine Ent- schädigung zugesagt worden war, und denen mithin nichts anderes übrig blieb, als die Aufhebung des Sequesters nach- zusuchen, welche seitens der republikanischen Regierung von Frankreich verfügt worden war ?).

Von diesen (Gesichtspunkten ausgehend, verwies nun die Reichs-

deputation den Grafen v. d. Leven unter die Grafen der 4. Klasse, die

1) Berghaus I, 332.

305

von jeder Entschädigung ausgeschlossen wurden, und so erhielt er, trotzdem er seinen jährlichen Verlust auf 105000 Gulden !) berechnete, auch nicht das Geringste zugesprochen, wenngleich ihm vorher aus- drücklich eine Entschädigung in Aussicht gestellt war, und die Reichs- deputation that dies um so leichteren Herzens, als es dem Grafen bald darauf gelang, bei der französischen Regierung die Aufhebung des Sequesters durchzusetzen, wie es in $ 10 des Lunéviller Friedens be- stimmt war. Infolge dessen erhielt er sämtliche Güter zurück, so weit sie noch nicht zum Besten der Staatskasse verkauft oder dem Orden der Ehrenlegion als Dotation überlassen worden waren ?).

Da nun bereits der weitaus grösste Teil der Reichsgrafen von aller Entschädigung ausgeschlossen wurde, so war es für jeden Ein- sichtigen klar, dass die Reichsritterschaft für ihre Verluste gar nichts erhalten werde, und es war nur die reine Spiegelfechterei, wenn der Reichsdeputationshauptschluss in $ 28 verfügte:

»Die Entschädigungen, welche irgend welchen Mitgliedern der Ritterschaft zustehen könnten, sollen, nach dem Beispiel der Ergänzung der Entschädigungen der Reichsgrafen, und so weit denselben durch die künftige Aufhebung des Sequesters nicht genügt werden sollte, auf die anderweit verfügbar werdenden Revenuen, und nach Verhältnis ihrer rechtmässigen Ansprüche, angewiesen werden<*). So war es denn von vornherein sicher, dass die lothringischen Mitglieder der Reichsritter- schaft, die Herren von Kerpen und Steinkallenfels, für ihre Verluste nichts erhalten würden, da eben nichts mehr zu verteilen war. Im übrigen gingen die Fürsten schon damals mit dem (Gredanken um, sämtliche reichsritterliche Gebiete auch auf dem rechten Rheinufer zu ihren Gunsten einzuziehen, und wenngleich gerade die Erhaltung der Reichsritterschaft noch manche Verhandlungen, Schreibereien und Be- schwerden gezeitigt hat, so war ihr Schicksal doch jetzt schon ent- schieden. Sonder Zagen griffen die Grossen zu, und da Frankreich ihren Bestrebungen entgegenkam, ihnen nicht nur keine Schwierigkeiten in den Weg legte, sondern sogar zu offener Unterstützung überging, so war in wenigen Jahren die ganze Angelegenheit geregelt, und das altehrwürdige Institut der Ritterschaft vom deutschen Boden ver- schwunden *).

') Nach Häusser II, 415 gar auf 248781 Gulden ?) Berghaus 1. 340. 3, Ib. 1, 355. +) Cf. den Tagesbefehl des Marschalls Bertier vom 19. Dezember 1805, durch welchen den französischen Truppen die Unterstützung von Bayern, Württemberg und Baden bei der Okkupation reichsritterschaftlicher Besitzungen seboten wird. Lancizolle 90.

a >

Durch den Frieden von Lunéville und den ihm folgenden Reichs- deputationshauptschluss war das Deutsche Reich völlig verändert. Eine grosse Zahl deutscher Fürsten hatte aufgehört zu existieren, und ihre Besitzungen waren anderen zugeteilt worden. Es war nunmehr noch Aufgabe der Deputation, den neugeschaffenen Zustand in den Rahmen des alten Reiches einzufügen, damit es nicht ganz aus den Fugen ging, und so wurde noch eine Neueinteilung der Virilstimmen auf dem Reichs- tage vorgenommen, wobei den früher in Lothringen angesessenen Fürsten bewilligt wurden: dem Fürsten von Salm-Salm: ihm allein die Stimme, welche er vorher mit Salm-Kyrburg gemeinschaftlich hatte, dem Fürsten von Nassau-Usingen eine, dem Fürsten von Nassau-Weil- burg eine, dem Fürsten von Salm-Kyrburg eine, dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim eine, dem Fürsten von Leiningen eine mit der Bestimmung, dass sie aufgerufen werden sollten: Hessen-Darmstadt an 60. Stelle, Salm-Salm an 86., Nassau-Usingen an 107., Nassau- Weilburg an 108., Salm-Kyrburg an 110., Löwenstein-Wertheim an 115. und Leiningen an 125. Stelle).

Am 27. April 1803 unterzeichnete der Kaiser den Reichsdeputations- hauptschluss und erhob ihn dadurch zum Gesetze.

IX.

Der Reichsdeputationshauptschluss hatte den grössten Teil der früher in Lothringen ansässigen Fürsten auf das rechte Rheinufer ver- pflanzt und sie zum Teil in völlig neue, ihnen bis dahin fremde Gebiete gesetzt. Wenn wir von Baden und Hessen-Darmstadt absehen, deren Besitzungen ja bereits früher in der Hauptmasse diesseits des Rheins gelegen waren, so besass nunmehr der Fürst von Leiningen ein zu- sammenhängendes Gebiet in der heutigen nördlichen Ecke des badischen Landes, sein Nachbar war der Fürst von Löwenstein - Wertheim im Gebiet des Mains und der Tauber, Nassau und Wied-Runkel machten sich am Mittelrhein breit, die Fürsten von Salm, die Rheingrafen und der Herzog von Croy suchten sich im westfälischen Münsterlande häus- lich einzurichten, während der Graf v. d. Leyen auf seine kleine Herr- schaft Hohengeroldseck angewiesen war, die 21/2 []Meilen mit 4000 Einwohnern umfasste und im ganzen gegen 40000 Gulden Einkünfte einbrachte.

Die Länder der Genannten waren zum Teil aus den verschiedensten Stücken zusammengeschweisst, die vorher ohne die geringste Verbindung

!) Berghaus 1, 358—60.

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mit einander gewesen waren; auf die Einheit der Confession war nicht die geringste Rücksicht genommen, Recht und Gesetz war überall ver- schieden, und die neuen Landesherren waren ihren Unterthanen völlig fremd. Eine weise Staatskunst hätte nun ihr nächstes uud hauptsäch- lichstes Augenmerk darauf gerichtet, bei möglichster Schonung der Gefühle der Untergebenen ihnen den Uebergang in die neuen Verhält- nisse möglichst bequem und angenehm zu machen. Doch daran dachten die neuen Fürsten nicht im Geringsten: mit grösster Härte wurde regiert und schablonisiert, die Landstände wurden, wo sie be- standen, mit einem Federstrich beseitigt, das patriarchalische Regiment, wie es so lange in den geistlichen Gebieten bestanden, ohne weiteres auf- gehoben, um die Länder den Anforderungen der neuen Zeit anzupassen, welche die Aufklärung auf ihre Fahnen geschrieben hatte.

Vor allem war es den Fürsten darum zu thun, aus den ver- schiedenen Stückchen und Läppchen einen einheitlichen Staat zusammen zu schmieden, und wo konnten sie für ihr Vorgehen ein besseres Vor- bild finden, als in Frankreich, dem sie ja in erster Linie ihre Existenz und ihre Vergrösserungen verdankten! So wurden denn überall französisches Recht und Gesetz eingeführt, die Grundzüge der fran- zösischen Verwaltung nicht den bestehenden Verhältnissen angepasst, sondern sklavisch übertragen, mechanisch neue Behörden geschaffen, »das Finanzwesen nach einem Schnitt umgestaltet, der Militärstaat nach französischem Vorbild erweitert und reformirt, Gesetze und Verord- nungen in reicher Fülle nach allen Richtungen hin ausgestreut. Was alle diese Neuschöpfungen charakterisirte, war ihre Aehnlichkeit mit den Staatsmaximen, wie sie Bonaparte jenseits des Rheins im grossen durchführte: bureaukratische Centralisation, Beamtenregiment, ausge- dehnte Polizeigewalt, wachsame Fiskalität in Finanzsachen hatten sie mit dem französischen Wesen völlig gemeine!). Und da die neuen Fürsten mit ihren Gebieten noch nicht verwachsen waren, so liessen sie sich leicht zu Abtretungen und Vertauschungen bewegen, wie z. B. bereits im Jahre 1804 der Fürst von Leiningen an Salm-Reiferscheidt das Dorf Pappenhausen überlässt nebst der Gemarkung Schönfeld gegen das zum Amte Grünsfeld gehörige Dorf Distelhausen ?).

Während nun so die deutschen Fürsten sich in den neuerworbenen Ländern einzurichten suchten, hing für sie zunächst alles davon ab, sich in dem gewonnenen Besitze zu behaupten. Und in richtiger Er- kenntnis ihrer Lage gingen die kleinen Herren dazu über, sich, soweit es ihre Souveränität zuliess, zu grösseren Bündnissen zusammen zu

1) Häusser 2, 479. ?) Lancizolle 90.

ran

thun, ihre Interessen gemeinsam zu vertreten und auf den Gang der Ereignisse so viel wie möglich einzuwirken. So entstand bereits am 29. August 1803 zu Frankfurt a. M. eine Vereinigung der kleinen süd- und mitteldeutschen Fürsten, die sogenannte Frankfurter Union, der die Grafen und Fürsten von Erbach, Hohenlohe, Isenburg, Leiningen, Solms, Öttingen, Limburg, Löwenstein, Wittgenstein und Wied-Runkel beitraten. Sie bezweckte die verfassungsgemässe Selbsterhaltung und suchte dies zu erreichen durch gemeinsame Bevollmächtigung von Ver- tretern bei den Hauptmächten in Wien, Berlin, St. Petersburg, vor allem aber in Paris, da ja von der Gunst des grossen Corsen ihre sanze Existenz abhing !). Zum Direktor dieses Bundes wurde zunächst der Fürst von Leiningen gewählt, der sich am 1. Juli 1804 in einem Schreiben an Napoleon wandte und bei ihm den Herrn J. L. von Greuhm als Ministerresidenten der Frankfurter Union beglaubigte. In diesem heisst es recht bezeichnend: »Le grand bienfait de la pacification de l'Allemagne nous ayant rendu l’existence politique, par laquelle nous jouissons de cet état de tranquilité et de bien-être qui est l'ouvrage sublime de V. M. T. nous désirons pouvoir consolider ce bonheur en vous consacrant, Sire, pour jamais notre profonde reconnaissance et un devouément intime et sans bornes !«?)

Nicht minder aber spähten diese Fürsten und Herren aus nach weiteren Gebieten, die sie mit Hülfe Frankreichs noch annektieren, und durch welche sie ihr Fürstentum vergrösseren konnten. Und als nun Baiern, Württemberg und Baden den Anfang machten mit der Ver- nichtung der Reichsritterschaft, indem sie die in ihren Staaten gelegenen Besitzungen dieser, mit Zustimmung Napoleons, einzogen, wollten selbst die Kleinsten nicht zurückbleiben, und so ahmten sie das Beispiel jener nach. Daher richteten zu Anfang Dezember des Jahres 1805 die Fürsten von Leiningen, Löwenstein und Isenburg gleichlautende Schreiben an Napoleon, in denen sie den Wunsch und die Bitte aussprachen, die enklavierten Besitzungen des reichsunmittelbaren Adels, des deutschen Ordens und der Malteser annektiren zu dürfen. Und dieser gab seine Erlaubnis dazu, indem er am 24. Dezember 1805 an Taillerand schrieb:

Il me semble que cette demande est bonne à accueillir et qu'il est de mon intérêt et d’une sage politique que la noblesse immédiate qui est dans les états de l’union de Francfort y soit réunie *).

Während nun so die Grossen und Kleinen nur auf ihren Vorteil bedacht waren und, unbekümmert um das Schicksal anderer, nach

') Manfred Maver, Geschichte der Mediatisierung des Fürstentums Isen-' burg 43. 162 ff. ?) Svbels Zeitschrift 58, 439. 5) Sybels Zeitschrift 58, 441.

+

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eigener Macht und Vergrösserung strebten, bereitete sich ein neuer gewaltiger Krieg vor, der mit seinen Folgen eine grosse Menge der eben neugeschafienen Fürsten endgültig aus der Zahl der regierenden Herren strich, sie ihrer Lande beraubte, in deren Besitze sie kaum erst froh geworden waren. Bekannt ist es ja, welche grosse Dienste die Fürsten von Baiern, Württemberg und Baden dem Kaiser Napoleon im dritten Koalitionskriege leisteten, und zum Dank dafür im Frieden zu Pressburg mit österreichischen und preussischen (Gebieten ausge- stattet wurden, Baiern und Württemberg den Königstitel erhielten, der Markgraf von Baden zum Kurfürsten erhoben wurde, infolge dessen ihnen auch der $ 14 des Friedensvertrages die volle Souveränität zu- gestand '). Schon jetzt waren sie kaum mehr als Glieder des Reiches aufzufassen, und es war daher nur folgerichtig, wenn sie im nächsten Jahre einen weiteren Schritt auf der betretenen Bahn machten und sich öffentlich und feierlich vom Deutschen Reiche lossagten, und ihnen folgten noch weitere deutsche Herren.

Am 1. August 1806 überreichte der französische Gesandte dem Reichstage in Regensburg eine Erklärung seines Kaisers, in welcher die (Gründung des Rheinbundes bekannt gegeben und erklärt wurde, dass Napoleon das Dasein der deutschen Verfassung nicht mehr anerkenne, vielmehr die Würde eines Schutz- und Schirmherrn des Rheinbundes angenommen habe, natürlich nur in den friedlichsten Absichten und aus dem Grunde, dass seine Vermittelung, stets zwischen dem schwächsten und dem stärksten der Bundesgenossen stehend, jeglicher Uneinigkeit, jeglicher Beunruhigung zuvorzukommen vermöchte?). Eine ähnliche Erklärung wurde von den Gesandten der Rheinbundfürsten abgegeben, unterzeichnet u. a. von Mollenbeck, von wegen 1.1. H.H. d.d. Herzogs von Nassau-Usingen und des Fürsten von Weilburg, Eduard Freiherr von Schmitz-Grollenburg wegen . . .. des Grafen v. d. Leven, Weih- bischof und Domdechant von Wolf als hochfürstlicher Salm-Salmscher und Salm-Kyrburgscher Komitialgesandter *). Die richtige Antwort auf diesen Verrat am Vaterlande erteilte Kaiser Franz bereits 6 Tage später, indem er die Krone des Deutschen Reiches niederlegte, alle Fürsten und Unterthanen des Eides der Treue entband, und so das heilige römische Reich deutscher Nation endgültig auflöste.

Der Rheinbund war nach längeren, ganz heimlich betriebenen Verhandlungen am 12. Juli 1806 zu Paris zu stande gekommen, und zwar waren diese geführt worden für Hessen-Darmstadt durch den Freiherrn von Pappenheim, für die Fürsten von Nassau durch Frei-

') Ghillany, diplom. Handbuch II, 700, ) Berghaus 2, 64. s) Gi

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herrn von Gagern, für Salm-Salm und -Kyrburg durch den Major von Tischler und für den Grafen v. d. Leyen durch Herrn Durand St-Andr&!). Unter den 17 Stiftern des Rheinbundes finden wir also eine Anzahl Fürsten wieder, die meistens im heutigen Lothringen’ an- gesessen und erst durch den Reichsdeputationshauptschluss auf das rechte Rheinufer verpflanzt waren, während andere, wie die Fürsten von Leiningen, Wied-Runkel, Löwenstein, der Rheingraf und der Herzog von Croy unter ihnen nicht angetroffen werden. Ohne uns mit den eigentlichen staatsrechtlichen Fragen der Rheinbundakte näher abzugeben, wollen wir im folgenden ihren Inhalt nur insoweit berühren, als er die oben erwähnten Fürsten und Herren betrifft. So bestimmt $ 5, dass der Kurfürst von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt fortan den Titel Grossherzog führen werden und somit die Rechte, Ehren und Vorrechte geniessen, die an die Königliche Würde geknüpft sind. Das Haupt des Hauses Nassau Nassau-Usingen nimmt den Herzogs- titel an und der Graf v. d. Leyen den Fürstentitel?). An Veränderungen im Besitzstand bestimmt $ 16: der Herzog von Nassau überlässt dem Grossherzog von Berg die Stadt Deutz mit ihrem Gebiete, die Stadt und das Amt Königswinter und das Amt Villich*). Diese Länder waren erst im ‚Jahre 1803 an Nassau gekommen und hatten bis dahin zu Kurköln gehört. Alle Landeshoheitsrechte werden ausüben nach Ar- tikel 244): der Grossherzog von Baden über das Fürstentum Leiningen und die Besitzungen des Fürsten von Löwenstein-Wertheim, welche auf dem linken Mainufer liegen, der Grossherzog von Berg?) über die Grafschaft Horstmar (den Rheingrafen gehörend), die Herrschaft Schadeck (Wied-Runkel) und den Teil der eigentlichen Grafschaft Runkel, welcher auf dem rechten Lahnufer gelegen ist; »auch wird behufs der Verbindung zwischen dem Herzogtum Cleve und den obgenannten nördlich von diesem Herzogtum belegenen Besitzungen S. Kgl. Hoheit den Gebrauch einer Strasse haben, welche quer durch die Staaten des Fürsten von Salm führt« ;

der Grossherzog von Hessen-Darmstadt: über die Herrschaften Breubach und Heubach und über die Herrschaft oder das Amt Habiz- heim (Löwenstein-Wertheim) :

S. Hoheit der Fürst Primas: über die Besitzungen der Fürsten und Grafen von Löwenstein-Wertheim, so weit selbige auf dem rechten Mainufer gelegen sind;

1) Ghillany II, 8. ?) Berghaus 2, 163. je MD ANS. SM MORE STH YIST:

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311

1.1.D.D. der Herzog von Nassau-Usingen und der Fürst von Nassau-Weilburg: über die Aemter Dierdorf, Altenwied, Neuenburg, denjenigen Teil der Grafschaft Nieder-Isenburg, welcher dem Fürsten von Wied-Runkel gehürt . . . . den auf dem linken Ufer der Lahn ge- legenen Teil der Herrschaft Runkel;

S.D.der Fürst von Salm-Kyrburg: über die Herrschaft Gehmen ;

S.D. der Herzog von Aremberg: über die Grafschaft Dülmen (Croy)').

Ueberblicken wir das Gesagte noch einmal, so verloren von ehe- mals in Lothringen angesessenen Fürsten ihre gesamten Gebiete und behielten nur die sogenannten Herrenrechte: die Fürsten von Leiningen, die unter badische Oberhoheit gerieten, nachdem sie kaum 3 Jahre im Besitze ihrer neuen Länder gewesen waren;

Der Fürst von Löwenstein-Wertheim musste sein Land an Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt und den Fürstprimas abtreten ;

Dem Fürsten von Wied-Runkel wurde sein Gebiet entzogen zu Gunsten des Grossherzogtums Berg und des Herzogtums Nassau:

Ebenso ging’ der Besitz der Rheingrafen völlig in das Gross- herzogtum Berg auf. Die Herrschaft Dülmen, welche dem Herzog von Croy erst im Jahre 1803 übertragen wurde, ging auf den Herzog von Aremberg über.

Anderseits bekommt der Fürst von Salm-Kyrburg eine Ver- srösserung durch die Herrschaft Gehmen im westfälischen Kreise, die sich damals im Besitz des Freiherrn von Bömelberg befand, während Salm-Salm und v.d. Leyen den früheren Umfang ihrer Länder behielten.

So war die Landkarte Deutschlands in dem kurzen Zeitraume von 3 Jahren wieder völlig verändert; von neuem hatten deutsche Fürsten zahlreichen deutschen Herren die Souveränität genommen und sie zu Unterthanen herabgedrückt; eine grosse Menge kleiner Staaten war wieder vom Erdboden verschwunden, sogar manche von denen, die auf eine kaum dreijährige Existenz zurückblicken konnten. Unter andern hatten die Leiningen, Löwenstein, Wied, die Rheingrafen und der Herzog von Croy aufgehört, selbständige Herrscher zu sein nur deshalb, weil es Napoleon so wollte und die Nachbarn deren Besitz zur Abrundung ihrer Länder nötig hatten. Zugleich mit diesen kleinen Fürsten wurde auch das Schicksal der Reichsritter endgültig entschieden; denn $ 25 der Rheinbundakte sagt darüber:

Ein jeder der verbündeten Könige und Fürsten wird mit vollem Souveränitätsrechte die ritterschaftlichen (rüter besitzen, welche von seinen Staaten umgeben sind. Was die ritterschaftlichen Güter betrifft,

1) Berghaus 2, 187, 190, 192. 194, 196.

SE

welche zwischen zwei der verbündeten Staaten liegen, so werden diese rücksichtlich der Souveränität zwischen den beiden Staaten geteilt werden so gleichförmig, als es sich thun lässt, doch auf eine Weise, dass daraus weder eine Gebietszerstückelung noch Gebietsvermengung entsteht ').

$ 26 setzt die Souveränitätsrechte der Rheinbundfürsten fest und weist ihnen zu das Recht der (resetzgebung, der obersten Gerichts- barkeit, der hohen Polizei, der militärischen Konskription oder Re- krutierung und das Besteuerungsrecht.

Nach $ 27 wird jeder der mediatisirten Fürsten und Grafen als Patrimonial- und Privateigentum behalten alle Domainen ohne Aus- nahme, die er bis jetzt besessen, sowie auch alle herrschaftlichen und Lehnsrechte, welche nicht wesentlich an der Souveränität haften, und zwar namentlich die niedere und mittlere Gerichtsbarkeit und Forst- polizei, das Jagdrecht, die Fischereigerechtigkeit, das Recht des Berg- baus und des Hüttenbetriebs, die lehnsherrlichen Zehnten und Präs- tationen, das Patronat und andere ähnliche, sowie alle von den Domainen und besagten Gerechtsamen herfliessenden Einkünfte. Ihre Domainen und Güter werden in Bezug auf Abgaben den Domainen und Gütern der Prinzen des Hauses, unter dessen Souveränität sie kraft gegen- wärtigen Vertrags gestellt werden, oder, wenn keiner der Prinzen des gedachten Hauses unbewegliches Eigentum besitzen sollte, den Domainen und Gütern der bevorrechtetsten Klasse gleich geachtet werden. Es können die genannten Domainen und Gerechtsame weder an einen dem Bunde fremden Souverain noch an einen sonstigen Auswärtigen verkauft werden, ohne vorher dem Fürsten, unter dessen Souveränität sie stehen, angeboten worden zu sein ?).

S 51: Die jetzt regierenden Fürsten und Grafen und ihre Erben können ihren Wohnsitz aufschlagen, wo sie wollen, vorausgesetzt, dass dies in einem der Mitstaaten geschehe, oder in Staaten, welche mit dem Rheinbunde alliirt sind, oder in derjenigen Besitzung, welche sie mit Souveränität ausserhalb des Gebietes des gedachten Bundes be- halten werden, und können so auch ihre Einkünfte und Kapitalien be- ziehen, ohne dieser Sache halber einem besonderen Abzuge oder irgend einer Abgabe oder Auflage unterworfen werden zu können).

Schliesslich werden in $ 38 die Contingente der Rheinbundfürsten festgesetzt, die sie im Falle eines Krieges zu stellen haben; von diesen fallen auf den Grossherzog von Baden 8000 Mann, den Grossherzog

1) Ghillany 2, 13. Berghaus 2, 197. ?) Ghillany 2, 13. Berghaus 2, 202, 207. #) Ghillany 2, 14. Berghaus 2, 227.

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von Berg 5000, den Grossherzog von Hessen 4000 Mann. Von den kleineren Häusern muss Nassau 1680, der Herzog von Aremberg 379, das Salmsche Haus 323 und der Fürst v. d. Leven 29 Mann stellen '!).

Auf diese Weise war nun eine neue Vereinigung deutscher Fürsten ins Leben getreten, die nichts weiteres waren und sein konnten, als Diener Napoleons. Anderseits hat er trotz der feierlich beschworenen Verträge keine Bedenken getragen, mehrere der Rheinbundfürsten ohne Weiteres ihrer Souveränität zu berauben, wenn es in seinem Interesse zu liegen schien, wie wir noch sehen werden. Vor der Hand jedoch glaubten sie sich gut im Hafen geborgen, und im Gefühle ihrer Macht traten sie gegen die mediatisirten Fürsten auf, die gestern noch ihres gleichen, über Nacht ihre Unterthanen geworden waren, trotzdem doch die Rechte dieser in den oben angeführten Artikeln der Rheinbundakte : gesichert und festgelegt zu sein schienen. Bekannt ist ja, wie besonders der König von Württemberg in dieser Beziehung sich benahm, doch scheinen auch andere Rheinbündler mehr oder weniger in seine Fuss- stapfen getreten zu sein, wenn dies auch weniger bekannt geworden ist. Auf das Vorgehen Murats im Grossherzogtum Berg z. B. wirft es ein merkwürdiges Licht, wenn bereits im August des Jahres 1806 der Rheingraf Friedrich von Salm, dessen Besitzung Horstmar zu Berg seschlagen war, in einem Briefe sich an Napoleon wendet und, da er selbst aller Hülfsquellen beraubt sei, um eine Unterstützung bittet für eine unglückliche Familie »victime innocente des grandes mesures poli- tiques que sa sagesse lui a dictées pour la tranquillité future d’Alle- magne et de l'Europe ?).

X.

Durch die Stiftung des Rheinbundes schien nun, wenigstens in politischer Beziehung, für den Westen Deutschlands eine Zeit der Ruhe gekommen zu sein; seine Mitglieder hatten menschlichem Ermessen nach, so lange Napoleon im Vollbesitze seiner Macht war, nichts Schlimmes zu fürchten, neue Erwerbungen waren wenigstens für die meisten nicht mehr zu machen, und so gingen denn die Fürsten und Herren daran, durch neue Einrichtungen und Gesetze ihre Staaten ein- heitlich zu gestalten, soweit es bis dahin noch nicht geschehen war.

Ueber die Thätigkeit der fürstlich Salmschen Regierung ist mir nichts Näheres bekannt geworden, und die landesväterliche Fürsorge wird sich wohl darauf heschränkt haben, französisches Recht und Gesetz auf ihre Staaten zu übertragen. Auch von dem Kleinsten der

1) Ghillany 2, 15. Berghaus 2, 232. ?) Sybels Zeitschrift 58, 448

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Kleinen, dem Fürsten Philipp v. d. Leven, ist nicht viel zu berichten. Er und sein »dirigierender wirklicher Geheimer Rate Philipp Schmidt !) haben weltbewegende Thaten nicht ausgeführt, vielmehr begnügten sie sich zunächst damit, ihren übernommenen Verpflichtungen nach Mösglich- keit nachzukommen, und die 29 Mann Bundestruppen pünktlich zu stellen. Dann wurde die 21/2 [] Meilen grosse Grafschaft Hohengeroldseck mit ihren 4500 Einwohnern, die nach dem Almanac impérial des Jahres 1810 sogar auf 5000 geschätzt wurden ?), in 9 Vogteien eingeteilt und diese einem Oberamt unterstellt. Zum Hauptort der Grafschaft wurde der Flecken Seelbach erklärt, während der Fürst selbst seine Hofhaltung zu Ahrenfels am Rhein aufschlug. Die Regierungsgeschäfte wurden von 3 Räten und einem Sekretär besorgt, ausserdem waren ein Rent-, Forst- und Bergamt vorhanden. Um die Einkünfte der Graf- schaft, die jährlich 40000 Gulden betrugen, in etwa zu erhöhen und auch seinerseits zur Vereinfachung der Landkarte Deutschlands beizu- tragen, erliess der Fürst am 28. August 1806 eine Verfügung, in der er, gestützt auf $ 25 der Bundesakte, seine Souveränität über die in seinen Landen enklavierten und denselben angrenzenden ritterschaft- lichen Besitzungen ausdehnen wollte. Es waren dies die Orte Diers- burg, Berghaupten, Rohrburg, Hofweyher, Niederschopfheim und die ritterschaftlichen Anteile der Orte Schutterwald, Höfen und Langen- hurst?). Doch was die Grossen sich erlaubten, war darum noch lange nicht den Kleinen gestattet, und die Gleichberechtigung sämtlicher Mit- glieder des Rheinbundes wird schön illustrirt durch den Widerspruch, den Baden gegen dieses Vorgehen des Fürsten erhob. Infolge dessen liess dieser seine Verfügung nicht anschlagen; sie wurde einfach zu den Akten gelegt, und die ritterschaftlichen Besitzungen sind in der Folgezeit sämtlich unter Badensche Oberhoheit gekommen !). Bedeutender schon war die innere Organisation in den Nassauschen Ländern. Nachdem zunächst in den ersten Tagen der rheinbundlichen Herrlichkeit einige Vertauschungen und Abtretungen von Dörfern und Städten vorgenommen waren, geschah der erste Schritt zur inneren Festigung der Länder in dem von Nassau-Usingen und Weilburg ge- meinsam erlassenen Dekrete vom 30. August 1806. In diesem nahmen sie zunächst von allen ihrer Herrlichkeit unterworfenen Ländern feier- lich Besitz, ferner erklärten sie ihre sämtlichen Fürstentümer, Graf- und Herrschaften zu einem vereinigten und souveränen Herzogtum und bestimmten, dass der bisherige Unterschied zwischen beiden fürstlichen

) Berghaus 2, 299. ?) Pölitz, Handbuch der souveränen Staaten des Rheinbundes 2, 301 a.2. 3) Ib. *) Ib. und Berghaus 3, 382.

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Linien aufhören, und von allen beiderseitigen Landesstellen nur allein das Prädikat: »Herzoglich nassauisch« gebraucht werden solltet). Am 1. Januar 1808 erfolgte die Aufhebung der Leibeigenschaft, am 1. Fe- bruar 1811 wurde die Einführung des Code Napoléon als Gesetzbuch für die nassauischen Länder mit Wirkung vom 1. Januar 1812 an be- schlossen. Bereits am 6. Mai 1807 wurde ein Dekret erlassen, betr. die Besteuerung der bisher steuerfreien Güter; von dieser wurden nur ausgenommen die Güter und Domainen der regierenden Häuser und der Standesherren; die Verfügung wurde ergänzt und erweitert durch das Gesetz vom 10. Februar 1809, in welchem die Gleichheit der Ab- gaben und die Einführung eines neuen direkten Steuersystems ange- ordnet wurde. Nach diesem beruhen sämtliche direkte Steuern auf der Grund- und Gewerbesteuer. Um das in der Bundesakte bestimmte Contingent von 1680 Mann aufbringen zu können, wurde am 29. Ok- tober 1808 die allgemeine Konskription eingeführt, von der jedoch bestimmte Klassen unbedingt oder bedingt ausgenommen waren. Das 105 [Meilen umfassende Gebiet mit ca. 270000 Einwohnern wurde in 4 Regierungsbezirke eingeteilt: Wiesbaden, Weilburg, Thal-Ehren- breitstein und Hachenburg, denen wieder zahlreiche Aemter unter- standen’).

Das Gebiet des Grossherzogtums Hessen zerfiel, nachdem mit den angrenzenden Staaten zahlreiche Austauschungen stattgefunden hatten, in drei Provinzen, deren Namen bereits durch Dekret vom 12. Oktober 1803 festgesetzt waren. Diese waren das Fürstentum Starkenburg, mit Einschluss der standesherrlichen Besitzungen 53 DiMeilen und 179823 Personen umfassend, das Oberfürstentum Hessen, welches auf 89 []Meilen 226545 Personen zählte, und das Herzogtum Westfalen mit 72 ]Meilen und 134715 Einwohnern. Bereits am 1. Oktober 1806 wurde die landständische Verfassung, die besonders im Herzogtum Westfalen bestanden, aufgehoben; ihr folgte am gleichen Tage die Be- seitigung der Steuerfreiheit, und es wurden nicht nur die Güter der herrschenden Familie, sondern auch alle bisher schatzungsfrei gewesenen Güter, Zehnten und Gefälle der Besteuerung unterworfen. Am 1. August 1808 erfolgte die Einführung des Code Napoléon im Grossherzogtum Hessen, und der Regent erklärte, dass er, von seiner Vortrefflichkeit überzeugt, beschlossen habe, denselben zum allgemeinen Gesetzbuche in seinem Staate unter Modifikationen und Bestimmungen anzunehmen, welche Verfassung und besondere Verhältnisse notwendig machten.

1) Pölitz 2, 274, Lancizolle 98, Berghaus 3, 377. ?) Pölitz 2, 274 ff, Berg-

haus 3, 377 ft.

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Eine Verfügung vom 25. Mai 1811 hob, mit Wirkung vom 30. Juni 1815 an, die Leibeigenschaft in Hessen auf, und am 1. Juli 1812 wurde das französische Mass- und Grewichtssystem im ganzen Grossherzog- tum eingeführt).

Was schliesslich das Grossherzogtum Berg betrifft, dem ja die Lande des Rheingrafen einverleibt worden waren, so ging der Regent Joachim Murat zunächst darauf hinaus, die alten Einrichtungen und Gesetze möglichst beizubehalten, und sie nur in etwa den Anforderungen der neuen Zeit und der veränderten Lage anzupassen. Als er jedoch schon bald auf den Königsthron von Neapel versetzt wurde, kam das Grossherzogtum unter die unmittelbare kaiserliche Verwaltung, die auch in Wirklichkeit bestehen blieb, als am 3. März 1809 Napoleon dem Lande einen neuen Herrscher gab in der Person des 4jährigen Kron- prinzen von Holland. Durch Erlass vom 14. November 1808 teilte Napoleon das Gebiet in 4 Departements, denen Arrondissements und Kantone unterstellt waren; am 18. Dezember erfolgte die Regelung der Behörden und ganz wie in Frankreich selbst wurden ernannt Präfekten, Generalsekretaire, Präfektur- und Generaldepartementsräte, ferner Unter- präfekten, Distriktsräte, Maires und Munizipalräte. Am 1. Januar 1810 wurde der Code Napoleon mit bestimmten Veränderungen eingeführt, die Leibeigenschaft verschwand, der 11. Januar 1809 brachte die Auf- hebung aller Lehen, die für freies Eigentum erklärt wurden, und am 25. Februar 1809 wurde das Postwesen neu eingerichtet ?).

Niemand wird leugnen können und wollen, dass die Beseitigung der unzähligen Kleinstaaten im westlichen Deutschland ein Glück für unser Vaterland gewesen ist, und ebenso ist die Aufhebung der Feudal- verfassung, und was mit ihr im Gefolge war, nicht hoch genug anzu- schlagen. Aber mit der Errichtung des Rheinbundes im Jahre 1806 war die Zeit der Veränderungen in Deutschland noch nicht vorüber. Der unglückliche Krieg, in welchen Preussen im gleichen Jahre ver- wickelt wurde, brachte dieses Land nicht nur selbst an den Rand des Verderbens und beraubte es zahlreicher blühender und reicher Länder und Provinzen, sondern er führte auch sämtliche mittel- und nord- deutschen Fürsten dem Rheinbunde zu, der im Jahre 1807 sogar die beiden Mecklenburg umschloss. Anderseits entstand durch Napoleons Gnaden als neues Gebiet das Königreich Westfalen, das ebenfalls in den Rheinbund aufgenommen wurde. So hatte denn dieser im Jahre 1805 seine grösste Ausdehnung; doch schon in kurzer Zeit wurde er von seinem Protektor selbst um ein beträchtliches verringert. Um die

‘) Pölitz 2, 237 ff, Berghaus 3, 358 ff. 2) Pölitz 2, 180. Berghaus3, 3431f.

SEN

segen England erlassene Festlandsperre in wirksamerer Weise durch- führen zu können, als bisher, hielt Napoleon es für angezeigt, die Rhein-, Ems-, Weser- und Elbemündungen mit dem dazu gehörigen Hinterlande unmittelbar mit dem französischen Kaiserreiche zu ver- einigen, und die Kosten dieser Verschmelzung hatten ausser einigen widerspenstigen Herren auch mehrere Fürsten des Rheinbundes zu be- zahlen. Waren die Rheingrafen bereits durch die Bundesakte des Jahres 1806 ihrer Souveränität verlustig gegangen, so sollte nunmehr auch für ihre Verwandten, die Fürsten von Salm-Salm und Kyrbursg, desgleichen für den Herzog von Aremberg die Todesstunde schlagen. Obgleich ja diese zu den Stiftern des neuen Bundes gehörten, obgleich sie es in keiner Weise an Unterwürfigkeit gegen ihren Oberherrn hatten fehlen lassen. so wurden auch sie über Nacht ihrer Selbständigkeit beraubt, indem durch Dekret vom 10. Oktober 1810 die gesamten Lande der Fürsten von Salm in der Grösse von 31 ÜMeilen mit 59000 Einwohnern ohne jegliche Entschädigung mit dem französischen Reiche für ewige Zeiten untrennbar vereinigt wurden !).

In ähnlicher Lage befand sich ihr Leidensgenosse, der Herzog von Aremberg, der am gleichen Tage von der Liste der regierenden Herren gestrichen wurde und nicht nur die Aemter Meppen und Dülmen verlor, das ihm erst 1806 zugesprochen war, als der Herzog von Crov mediatisirt wurde, sondern auch den letzten Rest seiner Herrlichkeit, das Vest Recklinghausen, am 21. Januar 1811 an das Grossherzogtum Berg abtreten musste. Doch wurde ihm wenigstens als kleiner Ersatz eine feste Rente von 2000000 Franks zugesprochen, während die Fürsten von Salm völlig leer ausgingen und traurige Tage durchzumachen hatten, infolge dessen der Fürst Moritz von Salm-Kyrburg am 11. März 1811 in aller Ergebenheit den Kaiser Napoleon um einen Senatorposten bitten musste ?).

Aus diesen (Gebieten, den Ländern der früheren holländischen Krone und den Abtretungen, die auch das Grossherzogtum Berg sich gefallen lassen musste, wurden drei Departements des Ober-Yssels, der Ysselmündung und der Westems gebildet, und zwar wurden mit dem ersten die alten Salmschen ‘und rheingräflichen Lande vereinigt, des- gleichen das Amt Dülmen, während das Arembergsche Gebiet von Meppen dem Departement der Ysselmündung zugewiesen wurde. Den Bemühungen der Stadt Münster, die durch diese Einteilung zu einer einfachen Bezirkshauptstadt herabgedrückt wurde, ist es zu danken, dass diese unnatürliche Vereinigung nicht lange Bestand hatte, und

1) Berghaus 3, 21. -— ?) Sybels Zeitschrift 58, 456

318

so wurde denn bereits am 27. April 1811 vom französischen Senate ein Gesetz angenommen, nach welchem die Arrondissements Rees, Münster, Steinfurt und Neuenhaus ein eigenes Departement der Lippe bilden sollten mit dem Hauptorte Münster. So umfasste dieses denn auf 106 Meilen das frühere rechtsrheinische Herzogtum Cleve, die Salm-Salm- und Kyrburgschen Lande, die Grafschaft Croy-Dülmen, die von Berg abgetretenen Länder des Rheingrafen, den nördlichen Teil des Fürstentums Münster und nebst einigen andern kleineren Gebieten die Besitzungen des Herzogs von Aremberg, soweit sie nicht mit dem Grossherzogtum Berg vereinigt waren').

XI.

Doch auch diese Staatenbildung war nicht von langer Dauer. Napoleons Stern ging in den Eisfeldern Russlands unter, die Völker Europas erhoben sich zum Freiheitskampfe gegen ihren Unterdrücker, und die Schlacht bei Leipzig besiegelte den Sturz des Imperators. Die nächste Folge war der Zusammenbruch des Rheinbundes und der von Napoleon geschaffenen neuen Herrschaften; bereits im Oktober 1813 lösten sich das Königreich Westfalen und die Grossherzogtümer Berg und Frankfurt auf, und der Fürst v. d. Leyen wurde für die Anhänglichkeit an Frankreich seiner Grafschaft beraubt, desgleichen der Fürst von Isenburg, während die bedeutenderen Mitglieder des Rheinbundes noch rechtzeitig retteten, was zu retten war, und durch besondere Verträge zu den Verbündeten übertraten. Mit dem Ende des Jahres 1813 war Deutschland bis zum Rhein frei vom französischen Joche, und als Napoleon seiner Würden entsetzt und der erste Pariser Friede ge- schlossen war, der Frankreich auf die Grenzen des Jahres 1793 zurück- führte, trat am 8. Oktober 1814 der Congress zu Wien zusammen, um die Verhältnisse Deutschlands neu zu ordnen. Neue Hoffnung er- füllte auch die mediatisirten Fürsten, welche durch die Ereignisse der Jahre 1806 und 1810 ihrer Länder verlustig gegangen waren, selbst die Mitglieder der ehemaligen Reichsritterschaft wiegten sich in dem Traume, das Verlorene wieder zu erlangen, und so wimmelte es denn in Wien auch von den Gesandten dieser Stände, welche mit seltener Ausdauer auf ihr gutes Recht pochten. Und doch sollte keiner ihrer Wünsche in Erfüllung gehen, und niemand der depossedirten Fürsten hat seine frühere Souveränität wiederbekommen. Für eine Anzahl dieser, wie die Fürsten von Leiningen, Wied-Runkel, Loewenstein, war die Sache von vornherein verloren, da die Verbündeten den grösseren

1) Berghaus 3, 30, 90.

319

Gliedern des ehemaligen Rheinbundes in besonderen Verträgen ihren augenblicklichen Besitzstand feierlich verbürgt hatten, und zu diesem gehörten ja auch die Besitzungen der ebengenannten Edlen. Aber auch die Fürsten von Salm, der Rheingraf, die Herzöge von Aremberg und Croy, deren Gebiete durch den Zusammenbruch der Napoleonischen Herrschaft frei geworden waren, wurden nicht wieder in die Zahl der regierenden Fürsten und Herren aufgenommen, da besonders Preussen kleine in seinen westfälischen Landen enklavirte Gebiete nicht dulden wollte, und diese selbst zu seiner Entschädigung dringend nötig waren. So verordnete denn der $ 43 der Wiener Congressakte: »Les distriets mé- diatises suivans, savoir: les possessions que les Princes de Salm-Salm et Salm-Kyrburg, les Comtes dénommés les Rhein- und Wildgrafen et le Duc de Croy ont obtenues par le recès principal et la Députation extraordinaire de l’Empire du 25 Février 1803 dans l'ancien cercle de Westphalie, ainsi que les Seigneuries d’Anholt et de Gehmen ..... le Comté de Reklingshausen appartenant au Duc d’Aremberg . . seront placées dans les relations avec la Monarchie Prussienne que la Constitution fédérative de l'Allemagne règlera pour les territoires mé- diatisés« 1). Desgleichen wurde die frühere Herrschaft Meppen des Her- zogs von Aremberg durch Artikel 32 an Hannover überlassen?). Die Grafschaft Hohengeroldseck, bis dahin im Besitze des Fürsten v.d. Leven, wird durch Vertrag vom 12. Juni 1815 zwischen Preussen und Oester- reich dem letzteren übergeben*), und trotzdem die Entschädigung des früheren Besitzers einen der Punkte des Aachener Congresses (1818) bilden sollte®), kam die Frage nicht zur Erledigung, vielmehr wurde die Grafschaft durch Vertrag zwischen Oesterreich und Baden vom 16. Juli 1819 der Souveränität des Grossherzogtums unterstellt, und der Fürst v. d. Leyen verschwand in der Zahl der mediatisirten Herren). In Betreff dieser wurden in der deutschen Bundesakte verschiedene Be- stimmungen getroffen.

Zunächst besagt $ 6: »Ob den mediatisirten vormaligen Reichs- ständen auch einige Curiatstimmen in pleno (des Bundestages) zu- gestanden werden sollen, wird die Bundesversammlung bei der Beratung der organischen Bundesgesetze in Erwägung nehmen « ®). Dies ist nicht geschehen.

Weiter verfügt $ 14%): »Um den im Jahre 1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehemaligen Reichsständen und Reichsangehörigen, in Gemässheit der gegenwärtigen Verhältnisse, in allen Bundesstaaten

1) Ghillany 1, 341. ?) Ib. 339. 5) Lancizolle 122. *) Ghillany 1, 407.

5) Lancizolle 130. °) Ghillany 2, 56. ?) Ghillany 2, 58.

einen gleichförmig bleibenden Rechtszustand zu verschaffen, so ver- einigen die Bundesstaaten sich dahin:

a) dass diese fürstlichen und gräflichen Häuser fortan nichts- destoweniger zu dem hohen Adel in Deutschland gerechnet werden und ihnen das Recht der Ebenbürtigkeit in dem bisher damit verbundenen Begrill verbleibt ;

sind die Häupter dieser Häuser die ersten Standesherren

in dem Staate, zu dem sie gehören. Sie und ihre

Familien bilden die privilegirteste Klasse in demselben, ins-

besondere in Ansehung der Besteuerung:

c) es sollen ihnen überhaupt in Rücksicht ihrer Personen, Familien und Besitzungen alle diejenigen Vorzüge und Rechte zugesichert werden oder bleiben, welche aus ihrem Eigen- tum und dessen ungestörtem Genuss herrühren und nicht zu der Staatsgewalt und den höheren Regierungsrechten gehören.

h

Unter vorerwähnten Rechten sind insbesondere und namentlich begriffen:

1.

Die unbeschränkte Freiheit, ihren Aufenthalt in jedem zu dem Bunde gehörenden und mit demselben in Frieden lebenden Staate zu nehmen.

. Werden nach den Grundsätzen der früheren deutschen Ver-

fassung die noch bestehenden Familienverträge aufrecht er- halten und ihnen die Befugnis zugesichert, über ihre Güter und Familienverhältnisse verbindliche Verfügung zu treffen, welche jedoch dem Souverain vorgelegt und bei den höchsten Landesstellen zur allgemeinen Kenntnis und Nachachtung ge- bracht werden müssen. Alle bisher dagegen erlassenen Ver- ordnungen sollen für künftige Fälle nicht weiter anwendbar sein.

. Privilegirter Grerichtsstand und Befreiung von aller Militär-

pilichtigkeit für sich und ihre Familien.

. Die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gerechtigkeits-

pflege in erster und, wo die Besitzung gross genug ist, in zweiter Instanz, der Forstgerichtsbarkeit, Ortspolizei und Auf- sicht in Kirchen- und Schulsachen, auch über milde Stiftungen, jedoch nach Vorschrift der Landesgesetze, welchen sie, sowie der Militärverfassung und Oberaufsicht der Regierungen über jene Zuständigkeiten unterworfen bleiben.

Dem ehemaligen Reichsadel werden die sub No. 1 und 2 ange- führten Rechte, Anteil der Begüterten an Landstandschaft, Patrimonial- und Forsteerichtsbarkeit. Ortspolizei, Kirchenpatronat und der privilegirte

321

Gerichtsstand zugesichert, diese Rechte werden jedoch nur nach Vor- schrift der Landesgesetze ausgeübt. In den durch den Frieden von Luneville vom 5. Februar 1801 von Deutschland abgetretenen und jetzt wieder damit vereinigten Provinzen werden bei Anwendung der obigen Grundsätze auf den ehemaligen unmittelbaren Reichsadel diejenigen Beschränkungen stattfinden, welche die dort bestehenden besonderen Verhältnisse notwendig machen.«

Es ist nun leicht erklärlich, dass diese Bestimmungen die Hoffnung der mediatisirten Fürsten, in ihre alten Rechte und Besitzungen wieder eingesetzt zu werden, völlig vernichtete, und wenn sie nun auch ihrer- seits nichts Weltbewegendes dagegen unternehmen konnten, so legten doch die meisten von ihnen, u. a. die Fürsten von Leiningen, Löwen- stein-Wertheim, Wied-Runkel, am 13. Juni 1815 eine feierliche Rechts- verwahrung ein wider den sie betreffenden Inhalt der deutschen Bundes- akte mit Beziehung auf ihren Rechts- und Besitzstand von 1805. Diese lautet !):

»Die unterzeichneten, unterdrückten Reichsstände sind in ihrer gerechten Erwartung, durch die deutsche Bundesakte ihren Rechts- zustand von 1805, mit Hinsicht auf zu Beförderung des deutschen (remeinwohls freiwillig dargebotenen Opfer, nach getroffener Ueberein- kunft mit ihnen wieder hergestellt zu sehen, schmerzlich getäuscht.

Die Verhältnisse nötigen sie zwar, in Ansehung der in der neuen Constitutionsakte für ihren künftigen Zustand diktirten Normen, sich für jetzt der Gewalt der Umstände zu fügen. Sie sehen sich jedoch verpflichtet, für sich, ihre Nachkommen und ihre angestammten Unter- thanen vor dem hohen Congress und vor der ganzen Welt die Ver- wahrung einzulegen, dass sie sich den Umfang ihrer Rechte und Befugnisse, wie sie der Besitzstand von 1805 bezeichnet, für ewige Zeiten vorbehalten und nur in diejenigen Opfer willigen können und werden, welche, als Resultat freiwilliger Uebereinkunft mit ihnen, einzig und allein eine rechtliche Aenderung ihres altehrwürdigen garantirten Rechtszustandes zu begründen vermögen. Sie behalten sich daher vor, den Umfang dieses Rechtszustandes bei der künftigen Bundesversammlung und bei jeder rechtlichen Veranlassung geltend zu machen«.

Sämtliche im Jahre 1789 in Lothringen regierenden Herrscher- familien, mit alleiniger Ausnahme von Hessen-Darmstadt und Nassau, waren somit endgültig ihrer Souveränität beraubt und haben sie auch bis auf den heutigen Tag nicht zurück erhalten; ja, die Ereignisse des Jahres 1866 haben auch die Selbständigkeit des Herzogtums Nassau

1) Ghillany 2, 62.

vernichtet, sodass nunmehr allein der Grossherzog von Hessen (wenn

wir den Grossherzog von Luxemburg übergehen), noch seine Krone

trägt die übrigen lothringischen Grossen gehören der Geschichte. an.

Erwähnen möchten wir noch, dass am 24. März 1816 die Linie Nassau-

Usingen erloschen, und nach den Bestimmungen des Familienvertrags

von 1806 die Regierung des Herzogtums Nassau auf den Weilburger

Zweig übergegangen ist!) Die Fürsten von Wied-Runkel starben

am 28. April 1824 aus und wurden in ihrem landständischen Besitz

von den Fürsten von Wied-Neuwied beerbt?); schliesslich hat im

Jahre 1825 der Fürst von Salm-Kyrburg sein standesherrliches Gebiet

gegen eine feste Rente an Salm-Salm verkauft).

Fassen wir zum Schluss noch einmal kurz die Veränderungen zusammen, die in dem Besitzstande der speziell lothringischen Herren während der französischen Revolution eingetreten sind, so ergiebt sich folgendes :

1. Der Herzog von Croy besitzt 1789 das Dorf Thieourt und

Herrenrechte in der Grafschaft Finstingen: er erhält 1803 das Amt Dülmen, kommt am 12. Juli 1806 unter die Souveränität des Herzogs von Aremberg, wird am 13. Dezember 1810 fran- zösischer Unterthan und am 9. Juni 1815 preussischer Standes- herr, was er heute noch ist. Er residirt in Dülmen in West- falen.

2. Der Fürst von Leiningen-Hartenburg besitzt 1789 in Lothringen die Grafschaft Dagsburg unter französischer Oberhoheit, wird 1803 mit Amorbach, Miltenberg u. a. entschädigt, wird 1806 mediatisirt und kommt unter badische Oberhoheit, desgleichen am 17. Mai 1807 wegen des Hofes Maisenbach unter Würz- burg, am 7. und 8. September 1810 für die Aemter Amorbach und Miltenberg unter Hessen-Darmstadt und am 30. Juni 1816 für dieselben unter Bayern. Er wohnt zu Amorbach.

3. Der Fürst von Löwenstein-Wertheim ist 1789 im Besitz der Grafschaft Püttlingen unter französischer Oberhoheit, wird 1803 in der Main- und Taubergegend entschädigt, verliert 1806 | seine Souveränität und kommt nach manchen Aenderungen und Verschiebungen schliesslich als Standesherr unter Württem- berg und Bayern.

+. Der Fürst von Salm-Kyrburg nennt 1789 Teile der Grafschaft Diemeringen sein Eigen, wird 1803 mit einem Drittel von Ahaus und Bockolt entschädigt, wird 1806 souveränes Mitelied des

') Lancizolle 126. *) Ib. 161. ©) Ib. 157. |

323

Rheinbundes und vergrössert seine Lande durch die Herrschaft Gehmen, kommt am 13. Dezember 1810 unter Frankreich und ebenfalls als Standesherr am 9. Juni 1815 unter Preussen, verkauft 1825 seine Standesherrschaft an Salm-Salm.

. Der Fürst von Salm-Salm ist 1789 im Besitze der gefürsteten

Grafschaft Salm und eines Teils von Diemeringen, wird 1803 mit zwei Dritteln von Ahaus und Bockolt entschädigt, ist im Besitze der Herrschaft Anholt, tritt am 12. Juli 1806 als Sou- verain dem Rheinbunde bei, wird am 13. Oktober 1810 mediatisirt und kommt unter Frankreich, desgleichen am 9. Juni 1815 als Standesherr unter Preussen, erwirbt 1825 das Salm- Kyrburgsche Gebiet und residiert noch heute in Anholt in Westfalen.

ÿ, Der Wild- und Rheingraf von Grumbach herrscht 1789 über

Teile der Grafschalt Diemeringen, erhält 1803 das Münster- sche Amt Horstmar, verliert am 12. Juli 1806 seine Souveränität und kommt als Standesherr unter das Grossherzogtum Berg, desgleichen am 13. Oktober 1810 unter Frankreich, am 9. Juni 1815 unter Preussen und wird von letzterem im Jahre 1817 in den Fürstenstand erhoben mit dem Titel: Fürst von Salm- Horstmar. Er wohnt bis heute in Horstmar in Westfalen.

. Der Fürst v. d. Leyen ist 1789 Herr der Grafschaft Blieskastel

und Inhaber der französischen Lehensbaronie Wölferdingen; er erhält 1803 keine Entschädigung für die verlorenen Gebiete und bleibt nur im Besitze der Grafschaft Hohengeroldseck, wird 1806 souveränes Mitglied des Rheinbundes und erhält den Fürstentitel, wird 1813 seines Besitzes von den Verbündeten entsetzt und mediatisirt, kommt am 12. Juni 1815 als Standes- herr unter Oesterreich, am 16. Juli 1819 unter Baden.

. Der Fürst von Wied-Runkel ist 1789 Herr der Grafschaft

Kriechingen und der Lehensherrschaft Rollingen, wird 1803 entschädigt mit den Kölnischen Aemtern Nürburg und Altwied und der Trierischen Kellerei Vilmar, wird am 12. Juli 1806 mediatisirt und kommt unter die Souveränität von Berg und Nassau, 1815 desgleichen unter Preussen und Nassau. Das Haus stirbt am 28. April 1824 aus.

324

Ueber die Sogenannten Juppitersäulen.

Nebst einer Anzeige von G. Save et Ch. Schuler, Le groupe équestre de Grand au Musée Lorrain. Nancy 1898 (Extrait des Mémoires de la Société d'archéologie lorraine 1899). 32 S., gr. 8. 1 Tafel.

Von Alex. Riese, Frankfurt a. M.

Die seit einigen Jahrzehnten so viel besprochenen > Gigantensäulen « oder »Juppitersäulen« waren lange nur in einem bestimmten, überall im wesentlichen gleichen Typus bekannt. Ueber einen Schlangenfüssler, der sich mit den Händen aufstemmt und mit dem Leibe auf dem Boden liegt, sprengt in dem Panzer und flatternden Kriegsmantel eines römischen Feldherrn ein barhäuptiger, bärtiger Reiter dahin: diese (Gruppe steht auf dem weitausladenden, mit vier Köpfen geschmückten Kapitäl einer meist mit Schuppen gezierten Säule. Seit dem Fund von Merten (1878) erkannte man auch, dass diese Säule auf einem Block mit Bildnissen der sieben Wochengötter und dieser wiederum auf einem der vielen »Viergöttersteine«, die bisweilen »Jori Optimo Mazximo« (IOM, dem mannigmal zugefügt ist »et Junoni Reginae«) geweiht sind, zu stehen pflegte. Nur wenige Varianten schienen vorzukommen (die Rüstung war bald mehr bald weniger distinguiert, und statt des Schlangenfüsslers erschien zuweilen eine Gigantin, einmal sogar die beiden, er und sie, nebeneinander)!), und die Erklärungsversuche ba- sierten selbstverständlich auf dieser Form. Da brachten die letzten Jahre verschiedene Funde, welche die Einheit des Bildes zerstörten. In der Gruppe von Besigheim fand sich statt Ross und Reiter ein Zweigespann mit Wagen und Wagenlenker?). Der Reiter von Ehrang zeigte sich eher als ein einheimischer Bauer denn als ein Krieger). Der Reiter von Trier“) trägt in der Rechten wie Hercules eine ge- waltige Keule, und etwas ähnliches der Krieger des Reliefs von Mer- kenich, welcher noch dazu nicht als Reiter sondern zu Fuss auftritt?).

1) Westd. Zeitschrift IV, 374ff., X, 331. 3) Westd. Zeitschr. XVI, 293.

3) Korr.-Bl. d. Westd. Zeitschr. X, 26.

*) Westd. Zeitschr. XVI, 296.

5) Bonner Jahrb, 104, S. 62.

325 --

Und neuerdings verändert sich auch die andere Person der Gruppe: bei Grand im französischen Lothringen kam vor wenigen Jahren aus einem römischen Brunnen etwa 100 Meter von der Römerstrasse nach Liffol, nahe den antiken Bädern und dem Amphitheater ein Exemplar derselben zum Vorschein, welches anstatt des Schlangenfüsslers einen geflügelten Genius von gedrungenem Körperbau zeigt, der mit beiden Händen einen »Blitz« trägt. So beschreiben ihn wenigstens die Herren G. Save und Ch. Schuler, die Verfasser des Schriftchens, welches wir hier zunächst anzeigen wollen.

Zuerst geben die Verfasser eine kurze Fundgeschichte des im Oktober 1895 entdeckten Bildwerkes, aus welcher wir hervorheben. dass dessen Erwerber. Herr Leblanc in Nancv, es in dankenswertester Weise 1899 dem Musée lorrain daselbst übergab. Der dortige Conser- vator, Herr L. Wiener, setzte dann die Gruppe nämlich Säule, Kapitäl, Platte, Panzerreiter und Genius aus 44 Stücken zu- sammen (bez. restaurierte die beiden ersten), und so ist die nur kleine Zahl der etwas vollständigeren Exemplare jetzt um ein Stück vermehrt. Die Höhe der Gruppe beträgt 1,20 m, die des Genius 0,45 m.

Dann zählen die Verfasser 62 dieser meist fragmentierten Monu- mente auf, die sich auf Nordostfrankreich (12), das übrige Frank- reich (10), Elsass-Lothringen (19) und das übrige Deutschland (21) verteilen. Die Aufzählung ist jedoch nicht vollständig: wir fügen die Monumente von Ehrang (2), Trier, Differten, Hohenecken, Kreuzwald, Neunkirchen, Worms, Frettenheim, Klein-Steinbach. Neckarburken. Cannstatt (2), Köngen, Weil im Schönbuch (2), Besigheim, Brumath, Hanau hinzu, ohne damit Vollständigkeit verbürgen zu wollen. Auch zwei von S. Reinach!) nach Caylus wiedergegebene Werke aus der Franche Comté (eines aus Luxeuil) gehören, wenn überhaupt echt, sicherlich hierher.

Die nun folgende Beschreibung des Denkmals (S. 7—15) ist ent- schieden zu loben und bildet die wichtigste Partie des Buches. Alles Thatsächliche ist verständig und verständlich beschrieben und beurteilt: die darüber aufgestellten Vermutungen sind grossenteils einleuchtend. Auch dass die 8 cm tiefe Einbohrung auf dem Kopfe des Reiters für die Aufnahme des ##mbus diente, jener Nachahmung der strahlenden Sonne die sich mit der »légende significatives Soli inricto auf den Kaiserbildern

!) Reinach, Repertoire de la statuaire grecque et romaine II, 414, 2: 532, 3. Nach dieser leicht zugänglichen Sammlung werde ich im Weiteren die in sie

aufgenommenen Bildwerke in der Regel citieren.

NE

mancher Münzen befinde, glauben die Verfasser mit Recht; unentschieden lassen sie die Bedeutung eines 6 cm tiefen Loches auf dem Kopfe des (Sonnen-) Rosses. Nur eines vermögen wir den Verfassern nicht zu glauben, dass nämlich der hin und her gewundene Gegenstand in den Händen des Genius einen Blitz bezeichne. Denn diesen finden wir im Altertum fast immer durch einen kompakten Körper (den Donnerkeil: vgl. Sittl, Archäologie der Kunst, S.815. Reinach I, 187 ff.) dargestellt, aber wohl nirgends durch eine solche in stetem möglichst gleichmässigem Wechsel nach rechts und nach links umbiegende Linie!); wohl aber ist dies die gewöhnliche Linie für die Schlange, wie sie z. B. nach Hettners richtiger Auffassung auf dem Viergôtterstein von Theley, (Westd. Zeitschr. II, Taf. 1, 1 neben dem Juppiter mit dem Rade) in der Hand der Juno erscheint. Dieselbe »Schlangenlinie« in Junos Hand bieten die Viergöltersteine in der Pfalz und der von Dunzweiler (ebenda X, Taf. 2, 95a) und in Ceres Hand vielleicht ebenda Taf. 4, 172c, und dürfte die »Speerspitze« dieser rohen Arbeit (nach Hettner vielmehr eine doldenartige Erweiterung «) wohl eher ein Schlangenkopf sein?). Dieselbe gleichmässig gewundene Linie zeigt für die Schlange der caduceus des Merkur, die meisten der Mithrasbilder (u. a. vgl. Cumont II, 265), die Abbildungen bei Haug- Sixt, Inschr. Württemb., nr. 24 und 112, K. O. Müller, Denkm. II, 825, ein Relief vom Limes (Limesblatt Sp. 868) und viele andere. Wir halten also den Gegenstand für eine Schlange; auf ihre Bedeutung werden wir später zurückkommen.

Die zwei Abbildungen des Denkmals sind leider nicht zu loben. Sie sind zu klein, zu wenig scharf, und von zwei einander allzunahen Standpunkten (von vorn und beinahe vorn) aufgenommen und werden durch keine seitliche Ansicht ergänzt. So bleibt der Mantel des Reiters unsichtbar und die Flügel des Genius allzu unbestimmt, die Stelle der angeblichen Keule, die ganze linke Seite entziehen sich der Beurteilung. Eine wissenschaftlich genügende Reproduction des wichtigen Denkmals ist dringend erforderlich.

Von 5. 15 an werden die bisherigen Deutungen in folgender Weise classificiert. Der Reiter sei 1. Dieu topique Germain, 2. Divinité

1) Relativ am ähnlichsten noch auf einer Münze des Antoninus Pius (Cohen II, Taf. 11, 7): aber der wesentliche Unterschied ist auch da, dass der Blitz eine Spitze hat und haben muss, während das Ende des Gegenstandes hier in Grand wie eine runde Schlinge oder Schleife (der Schlangenkopf?) aussieht.

?) Vgl. Westd. Zeitschr. X, 299f.

solaire '), 3. Hercules, 4.6. Neptun, 7. Juppiter, 8. Julius Caesar ?)(!), 9. Caracalla, 10. Probus, 11. Maximian. Es fehlen die Deutungen : Neptun Caligula (Koepp), der Kaiser allgemein als Vertreter der Reichsmacht (Riese 1885), dieser Kaiser als Juppiter aufgefasst (Haug). (Gegen jede der genannten Deutungen bringen die Verfasser in Kürze ihre mehr oder weniger zutreffenden Einwendungen vor, um schliesslich ihrerseits in dem Reiter den Constantius Chlorus (+ 306) zu erkennen ! Da dieser die Germanen öfters besiegte und bei den Galliern und seinen Truppen beliebt war, werde man ihm, so sagen sie, gern Denkmäler er- richtet haben. Ferner führte dieser den Beinamen Herculius, und in der rechten Hand glauben die Verfasser Spuren einer (auf dem Bilde nicht wahrnehmbaren) Keule zu erkennen, die sie an Hercules erinnerte. Der »Blitz« in den Händen des Genius weise auf die blitzartige Schnelligkeit der Feldzüge jenes Kaisers, bei anderen Exemplaren der Gigant auf die in ihren batavischen Sümpfen kaum zu fassenden Feinde! Dass die Denkmäler von Heddernheim (240) und Schierstein (221) viel älter sind, soll kurz mit der übrigens unrichtigen Bemerkung abgethan werden, dass diese beiden fast allein eben auch keine herkulischen, sondern nur allgemein kaiserliche Züge zeigten. Diese Beweisgründe sind durchaus hinfällig, und dieser Teil der Schrift, den die Verfasser auch selbst bescheiden nur als vorläufige Hypothese bezeichnen, ist leider völlig verfehlt.

Wenn wir nun nach der allgemeineren Bedeutung des Fundes von Grand fragen, so liegt diese vor allem darin, dass er uns veranlasst, endlich einmal die Untersuchung nicht mit dem Reiter, sondern mit dem unteren Wesen zu beginnen, welches die Verfasser richtig als Genius erklären. Die Frage wird lauten müssen: Welches Wesen könnte eben sowohl als Schlangenfüssler wie als Genius dargestellt werden? Der Schlangenfüssler ist, was wohl zu beachten, nicht ein wider den Reiter kämpfender Gigant, wie sie üblich sind in der

1) Voulot, Revue archéol. 1880, II, 112ff., 291 ff.; 1881, I, 104ff. Es ist danach ein »Dieu aquatique anguipède prêtant secours à un dieu solaire, eivili- sateur et conquérant, accomplissant sa course et dont le mouvement rétrograde de la jambe droite correspondrait à certaines lois sidérales. Ces monuments, situés sur le bord des rivières, protégaient les gués.« Enthält ein Kürnlein Wahr- heit neben vielem Irrtum.

?) Dies hatte längst vor De Sauley, den die Verfasser anführen, Salmasius bereits 1626 von dem Exemplar von Cussy vermutet (Rev. arch. 1879, I, 18).

328

griechisch-römischen Kunst und auch im Rheinland dargestellt sind !), sondern auf allen diesen Denkmälern, bei allen sonstigen Verschieden- heiten, erscheint das untere Wesen (man gestatte mir der Kürze halber überall diese Benennung) stets unterthänig und stützend gegenüber dem oberen; was am bestimmtesten durch das häufige Auflegen der Vorderhufe des Pferdes auf die ausgebreiteten Handflächen des unteren Wesens ausgedrückt ist. Dass dieses zu dem Zwecke erst hätte besiegt werden müssen, finden wir nirgends angedeutet, auch der (Gesichts- ausdruck giebt dafür ausser bei wenigen Exemplaren, die man zur Not so deuten könnte, keinen Anhalt. Diese Auffassung des gegen- seitigen Verhältnisses, welche schon 1842 Jäger in Speyer aussprach, ist mit Recht jetzt die herrschende.

Was also ist dem geflügelten Genius von Grand und dem Schlangenfüssler gemeinsam? Da der gewundene (regenstand, den ersterer mit seinen beiden Händen hält. nach unserer obigen Darlegung S. 326 auch eine Schlange vorstellt, so ist die Identität beider Wesen schon deutlicher: der Künstler von Grand wollte die Schlange auch dem Beschauer sichtbar sein lassen, was sie bei den »’Schlangen- füsslern« wegen ihrer so hohen Position kaum ist, und bildete daher das untere Wesen menschlich aus: Kopf, Haartracht und das Stützen des linken Pferdehufes aber gestaltete er ganz so wie es sonst bei vielen der Schlangenfüssler ist.

Also auch ein dienendes Wesen. Was bedeutet es? Die Ansicht, es sei ein keltischer oder germanischer Wuotansdiener, ein Windelbe oder dgl. soll später im Zusammenhang behandelt und hier nur voraus- geschickt werden, dass wir ihr nicht beipflichten können. Anders steht es mit dienenden oder stützenden Schlangenfüsslern und ähnlichen Wesen in der griechisch-römischen Kunst, mit Tritonen, Atlanten, Giganten. Man betrachte den fischschwänzigen Triton, welcher von einem Tempelgiebel in Lokri stammt?) und auf seinen Händen die Vorderhufe eines von einem jugendlichen Reiter gerittenen Rosses trägt. Oder die Giganten selbst, welche nicht nur (vgl. Roscher Mythol. I 1669) in einem etruskischen Grab und in der Gigantenhalle zu Athen als Gebälkträger vorkommen, sondern auch hier in unseren Landen sind sie an einem Säulencapitäl von Neumagen »an dessen Ecken Gi- santen hervortreten .. die auf Rücken und eingestemmten Armen den

!) Z.B.in Rottweil (Sixt-Haug S. 60), auf mehreren Mithrasbildern (Oster- burken, Cumont II, 350; vgl. ebenda 264; 336).

?) Abgebildet z. B. Westd. Ztschr. XII, 338; Reinach II, 533, 4. Andere solche Tritonen s. Reinach I 429, 5. I 583, 7.

329

Abacus zu tragen haben« (Wagner, W. Z. 145) und an einem Pfeiler- capitäl von Alberschweiler (Keune, W. Z. XV, 344, Arch. Anz. 1897, 10). sowie von Grossgerau (Anthes, Hess. Quartalbl. 1899, T.41): als Inschrift- träger auf einem Viergötterstein (W.Z.X, 34) u.a. Aehnlicher Art ist es, wenn kleine Schlangenfüssler neben stehenden Gottheiten kauern und als Stütze ihrer Attribute benutzt werden: auf einer Münze von Magnesia stützt Athene ihren Schild auf einen solchen kleinen Schlangen- füssler, und ähnlich ist es bei der Minervastatue aus Plaidt bei Ander- nach und einer solchen der ehemaligen Sammlung Crawford'). : Ein solcher trägt auch die Lyra neben Apollo kauernd, ein anderer ‘gar (aus Libourne) den Amor neben Venus’?).

Abgeschwächt ist diese Darstellung, wenn der Gott nur seine linke Hand auf das Haupt des kleinen Schlangenfüsslers legt, eine Bildung, für welche Hettner W. Z. IV, 376 vier Beispiele aus Mainz, Mannheim und Rottweil?) anführt, und wofür weiter das Relief von Merkenich (auf welchem der Gott römische Feldherrntracht trägt). besonders aber die gallischen Thonstatuetten zu nennen sind, auf denen der » Juppiter« mit dem Rade in der Rechten zugleich die Linke auf ein neben ihm knieendes, vielleicht weibliches, nach Hettner (Korr. Bl. IV, 159) wahrscheinlich schlangenfüssiges. Wesen legt.

Diesen Schlangenfüsslern entspricht auch die Schlange selbst, wenn sie nicht als Stütze, sondern nur als Dienerin des Apollo, des Asklepios u. A. (des Lar?*) und endlich auf Mithrasreliefs sich findet. Auf letzteren erklärt sie Cumont bereits für ein Symbol der Erde’), aber ebenso versinnbildlicht ist die Erde auch schon in jenen ersteren kleinen Gestalten, die vielleicht dem freundlich dienenden Pallas- pflegling Eri-chthonios (Erd-fürst ?) zugehören, den richtigen y7—-yevets oder Erdsöhnen.

Wenn der Reiter ein oder beide Vorderhufe seines Rosses oder den eigenen linken Fuss auf die Hände des Schlangenfüsslers resp. des Genius stützt, so ist ihm also in symbolischem Ausdruck »die Erde seiner Füsse Schemel«. Wenn ich nun daraufhin im Folgenden einige Identificierungen vorschlage, die zunächst etwas fremdartig erscheinen werden, so hoffe ich vor dem Vorwurf der Phantasterei durch die Stelle

') O. Müller, Denkm. d. Kunst II, 232. Bonner Jahrb. 18, T. 2, 3. Reinach II, 297, 4. Reinach II 231, 1; vgl. 6.

3?) Reinach II 108, 4. 806, 2.

®, Eines derselben ist W.Z.X Taf. 2. 126 a abgebildet.

#) Statuette aus Mandeure Reinach II, 494, 9.

>) Textes etc. de Mithras I, 80, 102, 192,

des Macrobius geschützt zu sein, die ich unten ausführlich besprechen werde und welche zeigen soll, dass ich den Empfindungen jener Zeit entsprechend verfahre; denn gewagter als dieser Autor sie bringt, werden meine Identificationen auch nicht sein.

Der Genius (von dessen urrömischer Bedeutung wir hier absehen können) wurde bekanntlich symbolisch dargestellt in der Gestalt einer Schlange; so auch der Genius des Hauses und der Genius loci'). Dies ergiebt schon eine, bereits oben berührle Beziehung des Genius in Grand, der wie gesagt grösserer Deutlichkeit halber die Schlange in den Händen trägt (vgl. auch S. 337), zu den Schlangenfüsslern der übrigen Gruppen, die uns noch bestimmter (s. oben) auf die Erde hin- weisen. Diese Schlangenfüssler sind noch dazu bisweilen sicher weib- lichen Geschlechts, so in Seltz, Rottenburg, Altrip, Neunkirchen, Cann- statt (?), Weil (?), Mainz, vgl. S. 329, und auch bei dem Schlangenfüssler von Schierstein soll nach Sanitätsrat Dr. Florschütz »im grossen Ganzen die gesamte Formgebung (auch des Beckens und der Hinterbacken) an weiblichen Typus erinnern« (S. 12). (Wenn ein Mainzer Exemplar ein männliches und ein weibliches Wesen neben einander zeigt, so möchte man dabei an die Cannstatter Votivinschrift genium et anguem (Haug- Sixt S. 386) oder daran denken, dass in römischen Häusern Mann und Frau zwei Genien verehrten, »eigentlich einen Genius und eine Juno«.) Dazu werden wir aus Macrobius von Schlangen zu den Seiten einer Erd- göttin in Hierapolis erfahren, sowie vom Verhältnis der Schlange zur Sonne.

Anderseits ist zwar Juno eigentlich die weibliche Ergänzung des Genius; aber sie ist doch auch seine Stellvertreterin. Junoni Juliae Piae matris Antonini Aug.?) wurde im Jahre 213 geopfert, d. h. dem Genius der Kaiserin; Jumoni Virtutis?) ist eine Inschrift in Friedberg gesetzt, d. h. dem Genius der Virtus; denn auch die Gottheiten haben ihre Genien. Juno aber ist auch die Erde. ®eg&oßıos, Nahrung gebend, ist yaiæ (die Erde) nach Hesiod und den homerischen Hymnen, das- selbe Wort gilt “Hg (Juno) als dem Element der Erde nach dem Philo- sophen Empedokles. Dass Juno die Erde sei ("Hon !ga), sagt u. a. auch der Commentator Probus zu Vergils Eclogen 6, 31, und Augustinus spottet darüber, dass Juno so Verschiedenartiges bedeute, dass sie u. a. sowohl aër als terra seit).

‘) Servius zu Vergils Aeneis V, 95. In Aegypten seit sehr alter Zeit so: Rhein. Mus. f. Philologie LV, 380.

?) CIL VI 2086.

83) Bonner Jahrb. 87, 214.

*) De civitate dei 7, 16: Itemque Juno secundarum causarum domina, et Juno aër, et Juno terra, et, si Venerem vinceret, Juno stella.

» ado dut a

331

Um das Gesagte zusammenzufassen : wir haben diese Gleich- setzungen gefunden: 1. Genius Schlange; Schlange Erde. 2. Genius Juno; Juno Erde. Das Resultat dieser wie ich gern und nachdrücklich betone recht sonderbaren Weisheit ist somit, dass das untere Wesen unserer Gruppe auf die Erde hinweist. Demnach ist für den Schlangenfüssler der weibliche Typus als der hier echte .und ursprüngliche anzusehen. In der That findet sich dieser bis- weilen bisher war er unerklärt und auch unerklärbar und zeigt z. B. in Schierstein ein Aussehen, als solle er noch direkt die uralte Mutter Erde vorstellen !).

Jetzt ist es an der Zeit, uns dem gepanzerten Reiter wieder zu- zuwenden. Von Anfang an wurde dieser, wozu seine Rüstung und sein Ross veranlasste, für einen römischen Feldherrn oder Kaiser gehalten, einen bestimmten wie Probus, Caracalla, Maximian, oder allgemein für den Kaiser, der die Reichsfeinde niederwerfe wie Juppiter die Giganten. Diese Ansicht hat 1885 auch Verfasser dieses vertreten und mit vielen Stellen antiker Autoren, namentlich Dichter, unterstützt. Später hat Haug (Westd. Ztschr. X, 329 ff.) sie dahin modificiert, dass der Kaiser und Juppiter hier begrifflich in einander übergegangen seien; es sei Juppiter, aber er sei als Allegorie der über die Barbaren siegenden römischen Kaisermacht aufgefasst. Die Giganten seien (Germanen, die weiblichen Giganten bedeuten nach Haug die Germania devicta. Auch Wagner ging W. Z. XII, 339 zu dieser Ansicht über. Ich kann sie, obwohl sie damals vielen Beifall fand, jetzt nicht mehr teilen. Zwar die Hinweisung auf die Weihung der Säulen an Juppiter vermag mich nicht davon abzubringen, denn ein einem Gott geweihtes Denkmal musste ja wohl nicht unbedingt dessen Bildsäule tragen; und wenn denn die Inschrift ausschlaggebend sein soll, muss doch mindestens Juppiter und Juno zusammen da sein, da eine grössere Zahl der Weihinschriften beide vereinigt nennen (denn dass Juno auf einer gewissen Anzahl der Viergöttersteine neben anderen Gottheiten und nur in gleicher Bedeutsamkeit wie die anderen dargestellt ist, nicht aber eine hervorragende Stellung einnimmt, kann doch zur Er- klärung der Inschrift nicht ausreichen). Nein; die Ursache, dass ich meine Ansicht ändern musste, liegt vielmehr darin, dass manche der seither gefundenen Gruppen durch ihre besonderen Eigentümlichkeiten,

1) Vgl. Westd. Zeitschr. IV, 379. X, 331. Die Bartlosigkeit anderer Exem-

plare (Besigheim, Ehrang, Hohenecken, Schierstein u. a.) wird auch auf den ursprünglich weiblichen Typus zurückzuführen sein. Vgl. auch Urlichs, Bonner

J. 95, 96.

332

welche ich oben S. 324 angeführt habe, sich mit der Annahme eines römischen Kaisers oder Feldherrn schlechthin nicht vertragen, sowie auch die Bartlosigkeit der meisten, das weibliche Geschlecht einiger der Schlangenfüssler die (leichsetzung mit Barbaren (Germanen) widerrät.

Die zweite Meinung geht dahin, der Reiter sei en römischer (Gott. Entweder hielt man ihn für Neptun (im Gigantenkampf: so. Wagner früher, Prost und Heuzey 1891; oder Neptun =: Caligula: so Koepp), oder für Juppiter. Aber ein Gigantenkampf ist auf der Gruppe thatsächlich nirgends und in keiner Weise vorhanden oder voraus- gesetzt, und gegen Caligula sprechen u. a. die oben gegen einen Kaiser überhaupt vorgebrachten Einwendungen. Und wenn auch Bart und Gesichtsausdruck, um von der Inschrift abzusehen, öfter an Juppiter erinnert, wenn ferner sogar der Lorbeerkranz, den der Reiter in Grand, in Meisenheim (W. Z. VII, T. 7), in Seltz, in Dudweiler (W. Z. XVI 362?) trägt, auch in seltenen Fällen (vgl. Servius ad Verg. Aen. I 398) den römischen Juppiter schmückt: reitend oder gepanzert oder auf einer Säule stehend kommt dieser nie und nirgends vor, und sein Verhältnis zu dem unteren Wesen wäre unverständlich.

So schien es denn das natürlichste, in dem Reiter einen ein- heimischen Juppiter zu erblicken. Diese Ansicht hat zuerst Hettner in einer scharfsinnigen Weise begründet ') und sie hat viele der deutschen Gelehrten (nicht auch die französischen) für sich gewonnen. Hettners Beweise sind folgende : Erstens nenne die Weihinschrift den Juppiter, und da der römische Juppiter nicht gemeint sein kann, so müsse der entsprechende einheimische Gott unter diesem Namen ver- standen werden. Zweitens reiche die Verbreitung der Gruppe nicht über das keltische Gebiet hinaus. Zweifelnd fügt Hettner die Frage hinzu, ob etwa der germanische reitende Wuotan, vielleicht mit einem getreuen Zwerge vereint, dargestellt sei. Dagegen greift auf das ger- manische Gebiet mit Entschiedenheit hinüber Koehl in einem anregend geschriebenen Aufsatze?). Von der damais neugefundenen Schiersteiner Gruppe ausgehend, vermutet er, dass sie, weil ihr Anfang absichtlich weit vor dem Plattenrand vorgerückt sei, das heftige Vorstürmen der beiden verbündeten Wesen ausdrücken wolle, fragt darauf »warum

!) Es sei wohl »ein Hauptgott der hier wohnenden Völkerschaften in römischer Kunstsprache als Juppiter zum Ausdruck gebracht, ein ihm unterthäniger, ihm getreuer Riese oder Elbe hat im wesensgleichen (?) Giganten seine Darstellung gefunden« Hettner, Westd. Ztschr. IV, 380.

+ Kore. Bi. XIV, 53.

333:

nicht« die Gruppe gallo-germanisch sein könne, erklärt sie sodann als eine Säule Thors (Donars) mit seinen Windelben (wenn diese weiblich: »Windsbraut«) und als Votive, als Gewitter- oder Blitzsäulen. Auch Lehner!) denkt wegen des Blitzes in der rechten Hand an den Donner- gott, aber an den gallischen (Taranis Juppiter), und, je nachdem, an den germanischen Wuotan : beides sei in dem römischen Juppiternamen nivelliert. Zu Hettners Begründung kommt für ihn noch weiter das barbarische Aussehen des einen Reiters von Ehrang hinzu. Im Anschluss daran wollen Andere auch in dem angeblichen Blitz des Genius von Grand die Beziehung auf einen keltischen Wettergott erblicken (briel- lich). Florschütz endlich will gleichfalls den keltischen (weil reitenden) Juppiter annehmen, aber auch die Auffassung als eines Denkmals römischen Sieges über einen grimmigen Barbaren damit vereinigen.

(Gegenüber diesen Aufstellungen möchte ich Folgendes betonen. Was die Widmung angeht, so ist sie wie gesagt, wenn sie die signa betrifft, auch vollständig auf sie zu beziehen, also nicht allein Juppiter sondern auch Juno Regina ist dann auf dem Bildwerk zu finden, und dies ist bei jener Auffassung nicht möglich. Wenn ferner Juppiter nicht der römische Gott ist, so kann er natürlich der keltische sein, aber er muss es nicht sein. Und positiv betrachtet spricht die Composition der Gruppe nicht für keltische Beziehungen. Wir kennen keinen reitenden keltischen Gott?). Wir kennen keinen keltischen Schlangen- füssler. Wir kennen keine keltischen Götterbilder auf Säulen. Wir wüssten auch nicht, was mit Juno Regina auf keltischem Gebiete anzufangen wäre.

Das Verbreitungsgebiet der Gruppe ist allerdings rein keltisch. Also ist es erstens nicht germanisch. Von germanischem Cultus und Götterbildern im Gebiet der Mediomatriker *) oder gar in Burgund und Auvergne oder Bretagne vor der Völkerwanderung zu reden, erscheint mir doch den historischen Thatsachen allzusehr widersprechend. Auch die Treverer, wenn sie auch sich gern germanischen Ursprungs rühmten (Tac. Germ. 28), waren doch schon früh entschieden keltisch geartel und zeigen in keiner Weise germanische Sitten. Desgleichen die Stämme

»r Kort. bi. AV, 08.

?) Die Pferdegöttin Epona sitzt auf einem Pferde: dies braucht kaum ernstlich als Ausnahme genannt zu werden. Ebensowenig die auf einem Eber

sitzende Diana, die nach Reinach (Bronzes figures 29) italischem Vorbilde nach- gebildet ist. 3) Denen eine sehr grosse Zahl dieser Denkmäler angehört. Von dem

Inhalt frührömischer Gräber, in den noch die Latène-Cultur hineinspielt, ist im Folgenden natürlich abgesehen.

a

am Rhein, Vangionen, Nemeter und Triboker, waren zwar germanischen Ursprungs, aber auch sie vergassen dessen früh, wurden keltisiert und ihre Gebiete zeigen aus römischer Zeit nur keltische, keltoromanische und römische Ueberreste; und auch im Lande der Mattiaker findet sich aus römischer und gar aus spätrömischer Zeit kaum Germanisches. Das Dekumatenland aber war erst recht vollständig keltisch und dann gallorömisch geworden (vgl. Tac. Germ. 29). Dagegen in den viel mehr germanisch gebliebenen Gebieten der Ubier und besonders der echt deutschen Bataver findet sich die Gruppe nicht (abgesehen von dem Relief aus Merkenich). Und damit sind die Fundgebiete aufgezählt.

Müssen wir also das Germanische a priori ausschliessen, so wäre doch die Möglichkeit aber nur diese einer Erklärung unserer Gruppe aus keltischem Ursprung an und für sich nicht zu bestreiten. Was aber fehlt, ist der positive Beweis. Denn Koehl’s Beweis haftet allzusehr an der einzigen Schiersteiner Gruppe, während die so wichtige Mertener Säule und viele andere (Senon, Rottenburg, die eine von Pforzheim u. a.) durch die aufrechte, vorn fast senkrechte Haltung des Schlangenfüsslers den Gedanken an ein beiderseitiges Vorwärtsstürmen ausschliessen. So dürfte auch Lehner allzusehr durch den seltsamen Ehranger Stein beeinflusst sein, der in mehreren Beziehungen ein Unicum (s. unten), zur allgemein gültigen Erklärung der Gruppe nur mit grosser Vorsicht herangezogen werden darf.

Schliesslich dienten die Vertiefungen in dem Scheitel des Reiters (in Grand, Portieux, Merten, Seltz u. a.) gewiss, wie gesagt, zur Auf- nahme des Strahlenkranzes. Wie wäre dieser mit einem keltischen Donner-, Sturm- oder Wettergott in Einklang zu bringen ?

Es bleibt noch die Möglichkeit eines orientalischen Einflusses, auf den einst A. Hammeran hinwies!); nicht dass Zeus Sabazios in Betracht käme, dessen angebliche Statuetten mit unserer Gruppe nichts zu thun haben, sondern man beachte folgende Bildwerke: 1. in Sueida (Syrien): ein barhäuptiger, gepanzerter römischer Reiter mit fliegendem Mantel schiesst mit einem Pfeil auf einen Steine schleudernden Giganten; in der Mitte zwischen den Kämpfenden erscheint das Brustbild eines Mannes der mit beiden Händen eine grosse kreisförmige, mit einer

1) Korr.-Bl. IV, 152. Frankf. Intelligenzblatt 1895, Anfg. Januar. Clermont- Ganneau, Rev. archéol. 1876, II, 196ff. u. Tafel 18. Nachträglich sehe ich, dass Sittl, Archäol. d. Kunst, S. 757, kurz sich äussert: »Die Gigantensäulen sind wohl mit einem orientalischen Glauben in die Rheingegend gekommen.« Haug, Westd. Ztschr. IX, 23 sagt dasselbe von den Wochengöttersteinen mit ihrer echt orien- talischen heiligen Siebenzahl.

= 395

zwölfblätterigen Rosette geschmückte Scheibe, das Sinnbild der Sonne, vor seine Brust hält. 2. ein ägyptisches Relief im Louvre, auf dem der Lichtgott Horus, gleichfalls zu Pferd und in der Tracht eines römischen Reiteroffiziers, den krokodilgestaltigen Typhon mit der Lanze durchbohrt. Der als Reiter kämpfende Gott geht sogar, ebenso wie das Sonnenrad, auf uralte assyrische Vorbilder zurück. Dabei verweist Cler- mont-Ganneau à. a. O.S. 397 f. auch auf ägyptische Münzen der Kaiserzeit seit Domitian, welche den Gott Horus en costume militaire romain zeigen, und auf eine Gemme mit nabatäischer Inschrift, wo der von dem Gotte (den der Sonnenkreis ziert) bekämpfte Feind eine Schlange, und eine andere Darstellung, wo er ein quadrupède chimérique ist.

In diesen Werken ist es nicht der Kampf mit einem (regner (Giganten, Krokodil), der uns interessiert, wohl aber ist endlich einmal der gepanzerte Reiter dem in unseren Gruppen ähnlich, und führt uns zu der zwar nicht direkt orientalischen, aber doch an den Orient erinnernden Auffassung des Reiters, die ich nun vortragen und vor- schlagen möchte, und die jedenfalls den Vorzug vor allen anderen ge- niesst, dass sie auf antiken Schriftstellen beruht, nämlich auf den ausführlichen, aber bisher für unseren Gegenstand noch nicht beachteten Darlegungen des Macrobius.

Dieser Polvhistor des beginnenden fünften Jahrhunderts n. Chr. spricht in seinen »Saturnalien«, Buch I, Cap. 17-—21, von dem Wesen des Sonnengottes, und unter einem Aufwand von Citaten aus der ganzen antiken Litteratur und von teilweise ganz haarsträubenden Etymologieen beweist er, dass die Götter Apollo, Liber, Mars, Mercurius, Aesculapius, Hercules, Serapis und andere und schliesslich auch Juppiter selbst nichts anderes seien als Sol, als die Sonne in ihren verschiedenen Wirkungen; denn »die verschiedenen Eigenschaften der Sonne haben den Göttern ihre Namen gegeben«!). Der Juppiter Heliopolitanus (Baal) der » Assyröü« ist Sol sub nomine Jovis, seine goldene Statue in Helio- polis (in Syrien) hebt die Rechte »mit einer Peitsche wie ein Wagen- lenker«, während die Linke Blitz und Aehrenbündel hält. In dem »assyrischen« Hierapolis aber ist ein Sonnengott oder Apollo mit langem Barte, mit einem Panzer bekleidet, der in der erhobenen Rechten einen Speer trägt; vor seinen Füssen aber steht eine Frauen- gestalt und zu ihrer rechten und linken Seite Frauen, die eine Schlange in langen Windungen umgiebt: auch um des (rottes Schultern liegt ein schlangenbekränztes Gorgoneum. »Die weibliche Erscheinung is! das Bild der Erde, welche die Sonne von oben her beleuchtet. In

!) Die betr. Textstellen sind im Anhang wiedergegeben,

330

diesem Sinne ist die Sonne selbst ævgryeris dguxwr und Führerin der vier Jahreszeiten (nach Euripides). Jedenfalls aber wird die Schlange »auf die Sonne bezogen« und »gehört zu den wichtigsten Veranschau- lichungen der Sonne«. Juppiter selbst ist der Sonnengott auf beflügeltem Wagen, und ihm folgt das Heer der übrigen Götter (orgarıa Iewv xal daruovov Plato Phaedr. 246 E.) Ferner bedeutet die Vier- zahl »entweder die vier Himmelsrichtungen oder die vier Jahreszeiten oder die zwei Aequinoctien und zwei Solstitien, die Siebenzahl aber die sieben himmlischen Sphaeren, denen die Natur die Sonne zum Be- herrscher gab«.

Diese ganze Darlegung des Macrobius giebt uns ein anschauliches Bild der Theokrasie oder Göttervermischung, wie sie in jenen späten Zeiten des zu Ende gehenden Heidentums im römischen Reiche herrschte, sie giebt uns aber zugleich deutliche Winke für das Ver- ständnis unserer Gruppe, zumal wenn wir auch der vorerwähnten orientalischen Bildwerke gedenken und uns erinnern wie damals »die verschiedensten Attribute verschiedener Kulte« nicht selten bildlich auf einen Gott gehäuft wurden.

Der gepanzerte Gott mit Speer oder Blitz, bärtig, als Reiter oder mit den Attributen des Wagenlenkers erscheinend, der Strahlenkranz (bez. die Vorrichtung dazu), und vor dem Gotte Weib und Schlange oder Schlangenfüssler in der Bedeutung der Erde: alle diese Bestandteile unserer Gruppe zeigen sich, wenn auch nicht alle vereinigt, in den orientalischen und den von Macrobius beschriebenen Werken.

Denn den Panzer, wie der Reiter unserer Gruppe, trägt im Orient Juppiter Dolichenus, der Gott von Hierapolis, der Gott von Sueida und Horus (s. ob.) und wohl andere, während in Rom der Kriegsgott und einmal (Valerius Flaccus IV, 93) der Sonnengott ihn trägt, er aber bei keltischen Göttern unbekannt ist.

Was die Waffe betrifft, so kommt Speer und Blitz bei den Göttern, die Macrobius nennt, vor, den Blitz führt allerdings auch Juppiter in Rom. Bei unserer Gruppe wird an den Exemplaren, deren rechte Hand erhalten ist, Blitz, Speer oder »Keule« (s. u.) vermutet).

Den bärtigen Sonnengott zeigt ausser unserer Gruppe wohl einzig und allein das Götterbild von Hierapolis (Macrobius).

1) Blitz: Merkenich, Ehrang I, Pforzheim Il. Lanze: Hohenecken, Pforz- heim I, Diedenkopf. Keule: Grand, (Merkenich?), Trier. Rad und Schwert hat zu seiner Linken der Reiter von Hanau.

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37

Am charakteristischsten ist für unsere Gruppe das Reiten des Gottes. Und gerade dieses ist aus dem Keltentum unbekannt '), bei den klassischen Völkern sehr selten?) (die Dioskuren erscheinen als Reiter, Poseidon vereinzelt, ebenso Selene, Helios selten) und wo es der Fall ist, betrifft es meist Gottheiten, die zum Orient in Beziehung stehen: Bakchos, Kybele, der lykische Sonnenreiter Bellerophon. Und dies ist natürlich: denn der Orient kennt nicht nur die Sonne selbst als Ross (bei Indern, Persern), sondern auch den Sonnenreiter (schon in den Veden), wie denn auch Men und vereinzelt Mithras als Reiter auf- treten ?). Hier scheint mir der orientalische Einfluss auf unsere Gruppe besonders deutlich am Tage zu liegen®). Auch der Sol von Heliopolis führt nach Macrobius eine Peitsche; vgl. damit den Mainzer Vier- sötterstein nr. 124 H.

Der Sonnengott ist auch der Herr über die Gewitter; Rosse des Helios heissen in Korinth »Donner« und »Blitz«?), und als Sturm, Donner und Blitz wurden in Arkadien die Giganten verehrt (Pausan. VII 29, 1). Dem entspricht die auf unserer Gruppe vereinzelt vor- kommende Keule, in der ich einfach den Donnerkeil erblicke, und zwar in der Hand des Gottes erblicke, während sie in der des untern Wesens vielleicht fälschlich so aufgefasst wird und eher als eine Art Fackel wie die in der Hand der Isis (s. u.) und der Erdgöttin Ceres (W.Z.X, T. 4, wozu S. 172 über Verwechslung von Keule mit Fackel zu vgl.) anzusehen ist. Auch hier dürften wohl orientalische Motive eingewirkt haben.

Den Strahlenkranz teilt der Reiter zwar mit Helios und dem römischen Sol, aber auch mit mehreren der von Macrobius angelührten Götter.

Vor dem Sonnengotte aber ist nach Macrobius die Schlange und die (weibliche) Erde; und vor dem Reiter unserer Gruppe ist der Schlangenfüssler oder in Grand (wie S. 326 entwickelt) der eine Schlange tragende Genius. Nach der oben ausgeführten Identificierung bedeutet diese Schlange die Erde und damit auch die Göttin Juno. Dass Götter symbolisch in Tierformen dargestellt werden, ist ja im Orient

1) Ueber Epona s. oben.

?) Von bloss dekorativen Spielereien ist natürlich abzusehen. Vgl. Roscher, Mythol. I, 1999.

3) Cumont II, 424. Vgl. ebenda S. 190, 318, 420, 449.

#) Nur auf dem Relief von Merkenich geht der Gott zu Fuss, wohl nur, weil das Votiv billig und deshalb klein ausfallen sollte.

5) Bronte und Sterope : Hyginus fabulae 183,

338

etwas ganz gewöhnliches. Auch Terracotten u. a. von Cyzicus bieten Serapis und Isis als zwei Schlangen mit Menschenköpfen; Isis mit der Fackel, in eine Schlange endigend; Isis als Schlange, mit einem modius gekrönt!). Isis aber bedeutet nach Macrobius 21, 11 auch die Erde. Und auch auf römischen Münzen erscheinen Isis und Osiris halb als Schlangen ?). Und nun erst können wir die Inschrift richtig verstehen: ‚Jovi Optimo Maximo gilt dem reitenden Sonnengott, Junoni Keginae aber seiner Helferin, dem unteren Wesen, der Erde®). Und somit kommt der zweite Teil der Votivformel, der bisher recht stiel- mütterlich behandelt wurde, nun endlich zu Ehren.

Ob die Hochschätzung der Vier- und der Siebenzahl, welche Macrobius bespricht, in den vier Köpfen unserer Säulenkapitäle und den sieben Wochengöttern darunter zum Ausdrucke kommt, wage ich nicht zu entscheiden. Ebensowenig, woher die Sitte stammt, die Gruppe auf eine runde Säule zu stellen. Der Orient *), Griechenland (Säulen, welche Portraitfiguren oder Siegespreise trugen), Rom (die Trajans- und Marcussäule) erinnern daran, aber nicht so, dass sich ein Resultat daraus ergäbe. Jedenfalls scheint die Säulensetzung keine keltische Sitte, die Schuppen aber könnten als ein dürftiger Ersatz für Reliels wie die der Trajanssäule gemeint sein. An den Orient gemahnt jedoch

die Beschreibung, welche Aphthonius von einer sehr hohen Säule auf

der Akropolis zu Alexandria giebt), denn coyai de ıov ovıwv 17 vis zıövog #0gvpn Tregıeornzaoıw, »die Elemente des Seienden stehen um das Kapitäl (oder auf dem Kapitäl) der Säule herum« das können geradezu Sonne und Erde sein und diese Worte bekräftigen vielleicht unsere Auffassung der Gruppe! ®)

So erscheint uns also der Gott mit dem Strahlenkranze als Sonnengott, und als dem Orient entstammend, weil er ein reitender Gott und ein bärtiger Sonnengott ist.

1) Mordtmann, Rev. arch. 1879, I, 257 ff. Die Fackel, vermutet Mordtmann, habe Isis von der Ceres entlehnt.

?) Münzen Julians: Cohen, Bd. VII, Taf. 8, 2.

3) Der »Juno Sospita Mater Regina« von Lanuvium war eine Schlange heilig. Preller, Rö. Myth. * I, 276, und Münzen.

#) Koepp, Arch. Anz. 1890, 64 citiert Puchstein, Reisen in Kleinasien und Nordsyrien S. 230, 396f. für Statuen auf Säulen. Auch die Schuppen der Säule weisen nach einer mündlich mitgeteilten Vermutung G. Wolff’s auf orientalischen (ägvptischen?) Ursprung.

5) Rhetores Graeci ed. Spengel I, p. 48.-

6) Sind die in Syrien seit dem 5. Jahrhundert ihr Wesen treibenden sog. Säulenheiligen (orvAlraı) etwa auch durch die Idee beeinflusst worden, dass nur Heiligtümer auf den Säulen zu stehen haben ?

359

Von Asien nach Gallien muss dieser Ideenkreis und diese Kunst- übung auf dem üblichen Wege des Handels und des Kulturverkehrs (Orient-Massilia-Gallien) gelangt sein (Uebertragung durch die Truppen wie beim Mithrascultus ist hier wohl ausgeschlossen), vielleicht im zweiten Jahrhundert. In dieses ferne Land kamen ja damals noch mehrere Culturelemente aus Osten, z. B. auch die gerade in der Belgica häufigen zweistöckigen Grabtürme mit pyramidalem Schuppendach, die der Kybele nachgebildeten Eponastatuetten, Mithras, Aeon, die ägypti- schen Gegenstände). Natürlich war dem frühesten der gallischen Künstler alles klar, er wusste, wie er den Juppiter-Sonne und die Juno-Erde darstellen durfte, und sein Originalwerk, das wir uns in Massilia, Lugudunum?) oder Augustodunum vorstellen mögen, wird dies bezeugt haben. Aber als dieses zeitgemässe?) Werk Beifall und Nachahmung fand, wird sicherlich manches missverstanden, manches romanisiert, manches seit 180%) keltisiert worden sein, und die Nachahmungen nahmen Motive, die im Lande vorhanden waren, in sich auf. Die sog. Viergöttersteine z. B. sind entschieden eine ein- heimische Einrichtung, da auf ihnen ausser der Mehrzahl römischer Gottheiten doch nicht eben selten der Gott mit dem Schlägel, Juppiter mit dem Rade (? s. unten), Merkur und Silvanus in keltischer Tracht) u. a. erscheinen, und die ältesten derselben, die Pariser Steine aus der Regierungszeit des Tiberius, sogar neben Jovis, Vol- camus, Castor auch die Namen eines Esus, Tarvos trigaranus, Cer- numnos, Smert... friedlich dazu setzen. Und diese wurden nun als Postamente sowohl für echt römische sitzende Juppiterstatuen, wie für unsere fremdartige Säule und Gruppe gewählt.

Eine andere Form der Keltisierung kann darin zu finden sein, dass das untere Wesen die Hufe mit seinen Händen stützt. Denn auf einer Goldmünze der gallischen Namneten (nach dem Urteil des Besitzers aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr.), deren Kennt- nis ich der freundlichen Mitteilung desselben, des Herrn Dr. R. Forrer in Strassburg verdanke, sieht man, von einem Lenker gelenkt, einen Reiter, der mit dem Ross zu einem Wesen vereinigt ist, also

1) Vgl. Lüschcke, Bonner Jahrb. 95, 261. Kisa, Korr.-Bl. XVI, 48. Mercur als Thot: ebenda XIX, 233.

2) So vermutet Koepp, Korr.-Bl. IX, 65.

3) An die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts, welche manche Culte Kleinasiens nach Europa brachte (Elagabal), dachte schon Voulot, Rev. archéol. 1880, II, 298,

4) Vgl. Riese, Westd. Ztschr. XVII, 13 ff. 5) Korr.-Bl. XIV, 55.

340

einen »gallischen Kentauren« (nach teilweise griechischem Vorbild, wie die grosse Zahl gallischer Münzen), unter dessen Füssen eine Gestalt kauert, deren obere Hälfte bis zum Gürtel allein sichtbar ist, und die (und dies ist rein keltisch) mit ihren zwei Händen zwei Füsse des Rosses erfasst. Die Münze ist sehr selten'), aber in zwei fast ganz sleichen Exemplaren in der ausgezeichneten Sammlung des Herrn Forrer vertreten. Trotz der zeitlichen und örtlichen Entfernung von dem Hauptgebiet unserer Gruppe ist immerhin eine Benutzung dieses keltischen Motivs des Greifens des unteren Wesens nach den Füssen des Pferdes darüber vielleicht nicht zu verwerfen.

Eine weitere Art von Keltisierung ist vielleicht in dem Rade gegeben, welches der Reiter der 1900 gefundenen Hanauer Gruppe in der linken Hand trägt; neben ihm hängt ein gewaltiges Schwert herab, welches das (vierspeichige) Rad zunächst aber fälschlich für ein Schild ansehen liess. Es ist wirklich ein Rad und in sehr kunstloser Weise ist des Reiters Hand zwischen zwei Speichen hindurch gesteckt. Ein gleiches (vierspeichiges) Rad mit durchgesteckter Hand ergab der Fund einer unserer Gruppen zu Ronchers im Departement Meuse?); und ganz dasselbe trägt ein durch Caylus bekannter, sicherlich sehr schlecht gezeichneter Reiter aus Luxueil, der, bisher unkontrollierbar, nun durch obige Funde soweit gesichert ist?). Die verschiedenen sallischen Figuren und Altäre, welche dieses Rad tragen!) (die von Landouzy-la-Ville ist Z. 0. M. et NJumini] Augfusti] geweiht) stehen natürlich in Beziehung auch zu obigen, und wenn bei ihnen das Rad Symbol der Sonne ist?), so ist es dies auch bei dem Hanauer Reiter und giebt eine erwünschte Bestätigung dafür, dass auch in unserer Gruppe Juppiter O. M. der Sonnengott ist.

Ob jedoch darin eine Keltisierung liegt, oder ob der orientalische Ursprung des (Ganzen sich damit dokumentiert, soll hier nicht ent-

1) Bei Lelewel fehlt sie noch gänzlich; De la Tour hat sie unter nr. 6728 seines Atlas der gallischen Münzen der Bibliotheque Nationale. Münzen benach- barter Stämme haben unter dem Pferde nach Dr. Forrers Mitteilung bisweilen einen »liegenden Engel«.

?) Rev. arch. 1876, I, 404.

#) Caylus, Recueil d’antiquites III, 99, 3. Die Figur ist bei Reinach II, 532, 3; 6 aufgenommen, und wir verweisen darauf, ohne uns auf die unsicheren Seltsamkeiten den ruhigen Gang des Pferdes, das Kind, den Kopf am Boden (ob Schlangenfüssler ?) einzulassen.

) Gaidoz, Rev. archéol. 1884, IL 1ff., Reinach II, 17; 190. Westd. Ztschr. II, Taf. 1. "Kor:.2B1r]V 7159:

5) So Hettner selbst, Trierer Steindenkmäler, S. 30.

341

schieden werden. Schon die Veden kennen die Sonne als Rad), das Bildwerk von Sueida (s. oben) bietet diese Vorstellung, und sicherlich würde leicht manche Hinzufügung dieser Art möglich sein. Wie dem aber auch sein mag, die Vereinigung des Rades mit dem Donnerkeil (Chätelet), dem Blitz (Vaison), dem unter der linken Hand des Mannes kauernden bartlosen Wesen (Schlangenfüssler? Moulins), endlich das Rad auf einer tete radiée (Gaerleon)?), sind zahlreiche weitere Anzeigen von der Sonnennatur des Reiters, zunächst dessen den die Hanauer Gruppe enthält.

Eine andere Art der Keltisierung zeigt sich in der Ehranger Gruppe mit dem bartlosen Reiter und seiner barbarisch-bäuerlichen Tracht, die schon durch den Sattel des Pferdes ein Unicum zu sein scheint ?).

Dagegen fehlt es auch bei unserer so unklassischen Gruppe nicht an Anklängen einer Romanisierung oder Hellenisierung. Wir finden sie in der Gruppe von Besigheim (Zweigespann, der Wagenlenker in edler, eines Juppiter würdiger Bildung), in den Epithetis Optimus Maximus und Æegina, in dem vereinzelt vorkommenden echten Juppitertypus, und endlich in den auftauchenden Reminiscenzen an die klassische Gigantomachie, deren Träger auch im Rheinlande dargestellt wurden *). Denn, wenn wir nicht vergessen, dass der Erde (oder Juno) entsprechend das Echte und Ursprüngliche in unserer Gruppe ein weiblicher Schlangenfüssler sein muss (s. S. 330 f.), er auch meist fein weiblich frisierten Haares erscheint’), so kann der männliche Gigant, besonders wenn er so verwilderten struppigen Haarwuchs zeigt wie der eine Schlangenfüssler von Mainz®) oder so wild zusammen- gedrückt ist wie in dem zweiten Ehranger Exemplar, nur in Erinnerung an die alten Götterfeinde gebildet sein. Unsicheres Schwanken zwischen beiden Auffassungen brachte es anscheinend dahin, dass auf einer Gruppe des Mainzer Museums gar Weib und Mann neben einander als Schlangenfüssler erscheinen (vergl. jedoch S. 330).

Schwieriger zu erklären ist die Keule: nicht die, welche der Reiter in Trier, vielleicht Merkenich und Grand führt (denn die Keule

1) Gaidoz S. 16 ff.

®) Alle aus Gaidoz a. a. O. entnommen.

#) Hettner, Trierer Steindenkmäler, S. 21.

#) Vgl. oben S. 328 f.

5) Was weder für götterfeindliche Giganten noch für Windelben passen würde !

5) Donner-von Richter, Heddernheimer Gigantensäule (1885), Fig. 3, 9.

u

gehört zu Hercules und auch Hercules ist nach Macrobius gleich Sol), sondern die des unteren Wesens. Die Giganten tragen in der antiken Kunst keine Keulen: sollten etwa die Baumstämme, mit denen sie kämpfen ') den Keulen (die sind ja Baumäste) entsprechen ? Oder liegt etwas Orientalisches zu Grunde? Oder sind sie ein blosses technisches Hülfsmittel die Hufe zu tragen, besonders da, wo, wie in Schierstein, Pforzheim, Weil (Haug-Sixt nr. 238, vel. nr. 192?), deren zwei, zur Rechten und Linken der Figur, sich befinden?)? Wie S. 337 ausge- führt wurde, kann wohl auch eine Fackel fälschlich für eine Keule vehalten worden sein. Dies ist noch näher zu untersuchen. Sicher aber sind die wirklichen Waffen, der Dolch eines Schlangenfüsslers (Mainz) und das grosse Schwert des Reiters (Hanau) in Erinnerung an Gigantenkämple zugefügt.

Wenn unsere Säulengruppe mit orientalischen Ideen so wie be- sprochen zusammenhängt, so wird Cumonts Beobachtung?): »les diverses divinités asiatiques ont en général en Occident été honorées ensemble dans les mêmes endroits« vielleicht auch hier zutreffen. Wenigstens sind uns in Trier, Saarburg, Rottenburg, Neuenheim, Ladenburg, Heddernheim beide Culte, der des Mithras und der unsere,

bekannt *). -— Allerdings ist der Mithrascult durchs ganze Reich, unsere Gruppe aber nur in Gallien vertreten *). Auch fehlt letztere auffälliger Weise gänzlich am äusseren Limes -- wenigstens bis jetzt, nur

am älteren inneren Limes bieten ihn Neckarburken, Cannstatt und Köngen; der Fund bei Hanau widerspricht dem wohl nicht? Innerer Zusammenhang- beider Culte würde jedoch schwer zu erweisen sein, nur dass die Schlange (— Erde) bei beiden eine Rolle spielt und die Zeitgötter, und dass der Sonnengott auf unserer Gruppe‘) ebenso wie der

!) »Evolsisque truncis Enceladus iaculator audax« Horaz Odenlll, 4, 55. Bei O. Müller, Denkm. d. Kunst II, 845, 847 sehen diese allerdings wie ein gabelförmiger Ast aus, wie einen (nach Hettner, Trierer Steindenkm., S. 23) der zweite Ehranger Gigant vielleicht wirklich trug.

°) Eine »Keule« führt der Schlangenfüssler von Ladenburg, von Neunkirchen (W. Z. IV, 380), Mainz, Hanau.

3) Textes etc. II, 425. Vgl.I, 158.

#) Auch unsere Gruppe fand sich mehrfach in zwei Exemplaren bei ein- ander vor; anscheinend auch bei Hanau.

5) Wenige Widmungen von Soldaten: Haug, Westd. Zeitschr. X, 53, 56, 130. Korr.-Bl. IX, 58. '

5) »I. 0. M. Conservatori« heisst die Widmung eines Viergöttersteins von Kastel nr. 52 H,

3435

Mithras den Beinamen Conservator auf Inschriften führt '). Dagegen findet der Mithrascultus in unterirdischem spelaeum statt: unsere Gruppe steht, eine Art Antimithras, auf ragender Säule; jener ist direkt Soli Inwieto Mithrae, dieser erst dem damit identificierten Jovi 0. M. gewidmet. Diese Frage ist noch nicht spruchreif.

Im zweiten Jahrhundert hat sich die Gruppe in Gallien ein- sebürgert. Warum sie nur in Gallien und nicht einmal in anderen keltischen Gebieten heimisch wurde, ist mit unseren Mitteln nicht zu beantworten?). Persönliche, für uns unkontrollierbare Momente werden dies bewirkt haben. Ferner: Warum Helvetien und das Culturgebiet von Köln ganz ausgeschlossen sind, könnte vielleicht untersucht werden. Im Süden bildet die Linie Donon— Rottenburg die stricte Verbreitungsgrenze. Die älteste Weihung eines Viergöttersteins an Juppiter und Juno (in Kastel) datiert aus 170, und Mainz mag wohl, nachdem die Gruppe aus den S. 339 genannten Städten einmal dahin gelangt war, der Ort gewesen sein, von wo aus sie sich durch dessen Culturgebiet und durch Teile des nordöstlichen Galliens ver- breitete.

Es ist aber wahrscheinlich, dass man sie nicht selten auch miss- verstand. Wenn schon Nero und später wieder Caracalla als Sonnengott gefeiert sein wollte, so konnte der Sonnengott doch auch der Kaiser sein. Die vielen Münzen mit einem Kaiser zu Rosse und den Worten Soli Invicto und dem Strahlenkranze, die entweder aus dem Osten überkommene oder erst romanisierende Aufstellung *) auf einer Säule, und anderes mochte für den heldenhaften Sonnengott wohl die Meinung erwecken, in ihm sei der Kaiser gemeint. Dann hat man in der Vorstellung vom Kaiser und den Giganten als dem Symbol der Reichsfeindschaft, die ich 1885 mit vielen Stellen belegte. den Schlangenfüssler zum feindlichen, barbarischen, struppigen Giganten umgewandelt, und als der Redner Mamertinus 289 in Trier die vom

!) Wenn Cicero in der vierten Verrinischen Rede den Juppiter Im- perator mit dem griechischen Zeug Ovguos identificiert ($ 128), so ist dies ein weiteres Beispiel für die von mir in der Westd. Ztschr. XVII, 5 f. bewiesene Leichtfertigkeit und Bedeutungslosigkeit antiker Identificierung von Gottheiten.

2) Ob die Verse 7. O. M. Signum et erectum prisca religione columnam Sep- timius renovat prünae provinciae rector (Cirencester: Buecheler, Anth. 1. epigr. 277 auf ein Exemplar in Britannien schliessen lassen ?

») Für keltischen Ursprung der Säulenaufstellung könnte höchstens sprechen, dass Gregor von Tours auch Bildsäulen des Mars und Mercur in columna altissima gesehen haben wollte (vgl. A. Riese, Das Rheinische Germanien in der antiken Litteratur c. XIV, 70; S. 433); doch ist dies allzu unsicher,

=

Kaiser besiegten Aufständischen mit jenen monstra biformia verglich !), mag er wohl an unsere Gruppe in diesem Sinn gedacht haben; und noch spätere Münzen zeigen deshalb Schlangen, zum Teil mit Menschen- köpfen, als Symbole der von den Kaisern niedergekämpften Feinde ?).

Wir fassen unsere Ergebnisse zum Schluss kurz zusammen. Auf Grundlage der Theokrasie bildete sich eine Verehrung der Sonne (Juppiter) als eines gewappneten Reiters des Orients, und falls wir damit nicht irren sollten auch der Erde (Juno), deren Beherrscher die Sonne ist, als eines Schlangengenius aus. Diese Idee fand wahr- scheinlich im Osten ihre bildnerische Darstellung und kam wie andere bildnerische Darstellungen vom Orient nach Gallien. Hier fand sie, weil sie dem Zeitgeist entsprach, besonders bei frommen Privatleuten bald Beifall und Nachahmung, wurde aber in einzelnen Punkten keltisiert oder romanisiert, und missverstanden auch zu einem Kaiser- denkmal verwendet.

Aus einem fremdartigen schlangenfüssigen weiblichen Wesen wurde ein römischer Gigant, ebenso wie aus einem fremdartigen reitenden Gotte ein römischer reitender Kaiser. Dieser Hergang ist an und für sich verständlich. Wie aber hätte der allen bekannte Gigant zu einem unverständlichen weiblichen Schlangenfüssler werden können ?

Mit dieser Auffassung der schwierigen Frage, die wir nun der Diskussion darbieten, dürfen wir hoffen, diese Denkmälergruppe, die bisher vereinzelt stand, in die Reihe der gesamten kulturgeschichtlichen Entwicklung eingefügt zu haben.

Anhang. Maerobius, Saturnalia I, 17—23.

17, 2 Nam quod omnes paene deos . . ad solem referunt, . . ratio divina commendat . . 3 Necesse est solem . . omnium quae circa nos geruntur fateamur auctorem. 4..Diversae virtutes solis nomina dis dederunt. . 30 Eundem esse Apollinem et solem probemus. . 54 Latonam physici volunt terram videri ..

58 Est et alia ratio draconis perempti. Nam solis meatus .. sursum ac deorsum variando iter suum velut flexum draconis instituit. Unde Euripides TVQLYEVNS de dax sq. .. 66 Hieropolitani, qui sunt gentis Assyriorum, omnessolis effectus atque virtutes ad unius simulacri barbati speciem redigunt eumque Apollinem appellant ... 67 prolixa in acutum barba . . Simulacrum thorace munitum est,

1) Vgl. ebenda c. IX, 1; S. 223. ?) Cohen VI. Taf. 9, 3 (Constantius); Taf. 19, 6 (Majorianus) und 8 (Se- verus IM).

à J

345

dextera erectam tenet hastam . . Ante pedes imago feminea est, cuius dextra laevaque sunt signa feminarum; ea cingit flexuoso volumine draco. 68 Radios in terram superne iaci barba demissa significat . . Hastae atque loricae argu- mento imago adiungitur Martis, quem eundem ac solem esse procedens sermo patefaciet. . . 69 Species feminea terrae imago est, quam sol desuper inlustrat .. draconis effigies flexuosum iter sideris monstrat.. 15, 23 Vergilius sciens Liberum patrem solem esse . . 19, 1 Martem eundem ac solem esse!) . . 5 Accitani etiam, Hispana gens, simulacrum Martis radiis ornatum maxima religione celebrant Neton vocantes .. 7 Mercurius sol .. 15 Quattuor latera finguntur (den Hermen) .. quippe significat hic numerus vel totidem plagas mundi vel quattuor vices tem- porum quibus annus includitur vel quod duobus aequinoctiis duobusque solstitiis zodiaci ratio distincta est, ut lyra Apollinis chordarum septem tot caelestium sphaerarum motus praestat intellegi. . 20, 1 Simulacris et Aesculapii et Salutis draco subiungitur, quod hi ad solis naturam lunaeque referuntur ., 2 et ad ipsum solem species draconis refertur .. 10 et re vera Herculem solem esse .. claret.. 21, 8 Quis ambigat Matrem deum terram haberi? . . 11 esse Osirin . . solem . . Isin . . terram . . 23, 1 Nec ipse Juppiter rex deorum naturam solis videtur ex- cedere, sed eundem esse Jovem ac solem claris docetur indiciis . . 5 Magnum in caelo ducem Solem (Plato) vult sub appellatione Jovis intellegi . . 10 Assyrii quoque solem sub nomine Jovis, quem Al “Hiuovrroktinv cognominant, maxi- mis caerimoniis celebrant in civitate quae Heliopolis nuneupatur . . 12 Hunc vero eundem Jovem Solemque esse . . ex habitu dinoscitur. Simulacrum enim aureum specie inberbi instat dextera elevata cum flagro in aurigae modum, laeva tenet fulmen et spicas . . 17 Assyrii . . Adad . . ut potentissimum adorant deum sed subiungunt eidem deam nomine Adargatin .. solem terramque intellegentes .. 19 Simulacrum Adad insigne cernitur radus inclinatis . . Adargatidis simulacrum sursum versum reclinatis radis insigne est.

1) Welche Aufschlüsse dieser Satz für die Erklärung der Westd. Z. Taf. 13, ? abgebildeten Bronzetafel, die eine eigentümliche Verwandtschaft mit unserer Gruppe verrät, ergibt, sei einer späteren Besprechung vorbehalten.

346

Bericht über die Erwerbungen des Museums der Stadt Metz.

Geschäftsjahr 1900.

Nebst einem Ueberblick über die Entwicklung der Sammlungen.

Von J. B. Keune, Direktor des Museums.

Nachdem dank dem einsichtigen Entschluss des Gemeinderates der Stadt Metz das Jahr 1899 dem städtischen Museum eine einheit- liche und selbständige Verwaltung gebracht, wurde auch der seit langen Jahren geplante Erweiterungsbau begonnen, dessen Ausführung bisher

seb,

Abb. 1. Museum Metz, Steinsaal Nr. 9 u. 10: Grabdenkmal, gef. 1822 zu Metz, Citadelle.

unterblieben war, obschon bereits im Jahre 1886 die damalige Ge- meindevertretung die Notwendigkeit einer umfassenden Erweiterung anerkannt und Plan und Kosten des Baues genehmigt hatte. Weiter hat aber auch der jetzige Gemeinderat nicht bloss für Beschaffung von

neuen Ausstellungsschränken und zu anderen Zwecken die erforder- lichen, nicht unerheblichen Geldmittel bewilligt, sondern er hat auch seit dem Geschäftsjahr 1900 das Museum mit einem, wenn auch be- scheidenen, so doch gegen früher beträchtlich erhöhten und verbesserten Haushalt ausgestattet.

Diese Neuerungen bedeuten zweifellos einen grossen und wichtigen Fortschritt in der Geschichte des Museums und rechtfertigen einen kurzen Rückblick auf die Anfänge und die Entwicklung der Sammlungen gewiss. Diesen Rückblick begleiten Abbildungen !), welche die Reihe der illustrierten Berichte des Museums eröffnen und einen illustrierten Katalog vorbereiten sollen; dieselben sind zunächst vornehmlich der

Abb. 2. Museum Metz, Steinsaal Nr. 9 u. 10 (Vorderseite).

Sammlung von Altertümern römischer Zeit entlehnt, später werden auch die anderen Zeitabschnitte und Abteilungen gebührende Berück- sichtigung finden.

Dass es mir aber vergönnt ist, diese erste Bilderreihe aus dem Museum der Stadt Metz zu verbinden mit den Glückwünschen, welche

1) Ein Verzeichnis der Abbildungen mit näheren Nachweisungen ist am Schluss dieses Berichtes angefügt,

| Bu = [0 ) |

der Trierischen Gesellschaft für nützliche Forschungen zu ihrer hundert- jährigen Jubelfeier die junge lothringische Schwester darbringt, ist eine besondere Freude für mich, der ich mit beiden Gesellschaften durch enge Bande verknüpft bin. Denn die Liebe zu den geschichtlichen Denkmälern der Treverer, welcher ich die Ehre verdanke, seit einem Jahrzehnt unter die Mitglieder der Gesellschaft für nützliche Forschungen gewählt zu sein, habe ich, in das Land der Mediomatriker verpflanzt, auf diese übertragen und in den Dienst der Gesellschaft für lothringische Altertumskunde gestellt, welche ihrer Trierischen Genossin nacheifernd seit nunmehr 12 Jahren die Urkunden für die älteste Geschichte Lothringens aus der Erde zu heben und die Altertümer und Kunst- denkmäler des Landes von Verschleuderung und Untergang zu retten

Abb. 3. Museum Metz, Steinsaal Nr. 9 u. 10 (rechte Seite).

bemüht ist. Dass ich als Konservator der städtischen Altertums- sammlung und jetziger Vorstand des gesamten Museums im Bunde mit dieser auch von der Stadt Metz durch Geldmittel unterstützten Ge- sellschaft die Zwecke der Sammlungen zu fördern mich für verpflichtet erachte, bedarf keiner weiteren Begründung. Verdankt doch das Museum dem Eifer der Gesellschaft für lothringische Geschichte wert- volle Bereicherung durch eine grosse Zahl der kulturgeschichtlich und

349

kunstgeschichtlich wichtigsten Denkmäler insbesondere der vorgeschicht- lichen, römischen und merovingischen Zeit! Freilich muss die junge lothringische (Gesellschaft sich mit anderen, älteren Vereinen in das Verdienst teilen, zu den Sammlungen des Metzer Museums beigesteuert

Abb. 4 Museum Metz, Steinsaal Nr. 13: Grabdenkmal, gef. 1822 zu Metz,

Citadelle. Oben: Nr. 6 (eing. 1843); Nr. 14 (eing. 1854) und Nr. 337.

zu haben. Denn neben ihrer Vorläuferin, der im ‚Jahre 1858

srändeten »Societe d'archéologie et d'histoire de la Moselle« ist es vor allem die altehrwürdige Metzer Akademie (Académie de Metz), welche die Sammlungen des Museums nicht bloss bereichert, sondern zum Teil überhaupt ins Leben gerufen hat. Von anderen Vereinen, welche sich um das Museum verdient gemacht haben, sei noch der

550

Verein für Erdkunde zu Metz genannt, welcher vor Begründung der Gesellschaft für lothringische Geschichte deren Aufgaben insbesondere auf Anregung von Fritz Möller teilweise mit übernommen hatte. Aber auch die französische und später die deutsche Regierung haben das Museum der Stadt Metz sowohl mittelbar durch die den genannten Vereinen geleisteten Beihilfen als durch unmittelbare Ueberweisung von Altertumsfunden und Kunstwerken in dankenswertester Weise unter- stützt. Dass die Stadt Metz selbst nicht bloss durch Stellung und Einrichtung der Räume nebst Bestreitung der Verwaltungskosten, son- dern auch durch wertvolle Erwerbungen allezeit ihr Museum zu fördern bedacht gewesen, ist selbstverständlich. Schliesslich darf aber nie ver- gessen werden, wieviel der hochherzigen Freigebigkeit von Privaten zu verdanken ist, welche das Museum durch die erwähnten wissen- schaftlichen Vereine oder unmittelbar mit vielen lehrreichen Gegen- ständen, ja mit Kostbarkeiten ersten Ranges beschenkt haben.

Ich lasse nunmehr die Uebersicht über die Entwicklung des Museums folgen und beschränke mich dabei auf die kunstgeschichtlichen Sammlungen, nämlich das Altertumsmuseum, die Münzsammlung und die Gemäldesammlung. Die naturgeschichtliche Sammlung bleibt dabei unberücksichtigt, weil sie ausserhalb der Bestrebungen der Gesellschaft für lothringische Geschichte und ausserhalb des Rahmens dieses Jahr- buches fällt. Doch soll wenigstens erwähnt werden, dass ein Mitglied unserer Gesellschaft, Herr Professor Dr. Rebender, seine Wissenschaft freundlichst und selbstlos in den Dienst dieser Abteilung des Museums gestellt hat. |

; A. Altertums-Sammlung.

Hilfsmittel:

Catalogue de la galerie archéologique rédigé par Lorrain, con-

servateur, précédé d'une notice historique par Abel, Metz 1874,

XXV + 162 + (1) S. 8°. Ueber die Geschichte der Sammlung

spricht Abel S. I—-VIIl. Das Verzeichnis der antiken Gegenstände

(Nr. I—XCVII und 1—284) ist auch aufgenommen in die Mémoires

de la Société d’arch. de la Moselle XII, 1874, S. 1--104, und das

der mittelalterlichen und neueren Stücke (Nr. 400—650) in die

Mem. Soc. Mos. XIV, 1876, S. 1—58. Die Vorarbeiten Lorrains zu

seinem Verzeichnis sind jetzt von der Stadtbibliothek dem Museum überwiesen.

P. Charles Robert, Epigraphie gallo-romaine de la Moselle, 3 fasci-

cules 1873, 1883, 1888, mit 10 Tafeln. Die meisten der hier ab-

gebildeten inschriftlichen Denkmäler besitzt das Metzer Museum.

a

F. X. Kraus, Kunst und Altertum in Elsass -Lothringen III, 1889. S. 764—776, sowie unter den verschiedenen Fundorten.

(0. A. Hoffmann), Der Steinsaal des Altertums-Museums zu Metz. 1889, 116 S. 8°.

0. A. Hoffmann, Die Kleinaltertümer des römisch-mittelalterlichen Museums der Stadt Metz, 49 S. 8°. Jahrbuch d. Ges. f. lothr. Gesch. [V1 (1892), S. 186—218 und V, (1893), S. 172—187.

Lothringische Kunstdenkmäler in Gemeinschaft mit Wahn und Wolfram herausgegeben von S. Hausmann. Strassburg, fol., Nr. 1, 9, 18, 25, 27, 4,41, 54; vgl.. Nr.. 6,.20, 42.

Jahresberichte sind veröffentlicht in der Museographie der Westdeutschen Zeitschrift von F. Möller I (1882), S. 259; II (1883), S. 202; III (1884), S. 167f.; IV (1885), S. 194; V (1886), S. 204— 206; VI (1887), S. 287—289; von O0. A. Hoffmann ebenda VIII (1889), S. 246; IX (1890), S. 282—283: X (1891), S. 382—383 ; XI (1892), S. 229; von Keune ebenda XV (1896), S. 333—345: XVI (1897), S. 315—8320; XVII (1898), S. 350—354; XVIII (1899), S. 371—376: XIX (1900), S. 356—361, und im Jahrbuch d. G. f. lothr. Gesch. XI (1899), S. 374—385: vgl. Jhb. VII», S. 56—61 (die Fort- setzung wird der Abschnitt » Religion< der Arbeit »Gallo-römische Kultur in Lothringen« bringen); S. 66ff. und IX, S. 325 ff.

Wie das Trierer Provinzialmuseum als eine Frucht der Be- strebungen der Gesellschaft für nützliche Forschungen gelten darf, deren Altertums-Sammlungen den Kern der Bestände dieses Museums bilden. so ist auch das Altertumsmuseum der Stadt Metz hervorgewachsen aus der Sammlung eines Vereins, nämlich der Metzer Akademie). Während jedoch die im Trierer Museum aufgestellten Erwerbungen der Gesellschaft für nützliche Forschungen wie auch mehrerer anderer Be- sitzer ?) Eigentum dieser verblieben sind, ist die Sammlung der Metzer Akademie später in den Besitz der Stadt übergegangen, und sind über- haupt die im städtischen Museum untergebrachten Altertümer und sonstigen Ausstellungsgegenstände mit wenigen Ausnahmen *) städtisches

1) Bei Devillv, S.16 = Mém. Ac. Metz 1822/23, S. 77 heisst die Sammlung »Mus6e de la Société des Lettres, Sciences et Arts de Metz« nach der Bezeichnung. welche damals die Akademie noch führte; M&m. Acad. Metz 182829, S. 371: »colleetion d'antiquités de l'Académie.

?) Regierung, Stadt Trier, Altertumsverein zu St. Wendel.

3) Fundstücke aus St. Peter auf der Citadelle (s.u.); Kopien der Wand- malereien im sog. Refektorium der Templer auf der Citadelle (A. Migette, Cata- logue des tableaux 1876, Nr. 229—241; vgl. Kraus III, S. 776 und 631—633); ein grosser Steinhammer (Jahrb. Ve, S. 173); Gemälde aus dem Bezirkspräsidium,

9D2

Eigentum. Als Anfang der archäologischen Sammlungen der Metzer Akademie!) dürfen gelten die aus den Fundamenten der spät-römischen Ringmauer in der Nähe des Höllenturmes (Tour d’Enfer) auf der Cita- delle stammenden Architekturstücke und Blöcke von skulpierten Grab- denkmälern, welche im Jahre 1822 entdeckt und in den Garten hinter der Stadtbibliothek, den inzwischen teilweise bebauten, aber auch heute noch zur Unterbringung von Steindenkmälern herangezogenen Museums- garten überführt wurden: Nr. 2, 9/10, 13, 63, 97, 98, 99 des Stein- saales. Abbildungen bei Devilly, Antiquites Mediomatriciennes, Premier

Abb. 5. Museum Metz, Steinsaal Nr. 13. Die rechte Seite dieses Grabdenkmals s. auf der den Steinsaal darstellenden Tafel.

mémoire, Monumens trouvés en 1822, à l’ancienne citadelle de Metz. Metz 1825, 19 S. mit 3 Tafeln (erweitert aus Mém. Acad. Metz 1822/25, S. 72—79); vgl. Robert, pl. VII, 2 und IX, 1—3. Nr. 9/10, 13, 98 und 99 sind beifolgend Abb. 1—6, vel. Tafel I, wiedergegeben. Zu diesen Steindenkmälern gesellten sich bald andere, wie der Wochen- götterstein aus Havingen (Kanton Fentsch, Kr. Diedenhofen), Nr. 11

', Diese Gesellschaft hat, wie es scheint, sehon vorher gesammelt; vgl. Devilly a. a, 0. S. 16: »Société qui a déjà réuni quelques antiquités d’un haut

interät«,

393

des Steinsaales (vgl. Mém. Acad. Metz 1828/29, S. 366—371 und Westd. Zeitschr. IX, 5. 34f., Nr. 15; abgebildet bei Robert pl. II, 2 und Ill, 4—10) und die mittelalterlichen Stücke Nr. 554 und 575 des Stein- saales. Die 30er Jahre brachten auch Kleinaltertümer, nämlich Grab- funde von Scarponna bei Dieulouard aus dem Jahr 1831 (vgl. Mém. Acad. Metz 1831/32, S. 191ff. und Hoffmann, Steinsaal S. 9ff.): doch soll hier gleich bemerkt werden, dass die Sammlung der kleineren Funde beträchtlich hinter den Steindenkmälern zurückgeblieben ist und

Abb. 6. Museum Metz, Steinsaal Nr. 98 u. 99: Teile von Grabdenkmälern. gef. 1822 zu Metz, Citadelle.

dass erst in neuerer Zeit durch die Regierung!) und den Verein füı Erdkunde ?), insbesondere aber durch die Gesellschaft für lothringische 1) Grabfunde von Morsbach unterhalb des Herapel 1893 u. a

?) Grabfunde von der Lunette d’Arcon: Fritz Möller im 3. Jahresbericht des Vereins f. Erdkunde zu Metz pro 1880, 114—136 mit Tafel

354

Geschichte zahlreiche und wertvolle Kleinaltertümer ins Museum gelangt sind. Der Grund ist in der Konkurrenz zu suchen, welche das Museum mit den Privatsamm- lungen zu bestehen hatte. Unter den Metzer Privatsammlungen waren die bedeutendsten die von Paguet und von V. Simon), und wenn diese auch Steindenkmäler, zumal kleinere, nicht verschmäh- ten), so hatten sie es doch in erster Linie auf Kleinfunde ab- gesehen. Da diese beiden Samm- lungen später in Paris meist- bietend versteigert wurden?), so sind ihre Bestände für Metz ver- loren und teilweise überhaupt verschollen. Von weiteren Stein- denkmälern kamen in der ge- nannten Zeit ausser der Meilen- säule aus dem Jahr 97 n. Chr. (Nr. 87 des "Steinsaales; "wel. Jahrb. X S. 32) und anderen Fund- stücken im Jahre 1837 fünf Bild- werke aus Stein hinzu, welche die Akademie auf Kosten der Stadt Metz aus dem Nachlass des Mar- quis de Villers auf Schloss Burg- esch bei Schwerdorf im Kreise Bolchen für 800 Fres. erstand (Nr. 3. 19. 89. 105. 528 des Steinsaales ; s. Mém. Acad. Metz 1837/38 S. 5344—346; vgl. Austrasie I. 1837. S. 489),

Abb. 7. Museum Metz

Grabsteim aus Arlon, erworben 1837.

1) A. Migette, Catalogue des tableaux S. XV £.; Kraus II S. 780.

?) In der Sammlung Paguet befanden sich drei der Bruchstücke des alt- christlichen Sarkophages, in welchem Ludwig der Fromme beigeselzt war (Nr. 463—466 des Steinsaales). Zu der Sammlung von V. Simon gehörten die Steindenkmäler bei Robert I S.53 und Il S.23f., ausserdem ein aus Nîmes stammendes Altärchen (Keune, Westd. Korrbl. XV Sp. 4), welches nach einer mir zugegangenen freundlichen Mitteilung Herr Professor Hübner aus Berlin in der Sammlung eines Grafen in Spanien (!) wiedergefunden hat. Ausserdem besassen beide Sammlungen Darstellungen der Epona (Jahrbuch VIIL», S. 57 Anm. 4).

®, Die Sammlung Paguet wurde 1867, die Sammlung Simon im Februar 1868 versteigert. Der Auktionskatalog der letzteren hat nur über den vom Museum zu S. Germain erworbenen Depotfund von Wallerfangen und einige andere besonders wertvolle Stücke genauere Angaben; ein Exemplar desselben besitzt die Metzer Stadtbibliothek. Die von Migette gesammelten Gegenstände hat der Besitzer mit seinen Zeichnungen und Gemälden der Stadt Metz geschenkt (s. später).

350

darunter vier Teile von Weih- und Grabdenkmälern aus Arlon, dem alten Orolaunum, welche im 17. Jhdt. von dort nach der Stadt Luxem- burg verbracht und hier später zu Festungsbauten verwendet waren (Wilthemius, Luciliburgensia ed. Neyen Fig. 9 und 118 mit S. 12/13. 174..314; Fig. 315—317 mit S. 263; Fig. 289-292 mit S. 255—257: Fig. 225 mit S. 231—232: wiederholt von Prat, Arlon, Atlas pl. 1. 15.

Abb. 8. Museum Metz, Steinsaal Nr. 30—34: Grabsteine aus Soulosse,

erworben 1839.

87—89. 66-68. 47. Eine Abbildung von Nr. 3 des Steinsaales s. beifolgend 7%). Zwei Jahre später, 1839, folgte die Erwerbung einer Anzahl von gallo-römischen Grabsteinen aus Solimariaca, an der Strasse Toul-Langres, j. Soulosse (Vosges): Nr. 30—48 und 49—52 des Stein- saales (Beaulieu, Archéologie de la Lorraine I. 1840 S. 168 ff. mit pl. Il und S. 212ff. mit pl. II. V; Jollois, Antiquités remarquables du départe- ment des Vosges, Paris 1843 pl. 18—20: vel. S. 71: Mém. Acad. Metz

356 1839/40 S. 72; Austrasie V. 1839. S. 152. 410f. und nouvelle série 1. 1840. S. 140. Nr. 30—37 des Steinsaales sind beifolgend 8—10 abgebildet). Dasselbe Jahr 1839 brachte ausser Nr. 76. 523. 525 auch das Bruchstück einer Meilensäule Nr. 86 des Steinsaales (Jhb. X S. 8 Anm. 1 vgl. Mém. Acad. Metz 1839/40 S. 73—74). Im Jahr 1841 kamen ausser dem Altarstück Nr. 440 und dem Brandgrab Nr. 149 in- folge von Neubauten am Jakobsplatz, der damaligen place d’Austerlitz,

=

Abb. 9. Museum Metz, Steinsaal Nr. 33—36: Grabsteine aus Soulosse, erworben 1839.

hinzu die römischen Architekturstücke Nr. 1. 25. 165 (Mém. Acad. Metz 1841/42 S. 140 mit Abb.): weit wertvolleren Zuwachs aber bedeuteten das bisher in der Nähe des Citadellenthores und Höllenturmes einge- mauerte Bruchstück eines grossen Grabdenkmals Nr. 26 (a. a. 0. S. 138 mit Fig. 2; s. Abbildung LE 12) und vor allem die Frauen- statue Nr. 170, welche bei Fundierung eines Flügels der damaligen caserne du génie, der jetzigen Kaiser-Wilhelm-Kaserne, aufgefunden wurde (a. a. 0. S. 139 mit Fig. 5) und deren Abbildung eine besondere Behandlung des schönen Fundstückes begleiten soll. Dem folgenden Jahre 1842 verdankt das Museum insbesondere das Denkmal, durch

35

welches die Dorfbewohner von Marsal den Kaiser Claudius geehrt haben, Nr. 108 des Steinsaales (Mém. Acad. Metz 1842/45 S. 386 II, mit Abbildung: Robert pl. VI Fig. 2), ausserdem Nr. 72. 82. 106 und 114 (Mém. Acad. Metz 1842/43 S. 339. 340. 344 mit zwei Abbildungen ). Im nächsten Jahr 1843 bereicherte Herr Laporte die Sammlung der Akademie um inschriftliche und andere Steindenkmäler der römischen Zeit wie der Renaissance, welche in dem einstmaligen Hause Aubrv- Boissard, später Peltre, in der Goldschmiedstrasse zu Metz zu- sammengebracht waren: Nr. 5. 6. 94. 95. 248. 457. 551. 608 und 639—645 des Steinsaales : s. Keune, Jahrb. VIII: (über J. J. Boissard ) S.37—47 und die beifolgende Ab- bildung 4 (Nr. 6 des Steinsaales). In demselben Jahre 1843 ging die Vereinssammlung in städtische Ver- waltung über, und die Aufsicht über die im Garten hinter der Bibliothek sowie im Hausflur dieses Gebäudes aufgestellten Steindenk- mäler und sonstigen Altertums- funde wurde dem damaligen Biblio- (hekar (lerex übertragen, der einen Teil derselben in den Wänden des Hausflurs einmauern liess’). Ueberhaupt galt seitdem die Alter- tumssammlung als ein Anhängsel Abb. 10. Museum Metz, Steinsaal Nr. 37: der Bibliothek, und war den Beamten (rabstein aus Soulosse, erworben 1839. der Bibliothek, wie Malherbe *)

Lorrain Schuster, die Verwaltung dieser Sammlung übertragen,

Welch stattliche und wertvolle Sammlung im Jahre 1843 die Stadt

1) Nach Abel vor Lorrain S. II/IV, ?) Der nach Abel a. a. O0. S.V von dem Unterbibliothekar Malherbe (un 1860) verfasste und mit Zeichnungen ausgestattete handschriftliche Museun

katalog der Metzer Stadtbibliothek kann nur das Bruchstück eines solchen sein welches hinter den aus Chastillon (1614) stammenden Ansichten aus Melz ein sebunden ist und welches auch Kraus HI S. 336 meint. Auf Malherbe geht (nach Abel) die erste Bezifferune der Steindenkmäler zurück Ueber Lorrain und

Schuster vgl. nachher.

358

übernahm, lehrt schon die oben gegebene Uebersicht über die wichtigeren Eingänge, und doch kann diese Uebersicht keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit machen. Denn dass die Aufzählung lückenhaft ist, zeigt eine Vergleichung mit den Angaben der Abbildungen des i. J. 1843f. er- schienenen Buches von Émile Bégin, » Metz depuis dix-huit siecles<, welche bezeugen, dass auch andere Steindenkmäler damals bereits im Museum sich

Abb. 11 u. 12: Museum Metz, Steinsaal Nr. 26: Von einem Grabdenkmal,

gef. zu Metz, Citadelle (eing. 1841).

befanden, über deren Erwerbung frühere Angaben nicht vorzuliegen scheinen, wie Nr. 28. 69. 74.81 (Jhb. XS. 28,21). 151 (s. Abbildung 13.) 157. 159 (Benedictins, Hist. de Metz, I, 1769 pl.. XX, 2; bereits 1838 in der Sammlung vorhanden nach Mem. Acad. 1838/39 S. 271). 144--147 Jhb. VIT: S. 39—41) bei Bégin pl. 24. 35. 38. 39. 47, 48. Auch

359

soll nicht unerwähnt bleiben, dass damals u. a.!) auch die herrliche Elfenbeinschnitzerei aus dem 10. ‚Jahrhundert mit dem Bildnis des Adalbero bereits im Besitz der Stadt sich befand (vgl. Begin a. a. O0. II S. 389; Litteratur bei Kraus, die christl. Inschriften der Rhein- lande Il. 1892. Nr. 315, wo nachzutragen sind: Paul Weber, (Geistliches Schau- spiel und kirchliche Kunst in ihrem Verhältnis erläutert an einer Ikonographie der Kirche und Synagoge. 1894. S. 21 f. und Lothring. Kunstdenk- mäler Nr. 54). In den nächst- folgenden Jahren war der Zuwachs gering, bis die An- lage der Eisenbahn und der Bau eines Bahnhofes zu Alter- tumsfunden führten, welche dem Museum zu gute kamen. Unter den Fundstücken war von hervorragenden Wert die Bauinschrift des Brunnen- hauses (Nvmphaeum) einer Wasserleitung Nr. 80 (Mem. Acad. Metz 1848/49 8. 55: Robert pl. VI Fig. 4: vgl. Jhb. IX S. 178 Anm. 1). Von sonstigen Erwerbungen seien noch erwähnt die Funde des Jahres 1851 von der >lunelte de Mon- tigny< oder »l. d’Arcon« Nr. 8. 24. 64. 73. 83. 101. 104 und 169

Abb. 13. Museum Metz, Steinsaal Nr. 151: Grabstein.

1) Auch die (in Metz hergestellte) bronzene Nachbildung eines eisernen Thürklopfers aus einem Hause zu Troves (Aube) wird damals schon in der Samın lung vorhanden gewesen sein, da die 5 bronzenen Nachbildungen dieses Stückes vor 50 oder 60 Jahren« in Metz angefertigt sind. Das Original ist verschollen, und im Museum zu Troyes befinden sich nur zwei Abgüsse, einer in Bronze und einer in Gyps. Die Angabe von Hoffmann, Kleinaltertümer S. 47 = Jahrbuch Vs S. 185, dass der Schildhalter das Wappenschild der Metzer Familie Louve trage, ısl ırrıg; es ist das Wappen der Familie Hennequin zu Troves, wie der Konservator des

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(Mém. Acad. Metz. 1851/52 S. 221—223 mit einigen Abbildungen !) sowie Nr, 402 aus der Kirche S. Martin. Das Jahr 1854 brachte den als Schlussstein eines

Thorbogens gearbeiteten Jup- piter-Kopf (s. Abbildung 4) und das Relief einer reiten- den Epona (Abb. Jhb. VII», S.58, vgl. Revue arch. 1898, S. 191), die folgenden Jahre u. a. die: Nr. 29.110462 (irrtümlich für karolingisch sehaltenes Relief). 479. 522. Dann förderten die durch An- lage der Wasserleitung Gorze- Metz (1858 —1860) nötig ge- wordenen Arbeiten manches Fundstück zu Tage, insbeson- dere im Sommer 1858 in der Goldschmiedstrasse: Nr. 55. 61 (s. Abbildung 14). 67. 75. 79. 113; vgl. Bull. Soc. Mos. I. 1858. S. 54-57; Mém. Acad. Metz 1858/59 S. 283—289; Robert pl. I, 9; IV, 4. 5; IX, 5: X, 3. Dem: Jahr=1859 verdankt die Sammlung u. a. Abb. 14 Museum Metz, Steinsaal Nr. 61: die beiden noch rätselhaften Grabstein, gef. zu Metz 1858. Inschriften Nr. 65 und 66

(Jhb. X S. 57 Anm.) sowie

Nr. 142 und das beim Bahnbau Diedenhofen— Luxemburg gefundene Bacchus-Relief Nr. 22 (Bull. Soc. Mos. 1859 S. 4—5; 1860 S. 8; Mem. Acad. Metz 1859/60 S. 403 f. mit Abbildung), den folgenden Jahren ausser Nr. 341 u. a. Funde aus dem Kloster der Franziskaner-

Museums zu Troves, Herr Le Clert, mir mitteilt, dessen Freundlichkeit ich über- haupt genauere Angaben über diesen Thürklopfer verdanke. Vgl. über das Stück Arnaud, Voyage archéologique dans le département de l’Aube; Fichot, Statistique monumentale du département de l'Aube; Viollet-le-Duc, Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVIe siècle. VI. 1875 S. 86 (Abbildung) mit S. 83/84; Catalogue de l'Archéologie monumentale du Musée de Troves;'iNr. 768.

1) Irrtümlich ist hier (S. 222») auch Nr. 69 des Steinsaales aufgeführt, ob- sleich dieser Stein sich schon früher im Museum befand (vgl. oben).

361

Recollekten!);: weitere Fundstücke brachte der Abbruch der Kirche S. Marie auf der Citadelle?) und der Kirche der Cülestiner*). Auch wurde dem Museum im ‚Jahre 1862 die Ehreninschrift geschenkt, welche i. J. 20 n. Chr. dem Kaiser Tiberius vermutlich die Bewohner des Herapel gesetzt hatten und welche bisher im Besitz eines Privatsammlers, des Herrn Motte zu Saarlouis'), gewesen war: Nr. 107 des Steinsaales (Bull. Soc. Mos. V. 1862 S. 44—45; Robert pl. VI, 1; vgl. Jhb. IX S:155 Anm. 2). Es folgte ein reiches (reschenk der französischen Regierung. welche ausser einer Anzahl von Grypsabgüssen antiker Meisterwerke’) eine Auswahl aus der von ihr im Jahre 1861 angekauften grossartigen Sammlung des Marchese Campana zu Rom, wie anderen Museen, so auch dem Museum der Stadt Metz überwies*). Ferneren wertvollen Zuwachs ergab dank den Bemühungen der Société d'archéologie et d'histoire de la Moselle und des mit der Bauleitung betrauten Herrn Petsche der Bahnbau Diedenhofen—Niederbronn durch die Compagnie des chemins de fer de l'Est in den Jahren 1864-1869 aus der Gegend von Bettingen, Merlenbach und Sainte-Fontaine ?): Nr. 49 und 115—125 (J. 1864): Nr. 126—130 (J. 1864) und 131—136 (J. 1867): Nr. 137 und 138 (J. 1869); vgl. Bull. Soc. Mos. VII. 1864. S. 131 ff.; XI. 1868. S. 2—3; XII. 1869. S. 125f.; Mém. Acad. Metz 1864/65 S. 127—144 (Nr. 138 ist abgebildet im Jhb. VII», S. 60). Aber auch von anderen Fundstellen gingen dem Museum in diesen Jahren Stücke zu, so eine Amphora und zwei Glasgefässe (Hoffmann, Steinsaal, S. 8, A, und S. 12 Nr. 27 a. b) aus den Sandgruben der genannten Compagnie de l'Est zu Sablon (1864), Nr. 7. 18 und 68 des Steinsaales (1864), weiter Nr. 20 und 56 (vgl. 109 und 112) von der porte d’Anglemur, das Relief der Epona Nr. 23 (Robert pl. I,4; vgl. S. Reinach, Epona, Nr. 23), mittelalterliche Grabschriften u. a. aus dem Nachlass Morlanne (Nr. 509.

1) Kraus III S. 684 ff. Vgl. Nr. 471. 481 ff. 488. 496. 505. 513 des Steinsaales.

?) Kraus III S. 705 ff. Vgl. Nr. 404 ff. 422 ff. 427 ff. des Steinsaales.

3) Kraus III S. 674 ff. Vgl. Nr. 497. 499—502 des Steinsaales.

+) Vgl. auch Lorrain, Catalogue Nr. 174.

*) Lorrain, Catalogue Nr. LXXXV—XCVII; Migette, Catalogue des tableaux et des sculptures S. 126—128 Nr. 66—77, vgl. S. 144; Hoffmann, Steinsaal S. 21—2;; unter a.d.e.f.h. k. (l). m. (n).o. Diese Abgüsse sind wegen Raummangels seil 1896 im Lyceum untergebracht; mehrere hatten bis dahin, verstümmelt, in dem Kohlenraum des Museums gestanden.

°) Im Jahre 1863: Griechische und etruskische Gefässe, Skulpturen u. à.: s. Bull. Soc, Mos. VI. 1863 S. 92--96; Lorrain Nr. I-LXXXI. LXXXIV. 155 und 167; Hoffmann, Steinsaal S. 5—8; S. 16—17 Nr. 50 f. 55. 56 a—d. 57. 58. 60; 5.20, sowie die Nr. 155. 167 a. b. 340b. Ausserdem i. J. 1864 fünf Gemälde (s. u.).

7) Eine Anzahl von Fundstücken sind in S. Fontaine zurückgeblieben, wo ich sie noch im J. 1899 gesehen (vgl. auch Prost, M&n. Acad. Metz 1864/65 S. 143).

511. 512. 520. 576-578; vgl. Bull. Soc. Mos. IX. 1866 S. 24—-30) u.s. w. Auch wurden im J. 1868 zwei Blöcke mit bildlichen Dar- stellungen gefunden, welche zum Bau der römischen Brücke unterhalb der Totenbrücke verwendet gewesen waren: Nr. 77 und 88 (vgl. Bull. Soc. Mos. XI. 1868. S. 106; Mem. Acad. Metz 1868/69 S. 517-518; Abbildg. bei Ledain, Lettres et notices d’archeologie, Nouvelle edition, Metz 1869 [1867] pl. IV, 1 und V, 2 mit S. 305 ff.); ausserdem liefen aber in diesem und dem folgenden Jahr eine Reihe von anderen Fund- stücken ein, wie Nr. 90 (Robert pl. II, 4), Nr. 139 (vgl. 140) Brand- grab, Steinbehälter mit Glasgefäss aus Kreuzwald (32g bei Hoffmann, SteinsalS. 12/13: vgl. Bull. Soc. Mos. XII. 1869. S. 11—13)u.a. Jeden- falls beweist schon diese Zusammenstellung zur Genüge, dass Hausflur und Garten einer solchen Fülle von kultur- und kunstgeschichtlich wichtigen Altertüimern weder hinreichende noch zweckmässige Unter- kunft bieten konnten. Wenn daher diejenigen wissenschaftlichen Vereine, welche sich die Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler des Landes zur Aufgabe gestellt hatten, die Metzer Akademie und die archäologisch-historische Gesellschaft, eine bessere und würdigere Unter- bringung ihrer Pileglinge verlangten, so ist dies gewiss verständlich. Dazu kam noch ihre Sorge um die Gemäldesammlung, welche, wenn auch besser, so doch gleichfalls in ungenügenden Räumen untergebracht war. Lange blieb freilich ihr Rufen unerhört'). Endlich aber drang ihre Forderung durch: der im Einvernehmen mit der Metzer Akademie vom Stadtbaumeister Demoget entworfene Plan eines Museumsbaues wurde i. J. 1869 genehmigt und, wenn auch nur zum kleineren Teil, ausgeführt). Nachdem der Bau im Laufe des Jahres 1870 fertig ge- worden, konnte die Einrichtung beginnen. Diese war im Jahre 1872 beendigt, und wurden die neuen Räume im Mai dieses Jahres dem Besuch geöffnet. Es umfasste aber der Neubau zwei Stockwerke, deren unteres vom »Steinsaal« (s. Tafel), das obere von drei mit Oberlicht ausgestatteten Bildersälen eingenommen war. Ausserdem standen für die Altertumssammlung noch zur Verfügung ein kleines Vorzimmer zum Steinsaal, welches bis zur Neuordnung des Museums Thon- und Glasgefässen wie auch anderen Kleinaltertümern ?) ein un- mes 1) Vergl. Migette, Catalogue des tableaux, S. XXIV—XXVI. Ueber frühere Bauprojekte vgl. Migette S. XVIIIff. Bemerkenswert ist. dass bereits im J. 1835 zur Errichtung eines Museums Bauten vorgeschlagen sind, welche neuerdings zum selben Zweck empfohlen wurden (a. a. O.S. XIX). Schon im April 1864 hatte die Akademie einen Bauplan genehmigt, über den E. de Bouteiller Bericht erstattet: Rapport sur le projet de musée présenté pour les collections de la ville de Metz. Metz 1864. 22 S. 8°.

3) Migette a. a. 0. S. XXVILf. ») Hoffmann, Steinsaal, S. 5—20.

4808 _—

geeignetes Unterkommen bot, sowie die bisher als Bildersäle verwendeten Räume 1) mit Ausschluss des der Akademie eingeräumten vorderen (nach der Bibliothekstrasse zu gelegenen) Zimmers. Die Ueberführung und Aufstellung der Steindenkmäler und sonstigen Altertümer im Stein- saal hatte der Bibliothekar Lorrain geleitet; er legte auch ein Ver- zeichnis dieser Gegenstände an, für die er eine neue, noch jetzt giltige Bezifferung *) durchgeführt hat. Die letzte Hand an sein Verzeichnis zu legen hinderte ihn sein Tod (+ 4. März 1873). Daher nahm Charles Abel, der Vorsitzende der Société d'archéologie ‘et d'histoire de la Moselle, die Redaktion des Verzeichnisses in die Hand: er hat mehrere Angaben über Herkunft der Stücke zugefügt. im übrigen aber den Wirrwarr, welchen der Neubau in der Ordnung der im Garten unter- gebrachten mittelalterlichen Steindenkmäler verschuldet hatte, nicht beseitigen können’). Das von Abel redigierte Lorrain’sche Verzeichnis berücksichtigt alle im Steinsaal untergebrachten Altertümer *), soweit sie bis zum Jahre 1873 eingegangen waren’): vorausgeschickt ist auf Abels Veranlassung‘®) die Zusammenstellung der (regenstände aus der Sammlung Campana’) und der Gypsabgüsse von Antiken. Dagegen sind nicht berücksichtigt die heimischen Kleinaltertümer, wie Glas- und Thongefässe $), Thonlampen *), Gewandnadeln °), Haarnadeln !'), Schreib-

'), Vgl. unter C (Gemäldesammlung).

?) Diese Bezifferung, welche zwar die römische Zeit von Mittelalter und Neuzeit scheidet, im übrigen aber keine planmässige ist, kann erst nach Fin- führung einer planmässigen Aufstellung abgeändert werden.

#) Abel vor Lorrain S. VII,

#) Auch die moderne Skulptur von Pioche Nr. 550; Hoffmann hat diese (S. 22, i) ebenso wie eine andere Arbeit von Pioche (S. 23, p) und eine Gruppe von Fratin (S. 21, g) unter die Abgüsse von Antiken eingereiht.

°) Die letzten in Lorrains Katalog verzeichneten Erwerbungen gehören ins Jahr 1872, eine noch ins Jahr 1873 (Nr. 649 Bull. Mos. 1873 S. 2).

#) Abel vor Lorrain S. VI.

?, Zwei Stücke sind an anderer Stelle als Nr. 155 und 167 eingefügt; s. o. Nicht zugehörig: Lorrain Nr. LXXXII (S. 20) = Hoffmann Nr. 363.

®) So die bereits oben angeführten Gefässe aus Gräbern von Scarponna (J. 1831) und Grabfunde aus Sablon (J. 1864); ausserdem z. B. Hoffmann, Stein- saal, S. 14 unter Nr. 34 (J. 1845. 1862. 1866. 1867); S.15 unter Nr. 40 (1867); dagegen Hoffmann $, 77 Nr. 341 = Lorrain Nr. 647 (J. 1860).

?) Hoffmann, Steinsaal, S. 11, Nr. 24 und S. 16 unter Nr. 50 sowie Klein- altertümer S.9 Jahrh. IV,ı, S. 194 (mehrere mit dem Stempel des Fabrikanten Fortis, vgl. M&m. Soc. Mos. 1865 S. 281: Karlstrasse ; Bull. Soc. Mos. Il. 1859, S. 39 unter 2: Marchantstrasse).

10) fibulae, wie z. B. Mém. Acad. 1850/1851 S. 189 mit Abbildung (Hoffmann, Kleinaltertümer S. 11 = Jhb. IV ı, S. 196).

W) Vgl. Hoffmann, Kleinalt. S. 15 f. = Jhb. IV,:, S. 200 f.

oriffel !), Schlüssel ?), Kummetringe ?), Hufschuhe 1), Webersteine ?), Statuetten aus Bronze®) und Thon‘) und anderes®). Allerdings standen diese Kleinaltertümer an Zahl und Wert aus früher angedeuteten Gründen erheblich hinter den Stein- denkmälern zurück, aber es fanden sich darunter doch auch wertvolle Stücke, z. B. das als Abb. 15 wiedergegebene Schmuckkästchen aus Elfenbein?) und das Bruchstück eines Bronzetäfelchens mit einer Weih- inschrift 1%). Ausser dem Hinweis auf diese Kleinaltertümer seien zur Vervollständigung der oben gege-

Schmuckkästchen aus Elfenbein : à 4 E E Shb. Vi. 201) benen Uebersicht über das Wachs- tum der Altertumssammlung auf Grund des Verzeichnisses von Lorrain noch einige wichtigere Steindenk- mäler aufgeführt, welche während des Baues und der Einrichtung

Abb. 15. Museum Metz:

) stili, vgl. Hoffmann, Kleinalt. S. 17 == Jhb. IV,ı, S. 202.

2) Vgl. Hoffmann, Kleinalt. S’25f., 42. = Jhb. IWV,ı, S. 210f., Ve, S. 180 Fr.

3) V Vel. Hoffmann, Kleinalt. S. 26 Jhb. IV,ı, S. 211.

9 Vel. Hoffmann, Kleinalt. SA JDD IV TMS DID

5) Hoffmann, Steinsaal, S . 18 unter Nr. 2 und Kleinalt. S.9 = Er IV;1, 8.194.

5, Vgl. Hoffmann, Rleinalt. S. 29 und S. 30—33 = Jhb. IV ı, S. 214. 215218 sowie die zu Abb. 21--24 gegebenen 1 Nachweisungen.

”) Vgl. Hoffmann, Kleinalt. S. 8 = Jhb. IV, S 193; Abbildungen Mém. Acad. Metz 1850/51, Tafel zu S.182, Fig. 17. 18 und beifolgend Nr. 25—27. Die ana. 0.03:87=1193 (Ende) angeführte Inschrift ... PISTI... ist der Name des Fabrikanten Pistillus ; vgl. Tudot, Coll. de figurines en argile 1860 pl. 30, fig. A.

8) So ein Bronze-Kelt: das Elfenbeinrelief des Adalbero (40); Bleikreuze und Kelche aus mittelalterlichen an ein Bleinapf mit verschiedenen Gegen- ständen (B al Soc. Mos. VIII. 1865. S. 77—79); eine Zinnschüssel: Hoffmann, Kleinalt. S. 36. 44—45. 48 = Jhb. V>, S. 174. Er 183. 186. Ebenso der Abdruck des Te ls eines Augenarztes : AAA S.229:=;Jhb;,1V 1506 2247 das Original besitzt (nach freundlicher Mitteilung Fu Herrn Seymour de Ricci zu Paris) das Museum von S. Germain als Nr. 9033 (Litteratur : Bégin, Courrier de la Moselle, Sept. 1836, S. 112, Annuaire de la Moselle 1837 S. 130 “und Mém. Acad. Metz 1839/40 histoire médicale S. 111f. mit pl. VII,2; Ausland 1836 S. 1204 Nr. 276; Giornale Arcadico LXXIV. 1838. S. 123, woher Henzen n. 7249; V. Simon Mém. Acad. Metz 1838/39 5.288 mit pl. I, 10; Mém. Acad. Metz 1843/44 S. 268 Overbeck, Katalog des rhein. Mus. vaterl. Altert. 1851. S. 150 n. 10: Verronnais, Supplement à la statistique ... du département de la Moselle 1852 S. 369; Grotefend, Philologus XII S. 161 n. 64 und Stempel der röm. Augenärzte n. 91; Osann, Philologus XIV S. 632; Brambach n. 1875; Kraus Ill, S. 86; Esperandieu, Recueil des cachets d’oculistes Romains 1894 Nr. 57 Rev. archéol. 1893; auch im Bericht unter den Akten der franz. Regierung im Bezirksarchiv zu Metz T. VI unter Daspich).

°) Hoffmann, Kleinalt. S. 16 = Jhb. IV,ı, S. 201.

10) Mém. Soc. Mos. 1865 S. 273 und Hoffmann, Kleinalt. S. 29 = Jhb. IVy, S. 214. Seymour de Ricey ergänzt Z. 3 treffend: sacerdos Romae] et Auglusti (brieflich), und somit wäre diese Inschrift das zweite Zeugnis für diesen Gemeinde- priester (vgl. Jhb. X S. 27/28 Nr. 20).

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des Steinsaales eingelaufen waren!) oder welche bereits früher zur Sammlung gehört hatten, ohne dass jedoch über die Zeit ihrer Erwerbung sich bisher Bestimmtes feststellen liess. Ich meine von den Steindenkmälern römischer Zeit: Nr. 158, den Altar der Epona und des Genius Leucorum von Nasium-Naix (Bull. Mos. 1871/72 S. 13; Robert pl. 1, 5—7); Nr. 165, die Widmung an die deae Maiiae (— Matres ?) seitens der vicani vici Pacis (Bull. Mos. 1871/72 S. 4ff.; Robert pl. V, 1); den Grabstein Nr. 154 (Bull. Mos. 1871/72 S. 14; Robert pl. VII, 7): von Architekturstücken den Fries Nr. 161 (Mem. Acad. Metz 1858/59 S. 2911f.); dann auch ausser den Bestand- teilen von Mühlen (Nr. 249 ff.) die Amphoren Nr. 152 und 284 (vgl. Westd. Korrbl. XV, 1896, 1) sowie Nr. 160 (Benediet., Hist. de Metz I pl. I, 5); schliesslich die Gypsabgüsse Nr. 199. 71 und 166 (Robert I S. 93; II S. 22 und pl. VII, 4—6; vgl. Bull. Mos. 1871/72 S. 14—15). Von mittelalterlichen und neueren Denkmälern nenne ich die Altarauf- sätze Nr. 400f. (Bull. Mos. 1871/72 S. 16, 6—7); den monumentalen Kaminmantel Nr. 415; das Relief des Ritter und Knappen Nr. 441 (Austrasie V. 1839. S. 104 ff. mit Abbildung auf Tafel); Nr. 463 —466 (Lothr. Kunstdenkmäler Nr. 41), die Bruchstücke des altchristlichen Marmorsarges Ludwigs des Frommen, soweit sie damals schon im Museum vorhanden waren; den Wappenstein Nr. 570 (Bull. Mos. 1870 S. 41): die Reste aus der Kirche Saint-Etienne-le-Dépanné Nr. 601 - 607 (Bull. Mos. 1871/72 S. 41fl.), sowie die Gypsabgüsse Nr. 467 und 413 (Bull. Mos. 1871/72 S. 16,8; Lothr. Kunstdenkmäler Nr. 20, oben, und Nr. 6). So konnte denn Professor Hübner, der im Herbst 1872 das Metzer Altertumsmuseum, freilich nur flüchtig ?), besichtigte, die Reichhaltigkeit unserer Sammlung römischer Skulpturen und Inschriftsteine hervor- heben (Bonner Jahrbücher LIIIT—LIV. 1873. S. 159—171). Damals übertraf diese Sammlung an Umfang die Trierische, welche teilweise in der Porta Nigra (Sammlung der Regierung), teilweise in dem (ie- bäude der Bibliothek bezw. des Gymnasiums (Sammlung der Gesellschaft für nützliche Forschungen) untergebracht war?). Freilich ist inzwischen

1) Vel. Lorrain im Bull. Soc. Mos. 1871/72 S. 4—16.

») Hübner a. a. O0. 5. 159. 170. Infolge dessen hat der hochverdiente Gelehrte verschiedene Denkmäler nicht gesehen (S. 165,4 über Nr. 81) oder überhaupt nich! berücksichtigen können (z. B. Nr. 170) und hat für einige irrige Erklärungen g: geben, wie S. 163/164 über das Grabdenkmal Nr. 13 (früher Nr. 64), s. Abh. 5 desgl. S. 165 über die Grabschrift Nr. 82 (Robert III S. 73). Zu Nr. 65 und 66 (Hübner S. 161—163) vgl. Jhb. X S. 57 Anm. 1; zu Hübner S. 162, (nicht erhaltene Inschrift) vel. Jhb. IX S. 1884 und X S. 59.

8) Hübner a. a. O. S. 161.

366

die Metzer Sammlung von den vereinigten Trierer Sammlungen dank der Schaffung eines Provinzialmuseums zu Trier (1877) insbesondere durch die von Professor Hetiner ausgegrabenen, an Reichhaltigkeit einzig dastehenden Neumagener Fundstücke weit überholt. Aber auch

Abb. 16.

Museum Metz, Steinsaal Nr. 297:

gef. zu Sablon, Kiesgruben Mev.

der Zuwachs der Metzer Altertums- sammlung, welche im wesentlichen auf Geschenke von Regierung, Vereinen und Privaten angewiesen war, ist seither eine sehr beach- tenswerte gewesen, da zahlreiche Fundstücke demselben zuflossen, von denen nicht wenige von her- vorragender Wichtigkeit für die Kulturgeschichte nicht bloss des heutigen Lothringen sondern des gesamten Gallien und. des rö- mischen Reiches überhaupt sind. Und dabei sind nachrömische Fund- stücke nicht einmal berücksichtigt! Die nächsten Jahre nach Lorrains Tode waren allerdings arm an Eingängen, was in den politischen Wandlungen seine Erklärung finden mag; erheblich reicher werden sie jedoch mit dem Jahr 1878. Dass aber diese Bereicherung eine stetige sein wird, dafür bürgt die Organi- sation der Gesellschaft für loth- ringische Geschichte wie auch des Museums.

Nach Lorrains Tode hat der Bibliothekar Herr Schuster die Ein- gänge (auch Kleinaltertümer) handschriftlich auf Blättern eingetragen, welche einem Exemplar des Lorrainschen Kataloges !) angebunden sind. Auf Grund dieser bis zum 11. Juni 1887 reichenden Aufzeichnungen von Schuster hat O. A. Hoffmann gelegentlich der Generalversammlung der deutschen Geschichtsvereine zu Metz im Jahr 1889 einen deutschen Katalog veröffentlicht, welcher das Verzeichnis von Lorrain bis zum genannten Jahre ergänzt und auch einige nach Schusters Aufzeichnungen

!) Dieses Exemplar ist jetzt von der Stadtbibliothek dem Museum überwiesen.

eingelaufene Stücke!) nachträgt. Dieses neue Verzeichnis berücksichtig! auch die damals in den Schränken des Vorzimmers zum Steinsaal untergebrachten Kleinfunde und weist unter den im Steinsaal auf-

gestellten gallo-römischen Altertümern”*) abzüglich des Nachtrags

Abb. 17. Museum Metz, Steinsaal Nr. 305: Mercurius und Rosmerta, gef. zu Sablon, Kiesgruben Mey.

(5. 1106) 77 Nummern (Nr. 286—362) und unter den mittelalter- lichen und neuzeitlichen Gegenständen 47 Nummern (649-695 mehr auf als der Lorrainsche Katalog’). Später hat Hoffmann aucl

1) Nr. 691—695 und S. 116, Nr. 364— 566.

2) Darunter auch fränkische Steinsärge Nr. 352—359

3), Lorrain Nr. 647-650 = Hoffmann, Steinsaal, Nr. 341. 647. 648. 285; einige andere Abweichungen sind schon vermerkt. Im übrigen hat Hoffmann die

Zähluns von Lorrain beibehalten

ein Verzeichnis der in den oberen Räumen aufgestellten Kleinaltertümer !) zusammengestellt, welches die Erwerbungen bis zum Jahre 1892 um- fasst (Jahrbuch IV,ı und V>»). Diese Verzeichnisse von Hoffmann er- möglichen eine —- allerdings nicht durchaus vollständige?) Vor- stellung von den Beständen des Altertumsmuseums vor 10 Jahren.

Abb. 18. Museum Metz, Steinsaal Nr. 305: Apollo (Rückseite von Abb. 17, verkleinert).

Aus dem Zuwachs, dessen sich die Sammlungen seit dem Abschluss des Verzeichnisses von Lorrain zu erfreuen gehabt, seien von den

!) Verschiedene gleichartige und daher zusammengehörige Fundstücke sind, weil in verschiedenen Räumen untergebracht, auseinander geraten, so ausser den bereits erwähnten Webersteinen und Thonlampen u. a. auch die Stücke des Brique- tage (Steinsaal, S. 18, Schrank IV unter Nr. 3 und Oberstock Pult III B, Jhb. V», S. 174).

?) Ausser den gelegentlich erwähnten Gegenständen, welche in die Ver- zeichnisse von Hoffmann nicht aufgenommen sind, obschon sie vor 1892 im Mu- seum vorhanden waren, seien beispielsweise genannt: die Holzschnitzereien (zwei sind abgebildet Lothr. Kunstdenkmäler Nr. 40) ; einige Gegenstände der Sammlung Migette: der Gypsabguss der Reiterstatuette Karls d. Gr. (Original aus dem Melzer Domschatz, jetzt im Musée Carnavalet zu Paris). Vgl. später. Leider sind aber auch Stücke abhanden gekommen, wie das Bleirelief bei Hoffmann, Kleinaltert. S. 33 Jhb. IV,ı, S. 218; der Votivring bei Robert pl. II, 3 (vgl. I S. 40) und, falls nicht ein Irrtum vorliest, die bronzene Helmmaske bei Hübner, Bonn. Jhb. 53/54 D. LOL:

369

älteren Fundgegenständen nur aufgeführt die Ziegelstempel, welche zu Grabfunden in Sablon Nov. 1877 gehören (Dupriez, Mém. Acad. Metz 1877/78 S. 256): Nr. 291, wo aber der dritte, ebenfalls vorhandene

Abb. 19. Museum Metz, Steinsaal Nr. 313: Mercurius im gallischen Rock, darüber Weihinschrift; gef. zu Sablon, Kiesgruben Mey.

Stempel fehlt!). Weit wichtiger sind die Erwerbungen der nächsten Jahre. Denn im ‚Jahre 1878 kamen die Bruchstücke der Mertener

1) Dieser Stempel, von Dupriez (S. 256) unrichtig gelesen, ist rückläul geschrieben und lautet: IVINCINTIVS d. i. Vincintius = Vincentius. Ausseı diesem gestempelten Ziegel habe ich noch vier vorgefunden, die Hoffmann, Stein- saal, übersehen hat: EX VPERANTIVS (rückläufig

. 3

Säule ins Museum, welche Herr Bildhauer Dujardın im Jahre 1885 zu- sammengesetzt hat (Nr. 294: F. X. Kraus, Bonner Jahrb. 64. 1878. S. 94— 99, mit Tafel VII, und Kunst und Altert. in Elsass-Lothr. II S. 316— 325 mit Abbildungen: Aug. Prost, Le monument de Merten, 39 S. 8°, mit Abbildungen, S. A. aus Revue archeologique, Janvier et Février 1879: Ch. Abel, Mem. Soc. Mos. XVI, 1, 1885, S. 1—39 mit 9 Tafeln; O. A. Hoffmann Jahrbuch I S. 14—39 mit Tafel). Dazu sesellten sich in den folgenden Jahren der Tragaltar des Cissonius (Nr. 296, vgl. die Abbildung des Steinsaales), welcher bei Anlage der kisenbahn Hargarten—Beningen bei Karlingen gefunden wurde !): weiter die Fundstücke aus den Kiesgruben des Herrn Mey zu Sablon (Nr. 297. 304—328; F. Möller, Westd. Zeitschr. II S. 249ff.), darunter Weih- inschriften an die einheimische Göttin Icovellauna?), eine Statue der Victoria (R. Kekulé, Westd. Zeitschr. I S. 291—293 mit Tafel VI; Ab- bildung auch auf dem beifolgenden Bild des Steinsaales) sowie die beifol- gend Nr. L6— 20 abgebildeten Fundstücke, drei Steindenkmäler *) und ein

ADIVTEX mit einem als Revisionsstempel (?) zwischen I und V ein- seschobenen, etwas schräg gestellten d; Fundort: Citadelle zu Metz (Ledain, Plusieurs notices d’arch&ologie 1880 = Mém. Soc. Mos. XV, 1879, S. 173, unten, und 8. 196 mit Tafel, Nr. 11);

ADIVTEC; Fundort: Citadelle? (das im Museum befindliche Ziegelstück ist m.E. nicht das von Ledain a. a. O.S. 174 und S. 195 mit Tafel, Nr. 3, auf- geführte Bruchstück) ;

VTECEBEN d. i. |Adilutece Ben.; Fundort: Citadelle zu Metz (Ledain a. à. O.S. 174 und S. 196 mit Tafel, Nr. 10. Irrtümlich giebt Hoffmann, Westd. Zeitschr. IX S. 282, Nr. 369, als Fundort Bettingen wie Steinsaal Nr. 299 an). Den bereits Steinsaal Nr. 335 verzeichneten Stempel hat Hoffmann, Westd. Zeitschr. IX S. 283 irrtümlich als neue Erwerbung Nr. 370 aufgeführt. Der Stempel des vollständig erhaltenen Ziegels lautet: VINCENTI (mit dem Spiegelbild von N), ausserdem ist ein Bruchstück vorhanden mit den Endbuchstaben dieses Namens. Beide Ziegel stammen aus Oberkonz (Möller, Westd. Korrbl. II, 139,1). Die 6 Zahlenstempel sind von Hoffmann, Steinsaal Nr. 319, ungenau wiedergegeben.

1) Nach der freundlichen Mitteilung des Herrn Baurats Dr. Laubenheimer zu Sablon gef. im Staatswald »Rondheitgen« zwischen Karlingen und der ersten Wegeüberführung nach dem Staatswald zu. Ebenda wurden auch Skulpturstücke (Reiterfigur) gefunden; ein Pferdekopf im Besitz des Herrn Laubenheimer, der Verbleib der anderen Stücke unbekannt. Bei Anlage des zweiten Geleises (1896) wurde an der Fundstelle nichts gefunden.

?) Auch die beiden Bronzetäfelchen habe ich vorgefunden; vgl. Westd. Zeitschr. XVII S. 374 Anm. 7 = Jahrb. XI S. 378 Anm. 1.

3) Vgl. die Nachweise zu den Abbildungen.

911

Weinseiher t); desgleichen die Grabfunde von der Lunette d’Arcon am Hauptbahnhof (Hoffmann, Steinsaal Nr. 300—303 und S. 91T. ; F. Möller, Jahresber. d. Ver. f. Erdkunde III S. 114 ff. mit Abbildungen) und die für die Bedeutung des Dorfes Decempagi wichtigen Funde aus Tarquin- pol Nr. 352--362, worunter besonders beachtenswert die mit Reliefs oder mit Resten der Bauinschriften ausgestatteten Blöcke von grossen Bauten Nr. 356 (Abb.: Jhb. Vll,e, S. 185 Westd. Zeitschr. XV S. 342) und Nr. 357. 359, ferner die Grabdenkmäler Nr. 358 und 361 sowie die Reste einer weiblichen Marmorstatue Nr. 362. Ausserdem seien noch erwähnt Fundstücke aus Ausgrabungen von Villen römischer Zeit

Abb. 20. Museum Metz: Weinseiher mit zugehöriger Casserolle

aus vergoldeter Bronze : gef. zu Sablon, Kiesgruben Mey (Jhb. IV,ı, 211).

zu Bettingen im Kreis Forbach (Jahresber. des Ver. f. Erdkunde TI S, 781.) und zu Tetingen im Kreis Bolchen (Nr. 336, Mosaik in vier Teilen, die noch zusammenzusetzen sind; vgl. Kraus III S. 986 ff. mit Abbildungen), sowie die Ziegel Nr. 551a—c aus einer Villa zu Ruhlingen (Kreis Saargemünd). Alsdann verdienen ausser den 1885 geschenkten drei letzten Bruchstücken des altchristlichen Sarkophags Ludwigs des Frommen (zu Nr. 463-466) hervorgehoben zu werden die frühmittel- alterlichen Reliefs aus Moulins und Scy Nr. 685. 686. Endlich mögen noch genannt sein die Statuen des h. Livarius und des h. Sebastianus Nr. 683. 689, ein Gypsabguss von der Inschrift des Barbara - Thores (Porte S. Barbe) Nr. 687 und die von Boissard gefälschte Steininschrili

1) Ein kleineres ebenda sefundenes Paar hat Herr Fabrikant Huber zu

Saargemünd für seine Sammlung erworben.

572 Nr. 366 (Hoffmann, Steinsaal S. 116 und Westd. Zeitschr. VIII S. 246; s. Jahrbuch VII, S. 38). Zu dieser bis zum Erscheinen des Hoff- mannschen Kataloges über den Steinsaal (1889) reichenden Zusammen-

Abb. 21. Museum Metz: 1—4) Bronzestatuetten und 5) Bronzebüste des Mercurius (Jhb. IV ı, 216).

stellung kommen aber für die nächste, von Hoffmann im Verzeichnis der Kleinaltertümer noch berücksichtigte Zeit hnzu insbesondere die (regenstände der Sammlung Migette!) und der von der Gesellschaft

1) Die von Aug. Migette der Stadt Metz geschenkte Sammlung, welche vorher im Stadthaus untergebracht war, wurde 1889 ins Museum überführt. Ueber den Hauptbestandteil des hochherzigen Geschenkes, Zeichnungen und Gemälde, vgl. unter © (Gemäldesammlung). Das von Misette selbst zusammengestellte, auf der Stadtbibliothek aufbewahrte Verzeichnis seiner kleinen archäologischen Samm-

lung hat Bellevove herausgegeben: Mém. Soc, Mos. XVII (1887) S. 265—295 (auch

3093

für lothringische Geschichte angekaufte Teil der Sammlung des 1889 verstorbenen Pfarrers Merciol!) zu Morville bei Vic. Der letzterwähnten

1 à 3 | D

Abb. 22. Museum Metz: Bronzestatuetten 1) des Mercurius, 2) des Hercules, 3) der Venus, 4—5) der Minerva (Jhb. IV, 217, a—b).

Schenkung verdankt die Sammlung der Kleinaltertümer einen guten Teil ihrer Bestände. So entstammen nicht nur die in Hoffmanns Ver-

besonders erschienen); ausschliesslich der Münzen enthält dasselbe 107 Nummern Vel. Hoffmann, Westd. Zeitschr. IX S. 282—283 und Kleinaltertümer an den betı Stellen (auch die hier S. 37 = Jhb. Vo, S. 175 aufgeführten zwei Sichelmesseı aus Bronze gehörten zur Sammlung Migette Nr. 72 und 92; eines derselben ent- stammt ebenso wie ein S. 36 = Jhb. S. 174 verzeichneter Kelt dem Depotfund im Wald von Pouilly (Herbst 1867); s. Bull. Mos. XI. 1868. S. 70, vgl. ebenda S. 10 Von den bei Hoffmann nicht verzeichneten Stücken der Sammlung Migette seien genannt: Nr. 15 Maria mit Jesuskind und Mutter Anna, Gruppe ın Holz. Nr. 104

boîte d’autel portatif«, spätmittelalterlich: bemalt: auf dem inneren Boden Christus; auf der Innenseite des Deckels umlaufend LE Culm) sum(m)a cur: serventur | lintea munda Coirporis hie XPI (= Christi) quod munda cri mina | + mundi +; auf der Standfläche des Kastens zwischen den vier Füssen dat munus vit(a)e | credelnti mobs (so statt: mors) tua | bis p + (d. h. per crucem

1) Vol. Mém. Acad. Metz LXXI, 188990 S. XII f S.13 und S.119-—121; Jahrbuch II S. 373 (vel. unter B, Münzen). Der llauptteil der Sammlun elanste

als Geschenk ins Musée historique lorrain zu Nancy.

zeichnis S. 34/35 = Jhb. Vy, S. 172/173 verzeichneten Werkzeuge und Waffen der älteren Steinzeit, die freilich teilweise zweifelhaft er- scheinen, mit Ausnahme von zwei ausländischen Stücken, allesamt der Sammlung Merciol, sondern auch z.B. die S. 20—22 Jahrb. IV, 5. 205—206 aufgezählten geschnittenen Steine gehörten zu dieser Sammlung (vgl. Jahrb. Il, S. 370—371). Ueberhaupt lehrt eine auch nur flüchtige Durchsicht des genannten Verzeichnisses augenfällig, wie- viel gerade die Sammlung der Kleinaltertümer schon damals der erst 1888 gegründeten Gesellschaft für lothringische Geschichte verdankte }).

Abb. 23. Museum Metz: Bronzestatuetten: 1) Genius (Jhb. IV,ı, 218); 2) Vulcanus (Jhb. IV,ı, 217); 3—4) Hahn und Adler (Jhb. IV,ı, 214); 5) Bock (aus Lörchingen, eing. 1899).

Die Aufzeichnung der Steindenkmäler und Kleinfunde durch Hoff- mann giebt aber nicht allein eine Vorstellung von den damaligen Be- ständen der Altertumssammlung, sondern gestattet auch ein Urteil über das Wachstum derselben in dem letzten Jahrzehnt. Dass die Samm- lung in dieser Zeit ganz erheblich gewachsen ist, wird die folgende Uebersicht zeigen. Freilich sind die Vermehrungen nicht nach allen Richtungen gleichmässig gewesen, wie ja eine solche Gleichmässigkeit

1) Erwähnt sei wenigstens das Reliquiarium von Warsberg (Jhb. I S. 257 266 mit farbiger Abbildung; Jhb. Vo, S. 182 = S. A. 44).

durch Glück und Zufall bei Ausgrabungen und Funden ausgeschlossen ist. So stehen beispielsweise von den Abb. 21-24 dargestellten 21 Bronzen nur vier noch nicht in Hoffmanns Verzeichnis!), während von den Abb. 25—30 abgebildeten 11 Terrakotten sieben daselbst fehlen ?).

Abb. 24. Museum Metz: Bronzedarstellungen: 1—2) Hunde und 3—4) Schweine (Jhb. IV1, 214); 5—6) Amulete zum Anhängen (Jhb. IV1, 214, 215).

Wenn ich aber jetzt diese Darstellung der Entwicklung des Alter- tumsmuseums abschliesse mit einem Ueberblick über den Zuwachs während der letzten Jahre und insbesondere während des (reschäfts-

1) Abb. 22, 1—2: Mercurius und Hercules (»neu erworben, gef. in Sablon 3: Venus, Herkunft unbekannt; Abb. 23, 5: Bock aus einem röm. Gehöft beı Lörchingen, eing. 1898 (Westd. Zeitschr. XVII, S. 373,3 = Jhb. XI, S. 376,3). Ausser- dem eine hier nicht abgebildete Merkurstatuette aus den Resten eines Gebäudes bei Büdingen (Kr. Forbach), eing. 1898: Westd. Ztschr. XVII, S. 373,8 = Jhb. XI 377,3. Aber auch mehrere Bronzestatuetten des früheren Bestandes sind hier n abgebildet, wie Hoffm., Kleinalt. S. 32 (Jhb. 217): Herakles, Juppiter a (/ nicht hierher), Minerva ce.

) Abb. 27./s; Abb. 28—29: Abb. 30.2-3 Sie sehören alle u di Fund vom Marxberg zu Saarburg i. L. ebenso wie das von Hoffmann, Kleinaltert. 5. 9 (oben) = Jhb. IV, S. 194 bereits verzeichnete Bruchstück Abb. 30,

jahres 1900, so trenne ich dabei die Vermehrungen der einzelnen, den geschichtlichen Zeitabschnitten entsprechenden Abteilungen, wie sie zu Sondersammlungen der vorgeschichtlichen, der römischen, der mero- vingischen Zeit sowie des Mittelalters und der Neuzeit herangewachsen waren. Alle diese besonderen Sammlungen umfassen hauptsächlich Fundstücke, welche dem einstmaligen Gebiet der Mediomatriker und der römischen ’eivitas Mediomatricorum oder dem früheren Moseldepartement bezw. dem jetzigen Lothringen entstammen. An- gegliedert haben sich einige Altertümer römischer Zeit, welche den benachbarten Gegenden angehören, mit den Funden des Metzer Landes jedoch verwandt sind, wie die Steindenkmäler

Abb. 25. Museum Metz.

Bruchstück der Thonfigur aus Arlon und eines Pferdes, gef. Metz Soulosse. Dagegen (Jhb. IV,ı, 193). a

Stücke aus entlege- nen Teilen des römischen Reiches in die Metzer Sammlung durch Geschenk gekommen), und ebenso sind auch den anderen genannten Ab- teilungen ausländische Gegenstände mehr oder weniger fremd°). Nur sind zwei kleine Samm- lungen von den genannten Sonderabteilungen zu scheiden und dürfen als bescheidene selbständige Abb. 26. Museum Metz:

Abteilungen betrachtet werden, nämlich die Bruchstück einer Thon- figur, gef. Metz, Mabillenstrasse (Jhb. IV, 193).

ägyptische Sammlung, Mumien, Bronze- und Holzstatuetten, welche früher der capitaine du génie Le Génissel u. a. und neuerdings (1896) der preussische Oberleutnant Schwabe geschenkt haben?), sowie die

1) Ich meine aus Italien stammende Stücke römischer Zeit der Sammlung Campana, wie eine Thonlampe (Lorrain LXXII = Hoffmann, Steinsaal S. 16 Nr. 50f) und die Frauenstatue aus Marmor (Nr. 155); ferner Fundstücke aus Carthago, eing. 1899 (Westd. Zeitschr. XIX, S. 359); eine Thonlampe mit Gladiatoren- darstellung, aus Algier; u.a.

?) Es fanden sich z. B. Gegenstände vor, die in den Rahmen einer ethno- graphischen Sammlung passen.

®) Vgl. Hoffmann, Kleinalt. S. 30-—31 = Jhh. IV,ı, S. 215—216 (dabei eine Favence-Statuette der Sammlung Migette; Antinoos ist wohl modern; die moderne Sphinx gehört nicht hierher); Westd. Zeitschr. XVI, S. 315. Thon-Stempel, der

Gesellsch. f. lothr. Gesch. geschenkt von Herrn Pfarrer Colbus aus Altrip (1901).

sriechisch-etruskischen Altertümer, welche fast ausschliesslich aus dei Sammlung Campana herrühren ').

Abb.

7. Museum Metz. Thonfiguren einer Göttin: 1) gef. Metz;

2 2—3) (zusammengehörig), gef. Saarburg i. L., Marxbere.

I. Vorgeschichtliche Zeit.

In den 80er Jahren war die vorgeschichtliche Sammlung noch sehr arm, obschon vorgeschichtliche Funde in Lothringen gewiss nicht selten sind. Private Sammelfreude hatte eben die Fundstücke andere Wege geführt. Erheblichen Zuwachs brachte insbesondere der Zugang der Sammlung Migette?) und des von der Gesellschaft für lothringische Geschichte erworbenen Restes der Sammlung Merciol”), so dass das Verzeichnis der Kleinaltertümer von Hoffmann (S. 54—39 = Jhb. V», S. 172--177) schon einen stattlichen Bestand aufweist. Weit wichtigere Bereicherung aber verdankt die Sammlung den allerletzten Jahren,

1) Vol. oben S. 361.

2) Doch sehören die bei Hoffmann a. a. O. S. 37 = 175 aufgeführt: spitze« (moderne Gitterspitze), sowie die Schöpfkelle und der (rümis( > löffel, S. M. 38. 86. 87, nicht hierher. Anderseits entstammen beiden Erzsicheln (S. 37 = 175) und ein Armring (S. 38 176 m Wa von Pouillv der Sammlung Misette.

8) Vol, Hoffmann, Kleinalt. S, 1 = Jhb. IN S. 186

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welche als Geschenk der Gesellschaft für lothringische Geschichte und als Ergebnis der von ihr veranlassten Ausgrabungen eine grosse Zahl ‘von Fundstücken gebracht haben, wie sie im Metzer Museum noch nicht vertreten waren und die teilweise überhaupt zu den Seltenheiten gehören. Man darf sagen, dass die vorgeschichtliche Sammlung des Metzer Museums sich seit 1897 an Zahl, noch mehr aber an Wert der Fundstücke verdoppelt hat. Besonders reich ist der Zugang an Erzeugnissen der Bronze- und Hallstatt-Kultur, weniger an solchen der Steinzeit. Doch liefen in diesen Tagen fünf schöne Stücke der jüngeren Steinzeit ein, vier Aexte aus Feuerstein und vor allem ein langer Hammer aus Serpentin mit einem spitzen und einem stumpfen Ende sowie einem Bohrloch, Stücke, welche in den Kiesgruben des Herrn Unternehmers Weis bei Longeville neben dem Eisenbahndamm !) ge- funden sind und mit anderen daher stammenden Fundstücken von Herrn Weis durch Vermittlung des Herrn Dr. Ernst der Gesellschaft für lothringische Geschichte geschenkt wurden. Im übrigen beschränkt sich der Zuwachs der steinzeitlichen Sammlung auf das in der Westd. Zeitschr. XIX, 357,1 (vgl. Jhb. XI, 381) angeführte Geschenk des Herrn Direktors Paulus (1899) und auf wenige sonstige Stücke, welche einer Fundstelle bei Ewendorf (Gemeinde Kirchnaumen) auf dem Schirm- acker bei Marienhof entstammen und von den Herren Lehrer Eschen- brenner und Rentmeister Nürck der Gesellschaft f. lothr. Gesch. freund- lichst überlassen (1900) oder kürzlich von Herrn Auvray zu Cherisev (s. u.) dem Museum geschenkt wurden (März 1901).

Aus der Metallzeit ist an erster Stelle zu nennen der Depotfund aus Niederjeutz bei Diedenhofen (1898), zu dem als Ergänzung jetzt (1900) ein zweiter Depotfund aus demselben Niederjeutz sich gesellt hat, welcher die Verwandtschaft dieser Funde mit den Depotfunden von Wallerfangen im Kreis Saarlouis (jetzt im Museum zu S. Germain- en-Laye) und von Frouard (jetzt im Museum zu Nancy) bestätigt: s. die Tafel-Abbildungen mit den zugehörigen Bemerkungen. Als- dann sind von Wichtigkeit die Ergebnisse der Hügelgräber im Weiher- wald bei Saaraltdorf (Kreis Saarburg i. L.), welche im Auftrag der Gesellschaft für lothr. Geschichte Herr Notar Welter aus Lörchingen untersucht. Mit Erfolg geöffnet sind bis jetzt (1899 und 1900) sieben Gräber, von denen das erste (1899) die wertvollste Ausbeute, darunter die beiden Spitzenmanschetten vergleichbaren bronzenen Arm-

1) Von derselben Fundstelle oder doch aus der Nähe stammt der von Hoff- mann, Westd. Zeitschr. XI, 229 und Kleinalt. S. 35 = Jhb. Vs, S. 173 unter auf- geführte kleinere Steinhammer (angekauft 1890).

Ra

bänder (Jhb. XI, 3812: Wd. Ztschr. XIX, 357f.), die folgenden (1900) bronzene, den drei bei Schalbach (s. u.) gefundenen Armbändern ent- sprechende Armbänder nebst Lignitringen u. a. lieferten. Dazu kamen (1900) die Fundstücke, welche die von der Gesellschaft f. lothr. Gesch. veranlasste Untersuchung zweier Hügel mit Brandgräbern der Hallstatt- Zeit im Grossenwald bei Waldwiese (Kanton Sierck) ergab: zwei Thon- gefässe und Scherben von anderen Thongefässen : die Bruchstücke eines eisernen Dolches und viele bronzene Hals- und Gelenkringe!), hohl und massiv, geschlossen und offen, glatt und gerippt, teilweise (soweit erkennbar) um einen Kupferdraht gegossen, dabei ein massiver Hals- ring im Gewicht von 438 g. Nur zum kleinen Teil kamen dem ‚Museum zugute (1898) die Funde aus einem Hügelgrab bei Schalbach (Kreis Saarburg i. L.) und einem Grab im Gelände des jetzigen Bahn- hofes Kalhausen (Kreis Saargemünd), welch letztere grösstenteils irr- tümlich an die Gesellschaft für Erhaltung der geschichtlichen Denk- mäler im Elsass zu Strassburg abgeliefert wurden (Jhb. XI, 374—375 Westd. Zeitschr. XVII, 372,;_,). Ausserdem sind noch zu nennen zwei herzförmige Gelenkringe mit zwei Hohlkelten, angeblich aus Sablon (1896: Wd. Ztschr. XVI, 315), ein Lappenkelt und ein Hohlkelt aus der Mosel bei Corny (Jhb. XI, 374 Wd. Ztschr. XVIH, 372,2), das eine Endstück eines Halsringes aus der La Tene-Zeit von Hof Freywald (Gemeinde Bettborn bei Finstingen), Geschenk des Herrn Jos. Schantz Junior. daselbst (1900), und schliesslich Funde aus dem Briquetage der Seille (Wd. Zschr. XVI, 315 und XVII, 350), dabei die Hälfte eines dicken Ringes aus Gagat (?).

Eingehendere Mitteilungen mit Abbildungen dieser vorgeschicht- lichen Funde wird der nächste, gelegentlich der allgemeinen Jahres- versammlung der deutschen Gesellschaft für Anthropologie zu Metz im August 1901 erscheinende Band dieses Jahrbuches bringen. Doch sind gegenwärtigem Bericht bereits Abbildungen der beiden Depotfunde in Niederjeutz beigegeben, weil die Stücke derselben teilweise überein- stimmen mit den Stücken des zum Forschungsgebiet der (Gesellschaft für nützliche Forschungen und des Provinzialmuseums zu Trier ge- hörenden Depotfundes von Wallerfangen. Dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Konservators des Musee lorrain zu Nancy, Herrn Lucien Wiener, und dank der freundlichen Vermittlung des Professors an der Universität Nancy, Herrn Pfister, sind dieselben begleitet von

1) Einen bereits früher zufällig gefundenen Armgelenkring hat Herr Rent- meister Nürck, der auch später die örtliche Leitung der Ausgrabungen freund- lichst übernahm, der Gesellschaft f. lothr. Geschichte geschenkt

2 134860 ‘=

Abbildungen des gleichfalls mit dem Wallerfanger Fund verwandten Depotfundes von Frouard.

Abb. 28. Museum Metz. Thonfiguren: 1) Reiter, gef. Metz ; 2—4) Göttin, gef. Saarburg i. L., Marxberg.

ll. Zeit der römischen Herrschaft.

Auch die letztjährigen Funde römischer Zeit verdankt das Museum mit wenigen Ausnahmen der Gesellschaft für lothringische Geschichte. Der Vortritt gebührt hier den Funden, welche’in und bei dem im Jahre 1895 ausgegrabenen') Mithräum am Rebenberg zu Saarburg i. L. ge- macht wurden : v. Fisenne, Jahrbuch VIIL:, S. 119--175 mit vielen Abbildungen; Wendling, Westd. Korrbl. XIV, 108: Michaelis. Jahr- buch VIl:, S. 154—163; Keune, Westd. Korrbl. XV, 20 und Westd, Ztschr. XV, S. 333—342, vgl. Jhb. IX, S. 338—340; Sal. Reinach, tevue celtique XVII (1896) S. 45—59 (»Sucellus et Nantosvelta«);

Zu den Ausgrabungen hat die Stadt Metz absesehen von den Neben- en 1500 M. beisesteuert

381

Cumont'), Textes et monuments figures relatifs aux mystères de Mithra, Tome II (1896) S. 510—519, Nr. 2734, mit Tafel IX und Fig. 464—478; Auszug von Lehner im Archäolog. Anzeiger, 1897, S.8—10; Abbildungen der Altäre des Sucellus und der Nantos- velta auch in den Lothring. Kunstdenkmälern Nr. 1. Nächst dieser hervorragenden Erwerbung mögen die Funde erwähnt werden, welche gleich- falls zu Saarburg in L. und zwar auf dem Marxberg ge- macht wurden (Bonn. Jhb. 90, S. 206/207; Lothr. Jhb. II, 418—422) und welche dem Museum ausser römischen Mün- zen und Gefässen auch die bei- folgend dargestellten Thonfiguren zuführte, s. Abb. 27,2/3 (zwei Stücke der Büste einer »Mutter- göttin«); 28,2 mit Rückseite 29,1 (stehende Göttin mit Kind auf den Armen); 28.3 mit Rückseite 29,2 (sitzende Göttin mit Aehre in der rechten und Apfel in der linken Hand); =8,4 Museum Metz: Thonfiguren einer Göttin, (sitzende Göttin mit Früchten im Rückseite von Abb. 282 und 3 (vergrössert). Schoss); 30,1 und 2 Mutter-

söttinnen«, die zweite mit Füllhorn) ; 30.3 (Venus); vgl. Wichmann, Jhb. VI. 317—323. Die 28.1 abgebildete Reiterfigur (eing. 1899) ist bei Metz

1 2

Abb. 29.

1) Aus den Ausführungen von Cumont sei hier wiederholt, dass nach seinei Auffassunge die im Jahrbuch VIL:, S. 147 abgebildete Figur 3 (= Cumont, Fig. 472) vielleicht Hermes mit dem Hahn darstellt, Fig. 34 (= Cumont, Fig 170 möglicherweise von einer Darstellung der Felsgeburt des Mithras herrührt und Fig. 37 (= Cumont Fig. 474) Sol sein könnte. Gegen v. Fisenne's Urteil über vorgefundenen Tierknochen Jhb. VIUL,:, S. 164/165 macht er (S. 518,x) mit N die in anderen Mithräen festgestellten gleichartigen Knochenfunde gelten z. B. Westd. Ztschr. XII, S. 57. Dagegen ist Cumonts Ergänzung S. 44 épigraphiques, Nr. 491 €): >»... de] suo .. dedi?]t it(erum nm: I dachte an: >»... templum in] suo eonsltit{uit) oder [consItitiutum) slıgnıs

navitls; statt »constit.« wäre natürlich auch »restit,« de nkba

sefunden : s. Jhb. XI, 382 und Westd. Ztschr. XIX, 358, 2. Von Götter- steinen sind zu nennen die Göttin mit dem Füllhorn aus Settingen (Jahrb. IX, 334—337, Abbildung wiederholt Westd. Ztschr. XVII, 352); die zwei Bruchstücke einer Nantosvelta (?) aus Kirchnaumen (Jhb. IX,

Abb. 30. Museum Metz. Thonfiguren, gef. Saarburg 1. L., Marxberg.

337—341, Abbildung wiederholt Westd. Ztschr. XVII, 353), dem Museum geschenkt von Herrn Schmit-Weistroffer '); Merkurbilder, aus der Gegend von Hültenhausen mit Weihinschrift (Jhb. IX, 325f.) sowie die beiden entsprechenden Darstellungen aus Oberhomburg und dem Linger Wald bei Enchenberg (Jahrb. XI, 382/383 Westd. Zeitschr. XIX, 358/359); vgl. auch Westd. Ztschr. XV, 344, 2 aus Ober-Valette: auch zwei mehr oder weniger zweifelhafte Stücke eines sogen. Giganten- reiters (Westd. Ztschr. XVI, 315/316); schliesslich der im Staatswald Gustal zwischen Kneuttingen und Fentsch gefundene Markstein eines Kreuzweges (eing. März 1900), s. Abb. 31 mit den zugehörigen Be- merkungen, und ein rohes Reliefbild der Diana, gef. Bann Freybusch (Kanton Grosstänchen), der (Gesellsch. f. lothr. Gesch. geschenkt von Herrn Pfarrer Colbus (1901).

') Zu den bereits früher von Herrn Schmit-Weistroffer geschenkten, dem- selben Fundort entstammenden Münzen (Jhb. IX, 338,1) hat er i. J. 1900 noch eine barbarische Prägung des 3. Jhdts. und eine des Constantinus iun. nob. (., Rs. Providentiae Caess. hinzugefügt. Aus Kirchnaumen stammen auch die beiden

J. 1900 von den Herren Lehrer Eschenbrenner und Rentmeister Nürck der Gesellschaft f. lothr. Gesch. geschenkten Münzen des Antoninus Pius (Denar), Rs. Adventus Augusti, und der Faustina Augusta (Grosserz), Rs. Fecunditas und SC.

Sehr ergiebig waren die Ausgrabungen von gallo-römischen Grab- feldern. Auf Kosten der Regierung und mit Unterstützung des Kon- servators für Lothringen, Herrn Baurats Tornow, führte Herr Pfarrer Bour zu Rosslingen (jetzt in Deutsch-Oth) im Jahre 1893 Grabungen bei Morsbach unterhalb des Herapel aus: vgl. Bonn. Jahrb. 94, 174 und Lothr. Jahrb. V,e, 256. 242. Zu den bereits damals dem Mu- seum überwiesenen Fundstücken wurden im ‚Jahre 1900 noch etliche und darunter mehrere charakteristische Stücke nach- geliefert. Da für diese wie für die im folgenden erwähnten Ausgrabungen eine besondere Bearbeitung vorbereitet ‘ist, so kann auf diese verwiesen werden. Von der (resellschaft für loth- ringische Geschichte wurden unter örtlicher Leitung des Herrn Notars Welter aus Lörchingen Grabfelder im Wald Neu- Scheuern bei S. Quirin, im Wald bei Ober -Valette, Gemeinde Al- berschweiler !), und im Bann- wald bei Hültenhausen unter- sucht, nachdem bereits vorher Abb. 31. Museum Metz: Markstein eines Fundstücke von den beiden Kreuzweges aus dem Staalswald Gustal letztgenannten Stellen ins Mu- zwischen Kneuttingen und Fentsch. seum gelangt waren; s. Westd.

Zisehr.- XV, 344/345; . XNVI,.:316 : .XMVIL,.351—352 ;. XVIIL, 372

373: Jahrb. IX, 326—330 und XI, 375-376. Viele Kleinfunde brachten die im Auftrag der Gesellschaft für lothringische Geschichte von Herrn Baurat Morlok und Herrn Professor Dr. Wichmann ge-

leiteten Ausgrabungen zu Tarquinpol-Decempagi, und im Jahre 1900 liefen auch die bereits Westd. Ztschr. XV, 342—343, Fig. 4—6 angekündigten und nach Jhb. VII, abgebildeten Steindenkmäler mit anderen Steinen (Architekturstücken und Bruchteilen figürlicher Reliefs)

!) Aus diesen Ausgrabungen bei Ober-Valette gelanste 1900 noch ein ın- zwischen von Herrn Oberregierungsrat Poehlmann zusammengesetztes Thongefäss

(ähnlich Koenen XVI:) ins Museum

384

aus Tarquinpol ein; s. Wichmann, Jhb. III, 412—417; IV», 116—166: VIle. 173-—-194. Weiter hat Wichmann auf Kosten der genannten Gesellschaft und später der Regierung eine Villenanlage zu S. Ulrich bei Saarburg i. L. ausgegraben, deren Fundstücke dem Museum über- wiesen sind; vgl..Jahrb. VI, 313ff.; X, 171ff.; XI, 377,5 = Westd. Ztschr. XVII, 373. Andere Gehöfte römischer Zeit bei Lörchingen und zu Neufmoulins hat Herr Welter im Auftrag der Gesellschaft für lothr. Geschichte ausgegraben (Wd. Z. XVII, 373,3,4; Jhb. XI, 376 f.), und diesen ist im Jahre 1900 eine solche Anlage zu Laneuveville bei Lörchingen, Gut Zufall, gefolgt!); alle brachten dem Bestand an Kleinaltertümern lehrreichen Zuwachs. Weitere Fundstücke lieferte die von Herrn Dr. Wendling zu Diedenhofen im Jahre 1900 übernommene und auf Kosten der nämlichen Gesellschaft durchgeführte Untersuchung römischer Baureste im Garten des Herrn Krämer zu Niederjeutz?) neben dem Gelände der Aktienbrauerei S. Nikolaus, aus welchem im Jahre 1898 ausser dem Depotfund der Bronzezeit auch Fundstücke aus einer Ziegelei?) römischer Zeit durch Vermittlung jener (Gesellschaft dem Museum zugefallen waren (Wd. Korrbl. XVII, 100; Westd. Ztschr. XVII, 374, 11; Jhb. XI, 378, 11). Die römischen Gebäudereste »am Rödgen« auf der Höhe westlich von Büdingen (bei Maxstadt), ungefähr drei-

1) Der letztgenannten Fundstelle entstammen zahlreiche Reste von Thon- gefässen, darunter verzierte terra sigillata und solche mit Stempeln, einer des Lucius (LVCIVS F), einer des Maianus, andere mit Zeichenstempeln, wie sie auch sonst in Lothringen gefunden sind, ausserdem z. B. zahlreiches Haus- und Feldgerät aus Eisen und Bronze und von Münzen ein republikanischer Denar des L. Flaminius sowie Kupfermünzen des Hadrian, Antoninus Pius, Mark Aurel, seiner Frau, der jüngeren Faustina, des Commodus, des Albinus (Rs. Fort. reduci cos IT: Cohen IIL?, S. 418), der Salonina, der Helena, des Constantius und Constans und des Magnentius.

?) Fundstücke: Terra sigillata, ein Stück verziert mit grossem Blatt und Bock, eines gestempelt: Albillus f(ecit), ein grösserer und ein kleiner Schlüssel aus Bronze, beide verstümmelt, eine Schnalle, eine Gewandnadel (Form: Riese, Röm. Funde in Heddernheim 11, Tafel II, 13), ein Spinnwirtel aus Thon u.a., ausserdem Münzen der Salonina, des Tetricus, der Constantinopolis, des Constan- tinus iun. nob. C., des Constans, des Magnentius. Andere Münzen sind Eigentum des Herrn Dr. Wendling (Postumus; Lieinius; Constantinus I und Urbs Roma, Helena, Crispus; Constantius II und Constans; Magnentius) sowie des Herrn Photo- graphen Engel zu Diedenhofen (Tetricus, Claudius, Constantius II und Constans).

3) Hier seien auch die beiden Ziegelstempel erwähnt, welche 1890 und 1891 an der Stelle des ehemaligen Oberjeutz (gegenüber Diedenhofen) oder in der Nähe gefunden sind und welche Herr Box dem Museum geschenkt hat (1900): Vital... (verstümmelt) und Zupia ... Die Stelle des ehemaligen Oberjeutz ist überhaupt für römische Ziegel ein ergiebiger Fundort.

385

hundert Schritte von der Strasse Büdingen nach Vahl-Ebersing ergaben dank der Gesellschaft für lothr. Geschichte und der Vermittlung des Herrn Pfarrers Colbus zu Altrip ausser Hufschuhen und anderem eine Bronze- statuette des Merkur sowie ein silbernes Eimerchen, dessen Abbildung H. Wöllers (Hannover) in seiner demnächst erscheinenden Abhandlung über die bronzenen und silbernen Eimer dieses Typus veröffentlichen wird. Auch aus den Trümmern einer römischen Anlage »bei den Heidenhäusern«, in der Nähe von Flatten (Gemeinde Launsdorf), welche auf der Generalstabskarte als »Schlossruine« bezeichnet sind, lieferte Herr Pfarrer Chaler zu Waldwiese einige Fundstücke!); eine Aus- srabung dieser Baureste ist in Aussicht genommen. Indem ich für sonstige lothringische Funde auf meine Jahresberichte Wd. Ztschr. XVI, 316; XVII, 373£.; XIX, 358; vgl. Jhb. XI, 377. 378. 382. 383 ver- weise?), führe ich hier nur noch an die der Gesellschaft für lothring. Geschichte von Herrn Fabrikbesitzer G. Adt jun. zu Forbach geschenkte, in der Nähe von Forbach gefundene emaillierte Spange aus vergoldeter Bronze (Jhb. IV,ı, 231f. mit farbiger Abbildung auf besonderer Tafel) sowie die kürzlich (März 1901) auf meine Bitte als Geschenk des Finders Herrn Auvray zu Cherisey ins Museum gelangten Gegenstände (Mém. Acad. Metz 1896/97 S. 175ff.), darunter Kopfstück einer grossen weiblichen Statue: Bruchstück einer Hand, welche einen länglich-runden (Gegenstand hält; ein durchlochtes Säulenstück ; eine kreuzförmige Grab- platte?); ein (zerbrochenes) Glasgefäss, mit zwei Doppelhenkeln aus- gestattet, nebst den seinen Inhalt bildenden Knochenresten des Ver- storbenen: ein Lüffelchen: Hufeisen u. s. w.f).

Auch Metz und seine Umgebung steuerte zu der Vermehrung der Bestände nicht weniges bei. Eine Reiterfigur aus Thon (Abb. 28,1) ist schon erwähnt. Im Innern der Stadt lieferten Ausbeute der Neu-

!) Darunter ein Stück des Marmor-Belages und Münzen des Vespasianus, des Constantius nob. C(aesar) mit Rs. Genio populi Romani, im Felde SF (Trierer Prägung: PTR), des Constans mit Rs. Gloria rei publicae (Trierer Prägung: TRS) und andere des 4. Jhdts, Ueber die Fundstelle: Austrasie, 3me série, I (1842) S. 80. 177.

?) Der Wd. Zschr. XVI, 316 erwähnte Löffel wurde nach freundlicher Mil- teilung des Herrn Pfarrers Colbus zu Altrip gefunden. Den Wd. Zschr. XVII, 374 = Jhb. XI, 378,10 aufgeführten Töpferstempel aus Nilvingen (Friedenshütte habe ich nachträglich richtig gelesen: Aunedos (mit Punkt auf der Zeile hinter V und schiefgestelltem Spiegelbild des N).

3) Eine besser erhaltene gleiche Grabplatte ist noch im Besitz des Herrn Auvrav. Ob fränkisch ?

*) Die anderen Fundstücke (vgl. Mém. Acad. Metz a. a. ©.) hatte Herr Auvray bereits an einen Altertumshändler zu Pont-à-Mousson verkauft,

bau der Kirche S. Segolena (dabei das Bruststück des Marmorstand- bildes eines gepanzerten Mannes)” und die Ausgrabungen in und bei der Kirche S. Peter auf der Citadelle (Westd. Ztschr. XVII, 374f. = Jhb. XI, 379, 13. 14). Andere Funde ergaben die Gräberfelder der römischen Stadt. Das östliche Gräberfeld lieferte ein Brandgrab, welches im Jhb. VIII», 66ff. (vel. Wd. Ztschr. XV, 344) beschrieben ist!). Er- giebiger war das ausgedehntere südliche Gräberfeld. Am Bahnhof, bei der Lunette d’Arcon, in deren Umgebung schon früher zahlreiche Grab- funde zu Tage gefördert sind?), wurde im Sommer 1900 unter Leitung des Herrn Baurats Knitterscheid auf Kosten der Gesellschaft für lothr. (Geschichte und mit freundlicher Beteiligung einer Abteilung des Kgl. Bayr. Fuss-Artillerie-Regiments Nr. 2 unter Herrn Oberstleutnant Schleicher eine Anzahl von Skelettgräbern (ohne Beigaben) freigelegt, deren Särge srösserenteils aus Ziegelplatten oder Stücken von verschiedenen Steinsärgen oder aus verzierten und sonstigen Architekturstücken zu- sammengesetzt waren. Ein kleinerer trogähnlicher Sarg und Stücke, aus denen die Grabstälten zusammengefügt waren, wurden ins Museum überführt. In der aufgefüllten Erde fanden sich als Reste der älteren Brandgräber Scherben von (refässen, darunter ein (Grefässboden aus terra sigillata mit der Marke OF MO/ , also vielleicht »of(ficina) Mon(tani)e, vgl. Bonn. Jhb. 99, 113, 248.

Ueber eine zweite, frühere Grabung im nämlichen Gräberfeld neben dem Bürgermeistereigebäude zu Sablon vgl. Wd. Ztschr. XVI, 316; Jhb. IX, 334. Im Pachthof La Horgne wurde ein Bleisarg des Museums (Wd. Zschr. XVI, 317; Jhb. IX, 333/334) und etwa 150 m diesseits auf einem Grundstück des Herrn Colin’zu Sablon ein interessantes Brandgrab (Wd. Zschr. XVI, 316/317; Jhb. IX, 333) gefunden. {In einem anderen Grundstück des Herrn Colin, etwa 300 m diesseits von La Horgne, war im Dezember 1900 ein weiteres Brandgrab aufgedeckt, welches Herr Colin dem Museum zum Geschenk machte: Den Grabbehälter bildete ein Thongefäss, dem als Deckel ein Teller aus terra sigillata diente. Der Teller stammt aus der Töpferei des Boudus°), dessen

*) Zu demselben Grabfeld gehörten die vielleicht noch der römischen Zeit angehörigen Steinsärge, welche im Sommer 1900 im Glacis des’ Forts Steinmetz (früher Bellecroix) an der Gabelung der Strassen nach S. Julien und Vallieres ge- funden und mit freundlicher Beihilfe des Kgl. Preuss. Pionier-Bataillons Nr. 16 untersucht wurden. Dieselben enthielten Skelette ohne Beigaben; geborgen wurden einige Schädel.

?) Vel. F. Möller, 3. Jahresbericht des Vereins f. Erdkunde zu Metz $. 114 ff.

#) Vgl. z. B. Holder Alt-Celt. Sprachschatz I, 498/499; Dragendorff, Bonn. Jhb. 99, 66, 47; Jacobi, Saalburg, S. 318,20.

387

Namen die im Kreis gestellten Buchstaben der Fabrik-Marke nennen: BOVDVS F. In der Umgebung wurde, jedoch ohne sichtlichen Zu- sammenhang, unter anderem eine verstümmelte Thonlampe gefunden. Auf demselben Gräberfeld wurden auch die Wd. Zschr. XVII, 374 ==. Jhb.! Xl,; 378,12: ange- führten Funde gemacht, die aber wohl nicht als Grab- funde angesprochen werden dürfen.

Die beifolgend 32 ab- gebildete Schüssel aus ver- zierter terra sigillata, gefunden 1900 zu Longeville bei Metz, wurde im Museum zusam- mengesetzt und, nachdem sie einige Zeit ausgestellt ge- wesen, dem Finder wieder ausgeliefert ; vgl. Wd. Korrbl. XIX, 46.

VonNachbildungen

römischer Steindenkmäler singen dem Museum zu das Abb. 32. Schüssel aus verzierter terra sigillata auf der Strassburger Aus- mit dem Aussenstempel des Fabrikanten;

gef. zu Longeville 1900,

Eigentum des Herrn Goldité däselbst.

stellung von Kunst und Altertum in Elsass-Lothringen i. J. 1895 ausgestellt!) ge- wesene verkleinerte (1:6) Modell der Mertener Säule, Geschenk der Gesellschaft für lothr. Geschichte; ein Gvpsabguss des Felsendenkmals vom Donon, (reschenk der nämlichen Gesellschaft, s. Abb. 33 mit den Bemerkungen dazu, und ein von der Stadt angekaufter Gypsabguss des von dem Mediomatriker Indus bei Trier gestifteten Weihdenkmals (Wd. Zschr. XVII, 375; Jhb. XI, 379).

Ill. Merovingische Zeit.

Kine hervorragende Bereicherung des Museums bedeuten die durc Ausgrabungen der Gesellschaft f. lothr. Geschichte gewonnenen Skulp turen und Grabsteine aus S. Peter auf der Citadelle: s. Knitterscheid Jhb. IX, 97 ff. und X, 120 ff.; vel. Wd. Zschr. XVII, 375 = Jhb. XI,

1) Katalog Nr. 5. Ausserdem war eine Anzahl von Originalen (Stein-

denkmäler u. Kleinaltertümer) ausgestellt: Katalog Nr. 2. 3.6 ff. usv

388

379f. S. Majestät der Kaiser hat durch Verfügung vom 22. Juni 1899 diese und die sonstigen Fundstücke unter Vorbehalt des Eigentums- rechtes dem Museum der Stadt Metz überwiesen: sie sind jetzt im Unterstock des angebauten Flügels aufgestellt.

Ausserdem ging von den im Lande gemachten Grabfunden dieser Zeit weniges ein, so aus Bischdorf, Kr. Forbach, und aus dem Grab- feld zwischen Metrich und Klein-Hettingen, Kr. Diedenhofen (Wd. Zschr. XVII, 375 = Jhb. XI, 380,2. 3), auch ein scramasax, in früheren Jahren

Abb. 33. Felsrelief vom Donon (Vogesen); Gypsabguss im Museum zu Metz.

sefunden auf dem erwähnten Grundstück des Herrn Krämer zu Nieder- jeutz. Schliesslich sei noch der einer Münze nachgebildeten Spange (Geschenk des Herrn Baurats Knitterscheid) gedacht: Wd. Zschr. XVII, 349 = Jhb. Al, 5804: vel. Blätter für Münzfreunde 1900. Nr. 8/9. 3.130:

IV. Mittelalter und Neuzeit.

Vor allem sind hier zu nennen die beiden bemalten Holzdecken aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, welche im Jahre 1896 in einem (rebäude der städtischen höheren Töchterschule entdeckt wurden: Zeit- schrift für christl. Kunst X (1897); Westd. Ztschr. XVI, 317—-319; P. Weber in der Wissenschaftlichen Beilage zur Münchener Allgemeinen Zeitung vom 22. Januar 1898, Nr. 17; Jhb. IX, 358—359; Lothring. Kunstdenkmäler Nr. 18: vgl. A. Kuhn, Allgemeine Kunstgeschichte II,

Depotfund aus Niederjeutz bei Diedenhofen.

seum der Stadt Metz:

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BR. Le

S. 208, Fig. 218f.; Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen I, 10. Dazu kamen im Jahre 1897 aus dem Kloster der Karmeliterinnen Teile einer wohl gleichzeitigen bemalten Holzdecke von gleicher Konstruktion und Technik, aber mit weit einfacherer Bemalung: Jhb. IX, 330f.; Abb. bei W. Schmitz, Der mittelalterliche Profanbau in Lothringen. Eine spätere, mit Ranken bemalte Holzdecke aus dem Hause des Färber- meisters Herrn Gudath in der Kleinen St. Vincenzstrasse zu Metz wurde im Jahre 1900 dem Museum von Herrn Bauunternehmer Enders ge- schenkt!). Eine Veröffentlichung dieser Decken wie überhaupt aller bekannten Reste von bemalten Holzdecken zu Metz bereitet die Ge- sellschaft für lothringische Geschichte vor.

Gotische Fliesen hatte der spätere Fussbodenbelag von S. Peter auf der Citadelle geliefert: E. Knitterscheid, Jhb. X, 124—127 mit Ab- bildungen Tafel 3—4: R. Forrer, Geschichte der europäischen Fliesen- Keramik vom Mittelalter bis zum Jahre 1900 (vgl. Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen I, 5, S. 116). Andere (rote und blaue) Fliesen lieferte im ‚Jahre 1900 die vom Konservator für Lothringen Herrn Regierungs- und Baurat Tornow restaurierte S. Katharinenkapelle bei Oberhomburg ?): Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen I, 10 (Abb.). Dazu kamen noch im März d. J. (1901) aus Rieding, Kreis Saarburg i. L., rote und blaue Fliesen, welche die Gesellschaft für lothr. Geschichte dem unermüd- lichen Eifer des Herrn Notars Welter zu Lörchingen verdankt und welche übereinstimmen mit den im ‚Jahre 1863 zu Saarburg i. L. ge- fundenen Fliesen (Bull. Soc. Mos. VI, 1863, S. 83 mit Tafel).

Zwei Sockel des 11. Jhdts. stammen aus dem im Jahre 1892 umgebauten Chor der Kirche zu Marsal und sind der Gesellschaft für lothr. Geschichte von Herrn Pfarrer Petit geschenkt (1897: Westd. Ztschr. XVII, 353): zwei durch neue Stücke ersetzte Wasserspeier kommen von der Kirche S. Martin (1900): ein Portal aus Montenach, der genannten Gesellschaft überwiesen von Herrn Pfarrer Schneider (Wstd. Ztschr. XVI, 320); Grabschriften oder Reste von solchen aus den Kirchen S. Segolena (1898), der Cölestiner (1899), sowie vom Diedenhofener Thor (1897). Auch eine romanische Glocke aus dem

*) Ueber die bemalten Flächen dieser Holzdecke waren Bretter genagelt, welche ein Gypsplafond verkleidete.

?) Die ins Museum überführte Sammlung dieser roten und blauen Fliesen, welche ursprünglich eine »mosaikarlig zusammengesetzte Rosette« bildeten, ist nicht vollständig, vgl. Kraus III, 834—835. Aehnliche Darstellungen bieten Fliesen im Museum zu Mainz und im Germanischen Museum zu Nürnberg, auch zu Strassburg i. E. (Forrer, Fliesenkeramik; vgl. Kunstgewerbe in Elsass-Loth- fingen I, 5, S. 117).

390

Kirchturm von Heckenransbach gelangte 1897 ins Museum (Westd. /tschr. XVII, 353); ebenso die Reste zweier Glasfenster (eines neu gefasst, das andere in der alten Bleifassung) aus dem Kloster der Dominikanerinnen Precheresses in der jetzigen Bischofstrasse, rue de l'Évêché, früher Rue des Prêcheresses !), Geschenk der Gesellschaft für lothringische Geschichte (1900), und einige aus meist unbekannten Kirchen stammende Statuen (vgl. Westd. Ztschr. IX, 282. 283; X, 383; XVI, 320).

Weitere Erwerbungen sind u.a. das Steinrelief eines Mondgesichtes aus einem Hause am Ludwigsplatz (Westd. Ztschr. X, 383, Nr. 724; Abb. bei Schmitz, Profanbau in Lothringen, nach einem Abguss); zwei Wappensteine (Westd. Ztschr. X, 383, Nr. 715); zwei Grenzsteine aus Chäteau-Salins, beide mit dem lothringischen Doppelkreuz in Relief, der eine mit eingegrabenem CS (= Chäteau-Salins) auf der Rückseite, gefunden bei Kanalisationsarbeiten in der Salinenstrasse zu Chäteau- Salins, der Gesellschaft für lothr. Geschichte überwiesen von Herrn Bürgermeister Koscher zu Chäteau-Salins 1900: ein gotischer Thür- oder Fenstersturz aus der Bankstrasse, überwiesen durch Herrn Baurat Tornow, und ein anderer, gefunden 1900 gelegentlich der Erweiterung des Museums im Mauerwerk des alten Leihhauses. Schliesslich sind noch zu nennen ein steinerner Kaminmantel (Westd. Ztschr. XVI, 319) und zahlreiche gusseiserne Kaminplatten. Von letzteren besass das Museum bei Aufstellung des Verzeichnisses von Hoffmann (1889) nur acht Stück: Steinsaal Nr. 417. 418. 676. 684a--d. 690. unter denen sechs seit Lorrain (1874) neu erworben waren. Jetzt dagegen umlasst die Sammlung ungerechnet die zahlreichen Dubletten rund 60 Platten. Dieselben entstammen zum teil städtischen (rebäuden, auch sind einige angekauft, die Mehrzahl dagegen wurde, hauptsächlich von der Gesellschaft für lothringische Geschichte, geschenkt. Vgl. Westd. Zischr. IX, 282, Nr. 697; X, 382f., Nr. 716—722; XVI, 319; XVII, 353£.; XVII, 376, 5 (Jahrb. XI, 381, 5) und Jahrb. XI, 383/384 Westd. Ztschr. XIX, 360, 4—5: einige Abbildungen: Kunstgewerbe in Elsass- Lothringen I, 10. Im Geschäftsjahre 1900 kamen ausser zwei bereits vertretenen Platten*) hinzu: Urteil des Salomo, aus einem städtischen Gebäude: Phoenix mit der Aufschrift »Flames sont fleurs ou ie repren

1) Vgl. Westd. Ztschr. IX, 282. ?) Darstellung des Frühlings, gegossen zu »Neinkirchen« (aus einem städti- schen Gebäude), und des Auszuges von Lot aus Sodom, gegossen zu »Quintee

(Geschenk des Herrn Arthur Etling zu Metz, Brunnenstrasse 11).

a 31

ma vie«!), von der Gesellschaft für lothr. Geschichte, aus Redingen. Geschenk des dortigen Herrn Bürgermeisters, vermittelt durch Herrn Symphorian Welter daselbst; dieselbe Platte, grösser und mit ab- weichender Umrahmung (Abb. Jhb. XI, 364), gleich den vier folgenden Platten aus Diedenhofen und mit diesen der Gesellschaft für lothring. Geschichte geschenkt von Herrn Baurat Knitterscheid: Platte gegossen 1591, Urteil des Paris und darunter die Büsten des Königs Heinrich IV von Frankreich mit seiner Gemahlin Margarethe?); Lilienwappen mit der französischen Königskrone, oben die Jahreszahl 1683; Lilienwappen mit der französischen Königskrone, inmitten einer Waffentrophäe, oben Sonne und darüber ein Schriftband »Nec pluribus impar«: Platte aus der Zeit der ersten Republik, Frau hält eine Stange mit der Jakobiner- mütze, vor ihr Ranken, hinter ihr auf Säulenstumpf ein Hahn, oben Sonne. Schliesslich hat im März 1901 Herr Notar Welter der Ge- sellschaft für lothr. Geschichte 30 Platten geschenkt, die in der obigen Zahl noch nicht einbegriffen sind.

B. Münzen und Medaillen.

Litteratur: Victor Jacob, Catalogue des monnaies municipales et me- dailles Messines de la collection de la ville, Decembre 1866. 52 8. mit 3 Tafeln (S. A. aus Mém. Soc. Mos. VII, 1866, S. 97— 141). Derselbe, Catalogue des monnaies merovingiennes de la col- lection de la ville de Metz (Mém. Soc. Mos. XI, 1869, S. 81—98). Derselbe, Catalogue des monnaies Gauloises de la collection de la ville de Metz (Mem. Soc. Mos. XII, 1874, S. 105—131). Edmond Fridrici im Jahrbuch II, S. 372—400 (Beschreibung der von der Gesellschaft für lothringische Geschichte aus der Sammlung des Pfarrers Merciol zu Morville bei Vie erworbenen Münzen). Keune, Jhb. XI, 384—5385 und Westd. Ztschr. XIX, 360—361.

Den Kern der Münzsammlung des Museums bildet die im Jahre

1535 von der Stadt Metz für 12000 fres. angekaufte Sammlung) des

verdienten einstmaligen Bürgermeisters der Stadt, Baron Marchant').

1) Entsprechende Platten in Metz und Umgegend: Bull. Soc. Mos. 1870, S. 83. Vgl. auch Musée hist. lorrain de Nancy II, 1496f. (Wiener, Catalogue ? S. 231).

?) Eine gleiche, aber verstümmelte Platte war vorher (1900) gelegentlich des Erweiterungsbaues des Museums gefunden worden.

») Migette, Catalogue des tableaux, S. XV.

#) Zu seinen Ehren ist die frühere Rue des Grands-Carmes umgenann! »Rue Marchante (Marchantstrasse).

Den Bestand an gallischen') und merovingischen Münzen sowie an Metzer Münzen und Medaillen, soweit er bis zum Jahre 1866 ff. an- gewachsen war, lehren die angeführten Verzeichnisse von V. Jacob kennen. Seitdem hat sich aber die Sammlung, wenn sie auch in den 80er Jahren durch einen Diebstahl empfindliche Einbusse erlitten hat, doch sehr erheblich vermehrt. So beginnt das mir übergebene Münz- inventar?) mit einem Vermächtnis von 114 Gold- und Silbermünzen des Herrn Emile Guyot?), November 1884, und einer Erwerbung von 51 Nummern aus dem Verkauf der vorzüglichen Sammlung von Ch. Robert®), April 1886. Die folgenden Nummern dieses Münz- inventars führen ausser römischen, neueren deutschen und andern Münzen insbesondere auch neu erworbene Metzer Münzen auf. Durch diese Neuerwerbungen ist beispielsweise die Zahl der Gold- münzen (florins) der Stadt Metz von 7 bei Jacob (1866) auf 28 angewachsen?) und die der Thaler®) von 11. auf 23, der seltenen

1) Nach französischem Brauch sind von Jacob (und ebenso von Fridrici) den keltischen Münzen die griechischen Münzen von Marseille und die römischen Prägungen von Nimes, Lvon und anderen französischen Städten eingereiht.

?) Dieses Münzinventar umfasst die Nummern 940—1108 (J. 1884—1887) von der Hand des Konservators Ledain, Nr. 1109—2082 (J. 1887—1899) von der Hand des Konservators E. Fridrici. Der Verbleib des Verzeichnisses der Nummern 1—939 ist mir unbekannt.

3) Nr. 940—1053, insbesondere französische Münzen.

*) Nr. 1055—1104 Description de la collection numismatique de M. P.- Charles Robert Nr. 394—3%. 401. 407. 422. 468. 559. 626. 666. 667. 700. 712. 132— 135. 737. 138. 754. 806. 813. 825. 868. 869. 871—876. 878—880. 882. 883. 886. 888. 893. 894. 896. 898— 900. 911/912. 914. 923. 941. 1730. 1731.

5) Jacob, Catalogue, S. 7 Mém. Mos. 1866, 5.99. Von den 28 florins sind 19 nicht datiert, die übrigen 9 aus den Jahren 1620. 1624. 1625. 1627. 1628. 1630. 1639. 1644/45. 1646 47.

6) Jacob, Catalogue, S.8—9 == Mém. Mos. 1866, S. 100f., Nr. 1—11. Unter den 23 Thalern der Sammlung zeigen neun aus den Jahren 1628—1634 (von 1630 und 1631 je zwei Stück) den älteren Typus, nämlich den stehenden S. Stephanus und anderseits den Doppeladler mit dem Stadtwappen auf der Brust (vgl. Abb. bei de Saulcy, monnaies de la cité de Metz, in den Mem. Acad. Metz 1835/36, Pl. 1, 2; Jacob, Pl.1 und Collection Robert Nr. 806). Von den übrigen 14 Prägungen, bei denen der Reichsadler in Wegfall gekommen und durch ein grösseres Stadtwappen ersetzt ist, gehören 6 dem Uebergangsjahr 1638 an, und zwar führen zwei Thaler neben der Darstellung des stehenden S. Stephanus ander- seits das ältere Wappenschild (vgl. Abb. Coll. Robert Nr. 813), einer ebenfalls noch den stehenden Heiligen, aber anderseits ein ovales Wappenschild (vgl. Abb. bei de Sauley Pl. 1, 3 und Jacob Pl. 1); die drei anderen zeigen den Jüngeren Typus mit der Büste des Heiligen und der späteren Umformung des Wappen-

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Halbthaler ) von 1 auf 3. Die gallischen Münzen erhielten Zuwachs aus der Sammlung Merciol (Jhb. II, 373—381), die römischen ins- besondere durch die von der Gesellschaft für lothringische Geschichte geschenkte Auslese aus dem Schatzfund von Niederrentgen von Severus Alexander bis Diocletianus und Maximianus (Jahrb. VIII», S. 1-43; vgl. Jahrb. XI, 384 und Westd. Ztschr. XIX, 360) sowie durch das von der Metzer Akademie vermittelte Geschenk des Herrn E. Huber zu Saargemünd, welches eine Sammlung von Münzen des Diocletianus und seiner Mitregenten aus dem Schatzfund von Emmers- weiler (Kr. Saarbrücken) an der lothringischen Grenze lieferte (s. Huber, Mém. Acad. Metz 1888/89, S. 85—96 mit pl. XXXIV--XXXVII; vgl. Hettner, Westd. Ztschr. VI, 1887, S. 131—149).

Neben den erwähnten Sammlungen von Münzen der Stadt Metz und von keltischen, merovingischen wie auch römischen Münzen ins- besondere der Kaiserzeit sind durch eine beachtenswerte Anzahl noch vertreten die Münzen der Metzer Bischöfe, des Herzogtums Lothringen und französische wie auch (seit dem letzten Jahrzehnt) neuere deutsche Münzen. Ausserdem sind aber auch kleinere Sammlungen, z. B. alt- griechische Münzen und Münzen von Luxemburg, Trier, Bar vor- handen, und nicht bloss Metzer, Lothringer und französische Medaillen und Jetons sind gesammelt, sondern auch andere?). Endlich umfasst die Münzsammlung auch Siegel und Siegelabdrücke, hauptsächlich aus Metz.

Im laufenden Geschäftsjahre sind der Münzsammlung die folgenden Stücke zugegangen: Zu den bereits unter A, II mit den zugehörigen sonstigen Fundstücken römischer Zeit erwähnten römischen Münzen noch eine Bronzemünze des Mark Aurel (Rs.: Consecratio und SC),

schildes (vgl. Abb. bei de Sauley PI. 1, 4; Jacob PI. 1 und Coll. Robert Nr. 816). Der letztere Typus ist dann noch durch die Jahre 1639. 1640. 1641. 1643. 1645 1646. 1647 und 1650 vertreten. Von den ältesten Thalern des 16. Jahrhunderts (vgl. Abb. bei de Sauley, Pl. 1, 1 mit S. 82) besitzt die Sammlung kein Stück.

1) Jacob, Catalogue, S.9 = Mém. Mos. 1866, S. 101, Nr. 12. Vgl. Abb. bei de Sauley Pl. 1, 5; Jacob PI. 2 und Coll. Robert Nr. 828. Vertreten sind ın der Sammlung des Museums die Jahre 1638 und (2 X) 1643. Die noch selteneren '/ Thaler (vgl. Abb. de Sauley Pl.1, 6; Jacob Pl.2 und Coll. Robert Nr. 829), deren Jacob S. 9/10 = Mém. Mos. S. 101/102 Nr. 13f. zwei Stück aus den Jahren 1639 und 1640 anführt, haben sich seitdem nicht vermehrt.

2) Hier sei die von mir im Jahrbuch VII, S. 114 (zu S. 45) beschriebene interessante Medaille erwähnt, welche Herr Oberrabbiner Ury dem Altertums- museum 1896 geschenkt hat (Wd. Zschr. XVI, 319). Aehnliche Medaillen hat V. Simon, Mém. Acad. Metz 1839/40 S. 75 angeführt

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sefunden neben römischen Bauresten im Staatswald Finstingen auf der Bambachschneise bei Distrikt Nr. 129, der Gesellsch. für lothr. Geschichte übersandt von Herrn Forstmeister Fischbach: Bronzemünze des Gor- dianus III (Rs.: Aeternitati Aug.); Bronzemünze des Probus (Rs.: Se- curit. perp., im Felde I. Stern und r. T, im Abschnitt VIXXD), Geschenk des Rentners Herrn Paul Choub zu Lörchingen, gefundenin dessen Garten ; eine Weisskupfermünze des Gallienus, ein Mittelerz des Constantius nob. Caesar) mit Rs. Genio populi Romani (im Felde r.: A, im Ab- schnitt: PLG) und ein Kleinerz des Constans, gefunden mit einem liard (»Quarta solidi«) der Stadt Metz auf dem Grundstück der Johannkaserne zu Metz gelegentlich der Herrichtung eines Kellerraumes, im Auftrag des Kgl. Preussischen Kriegsministeriums überwiesen von der Intendantur des 16. Armeekorps. Weiter sind zu verzeichnen ein Geschenk des Herrn Archivdirektors Dr. Wolfram zu Metz, drei schöne thüringische Brakteaten, gefunden in Allstedt (Sachsen-Weimar), und ein Geschenk des Herrn Lehrers Maucorps zu Servigny (bei Noisseville), nämlich zwei gleiche Silbermünzen (grosus) des Metzer Bischofs Theodorich (Thiéri, Dietrich) V von Boppard (1365—1384) de Sauley, Mém. Acad. Metz. 1832/33, S. 70 mit pl. I, 72 und Ch. Robert, monnaies jetons et médailles des évêques de Metz, Macon 1890. S. 191/192, Nr. 1 (Abb.), gefunden von dem Sohn des Herrn Maucorps an der Stelle der alten Kirche zu Servigny, sowie eine in Nancy geprägte Silbermünze des Herzogs Karl II von Lothringen (1390-1431) de Sauley, monn. de Lorraine S. 81 mit pl. IX, 18, nebst einem Peter- männchen des Erzbischofs von Trier Carl Caspar, 1674 Bohl. die Trierischen Münzen, 1823, S. 178. Nr. 51, die beiden letzteren auf dem lreien Felde bei Servigny gefunden. Ferner wurde erworben eine An- zahl von bugnes der Stadt Metz mit französischen blanes oder douzains von Franz I und Heinrich IL (JJ. 1550. 1551. 1552. 1554) sowie zwei gros des letzteren (1550); eine Goldmünze Klorentiner Gepräges von Herzog Wenzel I von Luxemburg —= P. Joseph, Ztschr. d. Ver. zur Erf. d. Rhein. Gesch. u. Altert. in Mainz III, 2/3, S. 210f., Nr. 14 mit Taf. VI, 15, und R. Serrure, Numismatique Luxembourgeoise 1893, S. 76, Nr. 119, gefunden auf dem Bann von Deutsch-Oth: eine spanische Kupfermünze Karls II vom ‚Jahre 1694, Geschenk des Herrn Eisen- händlers Guerrau zu Waldwiese, gefunden in dessen Garten; eine Luxem- burgische Silbermünze, XII sols, Joseph IT, 1786 —= R. Serrure, Numism. Luxemb. S. 207, Nr. 248, gefunden bei Flatten, Gemeinde Launsdorf. Geschenk des Herrn Streit, Sohn, daselbst; eine Goldmünze des Prin- cipauté de Chäteau-Renaud, und zwar der Louise-Marguerite de Lorraine

rouille

395

(1614—1631) mit dem Bildnis ihres verstorbenen (Gremahls Francois de Bourbon (Serrure, Numismatique francaise II, S. 160, Nr. 1378), gefunden zu Carden an der Mosel; ein halber Louis d'or Ludwigs XV von Frankreich 1769; ein Dukat Richards von Pfalz-Simmern 1579: ein breiter Vicariats-Doppelthaler von Georg II von Sachsen 1657: ein Thaler des Kaisers Leopold I, 1681: eine Silbermünze, 8 gute Groschen, von Anhalt 1758: ein Silbergroschen Friedrichs des Grossen 1783, Geschenk des Oberrealschülers Johann Vosen; Kupfermünze, 3 Centimes, des Königs Hieronymus von Westphalen 1809; ein Doppel- gulden Ludwigs I. von Bayern 1845 (— Schwalbach, Die neuesten deutschen Thaler u.s. w., Nr. 21); ein Frankfurter Gedenk-Doppelgulden 1848 (= Schwalbach Nr. 75); ein Gedenkthaler von Bremen (= Schwal- bach Nr. 68); eine Rupie der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft 1890. Von Medaillen dgl. kamen hinzu eine gegossene Medaille auf den Feuer- tod von Jo. Huss 1415: ein grosses, einseitig geprägtes Zinnmedaillon mit dem Bildnis Heinrichs II von Frankreich, gefunden zu Niederjeutz; eine viereckige Gedächtnismünze (Klippe) auf den Tod des erstgeborenen Sohnes des Erbprinzen, späteren Königs Friedrich VI von Dänemark, 1698 (Rs.: »Septem spes lapsa trionum«): Medaillon auf die Rückkehr des schwedischen Königs Karl XII von Bender nach Stralsund 1714 (Rs.: » Was sorget ihr doch, Gott und ich leben ja noch«); Bronze- medaille auf den Besuch der Pariser Münze durch König Friedrich Wilhelm II von Preussen, 1814 (— Catalogue du musée monétaire, S. 396, 19); Bronzemedaille mit dem Bilde von Marie de France duchesse de Wurtemberg und anderseits einer Darstellung der Statue de Jeanne d'Are, Montagny f. 1837; eine S. Georgsmedaille (Vs.: S. Georgius equitum patronus; Rs.: In tempestate securitas), gefunden zu Ewen- dorf, Geschenk des Herrn Lehrers Eschenbrenner zu Kirchnaumen. Schliesslich sei noch einiger Gaben der Herren Pfarrer Chaler (Medaille), Apotheker Schreder!), Mittelschullehrer Olinger, Hilfsarbeiter an der Bürgermeisterei Meyer und des Schülers an der Oberrealschule Over- dick gedacht, sowie der vom Kgl. Münzkabinet zu Berlin erbetenen Gypsabdrücke beider Seiten eines bis jetzt einzig bekannten Schau- thalers der Stadt Metz vom Jahre 1641, welcher kürzlich dem Kgl. Münzkabinet von Herrn La Renotière zu Dietersdorf bei Sigmaringen zum Geschenk gemacht war (Amtl. Berichte aus d. Kgl. Kunstsamm- lungen 1901, 1, Sp. VI). Die Prägung stimmt genau überein mit dem Kursthaler von 1641, dagegen beträgt nach freundlicher Mitteilung des

1) Silbermünze auf den österreichischen Anteil an der 1. Teilung Polens: »Galicia Lodomeria caet: in fidem receptae MDEELNXII.«

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Herrn Professors Menadier das Gewicht des Schauthalers g 57,8, während der Kursthaler nur 29 g wiegt').

Gemälde.

Zeichnungen. Moderne Skulpturen. Kunstgewerbliches.

Hilfsmittel: Emile Michel, Étude historique et critique sur le musée de peinture de la ville de Metz, 49 Seiten (S. A. aus Mém. Acad. Metz 1867/68, seconde partie, S. 381—429). |

Verzeichnisse: 1) Catalogue des tableaux des écoles espag- noles (so!) italiennes (so!) flamande hollandaise allemande française

exposés dans la Galerie du Musée de la ville de Metz. Metz 1847.

79 Seiten 12° (132 Nummern). Die voraufgeschickte »Table« S. 7—10

giebt die Reihenfolge der Nummern) der Gemälde mit Beifügung der

Künstlernamen. Der eigentliche »Catalogue« (S. 11—79) jedoch ordnet

die Gemälde nach der alphabetischen Reihenfolge der Maler; den

breitesten Raum nehmen hier Angaben über Maler und Malweise ein; mehrere Nummern der Table sind aber nicht berücksichtigt, wie

Nr, 49. 132. Als Verfasser wird genannt Buignet?) oder Bugnet*).

2 bis 4) Catalogue des tableaux des écoles espagnole italienne flamande

usw. gleich dem vorgenannten Katalog, Metz 1853 (22 Seiten, 12°;

152 Nummern). 1859 (24 Seiten, 12°; 159 Nummern). 1863 (24 Seiten,

12°: 168 Nummern). Dieses nach den Nummern geordnete Ver-

zeichnis, als dessen Verfasser August Terquem’°) genannt wird, ist von seinen Nachtragsnummern abgesehen -- eine gekürzte, im übrigen aber sklavische Wiederholung‘) des Kataloges von 1847. Unter den

Zusatznummern sind auch Skulpturen aufgeführt. 5) Musées de la

ville de Metz; Catalogue des tableaux et des sculptures redige par

1) Der Schauthaler des Berliner Münzkabinets wird der piedfort (Probe- schlag) sein, welchen nach den Papieren von Dupré de Geneste (Mitte des 18. Jhdts.) de Sauley, monnaies de la cité de Metz (Mém. Acad. Metz 1835/36) S. 85 und Chabert Mém. Acad. Metz 1856/57 S. 481 erwähnen.

2) Die Zählung dieses und der drei folgenden Verzeichnisse von 1853, 1859 und 1863 ist verschieden von der bei Migette durchgeführten Zählung, welche noch jetzt Geltung hat.

3) Migette, Catalogue, S. 76 mit Anm. 1 und S. 145.

4) Schuster, Catalogue de la bibliothèque de la ville de Metz; Histoire locale, Nr. 670.

5) Migette a. a. 0. S. 145 und Schuster a: a. ©. Nr. 671, beidemal von der ersten Ausgabe 1853.

5) Dies hat auch Michel Mém. S. 422 gerügt.

397

A. Migette. Metz 1876. XXVIIT+148 Seiten, 8°; Gemälde: 241 Num- mern (Nr. 229ff. sind Kopien der Wandmalereien im Refektorium der Templer), Skulpturen: 77 Nummern (Nr. 66 ff. Gypsabgüsse von Antiken). In der Einleitung behandelt Migette, vornehmlich in Anlehnung an Michel, die Geschichte der Gemäldesammlung; dem Verzeichnis der Gemälde und Skulpturen sind alphabetische Verzeichnisse der Künstler und der Schenker, sowie (S. 145) eine »Bibliographie« angefügt. 6) Verzeichniss der Gemälde im städtischen Museum zu Metz. 1891. X 50 Seiten, 12° (268 Nummern). Dieses Verzeichnis ist ein Aus- zug!) aus Migette’s Katalog, zu dem die Neuerwerbungen als Nr. 229 ff. nachgetragen sind.

Vgl. Léonce de Pesquidoux, Voyage artistique en France. Paris 1857. S. 185-—190. René Ménard, L’Art en Alsace-Lorraine. Paris 1876 (558 Seiten, gr. 8°, mit vielen Abbildungen) S. 535—540 und in dem Abschnitt »Les artistes lorrains contemporains« (S. 401— 472). Kraus III S. 776. Westd. Ztschr. XIX, 361.

Sammlung Migette (1889 aus dem Stadthaus ins Museum überführt): Musées de la ville de Metz; Catalogue des tableaux et dessins exécutés par Aug. Migette et offerts par l'artiste à la ville de Metz. Metz 1882. 135 Seiten 8°; 411 Nummern (ohne die Table des matieres wiederholt in den M&m. Soc. Mos. XVI, 1, 1885, S. 41—172), nach dem handschriftlichen Verzeichnis Migette’s, welches jetzt die Stadtbibliothek zu Metz verwahrt, herausgegeben und mit einer biographischen Ein- leitung (S. 1—5) ausgestattet von Ad. Bellevoye. Verzeichniss der Gemälde und Zeichnungen des Migette-Museums zu Metz. 1893. V + 85 Seiten, 12°: ist eine gekürzte Uebersetzung*) des französischen Verzeichnisses mit einem Nachtrag (Nr. 412—422).

1) Das wortreiche Verzeichnis von Migette ist zweckmässig gekürzt, doch sind mit sehr wenigen Ausnahmen (Nr. 106. 128. 171—172; Nr. 49 durch ein anderes Bild ersetzt) fast nur die Angaben Migette's wiederholt. So begegnen uns trotz wiederholten Widerspruchs des trefflichen Michel in beiden Verzeichnissen aus den früheren Katalogen seit 1847 vererbte, in letzteren freilich mit grüsserer Unverfrorenheit hingesetzte Künstlernamen, ein Prunken mit berühmten Namen, welches im Verein mit der mangelhaften Anordnung die ungerechtfertigte Geringschätzung der ganzen Sammlung verschuldet hat. Höllen- breughel z. B. wird zu Nr. 26 genannt, obschon dies Bild eine Kopie des Gemäldes auf Holz in der älteren Pinakothek zu München Nr. 160 ist, welches im amt- lichen Verzeichnis als »Niederländisch um 1530« bezeichnet ist. Auch das treffende Urteil Michel’s (Mém. S. 414) über die Studie von Rembrandt Nr. 103 ist nicht berücksichtigt, trotzdem Migette (S. 53) wenigstens darauf hinweist.

2) Nr. 406 gehört nicht zur Sammlung Migette, sondern ist als Ersatz für das in die Gemäldesammlung S. 43/44 des Verzeichnisses von 1891 eingereihte Bild eingeschoben.

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Gleich den Anfängen der Altertumssammlung gehen auch die An- fänge der Gemäldesammlung auf das Jahr 1822 zurück. Wohl befanden sich schon vor diesem Jahr Gemälde der jetzigen Sammlung im Besitz der Stadt und waren in den Räumen der Bibliothek !) unter- gebracht oder dienten zur Ausstattung des Rathauses ?), so insbesondere die beiden Gemälde Nr. 926 und 104, welche Kaiserin Josephine, die erste Gemahlin Napoleons 1, als Gegengabe für die ihr überlassenen römischen Altertümer*) im 4. 1807 der Stadt überreichen liess und welche als Originale von Rembrandt und van Dyck bezeichnet wurden ?). Allein von den Anfängen einer Sammlung darf man erst reden, seit- dem der Gemeinderat der Stadt Metz am 26. Dezember 1822 zum Zwecke der Fortbildung der Schüler der Zeichen- und Malschule wie der Begründung eines Museums eine Auswahl von 18 Gemälden aus der Sammlung des ehemaligen Polizeikommissärs Boudin gegen eine der Frau Boudin zustehende lebenslängliche Rente von 400 fres. zu erwerben beschlossen hatte°). Einer geordneten Aufsicht entbehrten diese im Stadthaus untergebrachten Gemälde noch ein Jahrzehnt, da erst im November 1832 der Metzer Maler Aug. Hussenot unentgeltlich die Fürsorge für die verwahrloste kleine Sammlung übernahm ®). Zu derselben gehörten ausser Nr. 96 und 104 u. a. auch Nr. 60, Stilleben von Pieter van Boel; Nr. 97, Bacchantin von J. B. Greuze, und Nr. 143. 144, italienische Landschaften des mehr durch seinen Biographen Goethe als durch seine Werke unsterblich gewordenen Philipp Hackert”), und derselbe Monat November, welcher dieser Sammlung eine sachkundige Ueberwachung gebracht, brachte ihr auch einen Zuwachs von 14 Ge- mälden. Wiederum in der ausgesprochenen Absicht, ein Museum zu schaffen, wurden nämlich damals auf Grund eines Beschlusses des Ge- meinderats diese 14 Gemälde aus 147 von dem Strassenbaumeister

1) Vgl. Nr. 61. 171—172.

?) Ausser Nr. 96 und 104 z. B. noch Nr. 8..71, auch wohl Nr. 60.

#) Granitsäulen zur Ausschmückung ihres Schlosses Malmaison; dagegen verblieb die ebenfalls gewünschte und von der Stadt mit zum Geschenk bestimmte Porphyrwanne, welche aus den römischen Bädern vor dem Theobaldsthor stammen soll, infolge des Widerspruches des damaligen Bischofs in der Kathedrale, wo sie noch heute aufgestellt ist.

#) Michel, Mém, S. 381—391; Migette S. X.

5) Michel, Mém. S. 391—393 (Migette S. XVI). Nr. 4. 9—11. 24. 135. 136. 137 (nach Migette). 147. 169. 194 u. a. (vergl. Michel S. 392 und 399).

6) Michel S. 399 (Migette S. XXI). '

7) Michel, Mém. S. 393—394 und S. 399/400; Migette S. XVI/XVII. Eine dritte Landschaft von Hackert war mit andern Bildern infolge des Mangels einer Aufsicht verschwunden: Michel, S. 399,

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J. B. Tavernier zu Metz gesammelten und von seinem Sohn Robert Tavernier hinterlassenen Bildern ausgewählt und für 1000 Fres. ange- kauft!). In den nächsten Jahren kamen noch hinzu Nr. 7 und 14 (von einem Metzer Maler Mennessier), Nr. 74 (Adrian van Ostade), sowie im J. 1836 das grosse Gemälde Nr. 123 der Schlacht bei Hohen- linden von Schopin?). Im Jahre 1839 aber erfolgte eine für die Entwicklung der Sammlung bedeutungsvolle Neuerung, welche die Metzer Akademie als einen ihrer Erfolge verzeichnen darf. Am 30. März 1839 beschloss nämlich die Gemeindevertretung, eine eigene städtische Gemäldegallerie in der seitherigen Wohnung des Stadt- bibliothekars, den heute von der Sammlung Migette und dem Metzer Kunstverein eingenommenen Räumen einzurichten, welche nicht bloss die bisher im Stadthaus ausgestellten, sondern auch die anderswo zer- streuten Gemälde vereinigen sollte*). Dieser Beschluss, der mit einem Kostenaufwand von Fes. 7500 durchgeführt wurde, bedeutete zweifellos einen wesentlichen Fortschritt für die Entwicklung der Sammlung, wenn auch die bereits in der Sitzung des Gemeinderats gegen den Beschluss geltend gemachte Unzulänglichkeit der Einrichtung sich sehr bald empfindlich fühlbar machen sollte. Denn in den nächsten Jahren wurde die Zahl der Gemälde mehr als verdoppelt, und so hatte die Gallerie, kaum geschaffen, schon mit Raummangel zu kämpfen. Unter den Erwerbungen der folgenden Jahre finden sich aber verschiedene der besten Stücke der Sammlung, welche die Stadt Metz aus einer Privatsammlung zu Nancy zu verschiedenen Malen angekauft hat. Besitzer dieser Sammlung war ein ehemaliger höherer Reiteroffizier Leforestier; er hatte sie von einem Verwandten, der die Gemälde in Holland und besonders in Rotterdam zusammengebracht hatte, geerbt. Aus dieser Privatsammlung wurden zunächst im Januar 1840 für 3500 fes. fünf Bildnisse añgekauft, unter denen die beiden Porträts Nr. 94 und 95 von Jacob Geeritz Cuyp aus dessen Todesjahr 1649 hervorragen *). Ein zweiter Ankauf aus der nämlichen Sammlung folgte 1846; diesmal wurden für zusammen fes. 8900 elf Gemälde erworben, darunter ein Blumenmädchen von Murillo (Nr. 88) für 2000 fes., im übrigen meist

1) Michel Mém. S. 394—396 ; Migette S. XVIIf. Nr.2 (Skizze von Vernet). 69 (nach Migette). 111.128 (Salomon van Ruysdael, 1633). 151. 154. 155. 157—159. 164 u. a.

2) Michel, Mém. S. 397.

3) Michel, Mém. S. 400; Migette S. XXI—XXU.

*) Ausserdem Nr. 90 und 91 (Jan van Bylert) sowie Nr. 106. Michel, Mém. S. 400—402 (Migette S. XXI).

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Porträts‘). Eine nachträgliche Erwerbung brachte noch im Dezember 1850 aus der Sammlung Leforestier das vorzügliche Bildnis Nr. 100 für fes. 1225 in den Besitz der Stadt?) Inzwischen waren aber auch zahlreiche andere Gemälde hinzugekommen), so im J. 1840 die beiden Bildnisse von Rigaud (Nr. 47. 191), Geschenk des comte de Coëtlosquet, zwei von dem Maler Aug. Rolland aus Remilly geschenkte Pastelle seiner Hand !), ein Gemälde des Metzer Malers Charles Laurent Maréchal (Nr. 118), welchem dieser später ein zweites als Ersatz, wie er wünschte, zugesellte (Nr. 119), auch ein erstes, aber minderwertiges Geschenk der Regierung’), welche dafür im folgenden Jahre 1841 die Sammlung um ein gutes Gemälde, den Hirt von Corot‘®), bereicherte und in den folgenden Jahren andere Zuweisungen folgen liess”). Insbesondere aber erfuhr das Museum zugleich mit dem zweiten Ankauf aus der Samm- lung Leforestier i. J. 1846 eine erhebliche Vermehrung durch die Samm- lung, welche der Zeichenlehrer am Lyceum Naud zusammengebracht hatte und welche ausser Stichen nicht weniger als 165, meist jedoch wertlose Gemälde umfasste. Diese Sammlung erwarb die Stadt Metz gegen eine lebenslängliche Jahresrente von fres. 900, deren sich aber Herr Naud nicht lange erfreuen sollte. Auch nachdem die Spreu ge- sondert und veräussert war, verblieb unter den aus jener grossen Zahl für die städtische Sammlung zurückgehaltenen 52 Gemälden ®) noch viel Minderwertiges, aber auch manches Schätzenswerte und Gute, wie Nr: 40.70.70 83'122. 156.187. 188:2192.201:.202. Ss ze drei Bilder von Greuze (64. 99. 200). Infolge dieser Erwerbungen wies das im folgenden Jahr 1847 veröffentlichte erste Verzeichnis der

1) Ausser Nr. 88: Nr. 15. 25. 87. 92 und 93. 108. 195. 199. 205. 208. Michel, Mem. S. 402—403 (Migette S. XXI).

?) Michel, M&m. S. 403—404 (Migette S. XXIII).

3) Michel, Mém. S. 405— 406.

#) Nr. 53. 54=Oeuvres de A. Rolland publiées par sa famille usw., Metz 1863, fol., Tafeln 36 und 40.

5) Nr. 72 (Michel, Mém. S. 406/407).

8) Nr. 115: ‚Michel, M&m. S. 407f. Abbildung bei Ménard S. 539. Fig. 315.

7) Nr. 185 im J. 1844 (Michel, Mém. S. 411); Nr. 50 und 67 im J. 1846. Diese Gemälde sind aber in dem Katalog von 1847 noch nicht verzeichnet.

®) Michel, Mém. S. 408: »Cinquante-deux tableaux, un dessin à l’estompe, de Girodet, d'après la bosse, et un carton renfermant quelques méchantes gra- vures«; Migette S. XXII: »65 tableauxe. Ausser den oben angeführten Nummern noch Nr. 22. 23. 39. 41. 42. 65. 73. 75. 78. 107.109. 112. 113. 139. 141. 145. 146 148. 149. 150. 161. 165. 168. 179. 184. 189. 190. 196. 203. 210 u. a.

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Gemäldesammlung bereits 131 Nummern auf') Den Zuwachs der folgenden Jahre lassen die in den Jahren 1853, 1859 und 1863 er- schienenen Kataloge ersehen, wonach in den nächsten sechs Jahren 12 (bezw. 15) Bilder hinzukamen, in den weiteren 6 Jahren 5 Ge- mälde und in den folgenden 4 Jahren bis 1863 sieben Gemälde. Unter diesen Eingängen seien ausser dem bereits erwähnten Ankauf des Jahres 1850 (Nr. 100) genannt die Geschenke der Regierung?) Nr. 197 (J. 1848), Nr. 153 (J. 1849), Nr. 58 (J. 1854), Nr. 198 (J. 1857), ferner das für sich allein ein Vermögen darstellende Bildnis Karls IX von Frankreich, eine Emailmalerei von Limoges, Nr. 102 (Abb.: Kunst- sewerbe in Elsass-Lothringen I, 10), Geschenk eines ehemaligen Offiziers, des Herrn Joseph de Chazelles zu Lorry (1854), der das Stück im J. 1822 für nur 60 fes. erworben hatte: dann das schöne Frauenbildnis Nr. 76, ein Vermächtnis der Frau Charmeil?), weiter ein Oelgemälde und drei Pastelle des bereits genannten Malers A. Rolland (T 1859), welche dessen Familie dem Museum im Jahre 1861 zum Geschenk gemacht hat), sowie Gemälde?) der Metzer Maler Devillv (J. 1855; Nr. 120: Un Biouac en 1812; Abb.: Ménard S. 409, Fig. 230), Faivre (J. 1855: Nr. 142), Marc (Nr. 174; Abb.: Menard, S. 447, Fig. 252), Maréchal (J. 1861: Glasgemälde »l’Artiste«; Abb.: Ménard, Tafel zu S. 448) und der Malerin M"® Sturel-Paigné (Nr. 52); schliesslich das von der Stadt im Jahre 1861 mit Beihilfe einer Subscription angekaufte Gemälde Nr. 126 von Delacroix. Die nächsten Jahre brachten als Ge- schenke der Regierung‘) ausser Nr. 162, 152 und 193 (Devillv, Solfe- rino), 170 und 121 im Jahre 1864 aus der Sammlung Campana die fünf Gemälde Nr. 1. 3. 45. 81 und 175, welche E. Michel, Mém. Acad. Metz 1863/64, S. 801— 806 besprochen und gewürdigt hat”); ausserdem von dem Metzer Maler Lemud das Bild des Gefangenen (Nr. 110; Abb.: Ménard, S. 536, Fig. 313), ein Geschenk des Malers ®), und vor allem die Krone derSammlung, Nr. 103, eine von Rembrandt im J. 1633 gemalte

1) Ausserdem Nr. 132 »Girodet«; vgl. die vorstehende Anmerkung. Es fehlen aber Nr. 50. 67 und 185, welche erst in den drei späteren Verzeich- nissen als Nr. 138. 139. 145 (?) aufgeführt sind.

2) Michel, Mém. S. 411.

8) Michel, M&m. S. 412, 3: J. 1855.

#) Nr. 82—85: Michel, Mém. S. 406; Oeuvres de A. Rolland, 1863, Tafeln ol, 24,0 und 7.

5) Michel, Mém. S. 410f.

8) Michel, Mém. S. 411—412.

7) Cataloghi del Museo Campana, Classe VIII und IX, Nr. 158. 525. 547.459.

8) Michel, Mém. S. 412—413 (die Bemerkung Michels über die grosse Popularität des Bildes in Metz hat noch Giltigkeit).

Studie, welche Herr Balthasar marquis d’Ourches im Jahre 1867 der Stadt als Vermächtnis hinterlassen hat und welche in dessen Familie für das Bildnis eines Grossonkels des Erblassers, des Mathematikers Le Goulon, Schülers von Vauban, galt!). Dass die im Jahre 1839 zur Aufnahme der Gemäldesammlung eingerichteten Räume diese 170 und mehr Gemälde nicht zu fassen vermochten, auch nachdem das grosse Schlachtenbild von Schopin in die grosse Halle der Stadtbibliothek ab- geordnet war?), wird jeder, der die Räumlichkeiten kennt, gerne be- stätigen; auch wird er gerne zugeben, dass diese Räume kein würdiger Aufenthaltsort für einen Rembrandt, für die beiden Cuyp, für einen Corot und zahlreiche andere sein konnten. Es ist daher nur zu be- greiflich, dass die Kunstfreunde in Metz schon lange eine bessere und zureichende Unterkunft für die Gemäldesammlung verlangten?). Dass ihre Wünsche gleich denen der Altertumsfreunde erst im Jahre 1869 Gehör fanden, war früher gesagt. Der im Jahre 1869—1870 erbaute und im Mai 1872 eröffnete Flügelbau umfasste drei Oberlichtsäle, welche nunmehr den seit einem halben Jahrhundert gesammelten Kunstschätzen ein anständiges Heim boten. Wie belebend die Schaffung zweckmässiger und würdiger Ausstellungsräume auf die Freigebigkeit wirkt, zeigte sich auch hier, denn nach und auch vor der Eröffnung der neuen Säle liefen nicht wenige Gaben ein*), auch kaufte die Stadt einiges’). Da die neuen Räume aber auch zur Unterkunft von Gemälden, welche bisher anderswo untergebracht waren®), herangezogen wurden, so

1) Michel, Mem. S. 413—414 Das Gemälde war in der Rembrandt-Aus- stellung zu Amsterdam, Sept.—Oct. 1898, als Nr. 26 ausgestellt. Abbildungen: Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen I, 10 und Wilhelm Bode, L'œuvre complet de Rembrandt.

?) Michel, Mem, S. 397, 1.

8) Michel, Mém. S. 415 ff.; Migette S. XXIV ff. Ueber die heillosen Zustände im Januar 1868 s. Michel S. 421—423.

#) Nr. 116 von E. Michel aus Metz (Abb.: Ménard S. 537) und 48 von A. Weber aus Bolchen, Geschenke der Regierung; Nr. 37 und 209 von Faivre aus Metz, Geschenke der Mme de Maillier; Nr. 66, Geschenk des Herrn E. Michel; Nr. 62. 63 und 129 von Mlle Paigné aus Metz, Geschenke des Herrn Maréchal; Nr. 130, Bildnis Migette’s von Hussenot, Geschenk des Malers; Nr. 29—30 von Barillot aus Montigny bei Metz, Nr. 31 von Cuny aus Metz und Nr. 43--44 von Baraux aus Diedenhofen, Geschenke der Metzer Akademie, angekauft aus den Fonds der aufgelösten Société des Amis des Arts (gegr. 1834); Nr. 127 und 212—215, Vermächtnis des Herrn Dominique Lorrain. Weitere Geschenke im Verzeichnis von 1891 Nr. 229 ff.

>) Nr. 98. 59.

8) Vgl. Nr. 105. 216—219. Verzeichnis 1891 Nr. 49. 241 ff.

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füllten sich die Wände sehr rasch. Zählt doch das Verzeichnis von Migette an Gemälden 228 Nummern, d.i. gegenüber dem Verzeichnis vom Jahre 1863 ein Mehr von über 70 Bildern‘)! Die Vermehrung schritt aber stetig fort, wie das im Jahre 1891 veröffentlichte erste deutsche Verzeichnis lehrt. Unter den hier aufgezählten Geschenken sei nur genannt die gute Kopie des Selbstbildnisses der Malerin Frau Vigée-Lebrun Nr. 238, ein Geschenk des Herrn E. Huber zu Saargemünd. Auch sei des Flügelaltares (Nr. 251) aus dem Jahre 1591 gedacht, der einer lothringischen Kirche entstammt und im Jahre 1890 durch Ver- mittlung des Herrn Bezirkspräsidenten erworben wurde. Ausserdem hat die Stadt Metz ihre Sammlung durch öftere Ankäufe neuerer Ge- mälde erweitert. Sie wurde dabei unterstützt von der Landesregierung, welche der Stadt eine jährliche Beihilfe von M. 1000 zum Ankauf von Gemälden der neuesten deutschen Schulen zuwies. Leider wurde dieser gewiss nicht übertriebene Zuschuss im laufenden Geschäftsjahr, nach- dem die Gemeindevertretung für ihr doch auch Landeszwecken dienendes Museum so grosse Opferwilligkeit bethätigt, um die Hälfte gekürzt. An- gekauft wurden im Jahre 1885 das Gemälde Nr. 237 des belgischen Malers Seeldrayers für M. 4000 und im Jahre 1889 die beiden Gemälde Nr. 249 von Maria Cornelius zu Strassburg i. E. sowie Nr. 250 von Chr. Mali in München, und diesen Ankäufen sind seit 1891 bis heute noch 17 weitere gefolgt, die später aufgezählt werden sollen. Vorher aber muss der Erweiterung gedacht werden, welche die Gemälde- sammlung im Jahre 1889 durch den Anschluss der Gemälde und Zeich- nungen der von August Migette?) an die Stadt Metz geschenkten Sammlung erfuhr. Zu dieser Sammlung gehören hauptsächlich Gemälde und Zeichnungen Migette’s, welche Begebenheiten aus der Geschichte von Metz vor Augen führen ?), und vorzügliche Zeichnungen lothringi- scher Baudenkmäler *), von denen manche schon vom Erdboden ver- schwunden sind; angefügt sind Zeichnungen von Schülern Migette's.

!) Nach Abrechnung der damals im Stadthaus mit der ganzen Sammlung Migette vereinigten früheren Geschenke Migette’s.

?) A. Migette, geb. zu Trier am 18. Juni 1802, lebte zu Metz, j zu Longeville am 30. Okt. 1884. Vgl. Ad. Bellevoye vor dem Catalogue du Musée Migette 1882, S. 1—5 und Notice biographique sur Auguste Migette .... par Ad. Bellevoye, Metz 1886 (88 Seiten, 8°).

3) Einige hatte Migette schon früher geschenkt (Michel, Mém. S. 413); in den Verzeichnissen von 1853. 1859 und 1863 finden sich als Nr. 133—137 schon die Nummern seines Kataloges 25 (oder 23). 28. 38. 40. 50.

#) Die Veröffentlichung einer Auslese derselben ist geplant; zwei Proben (Nr. 161 und 165) in »Kunstgewerbe in Els.-Lothringen«.1, 10.

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Zur Aufnahme dieser vorher im Stadthaus untergebrachten Sammlung war aber kein anderer Platz verfügbar als die Räume der früheren Gemäldegallerie (1839 1870), von denen einer inzwischen der Metzer Akademie zu ihren Sitzungen überlassen, aber infolge der Ueberführung jener Sammlung von ihr wieder geräumt werden musste. Diese Räume sind jedoch keine geeignete Unterkunft für die aus mehr als einem Grunde schätzenswerte Sammlung, denn auch eine noch zu schaffende planmässige Anordnung der Sammlung gewährleistet einen ungetrübten Genuss nicht. Durch die dauernde Ausstellung des Kunstvereins ist eben eine Betrachtung der Zeichnungen sehr erschwert, ja teilweise geradezu unmöglich gemacht. Andere geeignete Räumlichkeiten zur Unterbringung des Kunstvereins oder der Sammlung Migette giebt es aber zur Zeit noch nicht, denn der eben fertiggestellte Anbau des Museums hat noch dringlichere Bedürfnisse zu erfüllen, da die infolge des früheren Raummangels zurückgestellten Gemälde nach Licht ver- langen und die in den bisherigen überfüllten Bildersälen mehr oder weniger herrschende Planlosigkeit durch eine planmässige Anordnung ersetzt werden muss. Doch ist zu erwarten, dass in nächster Zeit die Frage der Unterbringung der Sammlung Migette in Gemeinschaft mit anderen Fragen, wie der Schaffung von Räumen zur Aufstellung der Kleinaltertümer !), in befriedigender Weise gelöst wird und dass über- haupt die brennende Raumfrage durch Fortführung der begonnenen Erweiterung des Museums an Ort und Stelle oder anderswo entschieden wird.

Es erübrigt nun noch, den Zuwachs der Gemäldesammlung während des letzten Jahrzehntes zu verzeichnen: 1) »Der Gepatsch- Gletscher in Tirol« von Fritz Rabending (Karlsruhe); 2) »Durch die Haide« von Eugen Bracht (Berlin), Abb. in »Deutsche Kunst« IT Nr. 7 (1899) S. 128; 3) »Kronprinz Friedrich Wilhelm« (der spätere Kaiser Friedrich) von A. v. Sandrart (Berlin); 4) »Wildbach bei Regen- stimmung« von Alb. Rieger (Wien); 5) »Hafen von Bordeaux« von Aug. Flameng (aus Jouy-aux-Arches bei Metz, + zu Paris); 6) »Zauber- licht« von Hermann Hendrich (Berlin); 7) »Minnesota« von Fery (München); 8) »Verfängliche Frage« von Edm. Louyot (München; geb. in La Lobe bei Arry im Landkreis Metz); 9) »Sterbender Christus« von K. W. Diefenbach (München); 10) »Irene von Spelimberg, die Braut Tizians, auf der Totengondel«e von Hermine von Preuschen (Rom); 11) Bildnis des in Metz geborenen Komponisten Ambroise Thomas (+ zu Paris) von Rinkenbach (Metz); 12) »Rast in der Wüste«,

1) Vgl. Westd. Zeitschrift XIX, 1900, S. 357.

405

Aquarell von A. Birck (Cairo, geb. in Metz); 13) »Ein Opfer des Strikese von Edm. Blume (München); 14) zehn Gemälde, darunter zwei mythologische von Devilly (geb. in Metz), Geschenk aus dem Nachlass des Herrn Aug. Prost: 15) drei Zeichnungen von der Kathe- drale zu Metz, Geschenk der Regierung. Im laufenden Geschäftsjahr (1900) wurden angekauft: 16) »Prozession in Wackersberg bei Tölz« von Wilhelm Mare (Neu-Pasing bei München); 17) »Moderne Kriegs- schiffe auf hoher See« von Prof. E. Neumann (Cassel): 18—19) zwei Radierungen von Emile Boilvin (geb. zu Metz 1845. gestorben 1898 zu Paris): »Die Bücherfreunde (Les bibliophiles)«e nach Fortuny und »(renerale im Schnee (Généraux dans la neige)« nach Meissonier, beide mit Federzeichnungen des Künstlers ausgestattet.

Schliesslich ist zu erwähnen, dass in den Geschäftsjahren 1899 und 1900 eine Anzahl von Gemälden einer sachkundigen Restauration, deren sie dringend bedurften, unterzogen wurde. Diese mühevolle und verantwortliche Arbeit hat in dankenswerter Weise Herr Kunstmaler Blankenheim zu Metz übernommen, der für seine Aufgabe durch Prof. Pettenkofer vorgebildet ist und bereits in den Jahren 1888 und 1889 die ganze Sammlung im Auftrage der Stadtverwaltung in Stand gesetzt hat!).

Die Skulpturen, welche die Stadt Metz besitzt, haben mit wenigen Ausnahmen neben dem künstlerischen auch einen örtlichen Wert, indem ihre Urheber Metzer Künstler sind oder weil sie Persön- lichkeiten darstellen, welche aus Metz stammen oder doch sonstige Beziehungen zu Metz haben. Ein Teil dieser Werke hat im Freien Aufstellung gefunden, so Arbeiten der Metzer Bildhauer Fratin und Pêtre, von ersterem bronzene Tierbilder auf der Esplanade und im botanischen Garten, (Greschenke des Künstlers und der Regierung’), von letzterem die Quellnymphe und das Standbild des Marschalls Ney auf der Esplanade. Andere Bildwerke dieser und anderer Metzer Künstler befinden sich aber im Museum, so von Pioche (1762—1839) das Urteil des Salomo°), von Fratin die Scene aus dem Amphitheater ®), von Pêtre unter anderem die Bronze-Büste des Malers Rolland’), von

‘) Ueber frühere Restaurationen vgl. Michel, Mém. S. 389. 399. 410; Migette S. XX,ı; XXI; XXII und zu Nr. 21. 211 u. a.

?) Michel, Mém. S. 397.

3%) Lorrain, Catalogue Nr. 550 = Hoffmann, Steinsaal S. 22,1; vgl. Michel,

Mém. S. 405 und Kraus S. 773. Ausserdem Migette S. 35,1-2 und S. 109, ı2; Hoffmann, Steinsaal, S. 23p (vergl. Nr. 679).

#) Migette, S. 125,65 = Hoffmann, Steinsaal S. 21,g.

6) Migette S. 37,5; ausserdem S. 71s,; S. 110,15; S. 117,24; S. 120,44.

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Hannaux ausser einer früher geschenkten Gruppe die im Januar dieses Jahres (1901) als Geschenk eingegangenen Gyps-Modelle von vier Werken seiner Hand in Originalgrüsse, Modelle, welche vorher auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt gewesen: »Mercure et Bacchus«; »La mort d’Orphee«; »Fleur de Sommeile: »Phryne«. Ausserdem seien noch erwähnt Büsten von Napoleon I, des Luftschitfers Pilätre de Rozier (geb. zu Metz 1756), des Generals Poncelet (geb. zu Metz 1788) und anderer, sowie Entwürfe zum Denkmal des Marschalls Fabert ?).

Von einer besonderen kunstgewerblichen Sammlung des Museums kann keine Rede sein. Wohl besitzt das Museum auch abgesehen von den vorgeschichtlichen, römischen und merovingischen Altertümern manche Stücke, die in den Rahmen einer kunst- gewerblichen Sammlung hineingehören; aber die Absicht, welche diese Gegenstände ins Museum geführt hat, war in erster Linie die, einen Beitrag zu den heimischen Altertümern zu liefern. Eine scharfe Grenze lässt sich natürlich hier nicht ziehen, und da auch die Sammlung kunstgewerblicher Fundstücke aus Lothringen zu den Aufgaben des Altertumsmuseums gehört, so liegt es nahe, aus dem vornehmlich nach kulturgeschichtlichen Grundsätzen zusammengetragenen Stoff eine kunst- gewerbliche Auslese auszusondern. Diese Auslese würde allerdings sehr lückenhaft sein, da manche kunstgewerbliche Zweige"Lothringens im Museum überhaupt nicht vertreten sind. So sind z. B. lothringische Fayencen, denen man infolge ihrer grossen Beliebtheit bei Sammlern und Altertumsfreunden so häufig in Privathäusern begegnet, noch nicht ins Museum gelangt, ebensowenig sind Stickereien und dgl. vorhanden *). Dagegen sind ausser Bildhauerarbeiten und bemalten Zimmerdecken ?) vertreten z. B. Fliesen (s. 0.) und Ofenkacheln*); ferner Kaminplatten (s. o.), welche alle aus lothringischen Häusern stammen, wenn sie auch auswärts, in Quint, Neunkirchen und anderswo, gegossen sind. Von sonstigen kunstgewerblichen Gegenständen sind zu nennen bronzene

1) Migette, Catalogue, S. 72,10; 71,7; 116,21; 123,51-55 ff.

2) Im Nov. und Dez. 1897 waren kirchliche Gewandstücke aus der Pfarr- kirche zu Vic an der Seille, Stickereien des vorigen Jahrhunderts (vgl. Kraus S. 1014 u. 1021) ausgestellt; darunter als Hauptstück eine Kasel, deren Rücken- teil bei Schricker, Kunstschätze von Elsass-Lothringen, abgebildet ist. Der von der Stadtverwaltung mit Unterstützung der Regierung in Aussicht genommene Ankauf der Stücke scheiterte einmal daran, dass das wichtigste Stück, ein Ante- pendium, fehlte, und dann an der auch im Vergleich zum Werte des vollstän- digen Gewandes (einschliesslich des fehlenden Stückes) übertriebenen Forderung.

3) Holzdecken s. o.; vgl. Hoffmann, Steinsaal Nr. 694.

+) Steinsaal Nr. 549 und Westd. Zeitschr. X, 383.

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Böller mit dem Wappen der Stadt Metz (Steinsaal Nr. 594), eine geschnitzte Schrankthüre (Lothr. Kunstdenkmäler Nr. 40), eine Zinn- schüssel!) aus dem J. 1743 (Kleinalt. S. 48 Jhb. V,., 186), zwei Löffel und ein Löffelstiel mit figürlichem Griff (Kleinalt. S. 46 Jhb. V,e, 184), die Nachbildung eines Thürklopfers aus Troyes (s. o.), ein Radschlosskarabiner mit Einlagen?) aus Perlmutter (Kleinalt. S. 49 = Jhb. V,, 187) und von Möbeln insbesondere eine Uhr (Ménard S. 540) und ein aus dem Schlosse zu Borny bei Metz stammender Boule-Tisch. Schliesslich kann man auch noch hierher rechnen die bereits ange- führte Limoger Emailmalerei (Gemälde Nr. 102) und die beiden Bruch- stücke eines Holzschnittes mit der Darstellung der »neuf preux« (neun Helden), ein lothringisches Erzeugnis, welches nach dem Papierzeichen in die Zeit gegen 1451—1452 fällt’). Abbildungen der Emailmalerei, des Holzschnittes, der Uhr und des Tisches, des Thürklopfers, der Löffel, sowie von acht gusseisernen Kaminplatten und von Fliesen wird nebst Abbildungen römischer Bildhauerarbeiten, römischer Klein- altertümer, eines merovingischen Pfeilerkapitäls (Jhb. X, 147), des Elfenbeinreliefs, des Steinreliefs aus Scy (Nr. 686), von Proben der bemalten Holzdecken, der Studie von Rembrandt und zweier Zeich- nungen Migette's die von den Professoren Seder und Leitschuh zu Strassburg i. E. herausgegebene Zeitschrift »Das Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen« I, Heft 10 (April 1901) bringen.

Mein Bericht über die letztjährigen Erwerbungen und die Ueber- sicht über Anfänge und Wachstum der kunstgeschichtlichen Samm- lungen des Museums der Stadt Metz ist hiermit abgeschlossen. Die Bestände dieses Museums sind, wie, ohne zu übertreiben, gesagt werden darf, reich reich nicht bloss an Zahl, sondern auch an Wert. Denn das Museum besitzt eine stattliche Anzahl von Stücken,

') Nach der Angabe des Schenkers Herrn Chabert (1861) eine Arbeit des Metzer Zinngiessers Leclerc. Auf der Standfläche finden sich als Marken: DM (D erhaben, M vertieft) sowie in einer gezackten, ovalen Umrahmung, beiderseits von einer Lilie: I D und darunter die Jahreszahl (1743).

?) Trommeln, Masken, Tiere u. a.

») Von den neun Helden, je 3 der biblischen, heidnischen und christlichen Zeit, sind ziemlich vollständig erhalten: Josua und David sowie Gottfried von Bouillon; unter jedem Bilde stehen 6 Begleitverse. Bull. Soc. Mos IV (1861) S. 62—67. 180—185. 216—217. 253—256. VI (1863) S. 69—71. 79f. 157—159. 173; Bull. Soc, des antiquaires de France, 1863, S. 127—132; €. M. Briquet, La date de trois impressions précisée par leurs filigranes (Extrait du »Bibliographe moderne«, 1900, No. 2), Besancon 1900, S. 14—21; Kunstgewerbe in Elsass- Lothringen I, 10 (Abb.); vgl. Kraus IL S. 779/780.

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welchen andere, grössere Museen nichts Gleiches oder auch nur Aehn- liches zur Seite stellen können, oder welche für kultur- und kunst- geschichtliche Fragen den Ausgangs- und Angelpunkt bilden. Aber auch die vielen Gegenstände, welche in anderen Sammlungen ebenso oder noch zahlreicher und besser vorhanden sind, haben für uns einen srossen Wert, denn es sind urkundliche Zeugnisse für die Geschichte unseres Landes. Alle diese geschichtlichen Denkmäler und Kunstschätze wirksam und würdig auszustellen verbietet der Raummangel. Einen erheblichen Fortschritt bedeutet schon der jetzt fertiggestellte Anbau und das Vorhandensein der erforderlichen Ausstellungsschränke, denn vorher war die Aufstellung vieler wichtiger Denkmäler überhaupt un- möglich. Eine vollständige Abhilfe kann aber nur der baldige Ausbau des Museums, wie er eigentlich schon längst beschlossen und bewilligt ist, oder ein baldiger Ersatzbau an anderer Stelle bringen. Die Hoff- nung aber, dass der (Gemeinderat seiner rühmenswerten Opferwilligkeit für Kunst und Wissenschaft und seinem warmen Interesse an der Ge- schichte der Stadt Metz und des Metzer Landes die Krone aufsetzt und den im Museum zusammengetragenen Kunstschätzen und geschicht- lichen Denkmälern der ältesten Zeiten ein auskömmliches und würdiges Heim bewilligt, ist kein leerer Wahn.

Zu den Abbildungen.')

T- Tafeln!

Steinsaal (erbaut 1869—1870, eröffnet 1872), rückwärtiger Teil.

Links: Im Vordergrund Fundstücke von der Lunette d’Arcon am Bahnhof bei Metz Nr. 302. 301. 300 (3. Jahresbericht d. Ver. f. Erd- kunde zu Metz für 1880, Tafel 2, 2.4.1). Dahinter Nr. 304, Victoria (Westd. Zeitschr. II, 255,1), mit Bruchstück Nr. 306 (Westd. Zschr. Il, 255,3). Weiter auf dem umgestülpten Oberteil einer Säule aus der Villenanlage von S. Ulrich bei Saarburg i. L. die Spitze eines Grab- steines aus dem Wald Neu-Scheuern (Jhb. IX, 327), links davon auf

1) Die photographischen Aufnahmen hat Herr Hofphotograph Hermestroff, Mitglied unserer Gesellschaft, gemacht. Wegen der ungünstigen Aufstellung ver- schiedener Steindenkmäler sind einige Abbildungen nicht nach Wunsch ausgefallen. Die Erklärungen der Bilder sind infolge der drängenden Zeit magerer als sie beabsichtigt waren. Die Nummern des Steinsaales sind zugleich Verweisungen auf Hoffmann (1889).

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dem Unterteil der Säule aus S. Ulrich der Kreuzwegstein (s. Abb. 31) und rechts ein Waschbecken (labrum) aus der Badeanlage der Villa zu S. Ulrich (Jhb. X, 183); weiter zurück der Altar der Epona und des Genius Leucorum Nr. 158 (Robert, pl. 1,5_,).

In der Mitte: Block von einem Grabdenkmal, Nr. 13 (s. Abb. 4—5), unterhalb desselben Nr. 28, opfernde Göttin (Begin pl. 38), und auf demselben: Tragaltar des Cissonius Nr. 296, (Göttin mit Füllhorn aus Settingen (Jhb. IX, 335) und als Schlussstein eines Thorbogens gear- beiteter Juppiter-Kopf Nr. 14 (vgl. Abb. 4). Dahinter erhebt sich ein aus der Zeit der Einrichtung des Saales herrührender Aufbau, indem auf den Wochengötterstein aus Havingen Nr. 11 (vgl. oben S. 352/353) das Postament aus Marmor mit gewundener Kannelierung Nr. 159 (Bénédictins, Hist. de Metz I pl. XX, 2; Bégin pl. 38) und auf dieses die als Grabbehälter verwendete Amphora Nr. 160 (Benedictins, pl. I, 5) gesetzt ist. Es folgen die beiden Blöcke eines Grabdenkmals Nr. 9/10 (s. Abb. 1-3), auf denen Fundstücke aus dem Mithraeum in Saar- burg i. L. (Jhb. VII,ı, 147. 151) stehen, dahinter Grabdenkmal aus Arlon Nr. 3 (s. Abb. 7) und dahinter die Teile der Mertener Säule Nr. 294.

Rechts hinter Nr. 94 und 95 sowie Nr. 82: Block eines Grab- denkmals aus Arlon Nr. 89 (Wilthemius, Luciliburgensia ed. Neyen, PI. 68—69, Fig. 289—292 mit S. 255—257, wiederholt von Prat, Arlon, Atlas Pl. 66—68, vel. I, S. 90; Bertholet, Histoire de Luxembourg I, 1741, S.417—418). Auf diesen Block ist die geschuppte Juppiter- Säule Nr. 90 gesetzt (Robert pl. II, 4). Es folgt das Mithras-Relief aus Saarburg i.L.

Im Hintergrund: mittelalterliche Denkmäler, wie der Gypsabguss der Madonna von S. Gangolf Nr. 413 (Lothr. Kunstdenkmäler Nr. 6), rechts davon der monumentale Kaminmantel Nr. 415 und darüber der Gypsabguss der Aufschrift des S. Barbara-Thores Nr. 687.

Sobald die Räumlichkeiten es erlauben, wird eine planmässige Aufstellung durchgeführt; mit der Beschaffung von Holzsockeln zur besseren Aufstellung der Steindenkmäler ist schon seit längerer Zeit begonnen.

Depotfunde von Niederjeutz und Frouard (5 Tafeln). Der erste Depotfund von Niederjeutz wurde im Sommer 1898 auf dem Grund- stück der dortigen Aktienbrauerei S. Nikolaus, südlich von dem damals neu erbauten Brauerei-Gebäude, beim Ausheben eines Grabens für die Blitzableitung, 50 em unter der Erdoberfläche entdeckt und später von Herrn Dr. Ernst zu Metz als Vertreter der genannten Aktienbrauerei

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der Gesellschaft für lothringische Geschichte und von dieser dem Museum geschenkt. Der Fund umfasst 23 Gegenstände aus Bronze, welche in einem hart gebrannten grauen Thongefäss geborgen waren. Das Thon- gefäiss war an seinem oberen Teil mit drei und darunter nochmals mit zwei parallelen Linien verziert. Die Gegenstände, welche der Topf enthielt, sind: eine Lanzenspitze, 22 cm lang, mit zwei Löchern in der Tülle zur Befestigung des Schaftes; zwei Sichelmesser (grösste Länge 13 ‘/2 cm), das eine durchlocht, das andere mit Stift; ein Doppelhaken, 8 cm lang (Fischangel?); neun glatte, offene Arm- und Beinbänder (Breite 9—12 cm), von denen zwei am Rande ein Doppelloch zur Be- festigung eines Anhängsels haben; drei hohle, offene, gestrichelte oder gerippte Armringe (lichte Breite 6, 6! und 8 cm); eine Platte mit acht abstehenden Ringen und je einem viereckigen Loch unterhalb der beiden oberen Ringe (Breite der Platte 6,8 cm); vier Ringgehänge, je drei Ringe in einem vierten hängend (innerer Durchmesser 4 cm); zwei gerippte Röhren in Gestalt von Säulchen (Länge 12 em). Die letztgenannten sieben Gegenstände gehörten zu einem Pferdegeschirr. Westd. Korrbl. XVII, 100; Westd. Ztschr. XVII, 372; Jhb. XI, 374.

Den zweiten Depotfund aus Niederjeutz verdankt die Gesellschaft für lothringische Geschichte ihrem Mitglied Herrn Reipsch zu Dieden- hofen, der auf die in seinem Besitz befindlichen Fundstücke freundlichst zu Gunsten des Museums verzichtete. Zwei der vier grösseren Arm- ringe hatte Herr Reipsch bereits vorher Herrn Dr. Wendling zu Dieden- hofen und einen fünften (auf der Abbildung fehlenden) gleichen Ring Herrn Oberstabsarzt Dr. Galle in Diedenhofen geschenkt. Herr Dr. Wendling hatte die Güte, einen der Ringe zur Vervollständigung des Fundes der Gesellschaft f. lothr. Gesch. bezw. dem Museum als Geschenk zu über- lassen. Ausser den angeführten grösseren gestrichelten und massiven Armringen von 9—9,5 cm lichter Breite gehören noch zu dem Fund: ein gleichfalls gestrichelter, dickerer, hohler Armring von nur 8 cm lichter Breite; das Bruchstück eines glatten Armbandes von der Art, wie sie der erste Depotfund aufweist; eine Lanzenspitze®), L 13°/3 em; ein Lappen-Kelt, dessen Klinge abgebrochen ist (grösste Breite 3 cm; jetzige Länge 91/2 cm); zwei kleine Schilde (Durchmesser 10 1/2 em) mit Ringen auf der Innenseite; ein Ring (Dm. 4 cm), jedenfalls ur- sprünglich zu einem Ringgehänge gleich denen des ersten Fundes ge- hörig; ein Schellengehäuse, sowie das Stück einer Schwert- oder Dolchklinge. - Ausserdem wurden Herrn Reipsch als gleichzeitig ge-

!) Gleich der grösseren Lanzenspitze des ersten Fundes mit zwei Löchern in der Tülle.

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fundene Gegenstände übergeben ein zweifellos nicht zugehöriger kleiner eiserner Hammer und zwei in die Abbildung aufgenommene bronzene Stücke, ein Knopf und ein durchbrochenes Beschlagstück, welche wohl beide römisch sind. Alle diese genannten Gegenstände wurden nach der Herrn Reipsch gemachten Mitteilung einige hundert Meter von der Fundstelle des ersten Depots aufgefunden.

Beide Funde zeigen Verwandtschaft mit den Depotfunden von Wallerfangen (im Kreis Saarlouis) und von Frouard; ausserdem noch nach freundlicher Mitteilung des Herrn Comte de Beaupré zu Nancy mit einem Depotfund von Lay St. Remy bei Toul, den Herr de Beaupre erworben hat und dem Museum in Nancy zu überweisen gedenkt. Den Fund von Wallerfangen besass Victor Simon zu Metz, der ihn Mém. Acad. Metz 1851/52, S. 231—258 (mit Tafel) besprochen hat. Nach dessen Tode wurde, wie bemerkt, seine Sammlung versteigert, und der Bronzefund von Wallerfangen gelangte ins Museum von St. Germain. Mit diesem Depotfund haben die sich ergänzenden beiden Funde von Niederjeutz insbesondere gemein die Armbänder und die Röhrchen ; auch entsprechen sich die Ringgehänge, die Beschlagschilde und Kelte: vgl. die Abbildungen bei V. Simon a. a. O. und bei Hettner, Jahresber. d. Ges. f. nützl. Forschen. zu Trier, 1894—1899, Tafel I. In dem vom Museum zu Nancy verwahrten Fund von Frouard (Wiener, Catalogue, 130), dessen Fundort übrigens nicht genau feststeht, stimmen überein Ringe, Röhrchen, Kelte, Sichelmesser. Der Fund von Lay St. Remy bietet u. a. gleiche Armbänder. Letzteren und gleichzeitig die mit ihm ver- wandten Depotfunde wird Herr Comte de Beaupr& demnächst ein- gehender behandeln.

II. Textabbildungen.

1--3. Steinsaal Nr. 9/10: Zwei Blöcke desselben Grabdenkmals; das Mittelstück fehlt; das Innere des unteren Blockes hohl (Grab). Die Vorderseite stellte in feierlicher Haltung unter dem üblichen Baldachin die Familienmitglieder, zwei Männer und in ihrer Mitte eine Frau dar. Die Grabschrift lautet (ergänzt): »Catullinus Carathouni filius, Sextilia Seduli filia, coniux, monimentum sibi vivi posuerunt et Catulliano qui vixit annos III menses VI et Secundino . ..... « Auf den Seiten- flächen als Sinnbild der Lebensfreude Tänzerinnen u. dgl. mit Musik- instrumenten. Devilly No. 1 A—C: Bégin pl. 28. 30; Robert pl. IX, 1-3.

4—5. Steinsaal Nr. 13, von einem Grabdenkmal. Vorderseite: Zwei Männer und zwischen ihnen eine Frau bei der Mahlzeit. Ueber

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ihnen, aus Weinlaub und Trauben herabschwebend, ein Genius; in dem Rebengewinde ein Eichhörnchen und ein Vogel. Linke Seite: Jüngling, die Hirtenpfeife blasend, rechte Seite: Fischer mit Drei- zack. Devilly No. 2 A.B. C. Ausserdem: Nr. 14, als Schluss- stein eines Thorbogens gearbeiteter Juppiter-Kopf, hoch 60 cm (Mém. Acad. Metz 1854/55, 562 mit Pl. I, 2 und 1858/59, 291—300 mit Pl. 1; Ledain, Lettres et notices d'archéol. Pl. V mit S. 308 Anm. 1). Nr. 6 und 337 Apollo-Köpfe (vgl. Hoffmann, der eine Abbildung des ersteren auf dem Titelblatt giebt).

Steinsaal Nr. 98. 99. Nr. 98 (breit cm 95): drei Bütten und ein Eimer, unterhalb zwei Fässchen, zwei Töpfe und ein Napf. Devilly No. 5; Bégin pl. 29. Nr. 99 (hoch 75, breit 82 cm): Laden- scene. Devilly No. 3; Begin pl. 29.

Steinsaal Nr. 3, aus Arlon. Würfel (h. 0,94 m), gekrönt von einem Pinienzapfen (h. 0,58 m). Auf der Vorderseite des Würfels: Ge- schäftsscene ; auf den beiden Seitenflächen Draperien. Wilthemius Luciliburgensia Fig. 9 und 118 mit S. 12/13 und 174 (vgl. S. 314) ed. Neyen, wiederholt von Prat, Arlon, Pl. 1 und 15. Zur Gestalt des Grabsteins vgl. Prat, Arlon I, S. 108 (im Museum zu Arlon); Wilthemius Luciliburg., Fig. 449—451 mit S. 313 f.; Bull. Soc. antiq. de France 1882 S. 322/323 (Langres); CILXIL 623. 4155.

S--9. Steinsaal Nr. 30—36 (Nr. 33 und 34 auf beiden Abbildungen),

Grabsteine aus Soulosse. Dieselben ahmen die Gestalt von Häuschen nach, was auch durch die Nachbildung von Schindeln auf der Be- dachung sowie durch den Wulst auf dem First (vgl. Benndorf in den Jahresheften des Oesterr. archäol. Instituts in Wien, II, z. B. S. 35) verdeutlicht wird. Den Eingang zum Grabinnern bildet bei mehreren ein Schlitz, entsprechend den Grabsteinen aus den Vogesen (Westd. Zschr. XVI, 316; Jhb. XI, 375). Die Grabschriften (Nr. 31. 32. 34. 35. 36) sind von altertümlicher Kürze und begnügen sich mit Nennung des Namens des Verstorbenen, dem teilweise DM angeflickt ist; »monimentum Ariolae« (wie öfter auf gallischen Grabsteinen) zwischen D M: Nr. 32. Masse: Nr. 30 hoch 67 cm, breit 64 cm; Nr. 31 hoch 1,12 m, breit 0,63 m, und darüber Nr. 32 hoch 73 cm; Nr. 33 hoch m 1,15, breit 0,46; Nr. 34 hoch 1,45; Nr. 35 hoch 1,50: Nr. 36 hoch 1,70 m.

10. Steinsaal Nr. 37 aus Soulosse; hoch 1,40 m. breit 0,65. Die

Eheleute in ihrem Kaufladen: Der Mann ist im Begriff, einen Fisch abzuwiegen: die Frau hält einen gefüllten Geldbeutel über einer Kassette, die auf dem Ladentisch steht. Die Seitenflächen des

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Nancy, Musée historique lorrain: Depotfund von Frouard.

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Nancy, Musée historique lorrain: Depotfund von Frouard.

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Grabsteines sind mit gewundenen Weinranken verziert. Beaulieu, Arch. de la Lorraine I, S. 219 mit Pl. 3.

11. 12. Steinsaal Nr. 26, von einem Grabdenkmal zu Metz. Auf der einen Seite unter einem Baldachin Herr mit einer Doppelgerte (Fischgerte? vgl. Wilth. Lueilib. Fig. 297), am kleinen Finger beider Hände Siegelringe. Auf der Nebenseite ein Diener mit Ringen um die beiden Fussgelenke; derselbe trägt auf einem Teller ein gebratenes Huhn auf. Der Teller ist schräg dargestellt, damit man den Inhalt von unten sehen konnte, denn die Bilder waren an einem grossen Grabdenkmal in ziemlicher Höhe angebracht. Gefunden auf der Citadelle in der Nähe des Höllenturmes und Citadellenthores, vermutlich im 16. Jahrhundert dort vermauert; zu sehen war nur die den Diener darstellende Seite: Congrès scientifique de France, Cinquième session tenue à Metz en Septembre 1837, S. 184; vgl. Mém. Acad. Metz 1841/42, S. 138 mit Tafel, Fig. 2; Begin pl. 25.

13. Steinsaal Nr. 151: Grabstein einer Frau, hoch 73 cm. Bégin pl. 48 (hinter II S. 8).

14. Steinsaal Nr. 61: Grabstein einer Frau, hoch m 0,70, breit 0,35. Von der Grabschrift ist erhalten: »CJaraddouna (mit zwei durch- strichenen D) ...... fil.«e Mem. Acad. Metz 1858/59, 285 mit Abb. ; Bull. Soc. Mos. I (1858), 55/56 Nr. 5; Robert III, 60 f. mit pl. IX,5 (er hält den Grabstein für denselben wie Bénédict. 1 PEIRL,;).

15. Schmuckkästchen in Gestalt eines Tempels, hoch 5,7, breit 7. lang 9,5em. Das mit Schiebdeckel verschlossene Innere bildet zwei Abteilungen, die eine ist mit einem Zapfen zum Aufstecken von Fingerringen ausgestattet. Gefunden vor dem Theobaldsthor zu Metz. Mem. Acad. Metz 1854/55 S. 565 mit PI.I, 5; Hoffmann, Kleinalt. S. 16 = Jhb. IV1, 201.

16. Steinsaal Nr. 297, hoch 65 cm. Inschrift: Deäe Mogontiae lül(ius) Paternus tabellär(ius) ex vötö. Zangemeister, Bonn. Jhb. 69 (1880) S. 34—37; F. Möller, Westd. Zschr. II, 254/255; Das Buch von der Weltpost, Berlin 1884 S. 47, 3. Aufl. 1894 S. 31 (Abb.).

17. 18. Steinsaal Nr. 305: Doppelseitig skulpierte Platte, hoch 60 cm, breit 52 cm; einerseits Mercurius (mit Schlangenstab und Geldbeutel; neben seinem rechten Bein: Bock) und zu seiner Rechten Rosmerta (das Füllhorn auf ein Postament gestützt, in der Rechten ein Geldbeutel?); anderseits Apollo (mit der Leier, neben einem Lorbeerbaum). F. Möller, Westd. Zschr. II, 255— 257 mit Tafel XVI.

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19. Steinsaal Nr. 313. Mercurius im gallischen Rock (sagum), über einem Altar opfernd. Ueber dem Bild die Weihinschrift: Deo Mercurio pro salute Aureliani Diviciana mater ex vo(to). F. Möller, Westd. Zschr. II, 254,7 mit Taf. XV.

20. Weinseiher aus vergoldeter Bronze (Länge des Stiels 17,5 em, Durchmesser 15 em). F. Möller, Westd. Zschr. II, 259/260 (das zweite Paar besitzt Herr Huber zu Saargemünd); Hoffmann, Kleinalt. Ss 261=.Ihba TV.

21-24. Bronzefiguren. 21: fünf Merkurdarstellungen, darunter ein Beschlagstück (Bull. Soc. Mos. V. 1862 S. 79). 22: Merkur und Herkules aus Sablon; Venus; Minerva (2). 23: Genius; Vulkan; Bock; Hahn; Adler. 24:Dogge; Hund oder Wolf; zwei Schwein- chen (Mém. Acad. Metz 1855/56, Pl. 2,-7); zwei Amulete (vgl. O. Jahn, Aberglauben vom bösen Blick S. 81).

25-30. Figuren aus weissem, seltener rotem Thon. 25: Hinterteil eines Pferdes, vielleicht von der Darstellung einer reitenden Epona. 27: Wichmann, Jhb. VI, 319/320; Abb. 27,2 ; sind zwei Stücke derselben Büste. 28,1: Reiter, gef. Metz vor dem Deutschen Thor. 28, (29,1): Wichmann, Jhb. VI, 318. 28,3 (29,2) und 28,.: Wichmann $. 318/319, doch ist der Gegenstand in der rechten Hand der ersteren eine Aehre. 30, : Hoffm., Kleinalt. S. 9 = Jhb. IVu, 194; vgl. Wichmann, Jhb. VI, 318. 319. 30,:_:: Wichm., Jhb. VI, 319 (doch ist 30,3 eine Venus).

31. Gesamthöhe 58 em. Gef. im Staatswald Gustal westlich von Kneuttingen auf dem rechten Ufer der Fentsch und gegenüber der Höhe »Le Castele, zwischen Staatseisenbahn und Staatsstrasse Hayingen-Fentsch. Ueber den vier bärtigen Köpfen erhebt sich eine Opferschale. Vgl. die Büsten aus Trier-Löwenbrücken bei Hettner, Röm. Steindenkmäler des Provinzialmuseums zu Trier, 1893, Nr. 71, und die Bronzefigur aus Bordeaux bei E. Babelon et J. A. Blanchet, Catalogue des bronzes antiques de la bibliotheque nationale, Paris 1895, Nr. 362; in beiden Darstellungen je zwei bärtige Köpfe abwechselnd mit zwei unbärtigen des Mercurius, der in der Bronze als Ganzfigur mit Geldbeutel und (abgebrochenem) Schlangenstab gebildet ist. Vgl. die Bezeichnungen in der Litteratur: Janus quadrifrons und “Eguns reroaxepalos. Westd. Korrbl. XIX, 47; Jhb. XI, S. 382,3; Westd. Zeitschr. XIX, S. 358,3. Der Kreuz- wegstein wurde der Gesellschaft f. lothr. Gesch. von Herrn Baurat Morlok überwiesen.

32. Höhe 12 em. Die Schüssel ist Eigentum des Herrn Bürgermeisters Goldité zu Longeville bei Metz, in dessen Hof sie i. J. 1900 ge-

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funden wurde. Aussenstempel (vertieft): SATVRN FECIT. Westd. Korrbl. XIX, 46.

33. Felsrelief vom Donon (Wasgenwald); Gypsabguss, geschenkt von

der Gesellschaft für lothr. Geschichte. Höhe 0,45, Breite 0,80 m. Das Relief stellt den Kampf eines Löwen mit einem Stier dar: der Stier hat naturgetreu den Kopf seitwärts dem Beschauer zu gesenkt und hält seinem Gegner so sein rechtes Horn ent- gegen. Charakteristisch für den Stier sind noch der Nacken, die Wamme (Wampe) und der Stierpenis. Die Deutung des Tieres als Eber ist unrichtig. Der Schwanz des Löwen ist in die Höhe geringelt, was auf der unserer Abbildung zu Grunde liegenden Photographie wie auf dem Abguss deutlich erkennbar ist. Unter dem Relief steht, eingefasst von den erhabenen Enden eines Schrift- bandes, die Weihinschrift: BELLICCVS SVRBVRO, d.h. »Belliccus Surburo«. Ein kleineres O am Schluss der Zeile ist auf dem Abguss deutlich zu erkennen (die früheren Lesungen lauten alle: »Surbur«). Das Zeichen zwischen den beiden S dient als Interpunktion. Das I in »Belliccus« ist infolge eines Bruches nicht mehr zu erkennen; ein vor V schräg auf dasselbe zulaufender Strich ist wohl zufällig. »Belliccus« ist ein gallischer Personenname, der sich in dieser Schreibung öfter findet, meist aber dem Lateini- schen durch die Schreibung »Bellicus« angeglichen ist (Holder, Alt- Celtischer Sprachschatz I, 388—390; vgl. 421. 877£f.; Westd. Korrbl. XVII, 107). »Surburo« ist als Töpfername durch einen Gefässstempel zu Zürich bekannt (Mommsen, Inscr. Helvet. 352, 198), von dem ich einen Abguss der Freundlichkeit des Konser- vators am Schweizerischen Landesmuseum in Zürich Herrn R. Ulrich verdanke. Doch kann das Wort in der Inschrift des Reliefs vom Donon, welches gleich den sonstigen Felsreliefs ein Weihdenkmal ist, nicht Personenname sein. Denn wollte man auch hier miss- bräuchliche Verwendung eines keltischen Namens (Belliccus) an Stelle eines römischen Geschlechtsnamens annehmen (Jhb. IX, 185, 7), so bestände die Weihinschrift lediglich aus den Namen des Stifters ohne Weiheformel (v.s. 1. m.). Dies ist aber nicht möglich, wenn es auch Weihinschriften giebt, die sich auf den Namen der Gott- heit beschränken. Daher halte ich nach wie vor »Surburo« für den latinisierten Dativ des Namens einer keltischen Gottheit; und den erwähnten Töpfernamen rechne ich zu den zahlreichen kelti- schen Personennamen, welche von Götternamen abgeleitet sind (wie »Eso« CIL I, 5030; »Esuvius«; »Sucela«, »Sucella«, Jhb. VII,

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158: u.s.w.) Mit dem kurzen Wortlaut unserer Weihinschrift aber vergleiche man CIL XI, 1001: »Elvius dom(i)no Silvano« und die Felseninschrift an der preussisch-luxemburgischen Grenze (Westd. Ztschr. XIX, Tafel 24, 6): »Artioni Biber«. Das Original ist im Museum zu Epinal. Dasselbe wurde um das Jahr 1840 losgesprengt. Die letzten Gewährsmänner, welche das Felsrelief an seiner ursprüng- lichen Stelle gesehen haben, sind meines Wissens Gravier (Histoire de Saint-Die, 1836, S. 18/19) und de Bazelaire (Promenades dans les Vosges, 1838, S. 37f.); im Jahre 1843 ist es in Epinal nach Jollois (Antiquités du dép. des Vosges, 1843, S. 126, Anm. 1). O. Bechstein, Jahrbuch des Vogesen-Clubs VII (1891), S. 31—39, vel. S. 40—41 und S. 80, wo die frühere Litteratur verzeichnet ist; Keune, Westd. Zeitschr. XV (1896), S. 345; H. Bardy, Bulletin de la Société philomatique Vosgienne, 23”® année, 1897/98 (Saint-Die 1898), S. 367—369, mit Abbildung.

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Bücherschau.

Geschichte Lothringens (der tausendjährige Kampf um die West- mark) von Hermann Derichsweiler. 2 Bände. Wiesbaden 1901. C.H. Kunzes Nachfolger (W. Jacoby).

Bis vor Kurzem hat weder das Elsass noch Lothringen eine auf quellen- mässiger und kritischer Grundlage verfasste Darstellung seiner Geschichte auf- zuweisen gehabt. Für das Elsass ıst man noch immer auf die Geschichte Strobels angewiesen, für Lothringen boten Calmet und die Benedictiner und aus jüngerer Zeit Digot, Ravold (Histoire démocratique de Lorraine) und am besten Maurice (Recits lorrains) mehr oder weniger eingehende Zusammenstellungen, aus denen man sich einigermassen über die geschichtliche Entwicklung dieses Landes unterrichten konnte. Auffallend hierbei ist, dass abgesehen von Huhn, der aber in seiner Geschichte Lothringens lediglich einen verwässerten Auf- guss von Digot bietet, kein deutscher Forscher bisher daran gegangen war, einer Darstellung der Reichsländischen Geschichte seine Arbeitskraft zu widmen. Man wird die Erklärung hierfür nur darin finden können, dass nach deutscher Art das Bessere Feind des Guten gewesen ist und die Erwägung, dass man etwas Vollkommenes und Abschliessendes nach dem heutigen Stande der Quellen- forschung noch nicht leisten kann, überhaupt abgehalten hat, zunächst das Mög- liche zu bieten.

Diesen Bann hat für Lothringen Derichsweiler mit frischem Mute gebrochen und man wird ihm allerseits für diese That aufrichtigst danken müssen. Derichs- weiler war wissenschaftlich durchaus gerechtfertigt, wenn er die Arbeit wagte. Auch ohne eigene archivalische Forschung boten sich ihm gerade aus den letzten Jahrzehnten so tüchtige Vorarbeiten, dass man auf Grund derselben eine wissen- schaftlich vollwertige Geschichte Lothringens schreiben konnte. Abgesehen von klei- neren Studien, die im Jahrbuch für lothringische Geschichte von deutschen Forschern veröffentlicht waren, und der trefflichen Arbeit Kaufmanns über die Réunions- kammer, hat insbesondere die Universität Nancy wertvolle Beiträge zur Förderung der Landesgeschichte gebracht. Ich nenne nur die Namen Parisot, Bonvalot, Boyé, Baumont, Sadoul, Martin und aus früheren Jahren den klassischen Hausson- ville. Dazu kam eine Reihe deutscher und französischer Studien, die an sich mehr den politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich gewidmet waren, aber da Lothringen jederzeit das Kampfobjekt zwischen den beiden Staaten war, indirekt auch für Lothringen von Bedeutung sind. Kaum eine von ihnen war bis dahin für eine Darstellung der lothringischen Geschichte ausgenützt worden.

Was Derichsweiler unter Benutzung aller dieser Werke, gleichzeitig aber mit Heranziehung aller primären Quellen, soweit sie gedruckt vorliegen, geleistet hat, ist vollen Lobes wert. Wir dürfen heute sagen: Die Geschichte Lothringens ist geschrieben. In seiner Auffassung ist der Verfasser durchaus selbständig, die politischen Situationen und Verwickelungen sind ungemein klar geschildert, die Per- sönlichkeiten scharf und lebendig charakterisiert. Der Titel hätte besser gelautet »Ge-

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schichte des Herzogtums Lothringen«; denn thatsächlich hat der Verf. sich fast aus- schliesslich diese zur Aufgabe gestellt. Wenn der Leser glaubt, es sei das heutige Lothringen gemeint, wie der Begriff durch die Ereignisse von 1870/71 wenigstens in Deutschland sich ausgeprägt hat, so ist dies ein Irrtum, der durch eine deutlichere Fassung des Titels hätte ausgeschlossen werden können. Dass sich diese Aufgabe bei der Vielgliedrigkeit des Bezirks freilich kaum hätte durchführen lassen, ohne der Einheitlichkeit des Werkes empfindlich Eintrag zu thun, wird jeder Kundige dem Verfasser sofort zugestehen. Hier müssen besondere Arbeiten einsetzen, welche die Geschichte des Bistums Metz, der Stadt Metz und des Pays Messin, endlich der reichsunmittelbaren Herrschaften behandeln.

Im Einzelnen wird Derichsweiler natürlich nicht überall Zustimmung finden. So construiert er sich das Verhältnis von Kaiser und Reichsfürsten im 16 u. 17. Jahrhundert, wie er wünscht, dass es gewesen sein sollte, und beurteilt nun nach dieser seiner Auffassung das Verhalten der Parteien. Die Fürsten sind ihm deshalb 1552 und im dreissigjährigen Kriege Rebellen gegen den Vertreter der Reichs- einheit. Aber es liegt doch auf der Hand, dass man die Auffassung der Fürsten über ihre Stellung im und zum Reiche aus der Zeit erklären muss und nicht nach einem construierten Masse messen darf. Mit demselben Rechte würde D. auch Friedrich den Grossen einen Rebellen nennen müssen. Ebensowenig wird Karl V. oder Ferdinand II. wie ein sächsischer oder staufischer Kaiser beurteilt werden dürfen. Wenn er den letzteren als »zähesten und aufrichtigsten Ver- teidiger der deutschen Unabhängigkeit« feiert, so brauche ich hier kaum zu sagen, dass sich die »deutsche« Unabhängigkeit im wesentlichen mit dem habs- burgischen Hausbesitze deckte.

Ueber 1552 sagt Derichsweiler: »Mit ehrloser Gleichgiltigkeit sah das deutsche Volk, d. h. Fürsten und Stände der 68tägigen Belagerungsarbeit der Stadt (Metz durch Karl V.) zu und so entartet war in den herrschenden Kreisen des Volkes das nationale Empfinden geworden, dass man über den unersetz- lichen Verlust an Macht und Ehre sich mit dem schalen und schadenfrohen Witze abfand: Die Metz und die Magd haben dem Kaiser den Tanz versagt«. Schon aus dieser allgemeinen (Gleichgiltigkeit, die sich beim Verluste von Metz in Deutschland zeigte (ganz anders wie später bei Strassburg), hätte D. schliessen müssen, dass doch nicht ganz Deutschland von lauter ehrlosen Ge- sellen bevölkert war und lediglich der Spanier Karl V. ein Gefühl für Reichsehre hatte. Thatsächlich lag die Sache so, dass die Städte Metz, Toul und Verdun dem allgemeinen Empfinden nach kaum mehr lebendige Bestandteile des Reiches waren. D. hat selbst an anderen Stellen ausgeführt, wie in Toul und Verdun schon längst die französische Schutzherrschaft nachgesucht und gewährt war. Für diese Städte wurde also kaum etwas Neues geschaffen. Aber auch in Metz hatte man schon seit mehr denn 100 Jahren die staatsrechtliche Auffassung, dass die Stadt ausserhalb der Grenzen des Reiches läge. So concedierten die Fürsten an Heinrich Il, was das Reich schon längst nicht mehr besass, und sie thaten es in einer Form, die nach den staatsrechtlichen Begriffen einer Zeit, die wiederholt den König von Frankreich als deutschen Kaiser ins Auge gefasst hat, mit der Ehre des Reiches durchaus verträglich war. Vor allem übersieht D. aber eins: Die Fürsten haben nicht um den Preis der drei Reichsstädte die französische Hilfe erkauft. Der Bundesvertrag zwischen Heinrich II. und den Fürsten ist längst vereinbart, ohne dass irgendwie von den drei Städten die Rede gewesen wäre.

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Da erst im letzten Augenblicke, als der fürstliche Vertreter zur Unterzeichnung nach Chambord geht wird die Besetzung der Städte von Heinrich II. vorgeschlagen und der deutsche Bevollmächtigte geht darauf ein. Auch die Fürsten haben den Schritt ihres Vertreters nachträglich gut geheissen in der Erwägung, dass Karl V. durch das Vorrücken Frankreichs gezwungen sein würde, seine Streitkräfte zu teilen.

Wenn D. aber meint, dass Karl V. Metz belagert habe, um die Ehre des Reiches zu retten, so dürfte das irrig sein. Es war lediglich der Burgunder, der zu Felde zog, um zu verhindern, dass sich die französische Macht wie ein Keil zwischen den nördlichen und den südlichen Teil seines Reiches schob. War doch damit sein grosser politischer Plan der Herstellung des burgundischen Reiches durchkreuzt worden. Nur zu diesem Zwecke hatte Karl seinen Einfluss in Lothringen zu festigen gesucht und die Furcht, die man in Metz jederzeit vor ihm gehabt hat, zeigt deutlich, dass man auch hier mit diesen Absichten Karls ernsthaft rechnete. Diese Besorgnis giebt überhaupt, wie ich später auszuführen gedenke, den Schlüssel für das Verhalten der Metzer in den kritischen Jahren vor 1552. Man fürchtete den Burgunder genau so wie den Franzosen.

Doch das sind Einwürfe, die den Wert der Derichsweilerschen Arbeit nicht vermindern können. Sie beruben zum Teil auf der Verschiedenartigkeit geschicht- licher Auffassung, deren erschöpfende Begründung ich mir vorbehalte. Ein Be- denken kann ich aber bei aller Anerkennung der hervorragenden Leistung Derichs- weilers nicht unterdrücken. Seine Auffassung und Beurteilung der Reformation ist derart gehalten, dass eine Diskussion darüber für mich ausgeschlossen ist.

Nur zwei positive Irrtümer will ich herausgreifen, die Derichsweiler bei objektiverem Urteil nicht untergelaufen wären: Luther für Hexenprozess und Inquisition verantwortlich zu machen (p. 455), geht doch schlechterdings nicht an. Auch bevor die Werke von Hansen und Hoensbroch erschienen waren, reichten unsere Kenntnisse weit genug, um Luther das nicht aufzubürden. Und wenn D. geneigt ist, dem »calvinistischen Patriciate den angeblichen Verrat von Metz zuzu- schreiben, so durfte das nicht damit begründet werden, dass die Brüder de Heu, die Patricier Gournay u. a. französische Pensionen bezogen. Die Gournay waren Führer der Katholiken. Ich denke übrigens den Nachweis zu bringen, dass von einem Verrat überhaupt nicht die Rede sein kann.

Man darf wohl die Hofinung aussprechen, dass bei einer Neuauflage, die D’s. schönes Werk ohne Zweifel erleben wird, die, mehr oder weniger deut- lichen Ausfälle gegen den Protestantismus gestrichen werden. Wolfram.

Eug. Martin: Histoire des diocèses de Toul, de Nancy et de Saint-Dié; tome I: Des origines à la réunion de Toul à la France; Nancy, A. Crépin-Leblond, 1900. XLIV u. 602 S.

Die erste sichere Nachricht über das Bestehen des Bistums Toul stammt etwa aus dem Jahre 460, wo Sidonius Apollinaris an den Bischof Auspieius von T. einen Brief richtet. In der Bischofsliste finden sich vor ihm noch vier andere er- wähnt, Mansuetus als erster, der nach M. um 350 anzusetzen wäre, Auch hier bildet der Legende nach nicht die spätere Domkirche, St. Etienne, die ursprüng-

liche Bischofskirche, sondern eine Kirche in der Vorstadt, St. Pierre, aus der später die Abtei St. Mansuy wurde. Das Gleiche wird auch von Metz berichtet; und dies ist für M. ein Grund, diesen Bericht für ein »moule hagiographique« zu

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halten. Allein sollte dieser gemeinsame Zug nicht vielmehr auf einen historischen Kern hinweisen, der den Legenden für beide Städte zu Grunde liegt? Die Lage der ersten christlichen Kirchen in den, Vorstädten würde der fluktuierenden Be- völkerung, aus der sich die ersten Gemeinden zusammensetzten, weit mehr ent- sprechen als die in der Stadt inmitten einer sesshaften Bevölkerung.

Mit Auspicius kommt die Darstellung auf sicheren historischen Boden, frei- lich ohne dass sich wie bei Metz in den nächstfolgenden Jahrhunderten die Ein- wirkung einer bedeutenden Persönlichkeit zeigte. Die Entwickelung der Touler Kirche bis 1552 vollzog sich in vier grossen Perioden. Bis 927 erfolgte die Organi- sation der Kirche und ihre erste Ausstattung mit weltlichem Besitz, die in dem Diplom Heinrichs I. ihren Abschluss fand. Dann begann für Toul die glänzendste Zeit seiner Geschichte ; besonders die Bischöfe Gauzlin (927—62), Gerhard (963—94), ein Schüler Bruns v. Köln, eine der edelsten Gestalten der Bischöfe der otto- nischen Zeit, Hermann (1018—26), der den Ruf der Touler Schule begründete und durch seine Vorbildung unter Notker v. Lüttich die Verbindung mit dieser be- rühmten Schule herstellte, und Bruno v. Dagsburg (1026-69), der spätere Papst Leo IX., der auch als solcher das Bistum behielt, wussten seinen Glanz und sein Ansehen durch ihre Persönlichkeit zu heben. Das Emporkommen der städtischen Gewalt von 1230 an verwickelte das Bistum in innere Kämpfe, bis dieser lokale Gegensatz am Ende des 15. Jahrhunderts durch einen territorialen abgelöst wurde, der in dem Streben der Herzöge von Lothringen nach Ausdehnung ihrer landes- herrlichen Befugnisse seinen Grund hatte. Freilich nur wenige Jahrzehnte währte es, dann streckten mächtigere Gestalten die Hände auch nach Toul aus; 1552 er- folgte die Besetzung der Stadt durch Frankreich.

In anschaulicher Weise giebt uns der Verfasser ein Bild dieser Entwickelung . mit Recht stellt er die Gestalten der Bischöfe in den Vordergrund seiner Er- zählung; nur so ist es möglich, sich von ihrer Thätigkeit eine wahrheitsgetreue Vorstellung zu machen. Eine eingehende Würdigung hat das Verhältnis der Bischöfe zu den grossen Abteien der Diözese erfahren; dankenswert ist es, dass im 5. Buche eine ausführliche Schilderung der geistlichen Verwaltung der Diözese geboten wird; zu wünschen wäre eine eingehendere und übersichtlichere Berück- sichtigung der Entwickelung des weltlichen Besitzes des Bischofs und des Dom- kapitels gewesen. Hoffentlich ist der Verfasser in der Lage dies in einer be- sonderen Studie nachzuholen.

Auf eine Einzelheit sei zum Schluss noch hingewiesen. Der Verfasser identificiert S. 92 den Bischof Jacob v. Toul mit dem auf der Synode von Attigny 762 genannten Jacobus episcopus de monasterio Gamundias. Aus welchem Grunde sollte sich der Bischof nach einem ausserhalb seiner Diözese gelegenen Kloster zurückgezogen haben? Es scheint näher zu liegen, sich auf die Bemerkung der Gesta episc. Tull. cap. 23 (Mon. Germ. VII. pg. 637) zu stützen, wonach Jacob von Pipin die Abtei St. Die erhielt, und anzunehmen, dass er diese schliesslich zu seinem Wohnsitz erwählt hat. Es liegt keine Quelle vor, die uns darauf führen könnte, jene beiden Personen für identisch zu halten. Müsebeck.

Die Annales de l'Est, Jahrgang 1900, enthalten S 74—85 eine kritische Studie von L. Daville: >Note sur la politique de Robert-le-Pieux en Lor- raine«, in der er eine Notiz von A. Prost aus einem Metzer Wappenbuch vom Jahre 1473 in der kaiserlichen Bibliothek zu Wien verwertet: »Robertus Francorum

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Rex ad invadendam Mettim animum intendit, sed Corardus imperator ei resistit.« Sie verdient Glaubwürdigkeit, da ihr wahrscheinlich Aufzeichnungen aus der Abtei Münster (Notre Dame) in Luxemburg um 1300 zu Grunde lagen, die in Metz ein Haus besass. D. bezieht mit Prost diese Angabe auf das Jahr 1025 und datiert sie genauer auf Juli des Jahres. Alle übrigen Quellen erwähnen nur einen all- gemeinen Angriff auf Lothringen.

Aus demselben Bande, S. 233—264, sei noch erwähnt der Aufsatz von A. Chuquet: »Phalsbourg et les places des Vosges en 1814 Wie alle Festungen in Elsass-Lothringen, befand sich 1814 auch Pf. in einem Zustand der Verwahrlosung. Am 8. Januar erreichte die Avant-Garde des russischen Korps Wittgenstein unter Pahlen die Stadt; die Garnison war zum grossen Teil unbrauchbar; von den 44 Geschützen waren 16 ohne Lafetten; es fehlte an Be- dienungsmannschaften für die Artillerie und an Lebensmitteln. Kommandant des Platzes war der Major Raguet de Brancion, der nebst einer Reihe von anderen Offizieren bereit war, die Festung den Bourbonen zu übergeben. Zu einer regel- rechten Belagerung kam es nicht; sowohl Pahlen als dem Grafen Wilhelm von Hochberg, dem Befehlshaber der Badenser, fehlte es an Material zu einer solchen. So wechselten Blokade und Waffenstillstände einander ab, bis endlich der Kom- mandant die sichere Nachricht von der Einnahme von Paris und der Abdankung Napoleons hatte. Am 14. April konnte Hochberg seinen Einzug halten. Die drei Festungen Lützelburg, Lichtenberg und Bitsch wurden nicht einmal blokiert, sondern nur von kleinen Truppenteilen beobachtet; ein Zustand, der mit der Wiedereinsetzung der Bourbonen sein Ende nahm. M.

Die Revue ecclésiastique de Metz bringt im Jahrgang 1900 einen Auf- satz von F. Cuny: »Une confrérie à Fénétrange au moyen äge«, S. 404 ff. Die Priesterbrüderschaft von Finstingen, eine Gebetsgemeinschaft, wurde in den Jahren 1414/16 unter lebhafter Anteilnahme Johanns und Heinrichs v. F., ihres Bruders Hugelmann, Domdechanten zu Strassburg, und Dietrich Beyers v. Boppard, ihres Mitbesitzers, gegründet. 1415 begaben sich die Herren v. Finstingen des Spolienrechts zu Gunsten der Priester ihres Gebiets, die Mitglieder der Brüder- schaft waren; 1426 wurde sie durch den Bischof Konrad Beyer v. Boppard be- stätigt, 1429 verzichtete Heinrich v. F. auf das Verleihungsrecht der geistlichen Pfründe am Altar der Brüderschaft in der Kirche zu F., und 1447 verlangten Heinrich, Burchard und Simon v. F. von allen ihren Priestern, dass sie Mitglieder der Brüderschaft würden. Durch Schenkungen erwarb sie ein gewisses Vermögen, das von dem Brudermeister verwaltet wurde. So bestand sie bis zum Jahre 1565, bis zur Einführung der Reformation durch die Rheingrafen fort. Ihr Vermögen fiel an die protestantische Kirchenschaffnei, nach der Restauration des Katholieis- mus wurde sie nicht erneuert.

Hingewiesen sei hier bereits auf eine andere, noch nicht vollendete Studie desselben Verfassers in diesem Bande der Zeitschrift, S. 582 ff., 659 ff. und Jahr- gang 1901, S. 34 f., 73 ff.: »L’introduction du Protestantisme dans la seigneurie de Fenetrange«, nach den Akten des Departementalarchivs zu Nancy, die haupt- sächlich auf das Eingreifen der territorialen Gewalt der Rheingrafen zurückzu- führen ist, der ein niedriger religiöser und sittlicher Zustand den Boden ge- ebnet hatte. M.

tn

Mondelli, capitaine: La vérité sur le siège de Bitche 1870—1871, Paris-Nancy, Berger-Levrault et Cie, 1900. XVIIL. u. 282 S. M. 3.50.

Der Verfasser, Adjutant des tapferen Kommandanten, Majors Teyssier, giebt eine eingehende Schilderung seiner Erlebnisse in dem Kriege vom Juli 1870 bis April 1871 in tagebuchartiger Form. B. war die einzige französische Festung, die allen Versuchen, sie zur Kapitulation zu bringen, widerstand und sich bis zum Schluss des Feldzuges hielt. So ist es dem Verfasser zu danken, dass er seine offenbar gleichzeitigen Aufzeichnungen veröffentlichte, um so mehr als er selbst einen hervorragenden Anteil an der Verteidigung des Platzes genommen hat. Vor allem erregt es lebhaftes Interesse zu verfolgen, wie es dem Kommandanten gelang, der aus den verschiedensten Truppenteilen zusammengesetzten Garnison »obéissance et discipline« einzuflössen. Nicht ganz zutreffend erscheint der Titel; von deutscher Seite ist die tapfere und ehrenvolle Haltung des Platzes niemals angezweifelt worden. M.

Dr. A. Dietz bringt in der Frankfurter Zeitung vom 7. Jan. 1901 einen Auf- satz über »Die Handelsbeziehungen zwischen Lothringen und Frank- furt a. M.«, der auch im Sonderabdruck erschienen ist. Der Verf. stützt sich im Wesentlichen auf die Arbeiten von Boyé, La Lorr. commercante und La Lorr. industrielle sous le regne de Stanislas. Er weist auf die Handelsbeziehungen hin, die durch die natürliche Verbindung des Herzogtums und der drei Reichsstädte auf dem Schifffahrtswege mit den deutschen Ländern an der untern Maas, Mosel und am Rhein sich entwickelt hatten und durch den Colbertschen Zolltarif, der den Verkehr nach Frankreich wesentlich erschwerte, sich noch lebhafter gestalteten. Insbesondere sind es die Tücher von Metz und Nicolas-de-Port sowie das Papier aus der Gegend von Epinal, das einen begehrten Handelsartikel bildet. Vor allem werden diese Waren auf den Frankfurter Messen umgesetzt. Eingehendere Forschung wird hier noch fruchtbare Ergebnisse liefern können. Von Metz aus dürften beispielsweise. gleichfalls die Erzeugnisse der hier blühenden Papier- fabrik exportirt worden sein und ebenso nehme ich an, dass die Produkte der alten Glasfabriken von Lemberg und Münzthal schon früh nach Deutschland hin Absatz gefunden haben. Ein kleiner Irrtum des Verf. ist zu berichtigen: Das Patois Messin ist kein Mischdialekt aus Deutsch und Französisch, sondern ein romanisches Patois. ww:

In der von der Direktion der Königlichen Museen herausgegebenen »Be- schreibung der Bildwerke der christlichen Epochen, 2. Aufl., ist soeben erschienen: W. Vöge, Die Elfenbeinbildwerke. Der Verf. zählt hierbei vier ursprünglich zum Schmuck von Buchdeckeln verwandte Elfenbeintafeln auf, deren Herkunft er nach Metz verlegt. Leider steht noch immer eine kritische Bearbeitung dieser hervorragenden Erzeugnisse des Kunsthandwerks aus, so dass wir ihre Herkunft nicht mit unbedingter Sicherheit festzustellen vermögen und sogar darüber im Zweifel sind, ob die einzelnen Stücke dem 9. oder 10. Jahrhundert angehören. Gelegentlich bemerkt der Herausgeber, dass er bezüglich der hervorragenden Schnitzerei, welche das Drogosakramentar schmückt, denjenigen Forschern zu-

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stimmt, die die Elfenbeinsculptur in dieselbe Zeit wie die Handschrift, d. h. in das neunte Jahrhundert setzen. W:

In dem soeben erschienenen dritten Bande der »Deutschen Reichstags- akten, Jüngere Reihe« wird wiederholt Metz erwähnt. Wirtschaftsgeschicht- lich ist eine Notiz aus dem Jahre 1523 interessant, nach welcher das Reichs- regiment Metz unter den wenigen Städten aufzählt (Nürnberg, Augsburg, Strass- burg, Köln, Lübeck, Metz), die einen grossen Handel im Auslande treiben. An anderer Stelle wird Metz als Zollstätte für die aus Frankreich nach dem Reiche eingeführten Güter vorgesehen. W.

Aus dem 22. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde (1899/1900) sind zu erwähnen eine Notiz von Uibeleisen: Ueber den Namen Moveuvre. Uibeleisen stellt als Form des 10. Jahrhunderts Moebrium fest und schliesst daraus nach Analogie anderer Ortschaften auf -brium oder -bria auf ein ehemaliges Moebrigum oder Moebriga. Eine Form von 861 lautet Modover. Daraus entnimmt er für den ersten Teil eine abgekürzte Form des Namens Moget oder Mogeto. Das Grundwort briga= Berg erscheint mir richtig conjiciert zu sein, das Be- stimmungswort bleibt fraglich.

Ebenda giebt J. B. Keune als Referat eines Vortrags mit dem Titel »Die Zustände im Metzer Gebiet unter römischer Herrschaft« einen über- sichtlichen und gut geschriebenen Auszug aus seinen im Jahrbuche für lothr. Ge- schichte Band IX S. 155 ff., X, 1 ff. veröffentlichten grundlegenden Arbeiten »Gallo- römische Kultur in Lothringen und den benachbarten Gebieten« und »Zur Geschichte von Metz in römischer Zeit«. W.

Joseph Gény: Die Reichsstadt Schlettstadt und ‘ihr Anteil an den socialpolitischenund religiösen Bewegungen der Jahre 1490-1536 (Erläuterungen und Ergänzungen zu Jansens Geschichte des deutschen Volkes, herausgegeben von Ludwig Pastor, I. Band, 5. und 6. Heft; Frei- burg i.B., Herder 1900) M. 3; XIV und 223 S.

In 5 Abschnitten (Schl. socialpolitische und kirchliche Zustände um die Wende des 15. Jahrhunderts; die Union der Kaplaneien; die Verschwörung des Hans Jakob Schütz von Traubach; der Bauernkrieg; Sieg der städtischen Kirchen- und Wirtschaftspolitik) entrollt der Verfasser ein Bild der Geschichte der Stadt in diesen stürmischen Jahren vor unsern Augen. Mit sorgsamster Peinlichkeit sind die kleinen und kleinsten Einzelheiten zu diesem Bilde zusammen- getragen worden, so dass in der Erforschung der thatsächlichen Vorgänge an sich und den dabei beteiligten Personen mit unsern bisher bekannten (Quellen kaum ein weiterer Fortschritt gemacht werden dürfte. Allein in diesem Vorteil, den die Arbeit bietet, liegt zugleich ihr Nachteil: summum ius summa iniuria. Unter dieser Fülle von Einzelheiten geht der einheitliche Eindruck des Bildes ver- loren; die Personen und Zustände, die wirklich entscheidend eingewirkt haben, treten nicht deutlich genug hervor, dazu kommt die unglückliche Verbindung

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von Darstellung und Aktenpublikation, so dass von den’ 210 Seiten der Dar- stellung wohl an 80 Seiten von Anmerkungen und Aktenauszügen angefüllt sind. Viel dienlicher wäre es gewesen, wenn der Verfasser den gewohnten Weg ein- geschlagen und Darstellung und Beilagen von einander getrennt hätte. Dann war es auch möglich, unwesentlichere Dinge (z. B. die Listen der Pfarrer, Kapläne und der Bürgermeister- und Ratswahlen) in diese zu verweisen.

Der Fortschritt der Arbeit gegenüber früheren Darstellungen beruht in der reichen Mitteilung des thatsächlichen Materials über die Vorgänge in der Stadt, über die beiden Leiter der reformatorischen Bewegung, die Humanisten Phrygio und Lapidus, und über den Abenteurer Hans Jakob Schütz von Traubach. Schl. befand sich am Ausgange des Mittelalters in einer glänzenden geistigen Blüte durch seine Lateinschule und deren regen Anteil an der humanistischen Bewegung, und auch in einer anscheinend ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage; freilich nur anscheinend; denn infolge der Ausdehnung der klösterlichen Besitzungen hatte die wirtschaftliche Abhängigkeit einen so hohen Grad erreicht, dass es wohl keinen Bürger gab, der nicht irgendwie ihnen zinspflichtig war. So wurde am Ende des 15. Jahrh. auch Schl. von Aufständen heimgesucht. Die kirchlichen Verhältnisse lagen im Argen; zwischen Klostergeistlichkeit und Welt- klerus bestand ein schroffer Gegensatz; viele Pfründen waren an auswärtige Geistliche verliehen, und die städtischen Kaplaneien blieben unversorgt. Der Rat selbst nahm die Abschaffung der Missstände in die Hand, erwirkte nach endlosen Verhandlungen 1513 vom Papste das Patronatsrecht über sämtliche Kaplaneien der Verfasser giebt hier ein äusserst interessantes Bild von den Verhand- lungen mit der Kurie —, und ordnete auch das niedere Schulwesen, nachdem die Klosterschulen zu Vorschulen der Stadtschule herabgesunken waren. So schien die Stadt unter der Fürsorge ihrer obersten Verwaltung ruhigen Zeiten entgegen zu gehen, da brachte ein Prozess des Erzpriesters Ergersheim mit einem welschen Pfründenjäger aus der Diözese Toul 1519 neuen Stoff zur Unzufriedenheit in die niederen Volksklassen, während gleichzeitig Phrygio, Lapidus, Rhenanus, Dr. Spiegel und der Drucker Lazarus Schürer eine rege Anteil- nahme an den Vorgängen in Deutschland bei den oberen Klassen hervorgerufen hatten. Mitglieder dieser Humanistenkreise, vor allem die beiden ersten und Schürer, und die Handwerkerkreise der Zünfte waren es, die sich der neuen Lehre anschlossen, und besonders der letzteren suchte sich der Abenteurer Hans Jakob Schütz von Traubach 1524 zu bedienen, um gegen das katholische Regiment der Stadt einen Putsch auszuführen unter dem auf Fälschung von Briefen beruhenden Vorgeben, dass jenes sie österreichisch machen wolle. Das Vorhaben misslang gänzlich, und es erfolgte eine strenge Bestrafung der Schul- digen. Die Bauernbewegung 1525 konnte nur eine periodische Bedeutung für die Stadt gewinnen. Sie blieb dem katholischen Glauben treu, das Stadtregiment unterdrückte die neue Lehre vollkommen. Als die Ruhe wieder hergestellt war, fuhr der Rath fort, wie vorher für das geistige Wohl der Stadt, so jetzt für ihre wirtschaftliche Hebung zu sorgen. 1535 musste das Barfüsserkloster seine Besitzungen bis auf bessere Zeiten abtreten; 1536 brachte die Stadt auch alle Zins- und Gültgüter der Propstei von St. Fides an sich.

Also: die sogenannte reformatorische Bewegung in der Stadt hatte nur dazu gedient, die geistlichen und wirtschaftlichen Reformen der Stadt aufzuhalten ;

EN D

die alte Kirche war vollkommen im stande, aus sich allein heraus eine Neu- formung der Verhältnisse zu erzielen, die infolge ihrer eigenen Entwickelung sich zu Missverhältnissen herangebildet hatten.

Diesen Schluss muss jeder Leser aus den Darlegungen des Verfassers ziehen. Aber schon in diesem einzelnen Falle ist es zweifelhaft, ob die Stadtverwaltung die Macht gehabt hätte, ohne diese, verhältnismässig noch geringe örtliche Bewegung, jene Verminderung des geistlichen Gutes zu vollziehen, auf der eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in erster Linie beruhte. So- dann giebt der Verfasser S. 13 selbst zu: »Die Missstände in Kirche und Reich, welche zur Bedrückung des Volkes und zu dessen Unzufriedenheit das meiste bei- trugen, waren nicht lokaler Natur, noch die Schuld eines Einzelnen, sondern hatten sich infolge der allgemeinen Verhältnisse schon seit Jahrhunderten lang- sam entwickelte. Dann mussten sie auch durch die allgemeinen Institutionen wieder reformiert werden. Glaubt der Verfasser, dass die Kirche, die im 15. Jahrh. während der conciliaren Bewegung sich als unfähig erwiesen hatte, aus eigener Kraft sich zu reformieren, jetzt im stande gewesen wäre, die geistigen und wirt- schaftlichen Bedürfnisse des Volkes nach der Geltendmachung der einzelnen Persönlichkeit zu befriedigen? Glaubt der Verfasser, dass die römische Curie, die er selbst an verschiedenen Stellen so treffend geschildert hat, je hierzu die Hand geboten hätte? Mögen die einzelnen Thatsachen noch so richtig und ausführlich dargestellt sein: ihre Aneinanderreihung giebt kein objektives Bild der Vorgänge, wenn sie nicht mit dem Werden der ganzen Zeit in Zusammen- hang gesetzt sind. Erst dann wird die Bedingung Ranke’s erfüllt, die er an eine objektive Geschichtsschreibung gestellt hat: die Dinge so darzustellen, wie sie selbst in diesem Zusammenhang geworden sind. M.

Das »Trierische Archive, Heft IV, Trier 1900, enthält einen Aufsatz von Armin Tille (94 S. und 40 S. Beilagen) über »Die Benediktinerabtei St. Martin bei Trier«, hauptsächlich wirtschafts- und rechtshistorischen Inhalts. Wie viele Abteien hatte sie ihren Ursprung in einer Klerikalkirche, die am Ende des 6. Jahrh. vom Erzbischof Magnerich erbaut, und wohl erst um die Mitte des 10. Jahrhunderts endgültig zu einem Kloster umgestaltet wurde (Bestätigung der Neueinrichtung 975 Jan. 18). Es bestand bis zum Jahre 1802, wo es durch den französischen Präfekten aufgehobon wurde. Nach einer Uebersicht über die Schicksale und Verfassung der Abtei giebt uns der Verfasser eine Geschichte ihres Güterbesitzes, der gemäss der Art der Erwerbung meistens durch Schenkung auch hier einen Streubesitz bildete, sowie einen Ueberblick über die Art der Verwaltung und die Lage der bäuerlichen Bevölkerung unter dem Kloster.

Die Bedeutung der Arbeit beruht, wie der Verfasser selbst hervorhebt, nicht darin, dass die Abtei jemals eine bedeutende Rolle unter den Abteien Triers gespielt hätte, sondern gerade darin, dass ihre Besitzverhältnisse uns ein typisches Bild von der wirtschaftlichen Lage eines Klosters von nur mittelmässigem Güter- besitz geben, also gerade für die Geschichte der durchschnittlichen Verhältnisse von Interesse sind. Freilich die Frage zu lösen, wieweit sich die Zustände dieser

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Klöster von mittlerer Grösse doch wieder von einander unterscheiden, je nach ihrer geographischen Lage oder nach den Persönlichkeiten, die an ihrer Spitze standen und sich über das Milieu ihrer Amtsgenossen erhoben, ist erst nach Be- arbeitung weiterer Klostergeschichten möglich, wo sich noch ein reiches Feld für Forschungen bietet. M.

Ph. Lauer: Le règne de Louis IV d'Outre-Mer (Annales de l'histoire de France à l’époque carolingienne), Paris 1900, Émile Bouillon. Fr. 12. RXUN375'S.

Mit dem Regierungsantritte L. IV. 936 erfolgte nach dem Tode des Königs Rudolf aus dem burgundischen Hause die zweite Restauration des karolingischen Hauses in Westfranken. Die Grossen des Landes, Hugo der Grosse Graf v. Francien, Herbert II. Graf v. Vermandois, Hugo der Schwarze, der Bruder des verstorbenen Königs, Arnulf v. Flandern und Erzbischof v. Rheims, entschlossen sich, ihm, dem Sohne Karls des Einfältigen (+ 923), der mit seiner Mutter in England als Flücht- ling lebte, die Krone anzubieten. Eben erst 15 Jahre alt, bestieg er den Thron, und zeigte trotz seiner Jugend ein thatkräftiges, willensstarkes Vorgehen, so dass der Plan Hugos v. Francien, selbst die Zügel der Regierung in der Hand zu be- halten, bald durchkreuzt wurde. Es war in der That nicht nur politische Rat- losigkeit, wie Dümmler (Kaiser Otto der Grosse, Leipzig 1876 S. 61) meinte, sondern berechnete Klugheit, die Hugo dazu bewogen hatte, für den Karolinger zu stimmen; er selbst konnte nicht hoffen, gegenüber den übrigen Dynasten die Krone zu er- langen. Trotz seines zielbewussten Vorgehens war die Regierung Ludwigs eine Kette von Misserfolgen; das einzige, was er vermochte, war, den Verfall des karolingischen Hauses noch um 30 Jahre hinauszuschieben.

Die Stärke der Lauer’schen Arbeit beruht auf ihrer einheitlichen Auffassung der Regierungsthätigkeit dieses Fürsten, die sich drei Ziele gesetzt hatte: die Er- werbung Lothringens, die Niederwerfung der dynastischen Gewalten und die Ein- schränkung der normannischen Herrschaft. Keines dieser Ziele erreichte er. Der Grund lag nach Lauer in der feindlichen Haltung Hugos v. Francien. In den beiden letzten Fällen führt er das Missgeschick des Königs sicherlich mit Recht auf diesen Grund zurück. Bei dem Zuge gegen Lothringen war es nicht der Hauptgrund, der ihn scheitern liess. Dümmler a. a. 0, S. 97 nennt den Angriff des Königs auf Lothringen einen »unklugen, mit unzulänglichen Kräften unter- nommenen« Zug. Dies Urteil würde richtig sein, wenn Ludwig geglaubt hätte, dass das Verhalten Hugos von solcher Bedeutung für ihn sein würde. Denn die Annäherung desselben an Otto I. datierte schon von dem Jahre 937, und die Ent- fremdung zwischen ihm selbst und seinem Vasallen war schon vorher, gleich nach seinem Regierungsantritt erfolgt. So konnte er im Voraus wissen, dass dieser im Falle eines Kampfes mit Otto sich sicher auf dessen Seite stellen werde. Vollkommen ausgeglichen wurde dies Verhalten Hugos durch den Bund Ludwigs mit Heinrich, dem Bruder Ottos, Eberhard v. Franken und Giselbert v. Lothringen, so dass im Herbst 939 die Lage Ludwigs eine äusserst günstige gegenüber Otto war. Er schickte sich an, sich mit Giselbert zu verbinden; da erfolgte die Nieder-

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lage und der Tod Eberhards und Giselberts. Ludwig eilte nach Lothringen, ver- ehelichte sich sogleich mit Gerberga, der Witwe Giselberts, Schwester Ottos, und schien so im Mittellande festen Fuss zu fassen. Trotzdem wagte er es nicht mehr, seinem Gegner Otto im Kampfe gegenüber zu treten, sondern zog sich nach Frankreich zurück. Sein ganzes bisheriges Verhalten spricht nicht dafür, dass es die Feindschaft Hugos war, die ihn vom Kampfe abhielt, sondern vielmehr die günstige Stellung Ottos, die dieser durch den Tod seiner beiden Gegner erlangt hatte. Jetzt trat er ihm nicht nur als Sachsenherzog gegenüber, sondern als der König, der auch über den grössten Teil Südwestdeutschlands gebot; das Schicksal hatte sich für ihn entschieden.

Jener Rückzug aus Lothringen bildete einen wichtigen Wendepunkt auch in der Geschichte dieses Landes. Ludwig schloss sich jetzt seinem ehemaligen Gegner an und hinderte dadurch ein weiteres Bündnis zwischen diesem und den westfränkischen Grossen, überliess aber auch Lothringen seinen östlichen Nach- barn. Giselbert hatte es versucht, nach Osten hin Front zu machen in der Hoff- nung, nach Westen hin im Kampfe des karolingischen Königtums gegen die territorialen Gewalten der Vasallen freie Hand zur Bildung eines Mittelstaates zu erlangen; wohl nur sein. eigener Tod hinderte ihn an dem Gelingen des Planes: Ludwig sowohl wie Otto wären nicht dazu im stande gewesen.

Hervorgehoben seien die übersichtliche Einteilung, das genaue Register und die reichen Beilagen des trefflichen Buches, das die Gestalt jenes Herrschers zum ersten Mal mit Recht in einem günstigeren Lichte als bisher erscheinen lässt, weil der Verfasser ihn zu verstehen sucht. M.

H. V. Sauerland giebt im Pastor Bonus 1900, p.326 ff., auf Grund der vati- kanischen Akten einen Bericht über die Wahl des Priors Theobald von Amella zum Abte von Gorze. (Eine Abtswahl im Jahre 1322.)

Unter dem Titel >Eine Kirche der Wüste in Lothringen« veröffentlicht der Pfarrer Edmund Ungerer >Erinnerungsblätter aus Courcelles-Chaussy« (mit einer Karte. Strassburg 1900. Heitz u. Mündel. 148 S.). Der Verfasser baut seine Arbeit hauptsächlich auf Notizen auf, die er den Kirchenbüchern der alten hugenottischen Gemeinde entnommen hat, und hat sich mit Liebe in seinen Stoff vertieft. Insbesondere giebt Ungerer ein genaues Verzeichnis des Adels und der Gutsherrschaften, die zur Gemeinde gehörten, schildert dann aber auch das kirch- liche Leben in der Hugenottenzeit, die Abschwörungen, Auswanderungen und das kirchliche Leben nach der Aufhebung des Edikts von Nantes. Es sind oft er- greifende Bilder, die der Verfasser zeichnet. Was Ungerer über die neue evan- gelische Pfarrei am Schlusse seiner Arbeit sagt, wäre im Interesse der Sachlichkeit seines Werkes besser weggeblieben; hier spricht nicht der Historiker, sondern ein missvergnügter Geistlicher.

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Auf einige Fehler in der Arbeit macht mich Herr Pfarrer Poirier gütigst aufmerksam. P.11: Samuel Duclos stirbt am 3. Dez., nicht am 3. Okt. Er nannte sich Seigneur de Distroff, nicht Bistroff. P.13: Alexandre Duclos geb. 1622, nicht 1623. P.14: Louis Duclos geb. 20. Nov. 1671. P.15: B. In. Louis d’Orthe sgr. de Grimont. P.19: der ganze Abschnitt »Francois Regnier« ist zu corrigieren nach Poirier Doc. généal. P. 24, vorletzte Zeile: Ste. Ruffine. P. 25, letzte Zeile: Elisabeth de Braconnier war Tochter von Didier Br. maître de la monnaie. P. 27: David Goullet hatte nicht 15 sondern 22 Kinder. ri:

Lothringische Kunstdenkmäler, in Gemeinschaft mit Stadtbaurat Wahn und Archivdirektor Dr. Wolfram herausgegeben von Dr. S. Hausmann. Strass- burg. W. Heinrich’s Verlag.

Wenn die Herausgeber es als den Hauptzweck ihres verdienstvollen Unternehmens bezeichnen, »die Liebe der Bevölkerung zu den reichen Kunst- schätzen des Landes zu erhöhen und ihre Wertschätzung zu fördern«, so kann man ihnen die Anerkennung nicht versagen, ein ebenso vornehmes wie glück- liches Mittel zur Erreichung dieses Zweckes gewählt zu haben. Es ist eine Er- fahrungsthatsache, dass vor allem in Laienkreisen eine gute Abbildung weitaus nachhaltiger auf Phantasie und Gedächtnis wirkt, als die beste und ein- gehendste Beschreibung; und zwar gilt das doppelt in Hinsicht auf Kunstdenk- mäler, überhaupt auf Werke der Kunst. Auch darin kann den Herausgebern nur beigepflichtet werden, dass sie ihre Auswahl auf vorwiegend kleinere, zum Teil im Privatbesitz befindliche Kunstdenkmäler beschränkt haben; es werden auf diese Weise weitere Kreise daran erinnert, dass der Wert eines Kunstwerkes nicht von seinem Umfang und Volumen bestimmt wird, sondern dass auch äusser- lich unbedeutende Kunstüberreste oft einen hohen künstlerischen oder kunst- geschichtlichen Wert darstellen. »Scherben und Trümmer« sind auch bei uns zu Lande vielfach immer noch gleichbedeutend mit Wegwurf. Dieser weitver- breiteten Unachtsamkeit wirkt die vorliegende Veröffentlichung von 60 Probestücken lothringischer Kunstdenkmäler in ihrer Art erfolgreich entgegen. Die Lichtdrucke, von der Elsässer Druckerei (Fischbach) in Strassburg in Kartongrösse von 33:43 in meisterhafter Schärfe hergestellt, führen eine Reihe der interessantesten Skulp- turen, Bronzen, Miniaturen, Fayencen etc. vor unser Auge von den gallo- römischen Altarsteinen der »Nantosvelta« und des »Sucellus< bis zu den ent- zückenden Biscuitgruppen der Niederweiler Porzellanfabrik die uns in ihrer Mannigfaltigkeit einen lehrreichen Ueberblick über das Kunstkönnen im Lothringer Lande während beinahe zweier Jahrtausende gewähren. Besonders hingewiesen sei hier, um nur einiges herauszugreifen, auf die bekannten Reliefs von Mey und Metz, auf die wertvollen Metzer Elfenbeinschnitzereien aus dem 10. und 13. Jahr- hundert, die Reste des Sarkophags Ludwigs des Frommen, die interessanten Deckenmalereien aus der Ponceletstrasse (12.—13. Jahrhundert), die Statuette Karls des Grossen im Museum Carnavalet; das (Stürmersche) Renaissancehaus in der Goldkopfstrasse zu Metz; die wundervolle Biscuitgruppe von Niederweiler: »Audienz Franklins bei Ludwig XVI, der die Verträge, die Unabhängigkeit der

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Vereinigten Staaten enthaltend, persönlich sanktioniert< (20. März 1778), u. a. m. Im erläuternden Text, der einen kurzen Abriss der Kunstgeschichte Lothringens, insbesondere im Vergleich zu derjenigen des Elsass, bietet, ist vor allem Rück- sicht auf den Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Entwickelung der Kunst genommen.

Mögen die lothringischen Kunstdenkmäler eine möglichst weite Verbreitung finden und Kunstsinn und Kunstverständnis im Lande wecken und fördern helfen. Auf die verdienstvolle Arbeit selbst aber lässt sich das Wort anwenden, das sich auf der goldenen Ehrenkette des Oberhauptes der Stadt Metz findet: »Sie ist in guten Händen«. H.

In dem vom Statistischen Bureau des Ministeriums herausgegebenen Werke »>Das Reichsland Elsass-Lothringen« veröffentlicht Ministerialrat du Prel (Lieferung 2 und 3) eine vorzügliche historische Studie »Beiträge zur Landes- geschichte«. Verfasser hat seinen Stoff in sieben Abschnitte eingeteilt: 1. Der Name Elsass-Lothringen. 2. Die Grenzen des Reichslandes. 3. Ethnogranhisches 4. Die alte Westgrenze des Deutschen Reichs. 5. Die Entstehung reichsunmittel- barer Gebiete in Elsass-Lothringen. 6. Die Verschiebung der französischen Grenze von der Maas an den Rhein. 7. Die Friedensschlüsse von Lunéville (1801), Paris (1815) und Frankfurt (1871). Um nur auf Einzelnes aus dem überaus reichen Inhalt einzugehen, so schliesst sich du Prel in Abschnitt III den Resultaten Schibers an und verwirft Witte’s dagegen erhobene Einwendungen, vor allem, wie das auch von Seiten des Referenten wiederholt geschehen ist, die Hypothesen über romanische Gründungen. Neu und abweichend von der bisherigen Forschung ist des Verfassers Nachweis, dass die romanischen Orte in den elsässischen Vogesenthälern ihfen Charakter durch spätere Einwanderung erhalten haben, ursprünglich aber im deutsch-nationalen Gebiete lagen. Der wertvollste Abschnitt ist derjenige über die Entstehung reichsunmittelbarer Gebiete, und zwar ist es hier in erster Linie Lothringen, dem die Studien des Verf. zu Gute gekommen sind. Unter Berücksichtigung und vorsichtiger Abwägung der neueren Forschungen geht hier der Verfasser weit über die sonst in derartigen Werken gebotene Be- arbeitungsart hinaus und zeigt, dass er mit selbständigen Untersuchungen an die überaus schwierigen Fragen der Gauverfassung, Grafschaft, Bildung der Vogteien und Territorien herangetreten ist. Auf Wiedergabe kühner Hypothesen ist Ver- zicht geleistet, und was wir hier zum ersten Male über Entstehung des Bistums Metz, des Pays Messin etc. klar und übersichtlich dargestellt finden, das dürfte eine sichere Grundlage für spätere Arbeiten bilden. Sind auch die Quellen- nachweise der Natur des Werkes entsprechend weggeblieben, so wird der Forscher, der in diese Materie eingearbeitet ist, bald sehen, dass sie vorsichtig und er- schöpfend benutzt sind. Eine kleine Korrektur sei hier gestattet. Auf S. 42 (Sonderabdruck) heisst es: »Die Bischöfe von Metz nannten sich electi; in der That liegen vom 7. bis zum Ausgange des 11. Jahrhunderts unzweifelhafte Zeug- nisse vor, dass die Bischöfe von den Vertretern der Stadt und der Geistlichkeit gewählt wurden«. Die Benennung electi ist keine Besonderheit der Metzer Bischöfe. So hiessen in jener Zeit und noch lange darüber hinaus alle Bischöfe, bevor sie die Kon-

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sekration erhalten haben. Nicht nur in Metz, sondern überall im Reiche erfolgte die Wahl, bevor die Kapitel und später die Kurie sich der Entscheidung be- mächtigt hatte, durch Klerus und Volk. M.

Die Mémoires de l'Académie de Metz, Jahrgang 1897,98, enthalten zwei geschichtliche Arbeiten, die beide noch von dem hochverdienten, im Jahre 1897 gestorbenen A. Benoit herrühren. Die erste beschäftigt sich mit dem »Couvent des Dames Pröcheresses à Metz<. Der Verfasser hat auf Grund des urkundlichen Materials alle Notizen zusammengestellt, die sich auf die äussere Geschichte des Klosters und die Klostergebäude beziehen. Der Orden ist 1270 gegründet und hat seine erste Niederlassung in Pontiffroy. 1278 siedeln die Nonnen in das neuerworbene Haus zwischen Römer- und Bischofstrasse über. Was Benoit von einem hier ur- sprünglich gewesenen Castrum Romanum spricht, beruht auf einem Irrtum. Der Neubau des Klosters, dessen Reste wir noch heute in der Klosterkirche sehen, ist im 14. Jahrhundert errichtet worden. 1790 ist das Kloster aufgehoben worden. S. 531f. giebt Benoit die Inschriften der im Kloster ehemals vorhandenen Grab- steine, an verschiedenen Stellen bringt er sodann die Namen der Nonnen.

P. 83 folgt die Arbeit desselben Verfassers »Notes sur les délibérations de l'assemblée municipale de Cattenom en 1788 et en 1789 et sur l’état des esprits au moment de la Révolution. B. schildert die kleinen, oft auch kleinlichen Ereignisse, die den Gemeinderat eines dem Verkehr abgelegenen Ortes bewegen und sie unterscheiden sich hier nur insofern von denjenigen anderer Land- gemeinden, als eine markante Persönlichkeit, Ch. Frédéric Durbach, das Amt des Maire versieht. Es wäre zu wünschen, dass nun auch die Protokolle der neunziger Jahre, in denen die bewesten Wellen einer grossen Zeit bis in die einsamsten Ortschaften herüberschlagen, einen Bearbeiter fänden.

An die Akademie richten wir aber die Bitte, die handschriftlichen Bände, die diese Ueberlieferungen enthalten und die ihr übergeben worden sind, dem Bezirksarchiv, wo sie ihren richtigen Platz haben, überlassen zu wollen. W.

Die Bedeutung der Stadtarchive, ihre Einrichtung und Verwaltung von Prof. Dr. E. Heydenreich, Archivar der Stadt Mülhausen. Erfurt 1901. 10 S AS.

Wenn wir dem Wunsche des Herrn Verfassers entsprechend dieses Büchlein hier zur Anzeige bringen, so geschieht dies vor allem, um die grösseren Gemeinden Lothringens auf den Inhalt der Schrift aufmerksam zu machen. Heydenreich ist mit ebenso viel Liebe wie Sachkenntnis an seine Aufgabe heran- getreten und weist in beredten Worten auf die Wichtigkeit der Stadtarchive in juristisch-administrativer wie historischer Beziehung hin. Er hat es sich nicht verdriessen lassen, überall Erkundigungen über die Fürsorge der Städte für ihre Archive einzuziehen, und wenn er dabei auch hat feststellen müssen, dass es noch in sehr vielen Gemeinden an der ernsten Würdigung der historischen Schätze fehlt, so zeigen doch andererseits gerade die grösseren Städte, dass in den letzten Jahrzehnten eine wesentliche Wandelung zum Bessern eingetreten ist. Doch auch für kleinere Ortschaften, die nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft für Ordnung

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ihrer Archivalen zu sorgen, wird jetzt, in Thüringen wenigstens, die hilfreiche Hand zur Besserung der verwahrlosten Zustände geboten. Wo eine Stadt in der Lage ist, dauernd Garantien für eine gute Verwaltung ihres Archivs zu leisten, ist diese Hilfe angebracht. Nur wird man nicht zu weit gehen dürfen. Für Dörfer und kleine Städte giebt es nur ein zuverlässiges Mittel zur Konservierung ihrer historischen Schätze: Die Archivalien müssen in den Staatsarchiven deponiert werden. W.

Lieder eines Lothringers. Gedichte von Theodor Lerond. Metz. Deutsche Buchhandlung 1900.

Wir wollen nicht verfehlen, die Leser des Jahrbuchs auf diese Gabe eines Lothringischen Landeskindes hinzuweisen. Der Dichter ist erfüllt von der Liebe zur Heimat, der Freude an der heimischen Natur, und die Lieder, welche diesen Gefühlen Ausdruck geben, sind wahr und aufrichtig empfunden und ver- mögen beim Leser die Stimmung wachzurufen, aus der sie geboren sind. Auch die Sprache ist fast durchweg vornehm und wiederholt überrascht ein schönes Bild oder ein origineller prägnanter Ausdruck, so dass an dem dichterischen Vermögen des Verfassers kein Zweifel aufkommen kann. Mit besonderer Freude ist es zu begrüssen, dass mit Lerond auch in Lothringen, wie schon seit Jahren im Elsass, die reiche Quelle der Muttersprache, deren Schönheit in diesen Landen lange Zeit fast vergessen war, neu gefunden und gefasst worden ist. Möge der Dichter noch oft aus diesem klaren Borne schöpfen und uns den frischen Trank seiner Lieder bieten. W.

Das Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen. Herausgeg. mit Unterstützung der Elsass-Lothringischen Landesregierung von Professor Anton Seder, Direktor der Kunstgewerbeschule in Strassburg 1. E., und Dr. Friedrich Leit- schuh, Professor an der Kaiser-Wilhelms-Universität zu Strassburg i.E. Strassburg, Ludolf Beust, Verlagsbuchhandlung.

Das Unternehmen, welchem die Elsass-Lothringische Landesregierung ihren stützenden Arm geliehen hat, ist mit aufrichtiger Freude zu begrüssen. Wer in dem letzten Jahrzehnte mit offenem Auge die Entwickelung der Reichs- lande verfolgt hat, der wird trotz mancher Enttäuschung, die er auf politischem Gebiete erlebte, eines mit lebhafter Genugthuung empfinden: das deutsche Wesen der Bewohner des Elsass tritt immer stärker und unverhüllter in einer geistigen Bethätigung hervor, die sich zunächst fast unbemerkt als stille Unterströmung entwickelt hat: in der Litteratur und in der Kunst.

Auf diesen Gebieten, wo sich abseits vom politischen Tageslärm die wahre Natur des Elsässers ausleben und geben konnte und zunächst in vielfach unbe- deutenden Versuchen still für sich ihr individuelles Dasein führte, ist mehr und mehr die alte Kraft, die unter dem Drucke einer fremden Nationalität fast er- loschen war, wieder erwacht, von Jahr zu Jahr gewachsen und heute sehen wir ein frisch pulsierendes Leben, so thatenfroh und schaffensfreudig, dass auch der ärgste politische Griesgram an diesen Zeichen der Zeit nicht mehr achtlos

Er.

vorübergehen kann. Das ist am sinnfälligsten auf dem Gebiete der Poesie, auf die wir heute nicht näher eingehen können, wenn auch bemerkt sein mag, dass wir nicht nur an die Namen Stoskopf, Chr. Schmidt, Fritz Lienhart denken, sondern an alle die Sänger, die ihre Stimme in der Erwinia und sonstwo erschallen lassen. Das tritt hervor auf musikalischem Gebiete wir nennen nur Erb mit den schön empfundenen Weisen zu Fr. Lienharts Dichtungen. Deutlicher noch wird es in der Malerei und Bildhauerei, vor allem aber auch in der Befruchtung, welche das Handwerk von den letztgenannten Künsten empfangen hat und empfängt. Es ist ein ungemein glücklicher Gedanke der Regierung gewesen, in Strassburg eine Kunstgewerbeschule zu errichten und damit eine Stätte zu schaffen, wo plan- mässig diese glückliche Verbindung, die vor Zeiten das Elsass auf diesem Gebiete mit in die erste Reihe unter den deutschen Landschaften gestellt hat, gepflegt wird. Einer notwendigen Ergänzung aber zur Schule bedurfte es noch, einer Zeitschrift, in welcher neben dem ständigen Hinweis auf die Zeugnisse der alten kunstgewerblichen Blüte des Elsass auch in Bild und Wort die Ideen unserer Zeit Vertretung fanden. Auch die Schöpfung dieses Organs ist dank der that- kräftigen Initiative des Herrn Unterstaatssekretärs v. Schraut gelungen und dass die Männer, denen die Leitung der neuen Zeitschrift anvertraut ist, die ihnen gestellte Aufgabe richtig verstanden haben und ihr gewachsen sind, das zeigen die ersten neun Hefte, die seit Juli 1900 erschienen sind. In reicher Abwechslung bieten die Hefte bald Arbeiten über ältere Kunstdenkmäler des Landes, bald bringen sie Beschreibung und Abbildung neuerer kunstgewerblicher Erzeugnisse. Für die historischen Bestrebungen unserer Gesellschaft sei vor allem hingewiesen auf die Arbeiten über Wendel Dieterlin von Hoffmann und Leitschuh, die ersten Anfänge elsässischen Kunstgewerbes von Forrer, über alte Glasmalerei von Polaczek, über die Sammlung Spetz-Isenheim, Dürer im Elsass von Leitschuh u.a.m. Lothringen ist bisher noch gar nicht vertreten; aber auch hier haben die Herren Herausgeber bereits Verbindungen angeknüpft, um diesen Bezirk mit seiner ganz verschiedenen Kulturentwickelung nicht unberücksichtigt zu lassen. An modernen Leistungen hat freilich Lothringen mit Ausnahme seiner blühenden Glasindustrie kaum etwas dem Elsass zur Seite zu stellen. Für unsere Zeit wird Nancy mehr und mehr der Mittelpunkt, der die einheimischen Talente (Loujot ausgenommen) anzieht. Dort hat sich allerdings das Kunstgewerbe, wie es die Zeitschrift La Lorraine artiste zeigt, zu hoher Blüte entwickelt und es ist Zeit, dass auch in Metz kräftig eingesetzt wird, um hier ein selbständiges kunst- gewerbliches Leben zu schaffen. Wohl aber vermag das Land mit den Denk- mälern seiner Vergangenheit reiche Anregung zu geben. Wir empfehlen den Herren Herausgebern auf diesem Gebiete zur Berücksichtigung: die römische Kunst auf lothringischem Boden (besonders Keramik), die Metzer Deckenmalereien des Mittelalters, lothringische Kamine, lothringische Eisenindustrie seit dem 16. Jahr- hundert, die Fenstermalereien der Kathedrale, die Porcellanmanufactur von Niederweiler etc. w?

In der Zeitschrift des »Aachener Geschichtsvereinse XXII 121 ff. findet sich ein Aufsatz von E. Teichmann >Zur Heiligtumsfahrt des Philipp von Vigneulles im Jahre 1510«. Der bekannte Bericht, den Philipp von Vigneulles

WET à deb Die - fo, di. dr ni sb.

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in seinem Gedenkbuche giebt, wird zunächst übersetzt und sodann in übermässiger Breite commentiert. Einen Gewinn für die Metzer Geschichtsforschung bringt die Arbeit nicht. Obgleich der Herr Verfasser sehr kritisch die früheren litterarischen Behandlungen der Heiltumsfahrt erwähnt, so ist er doch selbst nicht frei von Fehlern. Seine Ausführungen über die Zweisprachigkeit der Stadt Metz sind irrig. Wenn dem so gewesen wäre, so hätte der Vater unseres Philipp seinen Sohn nicht von Metz wegzuschicken brauchen, damit er deutsch lernte. Die Priorei, wo Phi- lipp deutsch lernt, heisst nicht Isning sondern Insmingen. Die Schilderung, dass man in Aachen die Häuser gestützt habe, damit sie unter der Masse der Besucher nicht einstürzten, dürfte kaum Zustimmung finden. Es waren, wie Lempfried richtig interpretiert, Schaugerüste aufgestellt. W.

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BERICHT über die Thätigkeit der Gesellschaft für lothringische Geschichte und

Altertumskunde

vom 1. April 1900 bis Ende März 1901!).

Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 5. April 1900, nachmittags 4 Uhr im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Hammerstein, Keune, von Daacke, Paulus, Wolfram, Grimme. Entschuldigt: Welter, Wichmann, Fridrici, de Verneuil, Kaufmann. Als Ausflüge für den nächsten Sommer werden in Aussicht genommen: . Reichersberg-Justemont-Rombach. . Bolchen (Nachmittagsausflug). 3. Moulins-St. Ruffine-Rozerieulles (Nachmittagsausflug) 4. Saaraltdorf (Ausgrabungen).

DD

In Launsdorf sollen die vorhandenen tumuli- durchforscht werden. Mit der Leitung der Ausgrabungen wird Direktor Keune beauftragt.

Auf eine Anfrage des Herrn Bürgermeister von Loeper, ob die im alten Schloss zu Saargemünd aufgefundenen architektonisch interessanten Bauteile einstweilen der Stadt zur Aufbewahrung überlassen werden können, beschliesst der Vorstand zuzustimmen.

Zu der am 19. Februar stattfindenden Versammlung der südwestdeutschen Geschichtsvereine in Frankfurt a. M. wird als Vertreter Archivdirektor Dr. Wolfram gewählt.

Der Vertragsentwurf für die Herausgabe lothringischer Geschichtsquellen, den Dr. Wolfram mit Buchhändler Scriba vereinbart hat, wird genehmigt.

Als Publikationen werden in Aussicht genommen:

1. Lothringische Chroniken;

2. Ein Wörterbuch des deutsch-lothringischen Dialekts;

3. Die Regesten der Bischöfe von Metz;

4. Die Metzer Schreinsrollen.

Festsetzungen über Honorar etc. soll der Ausschuss treffen.

1) Die französische Uebersetzung hat Herr Archivsekretär Christiany, unser Mitglied, freundlichst übernommen.

ET

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Compte-rendu

des travaux de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine du 1e avril 1900 au 31 mars 1901!)

Séance du Bureau du 5 avril 1900, à 4 heures de l'après-midi, a l’hôtel de la Présidence.

Sont présents: MM. le baron de Hammerstein, Keune, von Daacke, Paulus, Wolfram et Grimme. MM. Welter, Wichmann, Fridrici, de Verneuil et Kaufmann se sont fait excuser.

Le Bureau projette pour le courant de l'été prochain les excursions sui- vantes :

à Riehemont-Justemont-Rombas ;

à Boulay (l'après-midi);

à Moulins-Ste-Ruffine-Rozérieulles (l'après-midi) ;

à Saaraltdorf (fouilles).

Les tumuli découverts récemment à Launsdorf seront soumis à l'examen des experts. M. le directeur Keune est chargé de diriger les fouilles qui y seront faites.

Le Bureau donne suite à la demande de M. de Loeper, maire de Saarge- münd, en vue de confier à la ville, jusqu'à nouvel ordre, la conservation des parties de l’ancien château de Saargemünd, qui présentent quelqu'intérêt sous le rapport de l'architecture.

M. le Dr Wolfram, directeur des archives, est chargé de se rendre le 19 février 1901 à Frankfort sur-le-Main pour prendre part, comme délégué de notre Société, à l'assemblée des Sociétés d'histoire de l'Allemagne du Sud-ouest.

Le Landesausschuss a alloué à la Société une subvention de 24000 Mk. pour la publication des sources de l’histoire lorraine. Le Comité chargé de cette publication se compose de MM. Wichmann, Grimme, Paulus et Wolfram.

Le Bureau approuve le projet de convention que M. le Dr Wolfram a conclu avec la librairie Scriba au sujet de la publication des sources de l'histoire lorraine:

Comme sujets de publication il a été convenu de prendre en considération:

les chroniques lorraines ;

Je dictionnaire des dialectes de la Lorraine allemande ;

les regestes des évêques de Metz;

les rôles du ban de tréfonds de Metz.

Le chiffre des honoraires ainsi que les aulres dispositions à prendre seront fixés ultérieurement par le Comité.

‘) Traduction due à l’obligeance de M. Christiany, secrétaire aux archives, membre de notre Société.

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Die Einnahmen und Ausgaben pro 1900/1901 werden folgendermassen fest- gestellt:

Einnahmen. Deberschuss von 1699/1900 TFT IE EN CON CR MIS Vereinsbeilrane,P a can nas LE ot 343m Ba ee Sen Ständige Beihülfen: Staat. .. 2.204726 1000,— | Bezirk: 0 ae à :B00;— » 2000,— SALE UE. à 2000 J Beihülfe für Herausgabe lothringischer Geschichtsquellen: Stage tan. u DO, Bezirk... 00004 600, » 3600,— HAE SE. 022 2.222500, Sonstige Einnahmen „m. misent afro ef MM Veh JS. 14200, Ausgaben: Mahrbiich 0 0 9:0 3 Se a de a EEE ae, Fe NC ee RES Ausgrabungen » 1000,— Ankauf historischer Certes pp. MER EE FO VE EM SGN Verwaltungskosten . . . RN TEN ER PER UNE SU RN Herausgabe der Gschähtänähe a) Rest aus 1899 (1800—740) Ab. 1040— \ 4640 BD): Neu ETAT Nr 2 55 Sonstige Ausgaben „> 2 660,— N. 10700, Ueberschuss . . . . . 4 300 Ne. 14200,

Generalversammlung am Donnerstag, dem 5. April 1900, nachmittags 5 Uhr im Bezirkspräsidium.

Anwesend die oben genannten Vorstandsmitglieder und etwa 31 Mitglieder.

Neu aufgenommen werden die Herren Pfarrer Sancy in Rozérieulles und J. Chary in Oberhomburg i. L.

Nach kurzer Mitteilung der in der Vorstandssitzung gefassten Beschlüsse betr. Ausflüge und Ausgrabungen wird der Etat für 1900/1901 vorgelegt und ge- nehmigt. Als Rechnungsprüfer werden ernannt die Herren Audebert und Thiria.

Die Neuwahl des Vorstandes beschliesst die Gesellschaft durch Zuruf vorzu- nehmen, soweit die bisherigen Vorstandsmitglieder erklärt haben, eine Wieder- wahl annehmen zu wollen.

Es werden auf diese Weise bis zum 1. April 1903 gewählt: Huber, Keune, von Daacke, Wichmann, Grimme, Fridrici, Kaufmann, Paulus, Welter, Wolfram.

Statt der ausscheidenden Herren Dorvaux und de Verneuil werden gewählt Professor Dr. Bour am Priesterseminar und Baurat Knitterscheid in Metz.

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Les recettes et dépenses pour l’exercice 1900-1901 sont fixées comme suit:

Recettes. Excédent de l'exercice 1899-1900 . . . .-... . . . . . . . 496726 D D lu id rade eh ar à -: DA, Subventions fixes: de l'Etat . . . . 1000, du département . . > so. | > 2000,— de la ville de Metz. » 500,— Subventions pour la publication des sources sur l’histoire de la Lorraine: BerlHiab "en, PAT HAUTE. © {2 OU ne 0 0. ii, à OO, de la ville de Metz. > 600 J AVE NES 0 e- de LEE. NN de vole". # Ju Total rt 14800 Dépenses. Bar DORE RE Ne DR eo sue à ere de ce ce ce + At, N, D lee DU ce ee eee à on se + le. © ARE ers MSI OEIQUER . . A... , le eus os» eo + RR ADEME TOER 0 UP D ile «mer ce tee Vas Ur OU Publication de sources historiques : a) Excédent de l'exercice 1899-1900 (1800—740) A 1040, À ME ARE. S)-Allocation nouvele. . . . . + . . . > 3600, : ES er pe à ei Ge eue à on ce u a: Sa POUND Ezeedent pour le;prochain. exercice... - sonen. 0 114$ <4000,— N. 14200,—

Assemblée générale du jeudi 5 avril 1900, à 5 heures de l'après-midi, a l’hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance: les membres du Bureau désignés ci-dessus ainsi qu'environ 30 sociétaires.

Sont admis au nombre des membres de la Société: MM. l'abbé Sancy, curé à Rozérieulles, et J. Chary, à Oberhomburg.

M. le Président donne connäissance à l’assemblée des délibérations qui ont été prises à la séance du Bureau au sujet des promenades archéologiques et des fouilles. Les comptes de l'exercice 1900-1901 sont présentés à l'assemblée et MM. Audebert et Thiria sont priés de les vérifier.

Les membres du Bureau sont réélus par acclamation, à l'exception de deux membres qui ont décliné toute réélection. Le Bureau de la Société se com- posera donc, jusqu'au 1* avril 1903, de MM. Huber, Keune, de Daacke, Wich- mann, Grimme, Fridrici, Kaufmann, Paulus, Welter et Wolfram.

MM. Dorvaux et de Verneuil qui ont démissionné sont remplacés par M. le Dr Bour, professeur du Grand-Séminaire et par M.Knitterscheid, conseiller d’architecture ä Metz.

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Hierauf erhält das Wort Archivdirektor Dr. Wolfram zu einem Vortrage über »Den Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Entwickelung der Kunst in Lothringen«.

Der Redner zieht bei seinen Ausführungen auch die jeweiligen Verhältnisse im Elsass heran, um durch den Vergleich mit diesen die Entwickelung der loth- ringischen Kunst in schärfere Beleuchtung bringen zu können.

Die beiden Länder unterscheiden sich durch ihre Natur, ihre Bewohner und ihre Geschichte. Wie die ersten beiden Faktoren hier und dort den Charakter der Kunst bestimmt haben, so ist die geschichtliche Entwickelung entscheidend gewesen für das jeweilige Aufsteigen und den Niedergang der Kunst. Schon in römischer Zeit hat die Verschiedenheit der politischen Stellung beider Länder im römischen Reichsverbande es mit sich gebracht, dass in Lothringen die Kunst zu hoher Blüte erwächst, während sie im Elsass kaum über die Entwickelung der ersten Keime hinausgekommen ist. Nachdem das Elsass schon im 3. Jahrhundert dem germanischen Ansturm erliegt, kann sich in Metz das römische Kulturleben noch 2 Jahrhunderte lang entwickeln, und als die Stadt durch friedlichen Vertrag in fränkische Hände kommt, wird sie Residenz des austrasischen Königshofes, der durch die zurückgebliebenen Romanen völlig romanisiert wird und die alte Kunstüberlieferung weiter führt. Im Elsass dagegen hat eine germanische Bauern- siedelung auch die letzten Romanen verdrängt und auf Jahrhunderte hinaus hat die Kunst hier keinen Boden mehr. Den Glanzpunkt in der lothringischen Kunst- geschichte bildet die Zeit der Karolinger. Unter dem Einfluss des Königshauses entwickelt sich in Metz eine Malerschule und die Fertigkeit der Elfenbeinschnitzerei. Auch jetzt hat die Kunst noch keine Stätte im Elsass gefunden. Erst seit dem Emporblühen des Städtewesens wird die elsässische Kunst der lothringischen mehr und mehr überlegen, bis im Zeitalter der Renaissance Lothringen dem Elsass gegenüber völlig in den Hintergrund tritt. Barock und Rococco haben in Loth- ringen, das mittlerweile dem stammesgleichen Frankreich wieder angegliedert war, Wurzel geschlagen; ins Besondere hat die Fayencerie von Niederweiler ‚hervorragende Werke gezeitigt.

Ausflug am 29. Mai 1900 nach Moulins-St. Ruffine und Rozerieulles.

Auf dem Dampfer, der 2,45 Uhr Metz verlässt, halten sich etwa 25 Mit- glieder zur Teilnahme eingefunden. In Moulins wurde zunächst das alte Schloss der Familie Fabert besichtigt. Der malerische Bau ist noch heute von Wasser- gräben umzogen und die Schiessscharten in seinen Türmen deuten auf seine ursprünglich kriegerische Bestimmung. Im Innern birgt das Schloss noch eine Reihe geräumiger Säle mit schönen Holzdecken. Herr Lehrer Richard entwickelte in übersichtlicher Weise die Geschichte des Schlosses, der davor liegenden Mosel- brücke und des Ortes Moulins. Nach Besichtigung des gleichfalls interessanten und den meisten Teilnehmern unbekannten Schlosses Grignon erstieg man die Höhe von St. Ruffine, um dort die alte Kapelle mit der spätgothischen schönen Marienstatue anzusehen und wanderte dann weiter nach Rozérieulles. Herr Bür- germeister Richard begrüsste in seinem schön gelegenen Garten die Teilnehmer. Auf der sonnigen Terrasse ergriff er sodann das Wort um ein Bild der Ver- gangenheit seines Ortes zu entrollen. Nach Einnahme der liebenswürdig dar-

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La parole est ensuite accordée à M. le Dr Wolfram, directeur des archives, pour entretenir l’assemblée sur »l’influence que les circonstances politiques et économiques ont exercée sur le développement de l’art en Lorraine. «

Dans le cours de sa conférence l’orateur relate les circonstances analogues qui ont regné en Alsace à la même éqgoque et, par la comparaison des deux provinces, établit avec netteté le développement des arts en Lorraine.

Les deux provinces se distinguent, tant par leur nature, que par leurs habitants et leur histoire. De même que les deux premiers facteurs ont décidé le caractère de l’art dans les deux provinces, de même le développement histo- rique a déterminé la grandeur et la décadence de l'art. Déjà du temps des Romains la diversité de la situation politique des deux provinces englobées dans l'empire romain a eu pour résultat de faire parvenir l’art lorrain à l’apogée de son développement, tandis qu’en Alsace ce même art n'a guère survécu au développement des premiers germes. Dès le troisième siècle l'Alsace succombe à l'invasion des Germains, tandis qu’à Metz la civilisation romaine se maintient encore pendant deux siècles. Après avoir passé, par traité conclu en temps de paix, sous la domination des Francs, la ville de Metz devient la résidence de la cour des rois d’Austrasie, laquelle est entièrement romanisée sous l'influence des Romans qui ont conservé leur domicile dans la province et continue à favoriser l’ancienne tradition des arts. l'ar contre en Alsace l'immigration de colonies germaines à fait partir jusqu’au dernier des romans de sorte que, pendant plusieurs siècles, l’art n'y a pas pu prendre racine. L'art lorrain a atteint son apogée pen- dant la période des Carlovingiens. L'influence de cette maison royale a fait éclore à Metz une école de peinture ainsi que l’art de ciseler l’ivoire. Sous la période des Carlovingiens l'art n'a pas encore réussi à s'établir définitivement en Alsace. Ce n’est qu'à l’époque de l'émancipation toujours progressive des villes libres que l’art alsacien est devenu peu à peu supérieur à l’art lorrain et ce jusqu’à la période de la Renaissance, époque à laquelle la Lorraine a été sur- passée par l'Alsace. Les styles baroques et rococo se sont ensuite implantés en Lorraine qui était devenue entretemps une province du royaume de France avec laquelle elle avait d'ailleurs la race en commun. La faiencerie de Niederweiler, entre autres, a produit des œuvres très remarquables.

Excursion du 29 mai 1900 à Moulins, St. Ruffine et Rozérieulles.

25 Sociétaires environ s'étaient embarqués sur le bateau à vapeur qui quitte Metz à 2,45 h. A Moulins on visita d’abord l’ancien château Fabert. Ce bâtiment pittoresque est entouré encore aujourd'hui de fossés et les embrasures pratiquées dans les tours indiquent suffisamment l’usage auquel a servile château pendant les guerres.

L'intérieur du château renferme encore une série de vastes salles avec plafonds en bois. M. Richard, instituteur, donna un aperçu très détaillé de l'historique du château, du pont de la Moselle situé à proximité ainsi que du village de Moulins. Après avoir visité le château de Grignon également intéressant et in- connu à la plupart des sociétaires, les promeneurs gravirent la côte de Ste-Ruffine pour y visiter l’ancienne chapelle renfermant une belle statue de Ja Vierge appartenant au style gothique moderne. De la société se rendit à Rozérieulles elle fut acceuillie par M. Richard, maire, dans son jardin situé si admirablement. M. Richard donna sur sa belle terrasse un aperçu de

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gebotenen Erfrischung verliess man das gastliche Haus zur Besichtigung eines alten Reliefs, das den Thürsturz eines Hauses bildet und der älteren Häuser des Ortes. In der Kirche übernahm Herr Pfarrer Sancy die Führung und erläuterte den Anwesenden die bauliche Entwickelung seines schönen Gotteshauses. Den Schluss des Ausflugs bildete die Besichtigung der hochinteressanten romanischen Kapelle des ehemaligen Priorats, deren Zugang man der liebenswürdigen Erlaubnis der Madame Cailly dankte.

Um 7 Uhr kehrten die meisten Teilnehmer mit der Eisenbahn von Moulins nach Metz zurück.

Ausflug am Sonntag, dem 17. Juni 1900, nach Nennig.

Der Ausflug nach Nennig fand in Gemeinschaft mit der Gesellschaft für nützliche Forschungen in Trier statt. Aus Metz und Diedenhofen beteiligten sich 47 Herren und Damen, die unter der Führung des Vorsitzenden wenige Minuten vor dem Einlauf des Trierer Zuges auf dem Bahnhofe von Nennig ankamen und dort die Trierer Gesellschaft erwarteten. Das Interesse an den Nenniger Alter- tümern hatte nicht weniger als 80 Trierer Herren und Damen veranlasst, der Einladung des dortigen Vereinsvorsitzenden, Regierungspräsidenten zur Nedden und des Schriftführers, Museumsdirektor Dr. Hettner zu folgen. Nach kurzer, gegenseitiger Vorstellung machte man sich gemeinsam auf den Weg nach dem Mosaik. Professor Hettner, der berufene Interpret dieses herrlichen Kunstdenkmals ergriff von der Gallerie aus, die den Fussboden in der halben Höhe des Hauses umzieht, das Wort und entwickelte in meisterhafter Form die künstlerische und geschichtliche Bedeutung des so wunderbar erhaltenen Steinteppichs. Mit dem Danke für den Vortrag verband Regierungspräsident zur Nedden in inhaltsreicher, oft auch launiger Ansprache eine Begrüssung der Metzer Gäste, die Freiherr von Hammerstein in treffenden Worten erwiderte.

Nachdem der Fussboden noch im Einzelnen eingehend besichtigt war, begab man sich nach den beiden benachbarten Wirtshäusern, um hier in Gesellschaft den Kaffee einzunehmen. Nach einer kurzen Besichtigung des nahe gelegenen Tumulus ging es dann in fröhlichem Zuge weiter nach der benachbarten luxem- burgischen Stadt Remich, wo in dem entzückend gelegenen Garten des Hotels Bellevue die verbleibenden Stunden bei einem Glase Wein und einem kalten Imbiss schnell verrannen. ‘1/28 Uhr wurde die Heimreise angetreten.

Sitzung am Donnerstag, dem 28. Juni 1900, nachmittags 5 Uhr im städtischen Museum.

Anwesend von Hammerstein, Wichmann, Wolfram, Bour, Paulus, Keune, Welter, Kaufmann und etwa 50 Mitglieder.

Neu aufgenommen werden die Herren: Direktor der höheren Töchterschule Dr. Ernsing-Metz, Amtsrichter Simon-Lörchingen, Gutsbesitzer Richard-Marimont, von Kistowsky-Schloss Helleringen bei Oberhomburg i. L., Lehrer Kirbach-Rozé- rieulles, Oberlehrer Dr. Kuhn-Diedenhofen, Regierungsrat Heyn-Metz, Photograph Bornée-Saarburg.

Herr Schantz-Freiwald b. Finstingen lässt der Gesellschaft einen broncenen Halsring und ein Steinbeil überreichen. Dank.

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Mi

l'histoire du village de Rozérieulles. Apres avoir accepté avec plaisir les rafrai- chissements qui leur étaient offerts si gracieusement, les sociétaires quitterent la maison hospitalière pour aller jeter un coup d'œil sur un ancien relief formant linteau de porte, ainsi que sur les anciennes maisons de la localité. A l'église paroissiale M. l’abbé Sancy, curé, entreprit d'expliquer aux assistants le déve- loppement de la construction du bel édifice. Pour clôturer la promenade M. Richard fit admirer aux sociétaires la chapelle romane si intéressante de l'ancien prieuré, dont Madame Cailly avait bien voulu permettre l'accès.

A 7 heures la plus grande partie des promeneurs s’en retourna à Metz par le chemin de fer.

Excursion du dimanche 17 juin 1900 à Nennig.

L'excursion à Nennig a été faite en commun avec la Société pour les re- cherches utiles de Trèves. Environ 47 messieurs et dames de Metz et Thion- ville, ayant à leur tête le président de notre Société, arrivèrent à Nennig quelques minutes avant la Société de Trèves. Les antiquités de Nennig avaient décidé près de 80 messieurs et dames de Trèves à donner suite à l'invitation du président de la Société de Trèves, M. zur Nedden, président du département de Trèves, ainsi qu'à celle. du secrétaire de cette Société, M. le Dr Hettner, direc- teur du musée. Après présentation de part et d’autre l’on se rendit en commun vers le dépôt des mosaïques. M. Hettner chargé de faire valoir devant une nombreuse assistance les beautés de ce monument d’art unique en son genre monta sur la galerie qui entoure le monument à mi-hauteur de l'édifice et fit un exposé admirablement détaillé de l'importance historique des mosaïques si bien conservées. M. zur Nedden, président de Trèves, le remercia chaleureuse- ment et profita de l’occasion pour adresser aux hôtes venus de la Lorraine quelques paroles de bienvenue qu'il mélangea parfois de paroles divertissantes. M. le baron de Hammerstein ne manqua pas de lui répliquer avec autant de gratitude que de jovialité.

Après avoir inspecté les mosaïques dans tous leurs détails, l'assemblée se rendit aux deux restaurants situés à proximité pour consommer un café. Les assistants visitèrent ensuite rapidement l'énorme tumulus situé à proximité pour se rendre ensuite joyeusement du côté de la ville de Remich situé sur le terri- toire du Luxembourg. A l'hôtel Bellevue de cette ville les sociétaires s’attablerent dans le jardin admirablement bien situé pour se réconforter pas des collations et rafraichissements. Le temps s'étant vite écoulé il fallut songer au retour et prendre le train de 7!/» h.

Seance du jeudi 28 juin 1900, a 5 heures de l’apres-midi, au Musee

de la ville de Metz.

Sont presents: MM. de Hammerstein, Wichmann, Wolfram, Bour, Paulus, Welter, Kaufmann, membres du Bureau, ainsi que 50 sociétaires.

Sont admis comme membres de la Société: MM. le Dr Ernsing, directeur de l’école supérieure de filles à Metz, Simon, juge de paix à Lörchingen, Richard, propriétaire à Marimont, de Kistowsky au château de Helleringen près de Ober- homburg, Kirbach, instituteur à Rozérieulles, Dr Kuhn, professeur supérieur à Thionville, Heyn, conseiller de gouvernement, à Metz, Bornée, photographe à Saarburg. M. Schantz à Freiwald près de Fénétrange offre à la Société un collier en bronce ainsi qu'une hache en silex, L'assemblée lui exprime ses remerciments

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Herr Notar Justizrat Dietsch lässt eine Reihe grösserer und kleinerer in Saaralben gefundener Schmelztiegel zur Ansicht vorlegen. Dank.

Herr Welter spricht über die Resultate seiner Ausgrabungen in Saaraltdorf und unterbreitet der Versammlung die gefundenen Stücke. Es sind Lignit- und Bronceringe der Hallstattperiode. Herr Dr. O. A. Hoffmann spricht über die Ent- wickelung der Angriffswaffen bis in die römische Zeit und erläutert seine ge- dankenreichen Ausführungen durch Zeichnungen und Vorlage von Originalstücken aus dem Museum.

Herr Keune legt die Funde aus den Grabhügeln von Waldwiese vor. Auch hier ist die Gesellschaft glücklich gewesen: aus 2 Gräbern der Hallstattzeit sind etwa 40 Bronceringe zu Tage gefördert worden.

Der Vorsitzende spricht allen, die die Ausgrabungen geleitet und gefördert haben, namens der Gesellschaft den besten Dank aus. Ausser Keune und Welter sind das die Herren: Rentmeister Nürk in Waldwiese, Wegemeister Busch in Sierck, Bürgermeister Mohr in Waldwiese.

Vorstandssitzung am Dienstag, dem 10. Juli 1900, nachmittags 5 Uhr im Bezirksarchiv.

Anwesend der gesamte Vorstand ausser dem Vorsitzenden, der am Er- scheinen verhindert ist.

Mit Genehmigung des stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Huber legt Archivdirektor Dr. Wolfram die verschiedenen Punkte der Tagesordnung vor.

Neu aufgenommen werden die Herren Oberstleutnant von Hagen (Inf.-Rgt. 131) und Notar Uhlhorn in Rixingen.

Vorgelegt werden die Dankschreiben aus dem Civilkabinet Seiner Majestät und Seiner Königlichen Hoheit des Grossherzogs von Baden für Jahrbuch 11.

Herr Notar Welter teilt mit, dass die Kosten für seine Ausgrabungen im Jahre 1900 bisher von einem ungenannten Freunde der Gesellschaft getragen worden sind.

Die Gesellschaft für nützliche Forschungen feiert am 1. April 1901 ihr 100 jähriges Jubiläum. Es soll derselben Jahrbuch 12 als Festschrift über- reicht werden.

Die Anthropologische Gesellschaft hat für August 1901 ihren Besuch in Metz in Aussicht gestellt. Der Vorstand erklärt sich bereit, die örtlichen Vorbereitungen für diese Versammlung zu treffen. Das Ministerium soll um eine Unterstützung angegangen werden, um die Briquetagen bei Vie in grossem Umfange freilegen zu können.

Der Königlich sächsische Altertumsverein hat zu seinem 75 jährigen Stiftungs- feste, das am 24. bis 28. September in Dresden stattfindet, eingeladen. Da gleich- zeitig der 2. Archivtag und die Generalversammlung der deutschen Geschichts- vereine dort stattfindet, soll Archivdirektor Wolfram, der als Vertreter des Archivs dorthin geht, die Vertretung der Gesellschaft übernehmen.

Punkt 4 der Tagesordnung »Ergänzung des Ausschusses zur Herausgabe lothringischer Geschichtsquellen< wird verschoben.

Der Lese- und Redehalle deutscher Studenten in Prag soll das Jahrbuch künftig übersandt werden.

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M. Ditsch, notaire, fait présenter une série de creusets plus ou moins grands qui ont été découverts à Saaralben. Remerciments.

M. Welter donne le compte-rendu es résultats des fouilles qu'il a fait opérer à Saaraltdorf et présente en même temps les pièces qui ont été mises à jour, tels que les anneaux de lignite et de bronze datant de la période dite de Hallstatt. M.le Dr O. À. Hoffmann fait une conférence sur le développement des armes offensives depuis les temps les plus reculés jusqu’à l’époque romaine et démontre ses assertions à l’appui de dessins et de pièces originales tirées du Musée.

M. Keune soumet à l'assemblée les trouvailles des tumuli de Waldwiese. également les recherches de la Société ont été couronnées de succès. Deux de ces tumuli ne renfermaient pas moins de 40 anneaux en bronze.

M. le Président exprime les remerciments de la Société à toutes les per- sonnes qui ont dirigé ou favorisé les fouilles, entre autres à MM. Keune et Welter ainsi qu'à MM. Nürk, percepteur à Waldwiese, Busch, conducteur des ponts et chaussées, à Sierck, Mohr, maire de Waldwiese.

Séance du Bureau du 10 juillet 1900, à 5 heures de l'après-midi, aux archives départementales.

Sont présents: tous les membres du Bureau à l'exception du Président, qui est empêché d’assisters à la séance.

M. Huber, vice-président, charge M. le Dr Wolfram de soumettre au Bureau les différents sujets qui forment l'ordre du jour. Sont admis comme membres de la Société MM. von Hagen, lieutenant-colonel (reg. d’inf. 131), et Uhlborn, notaire à Réchicourt.

Le Bureau prend connaissance de la lettre de remereiment du Cabinet civil de Sa Majesté l'Empereur, ainsi que de celle de son Altesse royale le Grand-duc de Bade, auxquels la Société avait offert un exemplaire de l'annuaire 11.

M. Welter, notaire, fait savoir qu'un ami de la Société, qui désire garder l’anonyme, a pris à sa charge les frais pour l'exécution des fouilles pendant l’année 1900.

La Société pour les recherches utiles de Trèves célèbrera le 1er avril 1901 le centenaire de sa fondation. A cet effet le Bureau décide d'offrir à cette Société l’annuaire 12 de notre Société comme souvenir de circonstance.

Le Congrès des anthropologistes aura lieu à Metz, selon toute probabilité vers le mois d'août 1901. Le Bureau déclare être disposé à se charger de tous les préparatifs que nécessitera un tel Congrès. Le Ministère d’Alsace-Lorraine sera prié de vouloir allouer une subvention assez forte, afin de pouvoir mettre à découvert sur une grande étendue les briquetages près de Vic.

La Société d'archéologie du royaume de Saxe a fait parvenir à notre So- ciété une invitation à prendre part à la fête du 75° anniversaire de sa fondation qui sera célébrée à Dresde du 24 au 28 septembre. Comme le 2e Congrès des archivistes ainsi que le Congrès des Sociétés d'histoire de l'Allemagne doivent également avoir lieu à la même date et dans la même ville, le Bureau charge M. le Dr Wolfram de prendre part à ces différents Congrès comme délégué de notre Société.

La discussion du point 4 de l'ordre du jour concernant l'élection complé- mentaire pour le Comité chargé de la publication des sources de l'histoire lorraine est remise à une époque ultérieure.

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Direktor Paulus bringt zur Sprache, ob es nicht möglich sei, für die Heraus- gabe lothringischer Geschichtsquellen ausser den von Baron de Gargan zugesagten 1000 Mk. von anderen Privaten Beiträge zu erhalten. Herr Huber sagt sofort seinerseits die gleiche Summe zu. Im Namen des Vorstandes spricht der Schrift- führer den herzlichsten Dank aus.

Besichtigung des Höllenturms in der Metzer Citadelle am Donnerstag, dem 19. Juli, nachmittags 6 Uhr.

Mit Genehmigung der Garnisonbauverwaltung wird unter Führung des Herrn Baurat Schmidt von etwa 60 Mitgliedern der Höllenturm besichtigt. Herr Baurat Schmidt erläutert an der Hand von Plänen die Gesamtkonstruktion. Nach Be- endigung des Rundgangs legt er noch einige Reste römischer Säulen und ein römisches Kapitäl vor, die beim Abbruch der Mauern gefunden waren.

Ausflug am Samstag, dem 21. Juli nach Bolchen.

Von Metz nahmen etwa 20 Mitglieder an der Fahrt teil, aus der Umgegend von Bolchen waren ca. 10 hinzugekommen, aus Bolchen selbst aber war die Be- teiligung so stark, dass der geräumige Stephanssaal die Anwesenden kaum zu fassen vermochte.

Nachdem am Bahnhofe Bürgermeister und Gemeinderat die Teilnehmer an der Fahrt empfangen und begrüsst hatten, begab man sich durch die überaus reich mit Fahnen und einer Ehrenpforte geschmückte Stadt nach dem Rathause. Vor dem Gebäude war die Schuljugend und die Feuerwehr aufgestellt, um an der Begrüssung teilzunehmen.

Im Rathaus bot die Stadt einen Ehrenwein, dem bei der heissen Temperatur kräftig zugesprochen wurde. Schon hier nahm der Vorsitzende Gelegenheit für den ungemein freundlichen und warmen Empfang den Vertretern der Stadt zu danken. Der Herr Bürgermeister und ebenso Herr Pfarrer Weber in Diedesberg hatten die Aufmerksamkeit, den Mitgliedern der Gesellschaft ausserordentlich geschmackvoll hergestellte Postkarten mit historischen Darstellungen der Stadt zu überreichen, die unter aufrichtigem Danke entgegengenommen und sofort in alle Welt versandt wurden. Vom Rathaus begab man sich in festlichem Zuge unter Vorantritt der Musik und der Schulkinder nach dem Vereinshause St. Stephan. Nach einer musikalischen Begrüssung durch den Bolchener Männergesang-Verein und den Vortrag eines Bolchener Kirmesliedes in Bolchener Mundart ergriff Herr Bürgermeister Weber das Wort, um in trefflicher Weise ein Bild von den ent- setzlichen Schicksalen, welche die Stadt während des 30-jährigen Krieges erduldet hatte, zu zeichnen.

Der Vorsitzende dankte in längerer Ausführung dem Redner und schloss in seinen Dank auch alle übrigen Kreise und Persönlichkeiten, insbesondere den Herrn Erzpriester, den Gesangverein, die Feuerwehr ein, die sich um das Gelingen des Tages so verdient gemacht hatten.

Bern

Dorénavant un exemplaire de notre annuaire sera offert à la salle de lec- ture et de réunion des étudiants allemands à Prague.

M. l'abbé Paulus, directeur de la bibliothèque de la ville, demande si, à l'instar de M. le baron de Gargan qui a mis gracieusement la somme de 1C00 M. à la disposition de la Société, il ne serait pas possible d’obtenir encore de la part d'autres personnes privées des subventions pour la publication de sources sur l'histotre lorraine. M. Huber, à cette demande, souscrit immédiatement la somme de 1000 M. Le secrétaire de la Société, au nom du Bureau, exprime à M. Huber ses plus chaleureux remerciments.

Visite de la Tour d'enfer, à la citadelle, le jeudi, 19 juillet, à 6 heures de l'après-midi.

L'administration des constructions militaires ayant gracieusement permis l'accès de la tour en question, 60 sociétaires environ accompagnés de M. Schmidt, conseiller d'architecture, se trouvèrent au rendez-vous de la citadelle. M. Schmidt expliqua à l’aide de plans la construction générale de la tour, puis, après avoir fait examiner à l'assemblée la tour en détail, il fit voir en outre quelques restes de colonnes romaines ainsi qu'un chapiteau également romain. Le tout avait été découvert lors de la démolition des mu:s.

Excursion du samedi, 21 juillet 1900, à Boulay.

Environ 20 sociétaires de Metz se rendirent à Boulay auxquels vinrent s’ad- joindre environ 10 sociétaires des environs de Boulay. Mais à Boulay même l’as- sistance devint tellement nombreuse que la grande salle de réunion de la Société de St-Etienne put à peine la contenir.

M. le Maire de Boulay, entouré du Conseil municipal, se trouvait à la gare pour recevoir les hôtes et leur souhaiter la bienvenue. De l’on se rendit par la rue principale, richement décorée de drapeaux et ornée d’une porte triomphale, vers l'Hôtel de ville, devant lequel les enfants des écoles et la compagnie des pompiers avaient pris place.

A l'Hôtel de ville M. le Maire offrit, au nom de la ville, le vin d'honneur qui fut dégusté avec plaisir, vu la grande chaleur qui régnait pendant la journée. M. le Président saisit l'occasion pour exprimer aux représentants de la ville les remerciments de la Société pour la réception si aimable et si chaleureuse qui venait de lui être faite. Par une attention délicate, M. le Maire ainsi que M. l'abbé Weber, curé de Diedesberg, distribuèrent aux membres de la Société des cartes postales illustrées confectionnées avec beaucoup de goût, dont l'image représentait des motifs historiques concernant la ville de Boulay. Ces cartes furent acceptées avec reconnaissance et expédiées immédiatement à différentes destinations. De l'Hôtel de ville l'assemblée, précédée de la musique et des enfants des écoles, se rendit en cortège à la salle de r&un'»n de la Société de St-Etienne. Après l'audition d’un morceau de chant exécuté par la Société de chant de Boulay ainsi que d’une chanson festivale composée dans le dialecte patois de Boulay, M. Weber, maire, prit la parole pour donner un aperçu des malheurs si horribles qui ont accablé la ville pendant la guerre de trente ans.

M. le Président remercia l’orateur sans oublier toutes les autres personnes qui avaient contribué à la réussite de la fête, entre autres M. l'archiprêtre, la Société de chant et la compagnie des pompiers.

2 M

Auf dem Wege nach dem Gasthofe besuchte man zunächst das Haus des Herrn Secq de Crépy, der seine ungemein wertvolle Sammlung von Altertümern der Besichtigung durch die Vereinsmitglieder zugänglich gemacht hatte. Ins- besondere erregten die kostbaren Elfenbeinschnitzereien aus dem 9. und 10. Jahr- hundert, sowie die aus Rettel stammenden eingelegten Möbel die Bewunderung der Besucher.

Das Festmahl verlief bei der animierten Stimmung, die der vom Bürger- meister so vorzüglich vorbereitete und dementsprechend gelungene Tag erzeugt hatte, in fröhlichster Weise. Noch dankte der Schriftführer dem (Gemeinderat für seine Beteiligung, der Bürgermeister sprach auf ein frohes Wiedersehen am gleichen Orte; dann brach man geleitet von fast sämtlichen Festteilnehmern nach dem Bahnhofe auf, um gegen 9 Uhr mit den besten Eindrücken in Metz wieder einzutreffen.

Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 13. September, nachmittags 5 Uhr.

Anwesend von Hammerstein, Paulus, Bour, Welter, Wichmann, von Daacke, Wolfram.

Der bereits im Frühjahre geplante Ausflug nach Saaraltdorf soll am Samstag, dem 22. September stattfinden.

Dem Verbande der west- und süddeutschen Vereine tritt die Gesell- schaft bei.

Als Vertreter der Gesellschaft bei der diesjährigen Generalversammlung der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine in Dresden wird Archivdirektor Dr. Wolfram gewählt.

Auf Anregung des Herrn Bibliotheksdirektors Paulus. wird .die Kommission zur Herausgabe lothringischer Geschichtsquellen. erweitert. In Vorschlag ge- bracht werden die Herren von Hammerstein, Kaufmann, Dorvaux, Dr. Winkel- mann in Strassburg und Archivdirektor Wiegand ebenda. Herr von Hammer- stein nimmt die Wahl an, bei den übrigen Herren, die abwesend sind, soll angefragt werden.

Ausflug am 22. September 1900 in den Weiherwald bei Saaraltdorf.

Um 2 Uhr vereinigten sich am Bahnhofe in Saarburg unter Führung ihres Präsidenten 30 bis 40 Mitglieder der Gesellschaft, Herren aus Metz und Strassburg, Saargemünd und Dieuze, Loerchingen und Drulingen, Pfalzburg und Saarburg. In bereit gestellten Wagen ging die Fahrt auf der Landstrasse über Saaraltdorf bis an den Rand des Weiherwaldes auf der Höhe über Görlingen. Bei der Fuss- wanderung durch den Wald übernahm Herr Notar Welter aus Lörchingen die Führung. Vorbei an dem sogenannten Heidenschloss, einem rechteckigen, von hohen Buchen bestandenen Schutt- und Steinwall, der wie an einer Ecke fest- gestellt war, Mauern in sich birgt, führte er die Versammelten in den nordwest- lichen Teil des Waldes, wo er von den zahlreichen Tumuli 3 hatte so weit ab-

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Avant de se rendre à l'hôtel, l'assemblée profita de l'occasion pour aller visiter une collection d’antiquites excessivement remarquable appartenant à M. Le Secq de Crépy. L’attention des visiteurs se porta particulièrement sur les sculptures sur ivoire si précieuses du 9 ct 10e siècle, ainsi que sur les meubles incrustés provenant de Rettel. Le banquet qui suivit cette visite se passa sous la plus franche gaieté, grâce à l'animation que M. le Maire avait su faire introduire dans cette fête si bien préparée et réussie.

Le secrétaire de la Société remercia encore le Conseil municipal pour sa participation à la fête. M. le Maire lui répliqua en souhaitant de voir la Société d'histoire et d'archéologie se réunir de nouveau à Boulay à une date ultérieure. Enfin l'assemblée, toujours escortée par un grand nombre de participants à la fête, se rendit à la gare de Boulay qu'elle quitta en emportant les meilleurs souvenirs de la fête qui a été si bien réussie. Les sociétaires du dehors arrivèrent à Metz vers 9 heures du soir.

Séance du Bureau du jeudi 13 septembre, à 5 heures de l'après-midi.

Sont présents: MM. de Hammerstein, Paulus, Bour, Welter, Wichmann, de Daacke et Wolfram.

L’excursion à Saaraltdorf qui avait été projetée dès le printemps dernier, sera entreprise le samedi, 22 septembre.

Le Bureau consent à ce que notre Société fasse partie de l'association des Sociétés historiques de l’Allemagne de l'Ouest et du Sud.

M. le Dr Wolfram, directeur des archives, est chargé de se rendre à Dresde, comme délégué de notre Société, au Congrès des Sociétés d'archéologie et d'histoire de l'Allemagne.

Sur la proposition de M. l'abbé Paulus, directeur de la bibliothèque de la ville, le nombre des membres formant la Commission chargée de la publication des sources de l'histoire de la Lorraine est augmentée. Sont proposés à cet effet: MM. de Hammerstein, Kaufmann, Dorvaux, Dr Winkelmann à Strassburg et Dr Wiegand également à Strassburg. M. de Hammerstein accepte séance tenante de faire partie de la Commission et les autres membres, qui sont absents, seront consultés par lettre particulière au sujet de leur adhésion. h

Excursion du 22 septembre 1900 dans la forêt dite >Weiherwald- pres de Saaraltdorf.

30 à 40 sociétaires venant de Metz, Strassburg, Saargemünd, Dieuze, Lörchingen, Drulingen, Pfalzburg et Saarburg s’assemblörent à la gare de Saar- burg sous la direction de leur président. Profitant des voitures qui avaient été mises à leur disposition, les sociétaires suivirent la route qui traverse le village de Saaraltdorf jusqu'à la lisière du Weiherwald sur les hauteurs de Gôürlingen. Le reste du trajet fut fait à pied à travers la forêt. M. Welter, notaire à Lörchingen, conduisit les excursionnistes à côté d’un remblai de débris et pierres de forme rectangulaire sur lequel s'élèvent de grands arbres de hêtre. Ce remblai est connu dans la contrée sous le nom de »Heidenschloss«. On a pu constater à l'un des angles du remblai que l’agglomération des débris cachait des restes de murs. Les promeneurs se rendirent ensuite vers la partie nord-ouest de la forêt, dans laquelle M. Welter avait fait mettre à jour les alentours de 3 tumuli, de

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heben lassen, dass es nicht mehr zu viel Zeit und Arbeit kostete die Grabstellen selbst frei zu legen. Vor den Augen der Anwesenden wurden im ersten Tumulus 3 Brandgräber durchsucht. Man fand keine Urnen, wohl aber ausser Gefässscherben neben Bruchstücken eines Bronceringes einen sehr gut erhaltenen Lignitring. Der zweite Hügel enthielt 2 Skelettgräber. Im dritten Hügel war weder die Spur eines solchen noch eines anderen Grabes entdeckt, aber ausser Teilen von Eisen- geräten und wenigen Scherben ein Steinmeisel aufgefunden worden. Nachdem Herr Welter nöch eine in der Nähe befindliche wasserleere Mardelle gezeigt hatte, trat man den Rückweg nach Saaraltdorf an, der bei prachtvoller Abendbeleuchtung auf der Höhe über diesem Dorfe noch einen schönen Blick über das Saarthal und seine waldigen Höhen bot. Von Saaraltdorf fuhr ein Teil der Gesellschaft mit den Wagen zurück nach Saarburg, andere benutzten die Eisenbahn zur direkten Heimfahrt.

Sitzung am Samstag, dem 6. Oktober 1900, nachmittags 5 Uhr

im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Hammerstein, Wichmann, von Daacke, Wolfram, Bour, Knitter- scheid und ca. 30 Mitglieder.

Neu aufgenommen werden die Herren Gebrüder Poucher in Lörchingen.

Herrn Huber in Saargemünd wird der verbindlichste Dank dafür aus- gesprochen, dass er 800 Exemplare des alten Stadtplans von Saargemünd der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat.

Herr Baurat Knitterscheid hat 5 Ofenplatten für die Gesellschaft er- worben. Dank. Derselbe legt ein wahrscheinlich römisches Gefäss aus Ala- baster vor, das an der Seillemündung sefunden ist und überweist es der Ge- sellschaft. Dank.

Der Vorsitzende teilt mit, dass die Professoren Virchow und Ranke ihm mitgeteilt haben, Metz sei als Congressort für den nächsten deutschen Anthro- pologentag gewählt und dass sie die Gesellschaft gebeten haben, die geschäftlichen örtlichen Vorbereitungen zu übernehmen. Der Vorsitzende hat geantwortet, dass die Gesellschaft sich gerne zur Verfügung stelle.

Hierauf wird Herrn von dem Knesebeck das Wort erteilt über: Die Ruinen von Thumagadi in Afrika.

Der Redner hat im vergangenen Frühjahre die alte römische Stadt besucht und schildert in ungemein anziehender Weise die durch grosse Ausgrabungen freigelegten Strassen und Plätze, privaten und öffentlichen Bauten. Die Dar- stellung wird veranschaulicht durch ein reiches Material von ausgezeichneten Photographien. Dem reichen Beifall, der dem Redner dankt, giebt der Vorsitzende in warmen Worten Ausdruck.

Da die Zeit schon vorgeschritten ist, wird der Bericht des Archivdirektors

Dr. Wolfram über die Generalversammlung der deutschen Geschichts- und Alter- tumsvereine in Dresden auf die nächste Sitzung verschoben.

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manière à pouvoir les ouvrir sans trop de temps et de travail devant les yeux des assistants. Dans le premier tumulus l’on trouva successivement 3 sépultures qui ne renfermaient aucune urne, par contre un anneau en lignite très bien conservé ainsi que des débris de vases et des morceaux d'un anneau en bronze. Le second tumulus renfermait deux squelettes, tandis que dans le troisième tumulus l'on ne put découvrir aucune trace de sépulture; il ne renfermait que des parties d’usten- siles en fer ainsi que quelques débris de vases et un ciseau en pierre.

M. Welter fit voir encore une mardelle dépourvue d'eau située à proximité des tumuli, après quoi l’on prit le chemin de retour vers Saaraltdorf. Des hauteurs qui dominent le village de Saaraltdorf les sociétaires eurent l’avantage d'admirer le beau panorama qui s'étend sur la vallée de la Sarre et sur les hauteurs boisées. De Saaraltdorf une partie des sociétaires retourna en voiture à Saarburg, tandis que les autres s’embarqu£rent directement dans le prochain train pour s’en re- tourner vers Metz.

Séance du samedi, 6 octobre 1900, à 5 heures de l'après-midi, à l'hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance MM. de Hammerstein, Wichmann, de Daacke, Wolfram, Bour, Knitterscheid et envigon 40 sociétaires.

MM. Poucher, frères, à Lörchingen, sont reçus membres de la Société.

M. Huber à Saargemünd recoit les remerciments de la Société à laquelle il a fait don de 800 exemplaires d’un ancien plan de Saargemünd.

M. Knitterscheid, conseiller d'architecture, s’est rendu acquéreur, au compte de la Société, de 5 taques de cheminée. Remerciments.

Il présente en outre un vase d’albâtre, datant probablement de l'époque romaine, qui a été découvert à l'embouchure de la Seille. Ce vase est offert à la Société. Remerciments.

M. le Président fait connaître à l’assemblée que d’après une communication de MM. Virchow et Rancke, professeurs, le prochain Congrès des anthropologistes aura lieu à Metz; le Bureau de la Société a été prié de vouloir bien se charger des préparatifs que nécessite la réunion d’une telle assemblée. M. le Président a répondu que la Société d'histoire et d'archéologie était tout disposée à accéder au désir du Congrès.

La parole est ensuite accordée à M. de Knesebeck pour sa conférence au sujet des ruines de Thimgadi en Afrique.

L'orateur a eu, au printemps dernier, l’occasion de visiter l'antique ville romaine; il exposa d’une manière excessivement attrayante les résultats des grandes fouilles qui ont permis de mettre à jour des routes, des places publiques des constructions privées et publiques. La conférence fut d'autant plus intéressante que les auditeurs purent se rendre compte des travaux qui ont été exécutés à Thimgadi en suivant les explications de l’orateur sur une série de photographies et de dessins excessivement bien réussis. M.le Président se fit l'interprète de l'assemblée en remerciant chaleureusement l’orateur pour sa conférence si attrayante.

L'heure étant déjà avancée, M. le Dr Wolfram, directeur des archives, remet à la prochaine séance le compte-rendu du Congrès des Sociétés d'histoire et d'archéologie de l'Allemagne à Dresde, lequel rapport avait été porté sur l’ordre du jour.

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Sitzung am Donnerstag, dem 26. Oktober 1900, 4'/» Uhr im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Hammerstein, Huber, Dr. Bour, Keune, Knitterscheid,. von Daacke, Wolfram und etwa 15 Mitglieder.

Neu aufgenommen werden Herr Georg Huber jun. in Saargemünd und Herr Pfarrer Seingry in Imlingen.

Die neueingegangenen Tauschschriften werden vorgelegt. Der Schriften- austausch mit dem fürstlich fürstenbergischen Archiv und mit der Redaktion ces Archives belges in Lüttich wird genehmigt. Archivdirektor Wolfram be- richtet über die Generalversammlung der deutschen Geschichts- und Altertums- vereine in Dresden.

Sodann spricht Herr Huber aus Saargemünd über »Histoire du chäteau et de la fortication de Sarreguemines<. An der Hand eines umfassenden Materials und auf Grund einer Reihe alter Pläne und vortrefflicher Photographien führt Redner die Entwickelung von Stadt und Schloss der Gesellschaft vor. Er über- reicht schliesslich 6 Mappen mit Aufnahmen des Saargemünder Schlosses, die für das Archiv, die Gesellschaft, den Vorsitzenden und einige Mitglieder bestimmt sind. Unter dem Danke des Vorsitzenden für den anziehenden Vortrag und diese schöne Gabe wird die Sitzung geschlossen.

Sitzung am Donnerstag, dem 22. November 1900, nachmittags 4'/» Uhr im Bezirkspräsidium. |

Anwesend: von Hammerstein, Huber, von Daacke, Grimme, Keune, Bour, Knitterscheid, Wolfram, Paulus und etwa 15 Mitglieder.

Neu aufgenommen werden die Herren Dr. Zammert-Kreuzwald, Archivassistent Dr. Müsebeck und Seminaroberlehrer Birkenmeyer-Metz.

Der von dem Mühlhäuser Altertumsverein und der Heraldischen Gesellschaft Adler in Wien beantragte Schriftenaustausch wird angenommen.

Herr Oberlandesgerichtsrat Schiber spricht sodann über »lothringische Orts- namen in England<. Der Vortragende hat die von ihm begründete Anschauung über die Bedeutung der Ortschaften auf ingen und heim als Sippen- und Herren- siedelungen weiter verfolgt und wesentlich vertieft. Dabei ist er auf die höchst auffallende Thatsache gestossen, dass ca. 100 lothringische Ortsnamen in England sich wiederholen. Eine Erklärung sieht er darin, dass man die germanische Ein- wanderung nicht auf eigentliche Sachsen beschränken dürfe, sondern dass auch Volksstämme teilgenommen haben, die an den Ufern des Kanals sassen und sich von hier aus südwärts verbreiteten, also Franken. Der Vortrag ist im Jahr- buche XII, p. 148 ff. in Druck erschienen.

Nach Schiber spricht Museumsdirektor Keune über die »Neuf Preuxe,

d. h. den alten Holzschnitt, der, noch vor der Gutenbergischen Erfindung ,ent- standen, heute zu den wertvollsten Schätzen des Metzer Museums gehört. Nach

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Séance du jeudi, 26 octobre 1900, à 4 heures ‘/: de l’apres-midi, à l'hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Huber, Dr Bour, Keune, Knitterscheid, de Daacke, Dr Wolfram et environ 15 autres sociétaires.

Sont reçus membres de la Société MM. Georges Huber junior à Saargemünd, et l'abbé Seingry, curé à Imlingen.

M. le Président fait circuler les revues qui ont été expédiées à la Société en échange de notre annuaire. L'échange de publications avec les archives de la principauté de Fürstenberg ainsi qu'avec les archives belges de Liège est approuvé. M. le Dr Wolfram, directeur des archives, présente le compte-rendu du congrès des Sociétés d'histoire et d'archéologie de l'Allemagne qui a eu lieu à Dresde.

M. Huber de Saargemünd fait ensuite une conférence sur »l'histoire du château et dela forteresse de Saarguemines«. A l'aide d'un matériel très étendu ainsi que d'une série d'anciens plans et d’exceilentes photographies M. Huber explique le développement de la ville et du château. Finalement il présente 6 cartons renfermant des photographies du château de Saargemünd, dont un exemplaire est destiné à la bibliothèque des Archives et à celle de la Société. Un autre exemplaire est offert à M, le Président; le reste est partagé entre quelques sociétaires.

M. le Président exprime ses remerciments à M. Huber, d'abord pour sa conférence si intéressante et ensuite pour les cartons à photographie qu'il vient de distribuer. L'ordre du jour étant épuisé, le Président lève la séance.

Séance du jeudi 22 novembre 1900, à 4'/2h. de l’apres-midi, à l'hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance MM. de Hammerstein, Huber, de Daacke, Grimme, Keune, Bour, Knitterscheid, Wolfram, et environ 15 sociétaires.

Sont reçus membres de Ja Société MM. le Dr Zammert à Kreuzwald, Dr Müsebeck, assistant aux archives départementales, et Birkenmeyer, professeur supérieur à l'école normale de Metz.

L'échange de publications avec la Société d'archéologie de Mühlhausen et la Société héraldique »Adlere à Vienne est approuvé.

M. Schiber, conseiller à la Cour d'appel de Colmar, fait ensuite une confé- rence sur >les noms de lieux lorrains en Angleterre«. L'orateur qui a continué ses recherches concernant la signification des noms de lieux avec les termi- naisons ingen et heim, au sujet desquels il a établi qu'ils proviennent de colo- nies de familles et seigneuriales. Dans le cours de ses recherches il a constaté, un fait très extraordinaire en Angleterre, c’est-à-dire l'existence d'environ 100 noms de lieux identiques à des noms de lieux semblables de la Lorraine. IL explique ce fait et prétend que l’émigration germaine ne peut pas être attribuée uniquemeut aux Saxons proprement dits, mais qu'il y a lieu d'admettre que d'autres peuplades ont également pris part à cette émigration, notamment les peuplades qui s'étaient établies sur les rives du Canal de la Manche c’est-à-dire les Francs qui se répandirent de vers le sud. Le travailde M. Schiber est repro- duit dans l'annuaire XII. p. 148 et ss.

M. Keune, directeur du musée, présente ensuite une ancienne gravure sur bois représentant les »Neuf Preux», laquelle a être exécutée avant l'invention de l'imprimerie par Gutemberg. C’est un des bijoux les plus précieux du musée

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neueren Forschungen des Herrn Briquet in Genf gehört der Druck in das Jahr 1450/51. Sodann legt Herr Keune im Auftrage des Vereins Carnuntum ein im Lager .von Carnuntum mit der Lagerbäckerei gefundenes rümisches Soldaten- brod vor.

Herr Forstrat von Daacke unterbreitet der Versammlung einen kreisrunden bearbeiteten Stein (flaches Hohlgefäss), der in den Vogesen gefnden ist. Eine Er- klärung des ‘Stückes kann vorläufig nicht gegeben werden.

Schluss der Sitzung 6 Uhr.

Sitzung am Samstag, dem 15. Dezember 1900, nachmittags 4 Uhr

im Bezirkspräsidium.

Anwesend v. Hammerstein, Wichmann, v. Daacke, Keune, Dr. Bour, Knitter- scheid, Grimme, Wolfram und etwa 50 Mitglieder.

Auf der Tagesordnung steht die Besichtigung des Archivneubaues. Herr Baurat Blumhardt giebt zunächst Erläuterungen über das Gebäude.

Das neue Archivgebäude ist nach dem Beschlusse des Bezirkstages auf der Stelle des alten unter Einbeziehung eines Teils des Präsidialgartens erbaut. Es steht in bequemer Verbindung mit dem im Jahre 1878 erbauten Archivgebäude und dem Bezirkspräsidium. Das Verwaltungsgebäude des Archivs, welches in der Mitte zwischen dem alten und neuen Aktenraum liegt, enthält im Erdgeschoss einen Raum für Aussonderung und Verpackung von Akten, sowie ein Bibliothek- und Lesezimmer, im ersten Stock den Arbeitsraum für Archivbesucher, und die Amtsräume des Archivdirektors und Sekretärs, darüber Bibliotheksräume. Der links anstossende Erweiterungsbau des alten Archivs besitzt im Erdgeschoss einen Ausstellungsraum für wertvollere Urkunden, im ersten Stok die Archivbibliothek, darüber einen Aufbewahrungsraum für Karten und Pläne. Der neue Aktenraum ist nach dem Magazinsystem gebaut, von welchem schon Vorbilder in den Archiven zu Weimar und Strassburg, in den Bibliotheken zu Augsburg, Stuttgart und Strass- burg existierten. Das Metzer Magazin lehnt sich im Wesentlichen an das Strass- burger Archiv an. Es ist ein von vier Mauern umschlossener hohler Raum von 18,50 Meter Länge, 13 Meter Breite und 14,70 Meter Höhe, in welchen ein eisernes Tragegerüst hineingebaut ist, welches die Aktengestelle und die Stockwerksfuss- böden tragen soll. Die Tragesäulen bestehen aus Schmiedeeisen und sind aus 4 Winkeln zusammengesetzt. Sie reichen vom Fussboden bis zum Dach. An ihnen sind die Trageeisen für die Gestelle und Fussböden angeschraubt. Ein Dachraum ist nicht vorhanden, die Decke des obersten Stockwerks bildet gleich- zeitig das Dach. Das Magazin hat 6 Stockwerke von 2,40 Meter Höhe. Es ist dies nach den Erfahrungen ein sehr zweckmässiges Mass, weil dabei ohne Zu- hilfenahme von Auftritten noch die obersten Gefache bestellt werden können. Die Gestelle selbst sind aus Eisen konstruiert und haben eine einfache zweck- mässige Ausbildung erhalten, die das Verstellen der Gestellbretter ermöglicht. Die Konstruktion rührt von dem bauleitenden Architekten Albrecht her, dem sie auch patentiert ist. Da die Hauptsache für ein Archiv grösste Helligkeit ist, so

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de Metz. M. Briquet de Geneve, qui a examiné cette gravure, prétend qu'elle date de l’année 1450 ou 1451. M. Keune fait voir ensuite un pain de soldat du temps des Romains, lequel a été découvert au camp de Carnuntum, les Romains avaient établi une boulangerie militaire.

M. de Daacke, conseiller des forêts, présente à l'assemblée une petite pierre de forme circulaire et travaillée (vase plat) qui a été trouvée à Gross- mann dans les Vosges. Aucune explication ne peut être donnée préalablement quant à la signification de cette pierre.

La séance est levée à 6 heures.

Séance du samedi 15 décembre 1900, à 4 h. de l’apres-midi, à l'hôtel de la Présidence.

Sont présents: MM. de Hammerstein, Wichmann, de Daacke, Keune, D' Bour, Knitterscheid, D' Grimme, Dr Wolfram et environ 50 sociétaires.

L'ordre du jour porte: Visite du nouveau bâtiment des archives départe mentales. M. Blumhardt, conseiller du gouvernement, commence par donner des explications sur la construction du bâtiment.

Conformément à la délibération du Conseil général de la Lorraine, le nou- veau bâtiment des archives départementales a été construit sur la place qu’occu- pait autrefois l’ancien bâtiment auquel on a ajouté encore une partie du jardin de la Présidence. Le nouveau bâtiment est en communicaticn directe tant avec l'hôtel de la Présidence qu'avec le bâtiment des archives construit en 1878 et qui a été conservé. Les différents bureaux des archives sont placés entre la nouvelle et l’ancienne construction servant de dépôt pour les documents et dossiers: au rez-de-chaussée, une salle pour le classement et l'emballage des dossiers ainsi qu'une salle de lecture servant en même temps de bibliothèque; au premier étage la salle de travail pour les amateurs de documents ainsi que les bureaux du di- recteur des archives et du secrétaire; au deuxième étage se trouvent les salles de bibliothèque. Dans la construction qui a été ajoutée à l’ancien bâtiment des archives nous rencontrons au rez-de-chaussée une salle dans laquelle sont exposés les documents les plus précieux, au premier étage la bibliothèque spécialement affectée au service des archives, et au deuxième étage une salle pour la conser- vation des cartes et plans. L'intérieur du dépôt principal des documents et dos- siers est disposé d’après le système de magasin, tel qu'on le rencontre aux ar- chives de Weimar et Strassburg ainsi qu'aux bibliothèques publiques d’Augsburg, de Stuttgart et Strassburg. Le magasin des archives de Metz est semblable, en son ensemble, à celui de Strassburg. L'espace compris entre les quatre murs me- sure 18,50 mètres de longueur sur 13 mètres de largeur et 14,70 mètres de hau- teur, dans lequel s'élève un échafaudage en fer destiné à supporter les rayons et le plancher des différents étages. Les colonnes en fer de forge, sur lesquelles re- pose tout le poids de l’échafaudage, se composent de quatre parties formant angle et prennent naissance sur le plancher du rez-de-chaussée et s'élèvent jusqu'au toit. A ces colonnes sont vissés les sommiers de fer qui portent les ravons et les planchers. Il n'existe pas de grenier, de sorte que le plafond de l'étage supé- rieur modifié en conséquence sert en même temps de toiture. Le magasin est divisé en six étages mesurant chacun 2,40 mètres de hauteur. L'expérience a dé- montré que l’emploi de cette hauteur est très pratique, parce qu'on peut toucher au rayon le plus élevé sans avoir besoin de se servir de marche ni d'échelle. Les rayons eux-mêmes ont également reçu une forme excessivement simple et pratique

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wurde besonderer Wert auf grosse Fensteröffnungen gelegt, die teils durch zwei, teils durch drei Stockwerke durchreichen. Da die Gestelle senkrecht zu den Fensterwänden stehen, so erhalten sie alle reichlich Licht, weil die Zwischengänge eine Breite von 1,25 Meter erhalten haben. Aber auch die Fussböden sind so hergestellt, dass sie von oben nach unten Licht durchlassen. Sie bestehen aus schmiedeeisernen Rosten, die dem von den Fenstern einfallenden Lichte den Durchgang lassen. Nur in dem zweiten Stockwerk ist aus praktischen Rücksichten ein Fussboden aus Drahtglas zwischen Eisenträgern eingelegt worden. Der Bau wurde im Sommer 1897 begonnen, und im Mai 1900 vollständig bezogen. Zwei und ein halbes Jahr waren die Archivalien in dem von der Stadt Metz unentgelt- lich zur Verfügung gestellten früheren Männergefängnis untergebracht. Der Bau ist 4 Meter tief unter der Hoffläche auf Kies fundiert und hat keinerlei Risse ge-

zeigt. Die Maurer- und Steinhauerarbeiten wurden von Bauunternehmer Heister.

rasch und gut ausgeführt, den eisernen Einbau lieferte eine Firma aus Dortmund, die Aktengestelle wurden von den Schlossermeistern Quentin und Charon geliefert, die Schreinerarbeiten vom Schreinermeister Burgard. Die Gesammtkosten werden den Betrag von 200C00 Mark erreichen.

Nach Beendigung der theoretischen Ausführungen begab sich die Versamm- lung zunächst nach dem Archivneubau, um an Ort und Stelle sich davon zu überzeugen, wie vortrefflich es die Kunst des Bauleiters verstanden hatte, Grund- riss und innere Einrichtungen allen archivtechnischen Anforderungen entsprechend zu gestalten. Aeusserlich zeigt der Bau vornehm gegliederte ausserordentlich harmonisch gestaltete Formen, im Innern aber überraschte die vorzügliche Lüftung und Lichtverteilung. Keine Spur vom Aktengeruch, das Licht aber drang trotz der ungünstigen Jahreszeit bis in die letzten Winkel. Aus den ungemein reichen Schätzen von Pergamenten und Akten hatte Archivdirektor Wolfram eine kleine Ausstellung arrangiert, die die Aufmerksamkeit der Besucher in hohem Masse fesselte.

Gegen 5 Uhr begab sich die Gesellschaft nach dem Sitzungssaale des Be- zirkspräsidiums zurück, um nunmehr den Vortrag Dr. Wolframs über die »Ge- schichte des Archivs« anzuhören. Redner ging von der allgemeinen Geschichte sämtlicher französischer Staatsarchive aus und erwähnte die grundlegenden Ver- ordnungen aus der Zeit des Julikönigtums, durch welche das französische Archiv- wesen eine so vorzügliche Organisation erhalten hat. Dann wandte er sich dem Metzer Archiv im Besonderen zu und legte auf Grund des urkundlichen Materials dar, wie durch die Revolution das Archiv entstanden ist. Der erste Archivar Le Maire, ein ausserordentlich tüchtiger Mann, hat mit den grössten Schwierig- keiten zu kämpfen gehabt, um die kostbaren Pergamente vor dem Untergang zu schützen. Insbesondere ist es die Militärverwaltung gewesen, die unbekümmert um den wissenschaftlichen Wert der Urkunden, deren Auslieferung zur Anfertigung von Patronen verlangte. Mit feinem Geschicke hat diesen Angriff der Archivar Le Maire abgewehrt: Sans doute so schreibt er que ce serait un bon usage que de les employer à faire des gargousses pour porter la mort dans les rangs des satellites des tyrans, mais il serait de la plus grande importance d’en faire usage pour écrire une histoire de la féodalité qui fut une des grandes erreurs de lesprit humain. La connaissance des écarts de la raison la prémunit contre des nouvelles chutes.

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et permettent de placer les planches de rayon à n'importe quelle hauteur. La forme de ces rayons à bras mobiles a été inventée par M. Albrecht, architecte, chargé de la direction des travaux, pour laquelle il a obtenu un brevet d'invention. La chose principale pour des archives étant la clarté, l’architecte a prévu de grandes fenêtres qui ont une longueur soit de deux soit de trois étages. Les rayons étant posés perpendiculairement aux fenêtres, ils reçoivent suffisamment de lumière, d'autant plus qu'on a laissé entre les rayons un intervalle de 1,25 mètre. Cepen- dant les planchers sont également construits de manière à laisser passer la lu- mière du haut en bas. Ils se composent d'une infinité de grilles en fer forgé lais- sant passer la lumière qui pénètre par les fenêtres. Il a été fait exception pour le plancher du deuxième étage dans lequel, pour des motifs pratiques, les grilles ont été remplacées par des plaques de verre garnies intérieurement d’un treillis de fil de fer et renfermés dans des encadrements de fer. Les travaux de cons- truction ont été commencés pendant l'été 1897 et terminés ‘complètement au mois de mai 1900. Pendant ce temps, c'est-à-dire pendant deux ans et demi, les différents fonds des archives départementales étaient déposés dans l’ancienne prison départementale des hommes que la ville avait mis à la disposition du département à titre gratuit. Les murs descendent jusqu'à une profondeur de 4 mètres sous le sol et reposent sur un fondement de gravier; jusqu'ici on n’a pu constater l’exis- tence d'aucune crevasse dafs les murs. Les travaux de maçonnerie et de sculp- ture ont été exécutés rapidement et en bonne qualité par M. Heister, entrepreneur; l’echafaudage en fer provient d'une fabrique de Dortmund, tandis que les rayons de fer ont été fournis par MM. Quentin et Charon, maitres-serruriers à Metz; les travaux de menuiserie ont été exécutés par M. Burgard. La somme totale des frais de construction atteindra le chiffre de 200000 M,

La partie théorique des explications à donner étant terminée, l'assemblée se rendit au nouveau bâtiment des archives, afin de constater de visu, combien l'architecte a su réunir dans la construction du bâtiment, tant en son ensemble que dans son organisation intérieure, toutes les conditions techniques qu’exige l’organisation d’un tel bâtiment. Du dehors le bâtiment présente des formes gra- cieuses dont l'harmonie ne laisse rien à désirer. A l’intérieur les visiteurs n’eu- rent que de l’admiration pour l'excellente ventilation et la bonne distribution de la lumière. Aucune odeur de vieux papiers à constater; malgré la mauvaise saison, la lumière pénètra jusqu'aux coins les plus réculés. M. le Dr Wolfram, directeur des archives, avait organisé une petite exposition de parchemins et documents dont les archives départementales possèdent une énorme quantité; elle excita l’at- tention des visiteurs au plus haut point.

Vers 5 heures, l'assemblée se rendit de nouveau dans la salle de réunion de l'hôtel de la Présidence pour écouter le rapport de M. le Dr Wolfram sur »l'histoire des archives départementales de Metz«. Partant de l'histoire générale de toutes les archives publiques de la France, il cite les ordonnances du gouver- nement de Juillet qui ont servi de base à l'organisation si excellente du service des archives. Puis s’occupant plus spécialement des archives départementales de Metz il explique, à l’aide de documents officiels, comment la révolution avait formé les archives. Nous rencontrons le premier archiviste en la personne de M. Le Maire, un érudit distingué, qui eut à combattre les plus grandes difficultés pour préserver de la ruine les parchemins les plus précieux. Ce fut l’administra- tion militaire, entre autres, qui, sans égard à la valeur scientifique des documents, exigeait l’extradition de parchemins pour la fabrication de gargousses. Avec une

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Freilich muss er trotz alledem 135 Pfd. Pergamente zum Opfer bringen. Noch zahlreiche derartiger charakteristischer kleiner Züge weiss der Redner mit- zuteilen; sodann spricht er über die Lokalitäten, in denen das Archiv im Laufe des Jahrhunderts seine Unterkunft gefunden hatte, und erwähnt zum Schlusse dankend der Männer, deren Eifer und Geschick es zu danken ist, dass das Archiv mit verhältnismässig geringen Verlusten und in guter Ordnung auf unsere Zeit sekommen ist. Es sind dies in erster Linie der schon genannte Le Maire, sodann aber die Archivare Sauer und Richard. Unter dem Dank des Vorsitzenden wird die Sitzung um ‘26 Uhr geschlossen.

Vorstandssitzung im Anschluss an die wissenschaftliche Sitzung.

Für die im September 1901 in Metz tagende Anthropologenversammlung wird als Lokalgeschäftsführer Dr. Wolfram gewählt. Ein erweitertes Komité soll ge- bildet und zum Beitritt sollen aufgefordert werden: Aerzteverein, Verein für Erd- kunde, Polytechnischer Verein, Akademie mit je 2 bis 3 Mitgliedern, Bürgermeister und Vertreter des Gemeinderates, Gouverneur, Kommandant, Polizeipräsident. Die Ausgrabungen des Briquetage soll Direktor Keune leiten. Das Ministerium soll um eine Unterstützung von 2000 Mk. angegangen werden.

Besichtigung der zwischen Citadellen- und Römerthor aufgefundenen Mauerreste

am Samstag, dem 12. Januar 1901, nachmittags 3 Uhr.

Anwesend etwa 50 Mitglieder. Bei Niederlegung des Walles sind Reste einer alten Mauer aufgefunden worden. Die unterste Schicht ist durch Wacken und kleingeschlagene Steine gebildet, darauf sind Baustücke, die von einem römi- sehen Bau herrühren, gelegt: Säulenschäfte, Kapitäle, Basen, Gesimsstücke u. a. Auf diesem Fundamente erhebt sich sodann eine flüchtig aufgeführte Mauer in schlechtem Opus spicatum. Archivdirektor Wolfram führt aus, dass dieses oberste Mauerwerk zwar nicht aussehe, wie man sonst römisches Mauerwerk kenne, dass er aber trotzdem auf Grund der Thatsache, dass in den um die Wende des 3. Jahr- hunderts erbauten römischen Stadtmauern überall die Verwendung von Resten öffentlicher Bauten und Grabdenkmäler charakteristisch ist, diese Mauer für die römische halte. Auch die gute Erhaltung der Baustücke, die unmöglich einer langen Verwitterung ausgesetzt gewesen sein können, mache dies wahr- scheinlich. Professor Wichmann ist der Ansicht, dass die Mauer nicht römisch sein könne, weil die Römer nie so schlecht und flüchtig gebaut hätten. Er halte

sie für ein Ueberbleibsel der Bauthätigkeit des Bischofs Robert (10. Jahrhundert),

vielleicht auch der merovingischen Zeit.

Major Schramm tritt aus fortificatorischen Gründen den Ausführungen Wolf- rams bei. Baurat Wahn weist auf ein Kapitäl hin, das noch gar nicht vollendet war, als es eingemauert wurde.

a

habileté remarquable l’archiviste, M. Le Maire, a su résister à cette exigence »Sans doute dit-il que ce serait un bon usage que de les employer à faire des gargousses pour porter la mort dans les rangs des satellites des tyrans, mais il serait de la plus grande importance d'en faire usage pour écrire une histoire de la féodalité qui fut une des grandes erreurs de l'esprit humain. La connais- sance des écarts de la raison la prémunit contre des nouvelles chutes.« Néan- moins il est forcé de sacrifier 135 livres de parchemins. L’orateur cite encore nombre de traits caractéristiques semblables ; puis il parle des locaux qui ont servi de dépôts des archives dans le courant du siècle et, finalement, rappelle la mémoire des hommes, grâce à l’assiduité et l’habileté desquels les archives ont pu être transmises jusqu’à nos jours dans le plus parfait état et dans le meilleur ordre, sans avoir à déplorer des pertes trop sensibles. Parmi ces érudits il y a lieu de se souvenir avec reconnaissance, en premier lieu de M. Le Maire déjà cité, puis des archivistes MM. Sauer et Richard.

Après quelques paroles de remerciment, le président lève la séance à 5 h. !.

Séance du Bureau immédiatement après la séance scientifique.

Le Bureau prie M. le Dr Wolfram de se charger des travaux d'organisation pour le Congrès des anthropologistes qui aura lieu à Metz au mois de septembre 1901. On décide de former un Comité se composant d’un nombre plus grand que celui qui avait été prévu auparavant. Des invitations seront lancées en ce sens à l'Association des médecins, à la Société de géographie, à la Société polytech- nique, à l'Académie de Metz, dont chacune aurait à fournir 2 à 3 délégués, puis au Maire et au Conseil municipal de la ville de Metz, au gouverneur, au com- mandant et au président de la police. Les fouilles à opérer au briquetage seront dirigées par M. Keune, directeur du Musée. Une subvention de 2000 M. sera de- mandée au Ministère d’Alsace-Lorraine.

Visite des anciennes murailles découvertes entre la porte de la Citadelle et la porte Serpenoise, du samedi, {2 janvier 1901, à 3 heures de l’après-midi.

Environ 50 sociétaires se trouvent au rendez-vous. Dans le cours des tra- vaux de démolition des remparts on a découvert les restes d’un ancien mur. La couche inférieure de ce mur est formée de cailloux et de pierres cassées en petits morceaux au-dessus desquels on avait entassé des débris de blocs de pierre pro- venant de constructions romaines, tels que tronçons de colonnes, chapiteaux, des débris de bases et moulures et autres pièces. Sur ce fondement s'élève un mur construit à la hâte avec de mauvais opus spicatum. M. le Dr Wolfram reconnait que la partie supérieure de ce mur ne ressemble pas aux murs romains qui exis- tent encore ailleurs; néanmoins il croit devoir affirmer que ce mur date de l'é- poque romaine en s'appuyant sur le fait que l'emploi des restes de monuments publics et funéraires est un point caractéristique pour tous les murs romains construits à la hâle au déclin du siècle. Ce qui rend cette supposition plus vraisemblable, c’est que ces débris de monuments sont parfaitement bien conservés et n'ont pu, par conséquent, être exposés longtemps aux intempéries de la saison. M. le Dr Wichmann, professeur, est d'avis que le mur en question ne peut pas dater de l’époque romaine, attendu que les Romains n'ont jamais exécuté de constructions ni si mauvaises ni si superficielles, Il considère ce mur comme un reste des constructions exécutées sous l’épiscopat de l'évêque Robert (108 siècle), ou peut-être aussi sous l’époque mérovingienne. M. le major Schramm partage l'opinion de M. le Dr Wolfram et ce pour des motifs résultant de l'architecture militaire,

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Sitzung am Donnerstag, dem 17. Januar (901, nachmittags 4 '/» Uhr

im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Hammerstein, von Daacke, Knitterscheid, Paulus, Keune, Bour, Grimme, Wolfram und ca. 35 Mitglieder.

Nach Vorlage der eingegangenen Tauschschriften werden Herr Major Schramm vom Fuss-Art.-Regt. 12 und Herr P. Zimmer, Oekonom des Priester- seminars, als Mitglieder aufgenommen. Der Vorsitzende giebt sodann der Freude Ausdruck, dass aus der Feder eines Mitgliedes der Gesellschaft, des Herrn Direktors Derichsweiler in Saarburg, eine auf kritischer Forschung beruhende durchaus selbständig gearbeitete Geschichte von Lothringen erschienen ist. Sodann erhält Herr Oberlehrer Dr. Grimme das Wort zu einem Vortrage über »Die reichsunmittel- baren Herren im Gebiete des heutigen Lothringens und ihre Schicksale in den Jahren 1789—1794<. Der Vortrag ist im Jahrbuche XI, p. 242 ff. in ‚erweiterter Form erschienen, sodass hier von der Wiedergabe seines Inhaltes abgesehen werden kann.

Museumsdirektor Keune kommt auf die Besichtigung des Mauerwerks vom 12. d. Mts. zurück. Unter Vorlage von Photographien der Befestigungen von Neu- magen und einiger französischer Städte erklärt er, dass er der Ansicht des Archiv- direktors Wolfram über die römische Herkunft der in der Citadelle aufgedeckten Mauer beitritt. Auch Bibliotheksdirektor Paulus äussert sich in demselben Sinne und teilt mit, dass am heutigen Tage auch Reste der das Opus spicatum be- kleidenden Blendmauern gefunden sind, die zweifellos römischer Herkunft sind. Dr. Wolfram macht noch darauf aufmerksam, dass sämtliche in der Mauer ge- fundenen Architekturteile der Zeit vor 300 angehören, dass mithin auch darin eine Bestätigung seiner Ansicht, die Mauer sei um die Wende des 3/4 Jahrhunderts erbaut, liege. Herr Keune legt 3 Brakteaten vor, welche Dr. Wolfram dem Museum geschenkt hat, desgleichen den Abdruck eines in der Berliner Münzsammlung be- findlichen Metzer Doppelthalers von 1641. Schluss der Sitzung 6 Uhr.

Sitzung am Donnerstag, dem 7. Februar 1901, nachmittags 4!/» Uhr

im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Daacke, Paulus, Dr. Bour, Wichmann, Keune, Knitterscheid, Wolfram und ca. 30 Mitglieder.

Den Vorsitz führt in Abwesenheit des in Berlin weilenden Präsidenten Archivdirektor Dr. Wolfram. Von Herrn Dr. Forrer-Strassburg ist ein Aufsatz ein- gesandt über die ältesten Skulpturen des Odilienberges. Forrers Ausführungen bestätigen, dass die Datierung, welche Dr. Wolfram in einer früheren Sitzung der Madonna von S. Gangulf gab, auf Grund der von Forrer herangezogenen gleich- artigen Skulpturen vom Züricher Münster richtig ist: beide Skulpturen entstammen dem 12. Jahrhundert.

Vorgelegt wird eine Karte der politischen Grenzen in der Saargegend von 1790 und 1814, die der Verein für die Geschichte Saarbrückens hat anfertigen lassen. Darauf erhält Herr Abbe Cuny das Wort zu einem Vortrage über den

REIT

De à

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Finalement M. Wahn, conseiller d’architecture, rend les assistants atlentifs à un chapiteau qui n'était pas entièrement travaillé lorsqu'il a servi à la construc- tion du mur.

Séance du jeudi, 17 janvier 1901, à 4 heures ‘> de l'après-midi, à l'Hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, de Daacke, Knitterscheid, Paulus, Keune, Bour, Grimme, Wolfram et environ 35 sociétaires.

M. le Président fait circuler les publications offertes en échange à la Société.

M. Schramm, major au régiment d'artillerie 12, et M. l’abb& Zimmer, économe du Grand-Séminaire, sont reçus membres de la Société.

M. le Président se fait un plaisir d'annoncer à la Société que M. le Dr De- richsweiler, directeur du gymnase de Saarburg et membre de notre Société, vient de faire publier une histoire de la Lorraine qui est le résultat de recherches ab- _solument personnelles, qu'il a soumises à la critique historique. M.le Dr Grimme, professeur supérieur, prend ensuite la parole pour entretenir l'assemblée sur »les seigneurs immédiats du territoire de la Lorraine actuelle et leur sort pendant les années 1789—1794<. La conférence de M. Grimme est reproduite dans l'annuaire XII sous une forme plus étendue, de sorte qu’il n’est pas nécessaire d'en donner ici le résumé.

M. Keune, directeur du Musée de Metz, revient à parler de la visite faite à la citadelle le 12 du courant. Il présente des photographies des travaux de fortification de Ncumagen et de quelques villes françaises et déclare partager l’avis de M. le Dr Wolfram qui avait attribué à la période romaine les restes de murs découverts à la citadelle. M. l'abbé Paulus, directeur de la bibliothèque. partage également l'avis de M. le Dr Wolfram et déclare en outre qu'on vient de découvrir des restes de murs servant au parement de l’opus spicatum dont l'origine romaine ne donne l'ombre d'aucun doute. M. le Dr Wolfram fait remar- quer que tous les débris d'architecture découverts dans le mur datent d'avant l’année 300. ce qui prouverait une fois de plus que le mur a été construit vers la fin du ou au commencement du siècle.

M. Keune présente 5 monnaies »»braknates«« dont M. le D' Wolfram a fait cadeau au musée, ainsi que le moule d'une pièce de monnaie messine appelée Doppelthaler, de l’année 1641.

La séance est levée à 6 heures.

Séance du jeudi 7 février 1901, à 4'/» h. de l'après-midi, à l'hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance MM. de Daacke, Paulus, D' Bour, Wichmann, Keune, Knitterscheid, Wolfram et environ 30 sociétaires. M. le Dr Wolfram occupe le fauteuil de la présidence en remplacement de M. le baron de Hammerstein qui s'est rendu à Berlin pour affaires de service.

M. le Dr Forrer à Strassburg a offert à la Société une brochure dans la- quelle il traite des sculptures les plus anciennes du mont St-Odile. Les explica- tions de M. Forrer concordent avec les données de M. le D' Wolfram qui, lors d’une séance antérieure, avait fixé la date de la madonne de St.-Gengoulf au 12e siècle, comme M. Forrer l'a prouvé pour les sculptures semblables de la cathédrale de Zurich.

L'on soumet à l'assemblée une carte des différentes limites politiques du pays de la Sarre depuis 1790 jusqu’en 1814. Celte carte a été exécutée par les

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weltlichen Besitz des Stiftes St. Peter zu Finstingen. Redner führt etwa Folgendes aus:

Johann v. Finstingen, der letzte männliche Spross aus der Linie Schwanhals, kaufte im Jahre 1461 alles, was das Kloster Neuweiler zu Donnelay, Ley, Abau- court und Vintremont hatte, um damit das zu gründende Stift St. Peter zu dotieren. (In Donnelay war damals der Bischof von Metz Vogt und Hochgerichtsherr; alle anderen Rechte gehörten dem Kloster In Ley handelte es sich um den Zehnten und Allodialgüter Abaucourt und Vintremont lagen unweit Nomeny. Abaucourt war als Pfarrei dem Kloster incorporiert; in demselben hatte das Kloster noch ein Hofgut Vintremont war ein kleiner Ort; der ganze Bann und die Gerichts- barkeit gehörte dem Kloster.) Dazu fügte Johann noch dasjenige, was die Finstiger als Patronatsherren in der Pfarrei Wolxheim bei Molsheim hatten. Johann starb im Jahre 1467. Seine Wittwe, Beatrix v. Ogieviller, führte seinen Plan aus und gründete im Jahre 1475 das Stift. Die Bestätigung des Bischofs erfolgte in dem- selben Jahre. Zu den Gütern, die Johann für das Stift bestimmt hatte, fügten seine Erben noch ein Drittel des Zehnten auf dem Banne von Finstingen; die Pfarrei wurde dem Stift einverleibt, ebenso der Katharinen- und Liebfrauenaltar. Zu Lohr bei Münster erhielt das Stift den Mohrweiher und ein Drittel des Zehntel, in der Pfarrei Vintringen (bei Mörchingen) das Patronatsrecht und den Zehnten zu Valleringen, das damals zur Pfarrei Vintringen gehörte.

Im Jahre 1483 wurden durch einen Vertrag zwischen dem Bischof von Metz und dem Stift die beiderseitigen Rechte in Donnelay genauer bestimmt. Der Bischof blieb Vogt und Hochgerichtsherr. Es wurde aber zum ersten Male eine gewisse Abhängigkeit Donnelay's von Marsal ausgesprochen. (Der Bischof übte die Hochgerichtsbarkeit durch seinen Beamten in Marsal aus.) Im Jahre 1560 traten die Stiftsherren ihre Besitzungen zu Abaucourt und Vintremont gegen eine Jährliche Rente von 250 Franken an Nikolaus von Lothringen, Grafen von Vaudémont, Herrn von Nomeny, ab.

Im Jahre 1565 wurde die lutherische Lehre durch die Rheingrafen in der Herrschaft Finstingen eingeführt; das Stift verlor seine in der Herrschaft gelegenen Güter und verlegte seinen Sitz nach Donnelay; die Zahl der Präbenden wurde von 13 auf 4 herabgesetzt. Im Jahre 1593 trat der Bischof dem Herzog von Lothringen die Castellanei Marsal ab. Auch Donnelay wurde dazugerechnet. Es wurde nur mehr als ein zu Marsal gehöriges Dorf betrachtet; sein Landesherr wurde der Herzog von Lothringen. 1602 wurde das Stift aufgelöst und seine Güter unter die Pfarrer von Donnelay, Finstingen, Mittersheim und Lohr (letztere 3 Pfarreien waren neu errichtet worden) verteilt. 1661 fiel Donnelay durch den Vertrag von Vincennes an Frankreich. 1667 richtete Karl Heinrich, Prinz v. Vaudémont, das Stift mit dem Sitze in Finstingen wieder auf und gelangte mit vieler Mühe wieder in den Besitz des grössten Teiles seiner Güter.

Durch den Beschluss der Nationalversammlung vom 4. August 1789 verlor das Stift seine herrschaftlichen Rechte, die es noch zu Donnelay hatte. Am 15. Januar 1790 erschienen die Stiftsherren vor der Stadtbehörde zu Finstingen, um Angabe über ihren Besitz zu machen: Ihr Gesamteinkommen belief sich auf 6481 livres, 15 sols, 6 deniers, die Gesamtausgabe auf 1500 livres, 8 sols, 4 deniers. Die Güter wurden kurz darauf versteigert, der Erlös von der Regierung eingezogen.

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soins de la Société historique de Saarbrücken. La parole est accordée ensuite à M. l'abbé Cuny pour entretenir l'assemblée sur le temporel de la collégiale St-Pierre à Fénétrange. La conférence de M. Cuny se résume ainsi qu'il suit:

Jean de Fénétrange, le dernier descendant mâle de la branche des Schwan- hals se rendit acquéreur, en 1461, de tous les biens appartenant au couvent de Neuweiler à Donnelay, Lev, Abaucourt et Vintremont pour les donner en dotation à la collégiale St.-Pierre nouvellement fondée Donnelay l'évêque de Metz possé- dait la vouerie ainsi que la haute-justice: tous les autres droits appartenaient au couvent A Ley il s’agit de la dime et des biens allodiaux Abaucourt et Vintremont étaient situés à proximité de Nomeny. Abaucourt était incorporé au couvent comme paroisse; le couvent possédait encore une ferme dans la même localité Vintremont était une petite localité; le ban entier et la justice appartenaient au couvent). À ces biens Jean de Fénétrange ajouta encore les biens que possédaient les sieurs de Fénétrange dans la paroisse de Wolxheim près de Moisheim en leur qualité de patrons de la paroisse. Jean mourut en 1467. Sa veuve Beatrice d’Ogieviller exécuta son plan et créa la collégiale en 1475. La fondation reçut l'approbation de l’évêque dans le courant de la même année. Aux biens que Jean de Fénétrange avait désignés comme devant appartenir à la collégiale, ses héritiers ajoutèrent encore un tiers de la dime sur le ban de Fénétrange;- la paroisse ainsi que l'autel de Ste-Catherine et de la Vierge furent cédés à la collégiale. A Lohr, près de Munster, la collégiale fut mise en possession de l'étang de Mohr et d’un tiers de la dime, dans la pa- roisse de Vintringen (près de Mörchingen), en outre, le droit de patronage et la dime à Valleringen, village qui dépendait, à cette époque, de la paroisse de Vintringen.

Une convention passée en 1483 entre l'évêque de Metz et la collégiale détermine les droits appartenant aux deux parties dans la localité de Donnelay. L'évêque conserve la qualité de voué et de seigneur haut justicier. Pour la première fois il v est fait mention de la dépendance de Donnelay de Marsal Marsal l'évêque fait exercer la haute-justice par un délégué). En 1560 le chapitre de la collégiale cède à Nicolas de Lorraine, comte de Vaudémont et seigneur de Nomény, leurs possessions à Abaucourt et Vintremont moyennant une rente annuelle de 250 fr.

En 1565 les Rhingrafs introduisent la doctrine luthérienne dans la seigneurie de Fénétrange ; la collégiale est privée de ses possessions situées dans la seigneurie et transfère son siège à Donnelav; le nombre des prébendes, primitivement treize, est réduit à quatre.

En 1593 l'évêque cède au duc de Lorraine la chätellenie de Marsal, y compris la localité de Donnelay. Donnelay n’est plus considéré que comme dé- pendance de Marsal, dont le duc de Lorraine est seigneur. En 1602 la collégiale est dissoute et ses biens sont partagés entre les paroisses de Donnelay, Féné- trange, Mittersheim et Lohr dont les {rois dernières avaient été nouvellement créées. En 1661 le village de Donnelay, aux termes du traité de Vincennes, est cédé à la France.

En 1667 Charles Henri, prince de Vaudémont, rétablit la collégiale et lui assigne comme résidence la ville de Fénétrange. La collégiale obtient avec beau- coup de peine d'être mise de nouveau en possession de la plus grande partie de ses biens.

= A

Alsdann spricht Herr Professor Dr. Wichmann über »Die alte Mauer zwischen dem Citadellen- und Römerthor«. Er geht davon aus, dass die Linie, welche Dr. Wolfram für die Westseite der römischen Stadtbefestigung festgestellt hat und die nach dessen Ausführungen meist auf der Höhe oder als Futtermauer in halber Höhe des Berges entlang lief, falsch ist. Vielmehr soll nach Wichmann die alte römische Befestigung, wie man auch vor Wolfram angenommen hatte, unten am Fusse entlang gegangen sein, das sei schon durch fortifikatorische Rücksichten seboten. Nach Süden hin, führt der Redner aus, sei nun die jetzt gefundene Mauer keinesfalls die römische, da die Mauertechnik absolut nicht römisch sei. Dem Redner erwidert zunächst Dr. Wolfram und weist darauf hin, dass Herr Professor Wichmann das wesentlichste Beweisstück seiner Beweisführung nicht beachtet habe. Im 12. Jahrhundert wird nämlich die Kirche St. Victor, welche etwas oberhalb des Scriba’schen Hauses lag, noch als »in suburbio St. Stefani« also vor der Stadtmauer gelegen, bezeichnet. Selbstverständlich ist das nur eine Reminiscenz des früheren Zustandes; denn um diese Zeit hatte die Stadterweiterung, welche Anglemur begriff, schon stattgefunden. Was aber die Südmauer angehe, so lasse sich aus der Mauertechnik als solcher für römisch oder nicht römisch überhaupt nichts beweisen. Aber wie sei es zu erklären, dass unter den sämt- lichen jetzt und früher gefundenen Skulpturstücken, Grabsteinen etc. auch nicht ein Stück sei, das aus der Zeit nach dem 3. Jahrhundert stamme, wie sei es möglich, dass alle diese Stücke noch so frisch und unverwittert wären, wenn sie noch Jahrhunderte lang als Ruin gestanden hätten ?

Hiernach nimmt Herr Major Schramm das Wort und zeigt, dass gerade fortifikatorische Gründe dafür sprächen, dass man die Mauer auf der Höhe und nicht am Flusse entlang geführt habe.

Endlich erklärte Herr Dr. Keune, dass das aufgehende Mauerwerk in der That nichts beweise, wohl aber die Fundamentierungsblöcke voller Beweiskraft seien. Wenn wir genau dieselben Fundamentierungen in ca. 20 Städten oder befestigten Plätzen hätten, die nachweislich alle um 300 befestigt seien, so sei der Schluss berechtigt, dass auch die Metzer Befestigung derselben Zeit angehöre, dass wir es also mit der römischen Stadtmauer zu thun hätten. Nach einigen Schluss- bemerkungen des Herrn Professors Dr. Wichmann, die sich vor allem auf die Westmauer beziehen, wird die Sitzung gegen 7 Uhr geschlossen.

Sitzung am Donnerstag, dem 21. Februar 1901, nachmittags 4'/» Uhr im Bezirkspräsidium. Anwesend von Hammerstein, Knitterscheid, von Daacke, Paulus, Welter, Keune, Wichmann, Dr. Bour, Wolfram und etwa 30 Mitglieder. Neu aufgenommen wird Herr stud. jur. E. Becker in Landorf.

Der Vorsitzende teilt mit, dass auf Antrag des Herrn Staatssekretärs Seine Durchlaucht der Herr Statthalter eine Summe von 2000 Mk. zur Vorbereitung des

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Le décret de l'assemblée nationale du 4 août 1789 prive la collégiale de ses droits seigneuriaux qu’elle possédait encore à Donnelay. Le 18 janvier 1790 les chanoines de la collégiale se présentent à l'autorité municipale de Fénétrange pour y faire la déclaration de leurs biens. La totalité de leurs revenus s'élève à 6481”livres, 15 sols, 6 deniers. Les dépenses atteignent le chiffre de 1500 livres 8 sols, 4 deniers. Peu de temps après, les biens de la collégiale sont vendus comme biens nationaux au profit de la caisse de l'Etat.

M. le professeur D' Wichmann fait ensuite quelques remarques au sujet de l’ancien mur découvert entre la porte de la Citadelle et la porte Serpenoise, M. Wichmann prétend que la ligne d'emplacement de l'enceinte romaine telle qu'elle a été déterminée par M. le Dr Wolfram pour le côté ouest ne peut pas être exacte. Selon M. le Dr Wolfram le mur d'enceinte en question (mur de re- vêtement) était adossé à la hauteur ou à mi-hauteur du point culminant. M. Wich- mann déclare que cette assertion est erronée. Il prétend, au contraire, que l’an- cien mur d'enceinte, ainsi qu'il a été démontré primitivement, a être élevé au pied de la hauteur; les considérations d'architecture militaire imposent cette opinion. Le mur d’enceinte qui vient d'être mis à jour au sud de la ville n'a pu faire partie de l'enceinte romaine, par la raison majeure que le genre de construction de ce mur ne correspond nullement au mode de construction usité chez les Romains.

M. le Dr Wolfram réphque à M. le professeur Wichmann et lui fait remar- quer qu'il n’a pas pris en considération la preuve la plus éclatante de ses ex- plications antérieures. Au 12° siècle l’église St-Vietor, qui était située un peu plus haut que la maison Scriba actuelle, est désignée comme se trouvant encore »in suburbio Sti-Stephani<, par conséquent en dehors du mur d’enceinte. Il est bien entendu que cette remarque ne doit être considérée que comme souvenir de l’état primitif; car au 12° siècle l'agrandissement de la ville englobant le quartier d’Anglemur était déjà un fait accompli. Quant à la question de savoir si le mur découvert à la porte de la Citadelle est d'origine romaine ou non, les considérations tirées du mode de construction ne prouvent absolument rien. Par contre, comment s'expliquer que, parmi les débris de sculptures et de pierres tumulaires etc. découverts actuellement et antérieurement, il ne se trouve pas une seule pièce qu'on puisse attribuer à l’époque qui suit le 3e siècle. Si ces pierres ont été exposées pendant des siècles aux intempéries de la saison, com- ment se fait-il, qu’elles sont toutes encore si fraîches et intactes ?

M. le major Schramm appuie les considérations de M. Wolfram et ce, pour des motifs d'architecture militaire. Il est également d'avis que le mur d'enceinte s’etendait, non le long de la rivière, mais au contraire, sur la hauteur telle qu'elle a été fixée par M. Wolfram.

Finalement M. le Dr Keune cherche également à prouver que le mode de construction employé n’a aucune signification mais, qu’au contraire, il y a lieu de considérer les blocs de pierre employés pour la construction du mur comme la preuve la plus évidente de son origine romaine, Dans 20 autres villes ou places forlifiées, dont les murs d'enceinte ont été construits également vers l'an 300, on rencontre exactement le même genre de fondation; il est permis de conclure que le mur en question de la citadelle appartient également à la même époque, c'est-à-dire à l'époque romaine. Enfin M, le Dr Wichmann fait encore quelques répliques au sujet du mur d'enceinte du côté ouest. La séance est levée vers 7 heures.

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Anthropologentags der Gesellschaft bewilligt hat. Die Versammlung spricht ihren Dank für diese Zuwendung aus. UE

Herr Notar Welter-Lörchingen legt die Resultate seiner Ausgrabungen von Grabhügeln bei Saaraltdorf und zwei römischen Villen bei Lörchingen vor. “Die ersteren weisen Produkte der neolithischen Zeit auf; in demselben Hügel haben sich aber auch Gräber mit eisernen Beigaben gefunden. In anderen sind Bronce- und Lignitringe aufgedeckt worden. En

Die Fundstücke aus den römischen Villen sind ausserordentlich reichhaltig. Feld- und Gartengeräte, Handwerkszeug der verschiedensten Art, Gefässreste von der rohesten bis feinsten Qualität etc. Herr Welter erläutert die Fundumstände an der Hand eines guten, von Herrn Haas in Alberschweiler aufgenommenen Grundrisses der römischen Bauten. Der Vorsitzende spricht den Dank der Ver- sammlung für die gründliche Art der Ausgrabungen und die Bereicherung des Museums aus.

Herr Baurat Döll spricht über die Mosel und Seille bei Metz zu römischer und frühmittelalterlicher Zeit. Der Vortragende beweist zunächst, dass der älteste Metzer Handel sich an der Seille, nicht an der Mosel entwickelt hat. Dann stellt er die Ansicht auf, dass die Mosel zu römischer Zeit überhaupt nicht durch die Stadt gegangen sei, sondern ihren Lauf lediglich durch den heutigen grossen Moselarm an der Todtenbrücke gehabt habe. Den Beweis für diese Auffassung entnimmt der Redner vor allem einem Atour des 15. Jahrhunderts, in dem aus- geführt wird, dass die Stadt durch die Beschädigungen des Wadrineau-Wehres ohne Wasser gewesen sei. Sie könne also vor dem Bau des Wadrineau-Wehrs kein Wasser gehabt haben. Nach Anlage des Wehrs sei dann ein Hochflutgraben zwischen Symphorien- und Pulverinseln tiefer ausgearbeitet worden.

In Vertretung des Vorsitzenden, der während der Sitzung abgerufen wird, dankt Dr. Wolfram für die überaus anregenden Ausführungen. Er knüpft daran die Bemerkung, dass die alte Lage des Marktes an der Seille auch bestätigt werde durch die zahlreichen Kaufhallen, die im Mittelalter da gelegen hätten und durch die Wohnungen der Wechsler, die sich dort vorfanden. Dann wendet er sich aber gegen den zweiten Teil der Ausführungen und weist darauf hin, dass im 12. Jahrhundert die Georgsbrücke vorhanden gewesen sei; dass Venantius Fortunatus ausdrücklich sage, die Stadt läge im Winkel zwischen Mosel und Seille, dass endlich eine Anlage zwischen zwei Flüssen überhaupt gallische Gewohnheit gewesen sei. Auch Professor Wichmann spricht sich in demselben Sinne aus, desgleichen Bibliotheksdirektor Paulus. Nach längerer Debatte wird die Sitzung gegen 6 Uhr geschlossen.

Sitzung am Donnerstag, dem 7. März 1901, nachmittags 4'/ Uhr im Bezirkspräsidium.

Anwesend von Hammerstein, Dr. Bour, Paulus, Keune, Knitterscheid, Wich- mann, von Daacke, Wolfram und ca. 20 Mitglieder. Hg

Der Vorsitzende legt fünf wundervoll erhaltene Steinbeile vor, die Herr Weiss in seiner Sandgrube zu Longeville gefunden und der Gesellschaft zur Ver-

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Séance du jeudi 21 février 1901, à 4 h. '/» de l'après-midi, à l’hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance MM. de Hammerstein, Knitterscheid, von Daacke, Paulus, Welter, Keune, Wichmann, Dr Bour, Wolfram et environ 30 sociétaires.

_ M.E. Becker, étudiant en droit, à Landorf, est reçu membre de la Société.

M. le Président annonce à l'assemblée que Son Altesse le Statthalter a mis à la disposition de la Société une subvention de 2000 M. destinée à couvrir les frais du prochain congrès des anthropologistes, L'assemblée exprime ses remer- ciments au gouvernement.

M. Welter, notaire à Lörchingen, soumet à l'assemblée les résultats des fouilles qui ont été pratiquées sur des tumuli à Saaraltdorf et dans 2 villas ro- maines près de Lörchingen. Dans les tumuli l'on a découvert des produits de la période néolithique ainsi que des sépultures renfermant des ustensiles en fer. Dans d’autres tumuli l'on a rencontré des anneaux en bronze et en lignite.

Les trouvailles faites dans les villas romaines sont excessivement nom- breuses. A côté d’ustensiles de labourage et de jardinage, d'outils d'ouvriers les plus variés, l'on rencontre une quantité de débris de vases, les uns d’un travail très grossier, les autres d’une qualité la plus fine, etc. A l'aide d'un plan dressé par M. Haas à Alberschweiler M. Welter fait la description des différentes parties des villas les objets ont été découverts. M. le Président remercie M. Welter, d’abord pour son rapport si détaillé et instructif et ensuite pour l’enrichis sement du musée.

M. Doell, conseiller d'architecture, fait ensuite une conférence sur la Mo- selle et la Seille près de Metz à l’époque romaine et au début du moyen-äge. L'orateur démontre d'abord que le commerce de l’ancien Metz a eu son plus grand développement, non sur la Moselle, mais sur la Seille. II émet ensuite l'opinion qu'à l'époque romaine, la Moselle n’a pas traversé la ville, mais n'a eu qu'un seul lit, c’est-à-dire le grand bras actuel qui passe sous le pont des Morts. Comme preuve de cette assertion, il cite un atour de la cité de Metz du 15 siècle, duquel il appert, qu'à la suite d’endommagements de la digue de Wadrineau, la ville a été privée d'eau. M. Doell eonclut donc, qu'avant la construction de la digue, le bras secondaire de la Moselle n’a pas existé. Après la construction de la digue la ville a fait creuser entre l’île St-Symphorien et la poudrière un fossé destiné à recevoir les grandes eaux.

En remplacement de M. le Président qui s'est absenté pendant la séance M. le Dr Wolfram remercie l’orateur pour sa conférence si intéressante. Il fait remarquer en même temps que l'existence du marché à proximité de la Seille est démontrée par les nombreuses halles de marchandises installées à proximité de cette rivière pendant le moyen-âge ainsi que par les établissements des chan- geurs qui étaient en grande vogue. M. le D' Wolfram vient à parler de la seconde partie de la conférence de M. Doell et fait remarquer que le pont Saint-Georges existait déjà au 12e siècle. Le poète Venantius Fortunatus dit expressément que la ville est située dans l'angle formé par la Moselle et par la Seille, et qu'enfin les Gaulois ont eu pour habitude de s'établir à l’embranchement des deux cours d’eau. M. le professeur Wichmann et M. Paulus, directeur de la bibliothèque de la ville, s'expriment dans le même sens. Après quelques répliques données de part et d’autre, la séance est levée à 6 heures.

Séance du jeudi, 7 mars 1901, à 4 heures 2 de l'après-midi, à l'Hôtel de la Présidence.

Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Dr Bour, Paulus, Keune, Knitter- scheid, Wichmann, de Daacke, Wolfram et environ 20 autres sociétaires.

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fügung gestellt hat und spricht Herrn Weiss den Dank für das von neuem bethätigte Interesse an den Arbeiten der Gesellschaft aus. Pfarrer Colbus aus Altrip überreicht der Gesellschaft einen Thonstempel aus dem vorigen Jahrhundert, eine rohgearbeitete Diana römischer Herkunft (Relief) und zwei von Pater Scheil aus Aegypten mit- gebrachte Ziegelstempel. Gleichzeitig berichtet er über Mardellen. Die Unter- suchung der letzteren soll im nächsten Sommer unter Zuziehung des Herrn Professor Dr. Wichmann sattfinden.

Von dem Conservator der elsässischen Denkmäler Herrn Wolf ist eine Einladung zur Besichtigung einer von ihm veranstalteten Ausstellung der Pläne und Bilder der elsässischen klassierten Denkmäler eingegangen, den der Vor- sitzende zur Kenntnis der Mitglieder bringt.

Herr Huber-Saargemünd hat 8 Tafeln mit Plänen und Inschriftensteinen vom Herapel in je 800 Exemplaren für das Jahrbuch zur Verfügung gestellt. Dank.

Der Vorsitzende giebt Mitteilung über die Bildung des Comites zur Vor- bereitung des Anthropologentags. Neu aufgenommen werden die Herren: Ober- leutnant Fahrmbacher (4. bayr. Inf.-Regt.], Leutnant Knabe (Inf.-Regt. 174), wissen- schaftlicher Hilfslehrer Gangloff, sämtlich in Metz und Buchhändler Fuchs in Zabern.

Herr Pfarrer Kirch aus Escheringen spricht über die Lepra und die Leprosenhäuser in Lothringen. Da der Vortrag Aufnahme im Jahrbuche finden wird, kann von einer Inhaltsangabe Abstand genommen werden.

Schluss der Sitzung 6 Uhr.

Vorstandssitzung im Anschluss an die wissenschaftliche Sitzung.

Anwesend die oben genannten Vorstandsmitglieder.

Von Trier ist eine Einladung zur Entsendung eines Delegierten für die Hundertjahrfeier der Gesellschaft für nützliche Forschung eingegangen. Mit der Vertretung der Gesellschaft wird Archivdirektor Dr. Wolfram beauftragt, ausserdem wird Bibliotheksdirektor Paulus sich anschliessen.

Im Anschluss an dieses Fest findet die Hauptversammlung des Verbandes der süd- und westdeutschen Vereine statt. Als Vertreter der Gesellschaft wird Museumsdirektor Keune gewählt.

Herr Professor Dr. H. Bresslau wird als Mitglied der Kommission für Heraus- gabe lothringischer Geschichtsquellen gewählt.

Als Ausflüge für den Sommer 1901 werden in’s Auge gefasst: 1. Plappeville, Lorry und Woïppy, 2. Bitsch und Schorbach, 3. soll die Gesellschaft für nützliche Forschung zu einem Ausiluge nach Metz eingeladen und mit ihr das Museum und die Wasserleitung in Jouy-aux-Arches besichtigt werden.

Sitzung am Donnerstag, dem 21. März 1901, nachmittags 4: Uhr im Bezirkspräsidium.

Anwesend: von Daacke, Paulus, Wichmann, Knitterscheid, Welter, Wolfram und ca. 20 Mitglieder. Entschuldigt: Huber, Keune. Der Vorsitzende ist verreist. In dessen Vertretung eröffnet Dr. Wolfram die Sitzung mit Mitteilungen über

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M. le Président présente à l’assembl&e 5 haches en silex merveilleusement bien conservées que M. Weiss a découvertes dans sa sablière de Longeville et qu'il met à la disposition du musée de la Société. Des remerciments sont votés à M. Weiss pour la part active qu’il prend aux travaux de la Société.

M l'abbé Colbus, curé à Altrip, offre à la Société, d’abord l'empreinte d’un sceau en terre argileuse, empreinte qu’il y a lieu d'attribuer au siècle passé, puis un relief grossièrement travaillé représentant la déesse Diane, d'origine romaine, enfin 2 sceaux sur brique apportés d'Egypte par le R. P. Scheil. Il parle en même temps des mardelles dans les environs d'Altrip, sur lesquelles il rend l’assemblée spécialement attentive. Dans le courant de l'été prochain, M. le professeur Dr Wich- mann entreprendra d'étudier ces mardelles.

Le conservateur des monuments historiques de l’Alsace, M. Wolf, a adressé à la Société une invitation en vue de visiter l'exposition des plans et dessins des monuments alsaciens classés qu'il a organisée. M. le Président fait part de cette invitation à l'assemblée.

M. Huber, de Saargemünd, a fait don à la Société de 8 feuilles différentes contenant la reproduction des plans et des pierres avec inscriptions du Hérapel. Ces feuilles, au nombre de 800 exemplaires chaque, sont destinées à être incor- porées dans l'annuaire. Remerciments.

M. le Président donne quelques renseignements au sujet de la formation du Comité chargé des préparatifs pour le prochain Congrès des anthropologistes.

Sont reçus membres de la Société: MM. Fahrmbacher, lieutenant en pre- mier au régiment bavarois 4, Knabe, lieutenant au régiment d'infanterie 179, Gangloff, professeur, demeurant tous à Metz, et M. Fuchs, libraire à Zabern.

M. l'abbé Kirch, curé à Escheringen, fait ensuite sa conférence sur la lèpre et les léproseries en Lorraine. Son travail devant être reproduit dans l’annuaire> il n’est pas nécessaire d’en donner ici un aperçu.

La séance est levée à 6 heures.

Séance du Bureau immédiatement aprés la séance scientifique.

Sont présents: les membres du Bureau désignés ci-dessus.

La Société pour les recherches utiles à Trèves a invité notre Société à se faire représenter à l’occasion du centenaire de cette Société savante. M. le Dr Wolf- ram, directeur des archives, ainsi que M. l'abbé Paulus, directeur de la biblio- thèque, sont désignés comme délégués.

En même temps et à la même date aura lieu à Trèves le Congrès de l’as- sociation des Sociétés historiques de l'Allemagne du Sud et de l'Ouest. M. Keune, directeur du Musée, est chargé de représenter notre Société à ce Congrès.

M. le Dr H. Bresslau, professeur d'Université, est élu membre de la com- mission chargée de la publication des sources de l’histoire lorraine.

Le Bureau projette les excursions suivantes pour le courant de l'été 1901: à Plappeville, Lorry et Woippy; à Bitsch et Schorbach; visite du Musée et des arches de Jouy en compagnie de la Société pour les recherches utiles de Trèves qui sera spécialement invitée à cet effet.

Séance du jeudi 21 mars 1901 à 4 heures !/» de l'après-midi, a l'hôtel de la Présidence. Sont présents MM. de Daacke, Paulus, Wichmann, Knitterscheid, Weller, Wolfram et environ 20 autres sociétaires. MM. Huber et Keune se sont fail excuser. M. le Président étant en voyage, M. le Dr Wolfram occupe le fauteuil

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die Beschlüsse der letzten Vorstandssitzung. Als Mitglied aufgenommen wird Herr E. Lévêque, Bauunternehmer in Riedingen. |

Herr Welter überreicht 4 mit Figuren verzierte Fliessen, die beim Abbruch der protestantischen Kirche in Saarburg gefunden sind. Sie gehören dem 13. Jahr- hundert an. Derselbe schenkt der Gesellschaft 30 eiserne Kaminplatten. Der Vorsitzende spricht Herrn Welter für diese schöne und wertvolle Gabe den besten Dank der Gesellschaft aus.

Herr Dr. Grotkass-Rodemachern spricht über das Karolingische Königsgut in Lothringen, ins Besondere im Kreise Diedenhofen. Er führt aus, dass das: ganze Moselthal von der Orne bis Rettel-Berg Königsgut gewesen sei. Nördlich habe sich dann das Königsgut fortgesetzt über Simmingen, Beiern, Bür- meringen und Elwingen. Das Königsgut ist bald durch Schenkungen verkleinert worden. So kommt schon 699 ein Teil von Berg an Echternach, 842 vergibt Lothar 13 Höfe in Beiern (ad Buras), Elwingen und Birmingen kommen an St. Maximin in Trier. Königsmachern ist bis 1065 königlicher Besitz geblieben; in diesem Jahre gibt es Heinrich IV. an Maria-Magdalena in Verdun. Der Mittelpunkt des gesamten Besitzes ist aber Diedenhofen und Jeutz. Bis 997 verfügen die Könige hier noch über Grundstücke und Baulichkeiten. Flörchingen ist sogar bis 1136 königlicher Besitz geblieben. Der Vortragende, der sich nicht auf eine blosse Aufzählung von Namen und Daten beschränkt, sondern das Interesse der Zuhörer durch die Einfügung weiterer historischer Notizen über das spätere Schicksal der einzelnen Ortschaften trefflich zu beleben versteht, bringt noch weiteres urkund- liches Material, dessen ausführliche Wiedergabe hier zu weit führen würde, mit dem aber die Ansicht des Redners über die Ausdehnung des alten Besitzes überzeugend dargethan wird. Der Vorsitzende dankt Namens der Anwesenden und bemerkt, dass die Ausführungen des Herrn Dr. Grotkass dadurch wesentlich gestützt werden, dass in dem umschriebenen Gebiete keine Herrensiedelungen auf heim vorkommen. Auch die Herren Paulus und Wichmann beteiligen sich an der Besprechung.

Schluss der Sitzung um 6 Uhr.

Sitzung der historischen Kommission zur Herausgabe lothringischer Geschichts- quellen am Samstag, dem 8. Dezember, nachmittags 4 Uhr im Bezirksarchiv.

Anwesend die Mitglieder der Kommission: Bezirkspräsident Freiherr von Hammerstein, Archivdirektor Dr. Wiegand-Strassburg, Stadtarchivar Dr. Winkel- mann-Strassburg, Archivdirektor Dr. Wolfram, Oberlehrer Dr. Grimme, Professor Dr. Wichmann, Oberst a. D. Dr. Kaufmann, Bibliotheksdirektor Paulus, ausserdem auf Einladung Professor Dr. Follmann und Archivassistent Dr. Müsebeck. Es fehlt Abbe Dorvaux.

Tagesordnung: Berichterstattung über die Fortschritte der Arbeiten zur Herausgabe lothringischer Geschichtsquellen.

Nach den Begrüssungsworten des Präsidenten legt Archivdirektor Dr. Wolfram den Zusammenhang der Metzer Chroniken dar. Auf Grund seiner eingehenden Ausführungen wird ihre Herausgabe in folgender Reihenfolge beschlossen : t

1. Chronik der Kaiser aus dem luxemburgischen Hause, besonders wegen ihrer Beziehung zu den Reichsangelegenheitenr. Hierbei soll der von Bouteiller-Bonnardot herausgegebene Guerre de Metz wiederum ab- gedruckt werden.

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de la présidence. Il communique à l'assemblée les délibérations prises dans la dernière séance du Bureau. M. E. Lévêque, entrepreneur à Riedingen, est reçu membre de la Société. M. Welter soumet à l'assemblée 4 carreaux de brique glacée ornés de figures qui ont été mis à jour lors de la démolition du temple protestant de Saarburg. Ils proviennent du 13e siècle. M. Welter fait, en outre, don au musée de la Société de 30 taques de cheminées. Le président exprime ses remercîments, au nom de la Société, pour la part si active que prend M. Welter aux travaux de la Société d'archéologie.

M. le Dr Grotkass de Rodemachern prend ensuite la parole pour entretenir l'assemblée sur »le domaine royal des Carlovingiens en Lorraine, notamment dans l'arrondissement de Thionville. La vallée entière de la Moselle, dit l'ora- teur, qui s'étend depuis l'Orne jusque Rettel-Berg faisait partie du domaine royal. Au nord, le domaine royal s'est constamment agrandi en prenant la direction de Simmingen, Beiern, Bürmeringen et Elwingen. Mais ce domaine ne tarda pas à s’amoindrir par suite de donations successives. Dès l'an 699 nous constatons qu'une partie du village de Berg est attribuée à Echternach, en 842 Lothaire dispose de 13 propriétés à Beiern (ad Buras) pour en faire diffé- rentes donations ; Elwingen et Bürmingen sont attribués à l’abbaye de St. Maximim à Trèves, Königsmachern est resté domaine royal jusqu'en 1065, à laquelle date il fut donné par l'empereur Henri EV à l'abbaye Ste-Marie-Madeleine à Verdun. Le centre du domaine royal se trouvait à Thionville et Yutz, la cour royale disposait encore en 997 de différents immeubles. Florange a fait partie du domaine royal jusqu'en 1136. L’orateur ne se contente pas de faire une nomenclature de noms et de dates, mais il sait exciter l'attention des auditeurs en ajoutant une série de renseigne- ments historiques se rapportant au sort ultérieur des différentes localités. Il cite à l'appui une foule de documents, qu’il est impossible de reproduire ici in extenso, mais qui prouvent à l'évidence l'étendue de l'ancien domaine royal. Le président se fait l'interprète de l'assemblée en remerciant l’orateur. Il fait remarquer que les explications de M. le Dr Grotkass sont d'autant plus vraisemblables, que le domaine en question ne renferme aucune colonie seigneuriale dont le nom se termine en heim. MM. Paulus et Wichmann donnent quelques explications dans le même sens.

La séance est levée à 6 heures.

Séance de la Commission historique pour la publication des sources de l’histoire lorraine du samedi 8 décembre, à 4 heures de l’après-midi, aux archives départementales.

Sont présents les membres de la Commission, à savoir: MM. le baron de Hammerstein, président du département, le Dr Wiegand, directeur des archives départementales à Strassburg, le Dr Winkelmann, archiviste de la ville de Strass- burg, le Dr Wolfram, directeur des archives, le Dr Grimme, professeur supérieur, le Dr Wichmann, professeur, le Dr Kaufmann, colonel en retraite, Paulus, directeur de la bibliothèque, ainsi que M. le professeur Follmann et Dr Müsebeck assistent aux archives, ces deux derniers spécialement convoqués. M. l'abbé Dorvaux est absent.

L'ordre du jour porte: Rapport sur l'avancement des travaux concernant la publication des sources de l’histoire lorraine.

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. Die Bischofschronik. . Die Schöffenchronik. . Chronik des Philipp von Vigneulles. . Chronik des Praillon. 6. Kleine Cölestinerchronik.

Die Vorarbeiten des Herrn Abbé Paulus zur Herausgabe der Metzer Bischofs- regesten sollen fortgesetzt werden. Als Termin für die Bearbeitung wird das Jahr 1260 festgesetzt. Ein endgültiger Beschluss über die Herausgabe der Regesten- soll erst in Jahresfrist gefasst werden, wenn der Referent die Durchsicht des gedruckten Materials beendet und die Kommission sich auf Grund der von ihm angefertigten Regesten über ihre Fassung geeinist hat.

Professor Wichmann berichtet über den Fortgang der Arbeiten zur Heraus- gabe der Schreinsrollen. Diese Publikation soll vorläufig beschränkt werden auf das 13. Jahrhundert, so dass von den vorhandenen 60 nur 16 in Betracht kommen. Ihre Abschrift soll binnen Jahresfrist beendet sein.

Eine bedeutende Förderung haben die Vorarbeiten des Professors Follmann zur Herausgabe des Wörterbuchs erfahren. Im Sommer ist eine Anleitung zur Berichterstattung gedruckt und an die Lehrer in deutsch redenden Gebieten Loth- ringens versandt worden, umfangreiche Sammlungen sind ihm von Privatpersonen zur Verfügung gestellt, von ihm selbst etwa 1400 Ausdrücke gesammelt und er- läutert.

Die Herausgabe der vatikanischen Regesten soll in Rom von Dr. Sauerland fortgesetzt werden. Mit Herausgabe des Registers wird Oberlehrer Dr. Grimme betraut.

Von allen Seiten wird eine schnellere Förderung des Druckes gewünscht. Archivdirektor Dr. Wolfram wird beauftragt, mit dem Vertreter der Druckerei sich in Verbindung zu setzen und den Vertrag dahin abzuschliessen, dass die Unter- stützung von 28,50 Mk. pro Bogen seitens der Gesellschaft sich verringert, wenn der angesetzte Termin zur Fertigstellung der einzelnen Druckbogen durch die Druckerei nicht eingehalten wird.

Schluss der Sitzung 6 Uhr.

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M. le President souhaite d’abord la bienvenue aux assistants puis charge M. le Dr Wolfram d’exposer le plan des chroniques messines. A la suite de ses explications détaillées, l'assemblée décide de procéder à la publication des sources dans l'ordre suivant:

la chronique des empereurs de la maison de Luxembourg à cause de

leurs rapports avec les affaires de l'Empire. A cette occasion la Guerre de Metz publiée par MM. Bouteiller-Bonnardot sera imprimée de nouveau ; la chronique des évêques ;

la chronique des échevins ;

4 la chronique de Philippe de Vigneulles ;

la chronique de Praillon ;

la petite chronique des Célestins.

Les travaux préparatoirs de M. l’abb& Paulus concernant les régestes des évêques de Metz seront continués. Ces travaux comprendront les évènements arrivés à partir de l’année 1250.

Une décision définitive à ce sujet ne sera prise que dans le délai d'un an, dès que le rapporteur aura fini de parcourir les œuvres imprimées et que la commission aura pris une décision au sujet de la teneur à donner aux régestes.

M. le professeur Wichmann donne des détails sur l'avancement des travaux relatifs à la publication dessröles du ban de tréfonds. Ces derniers seront limités au 13e siècle, de sorte que sur le nombre de ces rôles (il en existe 60), il v aura lieu de n'en prendre que 16 en considération. La copie de ces rôles sera terminée dans le délai d’un an.

Les travaux préparatoires de M. le professeur Follmann en vue de la publication d’un dictionnaire des dialectes sont très avancés. Dans le courant de l'été dernier M. Follmann a fait parvenir aux instituteurs de la partie alle- mande de la Lorraine un questionnaire, auquel la plupart lui ont envoyé les réponses. Des collections importantes ont été mises à sa disposition par des per- sonnes privées et lui-même a collectionné et expliqué environ 1400 expressions.

La publication des regestes du Vatican commencée à Rome par M. le Dr Sauerland sera continuée. M. le Dr Grimme, professeur supérieur, est chargé d’en dresser la table des matières.

Tous les assistants sont unanimes à exiger de la part de l'imprimerie un peu plus de zèle dans l'impression des manuscrits. M. le Dr Wolfram est chargé de se mettre en rapport avec le conseil d'administration de l'imprimerie et de conclure avec ce dernier un contract dans lequel il y aura lieu de stipuler que la Société se réserve le droit de retrancher la gratification spéciale de 28,50 M. par cahier, toutes les fois que le délai fixé pour la livraison des différents cahiers ne sera pas observé.

La séance est levée à 6 heures,

BR

Verzeiehnis der mit der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde in Schriftenaustausch stehenden Vereine mit Angabe

6.

der bis 25, III 1904 eingegangenen Tauschsehriften.

. Aachen. Aachener Geschichtsverein,

Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Band 22 (1900).

. Aarau. Historische Gesellschaft für den Kanton Aargau.

Argovia, Band 28 (1900). Taschenbuch für das Jahr 1900.

. Altenburg. Geschichts- u. Altertumsforschende Gesellschaft der Osterlande.

Mitteilungen, Band 11 (1899), Heft 2.

. Antwerpen. Académie royale d'archéologie de Belgique.

Bulletin, tome X (1901).

. Arlon. Institut d'archéologie luxembourgeoise.

Annales, tome 35 (1900). Bar-le-Duc. Société des sciences, lettres et arts. Mémoires, tome 7 (1898).

. Basel. Historische und antiquarische Gesellschaft.

Jahresbericht 1898/99.

. Bayreuth. Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken.

Archiv, Band 21 (1899) Heft 1.

. Belfort. Société Belfortaine d’&mulation.

Bulletin, tome 19 (1900).

. Berlin. Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine.

Korrespondenzblatt, Jahrgang 49 (1901) Nr. 2/3. Protokoll der General- versammlung Dresden (1900).

. Berlin. Märkisches Provinzialmuseum.

Brandenburgia, Jahrgang IX (1900) Heft 4 bis 6.

2. Berlin. Touristenklub der Mark Brandenburg.

Mitteilungen, Jahrgang X (1901) No. 3. Jahresbericht 17 (1900).

. Berlin. Verein für die Geschichte Berlins.

Preussische Krönungsgeschichte. Mitteilungen, Jahrgang 1901 No. 3.

. Berlin. Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg.

Forschungen zur brandenburgischen und preussischen Geschichte, Band 13 (1900) Heft 2.

5. Berlin. Verein Herold.

Der deutsche Herold, Jahrgang 31 (1900).

5. Bern. Historischer Verein des Kantons Bern.

Archiv des historischen Vereins, Band 16 (1900) Heft 1.

7. Birkenfeld. Birkenfelder Verein für Altertumskunde.

Chroniken der Pfarreien der Aemter Birkenfeld und Frauenberg. Die Altburg bei Bundenbach. 3onn. Verein für Altertumsfreunde im Rheinlande. Jahrbücher, Heft 106 (1901).

1%

20.

29.

33.

4, 35. 36.

37.

41

Brandenburg a. H. Historischer Verein für Brandenburg. Jahresbericht 31 (1899).

Breslau. Museum schlesischer Altertümer. Zeitschrift des Vereins, Band 34 (1900).

. Breslau. Verein für Geschichte und Altertum Schlesiens. Codex diplo-

maticus Silesiae, Band 20 (1136—1528). Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift, Band 7 (1899) Heft 4.

. Bromberg. Historische Gesellschaft für den Netzedistrikt.

Jahrbuch, Jahrgang 1899.

. Brüssel. Société des Bollandistes

Analecta Bollandiana, tome 19 Heft 4 (1900).

. Danzig. Westpreussischer Geschichtsverein.

Zeitschrift des westpreussischen Geschichtsvereins Heft 42 (1900). Ge- schichte der ländlichen Ortschaften und der 3 kleineren Städte des Kreises Thorn (1900) Lieferung II.

5. Darmstadt. Historischer Verein für das Grossherzostum Hessen. (Gross-

herzogliche Hofbibliothek). Quartalblätter, Jahrgang 1899 No. 13—16. Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, Band 2 (1899) Heft 2. Oberhessisches Wörter- buch, Lieferung 3 und 4.

. Dessau. Verein für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde.

Mitteilungen, Band 8 (1900) Heft 6.

. Dillingen. Historischer Verein.

Jahrbuch 12 (1899).

28. Dresden. Königlich Sächsischer Altertumsverein.

Neues Archiv, Band 21 (1900). Jahresbericht 1899/1900. Festschrift zum 75Jährigen Jubiläum (1900). Sammlung des Vereins in ihren Hauptwerken. Donaueschingen. Fürstlich Fürstenbergisches Archiv. Fürstenbergisches Urkundenbuch, Band 1—7. (Bis 1507), Mitteilungen aus dem Fürstenbergischen Archive, Band 1 (1510—1559).

. Düsseldorf. Geschichtsverein.

Jahresbericht 1899, Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Band 15 (1900).

. Eisenberg. Geschichts- und Altertumsforschender Verein.

Mitteilungen, Heft 16 (1901).

. Eisleben. Verein für Geschichte und Altertümer der Grafschaft Mansfeld.

Mansfelder Blätter, Jahrgang 14 (1900). Schriftennachweis zur Mansfeld- schen Geschichte und Heimatkunde (1898). Elberfeld. Bergischer Geschichtsverein. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 34 (1899/1900). Re- gister zu Band 1--30. Epinal. Société d’&mulation du département des Vosges. Annales, Jahrgang 1898. Erfurt. Verein für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Mitteilungen, Heft 21 (1900). Essen. Historischer Verein für Stadt und Stift Essen. Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 19 (1898). Frankfurt a. M. Verein für Geographie und Statistik. Jahresbericht 61—63 (1896— 99).

39.

40.

43.

44.

45.

46.

47.

48.

49.

50,

BD.

56.

- du

.Frankfurta. M. Verein für Geschichte und Altertumskunde.

© Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Band 6 (1899). Mitteilungen über römische Funde in Heddernheim. Freiburg i. B. Breisgau-Verein »Schau ins Land«. 27. Jahrlauf (1900). Freiburg i. B. Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde im Breisgau. Zeitschrift der Gesellschaft, Band 15 (1899).

. Giessen. Oberhessischer Geschichtsverein.

Mitteilungen, Band 9 (1900).

2. Görlitz. Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz.

Tafel der Altertümer. Görlitz. Oberlausitzische Gesellschaft für Geschichtswissenschaft. Neues Lausitzisches Magazin, Band 76 (1900). Codex diplomaticus Lu- satiae superioris Il, Band II Heft 1 (1429 und 1430). Göttingen. Königliche Gesellschaft der Wissenschaften. Nachrichten, Jahrgang 1900 Heft 3. Geschäftliche Mitteilungen, Jahr- gang 1900 Heft 2. (Gotha. Vereinigung für Gothaische Geschichte und Altertumsforschung. Blätter der Vereinigung, Jahrgang 3 Heft 4 (1900). Graz. Historischer Verein für Steiermark. Mitteilungen, Heft 47 (1899). Beiträge zur Kunde Steiermärkischer Ge- schichtsquellen, Heft 30 (1899). Greifswald. Rügisch-Pommerscher Geschichtsverein. Pommersche Jahrbücher, Band 1 (1900). Guben. Niederlausitzische Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde. Zeitschrift, Band 6 Heft 6 (1900). Halle. Thüringisch-Sächsischer Geschichts- und Altentumsverein. Neue Mitteilungen aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen Band 20 (1900) Heft 3/4. Hamburg. Verein für Hamburgische Geschichte. Mitteilungen, Jahrgang 20 (1900). Zeitschrift Band X, 3 (1899). Gesamt- register der Veröffentlichungen von 1839—99.

. Hanau. Hanauer Geschichtsverein.

Jahresbericht 1898/99.

. Hannover: Historischer Verein für Niedersachsen.

Zeitschrift des historischen Vereins, Jahrgang 1900.

53. Heidelberg. Grossherzoglich Badische Universitätsbibliothek (Historisch-

philosophischer Verein). Neue Heidelberger Jahrbücher, Jahrgang X, Heft 1 (1900).

. Hermanstadt. Verein für siebenbürgische Landeskunde.

Archiv des Vereins, Band 29 (1900), Heft 2. Jahresbericht 1898/99. Die Repser Burg. Hildburghausen. Verein für Meiningische Geschichte und Landeskunde. Schriften des Vereins, Heft 37 (1901). Hohenleuben. Vogtländischer Altertumsforschender Verein zu Hohenleuben und Schleiz. Jahresbericht 67, 68, 69 (bis 1899).

Dé:

61.

62.

45

Homburg v.d. H. Verein für Geschichte und Altertumskunde. Heft 6: Beitrag zur Lebensgeschichte des Erbprinzen Friedrich Joseph von Hessen-Homburg.

. Jena. Verein für thüringische Geschichte und Altertumskunde.

‚Zeitschrift des Vereins, Band 12, Heft 1 (1900).

. Innsbruck. Ferdinandeum.

Zeitschrift des Ferdinandeums, Heft 44 (1900).

. Insterburg. Altertumsgesellschaft.

Zeitschrift der Altertumsgesellschaft, Heft 6. Jahresbericht 1898. Kassel. Verein für hessische Geschichte und Altertumskunde. Zeitschrift des Vereins, Band 16—24 (1899). Mitteilungen 1891/98. Der Briefwechsel des Mutianus Rufus. Das Kasseler Bürgerbuch. Kiel. Schleswig - Holsteinische Lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte, Zeitschrift der Gesellschaft, Band 30 (1900).

. Kiel. Schleswig-Holsteinisches Museum vaterländischer Altertümer. . Köln. Historischer Verein für den Niederrhein.

Annalen des historischen Vereins, Heft 69 (1900).

. Köln. Historisches Archiv der Stadt Köln.

Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln, Heft 30 (1900).

. Königsberg. Altpreussische Monatsschrift.

Altpreussische Monatsschrift, Band 37, Heft 7/8 (1900).

. Landsberg a. d. Warthe. Verein für Geschichte der Neumark.

Schriften des Vereins, Heft 9/10 (1900).

. Landshut. Historischer Verein für Niederbayern.

Verhandlungen des historischen Vereins, Band 36 (1900).

9. Leipzig. Verein für Geschichte Leipzigs.

Schriften des Vereins, Band 6 (1900).

. Linz a. D. Museum Francisco-Carolinum.

58. Jahresbericht (1900). Bibliothekskatalog des Museums II Nachtrag (1900).

. Lübeck. Verein für Lübecksche Geschichte und Altertamskunde.

Zeitschrift des Vereins, Band 8, Heft 1 (1899).

. Lüttich. Archives Belges.

Revue critique d’historiographie nationale, 3. Jahrgang (1901), Nr. 2.

. Lüttich. Institut archéologique liegeois.

Bulletin, tome 29, Heft 1, 2 (1900, 1901).

74. Lüttich. Société d'art et d'histoire du diocèse de Liège.

Bulletin, tome 12, Heft 2 (1900). Archives liègeoises, organe mensuel de la société, 1898, No. 12.

. Luxemburg. Institut royal du Grand-Duché de Luxembourg.

Publications de la section historique, Band 46, 47 und 49a (1898/99, 1900),

. Luxemburg. Verein für Luxemburger Geschichte, Litteratur und Kunst.

Ons Hémècht, Jahrgang VII, (1901) Heft 3,

. Luzern. Historischer Verein der 5 Orte.

Der Geschichtsfreund, Band 55 (1900).

. Magdeburg. Verein für Geschichte und Altertumskunde des Herzogtums

und Erzstifts Magdeburg. Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, Jahrgang 35 (1900), Heft 2,

22:

80.

98.

IR

416

Mainz. Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Altertümer. Zeitschrift des Vereins, Band IV (1900), Heft 2/3. Der alte israelitische Friedhof in Mainz. Mannheim. Altertumsverein. - Katalog der Ausstellung von Kupferstichen. Kataloge, N. F. Band I; Münzen und Medaillen (1900). Geschichtsblätter, Jahrg. Il Cu "No. 3.

. Meissen. Verein für Geschichte der Stadt Meissen.

Mitteilungen, Band 5 (1900), Heft 3.

2. Metz. Akademie.

Mémoires 1898/99.

3. Metz. Verein für Erdkunde.

22. Jahresbericht (1899/1900):

.Montmédy. Société des naturalistes et archéologues du nord de la Meuse,

Mémoires, tome XI (1899).

5. Mülhausen. Mülhäuser Altertumsverein.

Mülhäuser Geschichtsblätter, Jahrgang I, Heft 1, 2 (1900/1901).

. München. Akademie der Wissenschaften.

Sitzungsberichte 1900, Heft 4. Imhaltsverzeichnis der Sitzungsberichte (1886— 1899).

. München. Altertumsverein.

Zeitschrift, Jahrgang XI (1900).

. München. Historischer Verein für Oberbayern.

Altbayrische Monatsschrift, Jahrgang 2 (1900). Heft 4, 5, 6.

9, München. Monatsherichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel

Monatsberichte, Jahrgang I, Heft 4, 5 (1901).

. Nancy. Société Hahehebloyie lorraine.

Mémoires, Band 27 (1899).

. Neuburg a.D. Historischer Verein.

Neuburger Collektaneenkblatt, Jahrgang 63 (1899).

: Neuschätel. Société Neuschäteloise de géographie.

Bulletin, tome 12 (1900).

. Nürnberg. Germanisches Nationalmuseum.

Anzeiger und Mitteilungen des Germanischen Metionälmekeiihe Jahr- gang 1900, Heft 4.

Nürnberg. Verein für die Geschichte der Stadt Nürnberg.

Mitteilungen, Heft 13 (1899). Jahresbericht 1898.

395. Oldenburg. Oldenburger Landesverein für Altertumskunde.

Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg, Band 9 (1900).

. Osnabrück. Verein für Geschichte und Landeskunde.

Mitteilungen, Band 25 (1900).

. Paderborn. Verein für Geschichte und Altertum Westfalens.

Zeitschrift für vaterländische Geschichte u. Allertumskunde, Bd. 58 (1900). Philadelphia. Museum of archaeology in connection with the university of Pennsylvania.

Free museum of science and art., Bulletin No, 3/4 (1898).

Plauen i. V. Altertumsverein. 3 5

Mitteilungen, Heft 13. Jahresschrift 1897/99. Regésten zur Orts- und

Familiengeschichte, Band II (1485-1563).

100.

108.

109.

110.

111.

112.

113.

114.

115.

116.

117.

118.

119,

41

Posen. Historische Gesellschaft für die Provinz Posen. Zeitschrift der historischen Gesellschaft, Band 14 (1899). Historische Monatsblätter, Jahrgang I, Heft 4—7 (1900).

. Prag. Lese- und Redehalle deutscher Studenten.

Jahresbericht 1899.

. Prag. Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen.

Mitteilungen, Jahrgang 38 (1900).

. Raigern: Redaktion der Studien des Benediktiner- und Cisterzienserklosters.

Studien und Mitteilungen, Jahrgang 21 (1900).

. Ravensburg. Diöcesanarchiv von Schwaben.

Jahrgang 18, No. 10—12 (1900).

5. Regensburg. Historischer Verein der Oberpfalz und Regensburg.

Verhandlungen, N. F. Band 42 (1898).

. Reval. Esthländische litterarische Gesellschaft.

Beitıäge zur Geschichte Liv-, Esth- und Curlands, Band V, Heft 4 (1900).

. Riga. Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen

Russlands.

Sitzungsberichte aus dem Jahre 1899. Mitteilungen, Band 17, Heft 3 (1900).

Roda.. Geschichts- und Altertumsforschender Verein zu Kahla und Roda.

Mitteilungen, Band V, Heft 4 (1900). Urkunden zur Geschichte der Stadt Kahla.

Rostock. Verein für Rostocks Altertümer. Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Band III, Heft 1 (1900). Saarbrücken. Historisch-antiquarischer Verein. Geschichte der Grafschaft Saarbrücken, Heft 7 (1900). Schwäbisch-Hall. Historischer Verein für württembergisch Franken. Beilage zu den Württembergischen Vierteljahrsheften, N. F. VIT (1900). Schwerin. Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Jahrbücher und Jahresberichte, Band 65 (1900). Speyer. Historischer Verein der Pfalz. Mitteilungen, Band 24 (1900). Stendal. Altmärkischer Museumsverein.

Beiträge zur Altmärkischen Landes- und Volkskunde.

Stettin. Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde.

Baltische Studien N. F. Band 3 (1899 , Monatsblätter (1899) No. 1—12. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Stettin, Heft 1,2,3

St. Die. Société philomatique Vosgienne.

Bulletin, Jahrgang 25 (1199-—1900).

St. Petersburg. Commission impériale archéologique.

Seit 1894 nichts eingegangen.

Stockholm. Konigl. Vitterheits historie och antiquitäts academien.

Monatsblatt 1895. Vidskepelser vantro och Huskurer. Om Nickelharpospelet.

Stockholm. Nordiska Museum.

Samfundet för Nordiska Museets främjande 1898. Nordiska Museet inför 1900 ärs Riksdag. Nordiska Museets Tiugufemarsminne 1873—98. Meddelanden frän Nordiska Museet (1899). Foreningen for Norsk Folkemuseum, Marsberetning (1900).

120.

123.

124

125.7

126.

128.

129. 130.

131.

132. 133. 134.

135.

136.

4,37.

47

Strassburg. Gesellschaft für Erhaltung geschichtlicher Denkmäler im Elsass. Mitteilnngen, Band 20 (1899). . Strassburg. Vogesenklub. Jahrbuch 16 (1900). Mitteilungen No. 34 (1900). 2, Stuttgart. Württembergischer Altertumsverein.

Vierteljahrshefte, Jahrgang IX (1900), Heft 3, 4. oem Re Adels- und Wappenbuch, Heft 1—8. Thorn. Koppernikus-Verein für Wissenschaft und Kunst. Mitteilungen, Heft 12 (1899). . Torgau. Altertumsverein. Verüffentlichungen, Heft 12 (1898). Trier. Gesellschaft für nützliche Forschungen. Jahresbericht 1894—99. Trier. Trierisches Archiv. Stadtbibliothek. Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek. 5. Heft (1900), 1. Abteilung. Heft IV.

7. Ulm. Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben.

Mitteilnngen, Heft 9 (1900).

Upsala. Humanistische Vetenskaps Samfundet (Königliche Universitäts- bibliothek).

Skrifter, Band 6 (1899).

Washington. Smithsunion Institution. Report, jear ending june 30, 1899. Wernigerode. Zeitschrift des Harzvereins. Band 33 II (1900). Wien. Akademischer Verein deutscher Historiker. Bericht über das Vereinsjahr 1898/99. Papst Liberius, Beitrag zur Ge schichte des Adrianismus (1900). Wien. Archäologisch-Epigraphisches Seminar der Universität.

Bericht des Vereins Carnumtum 1887—98. Jahreshefte, Band 3! (1900). Wien. Heraldische Gesellschaft Adler.

Jahrbuch, Band 10 (1900). Monatsblatt, Band V (1901) No. 3.

Wien. Numismatische Gesellschaft.

Numismatische Zeitschrift, Band 31 (1899).

Wiesbaden. Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichts- forschung.

Annalen, Band 31 (1900). Mitteilungen 1899/1900 No. 1—4. Wolfenbüttel. Ortsverein für Geschichte und Altertumskunde zu Braun- schweig und Wolfenbüttel.

Braunschweigisches Magazin, Band 5 (1899).

Worms. Altertumsverein. ‚Die Halbbrakteatenfunde von Worms und Albenheim (1900).

—. 49

Verzeichnis

der

Mitglieder der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde

nach dem Stande vom 1. April 1901.

TABLEAU

DES

MEMBRES DE LA SOCIÉTÉ D'HISTOIRE ET D'ARCHÉOLOGIE LORRAINE.

A. Ehrenmitglieder. Membres honoraires. 1. Herr Dr. Kraus, Professor an der Universität Freiburg. 2. , E. Huser, Fabrikant, Saargemünd. 3 , LEMPFRID, Gymnasialdirektor, Thann. B. Ordentliche Mitglieder. Membres titulaires. 4. Herr Apr, Kommerzienrat, Forbach.

5. G. Apr, Fabrikbesitzer, Forbach.

6. ,„ ALBERT, Notar, Saargemünd.

7. , ALEXANDER, Ludwig, Saarburg.

8. ,, Dr. ANACKER, Sanitätsrat Kreisarzt, Diedenhofen. 9. ,, Dr. Asverus, Sanitätsrat, Metz.

10. ,, Augry, Kaufmann, St. Quirin.

11. , AÄUDEBERT, Direktor der Mittelschule, Metz.

12. Bach, Lehrer, Longeville.

13. ,, Dr. Baıer, Regierungs- und Schulrat, Metz.

14. , von BARDELEBEN, Generalleutnant z. D., Berlin W. 15. Dr. Basrıan, prakt. Arzt, Lixheim.

16. , BAYER, Apotheker, Metz.

17. ,, Bazin, Notar, Metz.

18. ,„ van DER BECkE, Hüttendirektor, Ückingen.

19. ,, BECKER, Pfarrer, Lixheim.

20. , Becker, Bauunternehmer, Metz.

21. ,, BECKER, stud. jur., Landorf.

22. ,„ Benper, Oberlehrer am bischöfl. Gymnasium, Montigny. 23. ,, Bentz, Abbe, Oberlehrer, Montigny bei Metz.

24. ,, BerGrozp, Mittelschullehrer, Metz.

25. ,„ Berr, I. Beigeordneter, Saarburg.

26. ,„ BESLER, Professor, Direktor der Realschule, Forbach. 27. BETTEMBOURG, Katar Kurzel.

28. Bibliothek des Bezirksarchivs, Metz.

1697 Sl:

Bezirkspräsidiums, Metz.

—. 8

30. Bibliothek der Stadt Hagenau.

Si a des Landesausschusses für Elsass-Lothringen, Strassburg i. E 32. Herr BiRKENMEYER, Seminaroberlehrer, Metz.

33. ,„ De. Biscuorr, Notar, Diedenhofen.

34. ,„ Biscnorr, Regierungsrat Strassburg 1. E.

35. Dr. BLocn, Privatdocent, Strassburg i. E.-Ruprechtsau. 36. ,, Brummarot, Regierungs- und Baurat, Metz.

37. , Bock, Vic a Seille:

38. ,„ Borxé Photograph, Saarburg 1. L.

39. Bour, Gemeinderatsmitglied, Metz.

40. Bour, Abbé, Professor, Goetzenbrück 1. L.

41. ,„ Bour, Pfarrer, Deutsch-Oth.

42. Dr. E. Bour, Professor, Metz, Priesterseminar. 43. ., Bouvy, Oberlehrer, Montigny,

44. ,„ Dr. Branp, Sanitätsrat, Bürgermeister, Saarburg. 45. Dr. Bremer, Universitätsprofessor, Bonn.

46. Dr. BressLau, Universitätsprofessor, Strassburg. 47. ,„ Bricka, Ingenieur, Direktor der Glashütte, Vallerysthal. 48. ,, Brorcnmann, Gymnasiallehrer, Saarburg.

49. ,„ Dr. Brucn, Regierungsrat, Metz.

50. ,, Bucx, Ingenieur, Longeville.

51. Bürgermeisteramt Bitsch.

52. Er Diedenhofen.

hs. a“ Dieuze.

54. Forbach.

55. 5 Metz.

56. > Saaralben.

57 % Saargemünd.

58. = St. Avold.

59. Herr Dr. Büsıng, Landgerichtsrat, Metz.

60. ,, CaıtLoup, Baurat, Weissenburg.

61. ,, CHALer, Pfarrer, Waldwiese.

62. ,, Cnary J.. Oberhomburg i. L.

63. ,, CHATELAIN, Pfarrer, Wallersberg.

64. ,„ CHATELAIN, Pfarrer, Montigny.

65. ,, CHAZELLE, Lehrer, Metz.

66. ,, Carıstıany, Abbé, Seminaroberlehrer, Pfalzburg. 67. ,„ CnrisriAny, Archiv-Sekretär, Metz.

68. ,, Corsus, Pfarrer, Altrip.

69. ,, CoRrDEVMAnNn, Kreisdirektor, Diedenhofen.

70. ,, Courte, Hauptlehrer, Metz.

71. ,, Cuny, Abbé, Montigny.

72. ,, von Daackr, Regierungs- und Forstrat, Metz.

73. ,, Dar, Polizeipräsident, Strassburg 1. E,

74. ,, Decker, Notar, Kattenhofen.

75. ,„ Dr. DErICHswEILER, Gymnasialdirektor, Saarburg 1. L. 76. Direktion der Bezirksirrenanstalt Saargemünd.

77. Herr Dirscx, Gutsbesitzer, Finstingen.

481

78. Herr Dönner, Apotheker, Metz.

79. ,„ Dörr, Baurat, Metz.

80. ,, Dorvaux, Direktor am Priesterseminar, Metz.

81. ,„ van DEN Driesch, Kreisschulinspektor, Metz.

82. ,„ Dusaroın, Bildhauer, Metz.

83. ,„ Dr. Dümurer, Professor, Geheimer Ober-Regierungsrat, Berlin. 84. ,, Duponr, Abbe, Insmingen.

85. ,, Dr. Enter, Generaloberarzt, Metz.

86. ,„ Dr. ErxsixG, Direktor der höheren Töchterschule, Metz. 87. Der. Ernst, Regierungs- und Schulrat, Metz.

88. ,„ Dr. men. Ernst, prakt. Arzt, Metz.

89. ,„ Ernst, Bauinspektor, Saarburg 1. L.

90. ,„ ErrinGer, Pfarrer, Puzieux.

91. ,„ EAHRMBACHER, Oberleutnant, Metz.

92, ,, Fave, Rentner, Lörchingen.

93. ,„ Dr. FaAymonvizze, Metz.

94. , Dr. Fıcker, Professor, Strassburg 1. E.

95. , von Fisenne, Baurat, Garnison-Bauinspektor, Danzig. 96. ,, Firzau, Rechtsanwalt, Diedenhofen.

97. ,. FLeEıscHer, Stadtbaumeister, Metz.

98. ,, FLoranGEe, Numismatiker, Paris.

99. , FLORANGE, TH., Ingenieur, Brüssel.

100. ,, ForLmann, Professor, Metz. 101. ,, _FOoLScHWEILER, Pfarrer, Morsbach.

102. , Dr. FREUDENFELD, Kreisdirektor, Saarburg 1. L. 103. ,, Friprici, Stadtarchivar, Metz.

104. , Frirscu, Abbe, Oberlehrer, Montigny.

105. ,„ FROMMHAGEN, Oberstleutnant, Weissenburg.

106. ,„ Froraru, Kommunalbaumeister, Diedenhofen.

107. , Fuchs, A, Buchhändler, Zabern

108. , Freiherr von GAGERN, Geheimer Regierungsrat, Potsdam.

109. ,, Gairzscn, Eisenbahnbau- und Betriebsinspektor, Saarburg 1. L. 110. ,, Gaxnczorr, Wissenschaftlicher Hülfslehrer, Metz.

111. , Freiherr von GEMMINGEN, Kreisdirektor, Forbach.

112. ,„ GEeorGer, Bezirkstagsmitglied, Foulcrey.

113. ,, _GEPPERT, Oberstleutnant, Strassburg i. E.

114. , Dr. GiTTLER, prakt. Arzt, Novéant.

115. , Grmmann, Apotheker, Bolchen.

116. , Dr. GNÂDINGER, Gymnasialoberlehrer, Metz.

117. ,, Goetz, Regierungssekretär, Metz.

118. ,„ Gouvy, Oberhomburg i. L.

119. ,, von GRAFENSTEIN, Rittmeister z. D., Neunkirchen.

120. ,„ GrAUvOGEz, Ingenieur, Oberhomburg i. L.

121. von Grimm, Hauptmann, Feld-Art.-Regt. 169, St. Avold. 122. ,, Dr. Grimme, Oberlehrer, Metz.

123. ,„ Dr. Grorkass, Rodemachern.

124. Gymnasialbibliothek, Saargemünd.

125. Herr Haas, Erster Staatsanwalt a. D., Geh, Justizrat, Metz.

126. Herr Haren, Justizrat, Metz.

127. 128. 129. 130. 151. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 173: 172. 173.

von HAGEN, Oberst,Zabern.

Hann, Oberlehrer, Grunewald bei Berlin. HALLBAUER, Forstmeister, Metz.

Dr. HALLıer, Pfarrer, Diedenhofen.

Hamanr, Abbé, Oberlehrer, Montigny.

Hann, Justizrat, Metz.

HAMMERBACHER, Leutnant, Dieuze.

Freiherr von HAMMERSTEIN, Bezirkspräsident, Metz. Dr. von Hanıer, Landrat a. D., Landonvillers.

Dr. Hasse, prakt. Arzt, Diedenhofen.

Haupt, Oberst a. D., Giessen.

Freiherr von Hausen, Hauptmann z. D., Loschwitz. v. HEERINGEN, Oberst u. Brigadier d 4. Gendarmerie-Brigade, Magdeburg. Heix, Bürgermeister, St. Avold.

Heisrer, Bezirkstagsmitglied, Metz.

HExNEQUIN, Notar, Wallersberg.

HERMESTROFF, Hof-Hofphotograph, Metz. HERRMANN, Lycealdirektor, Metz.

Dr. HERMANN, Professor, Montigny.

HERTZoG, Architekt, Metz.

Dr. HerTzoG, Spitaldirektor, Colmar.

HEYDEGGER, Baurat, Metz.

Dr. HEYMESs, Pfarrer, Walscheid.

HEYN, Regierungsrat, Metz.

Hixricus, Oberfürster, Beauregard b. Diedenhofen. Horrmann, Baurat, Saarburg 1. L.

Dr. Horrmann, Oberlehrer, Longeville.

Dr. Horrmann, Oberlehrer, Metz, Arnulfschule. HourerT, Redakteur des « Lorrain », Metz.

Hourrt, Pfarrer, Gosseimingen.

HUuBER, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen und Frankenthal. Hück, Leo, Busendorf.

Dr. Huxp, Strassburg i. E.

Dr. M. Jaunez, Saargemünd.

JEAN, Pfarrer, Dürkastel.

ILsE, Forstassessor, Pfalzburg.

Dr. JostEn, Professor, Metz.

Irte, Amtsgerichtsrat, Bitsch.

JuxG, Oberrealschullehrer, Metz.

KarcHER, Gutsbesitzer, Neunkirchen.

Dr. Kaurmann, Oberst a. D., Queuleu.

Kayser, Regierungsrat, Colmar 1. E.

Keiz, Kommunalbaumeister, Metz.

KELLER, Hauptlehrer, Gorze.

KEunE, Direktor des Metzer Museums, ar Kırcn, Abbé, Escheringen.

Kırzach, Lehrer, Rozérieulles.

483

174. Herr Dr. Kırstein, Falk b. Hargarten.

175. , v. Kısrowskı, Schloss Helleringen b. Bensdorf.

176. , Kzicue, Divisionspfarrer, Mörchingen.

177. ,„ KznGzer, Lehrer, Metz.

178. ,, KrorstecH, Ober-Stabsarzt, Saarburg.

179. ,, Knase, Leutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz. 180. ,„ Knaur, Oberpostdirektor, Metz.

181. ,, v.n. KneseBeck, Oberstleutnant, Strassburg i. E. 182. ,„ Kairrerscuein, Baurat, Metz. 183. ,„ Freiherr von Kramer, Bürgermeister, Metz.

184, ,„ KRrEnER, Erzpriester, Mörchingen.

185. , KrüÜGEr, Professor, Metz.

186. ,„ Krürer, Hauptlehrer, Metz.

187. ,„ Kücuzy, Erzpriester, Saarburg.

188. ,„ Dr. Kuuw, Oberlehrer, Diedenhofen.

189. Künne, Leutnant im Infanterie-Regiment 136, Dieuze. 190. ,, Lasroıse, Landesausschussmitglied, Wuisse. 191. Dr. LaGEr, Domkapitular, Trier.

192. ,„ LANzBERG, Amtsgerichtsrat a.D., Vic.

193. ,, LAruE, Mittelschullehrer, Metz.

194. ,, Lause, Bauingenieur, Ars a. d. M.

195. , Lazarn, Kommerzienrat, Metz.

19%. , Lemoine, Kreisschulinspektor, Chäteau-Salins. 197. , Leron», Lehrer, St. Julien.

198. ,, Lespranp, Abbe, Oberlehrer, Montigny.

199. , LEUCHERT, Notar, St. Avold.

200. ,„ LÉvÈque, Bauunternehmer, Riedingen.

201. Levy, J., Notar, Saarburg.

202. ,„ Levy, Kaufmann, Saarburg.

203. ,„ Freiherr von LIEBENSTEIN, Polizeipräsident, Metz. 204. ,„ von LoEPER, Bürgermeister, Saargemünd.

205. Lorenz, Ingenieur, Karlsruhe.

106. Done He Metz.

207. ,, Dr. LupewiG, Oberstabsarzt, Pfalzburg.

208. ,„ Lupus, Buchhändler, Metz.

209. ,. Lurz, Brauereibesitzer, Saarburg.

210. Lyceum, Metz.

211. Herr Dr. MarckwAro, Bibliothekar, Strassburg 1. E.

212. Frhr. MarsCHALL v. BIEBERSTEIN, Oberleutnant, Infanterie-Regt. 98, Metz. 213. ,„ Dr. Marrın, Professor, Strassburg i. E.

214. ,„ Dr. Marrın, Abbe, Nancy, Ecole St. Sigibert. 215. ,, MaArtzorr, Oberförster, Chäteau-Salins.

216. ,„ MavkıecHEL, Kreis-Bauinspektor, Chäteau-Salins. 217. ,„ Dr. Menez, Regierungs- und Medicinalrat, Metz. 218. ,„ Menprer, Kreisschulinspektor, Saargemünd. 219. MExxY, Kreisdirektor, Chäteau-Salins.

220. Moss le, Metz. 221. Metzer Presse, Metz,

484

222. Herr Meurın, Hypothekenbewahrer, Saargemünd.

223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. 233. 234. 235.

Dr. Meyer, prakt. Arzt, Saarburg.

Meyer, Abbé, Oberlehrer, Metz, Arnulfschule. Moruock, Baurat, Diedenhofen.

Dr. Mosser, Bürgermeister, Amanweiler. Mürter, Arpnons, Mitarbeiter der Monumenta Germaniae, Berlin. Dr. MÜsEBEcK, Archivassistent, Metz.

Ners, Konsul, Johannesburg in Transvaal. NEUBAUER, Regierungssekretär, Metz. NEuBoURG, Hauptmann, Dieuze.

Ney, Oberforstmeister, Metz.

NiGETIET, Seminardirektor und Schulrat, Metz. NarrpeEı, Betriebsbeamter, Kreuzwald. NorpMann, Grenzpolizeikommissär, Fentsch.

236. Oberrealschule, Metz. . Herr Dr. von OESTERLEY, Regierungsassessor, Metz.

237

238. 239. 240. 241. 242, 243. 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250.

251

253. 254. 255. 256.

257. 258. 259. 260. 261. 262. 263. 264. 265. 266. 267.

29

2?

»

ÖLINGER, Mittelschullehrer, Metz. ÖPPLEr, Landrichter, Metz.

PAEPKE, Garnisonbauinspektor, Saarburg. Parın, St. Julien.

Pauzus, Abbe, Direktor der Stadtbibliothek, Metz. Dr. PAwoLeck, Sanitätsrat, Bolchen. Perir, Pfarrer, Augny b. Metz. PÖHLMANN, Oberregierungsrat, Metz. PoIRIER, Pfarrer, Peltre.

Poırson, Seminarlehrer, Metz.

GEBRÜDER PovcHeEr, Maler, Lörchingen. Pünner, Kreisschulinspektor, Metz. Racöczy, Generalsekretär, Metz.

. Realschule, Forbach. 252. Herr Dr. Rech, Gymnasial-Direktor, Montigny.

21

268.

Rech, Mittelschullehrer, Metz.

Dr. REBENDER, Professor, Metz.

REHME, Redakteur der Metzer Zeitung, Metz.

RENNEN, Rittmeister a. D. u. Generaldirektor d. Stahlwerke, Oberhom- burg i. L.

REınarz, Forstmeister, Alberschweiler.

ReırscHh, Techn. Eisenbahnbetriebssekretär, Beauregard b. Diedenhofen.

Dr. REumonT, Abbe, Montigny.

REUTER, Kommunalbaumeister, Bolchen.

RHEINART, Regierungsassessor, Saargemünd.

RıcHArn, Bürgermeister, Rozérieulles.

RıcHarn, Mittelschullehrer, Metz.

RıcHArp, Lehrer, Moulins.

RıcHARrD, Gutsbesitzer, Marimont bei Bensdorf,

Freiherr von RicxTHoren, Baurat, Metz.

Rıck, Gewerberat, Metz.

Rırr, Regierungs- und Forstrat, Strassburg.

185

269. Herr RæpLer, Leutnant im Infanterie-Regiment 98, kommandiert zur Unter- offizier-Vorschule Neubreisach.

270. ,, RônriG, Rechtsanwalt, Metz.

271. ,, Roos, Rentamtmann, Lürchingen.

272. RoTHERMEL, Ingenieur, Chäteau-Salins.

273. ,, Ruerr, Kreisbauinspektor, Schlettstadt.

274. SANCY, Pfarrer, Rozérieulles.

275. Sanson, Pfarrer, Aulnois.

276. ,, SAUERESSIG, Oberlehrer, Metz.

277. Dr. H. V. SAuERLAND, Trier.

278. .„ VAN DER SCHAAF, Gravenhagen,

279. ,„ SCHANTz, jun., Freiwald bei Finstingen.

280. ,, ScHARFF, Buchhändler, Diedenhofen.

281. ScHEMMEL, Wasserbauinspektor, Saargemünd.

282. SCHENECKER, Notariatsgehilfe, Busendorf.

283. ScHisEr, Oberlandesgerichtsrat, Colmar.

284. , ScuLosser, Rentner, Drulingen.

285. Dr. J. von SCHLUMBERGER, Präsident des Landesausschusses, Gebweiler

286. ,„ VON SCHLUMBERGER, Gutsbesitzer, Gutenbrunnen, Kreis Zabern.

287. Dr. Schmieot, Generaloberarzt a. D., Metz.

288. ScHôPFrLin, Major, Infanterie-Regiment 53, Köln.

289. SCHRAMM, Major im Fuss-Artillerie-Regiment No. 12, Metz.

290. ,„ SCHREIBER, Amtsrichter, Sierck.

291. ,„ SCHRADER, Apotheker, Mondelingen (Lothr.).

292. Dr. ScHrick, Sanitätsrat, Metz.

293. ,„ SCHRÖDER, Oberfürster, Bolchen.

294. ScHwenp, Professor a. d. Technischen Hochsehule, Stuttgart.

295. ,, ScrisA, Hofbuchhändler, Metz.

296. ,, SEEGER, Kreisdirektor, Bolchen.

297. , SEICHEPINE, Kaufmann, Château-Salins.

298. ,, SEINGRY, Pfarrer, Imlingen.

299. ,, Dr. SENGEL, Sanitätsrat Forbach.

300. Dr. SEIFERT, Professor, Metz.

301. ,, SIBILLE, Notar, Vic.

302. SıBıLLeE, Bürgermeister, Lellingen, Kr. Forbach.

403. ,, SısırLe, Abbé, St. Julien.

304. ,„ SIEBERT, Bürgermeister, Oberhomburg i. L.

305. Simon, Amtsrichter, Loerchingen.

306. ,, SozTMANN, Leutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz. 307. ,„ SomMER, Generalleutnant, Colmar i. E.

308. Dr. Sorcıus, Notar, Bolchen.

309. Staatsarchiv, Coblenz.

310. Herr Dr. STACH von GOLTZHEIM, praktischer Arzt, Dieuze.

311. Dr. Stern, praktischer Arzt, Metz.

312. Srirr, Notar, Busendorf.

313. ,, STRASSER, Generalleutnant z. D., Wiesbaden. 314. ,„ Dr. Srünker, Professor, Metz.

315. ,„ Taizmonr, Pfarrer, Oberginingen.

486

316. Herr Tuırıa, Glasmaler, Metz.

317. 318. 319. 320. 321. 322. 323. 324. 325. 326. 327. 328. 329. 330. 331. 332. 333. 334. 335. 336. 337. 338. 339. 340. 341. 342. 343. 344. 345. 346. 347. 348. 349. 350. 351. 352. 353. "354. 355. 356. 357. 358. 359. 360. 361. 362.

Tairior, des Freres-Pröcheurs, Corbara (Corse). Tuıs, Abbé, Oberlehrer, Montigny.

Dr. Tnıs, Oberlehrer, Strassburg i. E.

Trısse, Lehrer, Delme.

Tomas, Amtsgerichtssekretär, Lörchingen. THorELLE, Pfarrer, Lorry-Mardigny.

Dr. THRAEMER, Professor, Strassburg.

Dr. Taunicaum, Professor, Tübingen.

TıLLessen, Oberst, Metz.

Tornow, Regierungs- und Baurat, Metz.

Trarp, Regierungs-Bauführer, Strassburg.

Ust, Salineningenieur, Berka a. d. Werra. Unruorn, Notar, Rixingen.

Baron Üxkürr, Gutsbesitzer, Les Bachats b. Langenberg. DE VERNEUIL, Kreistagsmitglied, Fleury. VETTER, Amtsrichter, Weiler b. Schlettstadt. Graf v. Vizcers, Kreisdirektor, Metz.

Vıorranp, Landesausschussmitglied, Pfalzburg. VUILLAUME, Erzpriester, Vic.

WAGNER, Domherr, Metz, Arnulfschule. WAGNER, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen. WAGNER, Pfarrer, Freisdorf.

Wann, Stadtbaurat, Metz.

Dr. WALTHER, Notar, St. Avold.

WEBER, Banquier, Bolchen.

WEBER, Pfarrer, Diedersberg, Post Albesdorf. Weıs, Gymnasialoberlehrer, Saarburg.

WELTER, Notar, Lörchingen.

WELTER, Symphorian, Redingen.

Dr. WennuınG, Oberlehrer, Diedenhofen.

Dr. WERNER, Apotheker, Bolchen.

WETTER, Pfarrer, Deutsch-Avricourt,

Dr. WEYLAND, Pfarrer, Vernéville.

Dr. WıcHmAnn, Professor, Metz.

Professor Dr. Wiecanp, Archivdirektor, Strassburg 1. E. Dr. WinGKkELMANN, Stadtarchivar, Strassburg 1. E. WinxEerT, Kaufmann, Metz.

Dr. WiTrE, Professor, Hagenau.

Dr. Worrram, Archivdirektor, Metz.

Dr. ZAmMERT, Kreuzwald

WOoLTER, Bürgermeister, Forbach.

ZEHLER, Major, Weissenburg.

Dr. ZÉLIQZ0N, Oberlehrer, Metz.

Zimmer, Abbé, Oekonom des Priesterseminars, Metz. ZIMMERMANN, Apotheker, St. Avold.

ZwickEL, Abbé, Metz. |

487

Von den 360 Mitgliedern des Vorjahres sind 28 ausgeschieden. Neu ein” getreten sind 28.

L'année dernière, la Société comptait 349 membres, sur lesquels 28 ont donné leur démission. Depuis, 28 nouvelles inscriptions ont eu lieu.

Der Vorstand besteht aus den Herren: Le bureau se compose de MM.:

Freiherr von HAMMERSTEIN, Vorsitzender. Fabrikant Huser, Saargemünd, stellvertretender Vorsitzender. Archivdirektor Dr. Worrram, Schriftführer. Professor Dr. WıcHnmann, stellvertretender Schriftführer. Regierungs- und Forstrat von DAAckE, Schatzmeister. Museumsdirektor Keune Montigny Baurat KNiTrERsCHEID, Metz. Professor Dr. E. Bour, Metz, Pristerseminar. . Stadtarchivar Friprıcı.

Notar WELTER, Loerchingen. ne Oberlehrer Dr. GRIMME. Bibliotheksdirektor Abbé PauLus. Oberst a. D. Dr. Kaurmann, Queuleu. Der erste Schriftführer Le Secrétaire:

Archivdirektor Dr. Wolfram.

Un nın

Druckfehlerberichtigung.

- 179, Z.16 v. u. (Wales) statt (Westwales). . 185, Z. 17 v. o. Ortsnamentypus. .186, Z. 4 v. o. fränkisch statt französisch.

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