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Zeischrift

fur die

alttestamentliche Wissenschaft.

Herausgegeben von

Dr. Bernhard Stade, ordentlichem Professor der Theologie zu Giefsen.

Mit Unterstützung der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.

1881. Erster Jahrgang.

—ss> Giefsen, J. Ricker sche Buchhaudlung. 1881.

Inhalt

Stade, Deuterozacharja. Eine kritische Studie. 1. Theil

Hollenberg, Zur Textkritik des Buches Josua und des Buches der Richter

Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi

Stade, Lea und Rahel . .

Meyer, Kritik der Beriohte über die Eroberung Palletinas.

Stade, Nachwort zu vorstehendem Aufsatse . .

Harkavy, Mittheilungen aus Petersburger Handschriften

Hoffmann, sur Geschichte des syrischen Bibeltextes

Stade, Bemerkungen über das Buch Micha

Bibliographie . . . . . . . .

Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. Der Sprachgebrauch des hexateuchischen Elohisten . . . .

Dersolbe, über die Abfassungszeit der Psalmen

Derenbourg, zur Psalmenerklärung

Hoffmann, Lexikalisches

Stade, zur Entstehungsgeschichte des vordeuteronomischen Richterbuches

Derselbe, zur phönicischen Epigraphik

Derselbe, IEVE ddwvası .

Derselbe, wo entstanden die Sagen über den Ursprung dor Hebräer .

Bibliographie

Die Verantwortung fiir den Inhalt der in diese Zeitschrift aufye- nommenen Aufrätze tragen soweit nicht ausdrücklich das Gegentheil bemerkt ist, allein die Verfasser derselben.

Der Herausgeber.

Deuterozacharja. Eine kritische Studie. Vom Herausgeber.

Unter den Aufstellungen der a. t. Kritik hat wohl kaum eine solche Verbreitung gefunden !), als die Meinung Za. cc. 9—14 ?) seien nicht von dem Zerubbabel und Josua

!) Man kann die Sachlage nicht besser characterisiren als mit den Worten Bleeks, welcher unter allen Vertheidigern der kritischen . Aufstellungen den Kernpunkt der gegnerischen Beweisführung am , besten durchschaut und allein denselben, wenngleich mit unsureichen- den Mitteln und ungeeigneter Methode, zu widerlegen versucht hat. | Er bekennt im Eingange seiner Abhandlung über das Zeitalter von | ZU 9-14 (Studien und Kritiken, 1852, 8.248 f.), „dals er von jeher, seit er sch zum Behufe seiner Vorlesungen genauer mit diesem Buche be- schäftigt habe, der Ansicht gewesen sei und sie für eins der sichersten Ergebnisse der Kritik über das A. T. gehalten habe, dafs die sechs letzten Capitel nicht demselben Verfasser angehören können, wie die vorhergehenden, sondern einem früheren und zwar theilweise bedeu- tend früheren Zeitalter, und dafs sie ohne diese Annahme und bei der Voraussetzung des nachexilischen Zeitalters sich auf natürliche Weise gar nicht verstehen lassen.“ Diese Aeulserung ist geradezu typisch für die Aufstellungen der neueren Kritik.

*) Ich wähle dafür den Ausdruck Deuterozacharja, einmal, weil derselbe an der ziemlich allgemein adoptirten Bezeichnung Deuterojesaias seine Empfehlung und Analogie findet, dann, weil bei ihm die Meinung,

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 1

9 (Stade, Denterosacharja. Einleitendes.

unterstützenden Propheten Zacharja verfalst worden, dessen : Weissagungsbuch uns Za. c. 1—8 vorliegt, sondern das Werk eines oder zweier vorexilischer Propheten '). Umgekehrt hat es immer der neueren Apologetik als ein Hauptziel vorgeschwebt, die Herkunft dieses Abschnittes von dem nachexilischen Propheten Zacharja zu beweisen. Zwar hat es bisher an Widerspruch gegen die Mei- nungen dieser beiden Richtungen nicht gefehlt ®.. Der- selbe ist jedoch immer in verschwindender Minorität ge- blieben und meistens gänzlich überhört worden. Das Er- scheinen von Ben. Gilb, Flügge’s *) anonymer Schrift ward für die gedeihliche Weiterentwickelung der in Deutsch- land bereits vorhandenen Ansätze zu einer richtigeren Lö- sung dieser Frage verhingnifsvoll, wie dieselbe auch in ihrem grofsen kritischen Ungeschick und hochgradigen

dafs etwa diese Capitel an zwei Verfasser zu vertheilen seien, von vornherein ausgeschlossen ist. Die gegen ihn sprechenden Bedenken sind mir nicht verborgen, sie wiegen aber die Vortheile eines kursen Ausdruckes nicht auf, welcher schliefslich nicht mifsverstanden werden kann.

!) Es wird um so mehr gestattet sein für die Einzelheiten auf von Orteuberg’s Zusammenstellung in „die Bestandtheile des Buches Zacharja.“ Gotha. 1859. 8. 1 ff. und A. Köhler’s Uebersicht in den „Nachezilischen Propheten“ Bd. 8 8. 297 ff. zu verweisen, als seitdem über den betreffenden Gegenstand wenig von Belang veröffentlicht worden ist.

*) C. P. W. Gramberg, kritische Geschichte der Religionsideen des A. T. Bd. 2. Berlin 1880. 8. 520 ff W. Vatke, die biblische Theologie I, 1. Berlin 1885. 8. 568. A. Geiger, Urschrift und Uebersetzungen der Bibel. Breslau 1857. 8. 55 ff. J. Wellhausen in Götting., Gelehrt. Anzeigen 1877. 8. 185. Geschichte Israels Bd. L Berlin 1878. 8.420. 8. auch Gielener Ludwigstagprogramm vom J. 1880 8. 19, wo aus Versehen B. Duhm mitgenannt worden ist. Aus 8. 222 ff. des Buches von B. Duhm, die Theologie der Propheten u. s. w. Bonn 1875 geht deutlich hervor, dals dieser Gelehrte die Aufstellungen der Kritik auch über Za. 12—14 theilt.

*) Die Weissagungen, welche den Schriften des Propheten Zacharias beygebogen sind, übersetst und kritisch erläutert. Hamburg 1784.

Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 3

Mangel an Congenialität mit den prophetischen Gedanken für die weitere kritische Behandlung dieser Weissagung von ominöser Vorbedeutung ward.

Der Verf. hat die Ueberzeugung gewonnen, dals so- wohl die Meinung der Kritik als die der Tradition über die Herkunft dieser Capitel eine irrige ist. Die Kritik ist vollständig im Irrthume, wenn sie dieselben für vorexilisch halt. Unter den im A. T. befindlichen nachexilischen Schriftstücken nichthistorischen Characters verräth keins

: die nachexilische Entstehung so deutlich als die Schrift | Deuterozacharjas. Ohne Zweifel ist es den Apologeten | gelungen, das Unrecht der Kritiker in diesem Punkte zu ' eweisen. Namentlich Hengstenberg’s !) Nachweis, x dafs Deuterozacharja durchweg von älterem prophetischen 2 Schriftthum, namentlich aber von Jeremias und Ezechiel, sbhängig ist, ist von der Kritik niemals widerlegt, nur von Bleek *) zu widerlegen versucht worden.

2 Freilich waren es wesentlich die grofse Ungeschicklichkeit der kritischen Aufstellung und die von Oberfliéchlichkeit nicht frei zu sprechende Methode der Untersuchung der Kritiker, welche den Vertheidigern der Tradition diesen Sieg

‘) Beiträge zur Einleitung ins A. T. Bd. 1. Berlin 1881. 8. 867 ff. Christologie des A.T. Theil 2. Abth. 1. Berlin 1882. 8.90 ff. 2. Aufl. . Th 8. Abth. 1. Berlin 1856. 8. 827 f. F. B. Köster, meletemata i critica et exegetica in Zacharjae partem posteriorem, c. IX.—XIV. Göttingen 1818. 8. 189 hatte diesen Punkt zwar angedeutet, jedoch ohne ihn genauer zu untersuchen.

*) Studien und Kritiken, a.a.O. 8. 816 ff. Mancherlei Schwächen der Hengstenberg"'schen Aufstellungen machen diese Nichtbertick- sichtigung derselben durch die Kritiker begreiflich, wiewohl sie die- selbe nicht entschuldigen können. Es lag z.B. nahe, dafs man Heng- stonberg's Nachweis nach der Meinung taxirte, es werde dem Pro- pheten befohlen die 80 Silberlinge ins Haus Gottes zum Töpfer d. h. ins Thal Hinnom zu werfen und es werde dies gesagt, um auf Jer. 18. 19 ansuspielen. Christologie III., 1°. 8. 456 ff.

1*

4 Stade, Deuterozacharja. Einleitendos.

ermöglichten. Die Kritiker haben bei Bestimmung der Abs; fassungszeit dieser Capitel viel zu grolses Gewicht | Einzelheiten der Darstellung und der Einkleidung der pro¥' phetischen Gedanken gelegt, sie haben es fast ganz ver säumt, die letzteren selbst zu untersuchen und auf ihreStel-, lung innerhalb der prophetischen Entwickelung zu prüfen, #

Indem die Apologeten sich dieser Aufgabe, wenngleich # weder in dem nöthigen Umfange, noch auch mit der ein sicheres Resultat versprechenden Methode, unterzogen, ver- mochten sie freilich die nachexilische Abfassung zu be weisen, sie vermochten aber nicht denjenigen Platz inner halb der a. t. Religionsgeschichte zu finden, an welchen Deuterozacharja gehört. Es war ihnen ja auch von vorn- herein nicht hierum, sondern um Widerlegung der kritischen Position, um den Erweis der Wahrheit der Tradition zu thun. Daher folgen ihre Argumente lediglich denen der Gegner. Mit dem Erweise nachexilischer Abfassung glauben sie auch die Authentie erwiesen zu haben. Die bereits von Eichhorn’), wenn man von dem über Tempel und Re- ligionswesen Bemerkten absieht, richtig geschilderte Ver- schiedenheit der Darstellung Deuterozacharjas von der Za- charjas ist in ihren Untersuchungen niemals zum vollen Rechte gekommen.

So verfehlten denn beide Richtungen, da die eine sich ein unrichtiges Ziel der Untersuchung steckte, die andere

1) Einleitung ins A. T. 4. Aufl. Göttingen 1824. Bd. 4. 8. 442 fl. In der 1. Auflage hatte sich Eichhorn trotsdem für die Authentie entschieden. Die 2. Auflage, Leipzig 1787, wiederholt den betreffenden Paragraphen, wiewohl sich Eichhorn 8. 826 Anm. unter dem Ein- drucke der F liigge'schen Schrift der Entscheidung für die Nicht- authentie suneigt. 9, 1—8 möchte er auf die Siege Alexanders be- ziehen. Bei 9,9—10,18 läfst auch er sich durch die Erwähnung Assurs und Aegyptens, Israels und Judas täuschen. c. 14 möchte er in die _ Zeit der Zerstörung des Tempels setzen. In der 8. Auflage, Leipzig ' 1808, 8. 862 ff., wiederholt er die Aufstellungen der zweiten.

BE

Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 5

em richtigen Ziele sich auf irreführenden Wegen zu nähern shte, die Wahrheit. Der Verlauf des ganzen Streites er kann darüber belehren, dafs wissenschaftliche Unter- chungen, bei welchen die Blicke der Untersuchenden so inzlich von den Gründen der Gegenpartei hingenommen erden, den sie weder rechts noch links abzuschweifen ver- ögen, niemals zu reinlichen Resultaten führen können.

Richten sich nun die Ausführungen des Verf. sowohl gen die Resultate der Kritik als gegen die der Apolo- etik, so wird es nöthig sein, zunächst Stellung zu nehmen egenüber den principiellen Voraussetzungen, von welchen as diese beiden Richtungen die Herkunft einer a. t. Weis- ıgung herkömmlicher Weise beurtheilen. Es wird das m kürzesten dadurch geschehen können, dafs der Verf. die igenen kurz skizzirt. Ich verkenne hierbei nicht, dafs meine \usführungen nur für denjenigen volle Beweiskraft haben rerden, welcher von gleichen Voraussetzungen über das Wesen und die Entwickelung der hebräischen Prophetie usgeht. Um so mehr wird verlangt werden dürfen, dafs von Anfang an über diesen Punkt kein Zweifel gelassen werde.

Aus den Ansichten des Verf. über das Wesen he- räischer Prophetie folgt für denselben zunächst, was zu merken auch heut zu Tage noch nicht überflüssig ist, las eine Weissagung nur einerlei Sinn haben kann d. h. 1ur das enthalten kann, was der Prophet mit ihr zu sagen wabsichtigte.e Man darf nicht scheiden zwischen einem om Propheten und einem von Gott mit der Weissagung wabsichtigten Sinne. Keine Weissagung hat einen andern inn als denjenigen, welchen sie nach ihrem Wortverstande nd den Gesetzen menschlichen Denkens haben kann. Mit er Ermittelung ihres Wortverstandes ist das exegetische eschäft beendigt, nur mit diesem operirt die biblische heologie.

Zweitens : bei der Untersuchung eines prophetischen ückes ist die Frage zunächst gänzlich auszuschlielsen,

6 Stade. Deut-rozacharja. Einleitendes.

ob dasselbe seine Erfüllung gehabt habe d. h. eingetroffen . sei !). Versteht man unter Weissagung soviel wie pre phetisches Wort, so sind für den Verf. Weissagung u Erfüllung überhaupt keine sich genau entsprechenden Gege sätze. Er lehnt aber überhaupt jene dem herkömmlich« Begriffe von Weissagung widersprechende Gleichsetsung ab. Nur ein Theil der Gedankenwelt der prophetische Bewegung findet in dem Begriffe Weissagung Platz, welche eine Erfüllung im Sinne von Eintreffen gegenüberstehii Die Propheten geben Gottes Willen, geben Gottes Ge danken über die Gegenwart, sie geben ihren Zeitgenossen Weisung. Aber insofern ihr Auftreten den Zweck hat se verhüten, dafs die Gegenwart in eine Zukunft auslaufe, welche dem Gnadenplane Gottes mit seinem Volke wider spricht, spitzt sich naturgemäls die Weisung der Propheten zu einer Weissagung im engeren Sinne, einer Verheifsung oder Drohung zu. Indem der Prophet den Schleier von der Zukunft hebt, beleuchtet er greller als es durch irgend eine Unterweisung geschehen kann die Thaten der Gegen- wart, zeigt er sieauch dem blödesten Auge in ihrer wahren Gestalt, warnt er am eindringlichsten vor dem zum Ab- grunde führenden Wege, entflammt er die guten Geister des Volkes zu unentwegter, durch kein Unglück zu beu- gender Ausdauer.

Hieraus ergibt sich des weiteren, dafs jeder. prophe- tische Ausspruch über die Zukunft bedingter Natur ist, mag das nun vom Propheten ausgesprochen sein, vgl.z. B. Jer. 7,5 ff. 26,4 ff., oder nicht. Mit der gesammten Wei- sung hat auch die Weissagung bestimmte Voraussetzungen. Und zwar einmal bestimmte Verhältnisse der Gegenwart

1) Nur in diesem engern Sinne nehme ich hier das Wort Erfül- lung. Deun insofern die a.t. Gedankenwelt für mich in der n. t. ihre

nothwendige Vollendung gefunden hat, fand für mich jedes prophe- tische Wort seine Erfüllung.

Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 17

nd eine die Weiterentwickelung desselben bedingende be- timmte Haltung der Zeitgenossen, dann aber auch eine estimmte prophetische Erfahrung !). Die letztere wächst sturgemäfs mit der Dauer der prophetischen Wirksamkeit, die Haltung der Zeitgenossen kann sich sehr rasch und in sehr unerwarteter Weise ändern und damit kann die Weiter- entwickelung der Verhältnisse der Gegenwart einen sehr unerwarteten Verlauf nehmen. Daher ist sowohl möglich, dafs Propheten zu verschiedenen Zeiten einander wider- sprechende Behauptungen geben, als auch, dafs einzelne Weissagungen unerfüllt bleiben, wiedenn bestimmte Weis- sagungen nicht erfüllt worden sind, z. B. Hos. 1, 5. Jes. 10, 28 ff. Jer. 46,13 ff.

Es ist daher der Umstand, dafs eine Weissagung nicht eingetroffen sei, kein Grund gegen dieselbe, am allerwenigsten ein Grund, der sich als exegetisches Argument gegen eine bestimmte Auffassung derselben verwerthen liefse. Wir schen aus ihm nichts weiter, als dafs sich nach dem Aus- spfuche der Weissagung die Verhältnisse geändert haben, an deren Bestehen dieselbe anknitipfte. Es ist das auch die Auffassung der Propheten gewesen, wie Jer. 18, 7—10 beseugt.

Aber von secundärer Bedeutung ist dennoch bei jeder Untersuchung eines prophetischen Schriftstückes die Frage, ob die in ihm enthaltenen Weissagungen eingetroffen seien.

Die uns im Canon erhaltenen prophetischen Stücke stellen für den Verf. eine im Ganzen gradlinig verlaufende Entwickelung der prophetischen Bewegung dar, neben

ı) Für Weiteres genügt es, auf die trefflichen Ausführungen Ber- thesu’s in seinem Aufsatze „die a. t. Weissagung von Israels Beichs- kerrlichkeit in seinem Lande“ in den Jahrbüchern für Deutsche Theologie 3d. 4. Gotha 1869. 8. 884 ff. zu verweisen.

8 Stade, Deuterozacharja. Einleitendes.

welcher es jedoch noch andersartige gab. Nur indirecte Zeugnisse über jene von dieser gradlinigen Entwickelung- abweichenden Phasen der prophetischen Bewegung sind uns erhalten. Denn derselben zuwiderlaufende prophetische Schriftstücke mufsten von der Ueberlieferung in immer | steigendem Malse ausgeschlossen werden, wie dies ja auch auf anderen Gebieten religiöser Entwickelung beobachtet werden kann. Aber wasuns in einem besonders drastischen und belehrenden Beispiele 1 Kö. 22 aus den Zeiten des alten israelitischen Prophetenthums berichtet wird, gilt auch von der Bewegung der schriftstellernden Propheten. In sehr verschiedene, einander oftmals widersprechende Ge- dankenreihen lief zuweilen die prophetische Bewegung aus je nach der Tiefe der Einsicht und der Kraft der religiösen Idee in den einzelnen Propheten, und, was zu beachten besonders nöthig ist, je nach dem gröfseren oder gerin- gerem Einflusse älterer Propheten auf dieselben. Die falschen. Propheten, über deren Wirken die uns erhaltenen Pro- pheten so oft klagen, werden für uns im Wesentlichen als Repräsentanten abweichender prophetischer Richtungen gelten müssen. Es ist bereite von anderer Seite darauf aufmerksam gemacht worden, dafs sich dies besonders deutlich bei den Jer. 7 und 26 bekämpften Propheten zeigt. Dieselben verkünden Gedanken, welche in den Kreis der prophetischen Gedanken des Jesaias gehören. Ihr Unrecht besteht darin, dafs sie die Zeichen der Zeit nicht zu deuten und aus ihnen nicht zu lernen wissen, dafs Gottes Plan mit seinem Volke jetzt ein anderer ist, als er damals war.

Für die Weiterüberlieferung eines prophetischen Schrift- stückes war nun sicher von jeher die Frage mit ent- scheidend, ob dasselbe seine Erfüllung gefunden habe. Denn eben danach, ob eine gegebene Drohung oder Ver- heifsung eingetroffen sei, bemafs man nach dem zwar nicht den prophetischen wohl aber den volksthümlichen An- schauungen entsprechenden Canon Dt. 18, 22, ob eine

Stade, Deuterozacharja. LEinleitendes. 9

eissagung von Gott sei oder nicht’). Von den Jer. 4. 14, 13. 26. 27. 28. 29 erwähnten, von Jeremias be- mpften, Weissagungen ist daher begreiflicher Weise keine sige auf uns gekommen.

Nicht überall aber war die Sachlage so klar. Oefters ritt wohl das Gewicht eines prophetischen Namens gegen e aus der Nichterfüllung der Weissagung zu entnehmen- m Gründe. Hier nun war das Feld, auf welchem durch eberarbeitung abgeholfen werden konnte. Dafür, dafs ies wirklich geschehen ist, haben wir eben im Buch Za- harja im Abschnitte 6, 9—15 ein classisches Beispiel. Venn dort Zacharja in Serubbabel den geweissagten MD¥ rönt ?), so fällt dieses Stück hierdurch aus der Analogie

') Es ist gewifs nicht richtig, wenn Bertheau a. a. O. 8. 852 en angegebenen, durchaus allgemein gehaltenen Canon, auf Heils- erheifsungen einschränkt. Auch Jer. 18,7 ff. zeugt dagegen. Es geht ber auch nicht an, ihn mit Riehm, sur Characteristik der messia- schen Weissagung in Stud. u. Krit. 1865, 8. 489 auf bestimmt ausge- prochene Weissagungen einzuschränken. Auch Jona 8, 4 ist eine solche. a tritt dieser Canon in ausgesprochenen und zwar beabsichtigten legensatz zu der Lehre der Propheten. Er vermochte gegen die letztere urchsudringen, denn er entsprach den volksthümlichen Anschauungen ber das Wesen der prophetischen Weissagungen zur Zeit der schrift- iellernden Propheten, wie dies aus Jes. 5,19. Jer. 17,14. 15. Ez. 12,21 ff. ervorgeht. Reden die Propheten, deren Weissagungen nicht eintreffen, ach altisraelitischer Vorstellung von der Gottheit bethört, so reden ie jetzt 03m- Wenn Jer. 28,8 f. seinen Worten 18,7 ff. widerspricht,

» bedenke man, dafs letsteres eine allgemeine Erörterung, ersteres ein rymentum ad hominem enthält. Man kann nicht besser iiberzeugen, ls wenn man sich auf den Standpunkt des zu Ueberzeugenden stellt. ie Kraft der Ueberzeugung hebt im Einzelfalle leicht über die allge- eine Regel hinaus. Dafs Jer. 28 überarbeitet ist, ist hierbei irrelevant.

*) Dieser längst von H. Ewald nachgewiesene Zusammenhang der elle wird immer wieder verkannt, selbst noch von H. Schultz, Alt- tamentliche Theologie, 2. Aufl. Frankfurt 1878. 8. 745. Dafs davon s richtige Verständnifs der Entwickelung der messianischen Idee ht unabhängig ist, bedarf keines Nachweise. Hitzig beurtheilt Bedeutung des ursprünglichen Inhaltes der Stelle für die letztere

10 Stade, Deuterozacharja. Einleitendes.

der gesammten uns im A. T. erhaltenen Prophetie heraus. Eben deshalb ward es umgedeutet und aus ihm der Anstofs entfernt, dafs Zacharja in Serubbabel die Erscheinung des geweissagten myy erblickt habe. Insofern nun die Schick- sale einer prophetischen Weissagung von ihrer Erfüllung oder Nichterfüllung mitabhängen, ist diese Frage aller- dings von einiger Bedeutung für die Beurtheilung der uns erhaltenen Weissagungen.

Andererseits ermiglicht es aber gerade jener Umstand, dafs uns in den im A. T. erhaltenen prophetischen Schriften im Wesentlichen Erzeugnisse einer gradlinig verlaufenden Geistesrichtung vorliegen, den einzelnen Schriften ein be- stimmtes Zeitalter anzuweisen. Es wird dasselbe je nach der Stellung zu bemessen sein, welche dieselben in jener Entwickelung einnehmen. Naturgemäfs werden die Ge danken jüngerer Schriften abhängig sein von denen älterer, mögen letztere nun Gemeingut der religiösen Ueberzeu- gung geworden oder durch die Kenntnifs der älteren Lite- ratur dem jüngeren Propheten vermittelt worden sein. Je mehr eine geistige Bewegung in ein festes Bett geräth, je mehr sie sich ihrem Ende nähert, desto mehr werden die jüngeren Träger derselben von ihren Vorgängern abhängig sein. Wollen wir daher ein prophetisches Schriftstück auf sein Zeitalter prüfen, so haben wir vor allem das Ver- hältnifs zu untersuchen, in welchem seine Gedanken zu denen der übrigen stehen.

Hierbei ist unser Augenmerk besonders darauf zu richten, ob etwa in dem betreffenden Schriftstücke einzelne Gedanken in Isolirung sich finden, welche in einem andern

ganz richtig, zieht aber daraus den irrigen Schlufs, dafs derselbe eben deshalb ein anderer gewesen sein müsse. Für Ewald’s Auffassung entscheidet aufser Sinn und Zusammenhang der ganzen Stelle eine Vergleichung des vierten Nachtgesichtes. v. 18 ist für das zweite WOI-Iy mit LXX dx dekcaw aörov zu lesen yp dy.

Stade, Deuterozacharja. Einleitendes. 11

in enger Verkntipfung mit dem übrigen Gedankeninhalte auftreten. Da, wo ein Gedanke sich als nothwendiges Glied der Kette der übrigen Gedanken einfügt, wird seine ursprüngliche Stelle sein. Findet er sich daneben isolirt, so wird er in den meisten Fällen entlehnt sein. Ich sage absichtlich : in den meisten Fällen. Denn in der That findet sich vereinzelt das Auftreten prophetischer Gedanken, welche sich mit den übrigen desselben Propheten nicht zu einem Systeme susammenschliefsen, oder es kreuzen sich wohl gar verschiedene Gedankenreihen. Dann wird aber der die Disharmonie verursachende Gedanke nur dann als Eigenthum und Erzeugnifs des betreffenden Propheten an- erkannt werden können, wenn derselbe bestimmte gleichzeitige Ereignisse oder Bewegungen zur Voraussetzung hat, an ihnen erwachsen ist. Und das gilt ja überhaupt von den Ge- danken der Propheten. Soweit sie ihnen eigen sind, sind sie durchweg abhängig von der geschichtlichen Situation, haben diese zur naturgemälsen Voraussetzung. Begegnet uns also en Gedanke losgelöst von seinen naturgemäfsen Voraus- setzungen, begegnet er uns in ungewohnter Umgebung, ohne dafs sein Vorkommen an dieser Stelle durch den ge- schichtlichen Hintergrund gerechtfertigt wird, so ist er als von dem Propheten älterem Schriftthum entlehnt zu er- achten. Dies um so sicherer, je unversehrter der Gedanken- gang des betreffenden Propheten bleibt, wenn man jenen Gedanken streicht.

Ein solcher auf Entlehnung aus älterem Schriftthum beruhender Gedanke hat aber bei Bestimmung der Ab- fassungszeit nur insofern Bedeutung, als er uns verräth, dafs das betreffende Schriftstück erst nach einem andern entstanden sein kann. Sein Inhalt mufs bei Bestimmung der Abfassungszeit aulser Ansatz bleiben. Es ist das ebenso selbstverständlich, als es bisher bei Untersuchung prophetischer Schriftstücke meist aufser Acht gelassen worden ist. Grade für unsere Frage ward dies verhängnilsvoll.

12 Stade, Deuterosacharja. Einleitendes.

Eine methodische Untersuchung des Verhältnisses der Ge- : danken Deuterozacharja’s zu denen der übrigen Propheten würde dieKritik vor dem eingeschlagenen Irrwege bewahrt haben. Aus bestimmten Erwähnungen einzelner historisch zu fixirender Dinge kann man überhaupt nur dann etwas schliefsen, wenn man den Zusammenhang, in welchem die Erwähnung geschieht, zuvor begriffen hat. Dieser Auf- gabe ist die Kritik bei Bestimmung der Abfassungszeit Deuterozacharjas nicht gerecht geworden. Sie ist mit ziemlicher Oberflächlichkeit an den Einzelheiten haften ge- blieben ohne deren Zusammenhang begriffen zu haben. Schon der Umstand, dafs das historische Colorit einer Stelle auf Nachahmung älterer Muster beruhen kann, hätte vor dieser Oberflächlichkeit warnen sollen. Der herkömm- liche kritische Ansatz der Abfassungszeit von Za. c. 9-14 ruht auf einer kritiklosen Zusammenstellung unverstan- dener Einzelheiten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dafs der Verf. sich mit dem Leser erst über den Inhalt von Za. c. 9—14 auseinandersetzen mufs, ehe er daran gehen kann, die Abfassungszeit zu bestimmen. Dies wird in aller Kürze in Form einer Inhaltsangabe !) geschehen können. Ausgedehnter exegetischer Beweisführungen bedarf es da- bei nicht. Denn die exegetischen Möglichkeiten sind be- reits von Vertretern der verschiedenen Richtungen in scharfsinniger Weise erwogen worden. Nur auf den Text der LXX werden wir in höherem Maafse, als es bisher meist geschehen ist *), zur Feststellung des ursprünglichen

') Eine solche ist um so nöthiger, als die in den Einleitungs- werken gegebenen Uebersichten und Analysen vielfach die nöthige Exactheit vermissen lassen.

*) Nur Klostermann in der Besprechung von Bredenkamp's Commentar in Schürer’s Theologischer Literaturzeitung Bd. IV. Leipzig 1879. 8. 561 ff. hat dies richtig erkannt und an mehreren Bei- spielen mit Geschick und Glück als nöthig erwiesen. Wir werden auf seine Emendationen noch zurückkommen müssen.

lens Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 13

33 recurriren müssen, da der massoretische mehrfach ädigt ist, einigemale auch auf falscher Deutung der ünglichen Consonantenlesart beruht. An diese In- angabe wird sich eine Untersuchung darüber schliefsen ‚en, in welchem Verhältnisse dieser Inhalt zu dem der zen prophetischen Schriften steht. Schon hier wird ergeben, ob die von uns gemachte Voraussetzung, dals c. 9—14 das Werk eines Schriftstellers sind, möglich der ob ihr bestimmte Hindernisse entgegen stehen. allem aber wird sie uns zugleich den Weg zur Auf- ıng und reinlichen Bestimmung derjenigen zeitgeschicht- ın Voraussetzungen ebnen, an welche diese Prophetie nüpft ist. Wir werden dann versuchen können, ob be- mte Anhaltspunkte, wie sie uns einerseits die Ge- chte der innerjüdischen Entwickelung, andererseits die ere Geschichte des Volkes darbieten, es uns etwa er- lichen, die Abfassungszeit dieses Schriftstückes genauer ixiren. Ferner wird, soweit der Verlauf der bis dahin ihrten Untersuchung diese Frage nicht löst, zu unter- en sein, ob der Abschnitt Za. c. 9—14 wirklich als Werk s Mannes angesehen werden muls, wie in dieser Unter- 1ung von Anfang an vorausgesetzt werden wird. End- aber werden wir die Frage aufzuwerfen haben, wie am, dafs die Schrift Za. 9—14 in dem Zwölfpropheten- he ihre Stelle am Schlusse der Weissagungen Za- ja’s, des Zeitgenossen Serubbabels und Josuas, fand. Der Verf. bekennt von vornherein, dafs er nicht im ıde ist, alle Räthsel zu lösen, welche der Inhalt dieses ressanten Schriftstückes bietet. Allein die weitere ersuchung wird lehren, dafs hieran lediglich der Um- d die Schuld trägt, dafs wir über die Zeit, in welcher ntstand, äulserst schlecht unterrichtet sind. Dann aber | sie, wie der Verf. hofft, zeigen, dafs dieser Umstand r genauen Bestimmung der Abfassungszeit kein un- windliches Hindernifs in den Weg legt.

14 Stade, Deuterosacharja.

L Analyse des Inhaltes von Za. c. 9—14.

c. 9 hat die Ueberschrift xiyp. Dieselbe kehrt in c.9—14 nurnoch c. 12,1 wieder. Sonach, scheint es, haben wir zu vermuthen, dafs die 9, 1 gegebene Ueberschrift sich auf c.9—11, die 12,1 gegebene sich auf c.12—14 bezieht. Dieser Schlufs ist jedoch hinfällig. Auf das xgp von 12, 1 folgt nämlich Suni: by Yı°157 entsprechend dem 9,1 auf xp folgenden 7 air] an. Nun beschäftigt sich aber die Weissagung c. 12, wie auch c. 14, gar nicht mit Israel, sondern mit Jerusalem, Juda und den Heiden, wie denn auch das Wort Syn) in c. 12—14 gar nicht vorkommt. Hiernach ist zu schliefsen, dafs die Ueber- schrift c. 12, 1 dem Verf. fremd ist. Sie ward von einem Späteren der Ueberschrift c.9, 1 nachgebildet. Und zwar rechnete derselbe 177m yıx2 137 mit zur Ueberschrift, was, wie die Structur von 9, 1 beweist, ein Mifsverstäudnils ist. Es beginnt sonach ursprünglich c. 12, 1 mit Yo) «.9,1 mit "gq. Die Ueberschrift xiyp c. 9, 1 gehört ursprünglich zu dem ganzen Schriftstücke c. 9—14.

Wir beginnen also das Schriftstück mit Y'ız7. Das selbe ') ergeht wider das Land Hadrach und senkt sich

*) Bo ist der massoretische Text su übersetsen und so fafste ihn schon der Vorf. der Ucberschrift von 12, 1. Die Richtigkeit denselben unterliegt jedoch gewichtigen Bedenken. ‘2 in yıyp schliofst sich an Yıoayı schlecht an, man erwartet Sy. Bunt palat {pp besser als Aussage über Jahve als über sein Wort. Endlich schliefst sich auch DHT O9) v.2 schlecht an v. 1" an. Man wird vielleicht besser ¥'-93 als ursprüngliche Ueberschrift fassen, nach welcher ein das Orakel be ginnendes +”) ausgefallen ist. Also : „Wort Jahves. Jahve wohnt ir Hadrakhs Lande und lafıt sich nieder in Damaseus,“ nämlich indem 61 beide für sein Volk erobert. Trgm umschreibt os, wie auch NYT Oy

Analyse des Inhalts von Za. co. 9—14. 15

nieder auf Damascus. Jahve hat ein Absehen auf alle Menschen und alle Stämme Israels. Auch gegen Hamath, das benachbarte (LXX tol delotg avrng 1. S20 oder moar), das kluge Sidon, das reiche Tyrus, welches sich eine Veste gebaut hat, wendet er sich. Gott schlägt Tyrus’ Seemacht !), die Stadt selbst aber gibt er dem Feuer Preis. v. 1—4.

Immer weiter südwärts wendet sich das Unheil. Es trifft die philistäischen Städte. Askalon, Gaza, Ekron er- schrecken. In Gasa geht das Königthum unter, Askalon wird zerstört. In Asdod wohnt der Mamzer. Der Hoch- muth der Philister wird gebrochen. Er *) (der Mamzer) bekehrt sich zu Jahve und tritt zu Juda in das Verhältnils

riehtig durch psy yD WD DNA. v. 1°, welchen freilich schon LXX in der Fassung des mass. Textes lasen, würde dann mit Klostermann (in Schirer’s theologischer Literaturzeitung, a =. 0. 8. 566) zu ba wong 52} DR "IY vb hergestellt werden können. nen on schlösse sich so treffend an. Dieser Aen- derung steht nur der eine Umstand entgegen, dafs man die Nen- nung von Israel an dieser Stelle neben Aram nicht recht begreift, während Israel und Heiden dem Verf. geläufige Gegensätze sind. Allein es kann Jes. 17, 1—8 eingewirkt haben. AYION, schliefst sich dann genügend an. Und mit den Folgenden nebst Aram bildet es den su Israel gehörigen Gegensats.

*) Wegen des vorausgehenden ix wv? PW) Wy? AF läge es nahe um im Sinne von „Vermögen, Reichthum“ zu nehmen.

Es. 28, 8. 4 Trg. aN wo om. Ebenso Ped. Es ist dies jedoch wegen 73 nicht räthlich. 8. weiteres im folgenden Abschnitte.

*) Die Suffixe in YOU YS» Ty py ‚v9 wie auch na v. 7 be- sichen sich, wie die parallele Stellung von np y beweist, nicht auf die mit one ] iy IN kurz vorher genannten Philister im All- gemeinen, sondern auf den dereinst in Asdod wohnenden Mamzer, durch dessen Vorhandensein der Hochmuth der Philister gebrochen wird. Siche weiteres im folgenden Abschnitte.

16 Stade, Deuterosacharja.

eines Gaustammes '), Ekron in ein Verhiltnifs wie dereinst die Jebusiter. v. 5—7.

Jahve aber lagert sich (nach Vernichtung dieser Reiche in seinem Lande Halt machend) als Schutzwache ?) um sein Heiligthum, so dafs kein Zwingherr mehr dorthin kommt. v. 8.

Mit v. 9 setzt eine neue Gedankenreihe ein. Es wird uns die Befreiung des Volkes Gottes vom Joche der Heiden, die Ueberwindung der letzteren durch den gottgesandten Messias geschildert. Nach einer Eigenthümlichkeit jedoch, die wir an Deuterozacharja noch mehrfach beobachten werden, wird dies nicht nach seinem wirklichen Verlaufe unter genauer Berücksichtigung der zeitlichen Aufein- anderfolge der zu erzählenden Einzelheiten berichtet. Viel- mehr tritt sofort das Endergebnifs der zu erzählenden Er- eignisse in einem Bilde vor den Geist des Propheten. Erst später führt er dann aus, auf welchem Wege Gott dieses Endergebnifs herbeiführt.

Jerusalem soll laut jubeln, denn sein König zieht in die Hauptstadt ein als Sieger °. Trotzdem ist er de- müthig *) und reitet auf einem Eselsfüllen. Es ist das ein

1) Das collectiv gebrauchte 2 verlangt für AND vielmehr ON?

*) Lies statt 23H (=Nay-1) nach LXX dydornua 1239 1 Be. 14,12 (8. jedoch Wellhausen s. Stelle); vgl. auch Jes. 29,8, wo- nach Ewald nye: Wall (Trg. nunn“ NWS) lesen will.

*) PPD pray di. durch den von Gott verliehenen Sieg (yyy/) als aa erwiesen.

*) Die von Hengstenberg, Kliefoth u.A. aus y gesogenen Schlüsse sind hinfällig, da die Plurale Dwy und ONY ohne Zweifel promiscue gebraucht werden (vgl. unser ahnen und ahnden). Als König kommt ihm, wiewohl er König der OY ist, my zu vgl. y 45, 5: Insofern sind LXX noaöc, Trg. yy mit ihren Uebersetzungen im Rechte.

Analyse des Inhalts von Za. c. 9. 17

Zeichen davon, wie er diesen Sieg auffafst. Er !) wird ihn nämlich zur Abschaffung des Krieges benutzen. Die Kriegs- werkzeuge werden vernichtet. Trotsdem erkennen ihn die Heiden an. Er vermittelt den letzteren Frieden *) and herrscht vom todten Meere bis zum Mittelmeere, vom Euphrat bis sa den Grenzen des Landes °). v. 9. 10.

Die noch in der Verbannung befindlichen Glieder des Bundesvolkes (die Gefangenen der Hoffnung) werden be- frat *). Sie kehren heim und doppelt wird ihnen vergolten

_ für jeden Tag ihres Exiles (LXX 12° : xad avr) ws . apbgas xagotxeolas cov dırlä avrarodaom 001, TH = TWO) - wil. 12. - Jetzt erst erfahren wir Näheres über den Kampf, ‚. welcher zur Befreiung der Gefangenen führen soll. Es wird derselbe Kampf sein, als dessen Folge der v. 9. 10 x beschriebene siegreiche Einzug des Messias gedacht ist. a Bist ein Kampf der Söhne Zions gegen die Söhne der Griechen ®). Gott selbst erscheint, um gegen seine Feinde

) LXX é£oloSgevces nism) besser als 797) des mass. Textes.

9) Nämlich bei Gott, der eben erst Reiche der Heiden zerstört hat. 9,1—7. vgl. Esth. 10, 8.

*) Der Umfang des Reiches des Messias entspricht also dem Um- fange der Länder, welche Jahve durch seinen Kriegesug in Besitz ge- nommen hat. Es sind die idealen Grenzen des heiligen Landes. Nu. 1; 89, 7—13. Bi 1, 81. Darüber hinaus bleiben die Heiden im Besitze .. der ihrigen. Nur werden sie gedemüthigt und sur Anerkenntnifs Jahres

und des Messias gezwungen; die heidnische Weltmacht wird vernichtet.

Das künftig aufsurichtende Gottesreich besteht also aus Israel in seinen

idealen Grensen als Kern und den sich daran anschliefsenden Heiden-

ländern.

‘) rip) des mass. Textes wird durch das Folgende gegen LXX d£axlorsıLas als das Richtige ausgewiesen. _ NM LEX mm. Date pp nur dieses an unserer Stelle bedeuten kann, ist im Giefsner Ludwigstagprogramm von 1880 erwiesen worden. Wir werden im weiteren Verlaufe der Untersuchung auf diesen Punkt sarickkommen müssen.

Zeitschrift f. &. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 2

HM Hm

18 Stade, Deuterozacharja.

zu kämpfen. Sein Volk ist die Waffe in seiner Hand '), Der Prophet zerlegt die Zionskinder in Juda und Ephraim, wiewohl wir erst c. 10 über Ephraims Heimkehr das Nähere erfahren. Plötzlich verläfst der Prophet das Bild und schil- dert, wie Gott über den streitenden Zionssöhnen *) erscheint. Die Schilderung der Theophanie entlehnt auch hier die Farben von der Schilderung des Gewitters. Der Herr er- scheint in den Gewitterstiirmen des Südens. Der Blits ist jedoch nicht sein Pfeil, sondern von ihm gehen seine Pfeile wie Blitze aus; und der Donner erscheint hier von dem sonst Ueblichen abweichend nicht als Gottes Stimme, sondern wird dem Posaunenstofse gleichgestellt, mit welchem ein irdischer Feldherr das Signal zum Beginne der Schlacht gibt. Jahve der Heerschaaren deckt die Zionssöhne mit dem Schild, so dafs sie ihre Feinde überwinden *) und sie wie Schleudersteine unter die Fülse treten, ihr Blut wie Wein trinken, voll werden wie die Opferschale *), wie die Ecken des Altares. So hilft ihnen Jahve jenes Tages,

!) Auf diese besieht sich opoy v. 14, wie seine Wiederaufnahms in v. 15 beweist.

*) LXX xal pyiagijcw oe Tayo für mir) setst das Bild vortrefflich fort. Doch ist dieser Gebrauch von wz) sonst nicht su be legen. Auch gibt die L. A. des massoretischen Textes den gleichen Sinn.

s) Klostermann am a. a. O. 8. 564 verlangt mit Recht statt RN (LXX xal xarazydcovow adrods, Trg. podem) N und für 197 (Nach A, in 8. Correctur; a. auch Field, Hexapla II, 8. Oxford 1870, 8. 1024.) ON}. Doch glaube ich nicht, dafs es räthlich ist statt WI) su lesen WHR) se sie (die Schleudersteine) trefen fehl. Gans abgesehen davon, dafs hier pyy5 in sehr bedenklicher, auch durch Hos. 9, 2. Hab. 8, 17 nicht su belegender, Bedeutung vorausgesetst ist, führt xal xatazdcovow adrotc Ev Aldoıs ogerddyvng auf Yop Ward DW)

*) In der man das Blut des Opferthieres auffängt und aus der man den Altar besprengt, nicht der pin von Nu.7, an welchen Trgm denkt.

Analyse des Inhalts von Za. co. 9. 10. 19

(weidet) wie eine Heerde sein Volk !), denn Diademsteine erheben sich über seinem Lande. v. 13—16.

Herrlich und schön ist es?) dann. Getreide erzeugt (die Kraft der) Jünglinge, Most (die Schöne der) Jung- frauen. Möge daher das Volk sich um Regen an Jahve wenden (der diesen Segen der Fruchtbarkeit in der mes- sianischen Zeit dem Lande verleihen wird). Die Teraphim aber redeten Trug und die Weissager schauten Lügen- (gesichte), die Träume °) reden Eitles und trösten mit

) wy ote) v. 168 steht jetst susammenhangslos. Das Folgende läfst erwarten, dafs hier nicht nur die Rettung der Zionskinder, son- dern auch ihre weitere Leitung durch Gott beschrieben werde. In Folge dieser Leitung prangt das Land im Schmucke der Fruchtbarkeit. Das Object der Leitung hätten wir in fgy, die Art der Leitung wäre mit Rts> a. NED) angegeben. Es wird also etwas wie 57) ausgefallen sein. Klostermann a. a. O. 8. 566 will für {yy lesen Ny: Allein abgesehen davon, dafs Stellen wie wy 77, 21. 78, 52. 80,2 diese Aenderung widerrathen, bekommen wir mit ihr eine nichtssagende Vergleichung, denn die Zionskinder sind die Heerde selbst. Auch wird fey durch ing Ww geschützt, dessen Suffix nur auf das Volk gehn kann.

*) Die Suffixe in {319 und fH. v. 17> gehen wie das in in| WwW v. 16 auf das Volk.

5, Kliefoth, Köhler, Bredenkamp sind vollständig im Rechte, wenn sie als Subject zu den Worten )3F)° 527 MIT Nw His 10, 2 aus dem Vorhergehenden ergänzen ONO Pit. Die Worte nism igi) müssen von jedem semitischen Ohr als Genetivverbindung auf- gefafst werden. Man kann beim Hören und Lesen unmöglich darauf verfallen, dafs hier „der Abwechslung halber“ einmal das Object den Artikel trage (Hitzig). Ergänzt man aber Ong pi so befremdet, dafs von diesen so viel ausgesagt wird, während die DON 80 kurs hinweg kommen. Ferner hat Hitzig mit Recht hervorgehoben, dafs man statt 33°) vielmehr erwarten mülste 379, und dafs sie ander- wärts nicht Träume sondern Oop sagen. Auch fällt überhaupt das Träumen nicht unter den Begriff des OP Sop- Die Mehrzah] der Ausleger tibersetst nun, wie wenn der Artikel vor NY fehlte und vor

90 Stade, Deuterozacharja.

Nichtigem. Deshalb sind sie (das Volk) fortgewandert wie eine Schafheerde, sind im Unglücke, denn sie sind ohne Hirten '). 9, 17—10, 2.

Mit 10, 3 springt der Verf. plötzlich zu einer Beschrei- bung derjenigen Vorfälle über, welche sich an das Er scheinen Gottes unter seinem Volke 9, 8 anknüpfen, die Besiegung der Javansöhne und den Anbruch der messis- nischen Zeit ermöglichen. Denn nur hier läfst sich das jetzt Folgende eingliedern, wenn anders der Verf. sich eine reinliche, die zeitliche Aufeinanderfolge der verschiedenen

ison stände, wie man ihn denn wegen des parallelen artikellosen on vor NYY überhaupt gar nicht erwartet. Es ist das der su erwar- tende Sinn, er entspricht Stellen wie Jer. 27, 9. 28,8, wo auch die Worte der oO» und die eigenen non einander gegenübergestellt werden, er liegt aber nicht in den hebräischen Worten. Dieselben sind zu corrigiren. Man setse den Artikel vor non und streiche ihn vor NY. Der Fehler entstand dadurch, dafs ein Abschreiber beide Worte als ‘Genetivverbindung auffafste. Wenn LXX tibersetsen r& évinvian wevdn &AdAovv, so ist das allerdings kein Beweis dafür, dafs der alexandrinische Text noch in der von uns vorausgesetsten Weise las wird doch durch éAddovy, nagexddovy die hebräische Vorlage frei und swar falsch wiedergegeben. Allein diese Uebersetzung darf viel- leicht als Zeugnifs für die damalige exegetische Tradition aufgefalst werden. Es werden also in unserer Stelle als Arten genannt, den Schleier von der Zukunft zu heben : 1) die Teraphim, 2) die Wahr- sager, 8) die eigenen Träume befragen. Die beiden ersteren befragte man früher (Ma) 1m) die eigenen Träume befragt man noch jetst

ART: pony)-

1) zal éxaxdOnoav dıdrı odx iv taocc. LXX. Bie L also yyy für yy. und NES für Ty NH wird durch die weiter unten nach- suweisende Besichung auf Es. 84, 6. 8 ausgeschlossen. Da der Pro- phet mit v. 2 von nis. an deutlich auf Verhältnisse der Gegen- wart anspielt, so hat man wohl anzunehmen, dafs der mit ‘yyy y5eey gegebene Rath für die Gegenwart nicht für die dereinst eintretende messianische Zeit gegeben ist. Zudem ist es selbstverständlich, dafs man sich dann nuran Jahve wendet. Der Verf. erlaubt sich hier aller- dings eine Abschweifung und hat damit den Auslegern Noth gemacht

Analyse des Inhalts von Za. co. 10. 91

Ereignisse auseinanderhaltende, Vorstellung von dem An- bruche der messianischen Zeit gemacht hat. Es ist aber peychologisch begreiflich, weshalb das Folgende von ihm gerade hier gebracht wird. Vorbedingung des Eintrittes der messianischen Zeit ist, dafs Israel die rechten Oberen erhält, dafs also der Zustand der Hirtenlosigkeit beseitigt wird, welchen er 10, 2 seinen Zeitgenossen als Strafe des Abfalles ihrer Väter vorgehalten hatte. Der Verf. weissagt also auch hier nicht der zeitlichen Aufeinanderfolge des von ihm Erwartenden entsprechend. Er verliert abermals den Faden der Erzählung und knüpft einen neuen an. Und abermals tritt ihm das zu Erzählende in einem Bilde vor die Seele. Er schaut den unter seinem Volke erschienenen Gott, welcher ihm verkündet, dafs sein Zorn gegen die Hirten d. h. die Leiter des Volkes entbrannt sei und dafs er die Böcke heimsuchen wolle. Gott wird die Hirten und Böcke von seiner Heerde, dem Hause Juda, entfernen und letzteres mit Kampfesmuth erfüllen. Er gibt ihm neue Obrigkeit ') nach seinem Herzen *?). Hierauf ziehen die Judäer muthig in den Streit und überwinden die auf Rossen Reitenden. So stärkt Gott das Haus Juda und hilft Ephraim, indem er letzteres zurückführt °). Da wird

*) Hier erwartet man die Erwähmung des Meessiaskönig, welcher doch nach 9, 9 die Spitze dieser neuen Obrigkeit bilden sollte. Er wird aber auch 9, 18 ff. vermifst. Meint vielleicht der Verf., dals er sich erst im Endkampfe mit den Söhnen der Griechen als solcher aus- weist ?

*) Gegen die am besten von Hengstenberg, Christologie III, 1°, 8. 398 vertheidigte alte Auffassung, wonach das Suffix in pp v. 4 nicht auf Gott sondern auf das Volk zu beziehen ist, so dals damit den

Hirten die neuen einheimischen Oberen entgegengesetst werden, vgl. Köhler’s Ausführungen zur Stelle. Trots Jer. 80, 21. 51, 26 entscheidet der Zusammenhang dagegen.

*) Für die Unform pyyiny/{n) v. 6 ist selbstverständlich nach v. 10 oma zu lesen.

22 Btade, Deuterosacharja,

auch Ephraim wie ein Held und freut sich vor Jahve. v. 3-1.

Auf welche Weise Ephraims Befreiung und Zurück- führung erfolgt, das erfahren wir, nachdem die Erwähnung der Thatsache vorausgeschickt worden ist, abermals erst aus dem Folgenden 10, 8—12. Gott ruft das in fernen Landen zerstreute Ephraim herbei, nachdem er es unter den Hei- denvölkern sich in wunderbarer Weise hat mehren lassen *). Nachdem sie den ihnen von Gott gegebenen Kindersegen grofs gezogen haben *), ziehen sie unter Gottes wunder barem Schutze heim aus Assur und Aegypten, besiedeln Gilead und Libanon, so dals ihnen der Platz nicht reicht ?). Da zieht es über das Meer nach Tyrus und es werden vertrocknen alle Tiefen des Niles‘), es wird gedemüthigt

1) DUTTINY v. 9 ich ode vie ous erklärt sich nach Hos. 3,25. Was man säet, zerstreut man ja freilich. Doch nicht, damit os verloren ‚gehe, sondern damit es keime, aufgehe und Frucht trage. Es empfiehlt sich daher durchaus nicht, mit Ewald und Stähelin den Bat conditional su fassen. Zu dom Gedanken vgl. Jer. 81,27. Schon Trym mifsversteht denselben und bexieht Qy yx wider die Grammatik suf die Vergangenheit : wmny ‘32 UMIIIT RDI

*) Für yyy L nach LXX yy

®) Trgm ‚richtig : wd poo’ why LXX xal of uh dxorerpy adröv oft el; ist gerathen. Da pry so weit zurück steht, kann die 8. Pers. Maso. Bing. als allgemeinste Form stehen. Dies gegen Köhler.

*) Man wird gut thun, mit Klostermann a a. O. 8. 566 für TTY su lesen mfg. Weil die Eirmlantenschaaren nicht alle im alten Gebiete des Nordreiches Plats finden, occupiren die zuletzt heimkeh- renden Tyrus, welches ja nach 9, 4 von Jahve in Besits genommen ist. Es ist das Beitensttick su 9, 6. 7, wonach Asdod und Ekron von Ju- dern bewohnt werdensollen. Entscheidend hierfür ist, dafs Subject von “ray nur Ephraim nicht Jahve sein kann. Freilich befremdet daneben DY] OY] IM. Man erwartet ein Seitensttick zu : eu sicht durch das Meer nach Tyrus und nach 9, 4 würde als Subject von iTpi} Gott an- sanehmen röthlich sein. Wie man ans den Worten durch eine Aen- derung ein Beitenstück su My O89 Dy) gewinnen kann, weils ich

DR Analyse des Inhalts von Za. o. 10. 23

der Hochmuth Assur’s und von Aegypten weicht das Köd- nigsscepter. Sie werden stark durch Jahve und rühmen - sch (LXX. Warm) seines Namens. | Haben wir nun das 10, 2 ff. Geweissagte richtig ein- gegliedert, so wird diese Demüthigung Aegyptens und : Assyriens entweder mit der 9, 13 geweissagten Ueberwin- dung der Griechenkinder identisch sein, oder die letztere wird sich an die erstere anschliefsen. Ist letzteres der Fall, : so hat Deuterozacharja wahrscheinlich gemeint, dafs das in - seine Heimath zurückgekehrte Volk Gottes einen letzten t Ansturm der heidnischen Weltmacht, hier der Griechen- söhne, zu überstehen hat, bevor die messianische Zeit eintritt. Der zeitliche Verlauf der in c. 9. 10 geweissagten Er- cignisse wäre dann dieser : Gott nimmt das ganze Land, welches sein Volk in den Zeiten seiner grifsten Ausdeh- nung besessen hat, nebst Aramäa und den phönicisch-phi- bstäischen Küstenländern in einem Kriegszuge in Besitz, welcher von Aramäa aus südwestwärtssich erstreckt. 9, 1—8. In Juda angelangt befreit er sein Volk Juda von seinen Oberen und setzt eine neue Obrigkeit ein, unter deren Führung Juda seine heidnischen Feinde überwindet. 10, 3—6. Ephraim aber führt Gott, nachdem er es auf wunderbare Weise gemehrt, heim. Es besiedelt sein ganzes früheres Land nebst Tyrus. Assyrien und Aegypten werden gedemü- tigt. 10, 6—12. Hierauf erfolgt die endgültige Besie- gung der Weltmacht 9, 13 ff., die Befreiung aller gefan- genen Glieder des Bundesvolkes 9, 11. 12, der Einzug des siegreichen Meseiaskönigs in Jerusalem und der Anbruch des messianischen Friedensreiches. |

nicht. Ich vermuthe vielmehr, dafs sie eine in den Text gedrungene Glosse eines Lesers sind, welcher auf 9, 4 verweisen wollte und daher die Worte ug OD mim an den Rand schrieb. oS) scheint aus “u verschrieben zu sein. Die Worte stören das Gleichmafs des Verses, welcher jetst aus fünf Gliedern besteht, während nur vier zu erwarten sind.

24 Stade, Deuterozacharja.

Ist jedoch die Demüthigung Assurs und Aegyptens f

identisch mit der 9, 13 ff. geweissagten Besiegung der -

van

Griechensöhne und hierfür könnte sprechen, dafs 9,11.122

mit letzterer gleichfalls eine Befreiung der Gefangenen verknüpft wird so haben wir ein gleiches Zukunftsbild wie yw 68, 21ff. Dort wird zunächst die Heimführung der Exulanten aus Basan und von den Tiefen des Meeres her d. h. aus den Ländern der Seleukiden und Ptolemäer, dann v. 24 die Niederwerfung des heidnischen Feindes durch Israel erwarte. Das erste geschieht, damit das zweite möglich werde.

Ausgeschlossen jedoch ist die Annahme, dafs etwa. 9, 1—10, 2 und 10, 3—12 parallele Weissagungen über die Wiederherstellung des Volkes seien. Denn wenn 9, 13 Ephraim als Waffe in Gottes Hand erwähnt wird, so setst das seine Heimkehr und Wiedervereinigung mit den Brü- dern vom Hause Juda voraus, was uns erst c. 10 erzählt. Eine weitere Bestätigung für die von uns vertretene An- sicht ergibt sich bei unserer Auffassung von 10, 11.

Mit c. 11 setzteineneue Weissagung ein, und zwar eine Weissagung von wesentlich anderem Inhalte, als wir c. 9. 10 trafen. Ihr Anfang ist nicht markirt. Es war nicht nöthig, da über den mit 10, 12 stattfindenden Schlufs kein Zweifel sein kann. Doch ist das die Veranlassung gewesen, dafs derjenige, welcher 12, 1 die Ueberschrift Seti ">y “37 x zugesetzt hat, dies an unserer Stelle unterlassen hat. Wir werden weiter bemerken, dafs auch 14, 1 aus diesem Grunde ohne Ueberschrift geblieben ist.

Auch in c. 11 wird eine Heimsuchung des Volkes durch Gott beschrieben. Auch hier wird sie zunächst als ein vom Norden her sich über das Land ergiefsendes Kriegs- wetter beschrieben. Auch hier ist Gottes Absicht mit seinem Volke bei der Heimsuchung eine freundliche, sein Vorhaben mit den Heiden aber ist ein anderes. Will er c. 9 sein Reich in Besitz nehmen, so erregt er c. 11 einen

Analyse des Inhalts von Za. c. 11. 25

Krieg aller Heiden gegen einander. Sein Volk soll hier- vor bewahrt werden. Er stellt es deshalb unter besondere Leitung. Allein es verschmäht diese und verfällt daher dem Strafgerichte.

Auch Za. 11, 1-3 ') tritt das zu Weissagende dem Verf. sofort in einem Bilde vor die Seele. Ein kriegerisches Ungewitter hat die Landschaften im Norden und Osten *) des Landes verwüstet, die Hohen und Mächtigen sind ge- fallen, darum herrscht allgemeine Trauer. Im Bilde erscheinen die Grofsen und Mächtigen als die Cedern des Libanons und Eichen Basans, als Hirten, als Junglöwen aus den Jordanniederungen. Wie 9, 9 die heilige Stadt aufgefordert wird, wegen des Einzuges ihres Königs zu jubeln, so hier der Libauon, seine Thore zu öffnen, damit das Feuer seine Cedern verzehre. Die Cypresse soll über den Fall der Ceder weinen ®), die Eichen Basans über die Zerstörung des undurchdringlichen Waldes. Lautes Klagen der Hirten erschallt, weil ihre Pracht zerstört ist, lautes Brüllen der Junglöwen, weil des Jordans Pracht verwüstet ist.

Vor solchem Unheil hat nun Jahve sein Volk ver- geblich bewahren wollen. Wir erfahren das Nähere über

. %) Es sollte nicht erst bewiesen zu werden brauchen, dafs Za. 11, 1—8 kein selbständiges Orakel ist, wie, seitdem Flügge die Untersuchung in Deutschland auf falsche Wege geleitet hat, vielfach angenommen worden ist (Knobel, Bleek, Ortenberg). Für die Zugehörigkeit dieser Verse zu 11, 4 ff. ist entscheidend eine Vergleichung von 11, 8 einerseits mit Jer. 12, 5, von 11, 4 andererseits mit Jer. 12, 8, wovon weiter unten noch die Rede sein wird.

*) Es mufs die Auffassung als möglich anerkannt werden, dafs 11, 1—8 das über das Volk nach 11, 16 ff. hereinbrechende Unheil in einem Bilde darstellen, so dafs die Libanoncedern, Basaneichen, die Löwen der Jordanaue nur Bild der Grofsen des Volkes sind, welche bei jenem Unglücke umkommen. Doch möchte die parallele Stellung von 9, 1 ff. die oben vertretene Auffassung empfehlen.

8) TINY DAR 7) v.2 ist zu streichen. Es ist ein inden Text

gerathenes Glossem zu 8.

26 Stade. Deuterosacharja..

diesen Rathschlufs Gottes und seine Vereitelung 11, 4 ff. Und zwar wird uns die Erzählung eingekleidet in die Form eines Berichtes tiber eine dem Propheten befohlene und von ihm ausgeführte symbolische Handlung. Wir haben hier nicht die Erzählung: eines wirklichen Vorfalles, sondern lediglich eine rhetorische Wendung, eine Art Allegorie vor uns, in welcher der Gedanke zum Ausdruck kommt, dals das Volk die hesondere göttliche Leitung verschmäht und daher dem Unglücke überlassen wird. Allegorisch drückt dies der Verf. folgendermalsen aus. Er erhält den Auftrag, Gottes Heerde zu weiden. Es ist eine Heerde der Schlachtung, welche von ihren Käufern ohne Ver- schuldung getödtet, von ihren Verkäufern zur Bereicherung ausgebeutet, von ihren Hirten nicht geschont wird. Er erhält diesen Auftrag, weil Jahve einen Krieg aller Völker unter einander erregen will. Geschildert wird dieser Krieg als ein Preisgeben dieser Völker in die Hand ihrer Könige und Hirten'). Die Könige lassen also die Völker sich in Kriegen aufreiben, welche nur im Interesse der Herrscher, nicht in dem der Völker geführt werden. Sie verwüsten dabei die Erde, ohne dafs Jahve aus ihrer Hand rettet. 11, 4—6.

So weidet denn der Prophet als Stellvertreter Gottes die Heerde der Schlachtung für die Kanander *) der

') Für yıy) v. 6 lies wegen ino vielmehr yy.

*) Für Nyt) spy 12> lies, da 9) keinen Sinn gibt, yx) ean LXX. elo thy Xavacvitey. Aus gleichem Grunde ist v. 11 statt wy 2 zu lesen wy, LXX ot Xavavaloı. Die Kananker der Heerde sind dieselben schlechten Oberen, welche nach 10, 8 von Gott hinweg- gefegt werden sollen; dieselben, welche nach 11, 5 ihr Volk verkaufen und es unter Lug und Trug, Bedrlickung und Gewaltthat zu ihrer Be- reicherung ausbeuten Es sind dieselben, welche den Propheten mit 80 Silberlingen ablohnen. Kananäer heifsen sie nach dem Vorgange von Hos. 12, 8, weil sie sich hierdurch des Namens der Israeliten un- würdig gemacht haben.

Analyse des Inhalts von Ze. o. 11. 7 QT

leerde. Dafs das Thun des Propheten, wie wir behauptet ıben, hier lediglich Abbild der Hirtenthätigkeit Gottes t, welcher das Volk durch die kommenden schlimmen aiten hindurch leiten will, ergibt eine Vergleichung von v. 6 nit v. 10. Nach v. 6 erregte Gott den Krieg unter den /öikern, nach v. 10 schliefst aber der Prophet ein Ab- commen mit den Völkern, Israel nicht anzugreifen. Es ist tr das Verständnils der Weissagungen Deuterozacharjas richtig, diese Bedeutung des Thuns des Propheten festzu- alten. Diese besondere Leitung, unter welche Gott sein folk genommen hat, ist nur ein anderer Ausdruck für as, was 10, 3.4 geweissagt worden war. Es ist ja selbst- erstindlich, dafs Gott sein Regiment durch von ihm ein- esetste und nach seinem Willen regirende Autoritäten usüben läfst '),, Hieraus ergibt sich aber weiter 1) dafs ach c. 11, 1—17. 13, 7—9 das von Deuterozacharja 10, 5 ff. teweissagte nicht eingetreten ist. Das Volk geht der ort in Aussicht gestellten messianischen Hoffnungen ver- tig. 2) Dafs der historische Standpunkt, von welchem us Deuterozacharja c. 11 weissagt, ein anderer ist, als erjenige, von welchem er in c. 9. 10 ausgeht. Ein Theil er in den beiden ersten Capiteln in Aussicht genommenen xwartungen hat sich als trügerisch erwiesen.

Der Prophet führt als Hirt zwei Hirtenstäbe, von reichen er den einen Huld, den andern Verbindung nennt. x entfernt die drei Hirten in einem Monate ?). Dann ber wird er der Heerde überdrüssig und diese seiner. Er

) Vergleiche die Umschreibung des Targums von "ya v. 7 : py Sy KONTO mm

*) Nicht beliebige drei, sondern die drei bekannten. Die Worte od räthselhaft. Am besten bezieht man sie noch auf die Vernichtung r drei Weltreiche, welche das Gottesreich bisher anzubrechen ver- dert haben. Wie px pm) hierbei zu deuten sei, ist mir freilich nkel. Siehe weiteres hiertiber unten.

28 Stade, Deuterozacharja.

spricht : ich mag euch nicht ferner weiden, was stirbt mag | sterben, was umkommt umkommen, und was übrig bleibt, : einander gegenseitig aufzehren. 11, 7. 8. Hierauf nimmt ' der Prophet den Stab Huld und zerbricht ihn zum Zeichen, dafs das von ihm mit den Völkern geschlossene Abkommen (Israel nicht anzugreifen) aufgehoben sei. Es ward auf- gehoben und hieran erkannten diejenigen Kananäer der Heerde, welche auf den Propheten geachtet hatten, dafs es ein Wort Jahves sei. Hierauf fordert der Prophet von den Kananiern seinen Hirtenlohn. Sie geben ihm 30 Sil- berlinge. Auf Befehl Gottes wirft der Prophet diesen schnöden Lohn in den Tempelschatz !). Hierauf zerbricht er auch den Stab Verbindung um die Bruderschaft zwischen Juda und Israel aufzuheben d. h. Gottes Volk geht nicht nur des Schutzes verlustig, welchen Gott ihm hatte ge währen wollen, sondern verscherzt auch die dereinstige Wie- dervereinigung Israels und Judas, sowie diejenigen messia- nischen Hoffnungen, welche sich hieran knüpfen, wovon der Verf. c. 9. 10 geweissagt hatte. 11, 9—15.

Das weitere Schicksal des Volkes erzählt der Prophet abermals in Form einer symbolischen Handlung oder ge nauer in einer zweiten Allegorie, in welcher er wiederum als symbolische Figur auftritt. Ist er früher Abbild des sein Volk leitenden Herrn gewesen, so tritt er jetzt als Abbild des schlechten Hirten auf, welchen Gott der Heerde zur Strafe für ihren Undank setzt. Gott befiehlt ihm, das Geräthe eines thörichten Hirten zu nehmen. Denn einen solchen setzt er ein im Lande; dem Umkommenden wird derselbe nicht nachgehen, das Versprengte nicht aufsuchen, das Gebrochene nicht heilen, das Gesunde nicht ernähren,

1 syyn~ one 9 p> 1. syen-dy ven vergleiche Mal. 8, 10 yian mp. Die aramaisirende Schreibung mit % wird schon durch die LXX belegt.

hen Analyse des Inhalts von Za co. 11. 18, 7—9. 2

s Fleisch des Fetten verzehren und die Klauen der Heerde alten. Gegen ihn ergeht der Fluch : Wehe, thörichter irt, welcher die Heerde im Stich läfst. Dürre !) (komme) ber seinen Arm und sein rechtes Auge, trocken soll erden sein Arm und sein rechtes Auge erlöschen. 11, b—17. |

Mit c. 11 verbindet Ewald mit Recht c. 13, 7—9. er 11, 17 gegen den schlechten Hirten ausgesprochene uch ist kein passender Abschluß von c. 11. Wir müssen of Grund der 11, 6 ff. ausgesprochenen Gedanken zu ren erwarten, dafs die Heerde nun dem Unheile verfällt. etsteres aber kann nicht in der üblen Behandlung ge- mden werden, welche dieselbe nach 11, 16 durch den shlechten Hirten erleidet. Als Gott die Heerde unter esondere Leitung stellte, so war sein Absehen darauf ge- chtet, dafs dieselbe nicht unter dem in der Heidenwelt ıtbrannten Kampfe leide. Verwirft es diese Leitung, so t die natürliche Folge, dal es in diese Kämpfe hinein- issen wird. Die üble Behandlung durch den Hirten ınn höchstens Mittel zum Zweck sein. Nun erfahren wir ıs schliefsliche Schicksal der Heerde 13, 7—9. Gottes chwert soll den Hirten treffen, die Heerde soll sich zer- reuen. Zwei Drittel derselben werden in den Gefahren nkommen. Aber auch das übrig bleibende Drittel mufs schmals durch ein Unglück geläutert werden. Der als- ınn bleibende Rest wird Gottes Volk sein. Diese Verse 3, 7—9 bilden einen normalen, 11, 17 in zu erwartender Veise fortsetzenden Schlufs einer messianischen W eissagung. ügt man sie nicht hinter 11, 17 ein, so.ist c. 11 eine essianische Weissagung ohne Schlufs, was um so we- ger erwartet werden kann, als jede der drei übrigen

ı Für av. 17:1. Jr. Die Nothwendigkeit dieser Punktation ibt sich aus der v. 17% folgenden Erläuterung

30 Stade, Deuterosacharja.

Weissagungen c. 9. 10; c. 12, 1—13, 6; c. 14 ihren nor- malen Schlufs hat. Zu dem gleichen Resultate kommen wir, wenn wir die | Umgebung näher ansehen, in welcher 13, 7—9 vorkommt. An 12, 1—13,6 lälst es sich nicht anfügen. c.12, 10—13, 6, die Bekehrung und Bufse der leitenden Kreise des Volkes, bildet hier einen der übrigen Weissagung vollkommen homogenen Schlufs. Von einem Hirten weils der Abschnitt gar nichts, geschweige dafs er uns über irgend einen An- lafs berichtete, aus welchem die Drohung 13, 7 ergehen könnte. Ebenso wenig aber können wir 13, 7—9 anc. 14 anlehnen. Der in 13, 7—9 bedrohte Hirt fehlt in c. 14 und c. 14, 1 setzt überhaupt eine neue Weissagung ein ').

1) o. 14, 1 steht themaartig der nach c. 12 am Wenigsten su er-

wartende Gedanke als Hauptgedanke voran. Diese Weissagung ent-

behrt daher durchaus nicht, wie Hitzig urtheilt, eines Ausgangs- und Stitspunktes. Wenn Hitzig bemerkt und Köhler dem beitritt, man begreife nicht, wie 18, 7—9 von 11, 17, wohin es oberflächlich ange- sohen passe, hierher habe verschlagen werden können, so ist das völlig richtig, gibt jedoch keinen Grund gegen die Vereinigung beider Ab- schnitte ab. Denn es ist so manches, dessen Genesis man nicht be- greift. Hofmann und Köhler schließen daraus, dafs die Tödtung eines solchen schlechten Hirten, wie ihn 11, 16 beschreibt, eine Wohl- that für die Heerde sei, während die Folgen der Tödtung des 18, 7 er- wähnten Hırten sowie seine Beseichnung als XYOY 13 letzteren als gottwohlgefälligen guten Hirten auswiesen, auf eine Verschiedenheit beider Hirten. Letsteres wäre allerdings eine Instanz gegen die Ver- einigung beider Abschnitte. Allein der Schlufs ruht auf nicht su- treffenden Voraussetzungen. Auch das Regiment eines schlechten Köd- nigs kann das Volk vor Beschädigungen durch äufsere Feinde be- wahren. Wegfall aller autoritativen Gewalten (die Heerde zerstreut sich) ist schlimmer als ein schlechtes Regiment, ist das schlimmste Unglück, welches ein Volk treffen kann, die rechte Vorbedingung dafür, dafs es seinen Feinden Preis gegeben werde. Und die Tödtung des schlechten Hirten mufs nicht nur ihren Zweck, sondern auch ihren Grund haben. Da jede Königsgewalt von Gott ist, der schlechte Hirt noch dasu von Gott zur Strafe eingesetzt ist 11, 16, so ist gar kein Grund vorhanden, demselben das Prädicat YOY DY 18, 7 zu be-

streiten.

Analyse des Inhalts von Za. o. 11. 18, 7—9. 31

Will man c. 13, 7—9 nicht mit c. 11 verbinden, so bleibt nur übrig, es für ein selbständiges Orakel zu halten. Das ist aber nicht möglich, da 13, 7 nothwendig eine Verschul- dung des bedrohten Hirten zur Voraussetzung hat, wor- über nur in c. 11 uns etwas berichtet wird.

Bedarf nun auf der einen Seite c. 11 eines Schlusses, welcher nur in c. 13, 7—9 gefunden werden kann, auf der andern c. 18, 7—9 eines Anfanges, welcher nur in c. 11 stecken kann, so würde das allein schon ein völlig genügender Beweis sein für die Nothwendigkeit beide Abschnitte mit einander zu vereinigen. Allein noch drei andere Gründe fordern dieselbe gebieterisch.

Einmal hat bereits Ortenberg ') mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dafs 11, 16 und 13, 7 einander ent- sprechen wie Ez. 34, 4 und 62). Wenn nun zwischen 11, 16 und 13, 7 noch 11, 17 steht und 13, 7 sich nicht genau mit Ez. 34, 5 deckt, so erklärt sich das aus dem Umstande, dafs der Verf. einen Jer. 50, 37. 38 nachgebil- deten Gedanken einschaltet. Nun entspricht aber Jer. 50, 38 dem Verse 11, 17, dagegen Jer. 50, 37 dem Verse 13, 7. Dies ist der zweite Grund für die Zusammengehirigkeit von 11, 17 und 13, 7. Endlich aber gehört 13, 7—9 vor c. 12 wie Ez. 37, das neue Israel, vor Es. 38. 39, der Ueberwindung der Heiden steht.

%)a.a 0.8.58 ff.

*) Ze. 11, 16. Denn siehe ich stelle einen Hirten im Lande auf, der dem Umkommenden nicht nachgeht, das irre gehende nicht aufsucht, das Gebrochene nicht heilt, das Gesunde nicht versorgt, das Fleisch der Fetten ifst und seine Klauen spaltet. 18, 7 Schwert... ... schlag den Hirten, dafs sich die Schafe serstreuen. Ez. 84, 4. 5. Das Kranke kräftigtet ihr nicht und das Leidende heiltet ihr nicht und das Ge- brochene verbandet ihr nicht; das Versprengte führtet ihr nicht heim, das Umkommende suchte ihe nicht ..... ‚da serstreuten sic sich, weil kein Hirte war.

39 Stade, Deuterosacharja.

Die Abneigung der meisten Exegeten gegen diese von uns hiermit als nothwendig erwiesene Vereinigung von c. 11 und c. 13, 7—9 erklärt sich aus falscher Auffassung des messianischen Inhaltes beider Abschnitte. Man findet . in dem guten Hirten von c. 11 den Messias, in dem Tod des schlechten Hirten von 13, 7—9, welcher eben deshalb ein guter sein muls, den Tod des Messias geweissagt. Das Suffix von yo 18, 7 besticht auf den ersten Blick für diese Auffassung. Allein wir sahen schon, wieso der von Gott über seine Heerde eingesetzte Hirt sehr wohl als ‘YOY 23 beseichnet, und sonach auch WY genannt wer- den kann. Völlig dagegen entscheidend ist jedoch der Grund, dafs der Tod des c. 11 vorgeführten guten Hirten auf die Heerde gar nicht die Wirkung des Zerstreuens haben kann. Denn dieselbe ist ja gar nicht mehr in seiner Hand, sondern in die des thörichten übergegangen. Ebenso kann schon um deswillen von einer Beziehung des guten Hirten von c. 11 auf den Messias keine Rede sein, weil seine Hirtenthätigkeit der Vergangenheit angehört. Die Weissagung setzt erst mit 11, 15 ein, 11, 4—14 berichtet die historischen Voraussetzungen dieser Weissagung. Der als guter Hirt auftretende Prophet ist Stellvertreter Gottes, nicht Abbild eines Kommenden.

c. 12, 1—13, 6 bilden eine Weissagung. Auch hier tritt nach kurzer Einleitung : „Ausspruch Jahve’s !), welcher den Himmel spannte und die Erde gründete und den Geist des Menschen in seinem Innern schuf, v. 1,* themaartig der Gedanke, in welchem die Weissagung gipfelt, mit v. 2.3 voran : „Gott macht Jerusalem zum Taumelbecken ?) für alle Völker ringsum und auch Juda wird Jerusalem

1) Ueber den Anfang von 12, 1 vgl. 8. 14.

2) Trg. 19 1p RD- Oder auch „zur Taumelschwelle*. LXX robdvon wecdeviyeve, worüber weiter unten zu handeln ist.

nie. un.

LS el ot wees

PET) 2 20

Analyse von c. 12. 33

, mit belagern® !) Jenes Tages wird Jerusalem zum Hebestein für alle Völker, wer ihn hebt ritzt sich. Alle Völker der Erde versammeln sich wider Jerusalem. Im weitern er- fahren wir nun nicht, was diesen Zug der Heidenwelt ver- anlafst hat und auch nicht, welchen Verlauf er bis zu der von Gott veranlafsten Wendung hat. Sondern wir hören

N) Nur diesen Sinn können nach Mafsgabe der von v. 4 an folgen- den Ausführungen die Worte ey) An) N02 IT amp ON haben. Trgm umschreibt richtig: T} NYY NT MIT MIT FR oben MIMD PO ye: (Ebenso su 14,14.) Hitzig wird dem Folgenden nicht gerecht, wenn er a ee) übersetzt : für Juda Nur für die Heiden wird Jerusalem sum 5y 1p, nichtauch für Juda. Köhler’s Auf- fsssung : „und auch um Juda wird (Belagerung). sein bei der Belage- rung von Jerusalem“ scheitert daran 1) dafs die Hauptsache (Belage- rang) ergänst werden mufs Es ist das um so mehr zu betonen, als der von Köhler eingelegte Gedanke, Juda werde um Jerusalems Mauern gelagert von den Heiden mit belagert werden, ein so seltsamer und auffallender ist, dafs er wohl deutlich auszusprechen gewesen wäre, 2) dafs man nach hebräischem Sprachgebrauche vielmehr ein oT oy iyp> MM) NS MM ON erwarten würde, 8) dafe der Zusammenhang deutlich Juda nicht als belagert sondern als in gleicher Lage mit den Heiden befindlich, also als belagernd ausweist. Köhler wird durch seine Annahme, dals das vor Jerusalems Mauern susammen- gedrängte Juda bereits siegreich mit den Heiden kämpft, während Je- rusalem noch von den letzteren bedrängt wird, zu der weiteren ge- nöthigt, dafs Juda an einer Seite der Mauern Jerusalems zusammen- gedrängt sei. Aufserdem aber verträgt sich dieselbe nicht mit v. 4 und v. 6. Nach v. 4 schlägt Gott alle Rosse mit Scheuheit und Blind- beit und deren Reiter mit Wahnsinn. Alle Heiden werden somit von Gottes Eingreifen betroffen. Ihre Wehrlosigkeit reist die Judäer zum Abfall und Ueberfall. Wenn die m “pide ferner v. 6 mit dem in Hols gestellten Feuerbecken verglichen werden, so müssen sie sich mitten im Heeré der Heiden befunden haben. Michaelis, Rosen- müller, Ewald gewinnen nun diesen von uns vorausgesetsten Sinn in dem Passus 'ıy a5 y Oj) indem sie by als das der Obliegen- heit, des Zwanges fassen. Noch näher liegt es vielleicht mit Geiger, a. a. O 8. 58 dieses by zu streichen. Es könnte eingeschoben worden sein, um den anstölsigen Gedauken zu beseitigen, dafs Juda die heilige

Stadt als Bundesgenosse der Heiden belagern wird. Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang |. 1881. 3

34 Stade, Deuterosacharja.

sofort, auf welche Weise es Gott bewirkt, dafs Jerusalem zum 5y7 ng für alle Völker wird. Jahve schlägt jenes Tages die Rosse der Jerusalem belagernden Heiden mit Scheuheit und Blindheit und deren Reiter mit Wahnsinn, über dem Hause Juda aber öffnet er seine Augen"). Da sprechen die Gaufürsten (Aeltesten) Judas : „möchte sch doch den Bewohnern Jerusalems genügen (helfen) können *) durch Jahve der Heerschaaren, ihren Gott.” Gott macht sie wie ein Feuerbecken bei Holz und wie eine brennende Fackel bei Garbenhaufen. Sie fressen nach rechts und nach links alle Völker ringsum, so dafs Jerusalem an seiner Stelle bleibt. So hilft Jahve den Zelten Judas zunächst, auf dafs sich nicht das Haus Davids und die Einwohner Jerusalems allzusehr über Juda erheben. 12, 4-7.

Jenes Tages überschildet Jahve die Bewohner Jeru- salems und es wird der Strauchelnde unter ihnen wie David und das Haus Davids wie Gott und wie der Engel Jahves vor ihnen. Jenes Tages sucht Gott alle Heiden zu ver- nichten, welche wider Jerusalem ausgezogen sind. Aber über das Haus Davids und die Bewohner Jerusalems gielst er aus den Geist der Gnade und des Flehens. Da blicken sie auf den ®), welchen sie durchbohrt haben und trauern

') Die also früher, während Gott den Zug der Heiden zuliefs, ge- Br waren. 1 Kö. 8, 29. Neh. 1, 6.

*) a % myor v. 5 1. nach LXX ebgyoouer davrolg rods xatroıxovvrag ’IepgovaaAnı =) ar } PINZON: Auch Trgm MINEN ea) PN zeugt für diese L. A. Die Worte des jüdischen An- führers sind gleichsam die Parole, mit welcher sie für die heilige Stadt in den Streit ziehen.

8) Der Durchbohrte ist es also, um dessen willen sie um Gnade flehen und von Gott mit dem Geist der Gnade und des Flehens begnadigt werden. Sie haben durch seine Tödtung eine Blutschuld auf sich ge- laden und bedürfen der Entsühnung, welche ihnen dadurch wird, dafs Gott die Quelle 13, 1 aufthut. Ueber die Nothwendigkeit ar in

YON zu ändern, sollte man nicht nöthig haben ein Wort verlieren su

BE

Analyse des Inhalts von c. 14. 35

+ über ihn, wie man über den Eingeborenen klagt, bitterlich

‚ih!

wie über den Erstgeborenen. Die Klage wird so grofs wie die Klage Hadadrimmons in der Ebene Megiddo. Und swar erheben die einzelnen Geschlechter die Klage je für sich, nämlich das Haus Davids allein und seine Frauen allein, das Haus Nathans allein und seine Frauen allein, das Haus Levi allein und seine Frauen allein, das simeitische Geschlecht allein und seine Frauen allein und so auch die übrigen Geschlechter. 12, 8—14.

Jenes Tages eröffnet Gott für das Haus Davids und

: die Bewohner Jerusalems eine Quelle zur Entsündigung

und Reinigung '). Jenes Tages wird Gott aus dem Lande ausrotten die Namen der Götzen, so dafs man sie nicht mehr erwähnt, und die Propheten und wird den Geist der Unreinigkeit aus dem Lande hinwegschaffen. Wenn einer ferner noch als Prophet aufzutreten wagt, so schlagen ihn Vater und Mutter. Jenes Tages schämen sich die Pro- pheten ihrer Gesichte und ziehen nicht mehr den Haar- mantel an. Keiner will mehr ein Prophet sein. Lieber gibt er sich für einen seit seiner Jugend das Land be- bauenden Ackersclaven aus. Und zeigt man einem solchen seine Wunden, so erwidert er, also sei er im Hause seiner Lieben (Angehörigen) geschlagen worden. 13, 1—6.

müssen. Ewald, Propheten 2°. 8. 57. Z. 25 ff. trifft den Nagel auf den Kopf. Nur war es nicht geschmackvoll, sich auf Handschriften des massoretischen Textes zu berufen.

t) Die Quelle ist m (. ME) Ar) eigentlich gegen Sünde und Unreinigkeit, vgl. y 68, 21 mingin Mp9. Bie ist also ein grofses Dey YQ und 9 vel. Trgm. QOPI) KNYAK "DD IT XDD KENNT KAW. Die von der Massora geforderte Punktation newrd (vgl. Massora magna ed. 8. Fronsdorff. 8. 62 und Michaelis in der Halleschen Bibel sur St.) beruht auf der irrigen Voraussetzung, dafs das erste von zwei eng verbundenen Worten in der Verbindungs- form stehen könne. Es ist hier wie anderwärts die Hauptform herzu- stellen.

3%

36 Stade, Deuterosacharja.

c. 14 ist eine Doublette su c. 12, 1—14. 13, 1-4 Auch diese Weissagung erzählt uns von einer Belagerung Jerusalems durch die Heiden, in deren Heere sich Juda als Bundesgenosse befindet. Auch sie berichtet die wunder- bare Rettung der Stadt durch Gottes Einschreiten und die Ueberwindung der Heiden. Nach ihr wird jedoch Jer- salem erobert und gezüchtigt, bevor Gott eingreift. Mit seinem Einschreiten bricht der grofse Tag Jahves an, bei der Ueberwindung der Heiden tritt Judas Antheil gegen- über der Darstellung in c. 12 zurück. Mit Ueberwindung der Heiden beginnt Gottes Reich; zu ihm bekehren sich auch die Heiden.

Unter diesen vom Inhalte von c. 12 abweichenden Gedanken ist der auffallendste, dafs Jerusalem erobert wird. Nach 12, 1—14. 13, 1—6 erwartet man ihn nicht. Er wird daher, nach einer auch bei älteren Propheten sich finden- den Manier, an die Spitze der ganzen Weissagung gestellt 14, 1: „Siehe ein Tag kommt Jahve, da wird in dir deine Beute vertheilt.* Von v. 2 an erzählt dann der Prophet den Hergang gemäls der Aufeinanderfolge der einzelnen Ereignisse. Jahve sammelt alle Heiden gegen Jerusalem. Sie erobern die Stadt, plündern die Häuser, schänden die Frauen, deportiren die Hälfte seiner Bewohner. Um den Rest zu retten erscheint Jahve zum Streite wider die Heiden. Seine Fülse treten auf den Oclberg'). Da spaltet sich dieser unter ihnen. Indem die Hälfte des Berges nach Norden die andere nach Süden zurückweicht bildet sich ein weites von Westen nach Osten verlaufendes Thal, ir welches die noch übrigen Bewohner Jerusalems fliehen

') Der Zusats Dam Day NH~OY ge zeigt, dafs Deutero zacharja kein Jerusalemer ist. Die Rolle, welche nach c. 12 und 1: die Juden von Judäa spielen, wie namentlich 12, 7 ff., weisen darau hin, dafs er vielmehr ein Judäer vom Lande war.

=? = 2 .-

ee A EEE ef

BE

Analyse des Inhalts von c. 14. 37

Hierauf schreitet Jahve begleitet von allen Heiligen zum Kampfe 14, 2—5.

Nun erfahren wir aber zunächst den weiteren Verlauf dieses Kampfes noch nicht. Vielmehr schildert der Verf. zuvor v. 6. 7 diesen Tag als einen lichtlosen !); nicht Tag noch Nacht ist es, erst gegen Abend wird es hell. Dann erzählt er weiter v. 8—11 die beglückenden Folgen, welche der Tag Jahves für das heilige Land haben wird. Leben- dige, immer fliefsende Wasser werden von Jerusalem aus- gehen und zur Hälfte ins todte, zur Hälfte ins mittellän- dische Meer fliesen. Jenes Tages wird Jahve König sein über das ganze Land *), jenes Tages wird Jahve einer sein und sein Name einer. Das ganze Land wird sich vor Jerusalem zu einer Ebene wandeln, Jerusalem aber an seiner hohen Stelle sitzen bleiben und in alter Ausdehnung wieder aufgebaut werden. In ihm wird man wohnen, kein Bann wird mehr sein und Jerusalem wird sicher sitzen.

Nun erst erfahren wir den Hergang der vor Eintritt dieser seligen Zustände erfolgenden Ueberwindung der Heidenwelt in 14, 12—15. Der Bericht schiebt sich der- gestalt zwischen die Schilderung der mit Anbruch des

In PROD? Np" liegt eine offenbare Verderbnifs vor. LXX zal wy xal xdyoc. Trg. phy (1. Ny) “Wy Ped. Ipeyo bee weisen auf eine Lesart wie )'e@P) An) welcher ja auch das Kerf entspricht. Allein man begreift hier die Erwähnung von Kälte und Hagel nicht, erwartet vielmehr, dafs erwähnt werde, dafs auch die Berne nicht scheinen. Es soll ja weder Tag noch Nacht sein. Diesen Sinn gewinnt man durch die Punctation (ARP?) PREP’ nM: Allein darin fehlt 1) die Copula vor MID Aufserdem stöfst man sich 2) an der Incongruens von Subject und Prädicat.

*) In Anbetracht der Auslegung, welche v. 9 in v. 16 ff. erfährt, könnte man sich versucht fühlen, Yan mit Erde su übersetzen. Allein der Zusammenhang zeigt, dafs hier vorerst nur von denjenigen

Veränderungen die Rede ist, welche der Anbruch des Gottesreiches im heiligen Lande sur Folge hat.

38 Stade, Deuterozacharja.

Gottesreiches eintretenden Veränderungen ein, dafs er die Schilderung der im Lande eintretenden von der Schilde- rung der in der Heidenwelt eintretenden trennt. Es ist das, nachdem der Verf. in v.8 den naturgemiifsen Faden der Erzählung hat fallen lassen, nun nöthig geworden. Denn die Ueberwindung der zur Zerstörung der heiligen

Stadt ausgezogenen Heiden muls erzählt werden, ehe ihre

Aufnahme in das Gottesreich berichtet werden kann.

So wird denn eine Seuche die Heidenvölker, welche soeben Jerusalem erobert haben, plagen. Bei lebendigem Leibe verfaulen ihnen die Glieder. Ein Gottesschrecken wird unter sie fahren, so dafs einer die Hand wider den andern erhebt. Auch Juda wird in !) Jerusalem kämpfen und die Schätze aller Völker ringsum sammeln ?), Gold und Silber und Gewänder in Menge. Auch das im Lager der Heiden befindliche Vieh wird von einer Seuche befallen und ver- nichtet werden.

Jetzt wendet sich der Verf. zur Beschreibung der- jenigen Wirkungen, welche der Anbruch des Gottesreiches auf die Heiden ausübt. Doch erhalten wir keine ausführ- liche Schilderung. Nur einzelne Züge werden uns vorge- führt. Von den Kindern der Zerstreuung schweigt der Verf. zunächst in auffallender Weise. Er scheint vorauszusetzen, dafs sie inzwischen in das heilige Land zurückgekehrt sind. Von denjenigen Heiden aber, welche von jener Plage ver- schont worden sind, weissagt er, dafs sie jährlich nach Jerusalem pilgern, um den König Jahve der Heerschaaren anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern. Sie erkennen also gleichfalls das Königthum Jahves an, bekehren sich zu ihm und ordnen ihr Leben nach seinen Geboten. Dafs sie gerade zum Laubhüttenfeste pilgern bedeutet, dafs sie

1) v. 14 Ody 5, 8. hierliber die Ausführungen Köhler ’s. 2) Für MON] Y- 14 1. FDR) zal ovvdkeı, vgl. zu 12, 2.-

Analyse des Inhalts von o. 14. 39

m ihre Länder schmückenden Erntesegen von Jahve her- iten. Wer aber von den Geschlechtern der Erde nicht sch Jerusalem pilgert, dessen Land wird keinen Regen md damit auch nicht den messianischen Erntesegen) er- alten '). Den möglicherweise zu machenden Einwand, als man aber auf diese Weise die Aegypter nicht zur ährlichen Pilgerreise nach Jerusalem werde zwingen können, la die Fruchtbarkeit ihres Landes nicht vom Regen ab- linge, schneidet der Verf. mit der Weissagung ab, dafs lie Aegypter, im Falle sie die Pilgerfahrt unterlassen ollten, von Gott zur Strafe mit jener Plage geschlagen werden sollen *), welche die Jerusalem belagernden Heiden befallen wird.

Die ganz ausnchmende Heiligkeit aber, welche unter der Gottesherrschaft das neue Jerusalem durchdringen soll, schildert zum Schlusse seiner Weissagung der Verf. dahin, dafs jenes Tages auch die Rosse Jahve heilig sein und auf

') Des Regens bedürfen die Länder der Heiden im Gegensatze zu Jerusalem und Juda, welche jene immerfliefsende von Jerusalem aus- gehende Quelle fruchtbar macht.

*) Die Lesart omby xD) v. 18, bei welcher Hy) ergänst zu rerden pflegt, gibt keinen Sinn, denn Aegypten, welches Regen weder at noch braucht, kann nicht mit Entziehung desselben gestraft werden. Jafs hier der Prophet an die das Steigen des Niles veranlassenden tro- ischen Regengüsse gedacht oder auch nur von denselben etwas ge- rafst habe, ist mehr als unwahrscheinlich. Dagegen ergibt sich, dafs nsere Stelle verdorben ist, auch daraus noch, dafs das Folgende pq . 18 sich nicht anschliefst. Man begreift überhaupt nicht, wozu och von einer Plage die Rede ist, wenn doch auch Aegypten in leicher Weise durch Entziehung des Regens gestraft werden soll. XX, Ped. sind im Rechte, wenn sie xb nicht lesen und Hy mit „rn verbinden. Das Eindringen der Negation ist dadurch ver- ulafst worden, dafs man den Fortschritt der Gedanken nicht begriff od meinte, es solle an Aegypten nur exemplificirt werden. Trgm

Ift sich durch die Paraphrase yın 11799 DI 019") PO" 179 ND) pop 53 m MOT RAND.

u

40 Stade, Deuterozacharja.

ihren Schellen die Aufschrift „Jahve heilig“ tragen werden, Die Kochtöpfe im Tempel werden so heilig sein, wie Opferschalen auf dem Altare. Alle Kochtöpfe in salem und Juda !) werden Jahve der Heerschaaren sein. Die Opfernden werden von ihnen nehmen und ihnen kochen und wird jenes Tages kein Kananier sein im Tempel Jahves d. h. keiner, welcher durch V schacherung von neuen, ungebrauchten Gefälsen an zum Tempel Kommenden sich bereichert.

Wir haben hiermit einen Ueberblick über den Ge dankeninhalt von Za. 9—14 gewonnen. Allein wir können doch noch nicht zu einer Untersuchung darüber fortschreiten, auf welche Zeit derselbe zu deuten ist. Es wird nach des 8.10 ff. entwickelten Grundsätzen erst zu untersuchen sein, was von diesem Inhalte mit Deuterozacharja neu auftritt und was er etwa mit andern Propheten theilt. Nur dam erste wird zur Bestimmung seiner Zeit direct benuts& werden können. Indirect aber wird auch die Ermittelung- der Deuterozacharja nicht eigenthümlichen, etwa von anderrm

i)

1) Man beachte, wie sich hier Juda in einem ganz Gufserlicheam Zuge an Jerusalem anhängt. Trotzdem Deuterozacharja 12, 7 gegamm die Ueberhebung der Jerusalemer über Juda polemisirt, kann er sie doch von dem Zuge der Zeit, Juda als heilige Stadt der ganzen Glam- bensgemeinschaft auf eine von Juda nicht zu erreichende. Höhe sua heben, nicht frei machen. Auch ihm, dem Nichtjerusalemer, ist Juda nur die Umgebung der Reichshauptstadt, welche an Bedeutung ver- liert, sobald jene zum Mittelpunkte der Welt wird. Schon hier sei darauf hingewiesen, dafs Juda in dem messianischen Zukunftsbilde von c. 12—14 keine rechte Rolle spielt. Erscheint es erst als Schweif im Gefolge der Heiden, so jetzt in dem Jerusalems. Dals es Jerusalem hilft und die Beute der Heiden erbeutet, ist alles was ihm sur Aus zeichnung gesagt wird. Der Helfer Jerusalems aber wird an inner licher Bedeutung wie auch äufserlich 14, 10 von letzterem durchaus überragt. Aus ihm werden dabei die Gitzen und Propheten ausge

Jerusalem.

rottet 13, 2 ff. Auch bei unserem Verf. dient Juda nur als Folie für %

Das Verhältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 41

Propheten entlehnten, Gedanken für die letztere Aufgabe von gröfstem Werthe sein, da sie uns vielleicht den Be- weis liefern kann, dafs Deuterozacharja jünger als bestimmte andere Propheten ist !).

I. Untersuchung des Verhältnisses, in welchem der Inhalt Deuterozacharjas zu der übrigen a. t. Weissagung steht.

A. c. 9. 10.

Wir stellen das Resultat unserer Untersuchung als These voran : Der gesammte Habitus der Weissagung Za. 9.10 ist im Allgemeinen nachezechielisch, im Besonderen nachexilisch.

Wir mufsten es auf S. 23 f. unentschieden lassen, in welchem Verhältnisse die Besiegung der Söhne der Griechen 9, 13 zu der Demüthigung Assurs und Aegyptens 10, 11 steht. Mögen nun beide Verse ein und dasselbe Ereignils weissagen, oder mag, was uns wahrscheinlicher war, die Ueberwindung der Griechensöhne später fallen als die Assurs und Aegyptens und einen letzten vergeblichen Ansturm der

*) Der Gedankenumfang der Weissagungen Deuterozacharjas deckt sich, vielmehr mit dem der jüdischen Apocalyptik als mit dem der Prophetie. Besonders frappant ist die Aehnlichkeit mit Or ac. Sibyll. IN, 652—794, vgl. Schtirer, neutestamentliche Zeitgeschichte. Lpzg. 1874. 8. 567 f. Es genügt diesen Punkt hier zu streifen. Er ist bei Bestimmung der Abfassungszeit zwar nicht zu übersehen, aber doch nicht von entscheidender Bedeutung. Es gilt zudem zunächst den terminus zu finden, post quem Deuterozacharja geschrieben haben muls. Auf die mannigfachen Berührungen zwischen ihm und nachexilischem, selbst spät jüdischem Schriftthume werden wir in Abschnitt 8 noch zurückkommen.

42 Stade, Deuterozacharja.

Heidenwelt vorstellen, so haben wir hier jedenfalls einen § nachezechielischen Zug. Denn wenn nach 9, 12 nicht nur # Juda sondern auch Ephraim eine Waffe in Jahves Hand § zur Ueberwindung der Griechensthne ist, so ergibt sich, dafs die endgültige Ueberwindung der Weltmacht erst nach ¢ der Heimkehr Ephraims geschieht. Gott erscheint erst in; seinem Lande, nimmt es in Besitz und bewirkt Ephraims ; Heimkehr. Letztere vermittelt die Besiegung. In der vor- ezechielischen Weissagung ist es gerade umgekehrt. Die : endgültige Ueberwindung der Feinde Judas ermöglicht die Heimkehr der Zerstreuten !). Indem Gott den das zuge billigte Maafs überschreitenden Feind in die Hände seines Volkes gibt oder selbst gegen ihn einschreitet, bricht un- mittelbar die messianische Zeit an. Keinerlei vermittelnde Ereignisse schieben sich dazwischen *). Ja in der vorjere- mianischen Weissagung spielt die Heimführung Ephraims überhaupt keine Rolle. In Stellen wie Mi. 4,6. Nah. 2, 1—3. Zeph., 3, 8—20 ist kaum an sie gedacht. Für die Judäer bis auf Josia fällt, wie die Erzählung 2 Kö. 23 beweist, die Katastrophe des Nordreiches vom Jahre 722 durchaus nicht unter den Gesichtspunkt einer Zerstreuung der Nord- ‘stimme und Hinwegtilgung derselben aus ihrem Lande, sondern unter den eines Unterganges des nationalen König- thumes und des Verlustes der Selbständigkeit. Nur ein Theil des Volkes ist ja überhaupt weggeführt worden, ein weit grifserer in den assyrischen Kriegen umgekommen, ein grofser aber im Lande sitzen geblieben. Diese sind immer noch die alten Stämme, nur dafs über sie ein assy- rischer Vasall als König herrscht. Diese Anschauungen er- leiden erst eine Aenderung infolge der deuteronomischen Be- wegung und, wiewohl die Einwirkungdieses zweiten Umstandes

ee a DE ln. m.

') Mi. 4, 6 ff Nah. 2, 1—8. Zeph. 8, 8—20. *) Vgl. Jes. 9, 1 ff. 10, 5—11, 16. 30, 27 ff. 81, 4—9. 88, 1 ff. 87. 80—35. Micha 5, 2—14. Nah. 2, 1—8.

Das Verbältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 43

kleiner ist, infolge der’ sich verbreitenden Ueberzeugung, dafs auch Judas Untergang vor der Thür steht. Gleiches Unglück pflegt auch sonst Entfremdete wieder zu ver- anen !). Jetzt rückt der Untergang des nationalen König- thums, die Deportation der besten Stände des Volkes unter den Gesichtspunkt einer Strafe für den Bruch des mit Gott geschlossenen Bundes, einer Strafe, welche auch Juda

treffen wird, da es sich nicht bekehrt. Jetzt ist kein

Grund mehr vorhanden, hochmüthig auf den von Gott ge- straften Joseph herabzusehen. Und die Verheilsung der Propheten, dafs Gott sein Volk dennoch retten wird, wenn es sich bekehrt, gilt jetst auch diesem. Wie allen Stämmen die göttlichen Verheifsungen zu Theil geworden and, wie Gott ganz Israel aus Aegypten geführt, alle Stämme seinem Knechte David zum Reiche übergeben hat, so wird er auch sie alle heimführen, mit ihnen einen neuen Bund schliefsen, auf dafs sie alle in Zion ihren Mittelpunkt haben und Davids Haus über sie herrsche.

Daher treten für Jeremia das Haus Israel und das Haus Juda beständig in Parallele 3, 8. 5, 11. 7, 15. 13, 11. 23,1—8; ja es beginnt Israel überhaupt bei ihm erst eine Rolle zu spielen. Er ist der erste, welcher mit dürren Worten Ephraims Heimkehr und Wiederherstellung verkündet3, 11 ff. (23, 8); und wiesehr diese Gestaltung des jeremianischen Zu- kunftsbildes abhingig ist von den deuteronomischen Ideen lehren diejenigen Stellen, an welchen er am ausführlichsten davon handelt : c. 11, 1—11. c. 30. 31. c. 33, 6 ff.

Ist also schon aus der grofsen Rolle, welche Ephraims Heimführung in Za. c. 9. 10 spielt, ganz im Gegensatze zu der landläufigen Kritik zu schliefsen, dafs dieser Ab- schnitt der Prophetie der assyrischen Zeit, überhaupt der

!) Zu voller Wirkung kam dieser Umstand erst, nachdem auch Juda exilirt und damit Joseph gleichgestellt worden war.

44 Stade, Deuterosacharja.

vorjeremianischen nicht angehören kann, so ist noch leichter zu zeigen, dafs die Vorstellung von einem nach Ephraims Heimführung d. h. nach Wiederherstellung des gesammten Bundesvolkes erfochtenen Siege über die Heiden, durch welchen erst das messianische Reich endgültig begründet wird, erst mit Ezechiel aufgetreten ist.

In jenen oben erwähnten Weissagungen Jeremias fällt mit der Wiederherstellung Ephraims und Judas der An- bruch der neuen Zeit zusammen. Diese Weissagungen sind vor der Katastrophe Jerusalems und des Tempels gehalten worden. Ganz anders aber urtheilt über diesen Punkt Ezechiel in den nach dieser letzteren geschriebenen Theilen seines Buches. Verzeiht nach Jeremia (31, 15—22) Gott Ephraim, weil es zur Einsicht seiner Sünden gekommen ist und sie reuig bekennt, so spitzt Ezechiel in seiner Aus- führung von der Schöpfung des neuen Israels durch Gott _c. 33—39 den jeremianischen Gedanken, dafs Gott seinem Volke liebevoll entgegenkommen werde, dahin zu, dafs er sein Volk, wiewohl es dies durch keine Herzensänderung verdient hat, der Gewalt der Feinde entreifsen, ihm sein Land zurückgeben, ihm die Sünden verzeihen und ein neues reines Herz verleihen werde. Nicht um des Volkes willen geschieht es also, vielmehr um Gottes selbst willen, dessen Namen seit Jerusalems und des Tempels Zerstörung unter den Heiden mifsachtet ist). Um die Heiden von seiner Macht zu überzeugen, wendet er die Geschicke des Volkes. Aber damit, dafs Israel wieder in seinem Lande wohnt, hat für Ezechiel Gott den Heiden noch nicht den unwider- leglichen Beweis geführt, dafs Jerusalem und der Tempel nur um deswillen in den Staub gesunken sind, weil Jahve dies als Strafe für die Sünden seines Volkes verhängt hat. Dafs Jahve selbst Israel in die Hand der Feinde gab, werden die Heiden erst recht erkennen, nachdem Gott die

!) Vgl. Smend's Ausführungen zu Ez. 38—39.

Des Verkältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 45

gen die heilige Stadt anstiirmenden Schaaren Gogs ver- htet haben wird. Durch Gogs Ansturm ist von neuem s Volk in die Gefahr des Unterganges versetzt worden, e zur Zeit seiner Bewältigung durch die Chaldäer. Und rar ist die Grefahr des Unterganges viel grölser, denn cht das einzelne Volk der Chaldäer sondern Völker von len Enden der Erde her haben sich aufgemacht, um ider Gottes Volk zu streiten. Vermag Gott in dieser hlimmsten Gefahr sein Volk zu retten, so ist damit er- esen, dals er es auch in der kleineren Gefahr, welcher | einst erlegen ist, hätte retten können, wenn er gewollt itte. Damit ist Gottes geschädigte Ehre aufs glänzendste ieder hergestellt.

Der Umstand, dafs Ezechiel nach Israels Wiederher- tllang einen endgültigen Sieg über die Heidenwelt er- artet, erklärt sich sonach lediglich aus der Stellung, reiche Ezechiel zu der Katastrophe Jerusalems und des ‘anpels einnimmt. Sie ist abhängig von dem ihn beherr- chenden und daher auch c. 39 schliefsenden Gedanken, als Gottes Ehre dadurch geschädigt worden ist und durch nen glänzenden Erweis seiner Macht wiederhergestellt erden mufs. Diese Voraussetzungen fehlen bei Deutero- wharja gänzlich. Nichts konnte ihn hindern, die Heim- thr Ephraims als Folge der Besiegung der Griechensöhne ıfzufassen. Indem er sich in so äufserlicher Weise ohne ırch einen inneren Grund gezwungen zu sein in der Auf- nanderfolge seiner Erwartungen an Ezechiel anschliefst, weist er seine Abhängigkeit von letzterem.

Weiter aber mufs zwischen Ezechiel und Deutero- charja das Exil liegen. Für Ezechiel handelt es sich um Tiederherstellung des Hauses Israel unter einem Könige ırch gemeinsame Zurückführung und Vereinigung Judas id Josephs. Beide haben genau das gleiche Geschick, ie sie jetzt im gleichen Unglücke schmachten. Für Deu- rozacharja aber handelt es sich um Befreiung Ephraims

46 Stade, Deuterosacharje.

durch Juda. Juda sitzt also im Lande und zwar nicht noch im Lande, sondern wieder im Lande, da die Weis- sagung, wie eben bewiesen, jünger als Ezechiel ist.

Sonach erweist schon eine allgemeine Vergleichung des Inhaltes von Za. 9. 10, dafs dieser Abschnitt nicht nur nachezechielisch, sondern auch nachexilisch ist. Noch präcisere Resultate gewährt eine Vergleichung der ein- zelnen Theile dieses Abschnittes mit den übrigen prophe- tischen Schriften. Sie lehrt nicht nur, dafs Deuterozacharja in c. 9. 10 bestimmte jeremianische und ezechielische W eis- sagungen wieder aufnimmt, sondern zeigt, dafs er im Ge- danken und noch weit mehr im Ausdrucke fast Vers für Vers von älteren Propheten abhängig ist. Diese Capitel sind eine Mosaik, in welcher bestimmt nachweisbare ältere Stellen die in den Mörtel eingelassenen Steine bilden. Losgerissen aus ihrer Umgebung und in eine neue, viel. fach nicht naturgemifse gebracht, zeugen sie überall laut und lebhaft gegen den, welcher aus alten Trümmern einen Neubau schichtete.

Den Manipulationen des Verf. werden wir am sichersten folgen, wenn wir c. 9. 10 in kleinere Abschnitte zerlegen. Es wird das die Untersuchung wesentlich erleichtern.

a. © 9, 1—8.

Diesen Abschnitt baute der Verf. auf Grund der Stelle Am. 1, in deren Darstellung er jedoch Entlehnungen aus verschiedenen andern Stellen der Propheten einflocht. Am. 1 wie hier beginnt die Weissagung mit einer Bedrohung der Stadt und des Landes Damaskus. Aber während Amos keine geographische Ordnung einhält, vielmehr auf Da- maskus folgen läfst Philistäa, dann Tyros, hierauf Edom, Ammon und in c. 2 weiter Moab, Juda, Israel, schweigt Deuterozacharja von Edom, Ammon, Moab, Israel ganz, läfst auf Damaskus zunächst Hamath, dann Sidon und

Das Verbältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 47

Tyros und hierauf erst Philistiia folgen. Auch ist insofern der Inhalt von Za. 9, 1—8 ein anderer, als den genannten Ländern nicht nur Kriegsunglück angedroht, sondern zugleich ihre Besitznahme durch Jahve angekündigt wird. Damit hängt zusammen, dafs Juda nicht bedroht wird, sondern die Verheilsung besondern göttlichen Schutzes empfängt. Sonach erwartet Deuterozacharja einen Kriegszug, welcher von Nordosten herginbricht, während Amos den Nach- barvölkern Israels wie diesem selbst Gottes Zorn ankündigt, ohne an einen bestimmten Kriegszug zu denken, welcher sie etwa gleichzeitig verwüstete.

Deuterozacharja bringt aber nicht nur die bei Amos entlehnte Scenerie in anderm Zusammenhange und anderer Anordnung, er ändert auch die von letzterem ausge- ß enen Drohungen im Einzelnen ab. Am. 1, 9. 10 sagt :

Also sprach Jahve : ob der drei Sünden von Tyros Und ob der vier will ich es nicht zurücknehmen, Weil sie auslieferten eine vollzählige Gefangenenschaar an Edom Und des Bruderbundes nicht gedachten, So will ich Feuer senden an Tyros’ Mauer, Dafs es seine Paläste fresse. Dagegen lesen wir Za. 9, 2 —4:

Tyros und Sidon, denn es ist sehr weise, Und es baute sich Tyros eine Burg,

Und häufte sich Silber wie Staub

Und Gold wie Gassenkoth.

Siehe der Herr wird sie einnehmen lassen. Auf dem Meere schlägt er ihre Macht (5979).

Sie aber wird mit Feuer verbrannt werden.

Doch ist dasjenige, was Deuterozacharja abweichend von Amos über Tyros und Sidon verkündet, durchaus nicht ganz sein geistiges Eigenthum. Er ist nicht von selbst auf diese Züge der Beschreibung verfallen. Viel- mehr characterisirt er beide auf Grund der Schilderung, welche er Ez. 28 von Tyros fand. Zu der Hervorhebung

48 Stade, Deuterosacharja.

der Weisheit und des Reichthums von Tyros ward er an- } geregt durch v. 3. 4 jenes Abschnittes :

Siehe, du bist weiser als Daniel, Nichts Verborgenes entgeht Dir. Durch deine Weisheit und Klugheit erwarbst du dir Vermögen (9),

Erwarbst Gold und Silber in deinen Schatshäusern Durch deiner Weisheit Fülle, durch deinen Handel machtest du großs

dein Vermögen (5179), Da blähte sich dein Herz ob deines Vermögens.

Wenn jedoch Deuterozacharja dem nach Ez. 28, 3. 4 als weise beschriebenen Tyros androht, dafs seine Macht auf dem Meere geschlagen werden soll, so hat ihm hierba die Drohung Ez. 28, 8 vorgeschwebt :

Und du stirbst den Tod Erschlagener im Herzen des Meeres.

Er gebraucht dabei das ihm durch Ez. 28, 3. 4 an die Hand gegebene Yırj, welches dort Vermögen bedeutet, in der Bedeutung Macht, ohne Zweifel um bei dem mit Ez. 28 vertrauten Leser den Eindruck eines Wortspieles hervor- zurufen.

Auch, dafs er abweichend von Amos Sidon an Tyros angegliedert hat, war ihm durch Ez. 28, 20-23 an die Hand gegeben. Aber während Ezechiel eine besondere Drohung gegen Sidon ausstöfst, nennt Deuterozacharja das- selbe nur beiläufig mit; ja es wird nicht einmal das zu behaupten sein, dafs er das von Tyros Ausgesagte mit auf Sidon bezogen haben wolle. Vielleicht darf man daraus schliefsen, dafs Sidon zu seiner Zeit eine sehr bescheidene, hinter der von Tyros erheblich zurückstehende Rolle spielte,

So bleibt denn, da die Verzehrung durch Feuer stehende Drohung bei Amos ist, als geistiges Eigenthum Deutero- zacharjas an diesem Abschnitte nur übrig einmal de Grundgedanke, dafs Gott diese Heidenländer in Besits nimmt, dann der Vergleich der von Tyros gesammelten Schätze mit Staub und Gassenkoth, endlich aber der Aus- druck 9 is is Jam, welcher zugleich eine Paronomasie

| ——

Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 9. 49

(ex) und einen Doppelsinn (isn 1. Veste, 2. Belage- rung) enthält.

Desto genauer hält sich nun Deuterozacharja bei der Bedrohung Philistäas v. 5—7 an die Grundstelle bei Am. 1, 6-8. Eigenthümlich ist ihm die Verknüpfung mit dem vorhergehenden, nämlich der Gedanke v. b*, dafs Philistäa ob des über Phönicien gekommenen Unwetters, welches sich jetzt weiter südwärts zu wälzen droht, erschrickt !). Können wir ihm nun auch den Ausdruck dieses Gedankens vom Wortspiele x) opwe xım an bis auf jf py) als Eigenthum zuerkennen, so wird doch bei 939 WRN? eine Reminiscenz an Jes. 20, 5 vorliegen. Denn ein 920 Ekrons ist vorher nirgends genannt worden, auch nach Lage der Sache eine derartige Nennung nicht zu erwarten. Weiter aber stellen v. 5°—7 nur eine eigenthtimliche Um- bildung und Neuanordnung der Gedanken von Am. I, 7. 8 vor. Eine Gegenüberstellung beider Stellen belehrt sofort über das hierbei von Deuterozacharja eingeschlagene Ver-

fahren. Am. 1, 7. 8. Za. 9, 6°—7. mu npina we mar mye dy IH OHR TOR, az a A en 8 Topp IPPY RY 037 yoin Mapa TPP 27

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") Geringes Gewicht lege ich darauf, dafs sowohl Amos als Deutero- racharja von den Städten der philistäischen Pentapolis nur die vier : Gasa, Asdod, Askalon, Ekron aufzählt, von Gath aber schweigt. Da auch Zeph. 3, 4. Jer. 25, 20 also verfahren, so könnte man daraus schliefsen, dafs Gath damals nicht mehr oder doch nicht mehr als philistäische Stadt bestand. Bei der Natur des Verhältnisses, welches zwischen Deuterozacharja und der tbrigen a. t. Weissagung besteht, ist es mir jedoch nicht zweifelhaft, dafs er Gath nur deshalb nicht nennt, weil er es an jenen Stellen nicht vorfand. Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 4

50 . Stade, Deuterosacharja.

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Beide Stellen beginnen mit Gaza, schliefsen mit Ekron. Dagegen hat Deuterozacharja die Reihenfolge Asdod, As- kalon vertauscht. Ebenso hat er das von Amos über die einzelnen Städte Ausgesagte je auf andere übertragen. Seine Weissagung YY 799 2 ist aus DIY main (TEN) open bei Amos geflossen ') und eben deshalb, was zu beachten wichtig ist, für die Bestimmung der Abfassungs- zeit des Orakels werthlos *). Umgekehrt droht Deutero- zacharja das Am. 1, 7 der Stadt Gaza Angedrohte seiner- seits v. 6* der Stadt Askalon. Für Asdod findet sich bei beiden die gleiche Drohung, denn das : „es soll der Mamser in Asdod wohnen“ ist nur die Positive der Negative bei Amos : „ich will die Bewohner aus Asdod ausrotten.* Dem von Amos gleichfalls bedrohten Ekron jedoch wird vom Verf. keine Drohung zugerufen, vielmehr ihm freundliche Aufnahme in Juda verheifsen. Dieses auf den ersten Blick sehr befremdliche Verhiltnifs aber erklärt sich völlig aus dem Umstande, dafs der Verf. den Schlufs der Drohung

ı) Vgl. auch Am. 2, 2. 8.

*) Es ist daher durchaus unnöthig, sich mit Köhler, Nach- exilische Propheten, 8. 8. 29 Anm. darauf zu berufen, dafs Hogesias von Magnesia (Arrian ed. Dibner 2, 8. 142) in derSchilderung der Er- oberung Gazas durchAlexander erzählt, Leonnatos und Philotas hätten den Baordevc Gazas gefangen genommen. Abgesehen davon, dafs dem die übrigen Nachrichten auf's Bestimmteste widersprechen und jenes Baccievc aus einer Verderbnifs der Stelle erklärt werden kann, s. Droysen, J.G., Geschichte des Hellenismus I, 1*8. 298, ist Hegesias ein höchst bedenklicher Zeuge. Ueber seinen Leumund als Historiker vgl. A. Gellius, attische Nächte, 9, 4. Droysen, a. a. O. 8. 801.

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Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 9. 51

des Amos ovny/p Mey TDN) in noch näherzu erläuternder Weise umdentet. Es ist diese Umdeutung der Drohung des Amos, und wir stofsen hier abermals auf eine sich immer wieder- holende Eigenthümlichkeit der Schriftstellerei unsers Ver- fassers, abhängig von dem Einflusse anderer Schriftsteller, und zwar zunächst von Jer. 25, 20 mırnm ype ny) ap med na) py hay. In den Gedanken des Verf. hat sich dem O'MYIH mw? des Amos der IWR NY des Jeremias untergeschoben. Doch das betrifft nur das Aeufserliche. Ihm eigen ist die der Meinung des Amos wie Jeremias widersprechende Umbiegung des Gedankens, dafs der Rest von Asdod nicht ausgerottet wird, sondern ein Jahve heiliger Rest sein soll. Dies besagen die Worte "2 urd ammo. Sonach überträgt Deuterozacharja auf jene Philister dasjenige, was die ältern Propheten, insonderheit Jesaias, von dem das Gericht Jahves bestehenden Reste Israels erwarten. Für ihn kommen nicht die Philister überhaupt um, sondern es gehen nur einzelne ihrer Städte sa Grunde und damit auch ihr Hochmuth. Dies aber drückt er mit dem bei Amos vorgefundenen Mm aus. In Uebrigen beginnt er wie Amos mit Yıiayim so seiner- . mits mit 479M), stellt aber 277 an das Ende. Dafs er als Bedingung dafür, dals die im Gerichte behaltenen Be- wohner Asdods, welchen er am Schlusse die Ekroniten bei- geellt, eine Gott heilige nm werden sollen, ihre Bekeh- rung hinstellt, ist selbstverstiindlich. Characteristisch aber ist es für den Verf., daß er an ihrem Götzenopferfleisch Anstofs nimmt und nicht die Asdodäer selbst, sondern den dort künftig wohnenden Mamzer in die Gemeinde kommen läßst ').

ı) Nach dem vorliegenden Befunde ist Hengstenberg völlig im Unrechte, wenn er Christologie 8, 8. 846 behauptet : „Zacharja 4*

52 Stade, Deuterosacharja.

Weshalb Deuterozacharja eine Verheifsung für Jude! bringt, sahen wir bereits. Wenn er aber Gott sich als schützenden Wall um Jerusalem lagern lälst, so spielt ®. an auf die Weissagung Jes. 29, 3 may Toy WD mp ayo 7'2y. Was dereinst zur Zuchtigung der Stadt verheifsen wurde, erfüllt sich dann zu ihrem Heile. Seine nächste Ans logie aber hat dieser von Deuterozacharja hier ausge- sprochene Heilsgedanke an der exilischen und nachexilischen Weissagung. Jes. 52, 1 : Denn nicht mehr werden ferner : Umbeschnittene und Unreine dich betreten. Joel 4, 17:

Jerusalem aber wird haslig sein und Fremde nicht mehr in dasselbe dringen. Aber auch zu diesen Gedankenreihen hat Ezechiel den Anstofs gegeben, vgl.44,9 : So spricht Herr Jahve : kein Fremder unbeschnittenen Herzens und wnbe- schnittenen Fleisches soll mehr in mein Heiligthum kommen

u. & W.

b. 9, 9—10, 2.

In diesem Abschnitte verhält sich der Verf. wesentlich selbständiger als im vorhergehenden. Doch verräth sich auch hier an zahlreichen Stellen Bezugnahme auf jeremis- nische, ezechielische und deuterojesajanische Ideen. Ds neben sind Anspielungen auf Micha, sowie auf Stellen de Pentateuches und des Samuelisbuches glaubhaft zu machen.

Wesentlich beeinflufst worden ist zunächst der Verf. durch den Abschnitt Jes. 61—63. Auch seine Aufgabe ist es ja : Gefangenen Freilassung anzukündigen und Gebwr- denen Kerkersöffnung, ein Gnadenjahr von Jahve ansukin- digen und einen Rachetag von unserm Gotte, alle Traurige zu trösten, zu reichen Zions Traurigen, zu geben einen

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schliefst sich hier zunächst an Jeremias an, das letzte Glied in der prophetischen Kette, in das er einzugreifen hatte.“

Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. c.9. 63

Kopfschmuck statt der Asche, Freudenöl statt Trauer, Ruhmes- mküllung statt matten Geistes u. 8. w. Jes. 61, 1—3 vgl. wach 42, 7. Nach seiner Methode stellt auch hier Deutero- mcharja den Schluß und Gipfel seiner Weissagung mit %, 9 voran. Er hat ihn geformt nach Jes. 62, 11 ox a Aer mF Wy-ma>. Doch ist der Gedanke selbst Wie- deraufmahme der jeremianischen Weissagung vom Mmpy 8, 5. 6 : Siehe Tage kommen, Ausspruch Jahves, YWionT O2: RR TRIN OPYD Nyy aig aye eA pas mag TP nah py been pm yyy Nur bringt Deuterozacharja dadurch einen neuen Zug hinzu, dafs er den Messias als pag durch den von ihm mit Gottes Hülfe über den Feind erfochtenen Sieg erwiesen werden läfst. Die Veranlassung sa dieser Umbiegung war vielleicht Reminiscenz an die beiden Stellen Jes. 61, 10 yoy as Syn vera yyrpon md 45, 21 pins EN

Dafs dieser messianische König aber ‘yy sein und auf enem Esel reiten soll, halte ich im Hinblick auf 12, 7 für ane recht bezeichnende Umbiegung der Weissagungen Jer. 17, 25. 22, 4, dafs, wenn Davids Haus auf Gottes Gebot hört, durch die Thore des königlichen Palastes Davids Nachkommen beständig einziehen sollen sm Wagen fahrend und zu Rols.

Dieser König ist, wie der eben besprochene Zug be- weist, ein Friedenskönig. Er rottet daher in seinem Volke die Kriegswerkzeuge aus, v. 10, deren es ja nach endgül- tiger Ueberwindung der Heidenwelt nicht mehr bedarf. Der Gedanke, daß in der messianischen Zeit die Werk- seuge des Krieges überflüssig werden, ist ein alter. Er findet sich schon bei einem der älteren Propheten der assyrischen Zeit, an dessen Wort sowohl Jesaias als auch Micha ein Orakel angeknüpft haben, Jes. 2, 4. Mi. 4, 1, ferner Mi. 5, 9. Bei der durchgängigen Abhängigkeit Deuterozacharjas von älteren Propheten wird man mit der Meinung wohl nicht fehlgreifen, dals sein : „er wird

o-4 Stade, Deuterozacharja.

ausrotten die Wagen aus Ephraim und die Rosse aus Jeru- salem* auf einer Reminiscenz an jenes Wort Michas be | ruht : „ich will ausrotten deine Rosse aus deiner Mitte und deine Wagen vernichten.“ Wihrend aber Micha 5, 10 fort fährt : „ich rotte aus die Städte deines Landes und reife ~. ein alle deine Festungen“, so bietet dafür Deuterozacharja einen andern Zug. Er fährt fort : es wird der Kriegsbogen ausgerottet werden. Hat auch dieses Wort an jener oben- genannten Stelle eines alten Propheten inhaltlich seinen Vorgang, so wird man doch hier eine Beeinflussung De- terozacharjas durch dieselbe nicht anzunehmen haben. Denn derselbe deutet Michas Wort in einer auf seine Zeit passenden Weise um. Da sein Volk aufser Jerusalem keine festen Städte mehr hat, so mufs er es ebenso durch etwas anderes ersetzen wie er Michas Wort von der Ab- schaffung der Abgötterei und Zauberei weglassen mufs, da diese Züge bei der nachezechielischen Gestalt seiner mes- sianischen Erwartungen an diese Stelle nicht passen. Die- selben wären vielmehr bei dem 10, 3 Geweissagten mit zu bringen gewesen. Die Worte verrathen sich aber auch durch die Form als Eigenthum Deuterozacharjas. Er ge braucht einmal vom Bogen m3) mit Rücksicht auf das vorausgehende M2", dann aber ist ihm der Ausdruck mondo hwp eigenthümlich. Er findet sich aufser hier nur noch 10, 4. Es sieht fast danach aus, als habe der Verf. dar

. tiber reflectirt, dafs ja keine Veranlassung sei, den Jagdbogen mit auszurotten.

Auch weiterhin noch verrathen sich die Worte De- terozacharjas als Wiederaufnahme und Umdeutung der Weissagung Michas. Denn die Weissagung, dafs der Me- siaskönig den Heiden den Frieden vermitteln werde, ist nur die erfreuliche Kehrseite der Drohung Michas 5, 14: „ich übe in Zorn und Grimm Rache an den Völkern, welche nicht hörten.“ Es ist nicht nöthig, dafs Israel über

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Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 9. 55

die Heiden falle wie der Thau oder der Junglöwe in die Hürde, Mi. 5, 6—8, da sie sich freiwillig fügen ').

v. 11. 12 weissagt Deuterozacharja den im Auslande befindlichen Gefangenen die Erlösung aus der Gefangen- schaft um des Bundeshlutes willen. Er spielt an auf die Stelle des Bundesbuches Ex. 24,3—8. In der Darstellung der Gefangenschaft als einer Grube ohne Wasser kann man eine Reminiscenz aus Jer. 38, 6 oder Gen. 37, 24 eblicken. Doch liegt es näher, an deuterojesajanische Stellen wie 42, 7.22.61,1 zu denken. Denn dals sich Deu- terosacharja hier im Gedankepkreise Deuterojesaias be- wegt, ersehn wir aus der v. 12 den Gefangenen gegebenen Verheifsung, dals ihnen jeder Tag der Gefangenschaft doppelt gelohnt werden soll. Dieselbe hat zum Vorbilde Jes. 61, 7 : „statt der Schande wird euch Doppeltes und satt der Beschimpfung jubeln sie ob ihres Theiles, darum werden ste Doppeltes in ihrem Lande in Besitz nehmen, wige Freude wird ihnen sein.“ Verkiindet doch jener Prophet gleich im Anfange seines Buches, dafs Jerusalem Doppeltes für seine nun gebülsten Sünden empfängt 40, 2.

v. 14 ist interessant, weil in ihm zwei Vorstellungen sussmmengeflossen sind. Nach der alten Sitte, den Ein- bruch eines Feindes in das Land durch aufgestellte Paniere und Posaunenschall zu melden, erscheinen beide häufig als Signal der bevorstehenden Wendung oder des anbrechen- den Strafgerichtes. Am. 3, 6. Jes. 18, 3. Hos. 5, 8. 8, 1. Jer. 4, 5. 19. 21. 6, 1. 17. 51, 27. Ez. 33, 3. 4. Joel 2, 1. Der Tag Jahves ist der "Pd Di‘ Zeph. 1,16. Wenn Gott die Diaspora aus Assyrien und Aegypten sammelt, so wird m die grofse Posaune gestofsen Jes. 27, 13. Ebenso verbreitet ist die Vorstellung, dafs Gott mit Gebrüll zum

2) Die Worte YR “DON TY MD OY OD kehren wieder in dem späten wy 72, 8. Ich vermag keinen Grund su finden, welcher

die Priorität von w 72, 8 erwiese.

56 Stade, Deuterozacharja.

Gerichte erscheint : Am. 1, 2. vgl. 3, 8. Hos. 11, 10: Jes. 17, 13. 30, 30. 33, 3. 50, 2. Jer. 25, 30. Joel 2, 11. 4, 16, wy 2,51). Sie geht zurück auf die alte, mythologische Vorstellung, dafs der Donner Gottes Stimme, die Blitse die von ihm nach seinen Feinden geschleuderten Pfeile Jer. 10, 13. 51, 16. » 18, 8—16. 29, 3 ff. 77, 18 f. Hiob 37, 2 oder Speere sein Hab. 3, 10. 11. Verräth sich nun schon dadurch der Verf. als Nachahmer, dafs er von Gott Pfeile wie Blitze ausgehen läfst, so weiter durch die Ver- schmelzung beider Bilder, so dafs nun der Donner als Po- saunenschall erscheint. Zu letzterem konnte er dadurch veranlafst werden, dafs Posaunenschall das Signal zum Be- ginne der Schlacht gibt 1 Sa. 13, 3. 2 Sa. 2, 28. 18, 16. (20, 1.22) und Jahve hier sein Volk zum Siege führt. Auch Zeph. 1, 16. Jes. 27, 13 konnten ihm den Posaunenschall an die Hand geben. Doch glaube ich, dafs der nächste Grund zur Verschmelzung beider Bilder in einer Einwir- kung der Stelle Ex. 19, 16—19 zu suchen ist. Dort finden sich die beiden hier verschmolzenen Bilder getrennt neben einander. Wie damals also Jahve über seinem am Berge Sinai stehenden Volkeerschienen ist unter Donner und Blitz, dichter Wolke und starkem Posaunenschall, so win er nochmals über ihm erscheinen, um es zur Ueberwin- dung der heidnischen Weltmacht zu führen. Daraus aber, dafs dem Verf. die Erscheinung Jahves am Sinai vorge schwebt hat, erklärt sich weiter, dafs er Gott auch hier mn nnyo> einherschreiten lifst. Ri. 5, 4 f. Dt. 33, 2°).

In v. 15 befremdet nicht nur, dafs die siegreichen Israeliten das Blut ihrer Feinde trinken sollen, sondern dafs sie von ihm voll werden sollen wie die Opferschale, wie die Ecken des Altares. Der letztere Vergleich erklärt

!) Weiteres s. de Isaise vaticiniis Aethiopicis, 8. 80 ff. *) Dieser Sachverhalt zeugt gegen LXX éy odip dneuing adrou

Te rt 7,

Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 10. 57

sich nur daraus, dafs Deuterozacharja hier nach dem Vor- bilde älterer Propheten Jes. 34,6. Zeph. 1,7. Jer. 46, 10. Es. 21, 15 ff. 39, 17 ff. die Niederlage, welche. Gott unter den Feinden anrichtet, als ein Opfer ansieht. Während Es. 39, 17 ff. die Vögel des Himmels als Gäste zu Gottes grofsem Opfer geladen werden, sind hier die Israeliten die Gäste. Darin aber, dafs der Gedanke des Opfers nicht ausge- sprochen, sondern nur auf ihn angespielt wird, verräth sich Deuterozacharja deutlich als Nachahmer. v. 15 ist eben nur für den voll verständlich, welchem aus den betreffenden Stellen der Propheten die Darstellung des Gerichtes über die Heiden unter dem Bilde eines Opfers geläufig ist.

Eigenthümlich ist dagegen dem Verf. der Vergleich der von Israel niedergetretenen Feinde mit Schleuder- steinen. Damit hängt zusammen, dafs v. 16 die Israeliten mit Kronensteinen verglichen werden, während sie Jes. 62, 3 mit einer prächtigen Krone und einem königlichen Kopf- bund vergleicht. Wenn er vorher Gottes Verhiltnifs zu ihnen mit dem des Hirten zur Heerde vergleicht, so ist das vielleicht schon mit veranlafst durch c. 10. 11, wo dieser Vergleich weiter durchgeführt wird. Es ist ein alter Vergleich Gen. 49, 24 Nachdem er jedoch durch Jer. c. 23, Ez. c. 34, Deuterojesaias (40, 11. 63, 13 ff.) und den exilischen Propheten, welcher Micha 7, 14 spricht, geläufig geworden ist, wird er ein stehender Vergleich der nach- exilischen Dichter ').

Auch in 9,17 und 10, 1 entfernt sich Deuterozacharja nicht wesentlich von den Gedanken der tibrigen Propheten. Der a. t. Weissagung ist die Hoffnung geläufig, dals Gott in der messianischen Zeit das heilige Land mit besonderer Fruchtbarkeit schmücken werde. Am. 9, 13. Hos. 2, 23 ff. Jes. 4, 2. 30, 23. Jer. 31, 12 ff. Ez. 34, 26. 27. 36, 29 ff.

!) Hierüber wird noch weiter unten zu reden sein.

58 Stade, Deuterosacharja.

Joel 4, 10, wie andererseits in der prophetisch-gesetali Ermahnung der Erntesegen als Lohn der Gesetzeserfül- lung verheifsen wird : Dt. 11, 14 f. Mit letsterer 8 aber auch mit Jes. 30, 23. Jer. 31, 12 ff. Ez. 34, 26 f,, be =: rührt sich unsere Stelle auch im Ausdrucke. Eigenthümlieh : ist ihr die Verheilsung, dafs die vegetabilische Frucht- barkeit des Landes im Israel der messianischen Zeit Manner kraft und Frauenschöne erzeugen werde. Es ist eine rich tige und sinnig empfundene Consequenz der prophetischen Erwartung von der Fruchtbarkeit des Landes in der me- sianischen Zeit. Sie erinnert aber, und deshalb gehe ich - auf diesen Zug näher ein, an Stellen nachexilischer, wahr- scheinlich aus den Zeiten der milden Ptolemäerherrschaft herrührender Psalmen, wie py 127, 3 ff. 128, 3. 144, 12, aus welchen die Freude über die Jugendkraft des heran- wachsenden Geschlechtes hervortönt und in welchen da Geschenk einer gesunden und kräftigen Nachkommenschaft als ein besonderer Gottessegen empfunden wird. Namentlich wp 144, 12 ist unserer Stelle verwandt. Dem Gedanke nach, denn auch dort erscheint die Frauenschöne neben der Manneskraft im Preise des heranwachsenden Ge schlechtes, aber auch der Form nach : es sind die beiden einzigen Stellen des A.T., in welchen sich das aramäische Fremdwort nim findet.

Besonders auffällig ist die Abhängigkeit Deutero- zacharjas von älterem Schriftthum in 10, 2. Dals die Israeliten, statt auf die Worte der Propheten zu hören, sich über Gottes Willen und die Geheimnisse der Zukunft lieber bei falschen Propheten und in der Weise der Heiden bei Zauberern, Todtenbeschwörern u. s. w. zu unterrichten suchen, ist eine alte Klage der Propheten : Jes. 2, 6. 8, 19. 57, 3. Jer. 7, 4. 14, 13. 23, 25 ff. 27, 9. 29, 8 f. Es. 13, 9. 22, 28. Mi. 3, 6 f. 5, 11. Am meisten berührt sich unsere Stelle mit Jer. 29, 8 f. Diese hat Deuterozacharja mög- licherweise vorgeschwebt. Sicher aber daneben 1 Sa. 15, 23.

In jener Erzählung von Sauls Verwerfung durch Samuel sus Anlafs der Verschonung des Amalekiterkinigs Agag, deren literarisches Verhältnife zu den übrigen. Traditions- schichten unlängst Wellhausen in seiner trefflichen Ana- lyse der Bücher Samuelis !) richtig skizzirt hat, werden v. 23 dem Seher die Worte in den Mund gelegt : ‘9 WOT OPEN Im "m Dop"namn. An dieser Stelle ist, wie Wellhausen richtig gesehen hat, DOM WM nur euphe- mistische Umschreibung von DM 1ER, welche zu den stehenden Einrichtungen des altisraelitischen vorprophe- tischen Cultus gehörten *). Das drastische Urtheil, welches ususgesprochen in der Wortverdrehung OM PW über

') Bleek, Einleitung i. d. A. T. Berlin 1878. 4. Aufl. 8. 215 f. *) Beiläufig sei bemerkt, dafs auch Hos. 8, 4 TION 7230 2} DOM Einrichtungen der Jahveverehrung und nicht der heidnischen

Gottesverehrung sind. Freilich ist das eine Jahveverehrung, welche Hesea dem Heidenthume gleich achtet. Es entspricht der Zustand des Volkes Israel, welches ohne König, Beamten, Opfer u. s. w. viele Tage ütsen soll, genau dem Zustande des ehebrecherischen Weibes des Pro- pbeten, welches der letztere zurückgekauft hat. Dasselbe soll sitzen viele Tage und entbehren 1) den Umgang seiner Buhlen, 2) den seines alten Ehemannes, welcher sich seiner zwar erbarmt aber es noch nicht wieder in die Rechte einer Ehegattin eingesetzt hat. Sonach mulfs auch von Israel irgendwie gesagt sein, dafs es Jahve, seinem Ehe- msnne, nichts sein wird. Darin, dafs es der frühern staatlichen Ord- nung entbehrt, kann das nicht stecken. Denn die Königswahl war für Hosea ein Abfall des Volkes gleich wie der heidnische Cult 8, 4. 9, 9. 15. 10, 9. 18, 10. Es kann das Fehlen von König und Beamten so- nsch nur dem Nichtverkehren des zurückgekauften Weibes mit seinen Buhlen gleichgesetzt werden. Wir können daher das dem moe UN 29)

Entsprechende nur in dem Feblen von Opfern, Malsteinen, Ephod und Teraphim finden. Diesen seinen Jahvecultus, welchen der Pro- phet ja freilich dem heidnischen gleich werthet, wird es entbehren. Usberhaupt kommt das Ephod allein wie in Verbindung mit Teraphim our als Einrichtung des altisraelitischen Cultus vor. Und dafs auch die 939 eine solche war, lehrt die Väter- und Stammsage. Dals

alles dies auch Einrichtungen der kananäischen Gottesverehrung waren, ist freilich a priori gewils, aber für unsere Frage nebensächlich,

Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 59

60 Stade, Deuterozacharja.

die Befragung des Ephod oder des Ephod und der Teraphim steckt, spricht der Verf. direct aus, wenn er aus jenen Worten den Satz bildet 1x 117709 mn'). Das vorausgehende “WO Dpn-nnwm ‘> aber bildet er zu pp nn OOM um. Für dieses Verhiltnifs beider Stellen dürfte zeugen, dafs nur in ihnen eine solche Zusammenstellung der O9" und des Oop sich findet.

Nun verräth sich aber der Epigone darin deutlich, dafs er Dwpip und OMIM gleich setzt, während nach älterer Vorstellung nur die die OP"M befragenden Personen den DwpiD gleich gestellt werden können. Es ist die einzige Stelle, an welcher im A. T. die Teraphim als redend er- scheinen, nur hier und Ez. 21, 26 erscheinen sie überhaupt als Orakel gebend. Aber Ezechiel zeigt deutlich, dafs er noch bessere Kunde über dieses Orakel hat. Er redet von DPm3 Sew. Sie sind an dem betreffenden Orte ein von einem Heiden denutztes Orakel. Als solches kann jedes Götzenbild, ja schliefslich jede Quisquilie *) benutzt werden. Der Israelit aber fragt in alten Zeiten nicht die Teraphim sondern Jahve und erfährt Gottes Willen durch das her- beigebrachte Ephod. Und dieAntwort gibt Jahve durch den das Ephod (bezw. die Urim und Tummim) befragenden Priester, nicht geben sie die Teraphim. Darin dafs Deuterozacharja sagt 1337 O'My] verräth er sich als Epigone, welcher für seine Vorstellungen von altisraelitischer Gottesverehrung auf die Lectüre und die trüb fliefsende Ueberlieferung an- gewiesen war.

*) Auf den Plural 3737 lege ich kein Gewicht. Aus Hos. 8, 4 sicht man nur, dals von DOM kein grammatischer Singular gebildet werden konnte.

*) Man denke an die oniayxvoozonla, #xatooxonla, böpouavrele, xooxıvouavrela, puvllouavrela der Alten oder an die läppischen Orakel, welche sich als Scherze aber wohl auch als wirklicher Aber- glaube bis auf unsere Tage in unserm Volke erhalten haben.

Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. c. 10. 61

Weit entfernt also ein Anzeichen vorexilischer Ab- fassung zu sein, wie die Kritiker behaupten, ist diese Erwähnung der Teraphim wegen ihrer absonderlichen Art, welche die Kritiker nicht beachtet haben, als Beweis für eine recht späte Abfassung ') dieser Stelle in Anspruch su nehmen Und zwar würde sie als solcher anzu- sehen sein, auch wenn die hier behauptete Abhängigkeit von 1 Sa. 15, 23 sich nicht erweisen liefse.

Keinerlei Zweifel aber lälst uns Deuterozacharja über sein Zeitalter, wenn er weiter erzählt, Israel sei, weil es sich in der Vergangenheit nicht an Gott gewandt, sondern auf DON, Oop, Mw verlassen habe, wie Schafe fort- gewandert (3 13 'YO)) und befinde sich noch im Elende (ay), weil es keinen Hirten habe. Zudem ist Deutero- sscharja hier abhängig von Ez. 34, 4 ff., wo es von Israel

1) Bei diesem Sachverhalte bedarf es keinerlei Nachweises, dafs noch in nachexilischer Zeit Zauberei u. s. w. unter den Juden vor- gekommen sei. Hengstenberg, Christol. III, 1*. 8. 626 verweist auf Actor. 8, 9. 18, 6. Jos. Archaeol. 20, 6. 6. Bell. Jud. 2, 12. 28. Im Exile selbst ist dieselbe sicher noch im Schwange gewesen. Jer. 4,8 ff. Jes. 65, 8—5. Lev. 17—26 kennt noch das Verbot sich an finie und wy zu wenden. Lev. 20, 6. 19, 81. Der Priestercodex

kat keins, woraus man auf ein totales Zurticktreten dieser Richtungen schliefsen darf. Maafsregeln, wie das von Nehemia durchgesetzte Ver- bot, fremde Weiber zu ehelichen, schnitten neue Infection ab. Dals solche Regungen aber noch in nachexilischer Zeit vorhanden waren, lehrt Malachi’s Klage 8, 5 über die OıDgiyn. Treffen wir nun in n. t. Zeit, wie schon früher, solche Erscheinungen, so wird behauptet werden dürfen, dafs unter dem Einflusse des Hellenismus und der im Gefolge desselben auftretenden Theokrasie auch dieser Aberglaube wieder hier und da unter Judäern Wurzel geschlagen hat. Wie sehr s. B. die grie- chische Eroberung des Orients zur Verbreitung der chaldäischen Magier bei- getragen hat, ist ja bekannt. Aber auch Abgötterei muls in Juda unter dem Einflusse des Hellenismus wieder Platz gegriffen haben. Nur so erklären sich die Mafsregeln des Antiochus Epiphanes, nur so die Wucht der Reaction gegen den Hellenismus. Bei diesem Sachverhalte kann daher auch 13, 2949 990° x) PINTO DIayP Ming MAN IDN nicht als Grund für vorexilische Abfassung ins Feld geführt werden.

62 Stade, Deuterosacharja.

heifst : myn oan mywM und v. 8 : Gottes jy sei von den Thieren des Feldes gepltindert und gefressen worden myn pep. Ein besonderer Nachweis der Entlehnung wird hier gespart werden können, weil nachher der Beweis zu erbringen ist, dafs die folgenden Abschnitte c. 10, 3—12. 11, 1—17. 13, 7—9 in ausgedehntester Weise auf Ez. 34 zurückgehen. Hieraus begreift sich zugleich, dafs v.2 ein recht passender Uebergang zur folgenden Weissagung ist.

©. © 10, 8—12.

c. 10, 3-12 ist eine Weissagung, welche die Weis- sagungen Jer. 23, 1—8 und Ez. 34 wieder aufnimmt, jedoch so, dafs sie die Grundgedanken dieser mit Gedanken und Wendungen anderer Propheten verquickt. Es ist ein Ge- webe messianischer Erwartungen, in welchen jene genannten beiden Weissagungen die Kette, Gedanken aus dem Buche Jesaias, aus Hosea und Micha den Einschlag bilden.

Durch keinen Gedanken tritt Jeremis so sehr in Widerspruch mit der genannten prophetischen Entwicke- lung seit Jesaias, als mit der von ihm laut verkündeten Ueberzeugung, dafs Jerusalem und Juda dem Untergange durch die Chaldäer zueile. Dieser Gedanke setzt mit ihm neu ein'). Es ist einer seiner Grundgedanken, welchen den darüber zum grofsen Theil entrüsteten Zeitgenossen einzuprägen er nicht müde wird. Damit steht die Stellung im Zusammenhange, welche Jeremia dem Hause David gegenüber einnimmt ?).. Er droht diesem den Untergang,

1) Er entspringt der rechten Erkenntnifs der Lage seines Volkes. Ob ihn Uria aus Kirjat jfarim, Jeremias Zeitgenosse, spontan erfalst hat oder von Jeremia darin abhängig gewesen ist, geht aus Jer. 26, 20 nicht hervor. Nur allgemein spricht ihn Micha 8, 12 aus, bei ihm wechselt er zudem mit ganz andern Vorstellungen von dem End- geschicke Zions. Auch steht er dort als rhetorische Antithese.

*) Man vgl. im Gegensatz dazu Jes. 8, 1 ff. |

Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 63

die Beseitigung von der Herrschaft. Auf die Drohreden gegen die schlechten Nachfolger des Josia c. 22 folgt c. 23, 1—8 ein das gegenwärtig an der Regierung befind- liche königliche Haus bedrohender Weheruf. Es erscheint in ihm unter dem Bilde schlechter Hirten '), welche die ihnen anvertraute Heerde ins Elend geführt und zerstreut haben. Sie haben nicht nach ihr gesehen (DD), deshalb wird Jahve nach ihnen sehen. Er wird nach ihrer Ent- fernung den Rest der Heerde sammeln aus den Ländern, wohin sie zerstreut worden sind, und sie in das Land zu- rückführen, damit sie dort fruchtbar sind und sich mehren. Dann gibt er ihnen neue Hirten, welche sie weiden. David aber erweckt er einen gerechten Sprofs (mpy), welcher als König über Israel herrscht. In jenen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel sicher wohnen. Man sagt dann nicht mehr : „beim Leben Jahves der Israel aus Aegypten heraufführte*, sondern : „beim Leben Jahves, welcher den Samen des Hauses Israel aus dem Nordlande zurückführte und aus allen Ländern, wohin ich sie verstofsen, dals sie in ihrem Lande wohnen.“

Man sieht sofort, dafs sich der Inhalt von Za. 10, 3—12 in den wesentlichsten Punkten mit dieser Weissagung Jer. 23, 1—8 deckt. Einzelne Abweichungen von derselben erklären sich, wie weiter unten nachzuweisen sein wird, daraus, dafs Deuterozacharja daneben deren, Wiederauf- nahme durch Ez. c. 34 vorlag. Ezechiel deutet das Bild von der Heerde weiter aus und schildert sowohl das Be- nehmen der früheren Hirten gegen die Heerde, als das Verhalten der einzelnen Glieder der Heerde zu einander. Ezechiel hat die Bestrafung und Entfernung der schlechten Hirten, welche Jeremia androht, bereits erlebt. Hierdurch

t) Wie denn auch sonst Jeremia Könige und Machthaber als Hirten, ihre Völker als Heerden zu bezeichnen liebt. 2, 8. 8, 15. 6, 3. 10, 21. 22, 22. Vgl auch 18, 17 Israel Jahves Heerde.

64 Stade, Deuterosacharja.

kömmt ein von Jeremias Schilderung abweichender Za in seine Darstellung. In sehr bemerkbarer Weise unte scheidet er sich aber weiter dadurch von Jeremias, dafs e Gott nicht nur die Heerde zurückführen, sondern sie ih auch auf den Bergen des heiligen Landes weiden läfi Erst später verlautet, dafs sein Knecht David das thu und als x‘) in der Mitte der Heerde weilen werde. Di Idee des König-Messias beginnt eben bei Ezechiel zu ver bleichen.

Insofern nun für den Verf. die Hirten wie für Jeremis am Ruder sind, während Ezechiel auf ihre bereits er- folgte Entfernung zurückhlickt, war es nur naturgemäls, dafs er sich mehr an den (Gedankengang des Je remias als an den Ezechiels hielt. Er beginnt v. 3 mit ‘aN mn OY n~dy so auf das oıyın-by Jer. 23, 2 zurück. greifend 1), Aber wenn er fortfährt SPOR oepayn-by, m sieht man deutlich, wie hier einzelne Züge aus der Weir sagung Ez. 34 einzufliefsen beginnen. Zwar Men hat @ noch aus Jeremias, welcher den Hirten droht : er ION; und zwar zeugt sowohl das Object bei J eremias, als der Umstand, dafs bei letzterem He durch vorausgehendes Ink OPH N) veranlalst worden ist, die Priorität Jeremias. Dagegen ist aımy aus Ezechie entlehnt, nach welchem v. 17 Gott richten wird ny) rig y: omaya O72. Während jedoch bei Ezechiel die Böck: und Widder, welche die übrigen Schafe stofsen, ihnen da gute Futter wegfressen, das klare Wasser wegtrinken u. s. w. die Mächtigen und Vornehmen der exilischen Gemeind

') Schon darin verräth sich Deuterozacharja als Nachahmer, da! er sich in ganz abrupter Weise nur an die Hirten wendet, so an di aus Jeremias und Ezechiel wohl bekannten in scheinbar dunkler Red anspielend. Jer. 28, 1 beginnt : „O Hirten, welche die Schafe mem Weide verderben u.s w.“ und Ex. 84, 1 : „Menschensohn, weissage wid Jeraels Hirten.“

sda

Das Verbältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 65

und, setzt Deuterozacharja die Drmay und D'Y gleich. E versteht darunter im Allgemeinen soviel wie Obrigkeit, wie dies der folgende Vers deutlich beweist ').

Die besondere Situation, aus welcher heraus Deutero- sıcharja im Gegensatze zu seinen Vorbildern Jeremias und Bsechiel schreibt, verräth sich deutlich in der Fassung von vr. 3°. Der Verf. fährt fort : „denn Jahve der Heere sucht ham seine Heerde, das Haus Juda, und macht es wie ein Prachtrof[s im Streite.* Der Zusammenhang mit Jeremias ist hier nur noch durch BB angedeutet. Dagegen kann er die v. 3 bei Jeremias folgende Verheilsung von der Sammlung der Heerde so wenig brauchen wie deren Aequi- valent bei Ezechiel 34, 12. Denn die Heerde, das Haus Juda, ist nicht erst zu sammeln. Es ist bereits als ge- ordnetes Ganzes vorhanden, es steht nur unter gottwidriger Leitung. Es bedarf nur der Beseitigung dieser, nur der Aufrichtung eines gottwohlgefälligen Regimentes. Dann hat es um seine Freiheit zu kämpfen und kann auch Ephraim befreien.

Da sonach Juda sich zu seiner Zeit in einer wesentlich anderen Situation befindet als zu den Zeiten des Jeremias und Ezechiel, da für Deuterozacharja die Einsetzung einer neuen Obrigkeitnur die Befreiung Judas von fremdem Joche und Ephraims aus der Gefangenschaft vermittelt, nicht aber den Anbruch der messianischen Zeit bedeutet, so mufs Deuterozacharja sich im Folgenden von der Dar- stellung Jeremias und Ezechiels emancipiren. Er verfährt jedoch auch bei der nun folgenden Beschreibung der Ein- setzung des neuen Regimentes und des Kriegszuges Judas

f) Wie sehr an dieser Stelle jede Untersuchung fehl greift, welche nieht Jer. 28, 1 und Es. 84, 17 sum Ausgangspunkte nimmt, zeigen die Erörterungen der Exegeten su IYmy-

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 5

66 Stade, Deuterosacharja.

gegen die Heiden nicht selbständig, sondern lehnt sich | such hier überall an ältere Muster an.

Wenn Deuterozacharja in v. 4 betont, dafs jede ante ritative Gewalt von Gott (app) eingesetzt werden solle, so verheifst er den vollen Gegensatz zu jenem Zustande, - über welchen Hosea 8, 4 in Gottes Namen klagt: on en Mn PN. Und wenn er weiter weissagt, dafs die ' Judäer wie Helden werden sollen, welche im Gassenkoth ' stampfen im Streite, so wird dies, da es keine Art de : Helden ist, im Streite im Gassenkoth zu stampfen, ent begreiflich, wenn man weils, dafs der Verf. hier an eine Weissagung des Mi. 7, 10 redenden exilischen Prophete | anknüpft. Dort wird verheifsen, dafs die Feindin der Ge . meinde wie Gassenkoth zertreten werden soll. Sonach ist ' Gassenkoth nichts als eine Bezeichnung der niedergeschls | genen Feinde.

Diese selben heifsen nun am Schlusse von v. 5 die uf Rossen Reitenden. Der Verf. redet absichtlich scheinbar dunkel. Jeder mit Ezechiels Weissagungen Vertraute ver steht den Ausdruck sofort. Denn Ezechiel hat demselben die symbolische Beziehung auf die Weltmächte aufge drückt !). Der Verf. aber gebraucht diesen Ausdruck als courante Münze.

Nach 8. 45 f. haben wir in v. 5. 6 Deu jas geistiges Eigenthum anzuerkennen. Ebendort wie auch S. 63 ff. ist bereits besprochen worden, in welchem Verhält- nisse dasselbe zu den verwandten Gedanken Jeremias und

‘) Am. 2, 15 begegnet uns der Ausdruck ng] 355 noch in der Bedeutung : Kriegemann su Pferd. Wenn Hos. 14, 4 sagt : we wollen nicht auf Rossen reiten, so heifst das, wir wollen uns nicht durch von Aegypten gelieferte Kriegsmittel zu helfen suchen. Ebenso Jes. 80, 16. 81, 1. Dagegen beschreibt Es. 88, 15 die in Gogs Heer streitenden Völker als alle auf Rossen reitend. Ebenso bezeichnet e 28, 6. 12. 28 die Buhlen Israels als ra} =} 'e) a7

£+

Des Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 67

schiels steht. Doch vermag er auch diese seine eigenen danken nicht auszudrücken, ohne dafs ihm Remi- cenzen sus älteren Propheten einfliefsen. omiagym v. 6 d 10 ist aus der Grundstelle Jer. 23, 3 geflossen; yee) aus Hos. 2,23. An Hosea wird er dadurch erinnert, fs er die Fassung Jeremias und Ezechiels (34, 12. 13) fgab, wonach die Exulanten aus allen Ländern heim- hren, wohin Gott sie zerstreut hat, und dafür die Exu- ıten aus Assur und Aegypten heimkehren läfst ').

Mit v. 8 gibt Deuterozacharja, soweit dies nach m oben Ausgeführten möglich ist, Jer. 23, 3 genau ieder. %97 5 07) umschreibt jeremianisches 134) 119 icht jedoch findet sich in dieser Grundstelle etwas dem zyert entsprechendes. Es liegt hier eine Anspielung auf es. 7, 18 vor. Jetzt wird Jahve auch herbeilocken von an Flüssen Aegyptens und aus dem Lande Assur, jedoch icht Verwüster seines Landes, sondern sein eigenes Volk, essen er sich wieder erbarmen will.

Nach v. 9 soll sich Ephraim vor der Heimkehr im xile wunderbar mehren. Es gleicht einer dort von Gott usgestreuten Saat, welche aufgeht und reiche Frucht rigt. Also wendet Gott die Strafe des Exiles zum Heile. a diesem Bilde regte ihn wohl der Ausdruck Jeremias 23,8) an, dafs Gott ‘in yfoy yo OND PIE 827. Joch ist es ihm nicht eigenthümlich. Auch Jeremias hat s, wenn er 31, 27 weissagt : „Siehe Tage kommen ipricht Jahve da besäe ich das Haus Israel und das Haus Juda mit Samen von Menschen und Samen von Vieh.* Er gebraucht es aber, wie die Form beweist, nach dem Vorgange von Hos. 2,25. Natürlich hat er es der Situation

f) Diese zwei alten Weltmächte hatten sich, wie wir weiter unten eben werden, zu Deuterozacharjas Zeit in neuer verjüngter Gestalt er- oben. In ihren Ländern wohnten zahlreiche Glieder des Bundes- olkes als Exulanten.

5*

68 Stade, Deuterosacharja.

entsprechend umgebogen. Denn bei Hosea und Jeremias siet Gott die Saat im Lande hier mufs sie unter den Heiden gesäet werden. Uebrigens ist es nur eine Abart des bei den Propheten allgemein verbreiteten Gedankens von der wunderbaren Mehrung des Volkes Israel in der messianischen Zeit *).

Auch durch v. 10* werden wir an hoseanische Ge- danken erinnert. Aufser an Hos. 11, 11 aber auch an Jes. 27, 12. 13. v. 10° dagegen erinnert an diejenige Ge- staltung der messianischen Hoffnung, welche sich Mi. 7, 14. 15. Ob. 19. 20 zeigt. Die Schlufsworte ond ayor on entstammen der Stelle Jos. 17, 16. v. 11 von WI an erinnert an Jes. 11, 15.

B. CG. 11, 1-17. 18, 7—9.

Kaum an einer anderen Stelle verräth sich die eigen- thümliche Manier Deuterozacharjas, auf Grund älterer Weissagungen eine neue auszuarbeiten, so deutlich, wie in c. 11, 1-3. Zu Grunde liegt, wie bereits Hengsten- berg in allem Wesentlichen richtig erkannt hat, die Stelle Jer. 25, 34—38. Dort heifst es :

DY] or) (84) 137 TM WHEN pyn rap) Opp non "2 Yan 32 O20) DW OL am) (85) + Ja IAD TEWOS

1) Hos. 2, 2. Jes. 9, 2. Mi. 2, 12. 4, 6 f. Jer. 81, 8. Ex. 86, 10 ff. *) Das die Zeile unförmlich anschwellende und jeder Erklärung spottende op nisions ist nach LXX su streichen. Es ist vielleicht

nur aus verwischtem 1555 Om5p)) entstanden und neben der Cor- rectur stehen geblieben.

si “as sa

Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a.t Weissagung. o. 11. 69

CI MpYE rp (86) peed vr Ho : DAY OR 1) TT 19 Dior miny nem, (87) 2 eng I ID pP 7922 ary (88) : Mp? DR NO 7 Den v. v. 34und 35 des massoretischen Textes bilden- m sechs Zeilen des Jeremias stellt Deuterozacharja auch inerseits sechs Zeilen gegenüber. Doch setzt er an die elle der Hirten, welche Jeremias zu weinen auffordert, e Cypressen (des Libanon) und die Eichen Basans, und iederholt dem entsprechend die Aufforderung zum Weinen. e weinen aber darüber, dafs andere Baumriesen gefällt orden sind. Der Libanon selbst wird aufgefordert seine hore zu Öffnen, damit das Feuer seine Cedern verzehre. lle diese Züge hat Deuterozacharja bei Jeremias nicht rgefunden. Doch sind sie deshalb nicht als originell an- sehen. Sie indie von Jeremias entlehnte Form zu füllen ar dem Verf. durch zahlreiche andere Stellen an die Hand egeben, in welchen die Cedern Libanons, die Eichen asans als Bild der Grofsen und Mächtigen erscheinen, 'ofür Jeremias in der Grundstelle das Bild der Hirten ge- raucht hatte. Jes. 2, 13. 10, 34. 37, 24. Ez. 17, 3. 31, 3. n andern hinwiederum wird in kühner Prosopopoie ge- childert, wie Libanon, Basan u. s. w. von Gottes Gerichte etroffen werden. Nah. 1,4. Jes.29, 17. (vgl.14, 8.) Das ma wee Dann könnte durch Ri. 9, 15 wen bon) ax veranlafst sein.

“In v. 3 hingegen schliefst sich der Verf. viel enger ı seine Vorlage an, jedoch so, dafs er die beiden Zeilen Oya npyy Sip NST Ie M9)

einer zusammenzieht :

ows nbd Sip

10 Stade, Deuterosacharja. .

Dafs er aber nicht aus der ersten Zeile mpyy sonden aus der zweiten n5% beibehält, mag dadurch veranlaft worden sein, dals Jer. 25, 34 mit 34x beginnt, was ®' v. verwandt hatte. Doch lifst er INS “p34 nicht gam > fallen, sondern verflicht es in die folgende Zeile, indeme; statt OM yop 7’) des Jeremias sagt OMT Te MAY af Statt des weggelassenen zweiten Ausrufes N I" ny” bringt er aufserdem einen zweiten in OYYP? NY Sip nach Die Wahl von Ov")? mag aber ist durch das Jer. 20, 3} ? folgende 120 973 31¥ veranlafst worden. Die dort weite * folgende Begründung 1995 ayıR np ersetzt Deuter > zacharja durch yym fin? TW 13. Auch das letztere it ? aber eine jeremianische Redensart : 12, 5. 49, 19 (auch 1 50, 44). Sie ist aus 12, 5 dem Verf. in die Feder ge ® flossen und zwar trotzdem hier der Löwe nur angedeutet, 49, 19. 50, 44 aber genannt ist. Denn wenn er v. 4 fort- fährt AWN INS Ny) Tx 3, so ward der Ausdruck MYT] IW veranlafst durch Jer. 12, 3 : mins 839 Com myan o> ogapm. Es wird also hier ein Bild, welches wir bei Jeremias entstehen sehen, von Deuterozacharja als fest ausgeprägtes verwerthet'). Zugleich begreifen wir nun aber auch, weshalb gerade hier Jer. 25, 34—38 vorgeschoben und mit Jer. 12, 3—5 verflochten wurde. Es ward das veranlafst durch die Worte Jer. 25, 34° : opp’ Ron 9 rap.

Sonach ist m INB derjenige Begriff, auf welchen es Deuterozacharja von 11, 1 an ankommt. Es ist aber nun c. 11, 1—17. 13, 7—9 eine auf dem gleichen Grunde wie c. 10 erwachsene Weissagung. Hatte in c. 10 Deu- terozacharja sich enger an Jer. 23 als an Ez. 34 ange schlossen, so bringt er jetzt eine Reihe von Zügen aus Ez. 34 nach, welche er c. 10 nicht hatte verwerthen können.

!) Man sieht hieraus, wie sehr diejenigen Kritiker im Unrechte sind, welche 11, 1—8 für eine besondere Weissagung halten.

Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 11. 71

Es ist c. 11, 4—17. 13, 7—9 eine Ausdeutung und Anwen- dung desjenigen, was wir Ez. 34, 2—10 lesen. Auch die schriftstellerische Manier ist die gleiche wie bisher : die Vorstellungen der Grundstelle werden in ausgedehntem Maalse mit denen anderer versetzt und auf diese Weise wie durch Hinzuthun eigener Gedanken wird das Ganze: den Zeitverhältnissen angepalst.

Es ist der Prophet, welcher v.4 den Auftrag bekommt, die Heerde der Schlachtung zu weiden, und sie nach v. 7 a. E. weidet. Was er dabei den Schafen gethan, wird uns nicht berichtet. Aber sicher denkt der Verf. an das Gegentheil dessen, was nach v. 17 der schlechte Hirt den Schafen thut. Letzteres ist aber zugleich das Gegentheil dessen, was Gott nach Ez. 34, 15 ff. den Schafen thun wird, wenn er dereinst die Hut seiner Heerde übernimmt. Sahen wir nun schon 8. 26 f., dafs hier der Prophet nur Stellver- treter Gottes ist, so wird weiter zu schliefsen sein, dals nach Deuterozacharjas Meinung Gott die Weissagung Ez. 34, 15 ff. an seinem Volke hat erfüllen wollen, aber durch das Benehmen seines Volkes daran verhindert worden ist. Ist ferner der gute Hirt als Vertreter Gottes thätig, so werden die drei Hirten, welche der Prophet in einem Mo- nate (?) beseitigt, nicht schlechte Hirten im Allgemeinen, sondern die dem Gottesreiche widerstrebenden Weltreiche sein !).

In v. 5 begründet Deuterozacharja, weshalb er v. 4 Israel die Heerde der Schlachtung genannt hat. Es sind Schafe, welche thre Käufer schlachten. Hiermit gibt er den Ez. 34, 3 erhobenen Vorwurf wieder : „Das Fett elst thr und in die Wolle kleidet thr euch, das Fetste schlachtet thr.“ Hierbei aber verschulden sich die Käufer der Heerde

5) Man denkt dann am besten an die drei einander ablösenden Weltreiche der Assyrer, Babylonier, Perser.

72 Stade, Deuterozacharja

nicht. Hiermit spielt Deuterozacharja an auf Jer. 50, 6 f, wonach Jsrael eine irrende Heerde ist; alle die es finde; 3 _ verzehren es und seine Feinde sprechen : wir werden nicht verschulden'). Dafs die Feinde Israels aber = nicht verschulden, dies kommt hier daher, dafs sie die Käufer der Heerde sind. Sie haben dieselbe va?” ihren Herren (O'y4) verkauft (17'150) erhalten. Letztes - hinwiederum denken, wenn sie die Heerde preisgeba: „Gepriesen ist Jahve, wenn ich nur reich werde”. Hie spielt der Verf. an auf Hos. 12, 9 : Ephraim sprach, ba ich doch reich geworden, habe Vermögen mir erworben. (b all des von mir Erworbenen trifft mich keine Schuld, welche zu bülsen wäre” Eben wegen dieser nur auf Erwerb und Bereicherung ausgehenden Gesinnung nennt Deuterozacharjs die Leiter der Heerde Kanander v.7 und 11. Auch hierin hat er Vorgänger. Hos. 12, 8 heilst Ephraim geradesa Kanaan. ,Kanaan hält trügerische Wage, zu betrügen licht es.“ Und Zeph. 1,11 nennt die sich mit Geld schleppenden - vı> OY. Da vorher eine Anspielung auf Hos. 12, 9 sich vorfand, so wird der Verf. dabei an die erstere Stelle ge- dacht haben.

Der zeitgeschichtlichen Situation mufs es angehören, dafs Deuterozacharja einen im Interesse der Könige ge führten Krieg aller Völker untereinander erwartet, welchem Israel infolge besonderer göttlicher Gnadenveranstaltung enthoben sein soll v. 6, jedoch schliefslich, weil es Gottes Regiment verschmäht, verfällt v. 10. Dagegen war ihm das von Gott angewandte Mittel der Bewahrung, der Ab- schluls eines Vertrages mit den Völkern, durch Ez. 34, 26: „ich will für sie einen Friedensbund schliefsen* an die Hand gegeben. Ob Deuterozacharja dabei zugleich Hos. 2, 20 vor Augen hatte, welche Stelle diesem Worte Ezechiels

1) Umgekehrt Jer. 2, 8.

Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. ©. 11. 73

zu Grunde liegt, kann unbestochen bleiben. Jedenfalls verräth sich aber die Entlehnung auch darin, dafs das Bild nicht festgehalten wird. Während bei Hosea und Ezechiel das Bündnis mit den wilden Thieren geschlossen wird, so geschieht es hier mit den Völkern selbst, deren Bild bei jenen die wilden Thiere sind.

Als Eigenthum wird man dem Verf. zuerkennen dürfen das Bild von den beiden symbolischen Stäben, mit welchen die Heerde geweidet wird '., Das gleiche gilt selbstver- ständlich von der gegenseitigen Verwerfung von Hirt und Heerde, von dem Begehren des Hirten, seinen Lohn zu - empfangen und von seiner Ablohnung. Es sind das nur weitere Ausdeutungen des Bildes vom Hirten.

Dagegen zieht der Verf. v. 9 in den Worten : „was stirbt, mag sterben, und was umkommt, umkommen“ das- jenige kurz zusammen, was Ez. 34, 4 über die Thätigkeit der schlechten Hirten berichtet : „die Schwachen habt thr nicht gestärkt und das Kranke nicht geheilt, und das Ver- wundete nicht verbunden, und das Versprengte nicht zurück- gebracht und das Verlorene nicht gesucht“ Er drückt sich aber hier so kurz aus, weil er diesen, mit einer kleinen Modification Ez. 34, 15 wiederholten Gedanken, nochmals v. 16 in die Beschreibung des schlechten Hirten verwebt. Dort aber sagt er, sich viel enger an Ezechiel anschliefsend : ‚nach dem, was zu Grunde gehen will, sieht er nicht, das Verirrte sucht er nicht, das Verwundete heilt er nicht, und das Gesunde erhält er nicht, und das Fleisch des Fetten ist er und thre Klauen spaltet er.“ Mit dem: „das Fleisch des Fetten i/st er“ hat er dem Sinne nach Ez.34,3 : „die Feten schlachtet thr* nachgetragen. Dagegen darf man vielleicht in pH 17091 eine Anspielung auf Ez. 34, 4 JWR On OMT erblicken. Wenn Deuterozacharja aber

v. 9 hinzufügt : „eins fresse das Fleisch des andern“ so

!) Ueber ihre Bedeutung s. 8. 28.

14 Stade, Deuterosacharja.

drückt er damit unter einem andern Bilde den Sinn des! Ez. 34, 17 f. den Böcken gemachten Vorwurfes aus. 4

Dafs der Verf. dem guten Hirten 30 Sekel Silber ak : Hirtenlohn spenden lälst, v. 12, pflegt man ngch Ex. 21,8: zu erklären. Dagegen scheint ihm bei der Formulirung | des göttlichen Befehles, nochmals seinem Volke als Abbi eines (schlechten) Hirten zu dienen, v. 15, die Stel Hos. 3, 1 vorgeschwebt zu haben. Dem dort sich finder den Befehle TYıx-3x 77 Ty entspricht genau der hier an den Propheten ergehende : myn 93 aber Ti.

Das Verhiltnifs, in welchem einerseits 11, 16 und 13,7 zu Ez, 34, 4. 5, andererseits 11, 17 und 13, 7 su Jer. 50), 37. 38 stehen, ist bereits S. 31 besprochen worden. Auch sonst ist in 13, 7—9 Anlehnung an ältere Muster sichtbar. Die Anrede an Gottes Schwert erinnert an Jer. 47, 6, das Nu mom an Ex. 34, 5, die OYıyS, gegen welche Gott seine Hand erhebt, an Jer. 14, 3. Der Gedanke, dals in dem Gerichte, welches über die letzteren ergehen soll, zwei Drittel umkommen werden, das dritte Drittel aber nach nochmals erfolgter Läuterung Gottes Volk bilden soll, ist nur eine Variation des schon von den älteren Propheten vertretenen, besonders aber Jesaias geläufigen Gedankens, dafs nur ein Theil des Volkes im Gerichte behalten, dann aber der Stamm eines neuen, in Gottes Wegen wandelnden Volkes werden soll. Die Form von 13, 8 f. erinnert am meisten an Ez. 5, 12 : „Ein. Drittd von dir soll an der Seuche sterben und durch Hunger um- kommen in deiner Mitte und das (andere) Drittel soll durchs Schwert fallen rings um dich und das (leiste) Drittel will ich in alle Winde serstreuen und das Schwert hinter thu her ziehen.“ In den letzten Worten dieser Stelle findet sich auch bereits der 13, 9 ausgeführte Gedanke ange deutet. In einem andern Bilde weissagt Jes. 6, 13 das Gleiche. Dagegen schliefst sich das von Deuterozacharjı gebrauchte Bild vielmehr an Jes. 1, 25 an. Vielleicht is

Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 12, 7—9. 75

gar das Sy * Ying durch das poy m Np wy) letzterer Stelle veranlafst worden. Dieser Gedanke, dafs Israel durch ein läuterndes Strafgericht hindurch gehen müsse, um der Segnungen ' der messianischen Zeit theilhaftig werden zu können, ist nun ein Gedanke der vor Jerusalems Zerstörung weissagen- den Propheten. Diese erblicken in dem Ansturm der As syrer, Scythen, Chaldäer dieses kommende Gericht. Be- gegnet uns dagegen der Gedanke wie hier bei einem Pro- pheten, dessen Weissagungen durchaus nachezechielischen Character an sich tragen, so erscheint er losgerissen von seinen naturgemiifsen Voraussetzungen. Eben damit ist er aber als nicht original, als entlehnt ausgewiesen. Ebenso müssen wir in Myx 90) v. 9 eine Reminiscenz sus einem älteren Propheten, nämlich aus Hos. 2, 22—25 erblicken, mit welcher Stelle Deuterozacharja schon 10, 6 (s. 8. 67) Bekanntschaft gezeigt hatte. Denn der Schlufs von v.9 : „und sch spreche mein Volk istes und es spricht : Jakve mein Gott“ erinnert an Hos. 2, 25° : „und ich sage su Nichtmeinvolk : mein Volk bist du, und es wird sagen : mein Gott“. Dafs aber auf Seiten Deuterozacharjas wirklich eine Entlehnung vorliegt, verräth sich darin, dafs er mit diesem Schlusse aus seinem Bilde fällt. Letzterem ent- sprechend wäre etwa zu sagen gewesen : „ich allein werde es weiden,“ oder : „mein Hirt wird es weiden®. Dals Israel früher nicht Gottes Volk, Jahve nicht Israels Gott gewesen sei, haben wir 11, 1—17. 13, 7—9 nirgends gehört.

C. © 12, 1—14, CG. 18, 1—6. © 14.

Wir haben bereits S. 41 ff. gesehen, dafs die Besie-

gung der 7 ‘32 durch das unter Gottes Anführung käm-

. pfende, in seiner Heimath wieder vereinigte Gesammtisrael ; in der Weissagung Deuterozacharjas dieselbe Stelle ein- ' nimmt, wie bei Ezechiel die Ueberwindung Gogs und

16 Stade, Deuterosacharja.

seiner Vilkerschaaren. Dasselbe ist nun auch von de c. 12 und c. 14 geweissagten Besiegung der gegen Je} salem ausgezogenen Heiden zu behaupten. Es sind dies ? Capitel im Wesentlichen eine Wiederaufnahme der Wee | sagungen Ezechiels c. 38. 39 und wir sahen bereits 8. 31, dafs c. 12 ebenso auf 13, 9 folgt wie Ex. c. 38 auf c. 31, die Weissagung vom neuen Israel. Hieraus folgt aber weiter selbstverständlich unter der von uns bis jetzt festgehaltenen Voraussetzung, dafs Za. c. c. 9—14 eine Verfasser haben dafs c. c. 12, 1—16. 13, 1—6. 14. nw eine, von 9, 13 in der Detaillirung der Züge abweichende, Ausmalung desselben Grundgedankens sind. Aber auch diese verräth sich Ezechiel gegenüber sofort dadurch als secundär, dafs der Zug der Völker eines naturgemälsen Anknüpfungspunktes entbehrt. Bei Deuterozacharja wird er durch nichts gefordert, er dientnicht zur Rechtfertigung Gottes, wiewohl zu seiner Verherrlichung, aber weit mehr zur Prüfung und Läuterung Jerusalems und zur Bekeh- rung der Heiden. Es ist ein vom Verf. fertig vorgefun- denes, nur abweichend ausgeschmücktes und ausgemaltes, sowie einem andern Zusammenhange eingegliedertes, apo- kalyptisches Zukunftsbild.

Auch in diesen beiden Abschnitten bleibt Deutero- zacharja seiner schriftstellerischen Manier getreu. Mit dem aus Ezechiel entlehnten Grundgedanken, daß alle Völker zu Hauf kommen, um die heilige Stadt zu vernichten, hierbei jedoch durch Gottes Einschreiten unter allerhand Wundern umkommen, verquickt er nicht nur individuelle Hoffnungen, welche aus den Zeitverhältnissen zu erklären sein werden, sondern daneben auch Ideen und einzelne Züge der Darstellung, welche er andern Propheten ent- lehnt hat.

Dieses Verhiltnifs ist sofort aus 12, 1—3 ersichtlich. Dafs Jerusalem den zu seiner Vertilgung herbei geeilten Völkern zum Sy. 9D werde, ist ein Bild, welches Ez. 38 sich

Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. co. 12. 77

nicht findet. Es ist vom Verf. jedoch auch nicht frei er- funden, sondern gebildet mit Rücksicht auf das viel ge- brauchte Bild vom göttlichen Zornbecher Jer. 25, 15. 49, 12. 51, 7. Ha. 2, 16. Thre. 4, 21. p 75, 9. Es. 23, 31-34. Jes. 51, 17—22. Und zwar scheint Deuterozacharja be- sonders die letztere Stelle vor Augen gehabt zu haben. Deuterojesaias knüpft in ihr!) an die vorhergenannte Weis- sagung Eizechiels an, welcher Juda zugerufen hatte : „Auf dem Wege deiner Schwester gingst du, so gebe ich ihren Becher in deine Hand, den Becher deiner Schwester sollst du trinken, den tiefen und weiten... .... . , den Becher der ODede und Verödung, den Becher deiner Schwester Sa- marten.“ An diese Strafverheilsung knüpft Deuterojesaias, das Ende der Strafe weissagend, an. Jerusalem liegt ohn- mächtig am Boden, denn es hat aus der Hand Jahves den ren of nyap (d. i. der weite, tiefe Becher Ezechiels) nehmen und ihn trinken müssen. Die Weissagung Ezechiels hat sich also erfüllt. Aber nun nimmt Gott den Becher aus der Hand des am Boden liegenden Jerusalems, welches denselben nicht weiter trinken soll, und gibt ihn in die Hand seiner Dränger. So bedroht auch Deuterozacharja Jerusalems Feinde. Allein er weicht dadurch von seiner Vorlage ab, dafs er nicht aus der Hand Jerusalems den Zornbecher in die der Feinde übergehen, sondern Jerusalem selbst für die letzteren zum 5y7 "> werden läfst. Hat er unter 0 eine Schale verstanden, so mag diese Wahl da- durch veranlalst sein, dafs alle Völker trinken sollen. Das Bild ist freilich unappetitlich, wo nicht thierisch, aber Deu- terozacharja zuzutrauen. Hat er aber, was mir wahr- scheinlicher ist, }Q in der Bedeutung Schwelle gefalst, so hat er dem gebräuchlichen Bilde von dem Taumelbecher ein verwandtes untergeschoben.

T) Dieser Sachverhalt wird namentlich durch eine Vergleichung von Jes. 51, 17 mit Es. 28, 84 nahe gelegt.

18 Stade, Deuterozacharja.

Dafür nun, dafs Deuterozacharja beim Schreiben von 12, 1—3 wirklich die Stelle Jes. 61, 17 ff. vorgeschwebt hat, wird man die Berührungen geltend machen dürfen, welche sich zwischen den einleitenden Worten 12, 1 und Jes. 51, 13 finden. Von dort her stammt die Bezeichnung Jahves als pox 9 Dioy M9. Während ihn aber Deutero- jesaias vorher 7’%Yy nennt, hat der Verf. letzteres, weil er eine solche Anrede nicht brauchen kann, umgesetst in Dp2 OFAN 5%). Vielleicht hat ihn hierbei Jes. 42, 5 geleitet. Dort heilst Jahve : o7 MN O'NW Na. Dann aber führt Deuterojesaias fort : mm (roy opb map) Kb my ODI

Von der Darstellung Ezechiels c. 38 f. weicht der Verf. darin etwas ab, dals er nicht nur im Allgemeinen weissagt, dafs die gegen Jerusalem herangezogenen Völker- schaaren auf Israels Bergen umkommen werden, sondern ganz bestimmt erwartet, dafs sie bei dem Versuche, Jeru- salem zu erobern, scheitern und zu Grunde gehen. Doch hatte Deuterosacharja für diese Erwartung an Mi. 4, 11 ff. einen Vorgänger. Eigenthümlich ist ihm sonach nur die Vorstellung, dafs Juda im Heere der Heiden mit gegen Jerusalem streiten mufs.

Von 12,4 an beginnt Deuterozacharja. sich etwas freier zu bewegen. Wir werden darin ein Anzeichen dafür er- blicken dürfen, dafs er hier zur Besprechung von Dingen gelangt ist, welche ihn ganz besonders bewegen. Gerade aus dem jetzt Folgenden werden wir daher die sichersten Schlüsse auf das Zeitalter Deuterozacharjas ziehen dürfen. Zwar schliefst sich Deuterozacharja auch noch im Weitern an Ezechiel an. Doch durchbricht er dessen Gedanken- gang nicht nur durch Entlehnungen aus andern Propheten, sondern auch durch Einschaltung ganz selbständiger, in ausführlicher Darstellung entwickelter Zukunftsbilder. Aufser Ezechiel ist es wesentlich Joels Weissagung vom Tage des Herrn, an welchem die zur Vernichtung Jerusalems

Das Verhiltn. Deuterosscharjas zur a. t. Weissagung. 0.12. 79

herbeigeströmten Heiden im Thale Josaphat vernichtet werden, welche ihn beeinflufst. Doch werden wir auch noch manche Entlehnung aus andern Propheten auffinden.

Das Eingreifen Gottes zu Gunsten seiner Stadt, weiches sowohl c. 12 als c. 14 berichtet, wird in c. 12 in anfacherer Weise beschrieben als in c. 14. Nach 12, 4 whligt Jahve die Rosse der Heiden letztere sind so- uch auch hier wie 11, 5 die auf Rossen Reitenden mit (ten und jiny, die Reiter mit jpg). Und zwar bildet dee Verf. einen aus vier sehr ungleichen Zeilen be- stehenden Vers. Z. 1. 2. 4 desselben enthalten je ein wiches. Nomen auf ji, Z. 3 nicht. Zugleich entspricht : ‚ih will öffnen meine Augen über dem Hause Juda“ nicht recht der 4. Zeile : „und alle Rosse der Heiden will ich nit Blindheit schlagen“. Schon das erweckt den Verdacht, | dafs hier vielleicht eine aus drei Zeilen bestehende Vorlage m eine vierte Zeile erweitert sein könnte. In Wirklichkeit athält nun diese Vorlage, welche sich Dt. 28, 28 findet, mr eine Zeile, in derselben jedoch jene drei Nomina auf f Deuterosacharja benutzte diese drei Nomina, um auf Grund jedes derselben eine Verszeile zu bilden. Die feh- lade vierte mufste er frei ergänzen und that dies in der vorliegenden Weise, da ihm kein viertes synonymes Nomen auf )i zur Hand war.

Infolge dieses Eingreifens Gottes zu Gunsten Jeru- salems verlassen die Judäer die Sache ihrer Bundesgenossen und fallen über dieselben plötzlich her. Das Resultat ist, dafs Jerusalem unerobert an seiner Stelle sitzen bleibt, wie auch nach c. 14, welche Weissagung Jerusalem zeit- weilig erobert werden läfst, das Schlufsresultat v. 11 den- noch lautet : 935 O24 maw». Beide Stellen ruhen auf Joel 4, 20 m x17 oben wn obiy) nam.

Eigenthtmlich ist Deuterozacharja der Inhalt von 12, 6. 7; eigenthümlich auch der Vergleich, dafs nach Er- rettung Jerusalems das Haus Davids wie Gott und wie

80 Stade, Deuterozacharja

der Engel Jahves vor ihnen sein werde. Letzterer Ve: gleich zieht den andern herbei, dafs der 5y/>y wie Dani sein werde. Einfacher liegt dieser Gedanke Joel 4, # vor : „der Schwache spricht ein Held bin ıch.“ Dafs abe der Engel Jahves vor den Gläubigen zum Schutze gegen deren Feinde kämpfe, oder sich um sie lagere, ist gleich falls eine aus nachexilischem Schriftthume zu belegende Meinung » 34, 8. 36, 5. 6.

12, 9 fafst kurz zusammen, was Ez. 39, 4—-24 mit be haglicher Breite erzählt wird. Die neue Wendung, welche ' mit der messianischen Zeit eintreten soll, kann nur dam Dauer haben, wenn kein neuer Anlals zu göttlichen Straf- gerichten gegeben wird. Es müssen daher nicht nur die alten Sünden entweder durch Vergebung oder durch Be strafung der Sünder gesühnt werden, sondern es mul weiter durch eine besondere Gnadenveranstaltung Gottes ein neues Verfallen in Sünde unmöglich gemacht werden. Daher verheifst denn Ez. 36, 25—28 für die Zeit der Zu rückführung Israels beides : „Ich sprenge auf euch reine Wasser, dals ihr rein werdet, von allen euren Flecken und allem euren Schandwesen reinige ich euch, und gebe euch ein neues Here und einen neuen Geist lege ich in euer Inneres u. s. w. Und nach Ez. 39, 29 folgt auf die Be siegung Gogs die Ausgiefsung des Geistes Gottes.

Im Allgemeinen schliefst sich nun Deuterozacharja an diesen Gedankengang Ezechiels an und nicht an den Joels, welcher 3, 1 die Ausgiefsung des Geistes Gottes beim An- bruche des Tages Jahves erwartet, und ihr die Rolle zu- schreibt, das Volk Israel zum Bestehen dieses Tages ge schickt zu machen, während er am Ende seiner Schilde- rung des Tages Jahves 4, 21 eine Tilgung der noch nicht gebüfsten Schuld (durch Bestrafung der Sünder) voraus- sagt. Dals der Verf. diesen Gedankengang nicht einschlägt, kann bei dem Schreiber von 13, 2—6 nicht Wunder nehmen. Joel 3, 1 mufste diesem durchaus unsympathisch sein.

Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 12. 8]

Deuterozacharja biegt aber nun Ezechiels Gedanken Grund eines ihn besonders bewegenden Vorfalls aus unmittelbaren Vergangenheit um und bezieht das von jenem allgemein Ausgesagte auf ein bestimmtes Ereignils wad bestimmte Personen. Es ist daher in seiner Beschrei- bbung der Ausgielsung des Geistes eine ganz besondere rm, welche Gott ausgiefst, eine OAH) m MN und dieselbe wird nicht über Juda (bezw. Israel) sondern über das Haus Davids und die Bewohner Jerusalems ausgegossen. Dieser Geist bewirkt also, dafs man Gnade erhält und um sie kittet, und nur die Genannten haben Veranlassung, um dieselbe zu bitten. Juda ist schon im Stande der Gnade, thm ist schon geholfen, wie sich ja schon in dem Ezechiels wie Joels Gedanken durchaus fremden Zuge, dafs Gott Juda zum Werkzeuge seiner Pläne wählt, der Umstand verräth, dafs es bereits im Gnadenstande ist. Davids Haus aber und Jerusalems Bewohner bedürfen der Gnade wegen einer von ihnen begangenen Blutthat. Es bewirkt nun die aan mm, daß sie für dieselbe in der 12, 10—14 beschriebenen Weise Bufse thun. Diese Schilderung ist Deuterozacharjas unbestreitbares Eigenthum und wenn irgendwo, wird man hier Indicien für die Bestimmung der Abfassungszeit von Za. 9—14 zu finden erwarten dürfen. Nach erfolgter Bulse vergibt Gott den Davididen und Jerusalemern ihre Schuld. Der Verf. läfst sie also nicht wie Es. 36, 24-28 mit dem Wasser der Sühne besprengt . ears sondern verheifst 13, 1, dafs ihnen ein Quell in Jerusalem aufgethan werden soll Hierin ist er abhängig von der Es. 47, 1 ff. ausgesprochenen, Joel 4, 18 wieder i sufgenommenen , Erwartung, dafs in der messianischen Zet eine wunderbare, das Land befruchtende Quelle im Tempel entspringen solle. Die gleiche Vorstellung ver- vebt Deuterozacharja nochmals 14, 8 in seine Darstellung. Und swar schliefst er sich dort enger an Ezechiel (und

Joel) an. Dort ist es eine Sommers und Winters strömende Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 6

a ET 17 = 2 ss

82 Stade, Deuterosacharja.

und von Jerusalem aus zur Hälfte ins todte sur Half ins Mittelmeer flielsende Quelle. Es ist jedoch leicht s beweisen, dafs diese Erwartung nur Es.47 ursprünglich i während ihr Vorkommen bei Joel und Deuterozachar auf Entlehnung beruht. Denn bei diesen ist die Vorstellu von ihren natürlichen Voraussetzungen losgelöst und std es gilt das namentlich von Joel 4, 18. Za. 14, 8 voll isolirt unter den. übrigen messianischen Erwartungen. D Tempelquelle Ez. 47 ist ein an richtiger Stelle stehend Glied in der Kette ezechielischer Erwartungen von d Neugestaltung aller Verhältnisse im Lande. Der Ke punkt dieser Erwartungen ist, dafs Jahve künftig inmitt seines Volkes im Tempel wohnen soll. Wie vom Temp aus die religiösen und sittlichen Lebensmächte über d Volk strömen, so von diesem auch der Segen der Fruch barkeit. Die Quelle, welche von jeher auf dem Temp berge entsprungen ist und wohl von jeher als heilig g golten hat, wird dann zu einem unüberschreitbaren Strom welcher die Ostmark fruchtbar und das todte Meer gesu macht. Dagegen geht die Quelle Joel 4, 18. zwar no vom Tempel aus. Allein sie ist nur ein einzelner Zu welcher in der Beschreibung der Fruchtbarkeit des Land neben andern erscheint. Weshalb sie bei Joel vom Temy ausgeht, was doch bei Ezechiel selbstverständlich ist, « fahren wir so wenig, als weshalb sie ins Akasienthal flief Ja sie steht so isolirt, dafs man Joel 4, 18° streich könnte, ohne dafs eine Spur davon zurückbleiben wür dals hier einst eine weitere messianische Erwartung g standen habe. Noch deutlicher aber verräth sich die lehnung Za. 13, 2. 14, 8. An letzterer Stelle geht sie ı nächst nicht vom Tempel sondern von Jerusalem aus. D neue Tempel ist eben längst erbaut, aber die Tempelque die alte geblieben. Dann aber dient die erwartete Que nicht mehr dem speciellen Zwecke, die Ostmark fruchtt und das todte Meer gesund zu machen. Sondern :

Das Verhältn. Deuterosscharjas sur a. t. Weissagung. co. 14 83

Hälfte nach Osten zur Hälfte nach Westen fliefsend ver- leiht sie dem ganzen Lande Fruchtbarkeit. Man würde Ze. 14, 8 streichen können, ohne dafs man etwas vermissen würde, Beweis genug, dals Deuterozacharja von dieser wunderbaren Quelle weissagt, nicht weil ihn seine eigenen Vorstellungen darauf führen, sondern weil diese Erwartung sa dem festen Bestande der messianischen Erwartungen seiner Zeit gehörte. Vollends aber verräth sich der Epi- gone in der midraschartigen Auslegung der ezechielischen Weissagung, welche Deuterozacharja 13, 2 gibt. Jene Tempelquelle ist hier ein grofses Sühnwasser geworden, an TYP OD und meygn w') für die Davididen, Leviten und anderen Jerusalemer.

Vielfach irregeführt hat Deuterozacharja die Kritiker, wenn er 13, 2 fortfährt : „ick vernichte die Namen der Götzen aus dem Lande und nicht gedenkt man ihrer mehr.“ Die Namen der Götzen zu vernichten ist recht gezwungen, wohl aber erklärt sich die Wahl des Ausdruckes, wenn dem Schreiber Hos. 2, 19 vorschwebte : „ich well ent- fernen die Namen der Baale aus ihrem Munde und nicht erwähnt man sie ferner mit thren Namen.“ Es ist ferner zu beachten, dafs an die Beseitigung des Götzendienstes angeschlossen wird die Beseitigung der Prophetie und zwar der Prophetie überhaupt, nicht blos der falachen *). Denn Deuterozacharja richtet sich dabei nach den Dt. 13, 6—12. 18, 20 über Götzendienst und falsche Prophetie gegebenen Bestimmungen. Und zwar lälst er gegen die sich als Propheten Aufthuenden die eigenen Angehörigen ebenso verfahren, wie es in der ersteren Stelle für den

1) Nu. 8, 7. 19, 4. 18. 20—22.

*) Bo umschreiben schon LXX Trgm. Pes. Allein trotz MNNR) TRENT ist, wie das Folgende ausweist, vom Weissagen tiberhaupt die Rede.

6*

84 Stade, Deuterosacharje.

Fall der Verführung zum Götzendienst befohlen ist. Aus diesem Verhältnisse läfst sich wohl entnehmen, dafs sur Zeit des Verf. allerdings im Lande Götzendienst vorhanden war, aber kaum Gefahr, dafs ihm Isracliten verfielen. Endlich wird man, da Deuterozacharja noch mehrfach Bekanntschaft mit Joels Buch verräth, annehmen dürfen, dafs er sich durch 13, 3 ff. in bewulsten Gegensatz zu Joel 3, 1 setzt.

In c. 14, dessen Eingang an Jes. 13, 9 erinnert, weicht der Verf. vielfach sowohl von Ezechiel als von Joel ab. Und zwar ist die nächste Veranlassung hierzu, dafs er ab- weichend von beiden sowie abweichend von den Erwar- tungen, welche er selbst in c. 12 ausgesprochen hat, hier eine vorübergehende Eroberung Jerusalems durch die Heiden in Aussicht nimmt. Dies zieht sofort dahin seine Con- sequenzen, dafs nun Jahve nicht wie bei Joel 4, 16 von Zion aus seinem Volke zu Hülfe kommen kann. Die Ver- heifsung jener Stelle, dafs Jahve seinem Volke eine Veste und Zuflucht sein werde, muls daher umgedeutet werden. Die Jerusalemer müssen durch eine wunderbare Veran- staltung Gottes aulserhalb Jerusalems ihre Rettung finden. Beiden Anforderungen genügt der Verf.,, indem er Gott seinen Fuls auf den Oelberg setzen lälst, so dafs letaterer sich spaltet und so ein die fliehenden Jerusalemer aufneh- mendes und schützendes Thal bildet. Ob ihn bei dieser Umdeutung die Meinung Joels geleitet hat, das Gericht der Heiden werde im Thale Josaphat stattfinden, ob er etwa meint, die Heiden würden vom eroberten Jerusalem aus die in das wunderbare Thal fliehenden Israeliten ver- folgen und hierbei im Thale Josaphat von Gottes Straf- gericht ereilt werden, wird sich nicht entscheiden lassen.

Weiter aber schliefst sich der Verf. darin an Joel 4, 14—16 an und entfernt sich von den Vorstellungen Ezechiels, dafs das den Öelberg spaltende Erdbeben den Tag Jahves selbst beginnt und bereits ein Mittel der Rettung

En _

Das Verhältn. Deuterosscharjas zur a. t. Weissagung. ©. 14. 85

st. Es. 38, 18-20 hingegen erfolgt das Erdbeben sofort, obald Gogs Heer das Land betritt. Es ist eine Zorn- wfserung des über die Betretung seines Eigenthumes er- mimmten Landesgottes, eine Drohung gerichtet an die es yetretenden Feinde.

Die Flucht der Jerusalemer in das durch jenes Erd- yeben gebildete Thal vergleicht Deuterozacharja 14, 5 mit ler Flucht der Jerusalemer vor jenem grofsen Erdbeben m den Tagen Ussias. Auch dieser Zug hat die Kritiker m denkwürdiger Weise irregeführt. Gerade er aber zeigt deutlich die gelehrte, an älteres Schriftthum anknüpfende Manier des Verf. Er ist lediglich Reminiscenz aus Am. 1, 1, veranlafst durch die Schilderung des Einschreitens Gottes sam Gericht Am. 1, 2. Sehr bezeichnender Weise läfst er Jerobeam von Israel weg. Mit Jahve aber läfst er alle Haligen d. h. die Engelheere erscheinen. Es ist das ein Zug, der ihm aus Dt. 33, 2 geläufig sein mufste.

In der Beschreibung der meteorischen Vorgänge 14, 6.7, welche den Tag Jahves auszeichnen, entfernt sich Deuterozacharja nicht wesentlich von den ihm vorliegenden Weissagungen der Propheten. Während die Vorstellungen des Jesaias von den am Tage des Herrn am Himmel ein- tretenden Veränderungen sich durch eine gewisse Selbstän- digkeit der dichterischen Erfindung auszeichnen '), erwarten die übrigen Propheten Verfinsterung von Sonne, Mond und Sternen deutlich im Anschlusse an volksthümliche Vorstellungen über Sonnen- und Mondfinsternisse. Am. 5, 18. 8, 9. Zeph. 1, 15. Jes. 13, 9 f. 24,23. Es ist gerade die letztere Stelle :

Dean schämt sich der Mond und erblalst die Sonne,

Dean Kinig ward Jahve der Heerschaaren auf dem Zionsberg und in Jerusalem.

1) Jes. 80, 26 : „Und es wird das Licht des Mondes wie das Licht der Sonne sein und das Licht der Sonne siebenfach.“ 84, 4 : „Da

86 Stade, Deuterozacharja.

welche dem Verf. vorschwebt. Hierauf weist die Wieder- kehr des Gedankens von Jes. 24, 23? in v. 9. Die dem Verf. von Jes. 24—27 eigenthümliche und sich aus dem Zusammenhang der ganzen Stelle erklärende Vorstellung, dafs sich Sonne und Mond schämen, bildet er zu ni peop’ um, um sich den Vorstellungen der anderen pro- phetischen Stellen zu accommodiren. Ihm eigen ist, dafs er den Tag nochmals näher als einen Tag der Dämmerung beschreibt, an welchem es erst Abends hell wird. Der Widerspruch gegen den natürlichen Verlauf der Dinge ist hierdurch noch gesteigert worden. Auch hierin verräth sich der nachahmende Epigone.

Ueber 14, 8 ist bereits 8. 81 ff. gehandelt worden. Nur darauf ist noch hinzuweisen, dals durch die Eintragung dieses messianischen Zuges Deuterozacharja die Jes. 24, 23 enthaltenen beiden Gedanken von einander getrennt hat. Jes. 24, 23* kehrte wieder 14, 6. 7, dagegen 23° folgt, wie wir sehen, erst 14, 9.

Es sind jedoch noch andere prophetische Gedanken, welche den Verf. bei der Gestaltung von 14, 9 beeinflufst haben. Jahve wird nicht nur König über das ganze Land, er wird auch einer sein und sein Name einer. : Damit ist einmal der Ausschlufs jeder andern Gottesverehrung aus- gesprochen, es ist aber auch zweitens hierdurch die Mei- nung ausgeschlossen, dafs etwa die Heiden Jahve unter anderm Namen dienen. Deuterozacharja spricht sich hier gegen eine Vorstellung von der Gottesverehrung der Heiden aus, wie sie Malachi 1, 11 ff. dem Volke Israel zur Be- schämung vorgetragen hatte, indem er ihm zuruft : „Denn vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Niedergange ist mein Name grols unter den Heiden, und überall opfert und bringt man meinem Namen dar und zwar reine Gaben, denn

gusammengerollt,

Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 14. 87

grols ist mein Name unter den Heiden.“ Es wird um so zaehr angezeigt sein, in der Stelle 14, 9 einen beabsich- tigten Widerspruch gegen Malachis Doctrin zu finden, als such Malachi in jener Stelle das Königthum Jahves ver- kundet; 1, 14 : „Denn ein grolser König bin ich, spricht dJakve der Heerschaaren, und mein Name ist gefürchtet unter den Heiden.“

Auf die Beschreibung des Tages Jahves folgte nicht, wie das naturgemäß gewesen wire, die Verkündigung, dafs Jahve König wird über sein Land, sondern die Weis- sagung von der wunderbaren Quelle. So folgt auch jetzt auf die Verkündigung, dafs Jahve König wird tiber sein Land, nicht, wie naturgemils gewesen wäre, die Verheilsung, dafs auch die Heiden sich König Jahve unterwerfen, welche wir vielmehr erst v. 16 ff. lesen, sondern zunächst aber- mals einige isolirte messianische Erwartungen, v. 10. 11, und dann die noch rückständige Erzählung von der Ver- nchtung der gegen Jerusalem ausgesogenen Heiden. vy. 12—15 *). |

Die erste der eingeschalteten messianischen Erwar- tungen v. 10, dafs das ganze Land sich zu einer Ebene wandeln soll, über welche Jerusalem hoch emporragt, ist nur eine Umbiegung des alten messianischen Gedankens, welchen wir Jes. 2, 2. Mi. 4, 1 lesen. Auch sie ist aus ihrem naturgemälsen Zusammenhange herausgerissen. Denn diese Erhabenheit Jerusalems entspricht der religiösen Be- deutung, welche dereinst Jerusalem für alle Völker haben soll Daher folgt denn auch in jener alten Weissagung sofort die Verkündigung, dafs alle Heiden nach Jerusalem pilgern sollen, deren Aequivalent Deuterozacharja erst v.16 ff. bringt. Damit steht im Zusammenhange, dals es

') Der grelle Contrast dieser Flickarbeit eines Epigonen mit der Entwickelung selbständiger prophetischer Gedanken erhellt deutlich aus einer Vergleichung des parallelen Abschnittes Zeph. 8, 8—20.

88 Stade, Deuterozacharja.

sich für ihn hier nur darum handelt, daß Jerusalem the F das Land Juda emporragt. Auch die Beschreibung de ? dereinstigen Ausdehnung und Sicherheit Jerusalems sind * Einzelzüge der messianischen Erwartung, welche ursprüng- f lich nicht in diesen Zusammenhang gehören. Bei dem ! ersten hat wahrscheinlich Jer. 31, 38 ff. Modell gestanden, der zweite ist allgemein verbreitet. |

Auch die Vorstellung v. 11, dafs künftig kein Bam : mehr sein solle, ist nicht originell. Sie enthält eine An spielung auf die Worte älterer Propheten und wird erst als solcherecht verständlich. Jeremias verkündete dereinst im 4. Jahre Jojakims dem Volke Judas, dafs Gott, wel sie nun 23 Jahre lang die ihnen durch den Propheten übermittelten Befehle Gottes mifsachtet und die Mahnungen der Propheten zurückgewiesen hätten, die Völker des Nor- dens in ihr Land führen werde, „und ich banne ste und mache sie zum Entsetzen und zum Gesische und zu ewigen Einöden.* An dieses Wort des Jeremias knüpft Deutero- jesaias 43, 28 wieder an, wenn er verktindet, Jacob sei wegen seines Abfalles dem Banne preisgegeben worden. Und wenn Elia vor Anbruch des Tages Jahves erscheint und die Herzen der Väter den Söhnen und der Söhne Herz den Vätern wieder zuwendet, so geschieht es, „da- mit ich nicht komme und strafe das Land mit dem Banne.* Also nicht um jeden Bann handelt es sich, sondern um diesen, von welchen die Propheten Gottes geredet haben, um jenen Bann, welchem das Volk schon einmal erlegen ist.

Auch in der Beschreibung der Vernichtung der Heiden arbeitet Deuterozacharja mit entlehntem Gute. Sie geht zurück auf Ez. 38, 21. 22. Und zwar ist die ekelhafte Beschreibung von v. 12 Ausdeutung von Ez. 38, 22: „Ich rechte mit thm durch Seuche und durch Blut“, wäh- rend v. 13 das Wort Ez. 38, 21 ausführt : „des einen Schwert wird gegen den andern sein.“

Bu bil .M. 971°

wr =

Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c 14. 89

Wir sahen schon, dafs den v. 16—19 gegebenen Aus- fahrungen so alte Erwartungen wie Jes. 2, 2 ff. Mi. 4, 1 ff. sa Grunde liegen. Hier sind dieselben jedoch aus dem leraelitischen ins Jüdische übertragen worden. Die Völker pilgern nicht nach Jerusalem, um sich belehren zu lassen, sondern um das Laubhüttenfest zu feiern. Sie sind zu Proselyten und Gliedern des Bundesvolkes geworden. Im Ausdrucke des Gedankens schliefst sich Deuterozacharja hier zunächst an Deuterojesaias an, welcher seine Weis- sagung mit dem Gedanken schliefst, dafs alles Fleisch Jahve huldigen wird. An die Stelle von Neumond und Sebbat aber, an welchen nach Deuterojesaias alle Völker kommen, um anzubeten, setzt Deuterozacharja das Laub- hüttenfest. Dieses feiern alle Völker mit. Wie eng der Verf. sich aber an seine Vorbilder anschliefst, lehrt gerade hier eine Vergleichung beider Stellen besonders deutlich :

Jes. 66, 28: My Rn DR N Tr TR Wp my “OR 297 MinpY?

Zu 14 16: 8 7a) N a MIR a an PM I) MINDY

In den Zusammenhang deuterojesajanischer Gedanken verwebt der Verf. weiter den diesen durchaus fremden Zug, dals diejenigen Heiden, welche nicht nach Jeru- salem pilgern, dadurch gestraft werden sollen, dafs ihrem Lande die Fruchtbarkeit entzogen wird. Die Erwähnung Aegyptens aber ist wohl nicht aus einem Einfluls von Joel 4, 18 f., sondern in der Weise wie 8. 39 zu erklären. Auch die Schlufsverse 20. 21 sind durchaus angeregt durch ältere prophetische Gedanken. Dafs Jerusalem in der messianischen Zeit von einer ganz besonderen Heilig- kat sein soll, ist ein Jeremias geläufiger Gedanke. Nach Jer. 3, 16 wird man der Lade nicht mehr gedenken, weil

=: ganz Jerusalem Jahves Thron ist. Und seine Weissagung : vom künftigen Ausbau der Stadt schliefst er 31, 40 mit

|

der Verheifsung, dafs nicht nur das neugebaute Jerusalem,

90 Stade, Deuterosacharje.

sondern auch das ganse Thal mit den Aesern und der Fettasche u. s. w. dem Jahve heilig sein solle. Nach Deu- terojesaias ist das erlöste Juda ein heiliges und priester- liches Volk Jes. 61, 6. 62, 12. 66, 12. Am Schlusse seines Buches aber weissagt er 66, 20 : „und es dringen eure Brüder aus allen Heiden Opfergabe für Jahve auf Rossen und auf Wagen und auf Bänften und auf Maulthieren und auf Dromedaren nach seinem heiligen Berge gen Jeru- salem, spricht Jahve, gleichwie die Kinder Israel in reinem Gefälse Opfergabe nach dem Hause Jahves bringen.“ Joel aber sagt, gleichfalls gegen den Schlufs seines Weissagungs- buches, 4, 17 kürzer : „Jerusalem wird heilig sein und Fremde werden nicht dahin kommen.“

Sind sogar die sonst dem Kriegsdienste gewidmeten Rosse heilig, ‚wie erst die Bewohner Jerusalems! Und sind deren Kochtöpfe so heilig wie die Opferschalen, so wird lauter reine Gabe gebracht werden. Und kömmt nach Joel kein Fremder mehr in die heilige Stadt, so treibt Deuterozacharja auch diese Erwartung auf die Spitze, wenn er versichert, dafs kein Kananier d. h. kein schachern- der, sich am Tempeldienste bereichernder Israelit mehr im Tempel sein werde. Die Erinnerung an Zeph. 1, 8—11 mag ihn hierbei geleitet haben, wie möglicherweise der Um- stand, dafs auf den Schellen der Rosse Y’') wp stehen soll, durch Ez. 28, 36 veranlalst worden ist.

Versuchen wir zum Schlusse die Deuterozacharja eigenthümlichen Erwartungen zu einem Gesammtbilde zu vereinigen. Als Grundgedanken des Verf. werden wir an- sehen dürfen, dafs Gott die dereinst von den Propheten gegebenen aber noch nicht erfüllten Weissagungen jetzt erfüllen werde. Daher knüpft er aller Orten an diese alten Weissagungen an. Und nur so erklärt es sich, dafs er für die Zeit der Erfüllung derselben das Ende der Pro- phetie erwartet. Denn dann bedarf es keiner Prophetie weiter. Gott hat, was er von Hoffnungen seinem Volke

Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. 91

dereinst erfüllen wird, längst durch den Mund seiner Knechte, der Propheten verkündet. Darüber hinaus gibt ee keine Zukunftshoffnungen. Wer solche bringt, wer mit diesem im Widerspruch stehende Gedanken verkündet, redet ne’ 12, 3. Die Reihe der Propheten ist abgeschlossen. Wer sich noch Prophet. zu nennen wagt, bezeugt eben damit, dafs er nicht von Gottes Geist, sondern von der msi] MI 12, 2 getrieben wird. Deuterozacharja selbst will er gar kein Prophet sein !).

Die von Gott dereinst gesandten Propheten hatten geweissagt, dafs Gott in der Zukunft Juda und Ephraim sus dem Exile zurückführen und beide unter dem Scepter eines in Gottes Wegen wandelnden Davididen vereinigen, sie in Glück und Frieden im heiligen Lande wohnen lassen werde. Ezechiel erwartet nach der Herstellung des neuen Israels einen nochmaligen Ansturm der Heidenwelt. Indem Gott diesen bricht, verherrlicht er sich an seinem Volke und überzeugt die Heiden, dafs er sein Volk dereinst nur wegen der Sünden desselben preisgegeben hat.

Erst einiges von diesen Weissagungen hat sich nun bisher erfüllt. Allerdings ist Juda wieder heimgekehrt, aber die Brüder vom Hause Joseph sind noch in der Ver- bannung und aus Juda sind aufs Neue viele Tausende in fremde Länder geschleppt worden oder freiwillig dorthin gewandert. Kein König aus Davids Geschlecht herrscht über Gottes Volk, wie die Propheten es geweissagt hatten, sondern Herren aufser Jahve (Jes. 26, 13) beherrschen es. Die von den Propheten geweissagte Ausdehnung des Volkes über das ganze heilige Land ist nicht eingetreten. Dafs das Volk die Grenzen der Herrschaft Davids wieder haben werde, ist ein unerreichbares Ideal geblieben, aber auch ein unvergessenes. Statt dafs Israel, wie für die Zeit

1) Wellhausen, Geschichte Israels I, 8. 420.

92 Stade, Deuterozacharja.

nach der Zurtickftithrung verheifsen worden war, siegreich‘ und gefürchtet unter den Heiden sitzt, wird es von diese geknechtet und zertreten. Seine eigenen Oberen beutes es frevelhaft aus und verkaufen es den Feinden. Wohl ist der Tempel wieder aufgerichtet worden und beständig raucht das Opferblut. Aber die Tempelquelle ist ein stil fliefsendes, sanftes Wasser geblieben und nicht zu einem unüberschreitbaren Strome geworden, welcher Leben und Fruchtbarkeit in die dürren Gefilde des Landes trägt und die grauenhafte Oede des todten Salzmeeres in ein Bild fröhlicher Lebensfülle wandelt. Und noch deutet maa nicht mit dem Dichter von » 46!) den Strom auf dem Tempel selbst, von welchem reiche Segnungen über die Gottesstadt ausströmen, überall hin Gnade und Heil ver mittelnd. Wohl sind die Mauern der Stadt wieder auf- gebaut worden, aber nicht haben sie zu hindern vermocht, dafs unlängst ein Zwingherr dort eingedrungen ist. Grolsen Ruhm und grofses Ansehen genielst die Gottesstadt im Volke, aber wenig merkt man davon, dafs Gottes Geist wirklich in ihr seine Wohnung aufgeschlagen habe. Vor- nehm und verächtlich sehen die Familien aus Davids Ge schlecht und aus dem Geblüte der Priester, ja verächtlich sieht jeder Jerusalemer auf die aufserhalb der heiligen Stadt wohnenden Judäer herab. Und mit Gewaltthätigkeit, nicht mit Gerechtigkeit und Liebe, sind sie noch unlängst in einem besonders schlimmen Falle für ihre eigenen In- teressen eingetreten.

Jener grofse Völkersturm endlich, welcher von den in geheimnilsvolles Dunkel gehüllten Gegenden des Nordens aus losbrechend ein letztes Mal die heilige Stadt umtoben sollte, ist nocht nicht erfolgt. Aber jetzt scheint es, wird

*) p 46, 5 : Ein Strom, dessen Bäche erfreuen die Gottesstadt, ist die heilige Wohnung des Höchsten.

Das Verhältnifs Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. 93 |

ott ihn herbeiführen. Jetzt hofft der Verf. werden die eh rückständigen Hoffnungen der Propheten sich er- Ben.

Die gesammte Summe dieser in ihrer Erfüllung noch ckständigen Weissagungen nun führt Deuterozacharja nächst in dem grofsen Zukunftsbilde vor, welches jetzt 9 und 10 des Buches Zacharja bildet. Es ist noch zu warten, dafs Gott das ganze heilige Land in seinen idealen rensen in Besitz nehme denn noch besitzen es eben exrn aulser Jahre. Eben jetzt scheint es, wird sich dies ı Zusammenhange mit einem von Nordosten her zu er- artenden Kriegssturme vollziehen. Diese Besitsergreifung ss heiligen Landes durch Gott bedingt zunächst die Be- sung Judas von der Fremdherrschaft und die Ausdeh- ung der Judäer über die ihrem Lande benachbarten, jetzt ndeen Völkern gehörigen Territorien, welche innerhalb er idealen Grenzen des Reiches Israel liegen. Das unter lott wohlgefälligen Führern kämpfende Juda ermöglicht urch die Besiegung seiner Feinde die Befreiung Ephraims. n großser Volkszahl kehrt Ephraim heim, besiedelt nicht ur sein eigenes Land, sondern verbreitet sich wie Juda ber die angrenzenden Territorien. Noch einen letzten ampf hat das wieder vereinte Bundesvolk mit der dem ache Gottes feindselig gesinnten Weltmacht zu bestehen. ber Gott hilft ihm diese die Söhne der Griechen . überwinden. Aus dem Kampfe zieht der von den Pro- ıeten geweissagte ideale König heim als Sieger und hält inen Einzug in der Gottesstadt als Friedensftirst. Er herrscht ohne der Kriegswaffen zu bedürfen das nze heilige Land in der Ausdehnung des Reiches Davids. en Heiden aber vermittelt er den Frieden.

Alles andere, was wir c. 11—14 lesen, verhält sich zu 9. 10 wie der Theil zum Ganzen und findet in dem Ge- nmtbilde c. 9. 10 irgendwo seinen Platz. Die in c. 11—14 thaltenen Weissagungen sind einzelne, in der Detaillirung

94 Stade, Deuterosscharje.

abweichende Ztige aus jenem Gesammtbilde, es sind Nach- träge, Supplemente, bestimmt einzelne hinfällig gewordene Ausführungen von c. 9. 10 zu ersetsen. Und zwar kommt c. 11, 1—17. 13, 7—9 im Umfange der in ihm enthaltenen Erwsrtungen c. 9. 10 ziemlich nah. Was in ihm fehlt, findet sich c. 12, 1—14. 13, 1—6 und c. 14. Es sind die letztern nur je ein Supplement zu einem einzelnen Theile von c. 9. 10, c. 11, 1—17. 13, 7—9 aber das pessimistische Gegenstück zu den optimistisch gehaltenen cc. 9. 10, oder wie Ewald nicht untreffend sagt, die dunkle Sette der Zukunft.

Hinfillig aber werden Weissagungen, wie wir in der Einleitung sahen, dadurch, dafs Bedingungen sum Wegfall kommen, an welche jene geknüpft sind. Sonach müssen zwischen c. 9. 10 einerseits und c. 11—14 andererseits Er- eignisse liegen, welche Deuterozacharja davon überzeugten, dafs nunmehr bestimmte Zukunftserwartungen ihre Berech- tigung verloren hätten, dafs nunmehr an deren Stelle andere getreten seien. Sonach würde ein zeitlicher Abstand zwischen der Conception von c. 9. 10 einerseits und c. 11—14 andererseits anzunehmen sein. Oder aber es wird die Meinung Platz greifen müssen und bei der engen Verbindung, welche zwischen c. 10 und 11 besteht, wird sie vielleicht mancher vorzuziehen geneigt sein dals Deuterozacharja- seinen Zeitgenossen dadurch zum Bewulst- sein bringt, was sie von Zukunftshoffnungen durch ihr Thun verscherzt haben, dafs er ihnen in c. 9. 10 die ganze Summe deren vorträgt, welche ohne ihr gottwidriges Thun zu erwarten gewesen wären.

Was aber nun den Eintritt der c. 9. 10 geschilderten Hoffnungen zu einem Theile verhindert hat, das erfahren wir aus c. 11, 1—17. 13, 7—9. Allerdings erfolgt jener 9, 1—8 vorausgesehene Sturm von Nordosten her 11, 1 ff. In seinem Gefolge scheint es, werde Juda die 10, 3. 4 ver- heifsene Neuordnung aller seiner Verhältnisse erhalten

|

Das Verhältnifs Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. 96

11, 4—8. Aber diese Hoffnung triigt. Das Volk weist die ihm von Gott gebotene Hand zurück, mag nicht die ihm von Gott gegebenen Autoritäten, zieht die alten vor, welche es verkaufen und sich an ihm bereichern. Ob hier- mit die 12, 10 den leitenden Kreisen zur Last gelegte That, nach Deuterozacharjas Meinung wohl ein Justizmord, in Verbindung su bringen ist, wird sich bei unserer durch- aus ktimmerlichen Kenntnifs von jenen Zeiten niemals er- mitteln lassen. Mir ist es wahrscheinlich, wie ich mir es auch hieraus erkläre, dals der 9, 9 verheifsene persön- liche Messias in der Schilderung der messianischen Zeit c. 12 und c. 14 gänzlich fehlt '). So unterbleibt denn die 10, 6 ff. verheifsene Heimführung Ephraims 11, 14. Assurs und Aegyptens Hochmuth wird nicht gebrochen, wie 10, 12 in Aussicht gestellt hatte, und nicht besiegt unter Gottes Führung das geeinte Bundesvolk die Griechensöhne, ge- schweige dafs aus diesem Kampfe der siegreiche Messias- könig heim zöge. Vielmehr vermittelt sich der Anbruch der messianischen Zeit ganz anders. Durch das tiefste Elend, durch noch gröfsere Erniedrigung mufs Juda zu ihr hin- durch. Die schlechten Oberen quälen und mifsbrauchen das Volk, bis Gott sie durch ein Strafgericht hinwegrafft, in welchem zwei Drittel des Volkes umkommen. Das letzte Drittel mufs durch ein neues grofses Gericht hindurch ; was in diesem übrig bleibt, wird Gottes Volk 11, 15—17. 13, 79.

Als dieses letzte Strafgericht von 13, 7—9 ist der Zug der Völker gegen Jerusalem anzusehen, welcher c. 12, 1—14. 13, 1—6 und c. 14 geweissagt wird. Mit knapper Noth entrinnt die heilige Stadt dem Untergange. Nur dadurch wird sie gerettet, dafs Gott für-sie zum Streite wider die Heiden erscheint, und die von den Jerusalemern so

‘) Freilich schliefsen sich die Betonung des Königthums Jahve

und die Erwartung eines messianischen Königs nicht aus, wie Psalt. Salom. 17, 1. 5 zeigt.

96 Stade, Deuterosacharja.

verachteten Judier sich, ermuthigt durch Gottes Einschreiten, wider die Heiden erheben, welchen sie Heeresdienst wider Jerusalem haben leisten müssen.

Aus dem über c. 12, 1—14. 13, 1-6 und c. 14 Ge | sagten ergibt sich zugleich, dafs diese beiden Weissagungen '

in ähnlicher Weise sich zu einander verhalten, wie c.9. 10

und .c. 11, 1—17. 13, 7—9. In der ersten ist das Bild von * der Zukunft mehr mit hellen, in der zweiten mehr mit

dunklen Farben gemalt. Diese symmetrische Disposition des Abschnittes Za. 9-14 ist einer der besten Beweise für seine Herkunft von einem Verf. Aber auch wenn die erstere nicht vorhanden wäre, würde bei dem Ergebnils

dieser unserer Untersuchung das Nebeneinanderbestehen -

optimistischer und pessimistischer Zukunftserw weit davon entfernt sein, einen Gegengrund zu bilden. Deu- terozacharja fand eben beides in der älteren Weissagung vor.

Freilich werden wir bei dergrofsen Verbreitung, welche die Meinung gefunden hat, dals der Abschnitt Za. 9—14 von zwei Verfassern herrühre, auf den Ungrund derselben nochmals ex professo zurückzukommen gut thun. ‚Aber es wird bei dieser Sachlage in aller Kürze geschehen können.

Ferner aber hat die bisherige Untersuchung uns bereits den vollgültigen Beweis geliefert, dafs wir in Za. c. 9—14 ein nachexilisches Product, ein Buch jünger als Joel vor uns haben. Wenn wir in einer weiteren Untersuchung alle diejenigen Momente zusammenfassen, welche sowohl aus der innerjüdischen als der äufseren Geschichte für die nach- exilische Abfassung geltend gemacht werdenkönnen, so ver- anlafst uns dazu weniger das Bedürfnifs, für unser bisheriges Resultat weitere Bestätigung zu finden, es wird dieselbe, deren es gar nicht mehr bedarf, freilich im reichsten Malse erhalten als vielmehr die Erwartung, es möchte ge lingen, die Abfassungszeit noch genauer zu bestimmen, als es bisher geschehen konnte.

(Fortsetsung folgt im nächsten Heft.)

Zur Textkritik des Buches Josua und des Buches der Richter

von Joh. Hollenberg, Gymnasial-Oberlehrer in Mors.

Im Folgenden möchte ich die Aufmerksamkeit auf einige theils wichtige, theils unwichtige Lesarten der LXX im B. Josua und im B. d. Richter lenken, welche mir bei Stadien zur Gruppirung der Handschriften des Holmes- Parsons’schen Apparates aufgestolsen sind.

1. Jos. V, 11 fehlt in dem Bericht über das von den Israeliten zu Gilgal gefeierte Passah in der LXX nınoo nmioorn, ebenso in V. 12 .nımon. Zugesetzt finden wir es in beiden Versen in Syrohex. mit Asteriskus, am Rande einmal in VII 85, als Lesart der Aoırol gibt es beide mal X. Vollständig in den Text aufgenommen hat es in V.11 die Handschriftenklasse 44 74 76 84 106 134; ferner 19 108 Compl. In V. 12 haben es an derselben Stelle wie im Hebr. (hinter ro parva) nur 19 108 Compl., an anderer Stelle (zwischen nuepg und égé¢dexe) die Handschr. 64 75, welche zwar eigenartig sind, aber in nächster Verwandt- schaft mit 44 76 u.s. w. stehen. Dieser Sachverhalt macht es unzweifelhaft, dafs die Worte in beiden Versen in der LXX ursprünglich fehlten; denn die sie enthaltenden HH. sind diejenigen, welche im B. Jos. fast überall die Lücken nach den übrigen Uebersetzungen ausfüllen. Dafs der Uebersetzer etwa an dem Ausdruck wegen seiner Nicht- übereinstimmung mit navn money Lev. 23, 11 Anstofs genommen, ist schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil man beide Ausdrücke ohne genauere kritische Analyse

leicht identificiren konnte. Also standen beide Worte nicht Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 7

98 Hollenberg, sur Textkritik

in der hebräischen Vorlage des Uebersetsers. Schon Hupfeld ') hat nachgewiesen, dafs die im mas. T. voll- zogene Gleichstellung von fawn nwmp mit moon MIrmD falsch sei und gegen den Sinn von Lev. 23 verstofse; auch Wellhausen *) hält sie für eine spätere Ausdeu- tung. Aus der LXX aber sehen wir, dafs diese auf Grund von Lev. 23, 11 ff. gemachte falsche Ausdeutung eine ziemlich späte ist und dafs es fernerhin an jeder Berech- tigung fehlt, unsere Worte zur Erklärung von Lev. 23

heranzuziehen.

2. Jos. IX, 27 owanım) OVY Son mn OYS yey? on mm ownsy mm naw) mp5. Hier will „bis auf diesen Tag* nicht recht zum Vorhergehenden passen. Die LXX macht hinter my maw einen Punkt und fährt dann fort: dıa tovro Lyevorro of xaroıxoüvres FaBawy §&vdoxoxot xad edpopegor tot Pvoraornolov (andere HH. tq Oveie- ornelo) tov Seov *), dann folgt erst das masor. fm¢ ric onueoov nuéoac. Es läfst sich nicht leugnen, dafs letzteres so besser mit dem Vorhergehenden zusammenstimmt. Also ist vor MM OVNI einzuschieben wor Nya) ‘sw WM mm mand Dosen OY. Der Grund der Weglassung ist das Ueberspringen des Abschreibers vom ersten sum zweiten mm maw. Interessant ist dabei, dafs in dem Mehr der LXX sich may) nicht wiederholt findet, nur 54 74 76 84 106 134 haben auch hier xzaoy ty Owwayoryü. Getilgt ist das Mehr der LXX in einer Anzahl von HH; von den sonst mit Vatic. übereinstimmenden fehlt es nur

!) Commentatio, qua festorum memoriae apud rer. hebr. scriptores etc. (appendix comment. de prim. ac vera fest. ap. Hebr. rat.) Hal. 1865 p- 1—8.

*) Jahrb. f. d. Th. XXII 482.

®) Dieses Mehr der LXX habe ich leider in meiner „Charakteristik der alex. Ueb. des B. Jos. Moers 1876“ tibersehen, worauf mich Kuenen aufmerksam machte.

des Buches Josua und des Buches der Richter. 99

n 209 236 Cat. Nic., aufserdem in 19 108 Cpl., ferner in II 29 58 59 82. Syrohex. und 121 haben es sub obelo. Wenn diese Lesart der LXX richtig ist, wird es tibrigens noch wahrscheinlicher, dafs die Worte mim OYAy ursprüng- lich den Vers geschlossen haben.

3. Jos. XV, 60. Es ist fast allgemein anerkannt, dafs swischen 59 und 60 sich in der LXX ein ursprünglicher Bestandtheil des hebr. T., eine Gruppe von 11 Städten er- halten hat’). Man pflegt in den Comment. die Formen der Ed. Rom., des Cod. Alex. (III bei Holmes) und des Hieronymus nebeneinander zu stellen, um aus ihnen die hebr. Formen zu gewinnen. Wir haben aber noch eine dritte Gestalt dieser Namen in den HH. 44 74 76 84 106 1%; 54 75, mit welchen Syrohex. sum Theil übereinstimmt. Für das Sayme des Vatic. bieten sie Soywe, für Aurav Arc mit den meisten HH., für Koviov, wofür auch Kovdoz und Koviou vorkommt, Koday. Für Tarau (Ta- yaa?), wofür auch Tara, Tarausı, Tausı, Taye, finden wr hier Tavay, für Emßrs (das falsche Owfnc der Ed. Rom. ist völlig zu beseitigen), was jedenfalls in Vat. und 55 (woßns) nur Schreibfehler für das Zwerg fast aller andern HH. ist, bieten sie I'wens; für Taieu (Tarsıu, Talleıu, Tedd) Taiciu und T'alasıu, bei letzteren ist a nur ver- ksen fir 2. Für Ocn0, womit Vatic. ganz allein steht, säigen sie mit den meisten Bacio (einzelne andere Br797P), für Maworo (Mavayo) haben sie theils Mavay (44 54 75 106 Syroh.), theils Ma»vay (74 76 84 134). Wir werden

N), Neubauer, la géographie du Talmud 8. 128 Anm. sagt : Bi notre mémoire nous est fidéle, ces villes se trouvent énumérées dans un fragment biblique (msc.) de la bibliothöque impériale de St. Péters- bourg. Wenn ein hebr. Manuscript gemeint ist, so ist die Angabe nicht sehr wahrscheinlich, da die Städte schon zu Hieronymus Zeiten im Hebr. nicht mehr standen, aber die Sache wäre doch einer Nach- keschung werth.

78

100 Hollenberg, sur Textkritik

demnach zu den ganz unzweifelhaften Namen „Pr, mK ! = ond ns, 00°Y hinzufügen können 11), OND OD"), Os | wv. Da Eoßrns und I'weng sich leicht auf Zoprx zu rückführen lassen, so wird dies die Originalform sein. Am unklarsten bleiben auch ferner Taraus (Taway) und Mavoyo (Mavay), doch ist Tavay schon wegen seiner Aehnlichkeit mit Mavay keine sehr vertrauenerweckende Form ®). |

4. Jos. XIX, 30. Von den Grenzen Assers kann man sich bekanntlich nur eine höchst mangelhafte Vorstellung machen, da die meisten dort genannten Ortschaften trots der Identificationen der Commentare unbekannt sind. Ge wöhnlich wird ganz willkürlich angenommen, die zuletst genannten Städte Sm) pox Mwy seien außerhalb der vor- her bezeichneten Grenzen im äufsersten Norden zu suchen. Aber schwerlich reichte Asser so weit nach Norden, dafs z. B. Aphaca auf dem Libanon zu ihm gerechnet werden konnte. Nun lesen wir im Vatic. am Schluß von V. 29 und in V. 30 für ‘wn name San xaı aroieß (1. ax Disp) xat exyocop xat apxoß (Ed. Rom. Apxöß) xat apex xat pacer. Mit «pxoß, welches Myy entspricht, steht Vat. ganz allein; es ist wohl unter Einwirkung von &x060ß oder noch wahr- scheinlicher durch ein statt gaav an den Rand geschrie- benes gayoP verderbt. Die Hdschr. III XI; 15 18 64 128; 29 56 58 82 121 (Ald.); 19 108 und Syroh., welche meist die Namen nach dem hebr. Text corrigiren, lesen Auuc. Um so mehr ist zu beachten, dafs die sonst im wesentlichen den vatic. Text darstellenden HH. (16 52 53

‘) Für Kopeu findet sich keine Variante, nur 57 hat Kapaıy, ent- sprechend dem Caraem des Hieronymus. | ®) Bei de Lagarde, V.T. ab Orig. rec. fragm. apud Syros serv. qu, welches Werk mir leider erst bei der Correktur vorlag, lauten die syr.

Formen der 9 letzten Städte : Orwp D’ND SONO ap DON WH “pro Yarn D-

des Buches Josua und des Buches der Richter. 101

57 77 85 131 144 236 237 Cat. Nic.) sämmtlich Axxo lesen und dafs die oben genannte Klasse 44 74 76 84 134 Axxme *), die verwandten 54 75 verderbt Axxaf haben. Also ist 799 ein alter Schreibfehler für jap. Dies wird freilich sonst i2y geschrieben, vielleicht verursachte die hier vorkommende Schreibung mit 7 die Entstehung der Ver- derbnifs in der Mas. Die Vermuthung, dafs irgend ein gelehrter Leser hier Axxo durch Conjectur eingeschoben, ist schon deshalb zurückzuweisen, weil solche Namen-Cor- recturen nur nach dem hebr. Text gemacht wurden. Das Einzige, was in den vorhergehenden Versen wirklich klar hervortritt, ist der Zug der Grenzlinie von Norden nach Süden (Sidon, Tyrus, Achsib), hieran schliefst sich also Akko aufs schönste an. 5 und » zeigt allerdings in den späteren Formen der aramäischen Schrift, welche unmittelbar der Quadratschrift vorangehen, keine besondere Aehn- lichkeit, um so mehr in den früheren Entwicklungsstadien. Auffallend ist, dafs in Jud. I, 31 die Städte "39 pox und xm ebenso bei 238 stehen, wenn man hier für barı mit LXX 35n liest ®).

5. Jud. I, 11 und 14 bestätigt die LXX die Richtig- keit der Lesarten der Parallelstellen im B. Josua XV, 15. 18 5ym für ym und mw für mais und zeigt, dals 7 durch den Einflufs von 95% in V. 10, non aus der Ver- doppelung des 7 von mm entstanden ist. Die Uebersetzung des B. d. Ri. ist im Unterschiede von der des B. Jos.

1) Auch Jud. I, 81 haben viele HH. für Axyw Axywoe (X XI 64 84 121 [Ald.] 106 184), wie öfter an auf w endigende Namen _ an- gehängt wird, cf. Egew Jud. I, 31 mit Egewe in vielen HH.

*) Schon Reland (Pal. ex mon. sacr. ill. 1714 Tom. II p. 584) bemerkt, wie ich nachträglich sehe, unter Acco : Inter urbes Ascheri- ticas Jos. 19, 25 etc. nulla fit mentio urbis hoc nomine : verum in Graeca versione video pro nomine urbis yy, quod commate 30 legitur post Ecdippam, scriptum 49768, et in aliis codicibus Axwu (bier war Reland mangelhaft unterrichtet), quae non multum abeunt ab 4xxw.

102 Hollenberg, sur Textkritik

streng wörtlich, so dafs man auch in Kleinigkeiten sichere Schlüsse auf ihr Original machen kann. Auch ist die Uebersetzung des Textes von der Uebersetzung im Jos. völlig verschieden und zeigt in keinem andern Punkte einen nachträglichen Einflufs der Parallelstellen, welcher su der Ansicht berechtigen könnte, dafs der Text der LXX hier nach Jos. XV geändert sei.

6. Jud. I, 16 haben am Schlufs des Verses alle HH., welche sonst den vaticanischen Text darstellen [16 52 u. a. w., auch 30 44 76 !)] hinter weta tot Acot noch Aualııe. Ob- gleich die Mas. hier den auffallenden Ausdruck hat : die Keniter ... . zogen hinauf mit den Söhnen Judas .... und wohnten bet (mit) dem Volke, wofür man „bei ihnen*® oder „bei den Söhnen Judas“ erwartet, wage ich doch nicht recht, diese Lesart von 16 52 ff. für ursprünglich zu halten. Man mülste dann annehmen, dals die LXX ursprünglich gelautet habe peta Auadnx = pyayne und tov Aaot Dublette sei.. Einen guten Sinn gäbe diese L. wohl, da ja in der That die Keniter ihre Sitze bei den Amalekitern hatten cf. I Sam. 15, 6. Danach könnte freilich die LXX auch corrigirt sein.

7. Jud. I, 36. Nachdem der Verf. von Jud. I darge- legt, dafs verschiedene Stämme nicht ihr ganzes Gebiet in Besitz nehmen konnten und speciell vom Stamme Dan er- wähnt hat, dafs die Amoriter ihn bedrängt hätten, dafs das Haus Josephs sie jedoch tributpflichtig gemacht habe, heifst es im letzten Verse :

: Moyo) ybono o'apy nbyon monn Dian Mit dieser Notiz haben die Ausleger nichts anfangen kinnen und zum Theil die abenteuerlichsten Erklärungen ersonnen *).

1) 4476 gehen im B. Jud. sum Theil mit dem Vat.

*) Nur Studer das B. d. Ri. 8. 58—57 hebt die Schwierigkeit der Stelle gebtihrend hervor und kommt su dem Resultat, dafs die

des Buches Josua und des Buches der Richter. 103

Dazu gehört auch die, dafs mbyp hier die Richtung nach Norden bezeichnen könne, während doch der Zusammen- hang mit völliger Klarheit nach Süden weist. Aber freilich wohnten nach V. 34 35 die Amoriter im Norden der an- gegebenen Punkte. Dies Dilemma löst auch der Vat. nicht. Seine Uebers. stimmt genau mit der Mas. : xal Td dgcov tov Auoppalov axd zig avaßaosıng Axpaßlv dxö tig xeroas xal éxavo. Dagegen bietet eine Anzahl von HH. bei Parsons folgende Lesart (kleinere orthographische Verschiedenheiten und Schreibfehler übergehe ich hierbei) : xal tO Sgeoyv tov Auoppalov 6 Idovualos éxavw Axpapplv axo (éxt) tig xerpas xal éxavo. Diese L. findet sich in 54 59 751); 19 108; III Syroh. (mit 6 ’Id. sub obelo) 56 (?). Ferner in 84 106 134, nur haben letztere die Du- blette éxavmw tig avaBacems, während doch éxavm schon open ausdrückt. Es läge hier nun ja die Vermuthung sehr nahe, dafs „der Edomiter* hier einem gelehrten Leser, der Petra als edomitische Stadt kannte, seinen Ursprung verdankte; diese Vermuthung würde jedoch nur aus einer oberflächlichen Betrachtung der Stelle hervorgehen und unzutreffend sein. Denn dafs wir in Cod. 54 u. s. w. die ursprüngliche LXX mälsige Lesart haben und nicht im Vat., zeigt schon allein das dxavo Axpaßplv für nbyon o'apy. Dies ist falsch und eben deshalb ursprünglich (cf. auch 8, 12; 4, 15). Wir sehen noch genau das all- mähliche Eindringen der Mas. in den LXX-Text. Die

unklare und sum Theil erwiesen unrichtige Notiz entstellt oder von unwissender Hand an den Rand geschrieben in den Text gerathen sei.

*) Man darf diese eigenthümliche Klasse, deren T. auch Theo- doret hatte, nicht deshalb ignoriren, weil bei Holmes ihr kein Uncial- codex angehört. Es ist das zufällig, wiedenn Tischendorf in Monum. sacra inedita Nova collectio Vol. I 1855 Fragmente eines Uncial- oodex veröffentlicht hat, welcher dieser Klasse angehört. Fritzsche nennt ihn in seinem Lib. Jud. (1867) Nr. 7, de Lagarde K.

104 Hollenberg, sur Textkritik

HH. 84 106 134 enthalten schon die Dublette éxavm tic avaBacews, haben aber dabei 6 Tovyatog erhalten; X XI; 15 18 64 128; 29 71 82 121 (Ald.) haben die Dublette ohne 6 Id. und endlich hat der Vat. und seine Verwandten genau unsern hebr. Text *). Wir haben also, um den rich- tigen Text zu gewinnen, hinter “nxn nach der LXX rn einzuschieben und zu übersetzen : „und die Grenze der Amoriter bilden die Edomiter vom Aufstieg der Skor- pione, von Petra an und weiter nach Büden.* Möglich wäre es auch, dals 'oxr erst an Stelle des ursprünglichen warn in deft Text eingedrungen wäre (in Folge der Er- wähnung der Amoriter in V. 34 35); dann schlösse das Kapitel mit der Bemerkung : das Gebiet der Edomiter aber erstreckt sich u. 8. w.

8. Jud. X, 1 heifet ee : ywind spose nme Oph : wer ere NT mor win Sewer. Die LXX falst yw" als xargadéAgpov avrot, während es jetzt üblich ist, das Wort als einen Eigennamen zu fassen, der ja aller- dings auch sonst vorkommt. Die HH. 44 76 84 106 134;

1) Das Verhältnifs der HH. im B. d. Ri. ist überhaupt ein sehr eigenthümliches und vom B. Jos. verschiedenes. Während der Vat. dort vom Einflufs der Mas. verhältnifsmäßsig wenig berührt ist, liegt die Sache im B. d. Ri. nicht selten so, dafs andere Klassen von HH. das urspr. LXX mäfsige und zugleich Falsche erhalten haben. So haben Jud. I, 22 nur 54 59 75 84 184 (mrg. 85); 19 108; IH 58 Euseb , die gewils falsche, aber nur aus einem schlechten hebr. T. er- klärliche Lesart Jovdac (449M) für My) erhalten; ebenso in Jud. II, 81 nur die HH. 44 54 75 84 106 184; X 15 64; 29 58; 19, 108 mit halber Dublette, III 56 63 mit vollständiger Dublette das urspr- &xröc udozor für P37 sp5y erhalten; cf. auch Jud. XVII, 8 für 1335 zaru fLovag = 9995 und so an vielen anderen Stellen. Trotzdem stimme ich nicht dem Urtheil Grabe's in der epistola ad Millium zu, sondern halte den Vat. iın allgemeinen für urspriinglicher, die andern für gräcisirt. Doch muls ich mir den Beweis für einen andérn Ort vorbehalten, da diese Frage einen ziemlich grofsen Apparat erfordert. cf. Field, Hexaplorum quae supersunt I pg. 899.

des Buches Josua und des Buches der Richter. 105

54 59 75 haben vor zarpad. einen dem mas. T. fremden Eigennamen Kagye oder Kapıs (am Rande von X ver- schrieben Kagxe) = mi (cf. 2 Kin. 25, 23; Jer. 40, 8, wo auch in 2 HH. Kaoxe verschrieben ist). Wo sollte dieser Name herkommen, wenn er nicht in der hebr. Vor- lage der LXX gestanden hätte? Es wäre also dann zu übersetzen „und es stand auf (nach andern Op" nämlich Jahve) nach Abimelech Israel zu erretten Thola, der Sohn Puahs, des Sohnes Kareachs, seines Oheims (nämlich Abi- melechs), ein Issascharit. Freilich war Abimelech aus dem Stamme Manasse, eine Schwierigkeit, die wohl in 54 59 75 84 106 134 den Ausfall des avy Icoayap verursacht hat. Aber man ist ja nicht genöthigt, 17 streng als Vaterbruder zu fassen; es läfst sich annehmen, dafs Kareach der Halb- bruder Gideons, oder der Bruder seiner Frau, oder der Mann seiner Schwester gewesen ist.

Nachricht von einer unbekannten Handschrift des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi

von Friedrich Baethgen in Kiel.

Der Text des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi ist in Handschriften und Ausgaben von zwei entgegen- gesetzten Seiten her corrumpirt worden : durch Eindringen von Lesarten aus der Vulgata und durch Correctur nach dem masoretischen Text. Die erste von diesen beiden Corruptionsquellen ist deutlich erkennbar in den von de La- garde !) mit W und Z bezeichneten Handschriften, aber

*) Psalterium iuxta Hebrasos Hieronymi e recognitione Pauli de Lagarde. Lipsiae 1874.

106 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift

auch in R, einer Handschrift, welche dem Amiatinus (U) äulserst nahe verwandt ist; die beliebte unbedingte Bevor- zugung von U ist somit keineswegs begründet. Unter den Ausgaben zeigt besonders die um 1473 von Günther Zainer veranstaltete (vy) den Einflufs der Vulgata, wie denn über- haupt der Text dieser Ausgabe mit dem von WZ nahe verwandt ist (Lagarde p. IV. V.). Als Beispiele solcher Correcturen mögen folgende Stellen dienen.

1, 4 Ende y + a facie terre. 8, 1 y in fine RUWZ in finem für victori, und ähnlich die entsprechenden Stellen. 8, 8 yWZ pecora campi für animalia agri. 26, 4 WZ iniqua gerentibus für superbis. 30, 10 xWZ descendo für descendero. 38, 8 WZ anima mea impleta est für lumbi mei impleti sunt (nach Pealterium Romanum). 119, 22 RUWZ exquisivi für custodivi. v. 48 RUWZ levavi für levabo u. v. a. Insbesondere sid die Ueber- schriften der einzelnen Psalmen bei RU durchgehends nach der Vulgata umgeändert.

Eine von entgegengesetzter Seite ausgehende Cor- ruption des Hieronymianischen Textes hat de Lagarde in den von ihm mit S bezeichneten Scholien nachgewiesen. Solche von einem des Hebräischen Kundigen herrührende Randbemerkungen sind bereits bei RUWZ theilweise in den Text selbst eingedrungen. Im besonderen aber finden sich Correcturen nach dem masoretischen Text in den Ausgaben gguf8') und unter diesen wieder in hervor- ragender Weise bei wf. Vgl. 2, 6 Bu&p montem sanctum meum gegen yABCDGRUW (suum). 8, 3 Bugp adver- sarios tuos gegen y GRUWZ (meos). 9, 9 lassen Busp terrae hinter orbem aus. 50, 23 Busp qui ordinat viaın gegen BGRUW (qui ordinate ambulat). Die letetere Ueber- seteung geht auf Symmachus zurück und ist dadurch als

1) Die Bedeutung der Siglen bei de Lagarde.

des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 4107

urepringlich gesichert. Dasselbe gilt von 20, 6, wo Bu de- ducemus lesen für ducemus (al. docemus) choros bet y& BDGRUWZ at. (Symmachus : taypata taypara dtaote- Lotuew nach Fields Conjectur).

Die Qdellen, auf welche Sys sich stützten, stehen mir nicht zu Gebote, so dafs ich den stricten Beweis für die Behauptung, dafs die Herausgeber ihren Text nach dem Hebräer zugestutzt haben, nicht führen kann; wohl aber läfst sich diese Behauptung bis zur höchsten Wahr- scheinlichkeit erheben.

Was zunächst von der Sorgfalt des Erasmus (9) bei Texteseditionen zu halten sei, ist bekannt genug. Eine Anzahl beliebig herausgegriffener singulärer Lesarten bei g zeigen auch hier die Willkür des Herausgebers deutlich genug. Prooem. p. 2. 1. 20 sephar tallim 9 ON "00 mit hebräischen Buchstaben ; 5 begnügte sich doch mit sepher thehilim. 12, 6 a gemitu. 14, 1 abominabiles facti sunt okne et. 26,7 ut audiam (nach der Conjectur yo) vocem laudis für ut clara voce praedicem laudem. 31, 18 quoniam für quia. vgl. 5, 1. 6, 1. 23, 1. 24, 1. al. 958 psalmus für canticum. Hieraus ergibt sich, dafs g und der ihm verwandte & besonders wo sie allein stehen von keinem oder sehr geringem Werth für die Kritik sind. Anders scheint es mit fu zu stehen, über deren Zusammengehirig- keit zu vergleichen Lagarde p.V. 2,6 ist orditus sum Au UZ? ohne Zweifel die ursprüngliche Lesart (nach Aqutla bduacayıp vgl. das Scholion bei Field). Ebenso 8,1 canti- cum BuG gegen psalmus ySpRSUWZ. Allein in den meisten Fällen, wo fu allein stehen, beruht ihre Lesart dennoch auf Correctur nach dem masoretischen Text. Es ergibt sich dies aus Folgendem. Hieronymus stellt in der Epist. 135 ad Sunn. et Fret. (angeführt bei de Wette- Schrader Einleitung) folgenden Grundsatz auf. Non debemus sic verbum de verbo exprimere ut dum syllabas sequimur perdamus intellegentiam. Es bezieht sich dies offenbar

108 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift

darauf, dafs er die im Hebräischen nicht ausgedrtickte Copula in seiner Uebersetzung durch Formen von esse wiedergibt ; dafs er aus dem Zusammenhang Pronomina ergänzt; dafs er bei Asyndetis die Conjunction hinzufügt, Vergleiche durch eingeschobenes quasi mildert u. dgl Alles dies fehlt bei Au vgl. z. B. im Apparat bei de La- garde 26, 10. 27, 9. 31, 4. 5. 36, 9. 38, 12. 39, 13 al. 18, 29 haben fu sprachwidrig tenebram meam gegen tene- bras meas der Uebrigen, um den Singular Sn auszu- drücken u. dgl. Sind also Bu nach dem Hebräer cor- rigirt, so ist natürlich dadurch nicht ausgeschlossen, dafs auch bei ihnen vereinzelt eine Lesart der Vulgata den ur- sprünglichen Text verdrängt hat, so 11, 1 sicut passer für ut avis. 51, 14 salutaris tui für Jesu tui.

Bei dieser Lage der Dinge scheint bei der Herstellung des Hieronymianischen Textes der Fall in die Scylla der Vulgata fast unvermeidlich zu sein, wenn man die Charybdis des „sciolus iudaicus® -vermeiden will. Glücklicher Weise ist jedoch ein Codex von de Lagarde ans Licht gezogen, der von beiden Arten absichtlicher Corruption frei ge- blieben ist; es ist dies der um 872 geschriebene von de Lagarde mit G bezeichnete Codex sancti Galli 19. de La- garde hat dieser Handschrift und der mit ihr nahe ver- wandten Ausgabe von 1496 (xy) daher die erste Stelle bei seiner Recognition eingeräumt, und an einer ganzen Reihe von Stellen stützt G oder xG allein die hergestellte Textes- gestaltung. Eine Handschrift, welche nun ihrerseits die Spuren naher Verwandtschaft mit G an sich trägt, darf aus den oben angeführten Gründen Anspruch auf Interesse erheben. Es ist dies die wie es scheint de Lagarde unbe- kannt gebliebene Handschrift der Hamburger Stadtbiblio- thek Nr. 92 mit der Verweisung Cod. man. theol. Vol. I. pag. 121).

1) In der handschriftlichen Beschreibung des Manuscriptes, die sich auf der Bibliothek befindet und mir vorlag, ist nicht angegeben,

des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 109

Höhe 21 Cm. Breite 17 Cm. 1219 beschriebene Seiten (sic) und 25 unbeschriebene (später angebundene). Enthält das alte und neue Testament nebst den Apocryphen und dem alphabetisch geordneten Onomasticon. Geschrieben von Einer Hand auf Pergament in Minusceln des 13. Jahr- hunderte. Dafs die Vorlage des Schreibers ziemlich viel älter war, scheint sich daraus zu ergeben, dafs die Um- schrift der griechischen Worte in dem dem Psalter voraus- geschickten Prooemium auf griechische Unzialschrift zu- | rückgeht. Vgl tenoito tenoito (= IS'ENOITO TENOITO). nenictiomencoc (= TEHICT2MENQC) antigiaonicon toic alacypoycin (=ANTIBIAONIKON TOIC AIACYPOYCIN).

Das Psalterium steht auf Seite 490--548 der Hand- schrift. Anfang : Prologus ieron[imi] super psalt. quod ipse transtulit ex hebreo.

Ich führe nun zunächst eine Anzahl von Stellen an, in welchen de Lagarde’s Recognition sich allein auf G oder | auf G und Einen andern Zeugen stützt, der dann in Klam- ' mern angegeben ist, und an denen der Hamburger Psalter, den ich mit I’ bezeichne, ebenso liest. 1, 3 arbor trans- plantata ... que (D). 4,2 invocantem (exaudi me). 6, 7 lectulum (x). 7, 9 iudicat (zy). 8, 9 vias aquarum (D). 9, 6 increpuisti (y). 9, 17 sonitu sempiterno (y). 11, 6 ; plait (x). 12, 2 salva me (D). 13, 6 quia. 14, 5 ibi timebunt formidinem (D). 17, 12 quasi leonis. 18, 25 restituet (ohne et). 21, 4 prevenies. 22, 12 recedas. 27,2 cam. 27,6 exaltabit (x). 30, 11 adiutor meus (y). 31, 14 cogitarent (xy). 31, 20 quia (D). 32,8 doceam (D). 33, 4 " quia (8). 35,2 michi (x). 35, 23 dominus. 41, 2 salvabit (y). _ 42,7 memet. 42,16 tuum domine (D). 44, 24 proiecisti (x). 45, 11 domum (x). 50, 20 adversum, zwei Mal. 59, 1 occideret eum (xy). 60, 2 III. 63, 2 conficiente. 68, 2

dafs das Psalterium das von Hieronymus aus dem Hebräischen über- setzte ist.

110 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift

dispergantur (x). 74, 6 scalpturas (y). 87, 4 sciente me (B). 97, 5 orbis terrae. 102, 8 quasi. 104, 18 ericiis

Noch deutlicher tritt aber die Verwandtschaft von G und J’ an den Stellen hervor, an welchen eine singulän Lesart von G bei de Lagarde nicht aufgenommen ist, be sonders da, wo sie auf einem offenbaren Fehler beruht, und wo I’ dann wieder ebenso liest. Ich führe folgende Stellen an.

9,27 ageneratione. 12, 9 filii. 16,4 libabo. G mer alii non litabo. I’ tm Context : sequentium. al. non litabo, non libabo. 16, 8 domino. 18, 37 dilatabis + me. 26, % hierusalem (für Israhel). 28,1 fehlt das zweite te. 30,15 fehlt me. 31, 12 quia (für qui). 31, 20 fehlt es. 32, § chamo. 32,10 fehlt autem. 33, 2 decacordo. 33, 6 fehl eius. 38, 15 corde (für ore; auchD). 44, 6 ante (für in te). 44, 23 tota die zum Folgenden gezogen. 45,9 smyrra 45, 10 fehlt tua. 48, 3 montis. 48, 14 separata. 49, 8 redimetur (für redimet vir). 49, 21 comparabit se. 50,7 fekls Israhel, 50, 16 fehlt ut. 51, 20 in bona voluntat tua. 53, 5! fehlt non. 64, 3 fehlt tua. 65, 12 robo rabuntur. 66, 7 in. semet ipso. 68, 5 et cantate (G), 69, 5 rapuebar. 69, 8 quapropter (ohne te). 71,6 Anfang fehlt a. 73, 8 calumniam calumniam. 74, 17 fehlt ter minos. 76, 11 meror. idid. reliquus. 81, 4 plangite: 89,11 in brachio fortitudo. 89, 51 fehlt tuorum. 103, 4 viam, 104, 10 inter medios fontes. 106, 1 fehlt alleluia. 108, 9 rex. 108, 11 et (G'). 136, 25 pacem. 138, 14 et tame 141, 7 more (für in ore). 143, 6 animam meam. 145, 12 adam (G?).

Einige dieser Lesarten sind so eigenthümliche Fehler (vgl. 16, 4. 44, 6. 45, 9. 49, 8. 65, 12. 69, 5. 71, 6. 73, 8& 81, 4. 89, 11. 103, 4. 136, 25. 141, 7), dafs man auf die Vermuthung kommt, I’ sei eine directe Abschrift von G. Diese Annahme wird nun aber doch dadurch unmöglich gemacht, dafs sich bei I’ nicht allein singuläre Lesarten

des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 111

fnden, sondern dafs I’ doch auch hin und wieder mit anderen Zeugen gegen G stimmt. Die folgenden Stellen sind willkürlich herausgegriffen und machen natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Singuläre Lesarten. 2,6 ad regem meum. 2,12 dum für cum. 5,11 cogitationibus für consiliis. «did. et expelle eos. 9, 3 nomini domini altissimi. 9, 5 iusticie mee. 9, 15 landationes. 9, 16 comprehensus für captus. 22, 8 sub- sannaverunt. 20, 17—19 fehlen die Worte multiplicatae sunt dis quia v..19. (Der Schreiber irrte von multiplicatae sant v. 17 auf multiplicati sunt v. 19 ad). 27, 4 hance. 31, 8 tribulationes in dorso anime mee. 38, 4 fehlt meis. 39, 7—12 fehlt. 42, 15 ipsa educet me. 46, 10 concadet. 50, 6 et adnuntiabit (ohne caeli wie G). 58, 3 fehlt in corde. 74, 6 tunc. sd. dolatores. 138, 5 ut cantent.

Wichtiger sind solche Stellen, an denen J’ mit anderen Zeugen gegen G stimmt. 8, 6 minuisti wie x. 22, 30 pingues mit BuspyRWZ gegen xG principes. 25, 20 qm = quoniam mis ByugWZ gegen EG quia. 31, 3 fehlt ad me mit RW. 38, 14 non aperiens os suum mit @ gegen SABCDGRWZ. 45, 14 fascis mit go (G von jüngerer Hand). 50,5 meum mit BuspRW gegen G mecum. 50,15 Ende am Rande -+- semper mit RW*. 561, 6 coram mit BuspRW gegen G contra. 62, 1 eruditio mit Buép gegen GW erudito. 54, 3 salvum me fac mi y statt salva me. 65, 20 humiliabit gegen G humiliavit. 68, 15 dum mit „quatuor codices Gallorum* für cum. 73, 20 sompnium gegen G somnum. 106, 31 scinifes gegen G scynifes. 108, 9 Galaad mit Bugs—@RWZ gegen G Galaath.

Allerdings sind diese Abweichungen bei weitem nicht so zahlreich und significant wie die Uebereinstimmungen mit G; dennoch verbieten sie die Annahme I sei ein di- recter Abkömmling von G. Wie sich das Verhältnifs zwischen beiden genauer gestaltet, vermag ich zur Zeit nicht anzugeben, da ich die Handschrift nur wenige Tage

112 Lea und Rahel.

in dem wenige Stunden geöffneten Lesezimmer der Ham- burger Bibliothek benutzen konnte. Wenn J” etwa auf eine Schwesterhandschrift von G zurückgehen sollte, se würde der Werth natürlich höher anzuschlagen sein als bei directer Descendenz.

Zum Schlufs gebe ich für die ersten acht Psalmen die Abweichungen zwischen "und de Lagarde’s Recognition. Die verhältnifsmäfsig geringe Zahl derselben bestätigt in überraschender Weise den Werth dieser einzigen wissen- schaftlichen Ausgabe des psalterium iuxta Hebraeos. Blofse orthographische Abweichungen sind aufser Acht gelassen.

2, 6 ad regem meum. 2, 12 dum. 3,2 quid multipl 3, 3 Ende ist semper vom Mintator ausgelassen, aber die Lücke ist vorhanden; ebenso 4, 3. 3, 6 et vigilavi. 3, 9 et super. 4, 5 tacete ohne et. 5, 6 qui operantur. 5,8 in domum tuam. 5, 11 cogitationibus für consiliis. «did. et expelle eos. 6, 11 fehlt mei. 17, 3 eripiat für erust, 7, 17 caput suum... verticem ipsius . . . iniquitas eiw, 8, 6 minuisti.

Lea und Rahel.

Seitdem H. Ewald die Gestalten der Vitersage, zwar noch vielfach tastend und mit nicht immer gleichmäfsiger Methode aber in allem wesentlichen mit richtigem Blicke, auf alte stammgeschichtliche Verhältnisse zu deuten ver- sucht hat, bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn, dafs wir in den Jacobssöhnen nicht historische Personen, sondern Heroos eponymi der einzelnen Stämme zu finden haben. Man gewöhnt sich allmählig an die Einsicht, dalı die Zwölfzahl derselben etwas durchaus künstliches ist

' Lea und Rabel. 113

= wad sucht in der Gruppirung der einzelnen Jacobskinder QO . Aufschlüsse über eine jenseits der geschichtlichen Erinne- = rung liegende Entwicklung des Volkes. Was von physi- =: -mythologischen oder etymologisch-mythologischen . Erklärungen dem entgegengesetzt worden ist, hat bislang = zieht den Beifall der Fachgenossen gefunden. Das ziemlich == allgemeine Urtheil derselben scheint dagegen entschieden = m haben. -- ind nun die Jacobskinder aus den zu einer bestimmten =. Zeit vorhandenen Stämmen abgeleitet, erklärt sich, dafs m=. gerade sie und nicht andere Stämme, Clans u. s. w. als Jsoobskinder erscheinen aus bestimmten geschichtlichen -* Verhältnissen und aus eben diesen ihre Reihenfolge und + Btellang in der Familie, so drängt sich die Frage auf, was aber bedeuten die beiden Mütter, auf welche im letzten -- Grande alle Jacobskinder zurückgeführt werden? Diels = um so mehr als auf flacher Hand liegt, welche geschicht- - lichen Verhältnisse durch die Zutheilung der einzelnen Stämme zu Lea oder Rahel bzw. zu deren Mägden zum Ausdrucke gelangen. Ewald!) meinte, man habe unter Lea den älteren von Abraham und Isaak her in Kanaan schon sefshaften Bestandtheil, unter Rahel den mit dem Zuge Jacob’s nach Kanaan gekommenen Theil des he- bräischen Volkes zu begreifen. Es ist dies nicht ganz richtig. Zwar trifft zu, dafs die Sage damit zwei Schichten israelitischer Stämme unterscheidet. Aber in der Zuthei- lang zu Lea oder Rahel wird lediglich zum Ausdrucke kommen, ob der betreffende Theil früher oder später in das Westjordanland gekommen ist. Die Stellung Judas einerseits, die der Josephkinder andererseits lehrt dies un- wiederleglich. Dieselbelehrt bekanntlich noch etwas anderes, nämlich dafs die Sage von den Jacobskindern erst nach

t) Geschichte des V. I. I®. 8. 584. Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 8

114 Lea und Rahel.

Theilung des Reiches die Gestalt erhalten haben kann, in

welcher sie uns vorliegt.

Der Umstand nun, dafs unter den Stämmen Israels zwei gar nicht Söhne, sondern Enkel Jacobs sind, zum Zeichen, dafs sie erst zu geschlossenen Hauptstämmen geworden sind, als die anderen es längst schon waren, er- laubt auch andere Glieder der Familie als die Söhne Jacobs auf hebräische Stämme zu deuten. Und dies wird mit Lea und Rahel geschehen miissen.

Wir halten uns so nicht nur innerhalb des genea- logischen Sprachgebrauches, in welchem eine Heirath die Verschmelzung zweierStämme bedeutet, sondern gewinnen auch einen von unserem sonstigen Wissen über jene dunklen Zeiten vollständig bestätigten Einblick in die alten Stammes- verhältnisse wie in deren Darstellung durch die Sage.

Als Frau erscheint in der genealogischen Darstellungs- weise der schwächere, in einen stärkeren Stamm aufgehende Bestandtheil; als stärkerer Stamm also in unserem Falle Jacob, nach welchem ja eben deshalb das ganze Volk be- nannt wird. Istder schwächere Bestandtheil ein immerhin berühmter und ansehnlicher Stamm, so erscheint er als Eheweib, andernfalls als Kebse.

Wie Jokt&n, Jetür, Jidl&ph, Joseph, J&ktn Gen. 46, 16, Je’a% 36, 18, JiXbak 25, 2, Jephunne u. 8. w., so werden wir auch Jacob als Stammnamen be- trachten dürfen. In historischer Zeit war er als solcher bereits verschollen.

Benjamin, früher ein Unterstamm des Hauses Joseph, welcher erst im Westjordanlande auf einer Neurodung an der Südostgrenze des josephidischen Gebietes zu einem selbständigen Stamme erwuchs, erscheint als jüngster Sohn Jacob’s, jüngster Bruder Joseph’s, erst im Lande der Ver- heifsung geboren Ephraim und Manasse, welche sich

Les und Rahel. 116

noch später sonderten !), gar als Joseph's Söhne. Umgekehrt sind diejenigen Stämme, welche in historischer Zeit bereits verschollen oder nur noch in Trümmern vorhanden waren, Ruben, Simeon, Levi, die ältesten der Jacobskinder. Die Mütter aller werden daher als in vorhistorischer Zeit ein- mal vorhanden ‚gewesene Unterstämme des Hauses Jacob zu gelten haben, und zwar genauer als solche, welche bereits vor Ruben, Simeon, verschollen waren, sich aufge- löst hatten oder sonst wie zu Grunde gegangen waren. Die Namen stimmen hierzu auf’s beste. mb ist die Wildkuh *), 5rm das Schaf, sie gehören wie nyow (pam)

za jenen Stammnamen, welche von Thieren entlehnt sind, von welchen A. Dillmann in seinem Commentare zur Genesis unter den Horiterstämmen von Gen. 36 eine ganze | Anzahl nachgewiesen hat und deren Verbreitung W. Ro- bertson Smith in seiner scharfsinnigen und interessanten Abhandlung Animal worship and animal tribes among the Arabs and tn the Old Testament *) weiter verfolgt hat. Es sind vorzugsweise Namen von Unterstämmen.

Aber noch nach einer anderen Seite hin fällt von hier aus Licht. Es ist in neuerer Zeit viel tiber die Entstehung des Namens n5 gestritten worden. Der Ableitung von Mb, nach welcher die Leviten die Clienten des Heiligthums waren, steht einmal das Zere der Form, dann der Umstand

1) Simei rechnet sich 2 Sa. 19, 21 noch zum AH) MD, zur Zeit Salomos bildet dasselbe noch einen Verwaltungsbesirk 1 Kö. 11, 28, aus welchem jedoch, wie tus dem wichtigen Document 1 Kd. 4, 7—19 su erschliefsen ist, Benjamin bereits ausgeschieden war.

2) G. Woetzstein, bei F. Delitzsch, d. Buch Hiob*. Lpag. 1876. 8 507 Anm.

s) Journal of Philology. Vol. IX, 8. 75 ff. Es sei erlaubt an diesem Orte auf diese die wichtige Frage nach den ältesten religiösen Vorstellungen der Semiten beleuchtende Abhandlung aufmerksam su machen.

8*

116 Lea und Rahel.

entgegen, dafs dieser Stamm nach Gen. 49, 5—7 in vor- historischer Zeit als weltlicher Stamm vorhanden gewesen ist. Letztere Stelle macht es unmöglich, ihm eine andere Herkunft als den übrigen Jacobskindern zuzuschreiben, oder den späteren geistlichen Stamm Levi, welcher ja frei- lich aus sehr verschiedenen Elementen zusammengewachsen ist, gänzlich aus freien Anfängen entstehen zu lassen. Die Reste des alten weltlichen boten ihm einen Krystallisations- punkt'). Die plausibelste Etymologie von ‘> hat nach meiner Ueberzeugung W ellhausen *) gegeben. Er meint, dafs 5 vielleicht nur einfach das Gentile seiner Mutter mud sei.

Weit entfernt, unserem obigen Resultat zu wider- sprechen, stimmt diese Auffassung vollständig zu dem- selben. Der Mosestamm mufs einstmals eine führende Rolle gespielt haben; auch sonst gelten die priesterlichen Geschlechter als die ältesten der Völker. Lea, das Weib Jacobs, wird als ein älterer Stamm zu gelten haben als seine Söhne Ruben und Simeon. Erscheint aber derselbe Stamm das einemal in der Form 5 als Weib Jacobs, das anderemal in der Form des Gentile "5 als einer seiner ältesten Söhne, so ergibt sich, dafs man an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten die Verhältnisse dieses Stammes verschieden aufgefafst, in verschiedener Weise in der Sprache der genealogischen Geschichtedarstellung zum Ausdrucke gebracht hat. Derjenige Sagenkreis, in welchem von Haus aus Lea Jacobs Weib war, kannte selbstver- ständlich nicht den dritten Jacobssohn Levi, der andere von Haus aus nicht Lea als Jacobs Weib. Durch spätere Combination entstand die jetzige Form der Genealogie. Selbstverständlich gelten mir nach dem Obigen auch Zilpa und Bilha, welche ich freilich nicht zu deuten weils, als Namen verschollener Stämme. B. 8.

1) s. Lit. Centralbl. 1879, 8. 828. *) Gesch. I, 8. 149.

117

Kritik der Berichte über die Eroberung

Palaestinas. (Num. 20, 14 bis Jud. 2, 5).

Von Dr. Eduard Meyer in Leipsig.

Die Aufgabe des folgenden Aufsatzes ist, die einzelnen Berichte über die Eroberung des trans- und cisjordanischen Palaestina, welche in den geschichtlichen Abschnitten von Num. 20, 14 bis Jud. 2, 5 mosaikartig durcheinander ge- worfen sind, von einander zu sondern und auf ihre histo- rische Glaubwürdigkeit zu prüfen. Ich bemerke jedoch, dafs ich den knappen und fast überall mit völliger Sicher- heit ausgeschiedenen Bericht des Priestercodex (Grund- schrift, A, Q) nicht weiter berücksichtige. Die für den nach- exilischen Ursprung desselben aufgestellten Beweise er- scheinen mir unwiderlegbar, seine Erzählungen handgreiflich entweder den älteren Geschichtswerken entlehnt, oder will- kürliche Constructionen. Auf alle Fälle wülste ich nicht, was eine Wiederaufnahme der Discussion bei der uns be- schäftigenden Frage nützen könnte. Es handelt sich also für uns nur um den Jahvisten und den Elohisten. Dafs diese beiden Werke bereits vor der deuteronomistischen Ueberarbeitung der gesammten historischen Literatur zu einer Einheit verbunden waren, oder doch gleichzeitig mit dieser zu einer solchen verbunden worden sind, lange ehe der Priestercodex hinzukam, halte ich für sicher und werde für den Bearbeiter nach Wellhausen’s Vorgang den Namen Jehovist anwenden. Diese Frage ist jedoch für unsere

118 Meyer, Kritik der Berichte

Untersuchung ohne größsere Bedeutung; wer Dillmann’s Anschauungen theilt, wird an Stelle des ,Jehovisten* überall den „Schlufsredactor* einsetzen können.

1. Einen sicheren Ausgangspunkt bieten die beiden völlig gleichartig gebauten Erzählungen Num. 20, 14—21 und 21, 21 ff. Von Qadesh aus schickt Moses Gesandte an den König von Edom mit der Bitte um Ge- währung freien Durchzugs ; die Kinder Israel wollten auf der Königsstrafse ziehen, Felder und Weinberge nicht be- treten, kein Wasser aus den Brunnen trinken u. s. w. Aber Edom schlägt das Gesuch ab und rüstet zum Wider- stand. „Da wandte sich Israel von ihm“. Genau die gleiche Forderung ergeht 21, 22 f. an den Amoriterkönig Sihon; seine Weigerung aber führt zum Kampf und zur Eroberung seines Reichs „vom Asnon bis zum Jabboq und den‘ Ammonitern.* Seine Städte, „Heshbon und ihre Téchter* ' werden erobert. Folgt die Angabe (v. 26) Sthon’s Reich habe früher zu Moab gehört und als Beleg ein später aus- führlich zu besprechendes Lied. „Und Israel wohnte im Lande der Amoriter®.

Von diesen beiden Stücken aus läfst sich der weitere Faden gewinnen. Vor dem Kampf mit Sthon bei Jahas be- findet sich Israel in der Wüste südlich vom Arnon (21, 23); mithin gehören hierher aus dem Routier 21, 10—20 die gleichartig formulirten Verse 12—18*, wo der Marsch über das Thal Zared an „das jenseitige (d. i. südliche) Ufer des Arnon, der in der Wüste ist und an der Amoritergrenze entspringt“ und zum „Brunnen“ berichtet und durch abgerissene Lie- derstücke aus dem „Buch der Kriege Jahve’s“ illustrirt wird. Der Anfang der Stationenliste fehlt; ein Bruchstück derselben liegt aber in Deut. 10, 6—9 vor, wie die Formel wo) OWD beweist. Die letzteren Verse sind durch irgend einen Zufall mitten in Mose’s Erzählung von der Gesetz- gebung am Horeb gerathen, mit der sie nicht das mindeste

über die Eroberung Palaecstinas. 119

zu thun haben’). Sie berichten den Zug vom Brunnen Bné Jaq&n über Mosera und Gudgoda nach den Bächen von Jotbat *). An der zweiten Station stirbt Aharon und sein Sohn El asar folgt ihm als Priester, an der’ vierten „sondert Mose den Stamm der Leviten ab um die Lade [des Bundes] Jahve’s zu tragen, um vor Jahve zu stehen zu seiner Bedienung, und um in seinem Namen zu segnen bis auf diesen Tag; daher hat Levi keinen Theil und Be- sitz erhalten mit seinen Brüdern; Jahve ist sein Besitz, wie er ?) ihm gesagt hat”. Warum dieser Abschnitt von dem Schlufsredactor in Num. gestrichen ist, liegt auf der Hand. Der Tod Aharons wird von ihm nach dem Priester- codex erzählt 20, 22—29, der ihn nach Analogie von Mose’s Tod auf den Berg Hor verlegt; und der Bericht über Ein- setzung und Bestimmung der Leviten stand in zu starkem Widerspruch mit Num. 3 ff., um aufgenommen zu werden. Zu beachten ist übrigens, dafs der Verfasser der Stationen- liste Num. 33 in v. 30-33 die vier Namen Deut. 10, 6ff. kennt, aber vor die Ankunft in Qadesh verlegt; sonst zeigt er nur sehr selten Bertihrangspunkte mit der jehovistischen Darstellung.

Die Stationen 21, 10, 11 (= 33, 43 f.) mit der For- mulirung UM ıyDN gehören dem Priestercodex an; tiber v. 18°—20, wo im Widerspruch mit der Sihongeschichte der Marsch bis zur Pisga in Moab geführt wird, s. u.

Auf die Verhandlungen mit Edom läfst unser Text zunächst Aharons Tod auf dem Hor folgen 20, 22—29, einen dem Priestercodex angehörigen Abschnitt, an den

1) Ebenso ist bekanntlich Deut. 4, 41—43 (Einsetzung der trans- jordanischen Freistädte), eine dem Priestercodex angehörige und un- mittelbar an Num. 85 anschliefsende Erzählung, sinnlos an den Schlufs der ersten Einleitung des Deut. gerathen.

*) Versch. Varianten in Sam. und LXX.

) ox um ist natürlich Glosse und fehlt in LXX.

120 Meyer, Kritik der Berichte

21, ssm“imp wer ankntipft. Dagegen setzt sich 20, NT yoyo Su on unmittelbar fort in 21, 4 20) nom m Ow ya Me „Israel wandte sich von Edom weg auf da! Weg nach dem Schilfmeer, um das Land Edom x} umgehen.* Es folgt eine Hungersnoth, Murren des Volks, | Ziichtigung durch Schlangen, die Aufrichtung der au | Reg. II, 18, 4 bekannten ehernen Schlange. Hier win : sich die Liste der Stationen bis an den Arnon angeschlossen haben.

Der Verfasser unserer Erzählung denkt sich also von Arnon bis an den Jabboq ein Amoriterreich, im NO. von ‘Ammon 21, 241), im S. von Moab begrenzt. Der Arno entspringt 21, 13 an ihrer Grenze und der Zusatz „denn der Arnon ist die Grenze Moabs zwischen M. und den Amoriter *)*, der ganz wie eine Glosse aussieht, gibt jeden- falls die Meinung des Schriftstellers richtig wieder. Der selbe nimmt offenbar an, dafs die Israeliten östlich um Moab herumzogen, ohne sein Gebiet zu berühren; erst als Sihon besiegt ist, wird Balaq besorgt und beruft den Bileam. So wird denn auch Jud. 11, 17 f. berichtet: wie Edom sei auch Moab vergeblich um Gewährung des Durch- zugs gebeten worden, man habe sein Gebiet von Osten (wow mmmp; so auch Num. 21, 11 umgehen müssen, vgl. Deut. 2,9 ff.). Ob diese Darstellung auf Conjectur beruht oder der Redactor des Pentateuchs den entsprechenden Abschnitt gestrichen hat, läfst sich nicht mehr entscheiden. Jedenfalls kehrt dieselbe geographische Anschauung auch Num. 22, 36 wieder: „es hörte Balaq, dafs Bile am angekommen sei und zog ihm entgegen nach ‘Ar *) Moab, welches im Arnongebiet

') Für poy 99 5159 19 m bieten die LXX offenbar richtig éte Tacho (MY) Bera vlov Auudy 2orı; die Bemerkung ist eine mit 21, 82 zusammenhängende Glosse.

*) >a S123 N 1D auch Jud. 11, 18.

*) Dals aby für “py zu lesen ist hat schon Knobel zu Num. 21,2 erkannt.

fiber die Eroberung Palaestinas 121

an der Grenze des (moab.) Gebiets liegt 1)*. Dieser Vers gehört zu der ersten der beiden Versionen der Bileam- geschichte v. 9—20, 21, 36>, nach der Bileam mit den Fürsten Moabs zu Balaq kommt und die unzweifelhaft dem Elohisten entnommen ist *).

Zwischem dem Kampf mit Sthon und der Bile amge- schichte steht noch 21, 32—35 die Besiegung des Amoriters von Jaezer und des ‘Og von Bashan. Wellhausen ®) bemerkt mit Recht, dafs diese Verse späterer Zusatz sind. Von der Besiegung der „zwei Amoriterkönige* ist zwar sonst oft genug die Rede (auch Deut. 3), aber Num. 22, 2%) hört Balaq nur von der Besiegung „des Amoriters“ und auch Jos. 24, 8. Jud. 11, 22 f. wird “Og völlig übergangen.

2. Der so gewonnene Bericht gehört sicher dem Elo- histen, nicht dem Jahvisten ®) an. Dies beweist das Vor- kommen von Aharon Deut. 10, 6, während dieser dem Jah- visten unbekannt ist, der Gottesname Dinbx 21, 5 dafs sonst M¥T im Text steht ist bekanntlich kein Gegen- argument; ferner der nachgewiesene Zusammenhang mit Num. 22, 36. Sodann werden unsere Geschichten gerade in elohistischen Partien immer wieder erwähnt. Jos. 2, 10. 9, 10 sind allerdings deuteronomistisch überarbeitet, aber nicht Jos. 24, 8 f., wo die Besiegung des „transjordanischen Amoriters* neben der Vereitelung des Fluches Bile ams erwähnt wird. Den letzten Zweifel hebt die Thatsache,

1) Etwas anderes kann doch mip WR TWIN by) by “WS Sox] nicht bedeuten.

*) 8. Wellhausen, Jahrb. D. Theol. XXI, 578 ff.

*) A. a. O. 8. 578.

*%) Num. 22, 1 gehört bekanntlich dem Priestercodex, in v. 8 ff. sind die verschiedenen Versionen untereinander gemengt.

5) Wie Wellhausen annimmt, wegen der singularischen Be- handlung der Völkernamen DAX (30,18) und yQN; indessen letzteres gebraucht gerade der Elohist immer als Singular.

192 Meyer, Kritik der Berichte

dals der Völkername Amoriter ausschlielslich dem 1 histen!), wie Kanaanaeer ausschlielslich dem Jakvü angehört. Beide Namen decken sich nach Begriff und | fang vollständig und bezeichnen die gesammte vorisraelitü Bevölkerung Palaestinas.

Dies bedarf eines längeren Nachweise. Bekannt! enthält das Buch Josua keine jahvistischen Bestandth (über die Ausnahmen s. u.), sondern geht abgesehen ı den Stücken, die der deuter. Bearbeitung oder dem Priesi codex angehören, ausschliefslich auf den Elohisten zurück Hier findet sich aberals Name der Landesbewohner dur weg) nur ‘DN gebraucht. Jos. 10, 5. 6 ziehen „ı (fünf) Könige der Amoriter, die im Gebirge wohne gegen Israel; 24, 15 läfst Josua das Volk wählen, ob dem Jahve oder den Göttern, welchen seine Vorfahren j seite des Euphrat und in Aegypten dienten, oder „( Göttern des Amoriters in deren Lande sie wohnen“ dia wolle. Wie Sthon 24,8 „der König der transjordaniscl Am.* genannt wird (ebenso Deut. 3, 8. 4, 47 =J 2, 10. 9, 10), redet Josua 24, 12 von der Vertreibung ı „zwölf *) Amoriter-Kinige*. Dieselbe Auffassung kehrt

') Dies bemerkt auch Wellhausen a. a.O. 8. 602; die Ident von OX und 197955 hat ganz neuerdings Steinthal, Ztschr. f. Vall psych. XII, 8. 267 erkannt.

*) Für unsere Untersuchung ist es gleichgültig, dafs die Kan mit Jericho und ‘Ai und die Verhandlungen mit Gibe‘on in zwei ' sionen vorliegen. Nur bei der letzteren Erzählung kann die Fi überhaupt aufgeworfen werden, ob die eine Version, welche statt Jc den 5x ws wr handeln lälst (9,6. 7 cet.), nicht vielleicht jahvist ist; und diese nennt die Bewohner Chivviter (LXX XYoppaloı Y die jüngere, jedenfalls elohistische, einfach py) I.

*) In Jos. 5, 1 55) mr gem Ty. Wwe ms Don om by “wR YYIN 155x ist der zweite Theil natürlich Interpolat „die Könige der Am. jenseits (westlich) des Jordan nach dem Meere lassen für „Kan. Könige am Meere“ keinen Platz mehr; die Besiel der letzteren auf Phönikien (LXX) ist exegetische Ausflucht.

*) LXX dwdexa für yy, es. Wellhausen, a. a. O. 8. 596.

über die Eroberung Palacstinas. 123

Deuteronomium wieder, das ja auch sonst immer mit dem Elohisten übereinstimmt, nur den eloh. Dekalog kennt, den Berg der Gesetzgebung durchweg Horeb, nicht wie der Jahvist Sinai nennt !. Wenn ich nichts übersehen habe, kommt "939 im Deut. nur 1,7 (wahrscheinlich inter- polirt) und 11, 30 vor, sonst immer "px; und 1, 20 bezeichnet Moses Qadesh (in der Wüste) als an der Südgrenze des „Amoritergebiets, das Jahve uns gegeben hat“ gelegen. Denselben Sprachgebrauch finden wir bei dem deuterono- mistischen Bearbeiter der geschichtlichen Bücher, z. B. Gen. 15, 16; Jud. 1, 34 ff. 6, 10. 10,8 im scharfen Gegen- satz zu dem sonstigen ‘y29; Sam. I, 7, 14, wo sogar die Philister unter on begriffen werden, u. a. In dem ganz späten Capitel Gen. 14 wird v. 13 aus dem Haine Mamre ein Amoriter dieses Namens gemacht. „Amoriter“ bezeichnet somit genau was wir „Kanaaniter“ zu nennen pflegen. Da auch Amos 2, 9 f. Amoriter sagt, scheint dies allgemeiner Sprachgebrauch des Nordreichs gewesen zu sein, wie Horeb für Sinai.

Beim Jahvisten wie im Richterbuche finden wir da- gegen durchweg 923; so Gen. 12, 6 pIN3 IN YYIDM, wo- für 13, 7 OM "1m steht wie Gen. 34, 30 und in den viel- Jeicht interpolirten Versen Jud. 1, 4. 5 (s. u.); ferner

*) Die gewöhnliche Annahme, dafs die Verfasser des Deut. schon das aus Jahvist und Elohist zusammengesetzte Wort (Jehovist) benutzt hätten, erscheint mir sehr fraglich. Sicher jahvistisch ist wohl nur Datan und Abiram 11, 6, die auch dem selbständigen Werke entnommen sein können. Sonst herrschen nicht nur durchaus die elohistischen An- schauungen, sondern die im jehovistischen Texte durch die Vermen- gung der beiden Berichte verwirrten Erzählungen scheinen hier noch in einfacher Fassung vorgelegen zu haben; s. die nächste Anm. Wenn das Deut. die Zerschmetterung der Tafeln und Anfertigung neuer kennt, so scheint mir auch der Elohist schon so erzählt zu haben. Auch um dieser Frage willen ist eine Detailuntersuchung der Gesetz- gebungsgeschichte dringend erforderlich.

124 Meyer, Kritik der Berichte

Gen. 10, 18 f. 24, 3. 37. In der jahvistischen Version de Gesandschaftsgeschichte Num. 13.14 berichten die Gesandten 13,29 Amaleq wohnt im Negeb und der Kan. wohntam Meere und am Jordan“, entsprechend dem Befehl des Moses v. 17 : „zieht nun hinauf ins Negeb und dann ins Gebirge.* Damitist das Land ausgefüllt; denn vom Meer zum Jordan sind nur zehn Meilen. Ganz sinnlos ist daher hier eingeschoben : „und der Chetiter (!) und Jebusiter und Amoriter wohnt (! sing.) im Gebirge“. Von diesen Völkern ist denn nachher auch nirgends mehr die Rede; 14, 26. 43. 45 heifsen die Bewohner ‘Amal. und Kan. !).

Die an dieser Stelle eingeschobenen Namen beruhen auf der Anschauung von den „sieben Völkern“ Kana ans. Die älteste Stelle, an der dieselben vorkommen, wäre falls dies Capitel alt ist*), Deut. 20, 17: „bannen sollst du sie, den Chetiter, Amoriter, Kana aniter, Perizziter, Chivviter, Jebu- siter Girgashiter fehlt, wie Dir Jahve befahl“; dann folgt Deut. 7,1: , Wenn Jahve Dich in das Land etc. führen und zahlreiche Völker vor Dir austreiben wird, den Chet. Girg. Am. Kan. Per. Chivv. Jeb., sieben Völker, grölser und stärker als Du*. Diese Liste ist historisch sinnlos. Amor. und Kan. sind identisch ; Jebusiter sind ausschliels- lich die Bewohner von Jerusalem (Jud. 1, 21 = Jos. 15, 63. Sam. II, 5, 6), also ein rein localer Name. Chivviter heifsen in dem älteren der beiden Berichte Jos. 9 (8. 0.) die Bewohner von Gibeon, die an der weit älteren Stelle Sam. II 21, 2 einfach "oa m? „ein Rest der Amoriter* genannt werden. Ferner heilst Gen. 34, 2 Sichem ein Chivvite [ob jahv.? v. 30 werden die Eingeborenen 9% „9 genannt], während der Elohist ihn nach 48, 22 “ox nannte. Auch Nr ist also wahrscheinlich ein

ft) Weiteres s. u. 8. 189 ff. Nach dem Jahv. kommen die Kund- schafter nach Hebron, nach dem El. in das Thal Eshkol. Deut. 1, 22 ff. kennt nur die letstere Version und nennt die Einwohner Amoriter.

®) Vgl. Wellhausen a. a. O. XXII, 468 f.

über die Eroberung Palaestinas. 125

ia localer Name !). Ueber Perizsiter („Dorfbewohner“ ?) i Girgashiter [„Vertriebene“ ? ?)] wissen wir gar nichts. le Chetiter aber gehören nach den genau übereinstim- enden Angaben der ägyptischen Inschriften des 15—13. wits. und der historischen Bücher der Hebräer (Sam. II, ‚6. Reg. L 10, 29. I, 7, 6°), ebenso Gen. 10] aus- hliefslich an den Libanon, nach Koelesyrien im engeren ane, nicht in das von den Hebräern besetzte Land. Dafs r Verfasser des Deuteronomiums von den Verhältnissen r Urzeit nichts mehr wulste, ist sehr begreiflich ; ebenso, fs man diese zwar wohlklingenden aber inbaltsleeren unen sei es sämmtlich sei es mit Auswahl in maiorem aeli gloriam an zahlreichen Stellen des Hexateuchs ein- gte. Die Stellen wenn ich nichts übersehen habe, ıd es Gen. 10, 16 f. 15, 19 ff. (die umfangreichste und yernste Liste). Exod. 3, 8. 17. 13, 5 (v. 11 steht in der schen Formel nur 933). 23, 28. 28 = 33, 2. 34, 11. ım. 13, 28. Jos. 9, 1 (dem Inhalt nach = 10, 5). 11, 3. ‚8. 24, 11. Jud. 3, 5 geben sich denn auch durch- g deutlich als Interpolationen zu erkennen, oder gehören n spätesten Partien des jehovistisch-deuteronomistischen eschichtswerks an 4).

Dafs man diesen Thatbestand verkannt hat und allge- ein (aulser Steinthal) die Amoriter für ein von N.

*) (Falls man sie nicht mit Ewald, G. V.I. I, 8. 841 vom Wohnen fey benannt sein läfst. B. 8.)

*) Vielleicht von pj: Redslob, Alttest. Namen der Bevölkerung s Israclitenstaats 8. 108.

*) 8. Wellhausen, d. Text d. Bücher Sam. 8. 217 f. Bekannt- b ist os reine Willkür die aber Aegyptologen wie Chabas (voyage m égyptien) (und viele a. t. Theologen. B. 8.) irre geleitet hat an die Geshichtserzählung des Priestercodex die Chetiter in der kiarchenzeit zu Bewohnern Palaestinas, speciell Hebrons, gemacht . .Auch Jos. 1, 4 (Deuteron.) tritt die richtige Anschauung noch

vor. *) Ein gleiches gilt natürlich von der Formel yy) 3571 ND! yu:

126 Meyer, Kritik der Berichte

erobernd in Kana an eingedrungenes Volk hält, liegt aufser an Num. 21, 26, worüber unten, an den Stellen Jos. 13, 4 und Jud. 1, 34 ff. Jos. 13, 2—6, eine äufserst corrupte Aufzählung der von den Hebräern nicht unterworfenen Stämme, ist dem Kerne nach identisch mit Jud. 3, 3, wo „die fünf Fürstenthümer der Philister und alle Kana anäer, Sidonier, Chetiter !), die am Libanon vom Gb. Baal Her- mon bis nach Hamat hin sitzen“ aufgezählt werden. Jos.

13 folgen auf die Philister (incl. Geziriter *) und‘Avviter®)]

„das ganze Land Kanaan [von Gaza an ?] 4), die Sidonier bis nach Apheq, der Grenze der Amoriter, das Gebiet von Byblos, und das ganze Libanongebiet im Osten von Baal- Gad bis nach Hamat hin“. Interpolirt ist die Stelle jeden- falle, und wenn sie überhaupt verwerthet werden darf, ist nach dem früheren klar, dafs Apheq (im 8.O. von Byblos) als Nord-, nicht etwa als Südgrenze der Amoriter, d. i. Kana ans, bezeichnet werden soll. In Jud. 1, 34 ff. „es drängten die Amoriter die Söhne Dans ins Gebirge u. s. w. und das Gebiet der Am. reicht von der Skorpionenhöhle, von Sela aufwärts (byo1)“ scheinen die Am. von den vorher immer genannten Kana aniern als ein besonderes Volk geschieden zu werden. Indessen die Verse geben sich durch ihre von dem gleichmifsigen Bau der voran- gehenden Abschnitte völlig abweichende Form deutlich als späteren Zusatz zu erkennen 5). Auch ist die letzte Be- merkung ja offenbar unvollständig und nicht hierher gehörig.

') Wie Jos. 11, 8 (Vat. Xerralovg) setzt Wellhausen d. Text d. Büch. Sam. 8. 218 auch hier richtig wry für npj ein.

») 73, LXX Teoıel für sy} wie Sam. I, 27,8 s. Wellhausen, a. a. O. 8. 189.

*) 1o'MD [Oly scheint übrigens Interpolation.

*) Für das unsinnige OyTyb AW DAY) YIN PW 4D bieten die LXX xal ndoy yy Xavady Evarılov (var. And und drrevavrlor) Tdlns xal ol Zudavıoı, was indessen auch nicht richtig sein wird.

5) (Vgl auch 8. 102 ff. B. 8.)

über die Eroberung Palaestinas. 127

- Die ägyptischen Inschriften bestätigen unser Resultat dig. Kanäna d. i. 1933 scheinen sie nur als einen

an der palästinensischen Grenze zu kennen. grofse Harris-papyrus erwähnt Kanänas als „Festung Landes Zahi® (entspricht dem Umfange nach «wa dem griechischen Zvupla), von Seti I heilst es „er ['wernichtete die Shasu (denen etwa die ‘Amalegiter und ® Midianiter entsprechen) von der Feste von Zal (an der F ag. Grenze) bis nach Kanäna® !). Dagegen als Name für Land und Bevölkerung von Kanaan im weitesten Sinne wird immer Amir d. i. "ON gebraucht. Ramses III be- siegt Rebu (Libyer) und Amar und bringt ihre Fürsten gefangen nach Theben. Dapur (für 37 oder. man er- klärt) heifst „die Stadt welche s. Maj. im Lande von Amäur einnahm®, betreffs Qedesh, der Hauptstadt der Cheta = om am Orontes, wird gesagt : „Auszug des Pharao (Seti I) zu erobern das Land von Qedesh in dem Amärflande]® *). Die letztere Angabe stimmt vollkommen damit, dafs in dem jahvistischen Abschnitt der Völkertafel Gen. 10, 15 Chet Bruder des Stdon und Sohn Kana ans heifst, und dafs in Laodikea am Libanon (Umm el‘ Awämtd)

in unmittelbarer Nähe des alten Qedesh noch unter den Seleuciden phönicisch gesprochen wird. Die Chetiter, d.h. die Bewohner der eigentlichen xoAn Zvpla „bis nach Hamat zu® sind eben Amoriter oder Kana anäer, und werden daher auch im A. T. von den Aramäern in Damaskus und dem nördlichen (Euphrat-) Lande durchweg geschieden °).

') Lepsius, Denkm. III, 126. Brugsch, Gesch. Aeg. 8. 460.

9, Dimichen, Hist. Inschr. I, Taf. 28. Lepsius, Denkm. III, 16. Rosellini, mon. stor. pl. 58. Im allgemeinen vgl. Brugsch, Geogr. Inschr. II, 21 ff.

*) Zu beachten ist auch, dafs der Name der Astarta d. i. ANY, den die Aegypter gewils den Cheta entlehnten, kansanäische, nicht ısmäische Form zeigt Andererseits haben die Eigennamen der Cheta '" (susammengestellt bei Chabas voyage 829) meist ein sehr unsemitisches Gepräge.

128 Meyer, Kritik der Berichte

3. Kehren wir jetzt zu unserem Bericht zurück. Deut- lich tritt in demselben die Tendenz hervor, die Zustände der späteren Zeit zu erklären und zu rechtfertigen, in welchem Sinne er denn auch in der antiquarischen Dis- cussion Jud. 11 verwerthet wird. Wie bekannt, erstreckte sich das Gebiet Israels ideell, und in den Zeiten der gröfsten Macht auch factisch, bis an den Arnon. Daher ist hier die „Grenze der Amoriter*, hier beginnt das von Jahve den Israeliten verheifsene Land; daher wird Edom um- gangen und von Moab und ‘Ammon (21, 24) so wenig wie möglich geredet. Der Verfasser der ersten Einleitung zum Deuteronomium bringt die Tendenz seiner Vorlage nur deutlicher zum Ausdruck, wenn er die Erzählung dahin abändert, dafs Edom den Durchzug gewährt und Jahve den Krieg mit Moab und “Ammon als „Söhnen Lot’s* streng verbietet, dagegen den Angriff auf den Amoriter Sthon freigibt '). Unsere Geschichte gehört insofern in dieselbe Kategorie, wie die von der Festsetzung der Grenze zwischen Israel und Aram durch Jakob und Laban Gen. 31 und der Vertrag zwischen Abimelech und Isaak oder Abraham Gen. 21, 26, nur dafs dies Volkssagen sind, während jenes bewulste Geschichtsconstruction ist.

Indessen die Wirklichkeit stimmte schlecht zu dieser Schilderung. Gerade die Gegenden, welche die Erzählung und das Lied als Reich Sthons bezeichnen, sind recht eigentlich moabitisch, wenn auch zeitweilig von den Israe- liten erobert. Daibon ?) ist der Sitz des Königthums, Médeba, Baal Meon, Qirjatain, “Aroer, Heshbon selbst gelten dem Mesha wie dem Jesaia (c. 15 f.) und Jeremia

1) Vgl. noch Deut. 28. Bekanntlich sind im sam. Pentateuch die entsprechenden Stücke aus Deut. 2 in Num. eingelegt. Deut. 2, 8> (23-9). 10—12. 20—328 gehören wie 8, 9. 11. 18° —14su einem späten und völlig werthlosen antiquarischen Commentar.

*) Da Meshs > schreibt, ist mit LXX Aa:ıßov zu sprechen.

über die Eroberung Palaestinas. 129

(c. 48) als moabitische Städte; Baal Peör, der auf dem Gipfel des Pisga [= Peor, Num. 21, 20. 23, 28 ')] verehrt wird, ist ein moabitischer Gott Num. 25, 2 f.*). Die Bile amgeschichte ist wohl in der jahvistischen Darstellung, nach der Israel mitten im moabitischen Lande lagert, aber kaum in der elohistischen am Platze, nach der Israel längst über Moabs Gebiet hinaus ist und keine Neigung zeigt, seinen „Bruderstamm“® anzugreifen. Zwar bleibt der Elohist sich getreu, indem er den Balaq dem Bileam nach ‘Ar Moab am Arnon an die Grenze seines Reichs entgegen- kommen läfst, aber wenn wir uns die dann folgenden Weissagungen doch wohl wie beim Jahv. auf den Bergen nördlich vom Arnon gesprochen denken müssen, so sind Balaq und Bileam über die Grenze gegangen.

Trotz der elohistischen Darstellung denken sich denn auch das Deuteronomium wie der Priestercodex (SN N127y) Moab als Schauplatz der letzten Thaten des Mose; und die eben entwickelten Bedenken haben die Einfügung von v. 26 in unseren Text veranlafst. Nachdem die Verhand- lungen mit Sthön, die Schlacht, die Eroberung Heshbon’s und der übrigen Amoriterstädte berichtet sind, heifst es : „Heshbon ist nämlich die Stadt des Amoriterkönigs Sthon ; dieser aber hatte mit dem früheren (!pwain) König von Moab Krieg geführt und ihm sein ganzes Land bis an den Arnon *) entrissen“. Es liegt auf der Hand, dafs dieser

N) Der Jahvist, dem auch 21,20 angehört, sagt JOH nach 28, 14; ob aber yh 28,28 elohistisch oder interpolirt ist, ist wohl nicht zu entscheiden ; das Deut. sagt Pisga.

%) 25, 1>—5 wird wohl dem Jahvisten angehören, da der Elohist sonst seinen Anschauungen widersprechen würde; Deut. 23, 5 f. Jos. 24, 9 f. wird diese Erzählung übergangen. V. 1* dagegen „1 Owws Sew? ist sicher elohistisch, da Jos. 2, 1. 8, 1 der Aufbruch von Shittim aus erfolgt. Vgl. noch Micha 6, 5.

*) Far rn ty im hat LXX dnd Aoors Ewe Apvar, a. i. wahr- scheinlich Wy; auch Deut. 2, 9. 18. 29 steht Agojo für ap (nur Num. 21, 15 gibt Ho). Geographisch sind beide Orte unmöglich und

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 9

130 Meyor, Kritik der Berichte

nachhinkende Vers eine Interpolation ist, welche die ge- graphischen Schwierigkeiten heben soll ').

Freilich scheint v. 26 nur den Inhalt des folgende Liedes kurz wiederzugeben. Aber die gangbare Auffassung und Uebersetzung desselben ist so unwahrscheinlich und gezwungen wie nur möglich. Danach soll zunächst v. 27—30 Sthons Sieg über Moab verherrlicht werde, v. 31 dann plötzlich (mit ) consec.!) zu Israels Sieg über Sihon übergehen. Der letztere Vers lautet im mas. Text waTD Ty Por MED Ty DON PT IW Jar "OR DM: man übersetzt „doch wir waren hoch (von einem angeb- lichen O'Y = angeblich Ok = OF; Gesen. thes. 626 wo- möglich noch sinnloser „et iaculati sumus*, von m7), He- bon ging unter bis Dibon, wir verwüsteten (von Onw) bis Nophach (unbekannt), Feuer [gerieth] an Medeba* (Knobel). Eine andere Lesung mit völlig verständigem Sinn bieten die LXX : xal to oxégua avrav axodetrat Eoeßov ng daıßoov, xal al yuvalxes [avrar) Erı xpoce§éxaveay xe xt Moap ®) d. i. ınp) THY an ja TW pawn ar OFT oxo Sy wes nur ist für Moab gewils Médeba beizubehalten ‘), Aufserdem ist v. 29 ImO ‘TDN ob deutlich eine Glosse, die den Parallelismus stört und den übrigen Versen völlig widerspricht. Nunergibtsich ein klarer und einfacher Sinn :

“Ar ist jedenfalls Dittographie von 2y. Nach v. 24 wird ursprünglich pan dagestanden haben.

!) Jud. 11 scheint diesen Vers noch nicht su kennen, da sons wohl erwähnt werden würde, dafs Sibén die Moabiter verdrängt habe vgl. v. 21 gm] yun 2277) “ON.

*) Der Punkt zeigt, dafs "\zu streichen ist. Bam. liest (Hiph.?) opy Nato Sy we.

*) Ebenso die Itala, cod. Ashburnham. London 1868 : et sema eorum periit Sedesbon et mulieres insuper exusserunt super Moab. Di Vulgata übersetzt : iugum ipsorum disperiit ab Hesebon usque Dibos lassi pervenerunt in Nophe et usque Medeba. Vgl. Vercelloni var. lee vulg. zu der Stelle.

“) Will man an der Verbindung von 4)p mit dem Perf. Anstol nehmen, so bleibt nur übrig, eine tiefer greifende Corruption ann nehmen und durch Conjectur zu helfen.

über die Eroberung Palaestinas. 131

„Kommt nach Heshbon aufgebaut und befestigt werde die Stadt des Sibon! Denn Feuer ging aus von Heebbod eine Flamme von der Burg Sibons; Sie frafs die Btädte *) Moabe die Bewohner der Höhen des Arnon. Wehe Dir Moab vernichtet bist Du, Volk des Kemosh. Es gab hin seine Sthnae zu Flüchtlingen seine Töchter su Gefangenen ; Ihr ®) Geschlecht ist vernichtet von Heshbon bis Daibon ja die Weiber legen Feuer an Médeba.* Sthon ist König von Moab, der in Heshbon residirt. Er wird besiegt, seine Städte verbrannt, offenbar von den Israeliten, die dies Triumphlied anstimmen. „Von Heshbon bis Daibon“ zeigt deutlich, dafs der Angriff von Norden kam. Mit einem Wort, das Lied bezieht sich auf die lang- wierigen Kämpfe, die Nordisrael mit Moab geführt hat, und aus denen wir die Mesha episode genauer kennen. Eine Bestätigung erhält unsere Auffassung dadurch, dafs in dem Zusatze zu Jeremias Prophezeiungen gegen Moab 48, 4547 (fehlt in LXX) unsere Verse (mit Num. 24, 17 verbunden) mit geringen Abweichungen direct auf Moab bezogen werden; sogar das „Haus Sthons“ ®) kehrt hier wieder. V. 46 „Wehe Dir Moab! Kemosh Volk ist untergegangen, denn Deine Söhne sind gefangen, Deine Töchter im Gefängnifs“ scheint zu zeigen, dafs der Ver- fasser den Zusatz jmo Nox bpb noch nicht kannte.

Knobel’s Vermuthung, dafs auch die 21, 14 f. 17 f. angeführten, für uns freilich fast völlig unverständlichen Bruchstücke demselben Liede angehören, ist gewils richtig. Diese stammen aber aus dem „Buche der Kriege Jahves* d. h. der Nationalkriege, worunter wir uns eine etwa um

') Mas. Sy Samar. und LXX sy, fu. Richtiger ist wohl vy Sn su lesen, im Gegensatz zu den Einwohnern 14x MD2 'Dy2-

*) Dafs hier (—3°)) Moab pluralisch construirt wird, vorher (qn) isch, kann natürlich keinen Anstofs erregen.

Für 3% v. 45 ist natürlich a) zu lesen. *) Für po pap D map oe

139 Moyer, Kritik der Berichte

850—800 entstandene Liedersammlung zu denken haba Zur Zeit des Elohisten war der Sinn des Liedes längst vergessen; er bezieht es auf die mosaische Zeit, wis er Jos. 10, 13 den Vers des "Ww "DD nach Sam. IL 1, 18 gleichfalls ein Liederbuch : „da stand die Sonne mitten des Himmels, nicht eilte sie zu gehen einen ganzes Tag“ u. s. w. ins Triviale umgedeutet und willkürlich saf Josua bezogen hat. Ebenso scheint er für Bile ams Sega Num. 24 ältere Lieder benutzt zu haben. 2 Der einzige Bestandtheil des elohistischen Berichts, dee . auf Ueberlieferung zurückgeht, ist somit die Bile amge- schichte. Dieselbe wird bekanntlich auch vom Jahvistea erzählt, und wenn, wiemir erwiesen scheint und sich später noch weiter ergeben wird, dieser bei weitem der ältere der beiden Schriftsteller ist, so hat der Elohist sie ihm ent- lehnt und nur nach seinen Gesichtspunkten bearbeitet : an eine selbständige Version kann bei den vielen Berth- rungspunkten im Detail auf keinen Fall gedacht werden. 4. Wir kommen jetzt zum Jahvisten. Sicher gehört ihm Num. 21, 1—3. Ob vorher von einem Durchzug durch Edom die Rede war, wissen wir nicht. Jetzt ist Israd auf dem Marsche nach Südjudäa. „Da hörte der Ka na aniter, der König von ‘Arad im Negeb, dafs Israel auf dem Wege nach Atarfm herankomme, und er griff es an und machte Gefangene. Da gelobte Israel dem Jahve, wenn Du dies Volk in meine Hand gibst, will ich seine Städte zerstören (omrm). Und Jahve hörte die Stimme Israels und gab ihm den Kanaaniten, und es bannte sie und ihre Städte und nannte den Namen des Ortes Horma „Zerstörung“.* Nach Jud. 1, 17 ziehen Juda und Simeon gegen den Kana aniten von Spat, bannen ihn, und nennen - die Stadt Horma. nos wird hier auf einer Verschreibung © beruhen; denn in v. 16 ist ny ganz ungehörig hineinge :' rathen (s u.8.137,4), wird also ursprünglich als Correctur zu h moy am Rande gestanden haben. Dann ist wohl dieser |

über die Eroberung Palsestinas. 133

Bericht als Erfüllung des Gelübdes zu betrachten und Num. 21, 3 entweder zu streichen oder als Vorausnahme des später noch einmal zu erzählenden zu betrachten. Eine Dublette derselben Erzählung ist dagegen Num. 14, 39—45, der Abschlufs der Kundschaftererzählung. Israel zieht gegen Jahve’s und Mose’s Willen gegen die ‘Amalegiter und Kanaaniter, aber diese „besiegten sie und schlugen sie bis nach Horma (Mor 9)“. Hier ist die Nieder- lage Israels theologisch motivirt. Auch das Deuteronomium 1, 43 f. kennt die Geschichte und nennt die Feinde mwN Mi Wo 23991; vielleicht ist es nicht zu gewagt, dies für die dann aus 13, 29 entnommenen jahvistischen Völkernamen 14, 43. 45 xy 372 301 9y39m ‘prpyN ein- zusetzen !) und die Erzählung für den Elohisten in An- spruch zu nehmen.

Die Kämpfe bei “Arad-Horma müssen auch beim Jah- visten das Verlassen des directen Weges nach Palaestina veranlafst haben; denn auch hier folgt jetzt die Bile am- geschichte, die aber in Moab, nicht jenseits seiner Grenzen spielt. Bileam schaut von 5y3 mw (22, 41) und später vom Gipfel der Pisga (23, 14) auf das Lager des Volks. Demnach wird die Stationenliste 21, 19 f., welche aus der Wüste über Mattana Nahaliel Bamot (= 5y3 nm») in das „Thal im Gefilde Moab |am| Gipfel der Pisga, welche auf die Wüste herabschaut® *) führt, dem Jahvisten angehören.

5. „Erwähnenswerth ist, dafs seit dem Segen Bile ams der Jahvist plötzlich abbricht. Nur in Num. 25, 1—5 (s. o. S. 129,2) und Deut. 34 könnte man vielleicht einige Spuren dieses herrlichen Geschichtswerks finden wollen“ ®). Allerdings für die Geschichte Josua’s konnte der Jahvist

1) Der Singular sy (LXX 5 &yxa9ıjuevog) weist deutlich auf eine Interpolation hin; ebenso 14, 25 pP ya awy)-

*) Für now ist mit LXX wie Num. 23, 18 ‘wy zu lesen.

*) Wellhausen, Jahrbb. f. D. Theol. XXI, 585.

134 Meyer, Kritik der Berichte

nicht verwerthet werden, da er diesen gar nicht kennt. Abe ebensowenig kann er sein Geschichtswerk etwa mit Moses}, Tod geschlossen haben : Patriarchengeschichte und Exodus ;. erfordern die Eroberung des gelobten Landes als nothwa | dige Ergänzung. Nun finden sich auch in dem jehovisti | schen Theile des Buches Josua Bestandtheile, die weder ! dem Elohisten angehören können, noch wie der zweite Be - richt über Jericho und ‘Ai seinen Anschauungen sehr nahe : stehen, die daher auch Knobel für „die zweite Urkunde des Jehov.* in Anspruch genummen hat. Bekanntlich sind von der jehovistischen Beschreibung der Landesver- theilung nur wenige Bruchstücke, vor allem über Joseph, erhalten. Hier heifst es Jos. 17, 11 : „Aufserdem gehörte zu Manasse im Gebiet von Isashar und Asher : Bet-She- an, Jibfam, Dor, En-Dor], Tanak, Megiddo nebst den zugehörigen Gebieten (MMyai)* !). Diese Angabe ist un- sinnig, denn die betreffenden Orte bilden nicht etwa an- zelne von Manasse entfernte Enklaven, sondern einen in ziemlich gerader Linie vom Meere am Tabor vorbei zum Jordan sich ziehenden Landstrich, der an das Gebiet von Manasse unmittelbar angrenzt. Es heifst weiter : „die Söhne Manasse’s vermochten aber nicht diese Städte sa erobern, sondern. der Kana anite wohnte in diesem Gebiete; und als Israel stark ward, machte es ihn tributpflichtig, aber vertrieb ihn nicht.“ Dieser Abschnitt zusammen mit der Städteliste ist wörtlich aus Jud. 1, 27 entlehnt, wo er in gutem Zusammenhang steht; v. 11 ist demnach nur eingelegt um diesen Bericht mit der geographischen Ver- theilung, welche diese Städte an Asher und Isashar wies, scheinbar zu vermitteln *). Ebenso ist die Geschichte von

f

') Was noon nwow (tars. 195°) mb „die drei Districte*) am Schlufs des Verses bedeute, wufsten schon die LXX nicht. y fehlt Jud. 1 und bei LXX, die auch sonst kleine Abweichungen bieten.

*) Die gleiche Tendenz verfolgt auch Jos. 16, 9 : „zu Ephraim gehören auch die mitten in Manasse für Ephraim abgesonderten Btädte®:

über die Eroberung Palaestinas. 135

Walebs Ansiedelung Jos. 15, 13—19 aus Jud. 1, 20 [10).

15 entlehnt und der Deuteronomist hat eine Einleitung 14, 6—15 dazu geschrieben. Jos. 15, 63 stammt aus 1, 21; 16, 10 aus 1, 29; ebenso die eisernen Wagen 17, 16. 18 aus Jud. 1, 19; Jos. 13, 2—6 wahrscheinlich

am Jud. 3, 3 (#.0.); Jos. 19, 47 aus Jud. 18.

Schon hiernach scheint mir völlig sicher, dafs Jud. 1 {mit 2, 1—5] dem Jahvisten angehört. Weitere Beweise sollen sogleich folgen. Zunächst mufs der Text gesäubert werden, der sehr stark interpolirt ist. v. 1* gehört wie 3, 1-—5* dem Schlufsredactor. v. 5 wiederholt v. 4, v. 7> setst voraus, dafs Jerusalem erobert war, was v. 21 aus- drücklich negirt wird, v.8 ist Folgerung aus 7> im Wider- spruch mit 21. In der Adonibezeqgeschichte, die übrigens vielleicht einen ächten Kern enthält, fällt aufserdem noch der Gebrauch von ovmde auf; in v. 4 ist on sicher aus v. 5 interpolirt und die Zahl von 10000 Gefallenen min- destens verdächtig; das übrige, d. i. ne mm yn nm Syn ma ODN Oma YyION, wird durch v. 22 gestützt. v. 10 ist Variante von v. 20 und letzterer nach Ausweis’ von Jos. 15, 13 f. an seine Stelle zu setzen, als Einleitung zu 11-15. V. 18 ist eine ganz späte und sinnlose Interpolation. V. 19. 21. schliefsen unmittelbar an v. 9an. Dals v. 34-36 unächt sind, ist schon ausgeführt. Was übrig bleibt, ist eine durchaus einheitliche, wenn auch vielleicht an manchen Stellen verkürzte Darstellung, die an historischem Werth alles was im Hexateuch erzählt wird weit übertrifft und

geradezu den Ausgangspunkt der jüdischen Geschichte bildet *).

denn der Priestercodex rechnet z. B. Sichem zu Manasse (Jos. 17, 2), während es nach allen älteren Angaben ephraimitisch ist. ) Wie Jud. 1, 1—2, 5 und co. 17—21 in das grolse einheitlich überarbeitete deuteronomistische Geschichtswerk, das Gen. 2, 4b bis Joma 34, 88 (nach Ausscheidung des Priestercodex), Jud. 2, [6—9],

136 Meyer, Kritik der Berichte

Der Eingang des Berichts mufs ergänzt werden; dafs wir ein Recht haben an die jahvistische Erzählung anzu- knüpfen, soll gleich weiter bewiesen werden. Mose’s Tod auf dem Gipfel des Pisga in Moab hat der Jahvist un- zweifelhaft erzählt; Stücke in Deut. 34 dürften ihm ange- hören '). Dann geht das Volk über den Jordan, erobert Jericho „die Palmenstadt* Jud. 1,16; der mm x59 nimmt seinen Wohnsitz zu Gilgal 2, 1. Wenn die ältere Version der Gibe ongeschichte (s. 0.) jahvistisch ist, mufs sie auch hierher gehören, da Israel in derselben noch geschlossen auftritt. Dieselbe beruht übrigens bekanntlich auf einer Antedatirung viel späterer Ereignisse, s. Reg. I, 9, 20. Sam. II, 21,2. Jetzt aber zerfällt das Volk sofort in seine einzelnen Bestandtheile. „Und es fragten die Söhne Israels bei Jahve an : Wer von uns soll den Anfang machen gegen den Kanaaniter hinauf zu ziehen? Und Jahve sprach : Juda soll hinaufziehen; siehe ich gebe das Land in seine Hand. Und Juda sprach zu Simeon seinem Bru- der : ziehe mit mir in mein Loos zum Kampf gegen den Kana aniter, dann will auch ich mit Dir in Dein Loos ziehen. Und Simeon ging mit ihm. Und es zog Juda hinauf und Jahve gab den -Kana aniter in seine Hand und sie schlugen ihn bei Bezeq (folgt vielleicht der Kern der Adonibezeqgeschichte). Und dann zogen die Söhne Juda zum Kriege gegen den Kan. im Gebirge im Negeb und in der Küstenebene *); und Jahve war mit Juda ‘und er eroberte das Gebirge; aber die Bewohner der Ebene konnten sie nicht verjagen, da sie eiserne Wagen hatten. Und (auch) den Jebusiter in Jerusalem verjagten die Söhne

10—16, 81. Sam. I. II. Reg. I. II. umfalst, hineingerathen ist, ist be- kanntlich völlig räthselhaft.

*) OMAN Wp Deut. 34, 8 neben ri scheint jahvistisch nach Jud. 1, 16 (3, 18). *) Dieser Vers ist vielleicht auch interpolirt ; vgl. auch Jos. 10,40(Deut.).

oe rere

über die Eroberung Palaestinas. 137

Juda !) nicht, und er wohnte unter ihnen in Jer. bis auf den heutigen Tag. Und sie gaben dem Kaleb Hebron wie Moses gesagt hatte und Hebron hiefs früher Qirjat- ‘Arba und Kaleb verjagte von da die drei Söhne des Riesen, den Sheshai Ahiman und Talmai *)*. Folgt die Eroberung von Debir früher Qirjat-Sepher durch ‘Otniel den Sohn des Qenaz, der Kalebs Tochter “Aksa erhält. „Und Qain®), der Schwager Mose’s, zog hinauf von der Palmenstadt mit den Söhnen Juda in die Wüste Juda, welche im Negeb *) liegt und er kam und wohnte mit dem Volke®). Und es ging Juda mit Simeon, seinem Bruder, und sie schlugen den Kana aniter in ‘Arad *) und bannten ihn, und er nannte den Namen der Stadt Horma. Und auch das Haus Josephs zog hinauf nach Bet-el und Jahve war mit ihnen.* Sie erobern Bet-el das früher Luz hiefs 7) durch Verrath; der Verräther baut Luz im Lande der Chetiter. „Und Manasse unterwarf

‘) Natürlich ist nach Jos. 15, 63 AAW YD für pod 2 (sic!) einzusetsen. Letzteres kann Correctur sein, ersteres nicht, da es mit den späteren Anschauungen im Widerspruch steht. Uebrigens liefse sich der Vers auch hinter v. 16 oder 17 versetzen.

®) Nach Jos. 15, 14 aus v. 10 und 20 reconstruirt.

*) Nur so kann für yyy—ıyy 177) gelesen werden. LXX fügen theils Jethro (aus Exod 18, eloh.) theils Hobab (Num. 10, 29, welche Quelle?) ein, mithin stand keiner der beiden Namen im Text (vgl. Studer su d. Stelle). Auch Jud. 4, 11 NPD Mo) PM] am lo nn a9 ya] ist das Eingeklammerte sicher Interpolation. Unsere Stelle erfordert nothwendig den Namen des Stammvaters, wie bei Kaleb und Qenaz, nicht das Gentilicium; und dafs er ursprünglich da stand, zeigen die folgenden Singulare 9y 45.

*) Unser Text fügt nach 3993 Wx ATT 279 sinnlos 77 ein; wie schon bemerkt ist dies Correctur zu MHy im folgenden Verse und an falscher Stelle in den Text gerathen.

5) Oder wohlrichtiger „unter“ Amaleq“, s. Hollenberg oben 8. 102.

*) s. o. 8. 132. Da unser Vers wegen v. 3 unzweifelhaft ächt ist, ergibt sich, dafs oben mit Recht Num 21, 3 angezweifelt oder als Hin- weis auf diese Stelle gedeutet wurde.

?) Es ist sehr bezeichnend, dafs der Elohist Jos. 16, 2 aus Luz ome Bet-ol benachbarte Stadt gemacht hat.

138 Meyer, Kritik der Berichte

nicht Bet-Shean“ u. s. w. Gleiche Angaben folgen über Ephraim, Zebulon, Asher, Naphtali. Wenn der judäisehe ‘Erzähler die gileaditischen Stämme überhaupt berück- sichtigt hat, was zweifelhaft erscheinen kann, so wird dies wahrscheinlich vor dem Jordantibergang geschehen sein, wie beim Elohisten. Den Abschlufs bildet : „Und der Mal’ak Jahve zog von Gilgal nach Betel'); und dort opferte man dem Jahve*.

Jeder Zug des so hergestellten Berichts ist nun jah- vistisch : die Bevorzugung J uda’s, die Unbekanntschaft mit Josua, )yy5m, die Befragung Jahve’s 1, 1; der “wo mm 2, 1°) Ja wenn Exod. 23, 20. 23 (vgl. 981) 32, 3. 33, 1. jahvistisch sind ®), wo Jahve verspricht, seinen Mal’ak dem Volke mitzugeben, so würde Jud. 2, 1 direct auf diese Stellen zurückgreifen. Zu Grunde liegt hier be- kanntlich die uralte Vorstellung, dals Jahve seinen Wohn- sitz auf dem Berge Horeb oder Sinai oder allgemeiner in dem Wüstengebirge Setr habe, wie die griechischen Götter auf dem Olymp *). Daher ist er in Kanaan nicht per- sönlich oder nur vorübergehend anwesend : hier weilt sein Vertreter, der Y'ı wöo. Eine genauere Untersuchung über die Quelle der angeführten Stellen würde indessen zu weit führen ; sind sie jahvistisch, so zeigt der Elohist auch hier wieder seinen späteren Ursprung dadurch, dafs er die naive Vorstellung ins theologische umsetzt : Jahve zieht nach ihm nicht persönlich mit nach Kanaan zur Strafe für das goldene Kalb (Exod. 33, 3°).

1) s. Wellhausen in Bleek’s Einleitung 4. Aufl., 8. 188. *) Vgl. Wellhausen, Gesch. Isr. I, 8. 855. 368.

s) So Wellhausen, wie ich glaube mit Recht; Dillmann weist 88, 1 f. an B, v. 8 an C; die Vorstellung des Wop soll C aus B ent- lehnt haben.

*) Lied der Debora, Jud. 5, 4, im Segen Mose’s Deut. 88, 2 nach- geahmt. Ferner Reg.I, 19. Exod. 8 (eloh.).

tiber die Eroberung Palacstinas. 139

Sehr deutlich ist auch die Berührung zwischen Jud. 1, 20 = 10 und der jahvistischen Kundschaftergeschichte, die erst durch den Bericht in Jud. 1 ins rechte Licht ge- stellt wird. Es ist nöthig, die Analyse von Num. 13. 14 etwas schärfer als bisher durchzuführen '). Sicher jahvistisch ist v. 29%) und folglich auch 17° und 22 (3) 28°. Mithin gehört 23. 24. 26°. 27. 32°. 33 dem Elohisten; dort gehen die Kundschafter nach Hebron, hier zum Traubenbach, dort treffen sie ,Riesenkinder* poyn r'%, hier „Giganten, Söhne Riese’s* poy 33 O9; Jud. 1 stimmt auch sprach- lich genau zum Jahvisten *). V.20 bereitet v. 23. 27 vor, ebenso schliefst 32° an 31; auch 30 wird wegen ANN DYN elohistisch sein. V. 18. 19 sind aus beiden Berichten ge- mischt; #71 Hyon mH in 18 ist die Frage, welche 32° be- antwortet wird, also elohistisch, 19 mit 20 unvertriglich, also jahvistisch. Dann gehört auch 28* dem Jahvisten an. Seine Erzählung lautete dann folgendermalsen : „[Moses schickt Kaleb und andere Kundschafter (?) aus] und sprach zu ihnen : zieht jetzt hinauf in den Negeb und dann ins Gebirge, um zu sehen, wie das Land beschaffen ist und ob seine Bewohner stark und zahlreich sind u. s. w. Und sie zogen ins Negeb und kamen nach Hebron; dort waren Ahtman Sheshai und Talmai, die drei Riesenkinder; gebaut ist Hebron 7 Jahre vor Zoan in Aegypten)... [und sie kehrten zurück und sprachen : ]... Stark ist das

1) Die sum Priestercodex gehörigen Bestandtheile hat schon Ndl- deke, Unters. 75 ff. sicher ausgeschieden.

%) 8. o. 8. 124.

*) pyr 32 steht Jud. 1, 20; Jos. 15, 14 daneben payn yn». Jos. 11, 21 ff. werden dann ein Volk der ‘Anagqiten opsy daraus, das auch Jerem. 47, 5 (LXX) kennt. Deut. 1, 28. 9, 2 sagt D’PIy 2- Ebenso wird aus den 4H 57 17'S: Sam. II, 21, 16 ff. das Gen. 14 leib- haftig auftretende Volk der m>9~%H7. Der Priestercodex macht‘ Anaq sum Sohn des Arb&# 1! Jos. 21, 11 vgl. 14, 15. 15, 18.

*) Wenn dies nicht Glosse ist.

140 Meyer, Kritik der Berichte

Volk das im Lande wohnt und die Städte sind befestigt und sehr grofs; ‘Amaleq wohnt im Negeb und der Kana- “aniter am Meer und am Jordan; und auch Riesenkinder haben wir dort gesehen“ '), Weitere Spuren des Jahvisten vermag ich nicht zu finden. Das Gespräch zwischen Jahve und Mose 14, 11—25 ist sicher nicht jahvistisch; denn v. 14 bezieht sich auf die elohistische nicht die jahvistische Darstellung der Gesetzgebung, das Motiv v. 12. 15 ff. ist aus Exod. 32, 9 ff. entlehnt, v. 18 = Exod. 34,6 f. Elo- histisch ist es freilich auch schwerlich, da diesem v. 30—32 (= Deut. 1, 39) angehört; mithin sind die Verse eine spätere Composition. Jedenfalls hat nach Jad. 1, 20*) Moses, nicht Jahve (Num. 14, 24) dem Kaleb Hebron versprochen.

In der That pafst nun auch das Motiv von dem Klein- muth des Volks und seiner Angst vor den Riesen swar sehr gut für ein theologisch angehauchtes Werk wie das des Elohisten, aber schlecht zu der frischen und kriftigen Auffassung des Jahvisten. Hat derselbe aber nichts von diesen Dingen erzählt, so fallt fiir thn auch der vierzig- jährige Aufenthalt in der Wüsteweg®). Bei ihm mufs viel- mehr auf die Aussendung der Kundschafter unmittelbar der Aufbruch zur Eroberung gefolgt sein. In den Marsch durch die Wüste fällt die Rebellion des Datan und Abtram ®); dann folgt der vereitelte Angriff auf “Arad 5), der Zug nach Moab, der Uebergang über den Jordan. Die Kund- schaftergeschichte aber hat gar keinen anderen Zweck, als zu motiviren, weshalb Kaleb in Hebron angesiedelt ist; Jud. 1, 20 ist also ihre nothwendige Ergänzung. Kaleb

1) So wird wohl umzustellen sein. *) Beseichnend ist die Variante Jos. 15, 18 yerıyb sy HdR für mon 27 oa) Jud. 1, 20. 5) Die Anschauung von demselben ist jedenfalls alt : Amos 5, 25; der Elohist benutzt die Kundschaftergeschichte um ihn theologisch zu motiviren. *) Ueber die jahvistische Darstellung s. Wellhausen, Jahrbb. f. D. Theol. XXI, 8. 572 ff. °) So erklärt sich auch, wie der Kampf bei Horma in theologischer Umgestaltung 14,45 unmittelbar an die Kundschaftergeschichte angeschlossen werden konnte.

rr “or SEES EERE

über die Eroberung Palaestinas. 141

erhält Hebron natürlich weil er die Kundschaft übernommen hat, nicht weil er standhaft geblieben ist. |

Die elohistische Erzählung die auch Deut. im Aus- mg vorliegt verräth deutlich ihre völlige Abhängigkeit vom Jahvisten. Kaleb wird beibehalten, aber für Hebron der „Iraubenbach“ Eshkol eingesetzt. Die Kundschafter und natürlich zwölf; die meisten fürchten sich vor den Riesen, nur Kaleb bleibt treu, zum Lohn dafür soll er allein seine Generation überleben, während selbst Moses vor der Eroberung sterben und das Regiment dem Josua übergeben mufs (Deut. 1, 37 f.). Der Priestercodex be- rechnet dann aus Jos. 24, 29, dafs auch dieser schon in Aegypten geboren war, fügt ihn daher den Kundschaftern bei, und läfst ihn neben Kaleb beharrlich bleiben.

6. Ueberblicken wir jetzt die jahvistische Geschichte der Eroberung Kana ans im Zusammenhang, so tritt vor allem hervor, dafs ihr eigentlich sagenhafte Bestandtheile und ausführlichere Erzählungen so gut wie ganz fehlen.

‘In unsere Darstellungsweise übertragen enthält dieselbe

lediglich eine Schilderung der zu Anfang der Königszeit bestehenden Zustände Das heifst mit anderen Worten : eine Tradition. über die Geschichte der Eroberung gibt er nicht; der Verfasser füllt die Lücke zwischen dem Abschlufs der mythischen Zeit (Exodus) und den Anfängen halb- sagenhafter historischer Erinnerungen, die im Buche der Richter gesammelt sind, nothdürftig aus durch eine auf die späteren Zustände gegründete und durch einige etymo- logische (Horma; die beiden Lüz) und genealogische (Kaleb, ‘Othniel u. s. w.) Combinationen ausgeschmückte Recon- struction. Ein paar judäische Localsagen (die Riesen, Aksa, Adonibezeq) kommen hinzu; die einzige ausführliche Erzäh- lung, die großartig concipirte Bile amepisode, ist dagegen weit eher eine freigeschaffene Dichtung als eine Sage; historische Thatsachen wird wohl Niemand in ihr suchen. Nur ein Punkt in dem ganzen Bericht mufs auf Tradition beruhen und seinem Kerne nach historisch sein : dafs das Volk bei Jericho

142 Meyer, Kritik der Berichte

über den Jordan ging !) und dies die erste Stadt war, die erobert wurde. Von allem weiteren hat weder Sage noch Geschichte eine Spur bewahrt. Ein vollständiges Analogon dazu bietet die griechische Tradition, die zwar den Einfall der Dorer in den Peloponnes als Abschlufs der mythischen Epoche kennt, aber weder Sagen an denselben angeknüpft noch historische Nachrichten über den Gang der Erobe- rung bewahrt hat : was die Späteren davon ersählen, be- ruht bekanntlich auf verhältnifsmälsig später Erfindung nicht peloponnesischer Dichter.

Die Dürftigkeit des jahvistischen Berichts, die unge- schminkte Art seiner Darstellung macht ihn für uns um so werthvoller. Namentlich Jud. 1 verdient weit grölsere Beachtung, als ihm bisher zu Theil geworden : die gang- bare auf den grundfalschen Angaben des Buches Josua beruhende Auffassung der Stämme, der Vertheilung des Landes, des Verhältnifses zwischen Hebriiern und Kana a- nitern, wird durch ihn völlig über den Haufen geworfen. Hier hebe ich nur hervor, dafs, den Verhältnissen der Zeit des Verfassers entsprechend, die Zweitheilung swischen Juda und Joseph d. i. dem Süd- und dem Nordreich, deut- lich hervortritt. An Judaschliefsen sich die kleinen Stämme Simeon, Kaleb, Qenaz, Qain an, an Joseph die Nordstämme und das Nationalheiligthum zu Bet-el in Ephraim *). Ben- jamin ®), Dan, Isashar (Levi) dagegen werden ganz tiber- gangen. In die Genealogie sind dieselben allerdings, wie der Segen Jakobs beweist, schon recht früh als gleich-

1) Auch QO Dy bedeutet nach Redslob’s höchst wahrschein- licher Erklärung (alttest. Namen der Bevölkerung 8. 18) „die über den Jordan Gekommenen“ oder „Transjordanischen*. [8. auch mein Lehrbuch der hebr. Grammatik. Leipzig 1879, 8. 1 $1? Anm.3. Als ich jenen Sats schrieb, kannte ich Redslob’s Ausführungen nicht. B. 8.]

*) Der Priestercodex erklärt Jos. 18, 22 Bet-el für benjaminitisch!

s) [Falls es nicht stillschweigend unter das RDY ms subsumirt wird, vgl. 28a. 19, 21. B. 8]

über die Eroberung Palaestinas. 143

berechtigte Söhne Israels aufgenommen worden, um die Zwölfsahl zu completiren. Aber historisch stehen sie mit den grofsen Stämmen Juda, Joseph, Gil'ad (= Gad) und den Nordstämmen keineswegs auf gleicher Linie, sondern eher mit den zahlreichen Unterabtheilungen von Juda oder . höchstens mit Ephraim und Manasse.

7. Auf dem gewissermafsen naiven Standpunkt, den der Jahvist einnimmt, bleibt keine Geschichtsschreibung stehen; wie sie an den Mythen und Sagen so lange herum- arbeitet, bis sie zu einer zusammenhängenden, mit fester Chronologie ausgestatteten pragmatischen Geschichte werden, so sucht sie auch durch Combination und freie Erfindung die Lücken der Ueberlieferung auszufüllen. Am verderb- lichsten für die Erkenntnifs des wirklichen Kerns wirkt dieser Procefa da, wo, wie überall im alten Orient, ein theologisches System mehr und mehr die Herrschaft ge- wiont. Durchaus auf diesem Standpunkt steht der Elohist, den eine weite Kluft, etwa dem Abstand zwischen Ephoros und Herodot vergleichbar, vom Jahvisten trennt !). In den früheren Partien konnte er sich umgestaltend und er- weiternd doch wesentlich an diesen halten; aber an die Stelle von Jud. 1 hat er das Buch Josua gesetzt, und hier wo er am freiesten arbeitet, lälst sich auch seine Eigenart am deutlichsten erkennen. Neues Material hat er zu dem jahvistischen nur wenig hinzugefügt : den auf ephraimi- tischer Tradition beruhenden Führer Josua ?), der hier zum eigentlichen Nationalhelden gemacht wird und z. B.

1) Natürlich ist auch der Jahvist von einer einfachen Wiedergabe der Volkssagen weit entfernt; diese sind vielmehr, wie s. B. das fest- stehende genealogische Schema beweist, schon lange vor ihm bearbeitet und umgestaltet worden.

*) Josua verhält sich zu Ephraim wie Kaleb zu Juda. Denn da er sich nach Jos. 19, 50. 24, 80 (= Jud. 2, 9) in Tamnat-Heres (so Jud. 2, 9 und Vatic. Jos. 19, 50 [Bauapxraens]) für MID Fon) an- siedelt, wird er ursprünglich Geschlechts- oder Stammname sein,

144 Meyer, Kritik der Berichte

auch die Beschneidung einführt (Jos. 5, 2. 3. 9), die nach dem Jahvisten auf Moses (Exod. 4, 24) zurückgeht; das mifsverstandene Liederbruchstück Jos. 10, 13; und viel- leicht die Gibe onerzählung. Alles andere, das Detail der Eroberung Jerichos, der Kampf gegen “Ai, gegen Adoni- sedeq und seine Bundesgenossen, und gegen die nörd lichen Amoriter, trägt deutlich den Stempel freier und recht dürftiger Erfindung und zeigt schon eine bedenk- liche Hinneigung zu der wollüstigen Grausamkeit, in der der deuteronomistische Bearbeiter des Buches Josua schwelgt. Das theologische Ideal ist schon völlig und breit durch- geführt. Neben den weltlichen Führern stehen Hohepriester (Aharon und Elazar), das Volk handelt einmüthig und geschlossen, die Amoriter werden, wenn auch noch nicht sämmtlich (13, 1. 18, 3 ff. vgl. 24, 15), wie beim deut. Be- arbeiter und im Priestercodex, so doch grölstentheils aus- gerottet oder unterworfen, den einzelnen Stämmen wird ein fest abgegrenztes, ja schriftlich aufgezeichnetes Gebiet zugewiesen, und das Ganze schliefst mit der feierlichen Verpflichtung des Volks, Jahve allein zu dienen, nach einer langen Rede Josua’s, die in Wirklichkeit natürlich an die Zeitgenossen des Verfassers gerichtet ist.

Diese Schilderung verlangt nothwendig eine Fortsetzung, welche zeigt, wie es gekommen ist, dals der ideale Zustand nicht bestehen blieb '). Die starke Betonung der frei- willigen Verpflichtung des Volks (24, 22 : „Ihr selbst seid Zeugen, dafs ihr selbst Jahve gewählt habt ihm zu dienen ; und das Volk sprach : wir sind Zeugen“) und die vorher-

*) Man wende nicht ein, dafs ja auch der Priestercodex mit Josua abschliefse. Die Verfasser desselben sind durch die politische Vernich- tung der Nation von der Vergangenheit völlig losgerissen und haben lediglich den Zweck. ihre „Gemeinde“ wiederherzustellen; der Elohist aber will reformiren. Er steht mitten im historischen Leben der Nation und bedarf nothwendig einer Vermittelung zwischen dem theologischen Ideal und den factisch bestehenden Verhältnissen.

tiber die Eroberung Palaestinas. 145

mehenden Worte Josua’s v. 19 f.: „Ihr werdet nicht im Stande sein Jahve zu dienen, denn er ist ein heiliger, ein sifersüchtiger Gott, der Euren Abfall und Eure Sünden sicht vergeben wird ; wenn Ihr ihn verlalst und den Göttern der Fremde dient, wird er Euch mit Bösem vergelten und Euch vertilgen, anstatt dafs er Euch bisher Wohlthaten erwies® weisen besonders gebieterisch auf eine Fortsetzung hin. Und diese liegt deutlich vor in Jud. 2, 22 = 3, 4. 2, 23°. 3, 1°. 5. 6, Versen, die mit den vorhergehenden in gar keinem Zusammenhang stehen. Der Inhalt ist : ahve hat einige Völker übrig gelassen, um die Israeliten su versuchen und zu erfahren, ob sie seinen Geboten Folge kisten werden. Sie aber schliefsen Mischehen mit den Eingeborenen und dienen ihren Göttern.“ Damit ist der Uebergang zu den factischen Zuständen wie die Motivirung für das Elend der Richterzeit gewonnen.

Meine Ueberzeugung ist, dafs wie der Elohist so auch der Jahvist mindestens noch die Richterzeit behandelt hat, aber nach ganz anderen Gesichtspunkten. Ihm gehören Jad. 2, 23». 3, 1°. 2 und wohl auch die Völkerliste in v. 3 (s. 0.) : „Jahve vertrieb die Kana aniter nicht en Eile, nur damit die Geschlechter der Söhne Israels die Kriegführung Kanaans lernten, die sie früher nicht gekannt hatten.“ Diese Auffassung, welcher die des Bundesbuchs Exod. 23, 29 f. zunächst steht, ist die passendste Einleitung zur Geschichte der Heldenzeit Israels und steht in voller Ueber- einstimmung mit dem Geiste, in welchem diejenigen Ge- schichten des Richterbuchs, welche seinen ursprünglichen Kern bilden, erzählt sind.

Dies weiter zu verfolgen ist nicht unsere Aufgabe. Für die Geschichte ist das Resultat unserer Untersuchung, dafs von historisch verwerthbaren Nachrichten über die Eroberung Palaestinas, geschweige denn tiber die älteren Zustände des Landes, nicht die Rede sein kann. Erst bei len Kämpfen, welche die Hebräer sn Kanaan geführt

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 10

146 Nachwort des Herausgebers

haben, weniger mit den älteren Einwohnern (Debora), mit denen sie vielmehr meist in Frieden lebten, als mit den nachdringenden Wüstenstämmen, die ihr Beispiel nach- zuahmen suchten, beginnen die ältesten historischen Er- innerungen des Volks.

Nachwort des Herausgebers.

Wenn der Herausgeber sich erlaubt, der scharfsinnigen Studie unseres geehrten Herrn Mitarbeiters einige Worte hinzuzufügen, so geschieht es nicht, um in eine Discussion über die Einzelheiten seiner Quellenscheidung einzutreten. Er unterläfst diefs um so mehr, als er die Schlufsresultate des Verf. über J uud E für unumstößlich hält. Allein er glaubt, dafs es demselben eine nicht unerwünschte Bestäti- gung für die Richtigkeit seiner Resultate ist, zu erfahren, dafs der Herausgeber von jeher in seinen Vorlesungen über die Geschichte des V. I. betont hat, dafs die hebräische Geschichtschreibung keinerlei historisch verwerthbare Er- innerung über die Eroberung des Landes enthält, und von jeher das alte Lied Nu. 21, 28—30 unter Streichung der aus v, 27 entnommenen Naht prro “x 3502 v. 29 als israelitische Parallele zu M&is Z. 4 ff. erklärt hat.

Den Schlufssatz der vorstehenden Abhandlung vertritt der Herausgeber nicht nur vollständig, sondern es ist ihm sogar zweifelhaft, ob die Sage mit Recht Jericho als erste Eroberung der Kinder Israels im Westjordanlande auf- fafst. Der Umstand, dafs in Ri. 1 als erste Eroberung Josephs Laz, als erste Eroberung der Israeliten überhaupt aber die des judäischen Gebietes erscheint, schliefst diese Annahme zwar nicht aus, aber sie wird widerrathen durch die Entstehungsgeschichte des Stammes Benjamin. In der

'

su Meyer, die Berichte über die Eroberung Palaestinas. 147

Vätersage schimmert noch deutlich durch, dafs er sich erst im Westjordanlande gebildet hat, wie dies 8. 113 ange- deutet worden ist. Von Joseph ausgehend hat sich Ben- jemin d. h. der Südliche eines grofsen Theiles der kana- näischen Territorien bemächtigt, welche dereinst Joseph von dem um Bethlehem wohnenden israelitischen Stamme Juda und den sich an diesen anschliefsenden judäisch-edo- mitisch-arabischen Mischstämmen trennten. Allein ein großer Theil dieses Gebietes : Beeroth, Hakkephira, Gibeon, Jebus und vielleicht auch Kérjath Jearim Jos. 9, 17 blieb kananäisch bis zum Beginne der Königszeit. Zu diesem enst kananäischen Gebiete gehörte wohl auch Jericho. Ich halte es für möglich, dafs die Sagen von der Erobe- rang Jerichos und des gleichfalls im Gebiete Benjamins gelegenen Ai aus einer Umdeutung der Erinnerungen an jene Festsetzung josephidischer Clans südlich vom alten Gebiete Josephs entstanden sind, welche zur Bildung des Stammes Benjamin führte. Bei derselben kann der jose- phidische Clan Josua sehr wohl eine besondere Rolle ge- gielt haben. Es ist ferner auch möglich, dafs die Sage den Beitritt der Gibeoniten zu dem Verbande der Kinder Iwaels richtig als Folge der Eroberung Jerichos und Ais ssieht. Die Eroberung dieser Städte kann deshalb zeitlich immerhin erheblich früher fallen. Sie wird den Beginn ron Bewegungen bezeichnen, als deren letste Ausläufer man die uns verschwiegenen Ereignisse ansehen kann, welche zu dem tragischen Untergange der Sauliden 2 Sa. 4, 2 ff. c. 21 führen. Uebrigens ist daran zu erinnern, lafs Städte wie Penuel, Mahanaim, Jabes als ältester Besitz ler Kinder Israel weit besser bezeugt sind, als die dem tebiete Benjamins gegenüberliegenden gaditischen Städte. be spielen in der ältesten Zeit schon eine bedeutende olle, jene gar keine. Und die Meinung, dals Gilgal das ste Standlager auf transjordanischem Gebiete gewesen 10*

148 Nachwort des Herausgebers

sei, würde sich aus einem Rückschlusse aus den zur Zeit Sauls bestehenden Verhältnissen völlig erklären.

Mag man aber nun den Uebergang der Hebrier ins Westjordanland bei Jericho oder weiter nördlich erfolgen lassen, so steht jedenfalls fest, dafs die ersten Schaaren der Hebräer auf friedlichem Wege, durch Vertrag mit dea kananäischen Ureinwohnern, in den Besitz westjordanischen Landes gekommen sein werden. Bildeten auch die kans- näischen Städte keinen festen politischen Verband, so waren sie doch ohne Zweifel stark genug, um ein gewaltsames Eindringen in das Westjordanland abzuwehren, oder eine schon eingedrungene Schaar, selbst wenn sie etwa durch Verrath oder Handstreich bereits in den Besitz einer Stadt ge- kommen war, wieder über den Jordan zurückzuwerfen, wie es später die Israeliten den ihnen nachdringenden Wiüsten- völkern gegenüber gewesen sind. Alle Vortheile, welche eine höhere Cultur und die Ueberlegenheit der Zahl gewähren, waren ja auf ihrer Seite. Aus Aeulserungen wie Jos. 17, 16. Ri. 1, 19. 3, 1. 2. schimmert zudem noch deutlich durch, dafs die Kananäer den Israeliten ursprünglich durch ihre bessere kriegerische Organisation überlegen waren.

Dagegen begreift sich sehr wohl, dafs die Kananie kraft eines Vertrages einzelnen israelitischen Geschlechtern die Ansiedelung im Westjordanlande gestatteten. Schickte vielleicht früher diehebräischen d. i. transjordanischen Stämme ihre junge Manneskraft auf Raub und Plünderung the den Jordan in das kananäische Culturland wodurch js später die Wüstenvölker den Israeliten so lästig fielen so konnten die Kananäer hoffen, durch Ansiedelung solcher Elemente dieser Plage ledig zu werden. Die Kananie haben im Allgemeinen nur die Ebenen und Thäler dicht besiedelt. Daneben haben sie freilich auch einige durch ihre günstige Lage sich auszeichnende Plateaus und Berge besiedelt und befestigt. Aber zwischen ihren Siedelungen lag noch reichlicher Wald, welcher der Rodung harrte und

150 Harkavy, Mittheilangen

kananäischen Urbevölkerung Herr des gröfsten Theiles seines späteren Besitzes geworden war, so erklärt sich dies daraus, dafs es bei aller Verwandtschaft seiner religiösen Ideen mit denen der Kananäer Dank seiner vom Sinai stammenden Religion religiös und sittlich höher stand als die Urbevél- kerung und mit gänzlich unverbrauchter Kraft an seine Auf- gabe herantrat. So kam es, dafs Israel sich allmählich als adliges Herrenvolk (DW 9) fühlen lernte, welchem die Urbevölkerung trotz grifserer Cultur zu dienen bestimmt war. Gen. 9, 26. B. 8.

Mittheilungen aus Petersburger Handschriften.

Einleitendes. Die zweite, im Jahre 1876 von der Petersburger Kaiserl. Oeffentl. Bibliothek erworbene Samn- lung Firkowitsch enthält gar vieles für die bibl. Wissen- schaft Werthvolles, sei es an alten, in Babylonien, Syria und Aegypten geschriebenen Bibelcodd. nebst der Rand- und Schlufsmassora, sei es an exegetischen, in arabische Sprache abgefafsten Werken von rabbinischen und karäischen Autoren. Die Einen wie die Anderen sind in die Bibliothek in der gröfsten Unordnung gekommen; so sind s. B. in einem Haufen von Blättern, die der Sammler mit eine Nummer bezeichnete, disjecta membra aus verschiedene (manchmal mehr als 10) Codd. zusammengestoppelt; ebenso sind umgekehrt manche Blätter aus einem und demselben Cod. auf mehrere NN. vertheilt. Die exegetischen Hand- schriften sind noch dazu gar oft mit Fragmenten aus gans anderen Werken vermischt, und da die Einen wie die Anderen akephala und ateleuta sind, so wird die Arbeit der Vereinigung des Zusammengehörigen und des Aus-

a a

aus Petersburger Handschriften. 151

cheidens des Fremdartigen dadurch sehr erschwert, umso- nehr, da es sich hier zumeist um bisher unbekannte, sonst urgends vorhandene Werke (Unica) handelt. Es ist dem- nach leicht begreiflich, dafs die Sichtung und die Beschrei- bung einer solchen, aus mehreren Hunderttausenden Blät- tern und Fragmenten bestehenden Sammlung nicht von anem, noch dazu anderweitig viel Beschäftigten, schnell su Stande gebracht werden können. Diels diene auch zur Erklärung des fragmentarischen Charakters folgender Mit- theilungen aus unseren Handschriften. Es folgt hier zu- nächst ein Verzeichnifs der Werke über biblische Exegese und hebräische Sprachwissenschaft, von denen ich bisher mehr oder weniger Kenntnifs genommen habe, oder die ich excerpirte, und zwar ursprünglich blofs zum eigenen Gebrauche.

A. Rabbinische Autoren. «. Exegese.

Saadiah Gaon (892—942). Von diesem, von Ibn- Esra mit Recht Dip 533 OND WN betitelten, Rector der Akademie in Sora, hat sich bis jetzt bei uns Folgen- des in diese Rubrik Gehörendes aufgefunden. a) Bruch- stück seines Commentars zur Genesis (Abschn. mw rn); vielleicht aber nicht ihm, sondern Ibn-Chofni gehörend, vgl. meine Bemerkung in Berliner’s Magazin (V, 1878, p. 183). b) Einen bedeutenden Theil seines Commentars sum Exodus (von Cap. 25 an) fand ich noch im Spät- sommer 1874 in Tschufut-Kale und theilte verschiedene Excerpte daraus mit in einigen hebräischen Zeitschriften. Diese Hachr. war seitdem in Paris bei Herrn Joseph Deren- bourg, der dieselbe zum Behuf einer Publication copirte. Vor iniger Zeit fand ich noch ein Fragment aus einer anderen Ischr., blos aus vier kleinen Blättchen bestehend (zu Exod. ap. 3), und beeilte mich, eine Abschrift davon Herrn Jerenbourg zuzuschicken. Ich erkannte es als saadianisch

152 Harkavy, Mittkeilungen

an der Erklärung des roba (III, 2), wie dieselbe vom Karäer Jephet (bei Munk u. Pinsker, Lickute II, 71-9) und in seiner eigenen Erklärung der 70 Wörter vorkommt, © nämlich durch den Vergleich mit einem Ausdruck in der Mischna. Dunasch (Kritik, ed. Schröter, p. 54, Nr. 108) will es gleich 5152 betrachten, wogegen Ibn-Exzra (Sephat Jether, ed. Lippmann, p. 31° Nr. 140, wo der Herausgeber in seinem Commentar nicht wulste, dafs Saadiah die von ihm angeführte Mischna gebrauchte, um gerade das Gegen- en wot) Einspruch erhebt. Uebrigens sagt hier Saadiah ausdrücklich, dafs er so etwas wie die Erklärung der 70 Wörter zu verfassen gedenke (WH M392 lu, MPS! 3 Lgive pty ON 3 Kan] KL a Led JE payer hung bo 3 la! 0,535 Lila, LE wot, RS 3) Neu- lich fand ich noch ein weit gröfseres, aus 67 Bl. bestehendes, Bruchstück zu Exod. cap. 9—12, welche wahrscheinlich mit den eben erwähnten 4 Bl. aus einem und demselben Cod. stammen. c) Ein Theil vom Commentar zu den letzten Capp. des Deuteron. ist von dem Abschreiber, wie er selbst in der Aufschrift meldet, mit dem Comment. des Ibn-Chofhi zusammengewürfelt.. d) Ein grofses Bruchstück (79 Bl) von seinem Commentar, oder vielmehr von seinem Glossen, zu Samuel, Könige, Jesaia, Jeremia und Jesekiel, wovon ich die Hälfte ungefähr schon abgeschrieben habe. Die Hachr. enthielt auch die Glossen zu Josua und Richter, denn am Schlusse von Sam. liest man st all ws At PR. 2% Drabn It 932. e) Mehrere Fragm. (aus 9 verschiedenen Hschr.) vom Commentar zu den Psalmen, die ich noch nicht näher untersuchte; f) Verschiedene Citate aus seinen verloren gegangenen exegetischen und sprachwissenschaft- lichen Schriften habe ich aus den Schriften seiner Nach- folger gesammelt. Auch werden sich vielleicht mehrere andere exegetische Fragmente, die noch nicht gehörig unter- sucht sind, als dem Saadiah angehörig erweisen. Samuel Ibn-Chofni (st. 1034). Von diesem Gaon, Schwiegervater des Haja Gaon, besitzen wir : a) das oben

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aus Petersburger Handschriften. 153

erwähnte Bruchstück zum Abschn. mw “Mm, dessen Autor- schaft übrigens zweifelhaft ist. b) einen fast vollständigen Commentar zu den drei letzten Abschnitten der Genesis (mm, wm, ppd), wo ich, unter anderem, auch seine Genea- legie gefunden habe; s. Magazin von Berliner V, 5/—8; mane „Studien und Mittheilungen* III, 7u. 10. c) Einiges aus seinem Commentar zu den letzten zwei Abschnitten von Deuteron. befindet sich, wie oben erwähnt, zusammen mit dem saadianischen Commentar. d) Mehrere Citate aus seinen exegetischen Werken habe ich in den Schriften der Nachfolger gefunden ; ebenso werden sich wohl einige unter den anonymen Fragmenten als ihm gehörig herausstellen, wie mir dies für eines zu Exod. und eiu anderes zu Numeri sehr wahrscheinlich ist.

Noch einen dritten Gaon will ich hier erwähnen, näm- ich Aharon (arabisch hieß er : Chalaf) Ibn-Sar- dschado, Zeitgenossen und Nebenbuhler des Saadiah. Bis jetzt waren nur ein paar Citate von ihm bei Ibn-Ezra (zu Gen. 34, 30. 49, 6; zu Exod. ed. Reggio p. 113; zu Levit. 18, 6) bekannt. Ich habe zwar bis jetzt seinen eigent- lichen Commentar zum Pentat. auch noch nicht auffinden können; es ist mir aber gelungen, Bruchstücke daraus in der Originalsprache bei Ibn-Balam und bei Tanchum von Jerusalem (im „ar! WLS) zu entdecken.

Jehuda Ibn-Bal&m (um 1070-1090). Von seinen sehr wichtigen Schriften besitzen wir : a) Fragmente vom

> ai us, wie der Commentar zum Pentat. vom Autor

itelt wird. b) Commentar zu den Prophetae prior. et posteriores, fast vollständig. c) Bruchstücke zu den Psalmen und d) zu Kohelet.

Ali Ibn-Israil (aus der zweiten Hälfte des XI. Jahr- hunderts). Von diesem bis jetzt ganz unbekannten Autor, der in Babylonien oder Persien gelebt zu haben scheint, besitzen wir einen ausführlichen Commentar zum 1. Buche Samuel, in welchem er öfters gegen die Karäer polemisirt.

154 Harkavy, Mittheilungen

Tanchum al-Maqdisi (oder Jeruschalmi, im XIII. Jahrh.). Von seinem .\.Jj! WS, welches die Er- klirung der ganzen Bibel enthielt, besitzen wir : a) Ein

bedeutendes Fragment zu Deuteron. (Noch Goldsiher, .

Stud. über Tanchum p. 8, Anm. 1, leugnete die Existens des Comment. zum Pentat.), wo Saadiah, Ibn-Chofni, Ibn- Sardschado und andere häufig citirt werden, b) zu Josus, c) zu Könige, d) zu Jesaia, e) zu den Psalmen und f) zu Hiob, zweifelhaft ob ihm gehörend. Seine Werke, ebenso wie die Ibn-Baläm’s, sind eine unerschöpfliche Fundgrube für die ältere exegetische und grammatische Literatur.

Von mehreren offenbar alten Werken und Fragmenten, deren Verfasser noch unbekannt sind, will ich vorläufig nicht sprechen, da es doch sehr möglich ist, dafs ich im Verlauf meiner Arbeit die Namen der Autoren entdecken werde. Ebenso will ich jetzt nicht von den vielen Citaten aus verloren gegangenen Schrifter (wie z. B. die Isaak Ibn-Giath’s und Mose Dachaktila’s, beide aus dem XI. Jahrh.) handeln.

ß. Sprachwissenschaftliche Werke.

Saadiah. Auch hier stofsen wir zuerst auf diesen klangvollen Namen in der jüdischen Literatur des X. Jahr-

nk

hunderts. Von ihm befindet sich in unserer Sammlung: :

a) Die genaue Abschrift eines aus sechs Blättchen bestehen- den Fragments (das Ms. selbst ist in Kahira) von der arabischen und hebräischen Vorrede zum Agron (U) betitelten Werke, wo die hebr. Radices, nach der Vorrede zu schliefsen, nach ihren Anfängen und Enden (nach Art der Reim-Wbb.) geordnet waren. Dieses Werk enthielt auch Grammatisches, wie aus Dunasch’ Kritik (p. 56, Nr. 169), den Responsen der Schüler Menahem’s (ed. Stern p. 40) und Ibn-Ezras Mosnajim (am Anf.) erhellt. Der hebr. Theil ist fehlerhaft (nach einer anderen Copie) edirt in der hebr. Ztschr. Lebanon }y25n, VIL, 275-6) und

ve Eee lk

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aus Petersburger Handschriften. 156

in Geiger’s Jüd. Zechr. (X, 256—262); mehrere Erklä- rungen und Berichtigungen gab ich in der hebr. Zschr.

ı! Karmel (won II, 666-668). Das arabische Frag- ‚| ment ist noch unedirt, und werde ich dasselbe in dieser | Zechr. veröffentlichen. b) Eine kurzgefafste Grammatik | m unserer Sammlung, die ebenfalls Saadiah zugeschrieben | wird, harrt noch der Bestätigung bei näherer Untersuchung.

Haja Gaon (st. 1038). Das hebräische und chal- däische Wörterbuch des letzten Rectors der talmudischen Akademie in Pumbeditha (Babylonien), das öfters von Ibn-Dschan&h, Ibn-BalAm u. A. unter dem Titel ga Was angeführt wird (Ibn-Ezra im Mosnajim nennt es hebr. MORENO, Abraham Bukrat bbı9 ‘p), war im Alterthum sehr geschätst. Das Bruchstück daraus (von xt bis ox, 20 theils beschädigte Bl.) unserer Sammlung seigt, dals obzwar der Verfasser von der Triliteralität noch nicht wufste, das Werk dennoch werthvoll ist in vielen Beziehungen, und namentlich wichtig ist es für talmudische Lexicographie.

Samuel Ibn-Nagdilah (992—1065) und sein Gegner Abulwalid Ibn-Dschan&h. Von dem erst- genannten Vezir in Granada befindet sich bei uns das zweite Cap. des ersten Theiles seiner 36 J} J5U.,, einer polemischen Schrift gegen Ibn-Dschanäh zur Vertheidigung der gram- matischen Ansichten des Chajudsch. Ich habe das Bruch- stück den Herren Derenbourg mitgetheilt, die es in der Einleitung zu der vortrefflichen Ausgabe der Opuscules d’Ibn Djan&h (Paris 1880 p. LIX seq.) veröffentlichten. Auch habe ich eine beträchtliche Anzahl von Citaten aus den genannten Resail, wie auch aus dem Hauptwerke des Ibn-Nagdilah, dem Lisi 3! L&S (bei Ibn-Ezra Mosnajim Wyn "5D genannt), in den Werken der Nachfolger ge- sammelt. Unser Fragm. aus der Replik Ibn-Dschanäh’s auf die Resail (gen. „Al Us), ebenso wie anderes, diesen Gelehrtenstreit Betreffendes, wurde ebenfalls von den Herren Derenbourg (ebendas. p. XLIX seq.) abgedruckt.

156 Harkavy, Mittheilungen

Isaak (arabisch : Abu Ibrahim) Ibn-Jaschüsch (aus der zweiten Hälfte des XI. Jahrh.). Wir besitzen : ein grammat. Werk, welches 3 Loi} WLS betitelt ist und nach verschiedenen Merkmalen mit dem von Ibn-Ezra er- : wähnten O'DY137 Wo identisch ist.

Ibrahim Ibn-Barun (Ende des XI. und Anf. des XII. Jahrh.). Von diesem Verfasser besitzen wir das sehr wichtige grammatische und lexicalische Werk &jl,l} Ws, welches sehr reich ist an Citaten, nicht nur von jüdischen, sondern auch von muhammedanischen Autoren, da unser Verfasser öfters auch die arabische Grammatik zum Ver-. gleich anführt.

Da hier vorläufig nur die ältere Literatur in Betracht kommt, so wollen wir nun von den rabbinischen zu den karäischen Autoren und Werken übergehen.

B. Karäische Autoren. y. Exegese.

Abu-Nasr Jusuf Ibn-Barhun (wahrscheinlich identisch mit dem bei Pinsker I, 25 genannten Joseph b. Abraham Albasri? yıan). Wir besitzen einen bedeuten- den Theil seines Pentateuch-Commentars, der nicht nur wegen seiner frühen Zeit (VIII. oder IX. Jahrh.), sondern auch an und für sich sehr interessant ist; vgl. mein FOND ow I, N. 6, p. 91.

Abu-Jakab JtsufIbn-N th (wahrscheinlich iden- tisch mit dem ebenfalls dem VIII. oder IX. Jahrh. ange- hörenden Joseph b. Noah bei Pinsker I, 25. If, 73—74.) Auch von ihm befindet sich bei uns ein Commentar zum Pentat., und ein Epigraph vom Schreiber des Cod. versichert, dafs wir nur das Compendium, von dem bekannten Abulfara- radsch Harfin verfertigt, vor uns haben, obwohl auch in dieser Gestalt das Werk keineswegs kurz genannt werden kann.

Abu-Jüsuf Jaküb Alkirkisäni, Zeitgenosse des Saadiah und einer der Häupter des Karaismus (schrieb

aus Petersburger Handschriften. 157

937). Sein ‚1,53 WLS, von dem wir mehrere defecte Hschr. besitzen, aus denen vielleicht das ganze Werk sich zusammenstellen lassen wird, besteht aus zwei Theilen, von denen der letzte, Lästa2L UT betitelt, einen sehr ausführ- lichen Pentat. Commentar enthält, der erste aber, der als Einleitung zu jenem dient, spricht ausführlich über die Geschichte der jüdischen Secten, bei welcher Gelegenheit er auch gegen das Christenthum polemisirt, über die Inter- pretationsregeln der Bücher Mose, die Differenzpunkte zwischen Karäern und Rabbaniten u. dgl.m., worauf ein voll- ständiges karäisches Gesetzbuch (<3!,2J! L&S) folgt.

David ben Boas, der Fürst (xy) genannt; er

soll Nachkomme des Stifters der Karäersecte in der fünften Generation (Anan, Saul, Joschija, Jehoschafat ud Boas, der Vater des Dav.) gewesen sein. In seinem, bei uns befindlichen Commentare zu Levit. und zur letzten Hälfte des Deuteron., wird öfters gegen Saadiah heftig polemisirt, und zwar wird er nie beim Namen, sondern immer ,>,J$ 169 genannt. Der Verfasser scheint sein Zeit- genosse gewesen zu Bein.

Salomo ben Jerucham (oder arab. Ibn-Ruheim), jüngerer Zeitgenosse des Saadiah und heftiger Gegner des- selben. Von ihm haben wir Theile des Comment. zu den Psalmen (der sich auch in der ersten Sammlung Firko- witsch befindet), zu den Sprüchen und zum Buche Esther.

Sahlben Mazliach, genannt Abfis-Sari, einer der grölsten Eiferer gegen die Rabbaniten überhaupt und gegen seinen älteren Zeitgenossen Saadiah insbesondere. Ein Theil seines Commentars zu Deuteron. hat sich bei uns erhalten.

Jephet (arab. Hasan) ben Ali (aus dem Ende des X. Jahrh.), der gröfste und fruchtbarste karäische Exeget. Wir besitzen seine Werke in einer reichen Fülle von ganzen Heschr., defecten und Fragmenten, aus denen sich wohl, nach genauer Untersuchung, sein Commentar zur ganzen Bibel herstellen lassen wird.

168 Harkavy, Mittheilungen

Levi ben Jephet, Sohn des Vorhergehenden. Ba uns befindet sich ein bedeutender Theil seines Comment, | zur Genesis; die Autorschaft desselben ist mir übrigens | noch zweifelhaft.

Abül-Faradsch Furgen (abbrev. 58, hebräisch Jeschua ben Jehuda), Schüler des berühmten Jüsuf al-Bagtr oder Joseph ha-Ro6, und selbst ebenfalls einer der wichtigsten karäischen Gelehrten. Sein Pentat.-Commentar wird häufig von Ibn-Esra citirt (Gen. 28, 12. Exod. 3, 2, 13. 4, 4. 6, 3, 13. 7, 3, 12 u. s. w.) und wir besitsen bedeutende Bruchstücke dieses Werkes.

SahlIbnFadhl at-Tusteri (hebr. Jaschar ben Chesed), aus dem XI. oder XII. Jahrh., hinterliefs eben- falls einen Pentat.-Comment., von dem bei uns verschiedene Theile sich vorfinden. Abél-Faradsch Harfn (aus dem XI. Jahrh.) ver falste einen bist! & zur Bibel, wo alle schwierigen Wörter, manchmal auch ganze Sätze, erklärt werden; von ihm haben sich mehrere Theile, die möglicherweise da ganze Werk enthalten, bei uns erhalten. Ebenso besitze wir mehr oder weniger bedeutende Bruchstücke von da Commentaren des Ali Ibn Suleim4n (XIL oder XII Jahrh.) und des Joseph Ibn Küdschak (XIII. Jahrh.?) zum Pentat., des Samuel Ibn-Mansfir (XIV. Jahrh ?) und des Samuel Magribi (Maarabi, XV. Jahrh.) su da Propheten u. dgl. m.

6. Sprachwissenschaftliche Werke.

Als besonders wichtig auf diesem Gebiete erscheinen die Werke kaäsll WES und Jul OLS von dem oben- erwähnten Abt4l-Faradsch Harfn aus Jerusalem, dessen Lob auch von Mose Ibn-Ezra (in seinem 8 ol Ws) verkündet wird. Der Vergleich des Hebräischen mit dem Arabischen wird hier mit besonderer Vorliebe, manchmal sogar übertrieben, behandelt. Ein »w Ww! „AS betiteltes

aus Petersburger Handschriften. 159

/örterbuch von einem gewissen Salomo ben Mebo- ach, eine Grammatik von einem al} &,9 (hebr. Nethanel), eide zweifelhaft ob Karäer oder Rabbaniten, und mehrere ndere Wörterbücher, Glossare und grammatische Schriften efinden sich in unserer Sammlung und harren noch einer iheren Untersuchung. Die hier gegebene kurse Uebersieht eines Theiles der Firk. wurde nach einem von mir in Tschufut- “ale im J. 1874 angefertigten Verzeichnisse, in welches einige päter hinsugekommene Bemerkungen eingetragen worden ind, dargestellt. Das Nähere wird wohl am besten durch \uszüge aus den Werken selbst, zu. denen wir nun über- ‘shen wollen, beleuchtet werden.

A. Harkavy. (Fortsetsung folgt.)

Zur Geschichte des syrischen Bibeltextes.

Dafs die monophysitische Ueberlieferung des Bibel- xtes und seiner Aussprache, wie sie in den Marginalien ee von Wiseman besprochenen Codd. des Vaticans und en ähnlichen des britischen Museums vorliegt, aus Klöstern m Häb'ör& in Mesopotamien hervorgegangen ist, darauf chien die Lage des Klosters Qargaft'ä bei der Stadt fag*dal (Migdel) unweit Réé ainä zu deuten. ».2. D.M.G. 2, 745. Eine Bestätigung dieser Bestimmung bietet eine tlosse des Cod. Huntingdonianus in Bar Bahlül’s Lexikon, ie ich nach Larsow’s Abschrift hersetse : taltadaien Jasnjo un . com du] 2 Loajo Hu ei al ie Dis Be in;o wlan am Ian AU te) belo om has tod 127+? wo ‚am Bas fica .|Zaltedate? \Lodmdun „slo |Zaaalo » GSS janet, Joa fac jac Zul ao fa] No bola

160 Hoffmann, sur Geschichte des syrischen Bibeltextes.

om Sit Ploeg om As Las om fom waiwete? fio ond on yaasso Soyo Puzo lon yon} (1. wey oder wan) ha} da (1. eins) las ade .ddadsrte @ hope Da Npd2) „Santä und Tüb'änä waren zwei anerkannte und be- rühmte Ueberlieferer der Testamente in der Stadt Rés ainä. Santä wohnte in einem der dortigen Klöster; der andere, ein gewisser ehrwürdiger Greis, dessen Keusch- heit und dessen Genauigkeit der Ueberlieferung wohl be- zeugt sind, hatte den Namen Tüb'änä. Ueberall wo da- her am Rande des Blattes ein Versglied (= Wort) steht, dem ein tibergeschrieben ist, gehört es demjenigen an, was jener Greis (Santä) am Tüb"änä verändert hat. Sofern (dieser) irgend eine Lesart überliefert hatte und jener sie verschieden überlieferte, wurden defswegen diese (Vers- glieder) überschrieben, damit dieser Umstand bekannt würde.® So dürfte dieser Text indessen noch nicht fehlerlos sein. Der Name Santa ist mir sonst unbekannt; vielleicht lautete er Saniitios (Sanütä) oder Sanbata. Auch wird dieser Magerjänä oder seine Sigle in den Maselm&nit*ahss., so viel bis jetzt bekannt, nicht erwähnt, während Tüb’änä häufig vorkommt. Ich kenne jetzt eine Stelle, aus der hervorgeht, dafs dieser Leser nicht immer dem Pöälttä-text folgt : Er las Rim. VII, 8 we Aus statt wie jene Zon ae : xmpls yap vouov Auaprla vexpa. Vgl. Rich, Catal. 8. 66s.

Kiel, December 1880. G. Hoffmann.

161

Bemerkungen über das Buch Micha. Vom Herausgeber.

Dafs nicht der gesammte Inhalt des Buches Micha dem Propheten Micha herrühre, welcher in den Tagen Ahaz und Hiskia weissagte, ist schon länger vermuthet len. Ewald!) spricht ihm cc. 6.7 unbedingt ab und uptet aufserdem von 2, 12. 18 *), dafs entweder Micha it oder ein anderer alter Leser diese Worte eines der )heten, welche Micha bekämpfte, zuerst nur an den d geschrieben habe, des Beispiels wegen : der Zusam- hang verlange sie nicht nothwendig, sie störten dazu Bau der Wenden. Gegen diese Auffassung Ewald’s 2, 12. 13 hat bereits Hitzig mit Recht geltend ge- nt, dafs diese Verse eine „den wahren Propheten ge- schaftliche Idee“ enthielten, d. h. innerhalb der im ", erhaltenen prophetischen Entwickelung liegen, s. 8. Ewald’s Auffassung von c. 6.7 hat Wellhausen °) n verbessert, dafs zwischen Mi. 6, 1—16. 7, 1-6 und ff. zu unterscheiden sei. 7, 7 ff. sei durchaus nicht setzung von 7, 6, vielmehr sei mit 7, 6 der Faden ab- hnitten. 7, 1-6 enthalte eine schmerzliche Klage s über die Verderbtheit seiner Söhne verschwunden aus dem Lande Fromme, der Richter richtet für Be- ung —, das Zion aber, welches 7, 7 ff. redet, sei r Feindin, der heidnischen Weltmacht, bereits erlegen. ıerrsche zwischen Mi. 7, 7 ff. und Jes. 40—66 die

ng,

| Die Propheten des A. B.* Bd. 1. 8. 601. 525 ff. Gesch. d. V. L 716. Anm. 1. Die Propheten a. a. O. 8. 512. Bleek, Einl. i. A. T.* 8. 425 f. Anm. ehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 11

162 Stade, Bemerkungen

auffallendste Verwandtschaft. Zwischen 7, 6 und 7,7 ff. klaffe etwa ein Jahrhundert. In der That haben wir nicht :

ganz cc. 6. 7 sondern nur 6, 1—16, 7, 1—6 im die Periode des Manasse zu setzen, vgl. namentlich 6, 7, aus welche uns sonst leider kein einziges prophetisches Schriftstück überliefert worden ist. Der ursprüngliche Schluls dieser Weissagung ward im Exile durch 7,7 ff. ersetzt. Aufser- dem hat Wellhausen mit Recht darauf aufmerksam ge-

macht, dafs 4, 9. 10 in vollem Widerspruche zu 4, ll ff |

stehen.

Die folgenden Bemerkungen beabsichtigen nun zu er weisen, dafs das Buch Micha erst nach dem Exile seine jetzige Gestalt erhalten hat, und dafs dem unter Ahas und Hiskia wirkenden Propheten Micha nur c. c. 1—3 nach Ausschal- tung von 2, 12. 13 beigelegt werden können.

1. Zunächst ist Ewald’s Meinung über 2, 12. 13 da- hin zu präcisiren, dafs diese Verse eine exilische oder nach- exilische Einschaltung sind. Für das richtige Verständnils von c. 1 ff. ist es wichtig, festzuhalten, daß die 1, 2 fl. beschriebene Erscheinung Jahves zum Gerichte erfolgt, um gegen die Sünden Israels Zeugnils abzulegen. Aut die Beschreibung des Strafgerichtes, welches Samarien und Juda verwüstet, folgt daher naturgemäfs die Beschreibung der Stinden des Volkes Gottes, welche die Ursache dieses Gerichtes sind. Diese steht c. 2. 3. Erkennt man diese Anlage des ganzen Abschnittes, so wird man weiter ein- sehen, dafs die von den meisten Auslegern beliebte Tren- nung von c. 2 und 3 nicht richtig ist.

Die das Gericht veranlassenden Sünden werden in Kürze dahin beschrieben, dafs die Grofsen und Mächtigen das Volk schamlos ausbeuten. Ihr Sinnen und Trachten geht nur auf Bereicherung, für Geld beugen sie das Recht. Gar sehr sind ihnen die Mahnungen des Propheten im Wege. Sie wünschen sich Propheten nach ihrem Herzen und finden dieseauch. Darum wird um ihretwillen Zion zer-

stört werden 3, 12. c. 1—3 bilden also eine Weissagung.

ann

über das Buch Micha. 163

Es herrscht nun in c. 2. 3 eine planmäfsige Disposition der Gedanken, welche durch 2, 12. 13 gestört wird. Wir haben 2, 1. 2 die erste Beschreibung des Treibens jener Grofsen, gegen welche daher 2, 3-5 ein Gericht ergeht. Gegen diese Verkündigung aber eifern sie, sie fassen das ewige Predigen des Propheten als einen ihnen angethanen Schimpf auf v. 6. Diese Auffassung des göttlichen Wortes verweist ihnen der Prophet v. 7.

Parallel mit 2, 1.2 folgt in v.8—10 ein neuer, zweiter Zug aus dem gewaltthätigen und scheinheiligen Treiben jener Volksbedrücker und hierauf der Gedanke des Gerichtes, welcher den Verf. in der ersten Wende von c.1 her noch beherrscht hatte, tritt hier zurück genau v. 6 entsprechend eine Schilderung der Stellung jener zum Pro- pheten : „wenn einer von Wein und Meth weissagen wollte, das wäre ihr Mann,“ 2, 11.

Wir erwarten nun auf Grund der Gedankengliederung von v. 1—7, dafs jetzt der Prophet Stellung zu diesem Treiben nimmt. Das geschieht aber nicht in 2, 12. 13, wohl aber 3, 1. Der Prophet verweist den Grofsen jenes Treiben, weil sie als Richter Israels die Pflicht haben, das Recht zu kennen. |

Kuenen ‘) hat nun gegen Ewald’s Auffassung ein- gewandt, "ww 3, 1 könne keine Antithese bilden, weil das Pronomen nicht ausgedrückt sei. In der That fährt Micha 3, 8 mit me Ode fort. Allein hier handelt es sich vor- nächst noch um eine blofse Auseinandersetzung mit jenen Grofsen und ihrer Stellung zur Prophetie. Das Pronomen ist defshalb hier so wenig wie 2, 7 von Nöthen.

Man beachte überhaupt die durchgehende Steigerung der Gedanken in c. 2. 3. Dieselbe zeigt sich zunächst in der Beschreibung des Treibens der Gegner des Propheten. 2, 1. 2 sinnen sie ständig auf Uebelthaten, gieren nach

*) Hist. krit. Ondersook 2. 8. 850. Anm. 1. 11*

164 Stade, Bemerkungen

Feldern, reifsen Häuser an sich, drücken die Leute. v. 8—10 *

aber reifsen sie hülflosen Maroden die Kleider vom Leibe,

wer

vertreiben hülflose Weiber und Kinder. In 3, 2 werden °

sie gar als wahre Leuteschinder beschrieben. Dieselbe

Steigerung zeigt sich in der Beschreibung ihrer Stellung :

zum Propheten : v. 6 weisen sie die Mahnungen desselben als lästig zurück, v. 11 wird ihnen vorgehalten, dafs ihr Wunsch dahin gehe, zu Propheten Gesinnungsgenossen zu haben. Und 3, 5—7 treten solche denn auch wirklich auf offener Scene auf. Erst jetzt ist es an der Zeit, dals sich diesen der Prophet mit einem: „ich aber” gegenüberstellt.

Schon hieraus ergibt sich, dafs c. 3 die gleiche Dis position der Gedanken zeigt wie c. 2. Es entsprechen sich 8, 2—4 und 2, 1-5. 8-10; 3,5—7 und 2,6. 11; 3,8 und 2, 7. 8,1. Hierauf folgt die zusammenfassende Schlufs- apostrophe an die Grofsen 3, 9—11 und die Verkündigung, dafs um ihrer Sünden willen Jerusalem zerstört werden solle 3, 12.

Die Tradition nun, welche die Weissagungen Mi. 1—3 von dem unter Hiskia weissagenden Propheten Micha von Moreschet herleitet, erhält eine ganz einzigartige Bezeu- gung durch Jer. 26, 17 ff. Dann aber dient ihr zur Be stitigung der Umstand, dafs die Gedanken von c. 1—3 sich durch Vergleichung mit jesajanischen Stellen als der prophetischen Gedankenwelt jener Zeit zugehörig nach- weisen lassen. Man vgl. 1,2—4 mit Jes. 2, 12 ff., 3, 13 ff, 5, 16. 26. 30, 27; 1, 5—8 mit Jes. 1, 11 ff, 16. 20 f., 2, 8. 20. 17, Tf., 28, 7 f., 30, 22, 31, 7; 1, 9—17 mit Jes. 8, 5 ff, 28, 14; 2, 1—5, 3, 14 mit Jes. 1, 10. 17. 23. 3, 14 ff, 5, 8. 29, 20 f.; 2, 6 ff, 3, 5 ff. mit Jes. 3, 12. 9, 15. 28, 5—13. 30, 9 ff.

Dagegen hat schon Hitzig herausgefunden, dafs die messianische Weissagung 2, 12. 13 sich zunächst berührt mit Jer. 31, 8, Jes. 52, 12. Keine einzige messianische Weissagung aus Jesaias’ Zeit zeigt gleiche Züge. 2, 12.13

isd

fiber das Buch Micha. 165

zt voraus, dafs Israel sich in der Zerstreuung, im Exile indet. Es muls erst zu einer Heerde gesammelt werden, vor es unter Gottes Führung den Weg zur Heimath an- tt. Hiermit aber ist im Zusammenhang mit dem S. 41 merkten bewiesen, dafs diese Verse frühestens aus der it des Exiles stammen können.

Aber weshalb schaltete ein Späterer, etwa ein in Deu- ‚ojesaias’ Gedankenkreise Lebender, diese Verse ein? } könnte dadurch veranlafst worden sein, dafs er das 8-10 Gertigte auf Greuelthaten bezog, welche an flüch- ren Bewohnern des Nordreiches verübt wurden. Doch nnen auch ohne dies die Worte : „von meinen Kindern hmt thr meinen Schmuck auf immer“ v. 9 die Veran- sung gewesen sein. Dem Treiben jener, welche israeli- che Kinder durch Vertreibung aus Jahves Lande dem Stzendienst in die Arme treiben, wird Gottes Wille ent- gengesetzt, den Rest Israels aus allen Heiden zu sammeln.

2. Nach der Erzählung Jer. 26, 17 ff. ist es durchaus wahrscheinlich, dafs Micha den Eindruck seiner Weis- gung 3, 12 durch solche vom reinen Gegentheil abge- hwächt hat, wie sie sich c. 4. 5 finden. Der Inhalt tsterer Capitel stimmt ferner eben so schlecht zu den leissagungen Jesaias, als der von c. 1—3 nach Ausschei- ing von 2, 12. 13 sich mit denselben deckt. Nur kehrt 1—4 im Buche Jesaias mit bekannten Abweichungen 2 ff. wieder. Dafs dieses Stück nun nicht von Micha ammt, ist jetzt so ziemlich anerkannt. Gewöhnlich leitet an es von einem älteren Propheten der assyrischen Periode ' und auch ich habe dies SS. 87. 89 arglos gethan. itzig hat an Joel diesen älteren Propheten nachzuweisen rsucht. In der That zeigt dies Stück auch die auf- lendste Verwandtschaft mit den Ideen Joels, genauer der n Ezechiels Ideen lebenden Epigonen, deren einen wir

Deuterozacharja oben nachgewiesen haben, gar keine t denen der Prophetie der assyrischen Zeit. Die vielen

166 Stade, Bemerkungen

Völker, welche nach Jerusalem ansubeten kommen, finden sich zuerst Jes. 66, 23, dann Za. 14, 16—19. Die Stel- lung, welche Jerusalem hier einnimmt, ist durchaus die gleiche wie Za. 12—14, eine ganz andere als Mi. 1—3. Der Gedanke, dafs Jerusalem auch äufserlich erhaben sein soll, ist die Vergröberung des jesajanischen Gedankens von Jerusalems innerer Bedeutung. Ja die letstere hat Ge- danken wie Jer. 31, 40. Jes. 61, 6. 62, 12. 66, 12 zur Vor- bedingung, ist jünger wie diese. Das Wallen der Völker hat seine weitere Parallele an Jes. 60. Aber während Jes. 60, 10 alles natürlich vorgeht, erfolgt hier ein Wunder. Das ist secundär. Es scheint, das Jes.60 Geweissagte ist längst erfüllt. Die sentimental angehauchte Weissagung endlich vom Sitzen unter dem eigenen Feigenbaume hat ihre nächste Analogie an nachdeuteronomischen Aeulse- rungen wie 2Kö. 18, 31. Lev. 26, 3-5. 10. Dt. 28, 1 ff. ‚Untersuchen wir nun, bevor wir über die Herkunft von 4, 1—4 uns äulsern, das Folgende. 4, 5 ist eine sehr ungeschickte Anknüpfung. v. 1—4 ist noch nicht einge- troffen. Noch verehrt jedes der fremden Völker seinen eigenen Gott. Da dem so ist (19), so soll Israel etst recht den seinigen verehren. Die Verbindung : „em Namen Elo- hims wandeln” ist beispiellos. Sie ward durch v. 2 ver- anlafst. Diese Anknüpfung in v.5 begreift sich nur, wenn v 6 und der damit eng zusammenhängende v. 7 nicht vom Verf. von v. 1—4 herrühren. Ihr Verf. kann sowohl der Schreiber von v. 5 als ein Prophet älter als er sein, nicht aber Micha. Denn sie tragen nicht den Charakter der Prophetie der assyrischen Zeit. Sie erinnern, wie bereits Hitzig gesehen hat, durch das in ihnen gebrauchte Bild an 2, 12. 13, aufserdem an Zeph. 3, 14 f. Ez. 34, 16. Sie können sehr wohl von einem Epigonen auf Grund der beiden letzteren Stellen verfafst worden sein. Vgl. zu dem Gedanken von Jahve’s Königthum auf Zion 8. 87.

fiber dss Buch Michs. 167

Wenn aber v. 8 sum Heerdenthum, sum Ophel der Tochter Zion, die frühere Herrschaft, eine Königsherrschaft der Tochter Zion zurückkehren soll, so erklärt sich diese Form der Weissagung am besten aus der Abstammung dieser Weissagung aus exilischer oder nachexilischer Zeit. Dagegen könnte man annehmen, dafs v. 9 wegen der Frage : „ist kein König in dir“ aus vorexilischer Zeit stamme. Aber diese Annahme wird dadurch widerrathen, dafs v. 10 aufs engste mit v. 9 verknüpft ist. Wenn asterer den Eintritt der messianischen Zeit von der Rück- kehr aus dem babylonischen Exile abhängig macht ack Babel” zu streichen, wire trivial, so kann er frühestens in die Zeit des Deuterojesaias gesetzt werden. Es kann ihn aber auch sehr wohl ein Epigone verfalst haben, welcher von der Voraussctzung ausging, dafs c. 4 Micha spreche. Denn zwischen Michas Zeit und dem noch unerfüllten 4, 11 konnte das babylonische. Exil vermilst werden. v. 10 ist jedenfalls ein vatscınium ex eventu.

Dagegen bildet nun der Abschnitt 4, 11—5, 3 eine völlig zusammenhängende Weissagung. Dieselbe wider- spricht den vorausgehenden v. 8—10 eben so sehr, als sie su v. 1-4 stimmt, was von den Auslegern bislang tiber- sehen worden ist. Jetzt ist Jerusalem von vielen Völkern belagert, welche über dasselbe.zu triumphiren hoffen. Gottes Rathschlufs geht jedoch vielmehr dahin, dieselben durch Zion vernichten zu lassen. Jerusalem soll sich gegen die Belagerung rüsten, es wird eine Beschimpfung seines Richters erleben müssen. Aber aus Bethlehem, dem kleinen, wird ihm ein Herrscher erstehen, dessen Ursprünge in das Alterthum zurückgehen. Bis dieser geboren worden ist, wird Israel preisgegeben werden. Dann aber wird der Rest seiner Brüder zu den Kindern Israels zurückkehren. Der Messias ersteht und weidet in Jahves Kraft, jene aber siedeln, denn er ist grofs bis zu den Enden der Erde.

168 Stade, Bemerkungen

Mit nny) 4, 11 wird ein Gegensatz eingeführt, und zwar der Gegensatz, in welchem die Gegenwart oder nächste Zukunft zu dem 4, 1—4 für die Endzeit Geweissagten steht. v. 11 schliefst sich direct an v. 4 an und setzt der Herrlichkeit der Endzeit die Drangsal entgegen, durch welche hindurch Israel zu jener gelangen wird.

4, 11ff. wird schon durch den Begriff der vielen Völker mit 4, 1—4 zusammengehalten. Die vielen Völker, welche Jerusalem bedrängen, verweisen unsere Weissagung nach dem 8. 44 ff. Ausgeführten in die nachezechielische Zeit. Ez. 38.39. Joel 4. Za. 12.14. Es sind natürlich dieselben, welche nach ihrer Ueberwindung in Jerusalem anbeten. v. 1—4. Jes. 66. Za. 14, 16 ff. In vorexilischer Zeit handelt es sich immer um ein bestimmtes Volk, welches Jerusalem bedroht.

Auch die Beschreibung des Messias 5, 1—3 palst nicht zu den Erwartungen der assyrischen Zeit. Freilich erwartet auch Jesaias ein Reis aus Isais Stamme, allein überall knüpft sich bei ihm die messianische Zeit in allen einzelnen Zügen direct an die Gegenwart, sie ist die glänzende Kebr- seite der vom Propheten getadelten Zustände der jetzigen davidischen Herrschaft. Hier aber fehlen alle bestimmten, greifbaren Züge. Die Umrisse der 5, 3 gegebenen Be schreibung der Regierung des Messias sind durchaus un- bestimmt. 5, 2. 3 passen am besten in die nachexilische Zeit.

Die Fortsetzung nun von v. 3 : „denn jetzt ist er grofe bie zu den Enden der Erde“ bildet nicht v. 4, sondem v.6—8. Hier treten wieder die „vielen Völker“ auf. 5, 4.5 widersprechen durchweg dem Vorhergehenden. Stellt das Volk sieben Hirten und acht gesalbte Leute d. h. eine neue Obrigkeit auf, welche Assur schlagen, sobald er das heilige Land betritt, und Nimrods Land mit dem Schwert verwüsten, so vermittelt sich der Anbruch der messianisches hierdurch, also anders als nach 5, 1—3.

tiber das Buch Micha. 169

Dieser Schwierigkeit kann man nun allerdings durch die nnahme entgehen, dafs v. 6—8 nicht den Anbruch, son- wm ein Ereignifs aus dem Verlaufe der messianischen Zeit schreiben, die Abwendung einer nochmaligen grolsen efahr von Jerusalem. Die von diesem zurückgeschlagenen dlker erscheinen nochmals im Lande und werden durch ie Heerführer des messianischen Königs endgültig besiegt nd bis in ihr Land verfolgt.

Diese Auffassung wird jedoch widerrathen, einmal urch die Einleitung : „und diels wird der Friede sein“, rs naturgemäls als Bericht über die Anbahnung des lelles gefafst wird, dann aber durch die Nennung nur ines Volkes, der Assyrer. Wer sie aber annimmt, ist hne Zweifel dann genöthigt, die gesammte Weissagung tr nachezechielisch zu halten, wie 8. 41 f. nachgewiesen rorden ist.

Ich glaube nun in 5, 4. 5 einen Einschub, und zwar regen “TTV ‘>, xD’ 9 derselben Hand erkennen zu sollen, relche 4, 5 ‘Wy °> geschrieben hat, ja von welcher überhaupt ‚5-10 eingeschaltet, wo nicht verfalst worden ist. Die inschaltung ist von der Voraussetzung aus gemacht worden, als die Weissagung 4, 1—4. 11—14, 5, 1—3 eine Weis- ıgung Michas von Moreschet sei, welcher dann zwar deh m Ende der Tage zu erwartenden Ansturm der heid- ischen Völker, nicht aber das bereits abgelaufene Exil nd die erst noch zu beseitigende Fremdherrschaft geweis- agt haben würde. Diesem Mangel half jener Epigone urch seine Einschaltung ab.

Allein jene also überarbeitete nachexilische W eissagung at nicht blofs 4, 14. 11—14. 5, 1—3 umfalst, ihr gehört uch 5, 6-8 an. Die vielen Völker kehren hier wieder. ‚benso gehört v. 9—14 zu dieser Weissagung, deren Schlufs iese Verse bilden. Die Beschreibung von der Wegschaf- ıng der Zauberei und heidnischen Gottesverehrung könnte thon in die Zeit des Micha passen. Allein sowohl der

170 Stade, Bemerkungen

Eingang, welcher ganz dem Eingange der übrigen Stro- phen entspricht, als der Schlufs : sch nehme in Zorn und Grimm Rache an den Völkern, welche nicht hörten, räth 9—14 mit 4, 14. 11—14. 5, 1-3. 6—8 zu einem Ganzen zu verbinden. Es ist die nothwendige Erginsung von 4, 1-4, beide gehören mit 5, 6—8 zu einem und dem- selben Gedankenkreis.

Wir haben somit an Mi. 4, 1—4. 11—14. 5, 1—3. 6—14 die Weissagung eines Epigonen nachgewiesen, welche nicht nur in ihren Ideen, sondern sogar in ihrer Form, man beachte die Voranstellung von 4, 1—4, sich aufs engste mit der Weissagung Deuterozacharjas berührt und wie diese von den S. 90 ff. geschilderten Voraussetzungen ausgeht. Der Grund, aus welchem jener Epigone seine Ausführungen hinter 3, 12 einschaltete, war ohne Zweifel dieser, dafs er an der Einseitigkeit des Inhalts von c. 1—3 einen nicht unberechtigten Anstofs nahm. Auf die Weis- sagung vom Gerichte, von der Zerstörung Jerusalems folgt nicht, wie dies nach Analogie der jesajanischen Weis- sagung erwartet werden mufste, die lichte Kehrseite der- selben, die Weissagung vom Anbruche der messianischen Zeit. Hierdurch widersprach Micha in einer Weise der vorexilischen Prophetie, welche auch an Nahum und Ha- bakuk kein völliges Analogon hat. Die S. 8 dargelegten Gesichtspunkte konnten dazu rathen, Michas Weissagung vom Canon auszuschliefsen. Allein dafür war sie durch Jer. 26 viel zu gut bezeugt. So ward denn der Anstols durch Ergänzung des Vermilsten behoben. Die gewählte Disposition der Gedanken aber erklärt sich daraus, dafs c. 4 von vornherein als Antithese zu 3, 12 gedacht ist.

Nachdem nun diese nachexilische Weissagung den Weissagungen Michas hinzugefügt worden war und ohne dieselben hat sie nach dem Obigen niemals existirt nahm ein Späterer, von der Voraussetzung ihrer Herkunft von Micha ausgehend, die oben beschriebene Umarbeitung

tiber das Buch Micha. 171°

mit ihr vor. Durch Einschaltung neuer Weissagungen glich er sie mit dem Geschichtsverlaufe und der Entwicke- lung der Weissagung aus.

3. Das durch diese Untersuchung gewonnene Resultat ist wichtig einmal für die Frage nach dem Abschlusse des Prophetencanons, dann für die Gewinnung correcter Vor- stellungen von der Entwickelung der messianischen Idee. In der Geschichte der letzteren hat Micha von Moreschet, der Zeitgenosse Jesaias, künftig keine Rolle mehr zu spielen. Seine prophetische Theologie erweist sich als in. bemerkenswerther Weise einseitig. Auf die Zeit aber, in welcher, und auf die Personen, durch welche der Abschlufs des Prophetencanons erfolgt ist, wirft dieselbe wie die ihr vorhergegangene über Deuterozacharja helles Licht. Die- selben bestätigen, dafs die Sammlung und Canonisirung des Prophetencanons zeitlich um über ein Jahrhundert später als die Canonisirung der Thora zu setzen ist, was sich ja schon um deswillen empfiehlt, weil die Canonisirung des Prophetencanons die der Thora zur Voraussetzung hat. Sie zeigen weiter, dals die Schriften der Propheten nicht allmählich durch Vereinigung der damals noch vorhandenen Reste zu der uns vorliegenden Sammlung zusammen- gewachsen sind, dafs vielmehr die letztere nach bestimmten Principien veranstaltet worden ist, um deren Willen einzelne Reste der prophetischen Vergangenheit einer Umarbeitung oder doch Bearbeitung unterworfen wurden. Es ist das weder von einer Hand noch auf einmal geschehen. Es hat zu seiner Durchführung und Geltendmachung Zeit ge- braucht. Und haben wir vielleicht auch nicht das Recht hier von einer Schule zu reden, so ist es doch jedenfalls ein Kreis geistesverwandter, von denselben theologischen Voraussetzungen ausgehender, Schriftgelehrter gewesen, welche diese Bearbeitungen vorrahmen und die jetzige Sammlung prophetischer Schriften veranstalteten. Und zwar gingen diese Epigonen, wie dies 8. 90 ff. bemerkt

172 Bibliographie.

worden ist, von der Voraussetzung aus, dals die Weis- sagungen, welche Gott seinem Volke hatte verkünden lassen, abgeschlossen seien. Denn nur unter dieser konnten sie den Gedanken einer Sammlung der Prophetenschriften fassen, wie sie ja auch inhaltlich zu dem schon Vorhandenen nichts neues hinzubringen, sich selbst nicht für Propheten ansehen.

Das Resultat dieser Untersuchung widerspricht direct gewissen Fabeln und Mythen von dem Abschlusse des Prophetencanons, welche bis heute in den Vorlesungen und Büchern über die Einleitung ins A. T. vorgetragen sa werden pflegen. Vielleicht findet es aber gerade hierin eine kleine Empfehlung.

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(Fortsetzung folgt.)

177

Zur Hexateuchkritik.

Der Sprachgebrauch des hexateuchischen Elohisten. Von FE. Giesebrecht.

Methode und Ziel der Untersuchung.

In seiner Schrift de sermone Eloh. Pent. hat Ryssel das Thema, dessen Behandlung die folgenden Blätter unter- nehmen wollen, bereits bearbeitet. Wenn wir uns zu einer nochmaligen Besprechung des elohistischen Sprachgebrauchs anschicken, so soll damit Ryssel der Dank für seine erste Arbeit auf diesem Gebiet nicht geschmälert werden. Tabellen über den Sprachgebrauch, sonderlich das Lexicon des Elohisten sind ja in den verschiedenen Commentaren und Einleitungsschriften zahlreich zu finden, denselben aber einmal vom Standpunkt der Sprachgeschichte aus darzu- stellen, dazu sind nur hin und wieder zerstreute Versuche gemacht worden. Ryssel hat sich an eine systematische Behandlung dieser Aufgabe zum ersten Male gemacht und "über eine Reihe wichtiger Punkte durch seine Unter- suchungen volles Licht verbreitet.

Trotzdem glaubt die folgende Arbeit recht gut neben der Ryssel’schen bestehen zu können : die ersten Schritte auf dem wenig betretenen Boden sind, wie uns scheinen will, nicht ohne Straucheln und Fallen gethan worden, es dürfte sich daher der Mühe verlohnen, weitere Nachfolger auf diesem Arbeitsgebiet vor den gefährlichen Stellen zu warnen und ihnen einen möglichst geraden und leicht be- gänglichen Weg zu zeigen.

Der Hauptfehler des Ryssel’schen Buches liegt nach meiner Ansicht in der Methode. Dafs hier falsch gegriffen ist, mufs man um so mehr beklagen, als bei Erscheinen von Ryssel’s Schrift bereits auf die richtige Methode hin-

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 12

178 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

gewiesen war; Wellhausen hatte sie gezeigt. Gewinnt man bei der Lectüre des Ryssel’schen Buches mehr und mehr den Eindruck, dafs hier Alles auf künstlichen, js z. Th. unrichtigen Annahmen basirt ist, so einfach ergeben sich die Resultate, so klar und verständlich erscheinen sie, wenn man jenen von Ryssel verschmähten Wegweiser be- nutzt. Ich hatte gehofft, mir schliefslich durch die Gran- matik noch die Waffen gegen die Graf’sche Hypothese schaffen zu können und deswegen Ryssel’s Buch zur Hand genommen, aber wie bald mufste ich mich davon tiber- zeugen, dafs hier keine Beweise für ein hohes Alter des Elohisten zu gewinnen waren, dagegen die späte A bfassungs- zeit des Buches fast auf jeder Seite sich neu bestätigte; wie mufste ich (so sehr ich mich in ihr Inneres. hinein- versetzen konnte) diejenigen Theologen bedauern, welche wegen der leichteren Vereinbarkeit der Ryssel’schen Re- sultate mit der traditionellen Anschauung denselben vor den Graf’schen den Vorzug geben zu müssen glaubten. Warum der Gott der Offenbarung nothwendig zugleich ein WNNOD SN sein müsse, ist an sich so verständlich und kürzlich wieder in so weitblickender und überzeugender Weise dargethan worden, dafs man nicht gut thut, seinen Glauben auf so gebrechliche Fundamente wie das hohe Alter von Gen. 1; 5; 17 u. 8. w. zu stellen.

Die obigen Bemerkungen über das Irreführende der Ryssel’schen Methode seien hier nun kurz bewiesen. Die Hauptfrage der jetzigen Pentateuchkritik ist folgende : bildet der Elohist die älteste oder jüngste Quelle des von Genesis bis Josua verarbeiteten Quellenmaterials, d. h., da nach ziemlich allgemeiner Annahme der Jehovist in der Zeit von 900-700 und das Deuteronomium nicht lange vor 621 entstanden sind : ist der Elohist vor 900 oder nach 620 anzusetzen? Hiernach wire, da die Grenze nach unten ungefähr durch das Jahr 450 gebildet wird, die Auf- gabe gewesen, zu untersuchen : gestattet oder verbiete!

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 179

die Sprache des Elohisten, seine Entstehung in den Zeit- raum von 620—450 zu verlegen? War seine Ansetzung in diesem Zeitraum unmöglich, dann konnte man fragen, ob er noch älter als der Jehovist sein könne, und wenn hierauf ebenfalls verneinende Antwort erfolgte, mochten die vermittelnden Ansichten geprüft werden, welche ihn aus der Arbeit eines Jahrtausends allmählich hervorwachsen lassen, oder ihn zwischen Deuteron. und den Jehov. stellen u. s. w. Hiernach mag man beurtheilen, ob eine Schrift wirklich geeignet ist, auf die Hauptfrage der Pentateuch- kritik Antwort zu geben, welche folgende zwei Probleme zu untersuchen sich zur Aufgabe macht : a) quaenam sint notse sermonis tempore exilium subsequente usi- tati? b) num certa harum notarum vestigia reperiantur in libro Elohistae? Es ist ja allerdings auch werthvoll su wissen, ob resp. wie weit die eloh. Sprache mit der nach- exilischen übereinstimmt, es wird aber eine reine Neben- frage auf diese Weise behandelt. Wenn auch der Elohist hier und da mit Esra identificirt wurde, so ist doch evident, dafs die Graf’sche Hypothese mit dieser Identification keineswegs steht und fällt : kein Grafianer ist gehindert, die Abfassungszeit des Elohisten in die letzten Decennien des Exils zu verlegen. Doch folgen wir Ryssel weiter. Nach dem eben Bemerkten hatte er sich vorgenommen, zu untersuchen, ob der Elohist zwischen 536 und 450 ver- fafst sein könnte. Jedermann muls es infolge dessen selbst- verständlich dünken, dafs er die in jenem Zeitraum ent- standenen Schriften zunächst zu Rathe zieht, um sich über die notae der damaligen Sprache zu informiren : nämlich die Bücher Haggai, Sacharjah, Maleachi. Statt dessen consultirt er die Memoiren des Esra und Nehemia, soweit sie uns in den nach ihnen genannten Büchern aufbewahrt sind, d. h. Schriften, welche sicher nach 450 verfafst und uns nur in einem gröfseren Werke überliefert sind, dessen Entstehungszeit in den Anfang der griechischen Herrschaft 12*

180 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

fällt. Wenn man, über diese Kritik befremdet, nach ihren Gründen forscht, so wird zunächst ein Argument ange- führt, das gar nicht aus der Sache gewonnen ist, sondern auf einer ganz abstracten und darum unmöglichen Thei- lung der hebräischen Literaturgeschichte beruht. R. rechnet nämlich drei Perioden der hebräischen Sprachgeschichte : die erste reicht bis zum Ende des 8. Jahrhunderts, die zweite bis zum Ende des Exils, die dritte enthält als erste Zeugnisse die Memoiren des Esra und Nehemia, also Schriften aus dem Ende des 5. Jahrhunderts. Ueber die genannten drei kleinen Propheten wird bemerkt, dafs die- selben, obwohl der nachexilischen Zeit angehörig, doch nicht mit den eigentlichen Schriften der dritten Periode zusammengestellt werden könnten, sondern vielmehr als letzte Ausläufer der zweiten Periode anzusehen seien. Aber, lag denn nicht ein anderer Schlufs bei Weitem näher? Gehören die ersten Schriften der dritten Periode der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts an, und bieten die vor diesen entstandenen nachexilischen Bücher noch die Sprache der zweiten Periode so lassen wir naturgemäls diese sich bis 450 erstrecken und fragen nun : stimmt der Sprachgebrauch des Elöhisten mit dem der zweiten Periode, resp. mit den exilischen Büchern dieser Zeit überein? Doch R. begegnet uns mit seinem zweiten Grunde : „Die erwähnten nachexilischen Propheten nämlich sollen theils von ihren Vätern her noch reineres Hebräisch verstanden haben, theils durch die Lectüre der älteren Propheten- literatur vor gröberen, zu ihrer Zeit in der Umgangssprache gewöhnlichen Verstifsen bewahrt geblieben sein.” Abge- sehen nun davon, dafs die Vorstellung von dem Charakter der damaligen Umgangssprache immer wieder auf dem unter Umständen falschen Vorurtheil beruht, dafs die Me- moiren des Esra und Nehemia, eine wirkliche Quelle für die Sprache von 536—450 bilden kann denn ein Grafianer sich nicht auf dieselbe Weise erklären, warum der mit

182 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

getreten. Bei der Kleinheit der alttestamentlichen Lite- ratur, bei der grifstentheils unsicheren Datirung der ein- zelnen Schriften müssen schon eine Reihe deutlich sprechen- der sprachlicher Erscheinungen mit Gründen der sach- lichen Kritik zusammentreffen, um uns zu ermächtigen, eine Schrift mit Bestimmtheit einem kurzen, nach oben und unten scharf abgegrenzten Zeitraum zuzusprechen. Ungemein gewagt müssen hiernach die Ryssel’schen Resultate er- scheinen. Denn die mühsam erkämpfte, jetzt fast allgemein zugestandene Einheit des elohistischen Buches wird von ihm nach seinen sprachlichen Untersuchungen wieder auf- gegeben und die disjecta membra Elohistae sodann in alle Perioden der hebräischen Literaturgeschichte vertheilt '). Die bedeutenden Schwierigkeiten, von denen diese Annahme gedrückt wird, sind dabei nicht genügend gewürdigt worden. Es würde ganz aufserhalb des Plans dieser Besprechung liegen, dieselben hier bis ins Einzelnste zu wiederholen, wir müssen uns mit einer blofsen Hinweisung darauf be- gnügen.

Aus dem bisher Beobachteten ziehen wir folgende Lehre:

1) Man muls sich hüten, die Abfassungszeit des Elo- histen möglichst präcis bestimmen zu wollen : je kleiner der Zeitraum ist, mit dessen sprachlichen Eigenthümlich- keiten wir diejenigen des Elohisten vergleichen, je weniger Literatur er enthält, um so unsicherer werden unsere Re- sultate sein, um so weniger Nutzen wird unsere Unter- suchung abwerfen. Je gröfser wir aber unsere Grundlage legen, je weiter jener Zeitraum ist, je klarer und leichter er sich gegen andere sprachgeschichtliche Perioden absondert,

!) Es ist leicht zu sehen, wie grundverschieden hiervon die An- nahme ist, der Elobist sei das Werk „einer ganzen Schule“. Oder kann man im Ernst Mose, Aron, Samuel u. s. w. als Häupter der- selben „Schule“ ansehen, der ein Esra und die anderen Sopherim an- gehörten ?

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 183

um so bestimmter werden wir am Schlufs es aussprechen können, ob der Elohist in demselben abgefafst sein kann oder nicht. Ist nun die Hauptfrage der Pentateuch- kritik augenblicklich : soll man den Elohisten für nach- deuteronomisch halten, und ist der terminus ad quem durch das Jahr 450 fixirt, so scheint sich der in Rede stehende Zeitraum auf die Zeit 620-450 zu bestimmen. Offenbar kommen wir durch diesen Ansatz mit dem eben entwickelten Princip nicht in Widerspruch : der Zeitraum ist ziemlich grofs, er umfalst beinahe 20) Jahre und enthält eine Fülle von Literatur : Jeremia, Sephanja, Habakuk, Ezechiel, Deuterojesaia und andere unächte jesaianische Stücke, Threni, die nachexilischen Propheten. Aufserdem müssen wir ihm diejenigen Stellen der historischen Bücher, welche die Hand des Redactors zeigen, überweisen und endlich Hiob, Proverbien und einige Psalmen. Aber einen Uebel- stand bringt diese Ausscheidung des Zeitraums von 620 bis 450 mit sich, diese Theilung der Literatur in vor- und nachdeuteronomische durchkreuzt sich unangenehm mit einer anderen, durch natürliche Verhältnisse gegebenen. Das Deuteronom. ist nämlich seiner geschichtlichen Stel- lung wegen ganz ungeeignet, als Grenze der älteren Lite- ratur nach unten betrachtet zu werden : seine Composition ist bis jetzt nicht sicher erkannt, einige Capp. am Anfang und Schlufs des Buches fallen jedenfalls nach 620, vielleicht in das Exil; ferner liegen zwischen ihm und den Pro- pheten des 8. Jahrhunderts gewifs 50 Jahre, wenn nicht noch eine längere Zeit, während ihm Jeremia und seine Zeitgenossen bedeutend näher stehen. Es scheint sich daher mehr zu empfehlen, den mit dem Elohisten zu vergleichen- den Zeitraum mit der (z. B. auch von Ryss. angenommenen) zweiten Periode der Sprachgeschichte zu identificiren und demnach die Frage noch allgemeiner dahin zu formuliren : verbieten die sprachlichen Eigenthümlichkeiten des Elo- histen denselben in die Zeit von 700-450, also die mittlere

184 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Zeit der hebräischen Literatur, zu verlegen, oder nöthigen sie zu dieser Annahme? Den Einwurf, dafs bei dieser Fragestellung von dem Hauptproblem zu einer reinen Nebensache zurückgelenkt werde, würden wir nicht be fürchten oder wenigstens nicht fürchten. Denn steht es durch die sprachliche Kritik fest, dafs der Elohist der alten Literatur bis zum Ende des 8. Jahrhunderts nicht angehören kann, dann ist er auch aus sachlichen Gründen nachdeuteronomisch, gerade so sicher, wie er wenn nach- deuteronomisch auch nachezechielisch ist. Die Einrede, dafs die logische Aufeinanderfolge Deuteronom., Ezechiel, Elohist noch nicht dieselbe geschichtliche Reihenfolge be- dingt, ist deswegen so durchaus unstatthaft, weil es sich in unserem Falle nicht um Kathedertheorieen jener Schrift- steller handelt, sondern weil ihre Anschauungen z. B. über das Verhiltnifs der Priester und Leviten immer die Wirk- lichkeit voraussetzen und abspiegeln. So lange man e nicht einmal versucht hat, in der Zeit von Jesaia bis Ezechiel geschichtliche Ankntipfungspunkte für die Ideen des Elohisten nachzuweisen, solange ist auch mit dem Nach- weis, dafs der Elohist der Zeit nach 700 zuzuschreiben ist, ein wesentlicher Stützpunkt für die Graf’sche Hypothee gewonnen. Aber einmal zugegeben, jener Einwurf sei stringent, wir können ja unsere Untersuchung so einrichten, dafs wir nach Erledigung der allgemeineren Frage, ob der Elohist der zweiten Periode der Sprachgeschichte angehöre, noch speciell seine Uebereinstimmung mit den nachdeutero- nomischen Schriftstellern untersuchen.

2) Welches sind nun die Kriterien, nach denen wir entscheiden ? Es istunnöthig, hier nochmals auf die Formen- lehre einzugehen und alle erst in späterer Sprache auf- tauchenden Nominal- und Verbalformen aufs neue m- sammenzutragen. Wir verweisen hierfür den Leser auf Ryssel S. 38 ff. Jedermann erkennt hier übrigens leicht, dafs nicht nur notae der nachexilischen Zeit aufgeführt

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 185

sondern auch die zweite Periode der Sprachgeschichte her- angezogen ist. Weiter aber macht man die Bemerkung, dafs auf diesem Felde keine durchschlagenden Resultate zu gewinnen waren. Die meisten von Ryss. als spät be- zeichneten Formen finden sich auch in der alten Literatur : Ryss. hat unterlassen, auf das Verhiltnifs der Frequenz dieser Worte in den verschiedenen alttestamentlichen Büchern aufmerksam zu machen. In Betreff‘ der Syntax und ihrer Behandlung von Seiten Ryssels werden wir uns weiter unten noch mit ıhm auseinandersetzen dagegen wird vom Lexikon jetzt sofort die Rede sein müssen. Un- streitig ist nichts charakteristischer für den Elohisten als sein Wörtervorrath und die Art wie er aenselben verwendet. Durch sein Lexikon unterscheidet er sich so bedeutend vom Jehovisten, dafs über die ihm zuzuweisenden Stücke selten Streit ist, während diese Einigkeit in Betreff der Scheidung von J und E öfters sehr vermifet wird. Er hat eine geschlossene Zahl von Vocabeln, welche stehend wieder auftauchen, in einer Reihe fester Wendungen, die gern aus denselben Worten bestehen, bewegt sich seine Rede vorwärts. Eine Untersuchung des sermo Elohisticus hätte sich daher auch mit diesem Theil der elohistischen Sprache beschäftigen müssen. Dies hat Ryss. so gut wie ganz unterlassen. Eine einheitliche Betrachtung der wohlbe- kannten elohistischen Vocabeln sucht man vergebens zerstreute Bemerkungen, meist sehr wenig eingehend, sind in den Anmerkungen gegeben, aber auch nicht der leiseste Versuch wird gemacht, dem elohistischen Lexikon eine Stellung in der Sprachgeschichte anzuweisen. Wenn Ryss. das Seinige damit gethan zu haben glaubt, dafs er einige von Wellhausen als Aramaismen in Anspruch genommene Vocabeln für das hebräische rettet und dagegen in den mittleren Büchern des Pentateuchs eine Reihe von Aramaismen nachweist, so konnte er freilich hierzu leicht durch Well- hausen veranlafst werden. Denn dieser hatte sich in

186 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

seiner Beurtheilung des eloh. Lexikons zu einseitig darauf gerichtet, die aramaisirende Färbung desselben zu erhärten. So hatte Ryssel mit seiner Behauptung, dafs mp7 nicht nothwendig eine aramäische Bildung sei, sondern ebenso gut als echt. hebräisch angesehen werden könne, jenem gegenüber Recht, so mögen 573 und sm von ihm mit Grund dem hebräischen Sprachschatze zugewiesen sein. Dennoch aber hätte es sich der Mühe verlohnt, auf Well- hausen’s Weg in der Art weiter fortzuschreiten, dafs ge- fragt wurde, welchem Theile der hebräischen Sprach- geschichte gehören die Vocabeln des Elohisten (gleichgiltig ob Aramaismen oder nicht) eigentlich an. Diese Arbeit hätte um so mehr in Angriff genommen werden sollen, als die Ausbeute der Untersuchung über die Formenbildung des Elohisten offenbar keine sehr bedeutende gewesen war. In diesem Punkte beabsichtigen wir daher vor Allem die Ryssel’sche Arbeit zu ergänzen : aus zerstreuten Notizen, die ich mir bei Ausarbeitung von Vorlesungen über die Genesis und Einleitung in das A. T. in Betreff des elo- histischen Lexikons gemacht hatte, gewann ich die Ueber- zeugung, dals man auf diesem Wege zu einer klareren Erkenntnifs über die Stellung des Elohisten in. der hebräi- schen Sprachgeschichte kommen werde, ja ich fafste die Hoffnung, dafs das bisher noch recht dunkle und wenig angebaute Feld der Geschichte des Hebräischen durch Untersuchung des Wortschatzes der einzelnen Bücher wesentlich aufgehellt und unserem Verständnifs näher ‘gebracht werden könne.

Ich denke nichts Unnützes zu thun, wenn ich zunächst eine Tabelle folgen lasse, aus welcher das Vorkommen der elohistischen Wörter in den anderen Büchern des A.T. er- sehen werden kann. Die Anordnung derselben ist aus dem oben über die Methode dieser Arbeit bemerkten verständlich. Unter der „ersten Periode“. sind alle aus der Zeit vor 700 stammenden Schriften aufgeführt. Die zweite Periode,

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 187

das 7.und 6. Jahrhundert, ist in den beiden folgenden Ru- briken vertreten, Jeremia ist der Uebersicht halber dem 1. Jahrhundert zuertheilt. Unter der Rubrik „Exil? sind such diejenigen Stellen, welche dem Redactor der Königs- bücher u. s. w. zugewiesen werden müssen, sowie die nschexilischen Propheten eingetragen. Dagegen habe ich die Stellen, welche nach meiner Ansicht von dem Redactor des Hexateuch oder Diaskeuasten stammen, nicht mit den nachexilischen zusammengestellt, sondern in eine besondere Spalte aufgenommen, so dafs wer nicht an den Hexateuch- redactor glaubt, sie leicht herausfindet. Wenn eine Stelle mir verderbt zu sein schien, ist sie mit einem Fragezeichen versehen worden.

Hinter die Tabelle stelle ich zunächst einige Bemer- kungen, welche mich wegen der Auslassung dieses oder jenes Wortes verantworten, oder die Art, wie ich andere Vocabeln behandelt habe, rechtfertigen sollen. Hieran schliefst sich zuerst eine allgemeine Betrachtung über die Tabelle und der Versuch, aus ihr über die Abfassungszeit des Elohisten Folgerungen zu ziehen. Dieser wird endlich durch Behandlung einzelner Erscheinungen gerechtfertigt, wobei auf die von Ryssel geltend gemachten Spuren des höchsten Alters der elohistischen Genesispartieen beson- ders eingegangen ist. Am Ende gebe ich eine kurze Be- sprechung über das Verhältnifs zwischen Ezechiel und dem Elohisten.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

188

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198 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Anmerkungen sur Tabelle.

“vier Dafs dieses Derivat von “yyx in der alten Literatur auch schon vorkam, kann sus der Analogie von Tp Jes. 11, 8 nicht ge- schlossen werden. Denn neben “375 pafst hier nur myp cf. auch LXX xolım.

ıne Ein anderer eigenthümlicher Gebrauch dieses Verb. ist ebenfaly dem Elohisten mit der späten Literatur gemeinsam. jy Th _- (vom Loos) erfalst aus einer Mehrheit Num. 81, 80, 47 und 1Chra, =~ 24,°6. Der Jehovist sagt dafür 455 of. Knob. z. d. St .

“pa Dafs der Gebrauch dieses Verb. Lev. 18 und 27 Zeichen eine „u späten, aramäisch gefärbten Sprache sei, hat Ryss. a. a. O. 8.71 ! nachgewiesen und ähnliches auch von mapa behauptet. Hierbei | fallt nur auf, dafs an den aus dem Levit. angeführten Stellen dem L Verb. die Bedeutung „discernere“ zugewiesen ist, und diese de | durch von den anderen Stellen, als an denen “pa aliis notionibus | gebraucht werde, getrennt worden sind. Mir scheint dies nicht ;— begründet. 7p bedeutet Lev. 18 nicht unterscheiden, sondern = beachten, sein Augenmerk auf etwas richten, was mit dem syrischen ı „inguisivit, investigarit“ gut harmonirt. Auch Lev. 27 wird die L

Bedeutung ,unterscheiden“ erst durch die Construction mit

hervorgebracht cf. Mal. 8, 11. 2 Sam. 19, 86. Jon. 4, 11. 1 Beg. 8, 9, wo m) nach IN) pr ran in ähnlicher Weise die Bedeu- tungen dieser Verba modificirt. Wie nahe endlich die Bedeutung ,castigatio“, welche nips Lev. 19 nach der Tradition zukommt, mit dem Grundsinn „beachten, betrachten“ zusammenhängt, zeigt die Vergleichung von 45. Der Stamm heifst daher im Grunde überall dasselbe, und die Losreifsung der in der Tabelle ange- führten Psalm- und Königsbücherstellen von den „aramaisirenden" Leviticusstellen ist ganz willkürlich : sind diese als aramaisirend später anzusetzen, dann ist dieselbe Annahme auch bei jenen notb- wendig. Dals 2 Reg. 16, 15 der zweiten Periode der Sprachgeschichte angehört, wird durch die Facta bestätigt, welche sie erzählt. Bie durfte daher auch nicht von Ryss. 8. 72 zum Erweis für das Vor- kommen von MD in allen Perioden der Sprachgeschichte ver-

wendet werden. Vielmehr hätte auch aus diesem Beispiel ersehen werden können, wie prekär die Annahme von einer perantiquites des Genesis-Elohisten ist.

An Da ich der Ueberzeugung bin, dafs der Elohist jünger ist, als Lev. 17—26, so habe ich auch alle späten Vocabeln aus diesem Codex als wichtig für die Zeitbestimmung des Priesteroodex mit angeführt. Wenn sie im Elohisten sich nicht fanden, sind wie hier ihre bestiglichen Stellen besonders angegeben.

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Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 199

"> Zu Ex. 84, 10 : Der Uebersicht wegen habe ich hier und an anderen Stellen die deuteronomistischen Einschübe in JE mit eingetragen.

Um neben der auffälligen Verwandtschaft zwischen dem Elo- histen und Jos. 33 auch die späte Abfassungescit dieses Stückes hervortreten zu lassen, habe ich das nicht elohistische Wort mit in die Tabelle aufgenommen. Auf zwei andere Erscheinungen spätester Art in Jos. 32 mache ich hier aufmerksam : on 23, 8

ist ein reiner Aramaismus, im hebräischen Text des A. T. nur noch Kohel. 5, 18 und 3 Chron. 1, 11 f. of. D2) Eer. 6, 8. 7, 26.

Nicht anders ist das v. 23 vorkommende TR su beurtheilen. Es ist cin hebraisirtes chald. Wort of. TID Ear. 4, 19.

Pi Ich konnte es nicht über mich gewinnen, das 9375) :9U/ND 1 Reg. 17, 1 unter >) mit anzuführen. Ueber die Gründe of. Then. s. d. St.

m Kenner des elohistischen Lexicons werden unter } {my ver- missen of. Ryss. a. a. O. 8. 73. Aber wenn es auch das fast ein- stimmige Concert der eloh. Vocabeln nicht gestört hätte (Ex. 18, 20. 2Kön. 6, 10. Ezech. 10 mal, Kohel. 2 mal, Chron. u. Ps. 19), so kann ich mich doch nicht überreden, dafs es Lev. 15, 81 im ursprünglichen Text gestanden habe. Dafs freilich Dillmann (Ex. u. Lev. Leipzig 1880) Recht hat DAMM V 357 dem gleichen vw vorzuziehen, leuchtet ein cf. Ges. Thes. zu ym 2) u. 8),

aber was in aller Welt soll der Befehl : „ihr sollt die K. I. ab- mahnen von ihrer Unreinigkeit, dafs sie nicht sterben in ihrer Un- reinigkeit, wenn sie verunreinigen meine heil. Wohnung in ihrer . Mitte“ im Zusammenhang dieser Stelle und an sich? Eine Er- mahnung, sich vor Verunreinigungen in Acht zu nehmen kann nicht gemeint sein, das ganze Cap. handelt von Lustrationen und Reinigungsopfern, also lauter Handlungen, welche die Verunreini- gung bereits voraussetzen. Ebenso deutlich ist diese in dem Zu- "satz „dafs sie nicht sterben in ihrer Unreinigkeit“ etc. bereits als vorhanden gedacht. Aber : eine Ermahnung, dafs sich die K. I, wenn verunreinigt, entsündigen lassen, kann ebensowenig in diesen Worten liegen. Einmal wegen des Contextes nicht, denn unser Betz bildet die directe Fortsetzung des vorigen 117977 eb y 70>) FOP ap, durch welchen der Erfolg eines Stindopfers ange- geben wird. Sodann : man kann Jemanden von seinem bösen Weg abmahnen Es. 8, 18, aber von seiner Verunreinigtheit un- möglich, ebensowenig als man Jemanden von seiner Schuld ab- mahnen kann. Nach meiner Ueberzeugung hat für OMI oder

200 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

DON OHR im Texte gestanden of. 16, 19 u.5. Nebenbei sei b+- 1: merkt, dafs auch Ex. 18, 20 das Wort auf einem Versehen beruhe f* mufs. "17 heifst ermahnen und kommt nie mit einem doppelte |-

Accusativ vor, der nicht ohne eine starke Prignans gesetzt werde könnte. Auch unter deu von Levy im targum. Wörterbuch bi Tr “WN und ITIN angeführten Stellen findet sich das Verb, nur wieder in der Uebersetzung von Ex. 18, 20 mit doppelten Accusativ. Ferner palst die Aufforderung, die K. I. zu den thoroth zu ermahnen,, gar nicht in den Zusammenhang dieser Stelle. Dis „Lehren“ sind dem Volke nach gar nicht bekannt, das zweit Versglied zeigt, dafs hier vielmehr die erste Belehrung des Volks von Jethro dem Mose anbefohlen wird. Nach Deut. 83, 10, w die [°36Hv'y und die SM als Object desselben erscheinen und nach Ex. 4, 12, 15, wo wir es mit einem doppelten Accusatir im Zusammenhang von JE. vorfinden, ist offenbar nur mn hier

an der Stelle. sym wurde zu AP Ay; of. Lev. 15, 81. Uebrigens nöthigt nicht einmal das d:auaerveouac der LXX zu der Ar nahme, dafs sie hier 77) las, denn sie übersetzt auch an anderen Stellen : Ez. 16, 2. 20, 4 das dem 7) sinnverwandte yyy mit jenem terminus.

Man Auch das Verbum or scheint nicht alt zu sein, Prov. Deut.

2 mal Chron. bieten es. Ob es 1 Reg. 8, 68 wirklich der Quelle angehört, mufs sehr zweifelhaft erscheinen, auch die sonst nicht vorkommenden O20 Gen. 14 erregen Bedenken, da das Cap. stark tiberarbeitet ist.

myo Auch in der Bedeutung „Zaun“ nur Ezech. 46, 28 cf. das

gleichbedeutende "AM a. a. O. Dieses erscheint in der Wendung „Reihe“ ebenfalls im Elohisten 11 mal, bei der Beschreibung des Tempels 1 Reg. 6 f. 9 mal und in der Chronik 2 mal. Doch scheint der Ausdruck ein terminus technicus gewesen zu sein und ist deswegen nicht mit aufgeführt.

wa Die ältere Zeit scheint statt des Qal das Piel bevorzugt zu haben cf. 2 Sam. 8, 11.

ap) erscheint in der ganzen Literatur und ist deswegen als zu wenig bedeutungsvoll weggeblieben. Ob ihm auch schon in der alten Literatur der Sinn ,verfluchen* zukam, mufs freilich zweifelhaft _ bleiben : es kommt so nur Lev. 24, 11, 16, Hiob 2 mal, Prov. i 2 mal vor. Jedenfalls sind die unter 55) von Gesen. im Thes. angeführten Stellen aus dem Segen Bileam’s richtiger Jap zum weisen. :

YI Andere Stellen, an welchen py als Bezeichnung eines freund lichen Entgegenkommens erscheint : Jes. 47, 8. 64, 4 = schonen, sind ebenfalls spät.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 201

vw in der Bedeutung ,distincte dixit“ ist sicher ein Aramaismus, dagegen kann un ein echt hebräisches Wort sein.

my Die nowy Hos. 5, 2 oder Down Ps. 101, 8 und ws) Ps. 40, 5 sind von wiz abzuleiten und darum nicht mit angeführt.

naioyı Der Stamm spy ist schwerlich echt hebräisch, cf. xD und was: er findet sich in Appellativen nur noch Jes. 2, 16 my und WY Hiob 38, 86. Die zweite Stelle ist spät, die Schwierig-

keit der ersten bekannt. Nicht unmöglich wäre es. "Di, wenn hier ursprünglich, als aramäisch-phönizisches!Fremdwort zu erklärep. Anch an anderen Stellen, s. B. in der Aufsählung des Frauen- putses C. 8 bietet Jesaia aramäische Ausdrücke, welche die Juden von den sie umgebenden Culturvölkern angenommen haben müssen. Uebrigens sind die 9D 0°35 Eechmunasar Z. 8 und 18 auch nicht alt, über den Einflufs des Aram. auf das Phöniz. cf. Schrö- der, Phin. Sprache, 8. 25 und das unten in Betreff des Buff. 77... bemerkte. Was endlich das nom. propr. 15j9 oder my 1 Sam.

19, 32 angeht, so erweckt schon die Form und die Analogie von whe YH kein sehr grofses Vertrauen dazu, dafs hier ein alt-

bebräischer Name vorliegt, auch yyy Es. ist nicht alt. of. Olsh.

Hebr. Gramm. 8. 1446. Zudem dürfte mit Wellhausen, Text der Bücher Sam. 8. 114 nach LXX %yy3 zu emendiren sein.

mw Tw Auch hier habe ich Deut. 88, 4 gestrichen. Wozu den Ballast von verderbten Stellen mit sich herumschleppen Niemandem zum Nutzen?

Um die Tabelle richtig beurtheilen zu können, sei zu- nächst bemerkt, dafs aus derselben alles bedeutungslose Material weggeblieben ist, also diejenigen Stämme und ein- zelnen Worte des Elohisten, die gar nichts charakteristisches an sich tragen, solche nämlich, welche ziemlich gleichmäfsig in allen Zeiten der hebräischen Literaturgeschichte ver- treten sind. Dagegen sind vor Allem diejenigen Ausdrücke berücksichtigt, welche für die Geschichte des Lexicons wirklich von Interesse sind, sofern sie sich in einer be- stimmten Literaturperiode besonders häufig finden. Hier- bei sind sowohl nur einzelne Derivationen des Verbi resp. Nominis in Frage gekommen, wenn sie irgend ein charak- teristisches Merkmal darboten, als auch ganze Wortstämme,

202 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

auch wenn nur gewisse Formen derselben beim IN ee nt vorkamen, falls sie nur von sprachgeschichtlicher Viet keit waren, mit aufgeführt worden. Aufserdem sind w# gelassen alle mehr stilistischen Eigenheiten, sofern selben nicht wiederum ein bestimmtes, früheres oder späte» Zeitalter kennzeichnen. Auf stilistischem Gebiete ist

die Nachahmung eines früheren durch einen späteren so leice— möglich, dafs unter Umständen die Uebereinstimmumy zweier Schriftsteller in diesem Punkte sehr irreführend seuz kann. Aber auch gewisse Kunstausdrücke des Elohisten glaubte ich aus der Tabelle weglassen zu sollen, z. B. Be zeichnungen der Opfer und Opfergeriithe u. s. w. Dies sind ja nicht in allen Büchern des A. T. zu erwarten, ihr Fehlen in dieser oder jener Periode der Sprachgeschichte kann also unter Umständen nur aufdem Stoff der betreffea- den Literaturperiode beruhen. So kann z. B. die Ueber- einstimmung des Eluhisten mit Ezechiel in einer Reihe von termini technici des Cultus gar nichts für späten Ge brauch derselben beweisen !).

Betrachten wir nach diesen nothwendigen Vorbemer- kungen nun die Tabelle, so springt in die Augen, wie wenig die ältere Literatur unter den angeführten Stellen vertreten ist. Lassen wir einmal die Kritik ganz bei Seite, nehmen wir die aufgeführten Stellen, wie sie sich uns geben, so finden wir unter den aufgeführten Worten ein einziges, das dem Elohisten allein mit der älteren Literatur eigen ist, nämlich tmx). Andere, welche aufser dem Elo- histen sich noch in der älteren Literatur vorfinden, wie

1) Dooh denken wir nicht, dafs uns Jemand des ungleichen Mafses beschuldigen wird, wenn wir nicht unter diese Ausdrücke rechnen und es also in der Tabelle mit aufführen. Es ist ja offenbar nicht ein specieller terminus wie etwa nb y u. a, sondern eine ganz allgemeine Bezeichnung der Gabe wie 7pjy. Da dieses in der alten Literatur | häufig ist, so wäre, wenn 12"jD damals bekannt gewesen wäre, sein Vorkommen ebenfalls zu erwarten.

Giesebrecht, sur Hexatenchkritik. 203

MD, 83 Was, nbeion. sind auch in der spätesten noch recht häufig, und die Verhältnisse liegen hier keines- wegs so, dafs man annehmen mülste, sie seien in der späteren Literatur reine Treibhauspflanzen, die gar nichts mit der Volkssprache zu thun gehabt hätten. Auch kann s. B. auf #29 und Mwnn als alte Vocabeln schon des- wegen gar kein Werth gelegt werden, weil sie im J. Jahr- hundert vorkommen, wenn sie auch im 6. (wahrscheinlich sus reinem Zufall) fehlen. Was 219 und new anlangt, welche im Alterthum vorkommen, dann im 7. Jahrhundert fehlen, aber vom Exil und der Zeit nach dem Exil darge- boten werden, so wird man, falls jene Stellen aus dem Alterthum mit Recht angeführt sind, über das Nichtvor- kommen im 7. Jahrhundert ähnlich urtheilen mtissen, wie über. 923 und mbv/pp und ihre Abwesenheit im Exil. Man sieht, die Ausbeute an wirklich alten Worten ist gleich Null, die meisten Vocabeln des Elehisten, die auch in der alten heiligen Literatur erscheinen, tragen gar kein be- stimmtes Gepriige, sondern finden sich auch in den anderen Denkmälern. Die Zahl der aufgeführten Worte oder Wort- stämme, welche überhaupt vor dem 7. Jahrhundert vor- kommen, beträgt, wenn die Ausbeute der folgenden Kritik ganz aus den Augen gelassen wird und nur diejenigen weggelassen werden, welche durch eclatante, allgemein an- erkannte Textfehler- in der alten Literatur vorkommen, 28, also noch nicht einmal ein Drittel aller aufgeführten Vo- cabeln. Die folgende Kritik aber wird, wie ich denke, nicht mit willkürlichen Mitteln diese Zahl bedeutend her- abmindern. Aber selbst angenommen, alle meine Resultate wären zu verwerfen, diese 28 Worte kämen wirklich vor dem 7. Jahrhundert vor, so würden sie offenbar nach dem oben bemerkten nicht halb so viel für die Abfassungszeit des Elohisten beweisen, als 10 echte, unzweifelhafte Ara- maismen. Hierzu kommt noch folgender, von selbst ein- leuchtender Grund : Die scheinbar alten elohistischen Vo-

904 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

cabeln kommen in der Regel tn der alten Literatur gan} sporadisch vor, während die jüngere Literatur sie in hella ¥ Haufen darzubieten pflegt. - Diese Thatsache werde nun etwas genauer betrachte F und an einzelnen Beispielen erläutert. Eine der wick tigsten Quellen für die älteste Gestalt der hebräischen Sprache sind nach allgemeinem Urtheil aller Parteien die {' Lieder, welche uns hier und da im Texte der historische Bücher begegnen; ist der Elohist in der That einer de ersten Schriftsteller des A. T., so werden wir erwarten müssen, dals sich seine Sprache vor Allem mit der dieser f Gesänge berührt. Doch wir sehen uns in dieser Erwar tung sehr getäuscht : nur an einer Stelle im Segen Js cobs und an drei aus dem Segen Bileams finden wir elo- histische Vocabeln. Hierzu kommt, dafs es sich an dre von diesen vier Stellen um eine Gottesbezeichnung : d ; schaddai handelt, welche einmal in späteren Dichtungen : auch nicht selten ist, sodann aber als Name wenig Auf- " schlufs über den eigentlichen Sprachgebrauch der alten Zeit giebt. Die vierte Stelle aber ist, wie fast allgemein zugestanden, corrumpirt cf. die Bemerkungen zu 71. Da wir noch Gelegenheit haben werden, eine gewisse Vorliebe des Elohisten für poetischen Vocabelschatz zu beobachten, so ist diese auffällige Abweichung seines Sprachgebrauches von dem der älteren Lieder sehr bemerkenswerth. Fassen wir weiter das Verhältnifs der elohistischen Sprache zu derjenigen der älteren Propheten bis Jesaia und Micha ins Auge, so finden wir von den hunderten der in der Tabelle aufgeführten Stellen, an denen sich die elohistischen Vo- cabeln aus dem A. T. erheben lielsen : 12 aus Jes., Mich, Hos. und Amos. Wie der Text an den genannten Stellen beschaffen ist, davon wird weiter unten noch die Rede sein, | jedenfalls giebt sich eine Reihe derselben als interpolirt und ist auch schon von Anderen dafür erkannt worden. Da gegen ändert sich dies Verhältnils wie mit einem Schlage,

Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 205

ald wir dem Exil nahe rücken : der Prophet Jeremia schliefslich der Threni) bietet an 58 Stellen elohistische ‘tabeln. Selbst wenn man in Rechnung bringt, dafs der fang jener vier Propheten nur ungefähr drei Viertel ı dem Buch des Jeremia ausmacht, bleibt dies Verhält- ; im höchsten Grade auffallend. Dafse dasselbe sich ht etwa daraus erklärt, dafs Jeremia als Priester das histische, der grofsen Menge unzugängliche Gesetzbuch ınte und von ihm unwillkürlich seine Sprache beein- sen liefs, geht aus einer anderen Thatsache hervor. In njenigen Gesetzbuch nämlich, das nach der traditionellen schauung die Ideen des Priestercodex popularisirte, dem uteronomium, dessen Umfang etwa demjenigen jener r älteren Propheten gleichkommt, finden wir die in der belle aufgeführten elohistischen Vocabeln an 29 Stellen, o an so wenig, dals sie nur die Hälfte der aus Jeremia thobenen ausmachen. Wie ganz anders mülste doch das xicon des Deuteronomiums aussehen, wie anders müfste h das Verhältnifs der elohistischen Vocabeln im Deu- ‘onomium und Jerem. zu einander stellen, wenn man nehmen sollte, die gröfsere Häufigkeit elohistischer Worte beiden Büchern gehe aus einer Kenntnifs des priester- hen Gesetzes hervor! Bei dem Gesetzgeber sollten die ıklänge an den Priestercodex so bedeutend geringer sein, s bei dem Propheten! Gehen wir, um uns weiteren off zur Beurtheilung zu gewinnen, auf die Schriftsteller s Exils über. Da mehren sich die Stellen mit elohisti- hen Worten in noch bemerkenswertherer Weise. Bei wterojesaia finden wir nicht weniger als 72, also, da der- be mit den übrigen prophetischen Stücken des Buches saia, welche dem Exil angehören, zusammen noch nicht mal die Hälfte des Umfangs von Jeremia’s Buch er- ht, im Verhiiltnifs weit über 2 mal so viel Stellen, als emia darbietet. Alle anderen lifst endlich Ezechiel mit ‚en 192 Stellen hinter sich zurück, obwohl das Ver-

206 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

hältnifs zwischen ihm und Deuterojesaia sich einigermalsen ausgleicht, wenn man erwägt, dals sein Buch ungefähr doppelt so grofs als das jenes Propheten ist. Endlich ist von Wichtigkeit, dafs Hiob und Proverbien, die zusamma noch nicht den Umfang des Propheten Jeremia erreichen, an etwas über 80 Stellen elohistisches Sprachgut aufweisen, dafs aber diese Prävalenz über Jeremia durch das im Bod Hiob allein 30 mal vorkommende schaddai bedingt scheint. Aus den bisher betrachteten Thatsachen ergiebt sich dem- nach eine allmählich immer mehr steigende Berührung der prophetisch-poetischen Literatur mit dem Lexicon des Eic- histen : in der alten Zeit fast gleich null, im 8. Jahrhundert noch sehr mäfsig, erhebt sie sich im Deuteronomium za einer Stärke, welche die der älteren Literatur fast um das doppelte übertrifft, und steigt von da fortdauernd von Hiob, Proverbien und Jeremia bis Deuterojesaia und Ezechiel ').

Wenden wir uns nun zu den geschichtlichen Büchern, auch hier zunächst den einfachen Thatbestand ohne Kritik constatirend. Das Richterbuch liefert an 11 ‘Stellen elo- histische Worte, die Samuelisbücher nur an 6, die Königr- bücher dagegen an 31, und an ungefähr ebenso vielen das Buch des Jehovisten. Hiernach scheint das Verhaltnifs der elohistischen Sprache zu derjenigen der älteren Pross der Annahme einer früheren Entstehung des elohistischen Buches bei weitem günstiger zu sein als ihr Verhältnifs su den älteren Propheten. Aber von einem allzuschnellen Urtheil mufs die Beobachtung abhalten, dafs die elohistischen Worte in den angeführten Schriften so aufserordentlich ungleich vertheilt sind. Warum in den Samuelisbtichern so viel weniger Stellen mit elohistischen Vocabeln als in den Königsbüchern? Und, da die Königsbücher von so

1) Die Psalmen sind hierbei ihrer unsicheren Datirung wegen st nächst aus dem Spiel geblieben.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 207

iel späteren Gegenständen reden als die Bamuelisbücher, a ihre Erzählungen sogar Gegenstände des Exils betreffen, äbrend die Geschichte dieser Berichte mit David ab- :hliefst, so bietet sich als einziger Erklärungsgrund wieder ie Annahme, dafs dieSprache des Elohisten mehr gemein- ımes mit derjenigen der späteren Zeit hatte, während sie on derjenigen früherer Jahrhunderte beträchtlich diffe- rte. Indessen man wendet uns ein, dafs ja der Jehovist, essen Erzählung noch frühere Zeiten als die der Richter- nd Samuelisbücher betreffe, in seinen Berührungen mit em Elohisten gans auf der Stufe der Königsbücher stehe. s könne also jenes Herabsinken der Zahl elohistischer Vorte in Richter- und Samuelisbb. nur auf einem Zufall eruhen. Man sieht : hier kann man nicht einfach addiren hne Rücksicht auf Kritik, wir müssen vielmehr - einen lick auf die Abfassungsseit jener Bücher werfen resp. auf ie Art der Bearbeitung derselben von Seiten ihrer Ver- wser oder Redactoren, um hieraus über die angeregte rage ein Urtheil zu gewinnen. Da ist zunächst bekannt, afs alle genannten Bücher, den Jehovisten nicht ausge- ommen, sei es im Exil oder kurz vor dem Exil, jedenfalls sch 621 in den jetzigen Zustand gekommen sind. Weiter t völlig evident, dafs die Redactoren der betreffenden ücher den überlieferten alten Quellenstoff sehr ungleich erarbeitet haben. Am besten ist derselbe nach allge- einem Urtheil in den Samuelisbüchern conservirt. Ganze 'artioen desselben, besonders am Ende des ersten und An- ıng nebst Mitte des zweiten Buches, sind fast unverändert rhalten worden. Dagegen hat der Redactor am Anfang es ersten Buches in der Geschichte Samuels einige pro- hetische Reden eingeflechten, die man sogleich am ganzen onfall als abhängig vom Deuteronomium erkennt, und userdem am Schlufs des zweiten Buches einige Lieder geschoben, welche eine besonnene Kritik dem David tht zusprechen kann. Dafs der Redactor auch sonst

208 Giesebrecht, zur Mexateuchkritik. -

ziemlich frei mit der Anbringung von Liedern schaltete, zeigt das Lied der Hanna, bei dem von Echtheit gar nicht die Rede sein kann. Sehr interessant und offenbar für die oben ausgesprochene Vermuthung höchst günstig ist es daher, dafs sich von 1Sam. 13 bis 2 Sam. 21 nur 2 von den 6 Stellen finden, welche elohistische Vocabeln bieten, dafs dagegen die anderen vier theils 1 Sam. 12 in einen entschieden deuteron. Stücke !), theils 2 Sam. 22 und 3 in den eingeschobenen Liedern vorkommen. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Richterbuch. Dafs auch hier der Redactor zuweilen stark eingegriffen hat, kann Niemand leugnen, und auch hier drängen sich die elohistischen Worte meist in solchen, vom Redactor besonders abhängigen ' Stellen zusammen, von den 11 angeführten z. B. allein 6 in Cap. 20 und 21, ein siebentes begegnet im zweiten Capitel, einer sicher redactionellen Stelle 2). Wie es mit den übrigen 4 Stellen beschaffen, darüber siehe unten be son naw my und mn, aber selbst angenommen, wir hätten in ihnen gut überliefertes altes Quellenmaterial, wäre es doch bei der traditionellen Annahme von dem Alter des Elohisten kaum zu verstehen, dafs derselbe sich mit den Quellen von Jud. und Sam. nur in 6 Stellen berührt. Und wunderlicherweise machen wir bei den Königsbüchern ganz dieselbe Beobachtung. Auch hier treten in denjenigen Stücken, welche von der Ueberarbeitung des exilischen Redactors am wenigsten beeinflulst worden sind, die elo- histischen Worte gar nicht hervor. Von 1 Reg. 17 bis 2 Reg. 10 erstrecken sich die Geschichten von Elias und Elisa, aus älteren Quellen erzählt, nur selten von deuterono- mistischer Hand tingirt, und in dieser ganzen Partie begegnet uns keine elohistische Vocabel, ebensowenig in den 4 ersten

') ef. auch Schrader, Lehrbuch der hist. crit. Einleitung in A.T. 8. 338. *) cf. Schrader, a. a. O. 8. 328.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 909

Capp. des ersten Königsbuches, welche nur in Cap. 3 deuterono- mistisches Gut enthalten. Dagegen sind die elohistischen An- klänge in dem letzten Stück des zweiten Buches dichter gesäet, nämlich vom 15. Cap.an. Aber diese Partie kann, schon wegen der Zeit, die sie schildert, gar nicht vor dem 7. Jahr- hundert verfalst sein, führt also wieder aus der älteren Literatur heraus. Sodann ist auffällig, dafs auch hier die elohistischen Vocabeln meist dicht beisammen stehen und sich gewöhnlich in solchen Stücken finden, welche auch eine nicht von Graf beeinflufste Kritik dem Redactor zu- weist cf. 16, 10, 15 myam, met und js"); 18, 25 ‘“ybap; 19, 6 nu; 20, 13, 18 Tan und mbwon *); 23, 13, 4 pipw*); 25, 2 "wy np). Allein steht nur 53p 15, 10 ®), dafs aber der Vers in den gewöhnlichen Wendungen des Redactors gehalten ist, braucht kaum bemerkt zu werden, auch I 16, 9 mit myn fällt unter dasselbe Ur- theil. Gehen wir auf die erste Hälfte des ersten Buches ein, so braucht es für keinen, der den deuteronomistischen Redefall kennt, bewiesen zu werden, dafs 11, 5, 7, 34 ppw und av); 8,53 S13" gröfßseren Stücken angehören, welche deuteronomistischer Herkunft sind, auch 5,4 711 will selbst nirgend anders als im Exil geschrieben sein. Also auch bei den Königsbüchern dieselbe Beobachtung, wie bei der bis jetzt in Betracht gezogenen älteren Literatur : nur an 14 Stellen, die nicht sofort von dem Verdacht der redac-

1) Auch nach Schrader, a. a. O. 8. 868, ist diese Stelle stark vom Deuteronomiker tingirt, seine Scheidung im einzelnen ist aber unmöglich, of. Bleek-Wellhausen, Einl. 8. 257 ff.

*) cf. auch Schrader, a. a. O. 8. 858.

®) Will man mit Ewald Qobolam für einen Namen halten, so würde, da der Stamm 555 im alten Hebräisch nicht nachweisbar ist, derselbe für ein aus dem Aramäischen herübergenommenes nom. propr. angesehen werden müssen, also auch einer wirklichen Bedeutung für unseren Zweck entbehren.

Zeitschrift f. d. alttest. Wien. Jahrgang 1. 1881 14

210 Giesobrecht, sur Hexateuchkritik.

tionellen Bearbeitung getroffen werden !), bieten sie Be- rührungen mit dem Elohisten. Was endlich die 30 aus dem Jehovisten angeführten Stellen anlangt, an denen wir elohistische Vocabeln antreffen, so sind sie freilich nach dem sonstigen Verhiltnifs zwischen dem Lexicon des Elo- histen und demjenigen der alten Literatur recht dazu an- gethan, unsere Verwunderung über den mirus concentus

!) Wir haben uns im Obigen begnügt, nur diejenigen Stellen aus- sunehmen, welche aus offen zu Tage liegenden und, wie der Leser aus der vielfachen Uebereinstimmung mit Schrader’s Analyse ersehen kann, auch von Anderen anerkannten Gründen der späteren Literatur zugewiesen werden müssen. In der That bieten die oben zunächst als alt unangefochtenen Stellen keineswegs wirklich sicheres Quellenmaterial dar. Der Uebersicht wegen stellen wir hier kurs die im folgenden hier und da zerstreuten kritischen Bemerkungen über jene Stellen su- sammen. 1) Es erregt Aufsehen, dafs diese 14 Stellen meist nicht ver- einzelt auftreten, sondern gewöhnlich in grifseren Gruppen susammen- stehen : 7, 14, 20. 8, 1, 5, 68. 9, 19, 28. 11, 15, 16. 12, 18, 20, einzeln nur : 5, 80. 10, 15. Das führt offenbar auf den Gedanken, dafs sie einer, hier und da in den Text eingreifenden, sei es zufügenden, sei os umarbeitenden Hand ihre Entstehung verdanken. 2) Diese Beobach- tung bestätigt sich dadurch, dafs wir, wie auf Verabredung, eine Reihe dieser Worte in der LXX vermissen : 5, 30. 8, 1, 5. 12, 20. Diese Auslassungen aus einer blofsen Flüchtigkeit des Uebersetsers zu er- klären, geht nicht an, denn die Uebersetsung trägt sonst nicht den Charakter der Eilfertigkeit. Wer z. B. das yy x) 8, 1 übersetzte, hätte auch das ‘=y/m ‘Imm mir 8, 2 wiedergegeben, durch welches der für einen Sp&teren unverständliche Ausdruck YYymın?] fy) erklärt wurde. Ebenso wunderlich wäre es, wenn 5, 80 das Oy3 OW un- übersetzt blieb, dagegen ‘5 ‘wy wiedergegeben wurde. Die elohisti- schen Ausdrücke beruhen hier vielmehr auf Interpolation, die s. Th. nicht ohne Absicht ausgeführt wurde. 3) Andere Stellen : 7, 20. 9, 19, 23 gehören grölseren oder kleineren Partieen an, welche ebenfalls in der LXX fehlen, auch hier hat die LXX zweifellos den älteren Text. 4) Das hierdurch erweckte, für die LXX günstige Vorurtheil wird weiter durch 10, 15 bestätigt, wo die Königsbücher einen ganz sinnlosen Sats bieten, während der Text der LXX gut in Ordnung ist und zur Reconstruction des hebräischen Textes verwerthet werden kann. (cf. zu dem oben Bemerkten auch Wellhausen a. a. O. 8. 281 ff.) Werden hierdurch die elohistischen Worte in den Quellen der Königs-

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 211

zwischen Elohisten und Jehovisten zu erwecken, wie sie das Erstaunen Ryssel’s erregt haben. Giebt man sich aber Rechenschaft über das Verfahren der verschiedenen Redactoren, durch deren Hände unser Pentateuch gegangen ist, ehe er zu seiner jetzigen Gestalt kam, so verschwindet dies Erstaunen völlig. Ryssel scheint ganz auf die An- schauungen Astrucs zurückzugehen, indem er annimmt, dafs da, wo sich charakteristische Eigenthümlichkeiten der einen Quelle im Zusammenhang der anderen vorfinden, dieselben an dieser Stelle ursprünglich und also auch der zweiten Quelle eigenthümlich seien. So stand z. B. nach Ryssel’s Ansicht auch nyıSın als ein ursprünglicher Be- standtheil im Zusammenhang des Jehovisten. Wird dies Princip durchgeführt, so hört offenbar‘ jede Möglichkeit der Sonderung der Quellen auf, geht man bei einem Worte wie mon To nicht mehr sicher, dann ist jeder Willkür Thür und Thor geöffnet. Etwas ganz anderes ist es ja, aus der Thatsache, dafs sich ATS u. ä. im jehovistischen Zusammenhang findet, den Schlufs ziehen, dafs der Verf. der jehovistischen Quelle den Elohisten gekannt und aus ihm jenes Wort herübergenommen habe. Dies ist offenbar die eine der zwei Möglichkeiten, wie man sich ein solches Vorkommnifs erklären kann. Die andere Möglichkeit ist anzunehmen, nicht durch den Verf. des Jehovisten, sondern durch den Redactor des Hexateuch seien jene genuin elo- histischen Ausdrücke in den Jehovisten hineingerathen. Einer von diesen beiden Annahmen zu folgen ist wie es uns scheint deswegen nothwendig, weil die elohistischen

bücher abermals um 9 vermindert, so bleiben uns nur 5 : nämlich

mp 7, 14. "un 8, 68. N 11, 15, 16. Oy 12, 18, aber auch diese

werden theils durch die bedenkliche Nähe von interpolirten resp. über-

arbeiteten Stellen verdächtig, theils erwecken sie deswegen Bedenken,

weil sie wie g} nur durch eine leichte Aenderung der Schreibung

aus sonst in den alten Quellen vorkommenden Worten verderben konnten. 14*

212 Gicsebrecht, sur Hexateuchkritik.

Worte im Jehovisten so vertheilt sind, dafs sie sich keine wegs über alle Theile desselben gleichmälsig verbreiten, | sondern bald hier bald da auftauchen und weil sie weiter | häufig in kleineren, leicht abszugrensenden Stücken als gröfsere Gruppen auftreten '). Weil aber endlich der Re dactor durch die Art wie er an gewissen Stellen, z.B in der Sündfluthgeschichte, mit dem Quellenmaterial verfahren ist, zeigt, dals ihm eine so mechanische Zusammenftigung der Quellen, wie sie der oben angeführte Vater der Pents- teuchkritik annahm, fern gelegen hat, dafs er vielmehr auch hier und da mit eigener Hand eine Harmonisirung der einander widersprechenden Berichte versuchte etc., s0 scheint mir hierdurch die zweite der oben angeführten Möglichkeiten hinreichend gerechtfertigt, um mit ihr die Lösung des in Rede stehenden Problems zu versuchen. Endlich sei hier darauf verwiesen, dafs die sachliche Kritik, selbstverständlich Hand in Hand mit der sprachlichen, in einer ganzen Zahl elohistisch gefärbter Jehovistenstellen und umgekehrt Einfügungen spätester Art erkannt hat, der Beweis dafür kann selbstverständlich nur im Einzelnen geführt werden : bei Besprechung dieser oder jener der- artigen Stelle werden unten die betreffenden Nachweisungen von uns gegeben werden. Es wird sich dabei heraus- stellen, dafs nur an verschwindend wenigen Stellen die elohistischen Worte im Zusammenhang des Jehovisten

!) Ein verhängnifsvoller Fehler Ryssel’s scheint mir der su sein, dafs er swischen den oben angegebenen beiden Möglichkeiten einen Mittelweg suchte, indem er die ungefähre Gleichzeitigkeit des Elohiste: | der Genesis und des Jehovisten annahm, denn anders wird man ) allerdings etwas nebelhaften Aussagen über die perantiquitas de | eloh. Sprache nicht auffassen können. Er hat nämlich, wie wir noch weiter unten su zeigen suchen werden, den tiefgreifenden Unterschied zwischen der eloh. und jehov. Sprache, sonderlich in lexicalischer Be sichung, als einen rein stilistischen aufgefafst, während derselbe nur sus verschiedener Abfassungsseit begriffen werden kann.

214 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

exilischen Geschichtsbücher machen kaum die Hälfte dea Umfangs der älteren aus, sollten daher die Bertührunge beider mit dem Elohisten auch nurgleichstehen, so mülsten die alten geschichtlichen Schriften 200 Stellen anfweite, | an denen sich die elohistischen Worte antreffen lassen. | Einen deutlicheren Beweis dafür, dafs der Elohist in li calischer Beziehung mit den späten Schriften auf einer Stufe steht, kann man nicht verlangen.

Fafst man aber das wahre Verhältnifs ins Auge, w wird die späte Abfassung des Elohisten ungleich evidenter: von den oben gerechneten 78 Stellen aus der alten Prosa können ja nicht einmal 20 als wirklich gesichert gelten. Hiernach erreichen die Berührungen des Elohisten mit der alten Prosa noch nicht einmal ein Zehntheil von dem- jenigen, was sie liefern müfsten, wenn sie denen mit Chronik u. s. w. auch nur gleichkommen wollten.

Dafs diese Rechnung ungefähr das Richtige trifft, geht auch aus den zahlreichen Aramaismen hervor, denen wir beim Elohisten begegnen. Aus den unten angestellten Einzeluntersuchungen ergiebt sich, dafs wir deren nicht weniger als 30 nachweisen können. Hierzu kommen we nigstens noch 10, bei denen diese Annahme nahe liegt, besonders wegen der Thatsache, dafs sich überhaupt der artige Erscheinungen im Elohisten vorfinden. Denn ist einmal erst eine grifsere Zahl von Aramaismen in einem Buche sicher gestellt, so haben wir selbstverständlich auch bei anderen, sonst im Hebräischen seltenen und nur in späten Schriften vorkommenden Worten, die sich im Aram. finden, die höchste Wahrscheinlichkeit dafür, dafs zu ihrem Auftauchen in der Literatur aram. Einflufs mitgewirkt hat. Etwas über 10 von diesen aramaisirenden Vocabeln finden sich sonst im hebräischen Text des A. T. nicht wieder, einige von ihnen im bibl. Chaldäisch, ein Zeichen davon, dafs der Elohist nicht zu den frühesten, vom Aram. be

3 1

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 915

einflufsten Schriften gehörte, die meisten theilt er jedoch mit der exilischen und nachexilischen Literatur.

Als ein fernerer bedeutungsvoller Umstand ist hervor- zuheben, dafs uns im Elohisten eine ganze Reihe poetischer Ausdrücke begegnen. Diese Erscheinung finden wir auch in einer anderen Reihe von Schriften nichtpoetischen In- halts, nämlich bei den Geschichtschreibern des Exils. Die Historiographie, welche damals aufkam, war ja nicht im strengen Sinn objectiver Erforschung des Alterthums unter- nommen, sondern führte dem Volk die grofsen Gottes- thaten der Vergangenheit und die Sünden der Vorfahren vor die Augen, um es zu vermahnen und zu ermuntern. Sie setzte also neben den exilischen Propheten das Werk der älteren prophetischen und gesetzgebenden Gottes- männer fort. Daher war es natürlich, dafs sie sich in ihrem Stil an diese älteren Vorbilder anlehnte, und so wurden theils die geschichtlichen Begebenheiten selbst in schwunghaftem, rhetorischem Ton erzählt, theils geradezu Betrachtungen in dieselben eingeflochten, die ganz im Pre- digtstil gehalten waren. Aus diesem Grunde erklärt sich das häufigere Vorkommen poetisch-prophetischer Ausdrücke im Stil der exilischen Historiographen, so dafs derselbe sehr entschieden gegen die schlichte Erzählungsweise der älteren Quellen absticht. Um nun auf den Elohisten zu- rückzukommen, so werden wir unten den Nachweis ver- suchen, dafs dessen Lexicon ungefähr 20 derartige, z. Th. auch in den älteren Liedern, gewöhnlich aber bei den Dichtern und Propheten des späteren Zeitalters sich findende Ausdrücke enthält, welche uns theilweise auch von jenen exilischen Geschichtschreibern dargeboten werden. Zum rich- tigen Verständnifs dieser Thatsache ist noch hinzuzufügen, dafs die wirklich alte Prosa diesen Ausdrücken ganz fremd gegentibersteht. Man wird daher auch hier wieder auf die Annahme geführt, dafs der Elohist, wenn auch selbst nicht im Predigtstil schreibend, doch die Manier der Historio-

216 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

graphen des Exils befolgte, theilweise wohl in directe Nachahmung derselben, sich der Ausdrücke eines gewählten, poetischen Stils zu bedienen. Die Richtigkeit dieser Be : obachtung wird ferner dadurch bestätigt, dals der Elohist | eine sehr bedeutende Verwandtschaft mit den Psalmen zeigt : von den in der Tabelle aufgeführten elohistischen Vocabeln werden an 80 Psalmstellen Beispiele geboten. Unter diesen Psalmen ist nach meiner Ueberzeugung keiner, welcher die Grenze des 7. Jahrhunderts nach oben über schritte, bei weitem die meisten sind auch von Anderen als exilisch oder nachexilisch erkannt. Was für die Ve- gleichung der Psalmensprache mit derjenigen des Elohisten besonders bedeutungsvoll ist, scheint mir der Umstand zu sein, dafs die Uebereinstimmung beider Schriften sich durchaus nicht nur auf Worte beschränkt, welche die Psalmendichter aus dem Elohisten entlehnt haben könnten, z. B. wp pow, 1M u. s. w., sondern dafs auch eine Reihe anderer Worte, die im Elohisten gar nicht besonders auf- fällig postirt sind, z. B. rUx) NI, NI a8 PW Ip “Wh, sich in den Psalmen wiederfinden. Die Berührung ist hier sichtlich eine unwillkürliche, sie mufs darauf beruhen, dafs die beiden Bücher ungefähr in derselben Zeit entstan- den sind.

Was endlich die Uebereinstimmung des Elohisten mit der spätesten nachexilischen Literatur : Cant., Rut., Koh und Dan. angeht, so finden sich in der Tabelle 33 Stellen, an denen sich eloh. Vocabeln in diesen Büchern bieten. Da ihr Umfang nur mälsig über die Hälfte des Deutero- nomiums hinausgeht, so ist die Verwandtschaft zwischen ihnen und dem Elohisten um vieles bedeutender als die Uebereinstimmung mit jenem Gesetzbuch.

Wir sehen : von allen Seiten bestätigt sich die exi- lische Abfassung des Elohisten. Nicht nur der zweiten Periode der Sprachgeschichte mufs er seinem Lexicon nach angehören, sondern nach dem Deuteron. ist er anzusetzen.

218 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

fortgepflanzt worden sei? Abgesehen aber davon, dafs wir gerade zwischen der eigentlich prophetischen Historiographie des Exils und dem Elohisten eine Reihe interessanter Be. }: rührungspunkte entdeckten, ungerechnet ferner, dafs jene, :: der nicht prophetischen Historiographie ertheilten Epithets } das Sachverhältnifs nicht gerade verdeutlichen, jene Hypo- these Delitzsch’s, welche den Unterschied zwischen der } eloh. Sprache und derjenigen der alten Geschichtsbücher : als einen mehr stilistischen, als den Gegensatz sweier | „schriftstellerischen Strömungen“ aufzufassen sucht, erscheint | en sich unannehmbar. Vor allemdeswegen, weil sobald wir das streitige Object, den Elohisten, aus unserer Betrach- tung weglassen, der Unterschied zwischen jenen beiden Geschichtsschreibungen sich nicht als ein solcher von Strö- mungen, welche neben einander hergehen können, sondern einfach als eine Differenz zweier Zeitalter ergiebt. Von Jener nichtprophetischen historiographischen Strömung wissen wir vom 7. Jahrhundert an bis zu den ersten Anfängen der hebr. Literatur hinauf gar nichts, erst kurz - vor dem Exil beginnt ihr Wortvorrath plötzlich in der Literatur lebendig zu werden aber auch hier vorzugs- weise bei Propheten und Dichtern. Sodann ist zu beachten, dals der Unterschied zwischen jehov. und eloh. Sprache ‚durchaus kein blofs stilistischer ist, auch keineswegs als Gegensatz zweier theologischer Schulen angesehen werden kann, welche für göttliche Dinge und was mit ihnen in Zusammenhang steht verschiedene termini ausgeprägt hatten. Vielmehr für die Gegenstände des gewöhnlichen Lebens : für Besitz und Erwerb, für schreien und schluchzen, für fürbitten und bundschliefsen, für zeugen und sterben, für Fürst und Stamm, für auskundschaften und steinigen werden grundverschiedene Bezeichnungen gebraucht. Und dazu die auffallende Thatsache, dafs die eloh. Vocabeln zum Theil Aramaismen sind oder dringend dem Verdachte von Aramaismen unterliegen, sowie dafs eine Reihe aulser-

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 219

lexicalischer Erscheinungen im Eloh. der späten, exilischen Sprache angehören macht Delitzsch diese Thatsachen auch nur einigermafsen verständlich durch seine Annahme ?

Indessen, es ist noch eine Hypothese zu besprechen, welche wenigstens einen Theil des Elohisten für das Alter- thum retten will. Ryssel giebt zwar zu, dafs in den gesetzlichen Partieen des Elohisten sich eine solche Zahl von Aramaismen und Zeichen später Abfassungszeit finden, dafs man sie in das Exil verlegen müsse, die geschicht- lichen Theile in Genesis und Exodus aber glaubt er für alt halten zu können. Zunächst sei bemerkt, dals, was er an Spuren höchsten Alterthums in ihnen nachzuweisen sucht, weiter unten kritisirt werden wird. Es wird sich da herausstellen, dafs dies Urtheil auf unzureichender In- formation beruht. Weiter ist dem gegenüber darauf auf- merksam zu machen, dafs Ryssel selbst in den geschicht- lichen Partieen des Exodus vor Cap. 25 Aramaismen wie Asay und "yn nachgewiesen hat, und dafs es dem gegen- über inconsequent ist, Worte wie mx und px), die man, wenn sie einige Capitel später vorkämen, für Aramaismen erklären würde, hier anders zu beurtheilen. Sodann er- lauben wir uns, auf folgenden Schatz elohistischer Vocabeln der historischen Genesis- und Exoduspartieen hinzuweisen, welche theils Aramaismen sind, jedenfalls aber nur in den späteren und spätesten Büchern des A. T. sich finden : AI DT, NAP} JW» 929; MP} 29, AN Hy, MEY MID. maw (cf. unten), 77%, Mos Wy WI OUD pW, MIR yi win} Max. Wie soll man die Uebereinstimmung der späteren Zeit mit dem Elohisten in Bezug auf diese Worte beurtheilen? Die Annahme, dals die exilischen Schrift- steller sie aus der alten eloh. Sprache entlehnt hätten, ist deswegen unmöglich, weil eine Reihe dieser Worte sich in der Genesis und Exodus nur an äulserst wenigen Stellen finden, man mülste geradezu glauben, die exilischen Schrift- steller hätten dieselben mit der Absicht, sie sich anzu-

220 —C Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

eignen, aus dem Verborgenen hervorgesucht. Ja maa müfste noch weiter gehen und sich zu der Meinung be kennen, diese künstlich belebten eloh. Vocabeln hätte dann die Fähigkeit gehabt, noch weitere Spröfslinge her- vorzubringen, denn, im Elohisten nur in einer Derivation

auftretend, zeigen sie sich im Exil in einer ganzen Reihe | verbaler und nominaler Derivate. Wodurch aber werden

diese Fragen einfacher und überzeugender beantwortet, als durch den Gedanken der späten Abfassungszeit auch dieser Partieen des Elohisten? Die Auseinanderreifsung des Buches beruhte ja nur auf einer Hypothese, das natür- lichere ist, die Einheit der gesetzlichen und historischen Partieen anzuerkennen, also da auch diese spätes Sprach- gut und Aramaismen aufweisen, sie ebenfalls in das Exil zu versetzen. Hierzu kommt ein wichtiger, von Ryssel gar nicht beachteter Umstand : in Bezug auf die Verwen- dung des ‘3 und das me c. Suff., also in höchst signi- ficanten exilischen Erscheinungen stimmt die Genesis gans zu den gesetzlichen Stücken des Elohisten.

Wir gehen nunmehr dazu über, die einzelnen Erschei- nungen des elohistischen Lexicons nach einander zu be- sprechen und theilen die vorhandenen Vocabeln der Ueber- sicht wegen in Aramaismen und echthebräische Worte, doch wird sich zeigen, dals beide Kategorieen nicht streng auseinandergehalten werden können.

I. Das Lexicon des Elohisten.

1) Aramatemen. Zu dieser Classe hat Ryssel bereits werthvolle Be- träge geliefert. Immerhin hätte ihnen 2% das Gefährt nicht entzogen werden sollen, denn wenn wir dies Nomen noch

ee

229 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

demnach ganz selbstverstindlich den überlieferten Usus. Aber Nu. 30, 14 finden wir als dem 17) 497m entgegen- gesetzten Begriff das ‘3 opr, also wenn auch nicht wie es nach gemeinem Sprachgebrauch heifsen mülste, ein „halten“ des Gelübdes, so doch ein ,bestitigen® desselben. Wie sollen wir es nun erklären, dals von diesem scheinbar un- verrückbaren Herkommen dennoch abgegangen wird an zwei Stellen des Ezech. 16, 60, 62 und im Elohisten ? Diese Uebereinstimmung aus einer Benutzung des elohistischen Buches durch Ezechiel ableiten, würde nur eine Zurück- schiebung der Frage bedeuten : es gälte dann wieder die Entstehung des Sprachgebrauchs beim Elohisten zu er- klären und dies würde, angesichts der Stelle Nu. 30, 14 doppelt schwierig sein. Fragen wir daher zunächst, wo- durch kann Ezechiel dazu veranlafst sein, sich von dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu emancipiren, so ist die Antwort auf diese Frage im Hinblick auf die sonstigen Aramaismen des Ezechiel durch die Thatsache gegeben, dafs im aramäischen O1 resp. Mass die Feststellung, die Abmachung bedeutet, und die Wendung xy» op Gen. 9 geradezu als Uebersetzung von nn Om erscheint !). Offenbar ist nun, wenn man eine Nachahmung des Ezechiel durch den Elohisten annimmt, auf alle Räthsel die Lösung gefunden : jener von Ezech. herübergenommene Ausdruck vermochte nicht den Sinn für den gewöhnlichen Gebrauch dem Elohisten zu rauben, er hielt denselben in etwas mo- dificirter Wendung Num. 30, 14 fest. Von diesem ara- maisirenden Gebrauch des Priestercodex ist endlich auch die Wendung des späten Psalms 78,5 abhängig : m OY nmpy ayn. Schliefslich sei noch bemerkt, dafs an ein hohes Alterthum gerade dieser Redensart und an einen zeitlichen

1) Die Verantwortung für die syr. ‘ad Sons] trägt freilich, soweit ich sehen kann, die Peschita an den Stellen, wo sie AD orpn tiber- setst, allein.

a

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 293

Jorzug derselben vor der jehovistischen M73 M75 deshalb gar nicht gedacht werden kann, weil diese sich bei weitem miher an den sinnlichen, concreten Vorgang bei der Bundesschliefsung und an die Grundbedeutung von n3 Yun schneiden hält, während jene m3 bereits in ganz abgeblafster, abgegriffener Bedeutung denkt. Von diesem Gesichtspunkt aus werden wir nun auch im Stande sein, das Vorkommen von 718 für Bedrückung richtig zu beur- theilen für das Aram. ist die Bedeutung fricare, commi- nuere sicher gestellt, das Wort findet sich aufser dem Elo- histen nur bei Esechiel das spricht doch neben on ro laut genug.

Was :139) angeht, so kann allerdings das Vorkommen des Stammes 35) auch in der älteren Literatur beim JE, bei Amos u. s. w. die Annahme bedenklich erscheinen lassen, dasselbe als einen Aramaismus zu bezeichnen, ob- wohl es immerhin bestehen bleibt, dafs die Form 199) in der Bedeutung ,weiblich* nur bei Jer., dem Deuteron. und im Aramäischen sich findet, jedenfalls fällt es unter diejenigen Nomina, welche einer späten Literaturperiode angehören. Bei 19} ist die Entscheidung, ob es allein dem Eindringen des Aramäischen in das Hebräische seinen Ur- sprung verdankt, noch schwieriger, denn schon die alte Literatur bietet ein Nomina 7133 in der Bedeutung „mas“, Von höchster Bedeutung aber ist es, dafs durch die An wendung dieses Nomen sich nicht nur der Jehovist, cf. Ex. 23, 17. 34, 23, vom Elohisten, sondern auch die alte Lite- ratur von der neueren unterscheidet. Denn im Deuteron., das allerdings 16, 16 das jehovistische Gesetz citirt und %, 13 ebenfalls dem Jehovisten folgt, steht sich der Ge- brauch dieses und jenes Nomen noch gleich, von Jeremias ab aber finden wir WO} nicht mehr vor. Da Ri. 21 erst spät seine jetzige Gestalt erhalten hat (cf. auch A7y) und Jos. 4, 5, einem ganz überarbeiteten Stück angehirig, inen sehr überfüllten Text zeigt, so bleibt aus der alteı

294 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Literatur nur 1 Reg. 11, 15 f.") als Zeuge für “pr übrig, also 2 Stellen gegen 20 die der späteren und spätesten Zeit der Sprachgeschichte angehören!

Dagegen scheint mit gröfserer Sicherheit OF als ein Aramaismus bezeichnet werden zu können : wenn wir vom Elohisten absehen, ist das erste Buch, welches es bietet, das Deuteron. Vorher herrscht in der ganzen alten Lite- ratur das genuin hebräische 5pp,; dasselbe kommt 7 mal beim Jehovisten Ex. 8, 22. 17, 4. 19, 13 21, 28, 29, 32. Jos. 7,15 und an 7Stellen der historischen Bücher, welche von dem Verdacht der deuteron. Ueberarbeitung gänzlich frei gesprochen werden müssen, vor : 1 Sam. 30,6. 2 Sam. 16, 6, 13. 1Kön. 21, 10, 13 ff. Im Deuteronomium selbst ringt der alte Sprachgebrach noch erfolgreich mit dem neuen : 4 Stellen mit 9po 12, 11. 17, 5. 22, 21, 24 stehen gegen eine mit OF. Von da an verschwindet 5po : eine exilische Schrift Jes. 62, 10 bringt es noch einmal in der auch durch Jes. 5, 2 vertretenen Bedeutung „von Steinen säubern“. Ezechiel braucht 2 mal om, ebenso der Redactor der Königsbücher 1 Reg. 12, 18 und die Chro- nik (2 mal). Aufserdem erscheint der Stamm in 2 nach- exilischen Namen oJ) 1Chron. 2, 4 f. und bp ay)Sach. 7,2, in dem späten 68. Psalm v. 28 (Myr) und Prov. 26, 8

1) Ob an diesen Btellen I} Wirklich ursprünglich ist, wollen wir bier dahingestellt sein lassen, unter keinen Umständen aber verdiente die Vermuthung Wellhausen’s, dafs es an denjenigen Stellen der älteren Literatur, wo wir os jetst finden, für das in früherer Zeit ge- br&uchliche >) punktirt sei, die Zurtickweisung, welche ihr von Ryssel 8. 78 Anm. widerfährt. Denn dafs man ursprünglich die matres lectionis in Mitten der Worte nicht zu schreiben pflegte, dürfte Ryssel nach Mesa und Eschmunasar schwerlich bezweifeln wollen, und da man nach dem Exil nur noch 19} sprach, so lag die falsche

Aussprache und Schreibung des TQ] an weniger oft gelesenen Stellen wie 1 Reg. 11, 15 f. sehr nahe.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 995

mom. Sein häufiger Gebrauch schon im biblischen und dann im späteren Aramäisch ist bekannt.

Zur Vergleichung mit einem aramäischen Sprachge- brauch veranlafst ferner das elohistische m sich festsetzen in einem Lande, ein Gebrauch, der aufser Gen. 47, 25. Num. 32, 30 nur noch Gen. 34 und Jos. 22, in zwei vom Hexateuchredactor herrührenden späten Stücken vorkommt und auch in der sonstigen Anwendung des Stammes mx im Hebräischen nur eine einzige Analogie hat, die eben- falls sehr spät herabführt. Ich meine die Verwendung des Part. Pass. yrıy im intransitiven Sinne in dem, sonst wie bekannt stark aramäisch tingirten Hohenliede. Mangeln hierfür jegliche Erklärungsgründe aus dem hebräischen Sprachgebiet, so ist uns das Räthsel sofort gelöst, wenn wir das Aramiische vergleichen. Denn hier hat paul eben- falls intransitive Bedeutung : den Jın mx im Hohen-

liede entspricht im Syrischen ') der Is pou] = = omnipotens.

Ebensowenig kann der aramäische Einfluls in einem Stamme wie MDS verkannt werden. Gehen wir dem Gebrauch des Verbi, dessen Nomen mynny sich wahrscheinlich zwar nicht im Priestercodex selbst, aber doch in dem Codex Lev. 17—26 findet : C. 25, 23, 30, näher nach, so finden wir, dafs dasselbe vor dem Ende des 7. Jahrhunderts nicht auftaucht, dann aber sowohl in als nach dem Exil in der Poesie in Geltung bleibt. Hiob und Klagelieder bieten es, ferner die späten Psalmen : 69. 73. 88. 94. 101. 119. 143, von früheren, aber wie leicht zu sehen ist, die Grenze der zweiten Periode der Sprachgeschichte nach oben auch nicht überschreitenden Psalmen : 54 und 18. Dagegen haben wir gerade für seinen Begriff eine ganze Reihe von echt hebräischen Ausdrücken, welche ebenfalls die Poesie

1) In Betreff weiterer Erscheinungen der Art im Syrischen cf. Nöld. Syr. Gramm. Leipzig 1880. § 280. 8. 198. Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 15

996 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

nicht verschmäht. Aufserordentlich heikel ist es, zu ent- scheiden, ob das bekannte Kreuz der Etymologen Wy ‘pwy ein echt hebräisches Wort sei, oder nicht. Der Elohist bietet es 6 mal gegen einmaliges mılsy Mra Jos. 15, 51, im Zusammenhange des Jehovisten dagegen finden wir nur wy ne Gen. 32, 23. 37, 9 und dem entsprechend in den älteren historischen Büchern 1 Reg. 6, 38. Im Deuteron. und bei Ezechiel halten sich beide die Wagschale cf. Deut. 1, 2 f. Ez. 30, 20. 31, 1 gegen 26, 1. 40, 49, während bei Jeremia 1, 3. 39, 2. 52, 5 'y ‘Mey überwiegt cf. 52, 1. Der Redactor der Königsbücher sagt, wohl unter dem Ein- flufs seiner älteren Quellen (cf. I 6, 38), lieber ‘y nr U 9, 29. 23, 36. 24, 18 gegen II 25, 2. Die Chronik, wiederum abhängig von den Königsbüchern, bietet doch nur 2 mal ’y ane Il 36, 5, 11 gegen 5 maliges ‘y snwy I 12, 13. 24, 12. 25, 18. 26, 14. 27, 14. Sacharjah endlich hat nur ywwy 1, 7. Man sieht : der Elohist rangirt hier ungefähr mit der Chronik : in dem Kampf, den das unbestritten alte ‘y Ime mit ‘y ‘nwy von der Zeit des Deuteron. ab, anfänglich mit unentschiedenem Erfolg, führt, unterliegt es schliefslich fast ganz, und in diesem Stadium finden wir die Sachlage beim Elohisten. Bei einem Zahlwort ist dieses Resultat von besonderer Wich- tigkeit ').

Auch yoy’ wird man für einen Aramaismus halten müssen. Es findet sich aufserhexateuchisch nur Deut., Ezech. u. Ps. 105, über sein Vorkommen im Aram. cf. Ges. Thes. bei pnw. Einmal bietet es sich im jehovistischen

!) Beachtenswerth erscheint bei den schwierigen Fragen, welche dieses Wort zu beantworten giebt, eine mir von Prof. Wellhausen mitgetheilte Vermuthung, dafs dasselbe von [dem assyrischen Zahlwort für eins „istin“ cf. Menant Syllabaire Assyrien P. II 8. 880 abhänge. Hätten die Israeliten dieses Wort von den Euphratsemiten angenommen, dann wäre das späte Auftreten desselben in der hebräischen Literatur mit einem Schlage erklärt. cf. auch Stade, hebr. Gramm. 8. 218.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 997

Zusammenhange Ex. 7, 28, bei Beschreibung der Frosch- plage. Dals aber der Redactor den zweiten Theil des Berichtes tiber die Plage aus dem Jehovisten wegliefs und durch das entsprechende Stück aus dem Elohisten ersetzte, sich also hier einen stärkeren Eingriff erlaubte, ist allge- mein anerkannt. Unter diesen Umständen ist es geradezu nothwendig, den Satz ‘Os We puw mit seinem gut elo- histischen aber ganz unjehovistischen Ausdruck auf die Rechnung des Redactors zu schreiben, besonders da der Ausdruck : ich schlage dein Gebiet mit Fröschen, so dafs wimmeln soll der Strom von Fröschen u. s. w. kein sehr gelenker genannt werden kann.

Ohne Zweifel ist ferner 3% ein Aramaismus : seine Häufigkeit im Chaldäischen und Syrischen ist bekannt, in der vorexilischen Literatur tritt es niemals auf, so dals auch Ryssel 8. 46 sich su der Bemerkung veranlafst sieht : id nomen libri Elohistici proprium Ezechieli in mentem venisse videtur. Da aber '"p gar kein specieller Terminus ist, sondern eine ganz allgemeine Bezeichnung für „Gabe“, „Darbringung“, so begreift man nicht, wie Ezech. auf die Bildung dieses Ausdrucks gekommen sein sollte. Er war vielmehr, nach der Art wie er ihn erwähnt zu schließen, aus dem Aramäischen schon längst in der Volkssprache eingebürgert.

Ebenso unzweifelhafte Aramaismen scheinen mir fx und pe) zu sein. Was den Gebrauch von myx angeht, so findet sich das Niph. und das Nomen dieses Stam- mes vorzugsweise in exilischen und auch in nachexi- lischen Stellen. Alle vorexilischen Schriften, die den Stamm bieten Prov. 29, Hiob, Ps. 6, 31, 38, werden nur vermuthungsweise in diese Zeit versetzt, können aber auch wohl jünger sein, diesen stehen 14 exilische Stellen zur Seite endlich findet sich das Verbum auch bei Joel. Be- kannt ist der häufige Gebrauch des Wortes im Aramäischen. Da wir in der ganzen althebräischen Literatur keine Spur

15*

998 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

des Wortes auffinden, so ist hier die Annahme eines Ara- Maismus sicher gestellt. Besonders wird dieselbe aber durch die beiden anderen sinnverwandten Worte py und px) unterstützt. Jenes isthäufig im Aramäischen vertreten, sowohl im Chald. als Syr. und findet sich ebenfalls nur in einer zur Noth vorexilischen Stelle : Ps. 12, sonst nur in exilischen und nachexilischen Schriften : Ps. 79. 102. Jer. 51. Ezech. 3 mal, Mal. Ein Derivat davon mp Lev. 11, Name eines Thieres, ist in derselben Eigenschaft im Ara- mäischen vertreten, kommt dagegen, soweit ich sehen kann, im Arabischen als solcher nicht vor. Ueber px) ziehe man die Tabelle zu Rathe : auch hier dasselbe Ergebnifs cf. auch pm), das sich im Hebräischen nur bei Hiob, dagegen wieder im Aramäischen findet.

Von nnmivo und der hohen Wahrscheinlichkeit, dafs auch der Stamm 2 aus dem Aram. in das Hebr. herüber- genommen sei, ist bereits in den Anmerkungen zur Tabelle ausführlicher die Rede gewesen. Sollte yD ein alter he- bräischer Stamm sein, so ist er doch erst ziemlich spät, und dann sehr wahrscheinlich durch das Aram. in die Schriftsprache eingeführt worden auch hier sind sichere vorexilische Beispiele nur in einem Exemplar vorhanden : Jer. 10, 9, da 2 Sam. 22, 43 das Wort ein Fehler ist, und die Elihureden nur in resp. nach dem Exil entstanden sein können.

Zum Schlufs stelle ich die Aramaismen, welche wir Ryssel verdanken, kurz zusammen : 7nNI, AM, mim: “pa ANT, MM, IOV) OOD O50 ODD) MD WD WH 979 ww, AWD, May: May, Mee, muy Twp, 53p endlich noch Ir, das ich bei ihm nicht gefunden habe, hinzufügend. Nimmt man die 10 soeben besprochenen hinzu, so ergiebt sich eine äußserst stattliche Zahl, dabei ist auf andere, weniger sichere, wie 53% 11%» 930 (in freundlicher Gesinnung treffen), pr PpD PM, AI 72% die alle auch von der aramäischen Sprache geboten werden, gern Verzicht zu leisten.

230 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. -

Geschichtsschreibung bietet den Ausdruck nie. Ebenso- wenig wendet sie das bombastische "y52y „ausgenommen® an, vielmehr sprechen hier wieder 4 Stellen aus Deutero- jesaia und der 18. Psalm für poetischen Charakter. Die zwei noch übrigen Stellen, an denen es sich findet : Jes. 36, 10 und Jer. 44, 19, sind wiederum der schwungvollen, auf hohem Kothurn daherschreitenden späteren Geschichts- darstellung eigen. Jes. 36, 10 ist ganz nach dem Muster der Rede des Assyrers. beim wirklichen Jesaia gebildet cf. Jes. 10, 8—11. Was die andere Stelle anlangt, so kann auch sie ihren poetischen Charakter nicht verleugnen : Eigentlich reden die männlichen und weiblichen Exulanten v. 15, aber der Darsteller wird von seinem Feuer so hin- gerissen, dafs er die Weiber plötzlich derartig redend ein- führt, als wären ihre Männer gar nicht mitanwesend. Man vergleiche aufserdem das Ende des 17. Verses, den Paral- lelismus der Glieder, die Paronomasie am Schlufs, die ge naue Uebereinstimmung der Antwort Jeremia’s v. 21, die ganz in dem vom Deuteron. abhängigen Stil der damaligen Zeit gehalten ist, mit dem was v. 17 gesagt war u. s. v. Stellen wir ein anderes, allerdings nicht bei Deuterojesais vorkommendes Wort neben “yan, so wird dasselbe er hellen. Num. 6, 9 lesen wir Oxnd yno2, Num. 36, 2 ymo> das erste findet sich nur noch in hochpoetischen Stücken : Jes. 29, 5. 30, 13; dieses tritt nur noch be Hab. 2, 7 und in dem gewählten Stil der Prov. 6, 15 und 29, 1 hervor. Man betrachte die Stellen und den ganzen Charakter der Ausdrücke, besonders des ersten genau und

noch in Stücken des Deuteronomisten : so C. 84, 9 cf. Wellhausen, Jahrbb. XXI., 8. 555, so 82, 9 cf. Wellh. 8. 561, wie auch Dilla. su 88, 8, 5 diese Worte als Zusätze des Bearbeiters beseichnet. Sie finden sich nur noch Deut. 9, 6, 18. cf. 81, 27. 9, 26 und in eine Reihe späterer vom Deuteron. abhängiger Stücke. Also auch hier ym

in der blühenden Prosa des Exils.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 231

frage sich würde man diesen Ausdruck in den alten einfachen Erzählungen sich denken können? Ja würde man überhaupt auf den Gedanken kommen, er könne in der Prosa gebraucht sein, wenn er nicht in den beiden Stellen aus Num. vorkime? Wenn er sich hier findet, so kann dies nur wie bei "y5an daher rühren, dafs ihn der Elohist der künstlichen, predigenden Geschichtsdarstellung entlehnte, wie wir sie nach dem Deuteron. im Exil öfters treffen. Eine ganz verwandte Erscheinung: ist ap Gen. 23, 6. Nie bietet uns die alte Prosa dies Wort, wohl aber liefern es ältere poetische Stücke, aus denen es dann wie die vorigen von den paränetischen Geschichtsschreibern des Exils entlehnt werden mochte. So finden wir es Ex. 15, 4 und in den echt jesaianischen Weissagungen 22, 7. 37, 24 !), einmal bei Jeremia 22,7 und 4 mal bei Ezechiel. Auch nach dem Exil findet es sich, sogar im Plural : Dan. 11, 15. Unverkennbar ist weiter der poetische Charakter des schon in alten Liedern gebrauchten Gottes- namens : vaY 5x. Wo er beim Jehovisten vorkommt, ist er rein poetisch : Gen. 49, 25. Num. 24, 4, 16, hierzu stimmt sein häufiger Gebrauch im Buch Hiob. Besonders scheint dies Buch dazu beigetragen zu haben, das Wort bei der höheren exilischen Schriftstellerei in Aufnahme zu bringen : die prophetische Sprache dieser Zeit wendet es an: Ezech. 2 mal, Jes. 13, 7. Joel, nicht minder aber die prosaische : Rut 2 mal, der Elohist 5 mal und der Redactor des Hexa- teuch Gen. 43, 14 im jehovistischen Zusammenhang. Offenbar wäre es ein Verstols gegen alle gesunde Kritik,

1) Nachdenklich macht an dieser Stelle der Umstand, dafs die Parallele in 2 Reg. 18—20, deren Text fast durchgängig, sonderlich aber auch für die Weissagung 87, 22—82 der bessere ist, hier nicht “PIQD sondern 4ipiny bietet. Da durch Jer., Esech. und Daniel WIRD für die spätere Zeit gesichert ist, so legt es sich nahe, dafs wie Jos. 87, 24 auch 22, 7 “fib das ursprüngliche war.

232 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

anzunehmen, der Ausdruck, der in der ganzen vorexilisches | Prosa niemals vorkommt, sei an dieser Stelle im Jehovisten ursprünglich auch Dillm. weist ihn dem Bearbeiter sa.

Ist es nach den vorerwähnten zehn einigermalsen schlagenden Beispielen noch nothwendig, ausführlich auch | den poetischen Charakter folgender elohistischer Ausdrücke darzuthun? 23 nur noch bei Jeremia und Jes. 34, 11; wn Jes. Jer. Hiob, Deut. Deuterojes. (4 mal), Pseudojes. (2 mal), Ps. 107 und in der exilischen Prosa I Sam. 1 (2 mal); "87 nur noch bei Hiob (4 mal) und Jes. 14; mn im Lied Mosis und bei Jerem.; mp5p nur noch in Deuterojes.; O70 Hiob, Thren., Ps. 55 und 119, Ezech.; 837 und Un Hiob, Ps. 33 und 141; pny Pe. 18, Hiob, Deuterojes., cf. auch das Derivat D’priY, das nur an poet- schen Stellen erscheint; 1 in 4 Psalmen, Deut., Jer, Thren., Ezech., Jes. 14 und in ganz später Prosa an 5 Stellen. Bei nny, das oben als Aramaismus besprocha wurde, trifft mit dieser Eigenschaft auch die eines poeti- schen Wortes zusammen : Hiob, Threni und 10 Psalmen. Auch Mx und px), besonders in den Nominibus, scheine unter dieselbe Kategorie zu gehören ').

Nicht gerade dem poetischen Sprachgebrauch, aber ebenfalls sicher einer von der alten Prosa durch eine breite Kluft geschiedenen Literaturperiode gehört ferner das Ver- bum m auskundschaften an. Die alte Bezeichnung für seinen Begriff ist 531 : aufser dem jehovistischen Zusammen- hang, der dies Verbum 14 mal bietet, kommt es nur in unbestritten alten Stücken des Richterbuchs 18, 2, 14, 11, der Samuelisbücher I 25, 4. II 10, 3. 15, 10. 19, 28, aufser- dem Deut. 1, 24, das den Jehovisten citirt, und in der Chronik 1 19, 3 der Parallelstelle zu II Sam. 10, 3 vor. Also vom 7. Jahrhundert ab verschwindet es völlig und

!) Aa. wie “21, 3) verfluchen etc. sind an zu wenigen und wonig significanten Stellen vertreten.

234 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Ebensowenig läfst sich das yymy Ri. 1, 23 halten. Schon an sich wäre der Ausdruck : und es kundschaftete das Haus Joseph gegen Beth-El, oder es liefsen d. J. auskund- schaften gegen B.-E., mindestens ungeschickt, sodann aber sind nachher gar keine Kundschafter sondern Wächter er- wähnt, die einen Mann ausB.-E., der sich durchschleichen “will, auffangen, weiter setzt der vorangehende Vers, nach welchem die J. bereits nach B.-E. hinaufgezogen sind, bereits die Ankunft des Heeres vor B.-E. voraus. Endlich aber, was das wichtigste ist, hat die LXX (Al. : xaz xag-

evaBadovy xat xareoxepavro eis BatOyd; Vat. : xat rap

evaBadov olxog Iogand xata BatOnd) statt des YTYM ein vun gelesen. Dieses Verbum palst allein zu dem folgen- den 3, denn es wird ganz gewöhnlich mit einer Präposition, welche die feindselige Richtung gegen die belagerte Stadt angiebt, verbunden cf. I Sam. 16, 17. U 11, 1. 16, 5 Jes. 39, 1. Es ist daher ohne Zweifel das 11M durch die undeutliche Aussprache eines Dictirenden in den Context gekommen und aus 13" verderbt. Wenden wir uns endlich

Num. 10, 33 zu, wo "m wie es scheint in einem jeho-

beigestanden haben, absetsend, Satrapen an ihre Stellen bringend und dann ya) maeinb v. 26 schon wieder mit einem Heere sich Ahab gegenüber stellend! Ob die Nachricht des 24. Verses auf einem wirk- lichen Milsverständnifs des Redactors beruht, läfst sich jetzt nicht mehr entscheiden, soviel dürfte jedoch aus obiger Betrachtung hervorgehen, dafs der Vers einem stärkeren Eingriff des Redactors in seine Quellen seinen Ursprung verdankt und demnach keine Bürgschaft dafür bieten kann, dafs der Titel "MH wirklich in den alten Quellen vorkam. Hier nach dürften die apodictischen Worte Schrader’s KAT 89 über das Vorkommen des Worts in den ältesten Urkunden etwas zu modi- ficiren sein. Selbst wenn übrigens Schrader an dieser Stelle den Beweis für semitischen Ursprung des Wortes geliefert hätte, mülste das selbe doch als ein assyrisches Fremdwort in der hebr. Literatur angesehen werden. Und dies sollte bereits „in so alten Urkunden“ wie 1 Reg. 20 den Aramäern als Bezeichnung ihrer eigenen Baträpchen in den Mund gelegt sein? An der Richtigkeit der Aufstellungen Schrader’s swei- felt auch Delitzsch. Comm. s. Jes. 3. Aufl. 8. 878.

Giesebrecht, zur Hexateuchkritik 235

-vitischen Stück vorkommt. Bereits Wellhausen hat Jabrbb. für d. Th. XXI S. 568 darauf aufmerksam ge- macht, wie wenig die hier gegebene Aussage, dals die lade des Bundes dem Heere drei Tagereisen weit voran-

=- gesogen sei, in den ganzen Context passe. Trotzdem

"oo mM FW

scheint dieses Stück bereits dem Jehovisten angehört zu haben, denn Deut. 1, 33 weist mit seinem Dip» on) nnd Bekanntschaft mit unserem Stücke auf. Und doch ist uns gerade durch das Deuteron. möglich, dem ursprüng- ichen Inhalt der Numeristelle auf die Spur zu kommen. Denn, betrachten wir die Worte des Deut. näher, so zeigt sch, dafs dasselbe 1) von der Lade des Bundes gar nichts weils, sondern vielmehr behauptet, Jahveh selbst sei in der Feuer- und Rauchsäule den Israeliten vorangezogen,

| um ihnen am Tage den Ort für das Lager auszukund-

schaften und des Nachts ihnen zu leuchten. 2) Dals es dabei keineswegs an ein Voranziehen Jahveh’s in der Weise gedacht haben kann, dafs eine Strecke von 3 Tagereisen zwischen ihm und dem Volke lag, denn dann würde der Zweck, den er nach dem Deut. mit jenem Anführen des ‘Volks verfolgte, gar nicht erreicht worden sein. Dagegen ast es wohl verständlich, wie ein Diaskeuast jene Stelle des Deuteron., die von dem Auskundschaften der Lagerstätte durch den den Zug des Heeres leitenden Jahveh handelte, znit den Worten Mosis Num. 10, 36 'x maar” mag so combiniren zu müssen meinte, dafs er annahm, die Bundeslade sei dem Heere immer eine grölsere Strecke worausgegangen, des Abends aber jedesmal zum Lager surückgeschwebt, von ihm stammt hiernach der 33. Vers des Capitels. Wer aus allen diesen Differenzen und Diffe- renschen besser herauszukommen versteht, dem werden wir für jede Belehrung dankbar sein. Ein weiteres, den Elohisten gegenüber dem Jehovisten und der ganzen älteren Geschichtsschreibung auszeichnendes Wort ist im in der Bedeutung erzeugen. Aber nicht

236 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

allein in dieser speciellen Bedeutung, sondern überhaupt ist das Hiphil von 75° erst in der späteren Literatur nach- zuweisen. Das Deut. und Jer. bieten es je zweimal, Hiob und die Rede Jesaias II Reg. 20, 18, welche selbstver- ständlich als eine freie Composition des Redactors der Königsbücher angesehen werden mufs, da sie von dem sonstigen Charakter der jesaianischen Reden nicht gerade vortheilhaft absticht, und das Buch Hiob je einmal. Von da an erscheint die Form häufiger in den exilischen und nachexilischen Schriften, während 7%, vom Vater gesagt in jener Zeit allmählich verschwindet. In den älteren Büchern finden wir demnach im nur Ri. 11, 1. Wem diese auffallende Thatsache schon unser Nachdenken her ausfordert, so noclı mehr der Zusammenhang, in dem sie uns entgegentritt. Es handelt sich um die Herkunft de Jeftah, dieselbe wird folgendermafsen berichtet : und Jeft. war der Sohn einer Hure und es erzeugte Gilad dea Jeft. Es sieht beinahe so aus, als sei die zweite dieser ganz unvermittelt nebeneinandergestellten Aussagen dasa bestimmt, die erste zu corrigiren, die unehrliche Abkunft des Helden zu einer ehrlichen zu stempeln indels das folgende belehrt uns, dafs dies nicht die Absicht des Ex zählers gewesen sein kann. Nun könnte man sich dabei beruhigen, dafs die Darstellungsweise etwas uneben se, aber ein Blick auf die LXX zeigt, dafs wir hiermit dem Erzähler Unrecht thun würden. Der Vatican. giebt 9 &yy&vunoe tH [alaad tov I, der Alex. xal Erexe OT. tov I. Hiermit ist jedenfalls das 5 vor 95) gesichert, durch welches das Verhältnils zwischen den beiden Eltern des Helden hergestellt wird, das nach dem mas. Text ganz in der Luft schwebt. Es scheint nach dem Vat. gelesen werden zu müssen 1y)% nr, sprang ein Schreiber vom ersten auf das zweite 5 über, so lag die Ergänzung des 53 Sy zu 53 7579) nahe genug. Endlich bleibt noch Gen. 40, 20 zu betrachten, wo uns das Hophal von "4 einzig

238 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

muelis bieten den Terminus nie : eine Thatsache, welche offenbar die Annahme einer elohistisch gefärbten Inter- polation an der eben angeführten Stelle wesentlich unter- stützt. Diejenigen Partieen der jehovistischen Geschichts- erzählung, welche x’) anwenden, nämlich Gen. 34 und Ex. 34, 31 enthalten aufser ihm noch eine solche Fülle von elohistischen Worten, dafs in Betreff der Exodusstelle schon Wellh. !) auf eine Mitwirkung des Elohisten ge schlossen, Dillm. aber dieselbe vollständig diesem Schrift- steller zugewiesen hat. Dafs Gen. 34 von der Hand des R. oder eines Diaskeuasten in seinen jetzigen Zustand gebracht ist, stand mir bereits fest ®), ehe Kuenen mit seiner ausführlichen und gediegenen Begründung dieser Annahme hervortrat *).

Die einzige Stelle, an welcher wir x) vor der Mitte des 7. Jahrhunderts sicher nachweisen können, ist dem jehovistischen Gesetzbuch angehörig, Ex. 22, 27 onde INN 8 1Dy2 wn Yon x5. Wenn man hier vor jeder Bearbeitung und Bereicherung des Gesetzes durch die späteren Redactoren sicher wäre, so würde dies demnach als die erste Spur von dem Vorkommen des Wortes in der hebräischen Literatur betrachtet werden können, mög- lich aber auch, dafs da dieser Würdename in der älteren Zeit nicht gebräuchlich war, das Wort hier noch in seiner appellativen Bedeutung „der hervorragende , der hoch- stehende* angewendet worden ist.

Eine noch viel auffallendere Erscheinung bietet sich uns in dem Gebrauch der beiden Bezeichnungen für Stamm im Sinne des griechischen gvAn : DIY und AMY Jenes ist der gewöhnliche vorexilische und, was wohl zu

1) cf. Jahrbb. XXI. 8. 566.

*) cf. Dillmann Exod. u. Levit. Leipzig 1880. 8. 858. *) cf. Theol. Literaturzeitung 1880. Nr. 8. 8. 179.

*) of. Theol. Tijdschrift 1880. 8. 257.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 239

| beachten, auch exilische Ausdruck selbst Ezechiel, der

& 4

doch den Elohisten nachgeahmt haben soll, bietet ihn

: stehend und ‘nie 90, das doch bei diesem Schriftsteller : wnendlich häufig erscheiut. Erst nach der Publication des

elohistischen Gesetzes finden wir dagegen "Hp in häufiger Anwendung beim Chroniker. In dieser späteren Zeit ist es denn auch, wie die LXX ausweist, an einigen Stellen in die ältere Literatur eingetragen worden. In Bezug auf 1 Reg. 8, 1 braucht dies nicht noch besonders nachge- wiesen zu werden, aber auch Jos. 7, 18 kann diese An- nahme keinem Zweifel unterliegen. Vorher ist immer, dem jehovistischen Sprachgebrauch dieser Partie entsprechend, vow für Stamm geschrieben, nun taucht plötzlich Oo auf, und wie nach Verabredung fehlt dies Wort in der alexan- drinischen Uebersetzung. Ueberhaupt lehrt die Verglei- chung derselben, dafs wir die ganze ermtidende genea- logische Auslassung, welche der hebräische Text an dieser Stelle bietet, im wesentlichen einer im elohistisch-specifi- eirenden Sinne die alten Angaben tiberarbeitenden Hand zu danken haben. Die beiden noch übrigen Stellen der älteren Literatur, an denen wir Mp finden, brauchen nur erwähnt zu werden, um Jedem der sich einmal mit ihnen beschäftigt hat, die Erinnerung an eine gelinde Verzweiflung zu erwecken, die sich seiner bei der Auslegung bemäch- tigte, es sind 1 Reg. 7, 14 und Mich. 6, 9.

Was die erste anlangt, so bietet ja ihr Wortsinn keine besondere Schwierigkeit, sie beginnt vielmehr erst eine crux zu werden, wenn man ihre Angaben mit denen der Chronik über Hiram vergleicht 2 Chron. 2,13. Die Discre- panz zwischen beiden Stellen ist in der That bedeutender, als es die Harmonisirungsversuche der meisten Ausleger erscheinen lassen. Dieselben divergiren : 1) in Betreff des Namens jenes Künstlers, den die Königsbücher Hiram, die Chronik Huram Abi nennen. 2) In Betreff seiner Her- kunft, indem die Chronik jeden Gedanken an seine israeli-

240 Giesebrecht , sur Hexateuchkritik.

tische Abstammung von Seiten des Vaters ausschliefst : seine Mutter eine Israelitin, sein Vater ein Phönisier, die : Königsbücher dagegen es als eine Möglichkeit erscheinen lassen, ihn als echten Israeliten zu denken : seine Mutter eine Wittwe vom Stamm Naphtali, sein Vater ein Phö- nizier. 3) Welchem Stamm er resp. seine Mutter ange- hörte, wird ebenfalls verschieden angegeben, nach den Kö- nigsbüchern gehörte er dem Stamm Naphtali, nach der Chronik dagegen dem Stamm Dan durch seine Mutter an. Wie soll man sich diese Differenzen erklären? Wer jene Stelle der Chronik im Zusammenhang durchliest, wird nicht daran zweifeln können, dafs dem Chroniker für diese Partie seiner Geschichte keine besonderen Quellen vor- lagen, sondern dafs er sich hier wie gewöhnlich auf dem Fahrwasser seiner eigenen phantasievollen Geschichtsdar- stellung mit Anlehnung an die Königsbücher befindet. Das Bekenntnifs des Huram zu Jahveh, der Himmel und Erde gemacht hat, die übermäfsige Verherrlichung der Kunst- fertigkeit des Huram Abi zeugen genugsam hierfür. Auch mufs es als höchst unwahrscheinlich bezeichnet werden, dafs es über den Tempelbau bessere und reichere Quellen gab, als die uns in den Königsbüchern aufbewahrten für kaum einen anderen Theil der Geschichte seit dem Tode Davids ist uns in ihnen so reicher historischer Stoff gegeben. Ueber den Werth der in den beiden Schriften uns gelieferten verschiedenen Nachrichten kann nur nach derinneren Wahrscheinlichkeit derselben geurtheilt werden. Und diese Wahrscheinlichkeit scheint mir nun in Bezug auf eine der angeführten Discrepanzen für die grölsere Treue der Chronik zu entscheiden : in Betreff des Namens des Künstlers. Dafs nämlich die späteren Juden den Namen a8 Onyı nicht mehr verstanden, zeigt die Vergleichung der alexandrinischen Uebersetzung zu 2 Chron. 2, 13. Sie übersetzt denselben yıpau toy xatega pov (Vat.) yecoau tov naıda uov (Alex.). Man sieht : es lag für die späteren,

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 241

wien es nun Abschreiber oder Diaskeuasten, nichts näher, is das ">" Of, wenn es in den Königsbüchern ursprüng- ich stand, in OW! zu ändern, das ‘3K beseitigte man, weil nan es nicht verstand. Dagegen läfst sich nicht denken, rie die Chronik auf jene Aenderung des OW, wenn es in en Königsbüchern sich vorfand, verfallen sein sollte. Von jer aus fällt dann auch ein Licht auf die anderen Ver- chiedenheiten. Steht es einmal fest, dafs mannigfache \enderungen im Text der Königsbücher vorgenommen rurden, so konnte aus der Abneigung heraus, einen Halb- )hönizier als Erbauer des salomonischen Tempels denken a müssen, auch jenes 05x neben MWe in den Königs- jüchern eingeschoben werden, und demselben Bestreben rerdankt dann wohl auch das 'D) NMDYD NW seine Ent- tehung. Die Freude der Späteren am Einregistriren des Einzelnen, besonders am Eingliedern der Einzelnen in die Stämme Israels ist uns bereits zu Jos. 7, 18 entgegen- getreten, was lag näher als das j7 nU2D durch 'D) moon su erweitern, da Dan im Gebiet von Naphtali lag, und man das Gebiet des Stammes Dan vielmehr in der nach Jos. 19, 40-46 demselben angewiesenen Gegend suchte? Dafs aber endlich, bei dem Bestreben das ‘0) moon durch x auf Hiram selbst zu beziehen, das 77 Muay nicht stehen bleiben konnte, leuchtet ein. Bei der grofsen Schwierig- keit dieser Stelle sind auch andere Erklärungen der vor- handenen Abweichungen denkbar : soviel aber scheint mir aus dem Charakter des Textes der Königsbücher hervor- zugehen, dafs diese Stelle nicht mit Sicherheit für das wirkliche Vorkommen des Wortes 99 in der älteren Lite- ratur geltend gemacht werden kann. Nicht anders steht es mit der vorhin schon angeführten Stelle aus dem Pro- pheten Micha. Der Anfang des Verses ist jedenfalls stark corrumpirt, die LXX haben gelesen oder gerathen : yum ww xy; nicht minder bedenklich ist aber auch das Fol-

gende : höret Stamm 73" wı, gewöhnlich übersetzt mit Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 16

249 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Beziehung des Suffixes an 73" auf "OM „und derjenige welcher ihn (zur Versammlung) einberufen.* #99 wäre hier ganz gegen seinen sonstigen Gebrauch als Femin. ange- wendet, das w da, wo es eine ganz bestimmte Persönlich- keit bezeichnete, nämlich den König, für “We gesetzt, während doch die Form des Satzes für Jeden die Ueber setzung als Interrogativ am nächsten legt, cf. LXX xa tig xoounosı xo. Endlich wäre mon als Bezeichnung für Stammesversammlung ohne weiteres angewendet. Die. Uebersetzung Hitzig’s kann, so wenig sie befriedigt neben der eben angeführten Auslegung noch recht woll | bestehen. Ich wage keine Correctur des Textes, die LXX giebt keinen vollen Aufschlufs über seine. ursprünglich | Gestalt, und bei einer poetischen Stelle ist, sonderlich m Hebräischen, der Gedankenfortschritt allzu unberechenbar.— Man sieht : es bleibt, wenn der Elohist uralt ist, bei diesem Worte keine andere Möglichkeit, als die Annahme, dafs es in alter Zeit gebräuchlich war, dann Jahrhunderte lang schlief, bis es durch den Priestercodex ans Tageslicht her- vortrat; hierbei bliebe aufserdem noch zu erklären, warum Priester, die nach der traditionellen Annahme den Priester- codex kannten, wie der Deuteronomiker und Esechid, dieses Wort nie benutzt hätten. Wie viel natürlicher ist auch hier wieder die Annahme, der Ausdruck "wp sei erst im Exil in der übertragenen Bedeutung „Geschlecht! Volksstamm angewendet! Seit der Zerstörung des nörd- lichen Reiches war sicher Sache und Bezeichnung des Stammes dem gewöhnlichen Bewulstsein und Leben immer mehr abhanden gekommen. Der „Stamm“ Juda existirte weder in der Vorstellung, noch in dem Munde des Volks, sondern nur das Reich Juda, nur einzelne Prediger und Poeten sprachen noch von den 3x1 >, so dals selbet diese, früher praktische Bezeichnung einen archaistischen, künstlichen Charakter erhielt. In dieser Zeit war, so will mir bedünken, das Aufkommen eines Ausdrucks wie Mt

un eee

TE ia m m .. engen a ee

Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 243

neben Ov möglich, natürlich in rein gelehrter, resp. theo- logischer Anwendung.

Geht man von Mp und x) zu nbwinn über, so fällt auch bei diesem Nomen die Thatsache ins Auge, dals seine Anwendung in der späteren Literatur sehr viel häufiger ist, als in der älteren Zeit. Nach der Mitte des 7. Jahr- hunderts, also durchaus in der silbernen Zeit der Sprach- geschichte erscheint es 12 mal, von Jeremias bis Daniel. Dafs wir zu den Producten dieser Zeit auch 2 Kön. 20, 13 mit seiner Jesaiasparallele rechnen, bedarf wohl kaum der Erwähnung, auch dafs 1 Kin. 9, 19 in eine späte Zeit ge- hört, wird theils durch den Charakter jener Nachrichten, theils durch ihr Fehlen in der LXX nahe gelegt. So bleiben aus der älteren Literatur noch Jes. 22, 21 und Mich. 4, 8 also 2 Stellen gegen 12 z. Th. der spätesten Literatur angehörig! Es ist immer dasselbe Lied bei den elohistischen Vocabeln ’).

Ein weiteres Lieblingswort des Elohisten my fehlt ebenso auffällig bei Ezechiel wie "Hp, während es die

f) Aber auch diese beiden Prophetenstellen scheinen mir nicht sicher. Palst Jes. 22, 21 neben MIN, MINI: AMOY die mby/nn? Besagt sie nicht eigentlich su viel als Bezeichnung der Amtsgewalt des Sebnah? Auch Delitzsch bemerkt z. d. Stelle : ,an’pwypy sieht man, wie nahe beigeordnet dem König das Amt ist, das Sebnah ver- liert“, und die LXX übersetzt das Wort sehr zart aber eigentlich un- richtig durch olxovouıa. Neben den oben angeführten Symbolen der Herrschaft vermifst man offenbar den Stab, der denn auch gerade zur Hand pa(st. Es scheint sich daher zu empfehlen, das ‘wp als eine Corruption aus “nyodo anzusehen cf. Num. 21, 18. Dafs Mich. 4,9 f. im Widerspruch zu v. 11 ff. stehen, darauf hat Wellhausen, Bleok 4. Aufl. 8. 426 Anm. bereits aufmerksam gemacht. Ebensowenig aber kann, wenn diese Verse entfernt werden, v. 8 stehen bleiben. Er ist nur zu begreifen als Versuch aus dem vorigen zu v. 9 f. überzuleiten, zwischen v. 7 und v. 11 steht er ganz verloren. Sollte die LXX mit ihrem 5499 für M55py Recht behalten, so würde hierdurch diese Behauptung wesentlich gestützt. Man achte aber auch auf die entsetslich hinkende und tautologische Ausdrucksweise dieses Verses.

16*

944 | Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

silberne Literaturperiode in einer grofsen Zahl von darbietet : Ps. 1. 7. 22. 68. 74. 82. 86. 106. 111. Jer Prov. In 1 Reg. 8, 5 fehlt es selbstverständlich bei der LXX, sie bieten den älteren Terminus xac Dies erweckt kein grofses Vertrauen dazu, dals da an der einzigen Stelle aus den Samuelis- und Königsb an der es sich sonst noch findet 1 Reg. 12, 20, au nung der alten Quellen geschrieben werden kann.

der That zeigt der Bericht, den dies Capitel von der zwischen Juda und Israel liefert, ein so eigentht Gesicht, macht einen so verworrenen Eindruck und hier und da durch Zuthaten des Redactors bereichert ı dafs man offenbar gar keine Garantie dafür hat, d an dieser Stelle der alten Quellenerzählung angehi ganz ähnlicher Weise taucht my auch im Rich sofort da auf : Cap. 20 und 21, wo ein gröfserer . des Redactors wegen des Inhalts und des sonstig cabelschatzes der Partie statuirt werden muls. (c das gut aramäische rorı rauben Ri. 21, 21, im ganz nur noch in dem späten Ps. 10, 9 vorkommend.) einzigemal, wo wir my sonst noch in der alte finden, nämlich Ri. 14, 8, steht es nicht, wie ms dem Elohisten annehmen sollte, von der israel Volksversammlung, sondern von Thieren : es be einen Bienenschwarm. Aufserdem kommt der Termi mal in der älteren prophetischen Literatur vor : „ich züchtige sie omy pnw“, die erste nicht v Verdacht einer späteren Abfassung gedrückte St welcher dieses Wort auf menschliche Versammlun gewendet wird !). Schliefslich sei noch bemerl

') Damit will ich jedoch nicht behaupten, dafs ich mich bisher gegebenen und in der That nach dem Wortlaut d einsig möglichen Auslegungen befriedigt fihle. Nach dem lichen Sprachgebrauch von yoy und pi, nach der An

246 Giesebrocht, sur Hexateuchkritik

nellen Zusätzen zu den ursprünglichen Quellennachrichten angehörig, welche selbst nirgends anders als im Exil ge schrieben sein wollen (cf. 5, 4 Salomo herrschte über Alles jenseits des Stromes), in Widerspruch zu anderen Nachrichten der Königsbücher stehen und in der LXX fehlen. Auch bei diesem Worte bleibt also schließslich eine Stelle aus älterer Zeit, welche gegen so viele Zeugen eines späteren Vorkommens des Wortes auftritt, nämlich Nu. 24, 19"), eine Stelle, die nach allgemeiner Annahme corrumpirt ist. Zieht man das » von Spy’ zu “Mm hin- über, so können die Consonanten offenbar ebensowohl DTM als OFM gelesen werden. Ich ziehe das erste vor, weil das 77% sonst nicht sicher in der älteren Literatur zu belegen ist. Eine Sicherheit, das wird Jeder zugeben müssen, gewährt also auch diese Stelle nicht für sein frühes Vorhandensein. |

Aber auch mx ist ein spätes Wort. Nächst dem Elohisten bietet es am häufigsten Ezechiel, dann Chronik, Nehem., Ps. 2, den man schwerlich für alt halten kann *). Der Eigenname pyr, von der LXX OyoLar ausgesprochen, welcher sich Gen. 26, 26 im jehovistischen Zusammenhang findet, wird seine jetzige Punktation erst durch Myr er- halten haben, seine Nichtberücksichtigung an dieser Stelle dürfte schwerlich auf Widerspruch stofsen. Was andere Stellen im Jehovisten anlangt, an denen "m sich findet, so ist in Bezug auf Jos. 22, 19 überzeugend nachgewiesen, dafs wir es hier mit einem nachelohistischen Stück zu thun haben. Num. 32, 5 dagegen ist von Kuenen nicht in seine Betrachtung, welche v. 6—15 als späteren Einschub beseitigt, hineingezogen worden, während er doch jeho-

1) Ri. 5, 18 braucht wohl kaum erwähnt zu werden.

*) Es war mir nicht möglich, mein Urtheil über die Abfassungs- zeit der Psalmen in extenso zu beweisen, doch hoffe ich, dafs ich dazu bald Gelegenheit finden werde.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 247

vistisches und elohistisches Sprachgut nebeneinander zeigt und auch sonst ganz der Anschauung von der Sachlage entspricht, welche man nach Kuenen bei dem Diaskeu- asten voraussetzen muls.

Ob xD schaffen aus dem Aramäischen in das He- bräische herübergenommen ist, oder ob sein Weg umge- kehrt vom Hebräischen in das Aramäische gegangen ist, wie Ryssel S. 73 annimmt, darüber läfst sich bis zum jüngsten Tage disputiren. Aber was sich mit Bestimmtheit ausmachen läfst, und worüber, wie wir hoffen, auch noch einmal Einigkeit hergestellt werden wird, ist die That- sache, dafs N13 in der angegebenen Bedeutung nicht beim Jehovisten vorkommt, sondern nur in der sinnlichen, also jedenfalls ursprünglicheren Bedeutung „fällen, schneiden, ausroden* als Piel x19 Jos. 17, 15, 18. cf. Ezech. 21, 24. 23, 47. Daß nämlich der Ausdruck eed Wwe Gen. 6, 7 auf Gen. 1 und 5 zurückweist, kann keinem Zweifel unter- liegen, auch Dillm. spricht davon, dafs „die Ausdrucks- weise von A hier etwas durchklingt“, folglich gehört die Stelle dem Redactor an, der die beiden Quellen zusammen- fügte. Auch Ex. 34, 10 spricht der Redactor, und nicht nur Wellh. sondern ebensogut Dillm. hat den Vers in dieser Weise beurtheilt. So bemerken wir, da x3 in der sonstigen Geschichtsschreibung vor dem Exil niemals er- scheint, auch hier die schon oft constatirte Discrepanz zwischen dem Elohisten und den alten Prosaikern. Da- gegen erscheint das Wort seit dem Deuteron. (bei diesem und Jerem., also im ganzen 7. Jahrhundert, nur 2 mal) in der poetischen und prophetischen Literatur 32 mal. Diesen 32 Stellen der silbernen Literaturperiode stehen nun aus den Propheten des 8. Jahrhunderts nur 2 Stellen gegen- über. Also auch hier weist wieder die überwiegend grolse Wabrscheinlichkeit den Elohisten mit seinen 12 Stellen der späteren Literatur zu. Aufserdem ist leicht zu sehen, dafs die beiden x13 des 8. Jahrhunderts Jes. 4, 5. Amos

248 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

4, 13, dieses einer Interpolation angehört, jenes in einer stark corrumpirten Stelle vorkommt.

Dafs Ryssel, dersich sonst der Annahme von Inter polationen oder späteren Aenderungen gegenüber so tugend- haft stellt, da wo ihn eine solche Annahme mit seinen Theorien über die Entstehungszeit elohistischer Stücke nicht in Widerstreit setzt, dieselbe gern acceptirt, zeigen z. B. seine Bemerkungen über das späte Vorkommen von ney? S. 73 : die Stelle 2 Sam. 16, 13, zu welcher Well- hausen im Text der Bb. Sam. S. 199 nachgewiesen hatte, dafs noyb hier auf Corruption beruhen müsse, wird hier gar nicht erwähnt, dagegen ist von seinem späten Auf- tauchen die Rede. In der That ist auch dies Wort spit : vor dem Exil kommt es nie vor, zuerst bei Ezechiel, dann Chron., Neh., Kohel. und in einer Interpolation der Königs- bücher I 7, 20.

Würdig reiht sich diesen späthebräischen Worten 572 an, auch hier hat Ryss. gegen spätes Zeitalter nichts ein- zuwenden und läfst wie noyb den Vers Jos. 16, 9, einen redactionellen, den Zusammenhung zwischen 16, 8 und 17, 1 unterbrechenden Zusatz zum Elohisten, als spiit pas- siren. Er mufs in der That sehr spät sein cf. die LXX, welche zeigt, dafs man hier noch in jüngster Zeit inter- essante Bemerkungen nachtrug. Sonst kommt das Verbum 4 mal vor dem Exil und über 20 mal in und nach dem Exil vor.

Ueber ein Wort wie man braucht man kaum beson- ders zu sprechen, die einzige ältere Stelle, an welcher es sich zu finden scheint, Jos. 22, 19, ist hoffentlich durch unsere Tabelle genügend als ein vom Elohisten abhängiges Stück gekennzeichnet, cf. auch das in den Anmerkungen zur Tabelle unter x" Bemerkte. Die übrigen z. Th. schon oben unter den wahrscheinlichen Aramaismen und den poetischen Ausdrücken aufgeführten späthebräischen Worte seien nochmals zusammengestellt : np me, YD:

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 249

ba u OTNID, 159s Bun. 713% Mw (cf. Anm. z. Tab. er DD), nid, end (cf. Anm. z. Tab.), uhr, Ir Im. urn (cf. 8. 209) mw mpde, ppp, Map) MT YD PO, MD) Mpo pp. AM 99% 59%. Mo Mwy (cf. Anm. Cab.), pnw, 729. wey. Da bei den meisten dieser Worte h das spite Vorkommen in der Literatur auf den ersten ck ergiebt, so kinnen wir eine genauere Betrachtung es einzelnen hier unterlassen. Jedermann wird zugeben, s ihre Zahl recht bedeutend ist und zusammen- alten mit der grofsen Menge von oben angegebenen amaismen sowie mit dem was weiter unten über andere achliche Eigenthümlichkeiten des Elohisten entwickelt rden wird— den Gedanken einer frühen Abfassungszeit ses Buches nicht aufkommen läfst.

Zum Schlufs sei noch zweier mehr stilistischen Wen- ngen gedacht, welche der Elohist ebenfalls mit späten hriftstellern theilt. 1) Die Pualform n3y findet sich nur ch in den späten resp. spätesten Büchern : Jes. 53, 4. . 119, 71. 132, 1. Hier hat es stets eine allgemeinere deutung „sich abmühen“, Lev. 23, 29 steht es speciell m Sichkasteien. 2) Die Pualform my, 3 mal bei Ezech., mal beim Elohisten.

II. Aufserlexicalisches.

Einige wichtige Erscheinungen, wenn auch nicht ge de lexicalischer Art, bietet der elohistische Sprachgebrauch dem Suffix %1.., der auffallenden Bevorzugung der mm x für „ich“, und der Ersetzung des Verbalsuffixes rch net mit Suffix, des Gebrauchs eines determinirten Ad- tives bei undeterminirten Substantivis u. s. w.

250 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Was das Suffix 1.- anlangt, so ist dasselbe von Ryssel S. 86 als ein suffixum antiquissimum bezeichnet, und aus seinem Vorkommen im Elohisten ein Schlufs auf dessen hohes Alter gezogen worden. Der Beweis für das hohe Alter dieses Suffixes ist jedoch nicht geliefert worden, keine Thatsache aus der Sprachgeschichte ist zu diesem Zweck angeführt. Nun wäre es ja wohl denkbar, dafs die Form ehu = ihu noch ein Ueberbleibsel aus jener Zeit darstellte, wo man auch ahu sprach ohne die Contraction zu vollziehen. Nur ist es auch in diesem Falle mifslich, die Form wegen des Mangels der Contraction für eine alte zu halten, weil hier eine Contraction wie bei W1, gar nicht möglich war. In jedem Fall war daher zunächst die Anwendung der betreffenden Form zu constatiren. Hätte Ryssel dies gethan, so würde er die überraschende Be- obachtung gemacht haben, dafs dieselbe nur in Stücken vorkommt, welche dem Exil nahe stehen : Nah. 1, 13 www ; Hiob 25, 3 wwe; Deut. und Ezech. Wy; Ri. 19, 24 wwy5%, ein Stück, in welchem schon mehrfach späte Er- scheinungen constatirt worden sind. Eigenthümlich ist es weiterhin, dals wir gerade in dieser Zeit bei dem Suffix des Plurals ähnliche Erscheinungen finden : Wmws Prov. 9,18 cf. Olsh. § 135c; way Nah. 2, 4; "nm Hab. 3,2; wen ibid. v. 11; winyp Ezech. 43,17. Es ist also die Uebereinstimmung des Priestercodex und des Deuteron. in Bezug auf die Form 305 heineswegs nothwendig ein Beweis dafür, dafs diese feierlichere Aussprache eine von Alters her durch den priesterlich-gesetzlichen Usus über- lieferte war, vielmehr liegt die Annahme viel näher, dafs der Deuteronomiker diese Form aus der gehobenen poeti- schen Sprache seiner Zeit sich aneignete. Ob das häufigere Auftreten von #7 - . in jener Zeit auf aramäischen Einflufs zurückzuführen (dem allerdings wohl das Phönizische die Aussprache des Suff. 3. Pers. mit e resp. i verdankt)

Giesebrecht, sur Hoxateuchkritik. 251

bleibe hier dahingestellt, nachzuweisen ist jedenfalls kein Beispiel der betr. Form vor Nahum.

Höchst bemerkenswerth ist weiter der Gebrauch der zwei verschiedenen Formen für ich : ‘338 und 5x. Bött- cher hat in seiner Grammatik eine übersichtliche Zusam- menstellung des Gebrauchs dieser zwei Pronomina gegeben und bereits hier auf die nicht allein in diesem Capitel be- merkbare auffallende Uebereinstimmung zwischen dem Elo- histen und den nachexilischen Schriftstellern hingewiesen. Ich lasse hier der Vollständigkeit halber seine Tabelle, wenn auch zuweilen Fehler vorgekommen sind, von denen ich einige corrigire, folgen.

Beginnen wir mit denjenigen Schriften, welche aner- kanntermalsen in die Zeit nach der Zerstörung Jerusalems fallen, so ergiebt sich :

1) Von den Ketubim brauchen 2) Von den Propheten Yr IR DM

Thren. _— Ezechiel 188 1%) Qoh. 29 Deutjes 62 18 Ester 6 Haggai 4 Eera 2 Bach 1-8 8 Neb. 165 1 Mal. 5 1 Chron. 80 1°) Jona 5 2 Dan. 28 1 Pseudojes. 8 29

Die ebenfalls späten Proverbien stehen mit den anderen Ketubim -ungefähr auf gleicher Stufe : sie bieten 7 mal Ye gegen 2 maliges ‘33%, ebenso überwiegt das ‘x in den Psalmen bei weitem : 13 maliges *) ‘3% steht gegen

1) Mit Recht macht Böttcher daraufaufmerksam, dafs das einzige ww) in der Chronik I 17, 1 aus der Parallelstelle 2 Sam. 7, 2 her- stammt.

*) Auch hier haben wir es, wie Böttcher ebenfalls bemerkt hat, nur mit einer Lehnstelle 86, 28 cf. Jer. 30, 22 (Lev. 26, 12) su thun.

®) Hierbei sind C. 13. 27. 88 mit je einem sy und Cap. 21 mit 2 38 vertreten.

*) Demnach ist Böttcher's 12 zu verbessern, indessen sind auch hier 2 Lebnstellen mit 15)x vorhanden: Ps. 81, 11 und 50, 7.

262 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

TOmaliges ‘ye. Sehen wir von den in der Anmerkung be- zeichneten Lehnstellen ab, so ist die Vertheilung des 11 maligen ‘9 auf die einzelnen Bücher merkwürdig genug, über die Hälfte aller Stellen (7) entfallen nämlich auf das 4. und 5. Buch, die 3 ersten Bücher liefern ‘D9 nur 4 mal: 22, 7. 39, 13. 46, 11. 75, 4. Von jenen 7 aber bietet uns wieder ein einzelner Psalm, der 119., fast die Hälfte, nämlich 3, neben 8 maligem ’%t; ein deutliches Zeichen, dafs das häufigere Vorkommen von ‘33 in den letzten Büchern mehr auf Zufälligkeiten und Geschmacksvorliebe beruht, als dafs es eine wichtige Thatsache der Sprachgeschichte wäre. In der That ist es aber nicht bedeutungslos, dafs in den ersten 89 Psalmen sich nur 4mal ‘Dx findet, und dafs es auch in zwei von diesen Psalmen nicht den An- spruch darauf erheben kann, das prädominirende zu sein (Ps. 39 und 75 findet sich noch je 2 mal 'w). Die Psalmen unterscheiden sich hiernach keineswegs nennenswerth von den anderen Ketubim, die bereits erwähnt wurden. Eine Ausnahmedagegen machen das Buch Hiob und das Buch Ruth. Dieses hat prävalirendes ‘93x (7 mal) gegenüber 2 maligem 8, in jenem überwiegt zwar “x, kommt aber doch nur an 2 mal so viel Fällen vor als 3x (28 gegen 14). Indessen von beiden Büchern ist es ja bekannt, dafs sie künstlich archaisiren, sollte es sich also im weiteren Verlauf der Untersuchung bestätigen, was bis jetzt einige Wahrscheinlichkeit hat, dafs nämlich das x einer späteren Periode der Sprachgeschichte angehört, dann würde sich das häufigere Vorkommen von ‘338 in diesen beiden Büchern aus einem Streben nach Archaismen erklären lassen. So bietet ja auch Jona auf 5 9x 2 a3x, obgleich er eine der spätesten pruphetischen Schriften sein mufs, so fällt auch Deuterojesaia mit seinen 18 ‘39% in seiner Umgebung auf.

Ein ganz anderes Bild bieten uns diejenigen Schriften, welche, wenn auch im Exil redigirt, doch ältere Quellen

Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 953

in sich aufgenommen und verarbeitet haben. Hierzu sind .gm rechnen die historischen Bücher und diejenigen Theile . des Jehovisten, an denen wir die überarbeitende Hand des Denuteronomisten wahrnehmen

Ir DIN IR DIN Genesis 84 52 Richter 12 17 (Böttcher 15) Exodus 14 33 Samuel 50 50 Nuameri 7 Könige 44 9

Josus 4 9 Jehovist 52 90

Es liegt in der Natur der Sache, dafs bei einem Pronomen micht mehr ins Einzelne nachgerechnet werden kann, an ~welchen Stellen die eine Form desselben auf die ältere Quelle, die jüngere dagegen auf den späteren Redactor surückgeführt werden muß. CGesetst m war die ältere Form, die überwiegend von den früheren Quellenschriften angewendet wurde, ‘3 dagegen zur Zeit des Redactors das gewöhnliche, so lag es für diesen offenbar sehr nahe, "wenn wir ihn uns nicht in der von A struc vorgezeichneten Weise als reinen Compilator denken wollen, beim Ab- schreiben und Verarbeiten der Quellen das I in IX zu ändern. Hierbei braucht keineswegs die Absicht der Aen- derung angenommen zu werden. Andererseits aber lag ihm von den benutzten Quellen her 33x gewils häufig im Ohre, und so konnte er wiederum bei Stücken, die er selbst verfalste resp. freier componirte, oft zur Setzung anes my veranlafst werden. Offenbar ist also in allen historischen Schriften das Verhältnis, in dem der Ge- brauch der zwei Formen des Pronomens zu einander steht, das entscheidende. Da ist es nun von grofser Wichtigkeit, dafs nach dem Verhältnifs des Alters der Quellen und der Redaction der historischen Bücher das Verhältnils von IX su „8 sich in den späteren Schriften immer günstiger für x gestaltet. Stehen sich Genesis und Exodus soweit un- = gefähr gleich, dafs “x etwas mehr als die Hälfte hinter

254 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.

xx zurückbleibt, ja liegt das Verhaltnifs im Buch Numeri noch günstiger für das letztere '), cf. auch das Buch Josua, so steigt ‘We im Richterbuch fast bis auf die gleiche Ziffer mit ‘9%, erreicht dieselbe in den Büchern Samuelis und dominirt endlich so gut wie ganz in den Königsbüchern.

' Dem einzelnen weiter nachzugehen ist unnöthig, nur bei dem kleinen leicht übersehbaren Richterbuch können wir nicht umhin, den Gebrauch der Formen im Einzelnen einmal kurz vorzuführen. Es wird durch diesen Ueberblick das oben Bemerkte auffallend bestätigt. Es findet sich nämlich 39 in alten Stücken 14 mal *); in Stücken des Ueberarbeiters 3 mal ®); x in alten Stücken 5 mal‘), in Stücken des Ueberarbeiters 7 mal®); also "30" in den Quellen fast 3 mal so oft als x, dies dagegen in neueren Stücken über 2 mal so häufig als jenes.

Sehen wir nun von der Scheidung zwischen Quellen- schriften und späterer Ueberarbeitung ab, so läfst sich durch alle historischen Bücher die auffallende Thatsache wahrnehmen, dafs am Anfang derselben das xt ganz be- deutend über ‘ye prävalirt und gegen die Mitte und das Ende hin demselben entweder gleich steht oder weniger gebraucht wird.

Richt. We 19 I Sam. 93 9% IBem. min U Cc. 1—7 6 8 i—11 10 8 1—8 8

9 C. 8-14 56. 4 12—20 10 10 9—16 7 16 C. 15—21 4 5 21—81 5 4 17—24 7 11

ı) Doch soll weder auf diese Thatsache, noch auf das im Buch Josua obwaltende Verhältnifs zwischen beiden Formen grofser Werth gelegt werden, der Umfang der betreffenden Stücke ist zu gering, und das 8 malige Sy Jos. 14, 6—15 dürfte, wenu Kuenen Theol. Tijdschr. 1877 Recht hat, ein künstlicher Archaismus sein.

*) 6, 15, 18, 87. 7, 17, 18. 8, 5. 11, 9, 25, 87. 17, 9, 10 £. *) 6, 8 11, 27. 19—21.

*) 9, 2. 18, 11. 16, 8. 16, 17. 17, 2]

8) 1. 2. 6, 10. 8, 28. 12, 2. 19—21.

256 Giesebrecht, sur Hexatsuchkritik. |

menschlich, dafs. die Abschreiber am Anfang eines Buches noch sorgfältiger verfuhren als gegen den Schlufs desselben.

Um alle Instanzen hier noch einmal zusammensufassen : Wir machen die Beobachtung, dafs in den sicher exilischen und nachexilischen Schriften x ein erdrückendes Ueber- gewicht über 3x ausübt. Nur bei wenigen Schriftstellern, oft nur auf ein paar Capitel zusammengedrängt, begegnet uns 9)®, die Annahme, dafs diese Anwendung auf einem künstlichen Gebrauch beruht, wird durch diesen Wider- spruch mit der sonstigen Regel nahe gelegt. Betrachten wir die Schriften, welche, wenn auch im Exil componirt, doch ältere Quellen in sich aufgenommen haben, so be- merken wir, je älter die verarbeiteten Stoffe sind, ein um so deutlicheres Hervortreten von ‘39%; je später die Quellen und je stärker, wie in den Königsbüchern, die Eingriffe des Redactors in den Stoff, um so energischer überwiegt 1x, so dafs es in den Königsbüchern fast allein vorkommt. Aufserdem läfst sich noch nachrechnen, dafs in den ein- zelnen Büchern an den, weniger von der Hand des Re- dactors berührten Stellen ‘59% ganz bedeutend bevorzugt wird. Endlich läfst sich aus der Art, wie der Gebrauch von ‘398 und ‘3x abwechselt, schliefsen, dals das häufigere Vorkommen der zweiten Form auf einer, sei es durch die Hand der Redactoren oder der Abschreiber, oder beider zugleich herbeigeführten Aenderung des ursprünglichen wit besteht. Hieraus ist mit Sicherheit der Schlufs zu ziehen : vor dem Exil, sonderlich in der älteren Literatur- periode, hat der Gebrauch von ‘3% den von ‘38 bei weitem überwogen.

Ein Blick auf die bisher noch nicht betrachteten Lite- raturdenkmäler wird dies noch klarer ins Licht setzen. Steht nämlich bei den historischen Büchern die Tradition des Textes mit Recht nicht im besten Rufe, so dürfte diese für das Gesetz sicherer verbürgt sein. Da ist es nun höchst bemerkenswerth, dafs das Deuteron. in seinen alten

958 Giosebrecht, sur Hexateuchkritik.

Material ist ja, was Jes. und Mich. anlangt, viel su gering, um aus ihm sichere Schlüsse ziehen zu können, auch wenn man annimmt, was durch die sonstige Gestalt ihres Textes nicht empfohlen wird, dafs die 4 x wirklich ursprünglich seien. Das nur geringe Prävaliren des 9" bei Hosea aber erklärt sich wohl aus seiner nordisraelitischen Herkunft. Denn dafs auf diese gewisse Aramaismen surückzuführen sind, die sich bei ihm finden, ist bekannt. Dafs aber das häufigere Auftreten von ’% in der späteren Literatur und die Verdrängung von ‘59% auf aramäischen Einfluls surtick- geht, kann wohl keinem Zweifel unterliegen.

Wenden wir uns endlich dem Elohisten zu, so zeigt derselbe auch in Beziehung auf dieses Wort ganz den späten Sprachgebrauch, der am meisten dem der Chronik und des Eizechiel entspricht. Er bietet nur ‘wt mit einer einzigen Ausnahme Gen. 23, 4. Da wir nach der Analogie des Deuteronomiums der Tradition des Textes in dem allergröfsten Theile des Buches, dem Gesetslichen, einiger- mafsen trauen können, so ist offenbar diese Thatsache von nicht geringer Bedeutung : in einem Gesetzbuch, dessen Judiische Abkunft unbezweifelt ist, und das vor dem Deu- teronom. angesetzt werden mülste, würde sie in grofse Schwierigkeiten verwickeln, die exilische resp. nachexilische Abfassung der Schrift allein beantwortet alle Fragen mit einem Schlage.

Ueber den Gebrauch der Accusativbezeichnung mex mit dem Suffix und das Zurücktreten des Verbalsuffixes gegen jene ') bemerkt Wellh. Gesch. Isr. 8. 402 „in mwas er- scheint in Gen. 1 das einzige Verbalsuffix, übrigens immer die Formen Mx Ons, ähnlich ist das Verhältnifs auch sonst

!) Schon Ewald hat das stärkere Hervortreten des mye dem Accusativsuffix gegenüber beobachtet, cf. Lehrbuch der hebr. Sprache 5. Aufl. § 299d „AN für den Acousativ reifst immer mehr ein ohne dringende Nothwendigkeit*.

Giesebrecht, sur Hoxateuchkritik. 259

im Priestercodex.* Diese Bemerkung dürfte nun freilich einigermalsen eingeschränkt werden müssen, denn in der _ That halten sich die beiden oben erwähnten Gebrauchs- arten in den elohistischen Stücken der Genesis ziemlich die Wagschale. Nur wenig überwiegt me (32 mal) über das Suffix (25 mal). Erst im Exodus tritt eine grölsere Verschiebung des Verhältnisses zu Gunsten des me c. Suff. ein und zwar für C. 25—31 etwa in der Weise, dafs das Niveau von Gen. 1 erreicht wird 53 gegen 13 vorher 24 : 12. Vom Leviticus habe ich noch die ersten 6 Capp. verglichen und hier das Verhiltnifs dem in der Genesis ungefähr entsprechend gefunden 27 : 23. Immerhin aber sind auch diese Resultate schon bedeutungsvoll, denn in auffälliger Weise differiren sie von dem Gebrauch, welchen wir sonst in den ältesten und älteren Büchern antreffen. Das Richterbuch liefert uns 143 mal Suffixa am Verbum gegen 66 maligen Gebrauch von mec. Suffix. Noch gün- stiger liegt das Verhältnils für das Suffix in den Büchern Samuelis : 91 mal me gegen 363 maliges Suffix, I Reg. 1—6 bietet 10 mal mx und 29 Suffixa. Beim Propheten Hosea treffen wir nur 4 mal mec. Suff., während das Suffix erstaunlich abundirt (76 mal), bei Jesaia und Amos ist die Prävalenz des Verbal-Suffixes zwar nicht so be. deutend, immerhin aber vorhanden 59: 10; 26:7. Steigen wir etwas tiefer herab, Cap. 5—10 des Deuteronoms her- ausgreifend, so ist immer noch das Suffix das beliebtere 84 : 27, erst bei Ezechiel halten sie sich ungefähr das Gleichgewicht : 265 Suff. gegen 206 mx. Dabei lassen sich die Gründe, aus welchen die alte Sprache das Mx setzt, in vielen der angegebenen Fälle noch angeben, eine einfache Ersetzung des Suffixes am Verb. ohre irgend eine äulsere Veranlassung ist nicht das gewöhnliche. Solche Gründe können sein : 1) ein N corhortat. an der Verbalform Ri. 11, 13 (AMS Fawn 16, 26 cnx Fawn 13, 14 na 9 AYIA 2) beim Infinit. ein an demselben bereits vorhandenes 17*

260 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

Suffix, welches das Subj. ausdrückt 11, 35 Mme wees 14, 11 we DAN cf. Gen. 29, 19 f. 3) die Absicht, das betreffende Suff. besonders auszuzeichnen. 14, 2, 3. 4) das Streben nach Abwechselung, wenn mehrere Verba mit Suffixen aufeinander folgen würden, 12, 6. 16, 31. 5) Wenn mehrere Objecte zu einem Verbum treten, von denen nur das erste ein pron. pers. ist, wird dieses gern um es den anderen Objecten zu conformiren an Mx angehängt. 14, 15. 15, 6 Tax ma me ne Aw. 78. Wird durch diese, dem Richter- buch entnommenen Beispiele die Zahl der Stellen, in denen mec. Suff. einfach Vertreter des Suffixes ist, bedeutend herabgemindert, so fällt das in diesem Buch obwaltende Verhiltnifs zwischen beiden Gebrauchsarten noch mehr zu Gunsten der Annahme Wellhausens in die Wagschale, dafs der Gebrauch des blofsen Suffixes der ältere sei, da- gegen sich allmählich im Laufe der Zeiten die Anwendung des mx häufiger gestaltete. Von eigenthümlicher Bedeu- tung ist hierfür, dafs wenn auch das Suffix in den drei nachexilischen Propheten Haggai, Sach. und Mal. das me um einiges weniger als in Ezechiel hinter sich zurückläfst (33 : 24), doch Hagg. 2,17 die sonst ganz unerhörte Con- struction sich findet, das px mit einem MX zu verbinden : Ooms fe = DIYVN !). Diese Thatsache legt ein deutliches Zeugnife dafür ab, wie nahe es dem späteren Sprachgeist lag, die Beziehung zwischen einem wirklichen oder vir- tuellen Verbum und seinem Accusat. durch die äufsere Form des MX auszudrücken, wie wenig hierzu das Suffix zu genügen begann. Zur Erhärtung dieser allgemein an- erkannten Thatsache braucht hier kaum an die Verwen- dung des 5 zur äufseren Bezeichnung des Accusat. erinnert zu werden. Gliedert sich also auch durch diesen Ge- brauch das Werk des Elohisten wieder in die späteren Literaturproducte ein, so weist im Gegensatz hierzu der

*) Eine ähnliche Erscheinung bietet Ezech. 48, 17 SAN IWSD-

262 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

in dem angegebenen Sinne verwendet werden können. Der eine : participium et apud Jehovistam et in Elohistae historiis conjunctum cum genetivo casu objectum significante sicut yw ‘xa Gen. 23, 10, 18. 9, 10. Ex. 1, 5 et apud Jehovistam Gen. 34, 24. 46, 26. Sehen wir zunächst davon ab, dafs sich die letzten beiden Stellen mit gutem Recht dem Jehovisten absprechen lassen, um nur den Sprach- gebrauch überhaupt zu constatiren. Die Verbindung des Particip. mit dem Genetiv findet sich allerdings im De- boralied und anderen alten Liedern ziemlich häufig, aber dafs die Poesie dieselbe öfter anwendet als die Prosa ist sehr natürlich, denn sie ist die kürzere gegenüber der um- ständlicheren Accusativ- oder Präpositionalconstruction '). cf. Deut. 33, 11 yap dagegen 2 Sam. 18, 31 Ty DmPTn. Es ist aber gar nicht richtig, dals die Construction des Particips mit dem Genetiv das Characteristicum der alten Sprache sei : auch beim Jehovisten finden wir die Con- struction mit dem Accusat. z. B. Gen. 2, 11, 13. 4, 17 (nach der masoretischen Punctation), 25, 28. 27, 33. 42, 29, 30 neben der mit dem Genetiv : 3, 5. 4, 14,15. 20, 21 der Elohist selbst wendet die accusativische Gen. 1, 11 bis 29. Lev. 25, 28, 30. Num. 14, 6 und die präpositionale Construction Gen. 9, 18 an. In dem ziemlich alten Stück 2Sam. 9—20 findet sich sogar die Verbindung des Par- ticips mit dem Accusativ häufiger als diejenige mit dem Genetiv, und das Verhältnils stellt sich hier noch günstiger für den Accusativ ?), wenn man bedenkt, dafs in Ausdrücken wie "9 iz‘), jmdw) doe, o7n ON’ u. s w. das Particip voll- kommen ein Nomen Substantivum ersetzt, cf. die Bezeich- nungen der Gewerke wie ner) wn Gen. 4, 22. Weiter

1) Die Araber ziehen die Genetivverbindung als die kürzere auch in der Prosa der Accusativconstruction vor. cf. Ewald Gramm. Ar. 8. 181.

*) of. Ewald. Lo. 8. 131. Not. 1.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 263

aber bietet die spätere Literatur eine Fülle von Beispielen für den Gebrauch des Particips mit dem Genetiv : cf. Jer. 46, 22. Es. 15, 6. 16, 27, 45. 22, 3. 27, 29. 30, 6. 32, 21. 33, 24. Sach. 8, 20 f. Hagg. 2, 22. Mal. 1, 6. 3, 3, 5, 6, 15, 16. Hiob 4, 19. 8, 13. 26, 5. Ps. 88, 6. 50, 6; aufserdem Yyp ‘xy’ 2 Chron. 32, 32. wo Thren. 1, 4 Prov. 2, 19. oem ‘De Chron. Esr. Neh. rondo wy ibid. Durch diesen unumstifslichen Beweis für das hohe Alter der elohistischen Sprache wird also weiter nichts er- härtet, als dafs der Elohist überhaupt hebräisch schrieb. Das zweite Argument stützt sich auf die Behauptung, dafs das Passivum in allen semitischen Sprachen ursprüng- lich unpersönlich gebraucht worden sei. Daher sei es früher allgemeine Sitte gewesen, das Passiv mit einem Object zu verbinden, und wo jetzt noch wie z. B. im Elohisten eine Construction des Passivs mit dem Accusativ seines virtuellen Subjects begegne, sei dies für ein Zeichen besonders hohen Alters anzusehen. Weder mir noch irgend einem mir zugäng- lichen arabischen Grammatiker ist von einer solchen Con- struction in der arabischen Sprache etwas bekannt, und da das Arabische gewöhnlich als Typus der älteren und rei- neren (Gestalt der Sprache angesehen wird, so dürfte dieser Umstand immerhin schon ins Gewicht fallen !.. Recht

1) Dafs bei der Versetzung eines Activ’s mit 2 Objecten in das Passiv das zweite Object im Accusativ stehen bleibt, ist etwas total Verschiedenes. Hier ist von Unpersönlichkeit des Verbum gar nicht

die Rede. Wird Gus si) in Las er verwandelt, so ist das

Passiv nicht unpersönlich, sondern hat den vorher mit dem Suffix be- zeichneten zum Subject. Es kann daher die Frage nur verwirren, wenn Ryssel solche Constructionen im Hebräischen mit der in Frage stehenden zusammenwirft s. B. Gen. 17, 11, denn was für ein Accu- sativ hier N 93 AN ist, wird durch v. 24 und 27 ganz klar hier- nach ist auch v. 14 auszulegen. Ebensowenig gehört px dy) hier- her, welches Ryssol ebenfalls 8. 80 Anm. 1 mithinein zieht, auch hier ist der Accusativ beim Passiv nicht für das Subject gesetzt, sondern solcher des zweiten Objects.

964 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

wünschenswerth aber wäre es gewesen, wenn Ryssel bei dieser Gelegenheit, wo es sich um Entscheidung der Frage, ob Aramaismen im Elohisten nachweisbar seien, wenigstens an zweiter Stelle handelte, wenn auch nur ganz oberflächlich berührt hätte, dafs diese Construction im Chaldäischen ziemlich häufig ist, cf. die zahlreichen Beispiele aus den Targg., welche Winer bibl. Chald. S. 113 anfthrt. Dafs gerade dieser, verhältnifsmäfsig junge Dialect die in Rede stehende Construction so häufig anwendet, ist doch eine Thatsache, die gegen den Gedanken einer perantiquitas derselben Protest einlegt. Allerdings findet sich nun die Construction des Passiv mit dem Accusativ schon in der älteren Prosa z. B. Ex. 10, 8 11 DM AWD na Dem my-5x; 21, 28 mia mee Sow nd; Gen. 4, 18 "pn TOM rom; 27, 42 wy mar ma um; 2 Sam. 21, 11 rue m W Ws; 1 Reg. 2, 21 wanna ym; 18, 13 “Wr ne WwW ‘wy, cf. Hos. 10, 6. Amos 4, 2. Es ist aber leicht zu sehen, dafs es sich hier nicht um eine alte Construction handelt : Ezechiel wendet sie viermal : 10, 17. 16, 4 f. 23, 29, Jeremia ebenso oft nämlich 35, 14. 36, 22. 38, 4. 60, 20 an; cf. aufserdem Prov. 16, Deut. 12, 22. 20, 8. Hiob 22, 9. Ps. 87, 3. 72, 19 (Doxologie des zweiten Psalm- buchs), 2 Reg. 18, 30. Jes. 21, 2. 14, 3 (?), 61, 3. 2 Chron. 26, 6. Befremdlich ist dagegen die grofse Häufigkeit dieser Construction beim Elohisten : Gen. 17, 5. 21, 5. Ex. 25, 26. 27, 7. Lev. 10, 18. 13, 65 f. Num. 7, 10. 26, 60, 62. 28, 17. 32,5 und zwar gerade in denjenigen Theilen, die nach Ryssels eigener Meinung wegen ihres aramii- schen Sprachgutes cf. S. 69 in die späteste Zeit der he- bräischen Literaturgeschichte fallen, nämlich in allen hier aus Exodus, Leviticus und Numeri angeführten Capiteln mit Ausnahme von Num. 32. Oder nehmen wir, da in der Schlufstabelle S. 92 der von Ryssel später angesetzten Stücke des Elohisten Num. 28 und Lev. 13 fehlen, die 3 ihnen angehörenden Stellen aus, so werden dennoch die

266 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

wollte, ob diese Disposition eine normale war, so hitte er sich freilich nicht mit der allgemeinen Wendung, dafs diese Construction nonnunquam vorkäme, beruhigen dürfen, son- dern die Geschichte der Sprache nach derselben ansehen müssen. Dabei zeigt sich nämlich, dafs diese elohistische Construction in der alten Prosa so gut wie ganz fehlt. Sie findet sich zwar in den Samuelisbüchern 3 mal : 1 Sam. 12, 28. 19, 22. 25, 10, aber die erste Stelle rührt auch nach Schrader’s Urtheil vom Deuteronomiker her '), die zweite ist sicher corrumpirt,..mit Wellh. (Text der Bb. Sam.) ist u in 137 zu verwandeln, in der dritten er- setzt der Artikel vor dem Particip. das Relativpronomen : „e8 giebt heutzutage viele Knechte, die sich von ihren Herrn losgerissen haben“, der Text steht gar nicht auf einer Linie mit den elohistischen. Als einzig sichere Stelle aus der älteren Prosa bliebe also Gen. 41, 26, doch ist auf dieselbe nicht viel Gewicht zu legen, da sie gleich nachher die richtige Construction braucht. Vielmehr legt es sich sehr nahe, hier an schlechte Tradition des Textes zu denken *). Sehr wüst sieht es auch mit dem Text von

1) de Wotte-Schrader Einl. ind. A. T. 8. 888.

*) Ich nehme hier die Gelegenheit wahr, nochmals auf die starke Ueberarbeitung des Textes der letsten Genesisstücke hinzuweisen. Zu den bei by} bereits angeführten Zeichen späterer Redeweise füge ich den hier oft auftretenden Gebrauch, das undeterminirte Adjectiv sum determinirten Substantiv zu setzen. of. 48, 14 (cf. dagegen v. 29); 87, 2 (wie auf Verabredung stellen sich dann auch die elohistischen Worte 137} und sf 5x ein); 42, 19 (cf. dagegen v. 88). Dafs diese Erscheinung spät ist, geht aus Hagg. 1, 4. Ez. 10, 9. 84, 12. 89, 27. Jer. 24, 2. Ps. 99, 8 hervor. 2 Sam. 6, 8 ist der Text nach Ewald (krit. Gramm. 8. 626) und Wellh. a. a. O. corrumpirt; Gen. 29, 3. Richt. 16, 5 f., 15 sind die Adjectiva Prädicate cf. auch Ewald a. a. O.; dafs endlich die Demonstrativa Dx, 4}, 1}, Ni Gen. 82, 28. Ex. 10, 1. Jos. 2, 20. 1 Reg. 10, 8. Ps. 12. 2 als per se determinirt gebraucht werden hat mit der in Rede stehenden saloppen Redeweise gar nichts zu thun. of. aufserdem als Zeichen späterer Zeit in Gen. 87—50

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 267

Jes. 22, 24 aus, wo sich pn YD findet '). Die übrigen Zeugen fir das Vorkommen dieses Gebrauchs stammen alle aus den späteren Jahrhunderten, besonders stark sind Jerem. und Ezech. vertreten, also die uns bereits mehrfach bekannt gewordenen Nachbarn des Elohisten : Jer. 17, 2. 27, 3. 38, 14. 46, 16. 60, 16. Ez. 2, 3. 8, 3. 9, 2. 14, 22. 32, 22, 24. Joel 2, 25. Sach. 4, 9. 11, 2. 14, 10. Ps. 62, 4. 104, 18. Neh. 3, 6. 9, 36.

Aus der oben bereits beleuchteten Meinung heraus und ihr zu Liebe, dafs der Gebrauch des Passivs mit einem Objectsaccusativ das Zeichen hohen Alters sei, hat Ryss. an einer anderen Stelle den Elohisten mifsverstanden. Gen. 17, 10 wird kein Unbefangener anders übersetzen können als : „beschnitten werde alles Männliche“ und, so viel ich weils, steht auch Ryss. mit seiner Behauptung, dafs >} Object und nicht Subj. zu. Siem sei, ganz allein. Dann fällt aber diese Stelle ganz mit denjenigen zusammen, welche Ryss. kurz vorher 8. 65 aus Lev. 6, 7. Nu. 6, 5%). Deut. 15, 2 als Zeugnisse für die Construction des Inf. absol. mit einem Subj. angeführt hat. Was das Alter dieser Construction angeht, so habe ich als aufserpenta- teuchische Beispiele für dieselbe nur solche aus der späteren und spätesten Literatur auftreiben können, nämlich Ps. 17, 5. Job 40, 2. Prov. 17, 12. Qoh. 4, 2. Auffallend ist

lito Mundvorrath, sonst nur 2 Chron. 11, 28 of. Jer. 5, 8, ein reiner Chaldaismus, und my: aufser beim Elohisten Ex. 84, 84. Lev. 8, 85.

10, 18. Nu. 8, 16. 87, 20 nur noch Ezech. 12, 7. 24, 18. 87, 7.

') Es ist übrigens leicht zu sehen, dafs hier die Setzung des Ar- tikels auf anderen Gründen beruht, als an den elohist. Stellen, das Ad- jectiv ist hier als Neutrum dem Substantiv im Genitiv nachgostellt = Gefälse des Kleinen für Gefälse der Kleinheit.

*) Diese Stelle mufs wohl aus Versehen hier angeführt sein, denn das Subj. beim Inf. ist hier nicht ausgedrückt. Uebrigens gestehe ich, dafs meine Nachforschungen über diese Construction keine umfassenden waren : in Betreff des Nichtvorkommens derselben beim Jehovisten habe ich mich an Ryssel gehalten.

268 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

auch, dafs kein einziges aus der Prosa sich darunter be- findet : wie so oft treffen wir den Elohisten hier wieder im poetischen Fahrwasser.

Mit den anderen Spuren späteren Zeitalters, welche Ryss. auf dem Felde der Syntax zu Tage gefördert hat, können wir uns im Allgemeinen einverstanden erklären, nur wäre das Resultat noch durchschlagender gewesen, wenn alle Zeichen der späteren Sprache, gleichgiltig ob dieselben der zweiten oder dritten Periode der Sprach- geschichte angehörten, zur Geltung gekommen wären. Es hätte auch nichts geschadet, wenn hier noch folgende Er- scheinung Berücksichtigung gefunden hätte.

Wir bemerken an verschiedenen Stellen der elohistischen Schrift eine ganz auffallende Häufung von Partikeln, be- sonders der Fragepartikeln. So heifst es Nu. 17, 28 om yw von, eine Ausdrucksweise, welche uns nur noch in dem späten Buch Hiob begegnet : 6, 13 ‘3 my PR Din. Ueber die Auffassung ist natürlich Streit : die Einen !) er- theilen dem Onn dieselbe Bedeutung wie ox allein, die Anderen *) fassen Ox = wahrlich nicht. Wie man nun auch tiber diesen Punkt denke (mir scheint die Annahme Schlottmann’s einfacher, und die Dillmann’ sche be- sonders wegen des folgenden }'x sehr schwierig), bei beiden Deutungen mufs eine starke Abschleifung der eigentlichen Bedeutung der Partikeln angenommen werden, welche wie das späte Buch Hiob zeigt, ein Aufkommen der Wendung ONN in früher Zeit nicht begünstigt. Eine Vergleichung von Gen. 17, 17 an Moe oryein-nan Mw OX mit dem nachexilischen 94. Psalm, der ähnliche Häufung der Frage- wörter zeigt, bestätigt das eben Bemerkte. In ähnlicher Weise erklärt sich Dillmann mit Recht Wendungen wie Gen. 23, 13 ypu nn ON x und Lev. 5, 17 Yo) Ow

t) cf. Schlottmann Hiob 8. 248. *) Dillmann Hiob 8. 59.

270 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

IIL Ezechiel und der Elohist.

DT ei Hm U

Der Verwandtschaft zwischen Esechiel und dem Elo- } histen hat am Schlusse seines Buches 8. 87—89 Ryssel | einige Worte gewidmet.

Die vielfachen Berührungspunkte zwischen Ezechiel und dem Elohisten werden hier zugestanden, indessen dar- aus erklärt, dafs Ezechiel den Elohisten nachgeahmt habe. Die gegentheilige Ansicht, welche den Ezechiel zum Original macht, widerlegt sich nach Ryssel’s Anschauung daraus, dafs Ezechiel an Aramaismen und Eigenthümlichkeiten der späteren Sprache sehr reich ist, während das Werk des Elohisten sehr wenig Spuren späterer Abfassungszeit auf- weise. Sodann wird der Versuch gemacht, aus dem Sprach gebrauch der einzelnen Theile des Buches Ezechiel nach- zuweisen, dafs Ezechiel für die verschiedenen Stücke des- selben verschiedene Quellen benutzt habe. Hierbei laufen nun freilich kleine Unrichtigkeiten mit unter, z. B. die Be- hauptung : nomen Nv) apud Ezechielem non legitur nisi inde a capite 44, was auf Nachahmung des Elohisten vor allem in den letzten Partieen des Ezechiel weisen soll, denn wiy) lesen wir schon vor Cap. 44 ff. 14 mal. Ebensowenig richtig ist es, dafs Tyme nur wegen Nachahmung des Elo- histen in Cap. 44 ff. bei Ezechiel erscheint, weil Ezech. sonst dr) und ähnliches für ms anzuwenden liebe, denn mom) kommt gerade im letzten Theil des Ezechiel 14 mal, vorher aber nur ein einziges mal vor. Auch finden wir vor dem 44. Cap. das auch beim Elohisten vorkommende meno. Wenig Beifall dürfte weiter der Verf. mit seiner Meinung ernten, dals }39 zur Zeit des Ezechiel das ge- wöhnliche Wort für Fürst gewesen sei, und dals sein Nichtvorhandensein beim Elohisten für eine frühe Ab-

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 971

fassungszeit desselben beweise. Denn aus der obigen Be- sprechung über x’) geht hervor, dafs dies vielmehr zur Zeit des Exils die gewöhnliche Bezeichnung für einen he- bräischen Edlen war, 30 aber wurde erst längere Zeit nach dem Exil bei Esra und Nehemia auf israelitische Fürsten übertragen, von extlischen Schriftstellern aber, nämlich Ezech. C. 23. Jerem. 51 und Deuterojes. nur von auslän- dischen Fürsten gebraucht. Es mülste also vielmehr auf- fallen, wenn ein fremdländischer Titel wie %9 von einem jüdischen Schriftsteller den israelitischen Stammhäuptern der mosaischen Zeit beigelegt worden wire. Unmöglich ernst kann ferner Ryssel die Behauptung gemeint haben, dafs weil die dem Elohisten und Ezechiel gemeinsamen Worte sich nur in gewissen Theilen des Ezechiel, nicht aber in seinem ganzen Buch verstreut fänden, eine Be- nutzung des Ezechiel durch den Elohisten ausgeschlossen sei, denn die Anm. 8. 88 widerlegt diese Behauptung auf das glänzendste; O™NM WP Wo Wd 13 99 Wy 59: Oxy kommen alle schon in den ersten Partieen des Ezechiel vor.

Dafs aber das Buch des Elohisten die Zeichen späterer Schreibweise gar nicht an sich trage, können wir nach allem bisher bemerkten Ryssel keineswegs zugeben, sein hieraus abgeleitetes Argument wird nicht weiter geprüft zu werden brauchen.

Gegen die Benutzung des Elohisten durch Ezechiel fällt nun aber vor Allem die Thatsache ins Gewicht, dafs diejenigen Ausdrücke, welche diesen beiden Schriftstellern eigen sind, sich meist auch bei anderen, dem Exil nahe- stehenden oder angehörenden Schriftstellern finden. Von den in der Tabelle aufgeführten 90 Worten resp. Wort- stämmen hat der Elohist mit Ezechiel 41 gemeinsam. Von diesen finden sich nur 3, welche Ezechiel allein mit dem Elohisten gemeinsam hat, Ago (abgesehen von Deut. 33) 7 und nm2 opm, wie oben dargethan sind die letzten beiden Aramaismen, lassen also gar nicht daran denken,

272 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

dafs sie sich bei Ezechiel nur wegen Nachahmung der ur- alten Gesetzessprache finden. Drei weitere : TO, iTHWD und wp begegnen uns allerdings aufser bei Ezechiel nur noch in Producten der nachexilischen Literatur : Chron. Cant. Ps. 69, aber hier würde höchstens bei WW die Ver- muthung gerechtfertigt sein, dafs es wegen Nachahmung der Sprache des Elohisten sich in der Chronik fände, die beiden anderen kommen zu selten in den Schriften des Elohisten und Ezechiels vor, als dafs man an eine Her- übernahme von Seiten der Späteren denken könnte.

So bleiben also noch 35 übrig, die sich sämmtlich bereits vor Ezechiel, oder sicher nachweisbar wenigstens neben Ezechiel in Literaturproducten aller Art vorfinden, 21 von ihnen, also bei weitem die gröfste Mehrzahl, sind vor dem 7. Jahrhundert nicht nachweisbar, von weiteren 7 nämlich mime Moy) 15} PON yo nn mn läfst es sich wenigstens sehr wahrscheinlich machen, dafs sie vor dem 7. Jahrhundert nicht erscheinen, die übrigen 7 bietet die ältere Literatur nur höchst sporadisch. Man sieht hieraus, wie sehr die vermeintliche Abhängigkeit des Ezechiel vom Priestercodex durch die grofse Zahl von technischen Ausdrücken, die sich wegen der Gleichheit ihrer Gegen- stände unumgänglich bei beiden gemeinsam finden müssen, gestützt wird. Da diese naturgemäls in diese Tabelle nicht mit aufgenommen werden konnten, so erscheint die Gleich- heit des Sprachgebrauchs nicht in dem auffallenden Grade wie gewöhnlich. Natürlich soll hiermit nicht geleugnet werden, dals zwischen beiden in Rede stehenden Schriften ein Abhängigkeitsverhältnils stattfindet, nur das wollte ich hier auf Grund der eben angeführten Thatsachen betonen : die Aehnlichkeit des Sprachgebrauchs zwischen Ezechiel und dem Elohisten läfst sich nicht nur erklären durch die Annahme, dafs der eine Schriftsteller den anderen, viel- leicht durch Jahrhunderte von ihm getrennten, benutzte, sondern beruht darauf, dafs beide derselben Zeit der Sprach-

re, etw fi

Giesebreoht, sur Hexateuchkritik. 273

shichte angehören. Was nun die nähere Bestimmung Abhingigkeitsverhiltnisses anlangt, so wird Jeder, der neuesten Verhandlungen hierüber mit einiger Aufmerk- keit gefolgt ist, zugeben, dafs auf dem Wege der ersuchung und Vergleichung einzelner Stellen so gut nichts zu erreichen ist. Jeder bringt hier seine fertige nung mit und findet dann auch selbstverständlich dafür reise. Vor allem aber spielt das Geschmacksurtheil bei wtigen Untersuchungen eine zu grofse Rolle. Sieht daher von einzelnen Stellen ab und hält sich mehr las Allgemeine, so ist folgendes auffallende zu bemerken. Von den grofsen Schlagworten des Elohisten, die uns ıdlich häufig in seinem Buch begegnen, und die Nie d, der dasselbe wenn nicht mit der ausgesprochenen och mit der unbewufsten Absicht es zu copiren durch- zu übersehen vermochte, finden wir weder my noch ı noch 931 noch :12p9 bei Ezechiel wieder, Gelegenheit e er wohl gehabt, diese Ausdrücke zu gebrauchen. nsowenig wendet er yu und My} an, die im Elohisten t gerade selten und daher auch von den Späteren | bemerkt sind. Was für ein wunderlicher Zufall aber ste es gewesen sein, durch den er das nur einmal vor- mende To und das eben so seltene mix, das nur imalige "peo u. s. w. aus ihrer Verborgenheit hervor- ıcht und seinem Stil einverleibt hätte! Und wenn er nlings das elohistische Sp") braucht und ebenso “Ted

Himmelsgewiibes mit yy) bere verknäplt war, wee A Pa 19 der Fall it, wehl schwerlich oo cues und zusfübeiich Meecha f. 4 alsnnet. Wien. Bebrgung LM 123

914 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.

anwendet, so fehlt bei ihm wieder win, Wi. ATM, die doch | im elohistischen Werke an exponirter Stelle standen und nicht wohl übersehen werden konnten. Auffallend ist die Berührung beider Schriften in Mine und man. Da diese Worte im Elohisten sehr häufig, bei Esechiel dagegen seltener, sonst aber fast gar nicht vorkommen, so könnte man hier am ersten auf eine Benutzung des Elohisten durch Ezech. schliefsen indessen wird ein gerechter Be- urtheiler es in Anschlag bringen, dafs sich mime auch bei Ezechiel 14 mal findet, und dafs maw wenn auch nicht ebenso häufig, so doch immerhin 4 mal von Ezech. geboten wird. Bemerkenswerth ist immerhin, dafs sich das von demselben Stamme abgeleitete 2 in Q ziemlich häufig, später sehr selten, bei Ezechiel gar nicht findet wenn auch auf non selbstverständlich kein Gewicht gelegt werden darf.

Zur näheren [llustrirang des Verhältnisses zwischen Ezechiel und dem Elohisten ist es ferner nicht uninteressant, einen Blick auf die Verhältnifszahlen zu werfen, die sich bei Vergleichung des elohistischen Sprachgebrauchs mit demjenigen anderer dem Exil nahestehender Schriftsteller ergeben. Da fällt besonders auf, dafs mit kaum einem anderen Schriftsteller aufser Ezechiel der Elohist sich so nahe berührt, wie mit Jeremia. Hatten aus der obigen Tabelle 41 Worte sich bei Ezechiel und dem Elohisten ge- meinsam gefunden, so bietet Jerem. (einschliefslich der Threni) 33 dar, die er mit dem Elohisten zusammen be- sitzt, davon 2 mp) und pp den beiden allein eigen sind. Offenbar ist der Unterschied bei weitem nicht so bedeu- tend, wie man nach der gewöhnlichen Vorstellung über die Abhängigkeit des Ezechiel vom Elohisten gemelnt

gestaltet worden sein. Dagegen gewinnt man erst, wenn man die an- gezogene Stelle bei Betrachtung von Gen. 1 voraussetzt, ein klares Bild von dem, was sich der Elohist unter dem yp dachte.

Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 975

hätte annehmen zu müssen. Noch auffallender ist die Ver- wandtschaft des Elohisten mit Deuterojesaia, wenn man erwägt, dals Deuterojesaia’s Umfang etwas mehr als ein Drittel des Buches Ezechiels bildet : Von den aufgeführten Worten theilen nämlich Deuterojes. und der Elohist 20, beide allein haben ebenfalls 2 gemeinsam : 33 und mpbn, rechnet man die in allen pseudojesaisnischen Stücken sich + findenden elohistischen Worte noch zu jenen hinzu, so er- ; hält man für die exilischen Stücke des jesaianischen Buches 25 mit dem Elohisten gemeinsame Worte d. h. die Ver- wandtschaft zwischen Deuterojes. und dem Elohisten ist verhältnifsmäfsig bedeutender als zwischen diesem und Ezechiel. Dagegen waltet zwischen dem Buch Hiob und dem Elohisten ungefähr dasselbe Verhältnifs wie zwischen diesem und Ezechiel ob, und auch die Proverbien bleiben nur wenig hinter demselben zurück !), während das Deu- teronomium, welches sich der Mitte des 7. Jahrhunderts nähert, auf einem fast doppelt so grofsen Umfang als Deuterojesaia noch nicht einmal die gleiche Zahl von Be- rührungspunkten aufweist, wie dieser, nämlich 18. (Hierbei sind sogar alle nur im Rahmen des Gesetzbuches sich findenden Vocabeln mit eingerechnet.) Das Resultat unserer Untersuchung wird hiernach lauten müssen : Ohne die in die Augen springende Abhängigkeit

——.

) Es fällt uns selbstverständlich nicht ein, zu behaupten, mit den obigen Ziffern sei das wirkliche Verhältnifs sämmtlicher Berührungen zwischen dem Elohisten und Ezechiel wiedergegeben; wie wir oben bereits erwähnten, mulsten naturgemäfs die rein technischen Ausdrlicke bei Saite bleiben. Aber auch das rein stilistische, was für die Sprach- geschichte von secundärer Bedeutung ist, konnte, schon wegen der spröden Form der Tabelle, die gewählt werden mufste, nicht berührt werden. Für Leser, welche diese Thatsachen im Auge haben und einigermalsen mit dem Stoffe vertraut sind, können die angegebenen Ziffern nicht irreführend sein. Die Anderen seien zur Ergänzung dieser Tabelle in Bezug auf die Verwandtschaft des Elohisten und Ezechiels auf Smend’s Vorbemerkungen zu seinem Commentar über Ezechiel 8. XXV—XXVIII verwiesen.

18*

276 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

des einen Schriftstellers vom anderen leugnen zu wollen, wird man doch die vielfachen Berührungen des Ezech. und des Elohisten auf einen breiteren Boden stellen müssen. Ein grofser Theil nämlich jener Berührungen findet sich auch zwischen der ganzen kurs vor dem Exil und in dem Exil entstandenen Literatur und dem Elohisten. Aufserdem zeigt der Elohist, rein auf das Lexicalische angesehen, mit den meisten Producten des 7. und 6. Jahrhunderts eine Verwandtschaft, die derjenigen mit Ezechiel beinahe gleich- kommt. Da wir aber endlich im Elohisten eine Reihe syntactischer Erscheinungen und Formen antreffen, welche mit denen der Zeit des Ezechiel auffällig übereinstimmen, so legt sich als die einfachste Erklärung jenes Verhältnisses zwischen den beiden Büchern diejenige nahe, welche an- nimmt, dafs beide Literaturproducte aus einer und derselben Zeit stammen, der eine aber den anderen benutzte. So- weit kommt man auf grammatischem Wege : die höhere Kritik hat das weitere zu bestimmen; dafs sie sich nur für die Priorität des Ezechiel entscheiden kann, ist bereits oben angedeutet worden.

Ueber die Abfassungszeit der Psalmen. I. Buch I.—V. Von F. Giesebrecht.

Was die Grundlagen und die Absicht der folgenden Abhandlung anlangt, so sei darüber folgendes vorausge- schickt. Den Psalmenüberschriften mufs man sich nach den Namen, die darin auftreten und nach den Erfahrungen, die man mit den meisten macht, wie mir scheint, absolut skeptisch gegenüberstellen. Selbst Delitzsch, welcher

278 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

jenigen, der die Aenderung vornahm, nur Ps. 42—83 vor.

lagen, dafs also Ps. 84-89 einen Nachtrag zum dritten

Buche bilden. Jene Elohimsammlung aber ist deutlich aus

3 kleineren Sammlungen zusammengefügt : dafs die Asaph- | psalmen 50; 73—83 eigentlich zusammengehörten, wird durch das '*3= nbon 15 72, 20 nahe gelegt. Dasselbe

hatte offenbar nur Sinn, wenn ihm lauter davidische Psalmen

vorausgingen und solche von anderen Verfassern folgten.

Mit Recht haben daher Kuenen u. A. aus demselben ge

schlossen, dafs ursprünglich die Davidpsalmen am Anfang der Elohimsammlung standen, ohne dafs jeder einzelne die Ueberschrift 175 trug, durch das „zu Ende sind die Ge-

bete Davids” von den ihnen folgenden, ebenfalls nur im Ganzen mit mp 125 und nowb bezeichneten Liedern ge- trennt.

Diese kleinen Sondersammlungen scheinen mir nun bisher von der Kritik nicht genügend zur Bestimmung des Zeitalters der einzelnen Lieder gewürdigt. Es ist zu viel verlangt, in einem Liede von 10—15 V.V., wenn man es aus seiner Umgebung herausreifst, bestimmte Spuren später oder früher Abfassungszeit in sprachlicher und inhaltlicher Beziehung finden zu wollen. Geboten aber ist es, solche farblosen Producte nach ihrer Umgebung zu beurtheilen, besonders wenn dieselbe deutliche Spuren eines späten Zeit- | alters aufweist. Denn da ein spätes Zeitalter fast regelmälsig mit der exilischen oder nachexilischen Zeit identisch ist, s haben wir, wenn in einer gröfseren Gruppe später Lieder einzelne nicht näher zu definirende Producte auftreten, offenbar nicht die geringste Garantie dafür, dals diese aus der Zeit | vor jener grofsen Katastrophe stammen, durch welche fast | die ganze alte Literatur des Volkes Israel zerstört wurde :

In Betreff des vierten und fünften Buches bemerke ich hier noch, dafs ich mich hier auf die Kritik des Inhalts weniger einlassen werde, weil mir die sprachlichen Ex scheinungen desselben hinreichend sicher auf sehr späte

der Psalmen. 279

Zeiten zu weisen scheinen, bei den vorhergehenden Btichern werde ich auf inhaltliche Kriterien mehr Gewicht legen müssen.

Hiernach würden wir folgende Particularsammlungen aus den ersten drei Büchern auf ihre Entstehungszeit hin zu prüfen haben : Ps.3—41 (davidisch), Ps. 42—49 (kora- hitisch), Ps. 50. 73—83 (asaphisch), Ps. 51—72 (davidisch), Ps. 84-89 (Nachtrag zu Buch IL). Was das IV. Buch angeht, so ist dessen Umfang an sich nicht sehr bedeutend, der Mangel an bestimmter Gruppirung der einzelnen Lieder wird daher nicht besonders stark empfunden, das Ganze kann bequem für sich untersucht werden. Im V. Buch sondern sich sofort, wenn wir von den 3 davidischen 108—110 absehen, 107—118 als Lob- resp. Hallelujahpss. von den Stufenpss. 120—134 (dazwischen der lange Lehr- psalm 119), ihnen folgen 138—145 (davidische) und 146—150 (wieder Hallelujahpsalmen).

Wir beginnen unsere Untersuchung mit demjenigen Buch, in welchem die Verhältnisse am klarsten liegen, dem letzten. Bereits oben wurde bemerkt, dafs hier auch De- litzsch in Bezug auf die Echtheit der Davidischen Lieder schwankt, oder sich geradezu für Unechtheit entscheidet. Ferner ist fast allgemein anerkannt, dafs die sog. Stufenpss. eine sehr späte Sammlung bilden. Und in der That legen einige von ihnen und den ihnen benachbarten Psalmen durch ihren Inhalt, die meisten durch ihre Sprache den deutlichsten Beweis einer weit über das Exil nach unten binausliegenden Zeit ab.

Unter den Zeichen späterer Sprache ist vor Allem das w prifixum zu nennen, welches in den Stufenpss. und den ihnen direct folgenden Gesängen ca. 20 mal vorkommt. Eine solche Häufigkeit desselben findet sich nur noch in den spätesten Schriften des A. T. : im Koheleth 32 mal, im Hohenlied 21 mal, selbst bei Esra und in der Chronik

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erscheint es nur 3 mal, bei Hiob 1 mal, in den Thren. 4 mal, bei Jona 2 mal. Von den wenigen Stellen aus der alten Literatur sind nur die 2 Y im Deboralied unan- fechtbar mit Recht hat man sie aus der nordisraeli- tischen Abstammung desselben erklärt; über die auch im Phönizischen häufige Abschleifung des we zu wx oder w cf. Schröder, phön. Sprache. 8. 163 f. ').

Ferner zeichnen sich die Stufenpss. durch öftere An- wendung des Adv. 37 auch Mp) und m3) = sehr aus, das- selbe findet sich nur noch Ps. 62, 3. 65, 10. 89, 8, ob diese, jedenfalls dem älteren Sprachgebrauch fernliegende Wendung mit dem auch im biblischen Chald. vorkommenden, im sonstigen Aram. häufigen Gebrauch des 37 in der Be- deutung ,grofs* zusammenhängt? Sehr nahe wird dies

1) Nicht sehr glücklich scheint mir sein Versuch a. a. O., das tf als das ursprtinglichere gegenüber yx nachzuweisen (cf. dagegen Olsh. hebr. Grammat. 8. 489). Dafs das Relativpron. in der Haupt- schrift des Richterbuches noch vorzugsweise yj laute, läfst sich aus 6, 17. 7, 12. 8, 26 nicht darthun. Was die erste Stelle anlangt, so ist der ganze Satz von mij) bis wy höchst störend. Wozu braucht Gideon um ein Zeichen zu erhalten eine „ıyyyy darzubringen? War nicht vielmehr die Darbringung desselben an sich schon ein Beweis dafür, dafs er an die Gottheit des Boten glaubte? Auf die Unmotivirt- heit des nachmaligen Erschreckens v. 22 hat Wellhausen-Bleek 4. Aufl. 8. 198 bereits hingewiesen; dasselbe erscheint noch unmoti- virter, wenn man den Zusammenhang zwischen v. 16 und dem fol- genden ins Auge falst Dagegen bildet v. 18 die directe Fortsetzung von v. 17 of. z.B. C. 18, 15. Auch in 7, 12 scheint was nach DOD folgt ein späterer Zusatz, das zweite „4 fällt schon nach dem ersten auf, sodann ist die Vergleichung der Zahl der Kameele, wenn dieselben bereits als zahllos bezeichnet sind, mehr als überflüssig. Was endlich 8, 26 anlangt, so erregt mir die ganze peinliche Genauigkeit, sowie der schleppende Gang der mit "N m 335 gegebenen Schilde- rungen Bedenken, auch sind JOM: npy = Halsketten sonst nicht in der älteren Literatur zu finden. Worauf sich das Suff. in \ a v. 27 beziehe, kann der Leser nur mit Mühe errathen. Die Schwierigkeit des „ben w 2 Reg. 6, 11 ist bekannt, cf. LXX, die Thenius mit Un- recht hintansetzt.

der Psalmen. 281

durch die auffallende, dem echten Hebräisch fernliegende Form mm gelegt, deren Analogieen sich meist in späten Schriften finden (cf. Olsh. hebr. Gramm. § 108b), und der in diesem Fall eine genaue Analogie nur aus dem Aram. zur Seite steht, welches die Adverbia sehr häufig auf die Femininendung at ausgeben läfst. cf. Nöld. Syr. Gramm. S. 90. Die Erklärung dieser Form als eines Status constr., aus dem Bestreben, das Adverb. in möglichst enge Ver- bindung zu dem folgenden Worte zu stellen, scheint Olsh. selbst nach 8 223b Anm. nicht für das wahrscheinlichste zu halten. Ueber eine andere Erklärung dieses Gebrauchs cf. Nöld. a. a. O. Sehr entschieden legt ferner vom aram. Einflufs Zeugnils ab die öftere Anhängung der En- dung 7, an die Nomina, auch männlichen Geschlechts cf. mbm) = Sm) Ps. 124. mndnya Ps. 125. mowa Ps. 120. rror» nnn Ps. 116. 119? Ps. 116. An „eine bedeu- tungslos gewordene Accusativendung zu denken, wie Hu pf. thut, ist deswegen schwierig, weil man nicht begreift, warum sich, da in der ganzen älteren Literatur die Endung n niemals den Accusat. bedeutet, die gedankenlose An- wendung derselben erst so spät herausgestellt haben sollte. Da wir dies ah sonst in ANT, mn auch nn) finden, so liegt es am nächsten, ein ah der Richtung zur Erklärung heranzuziehen, indessen kann sein enormes Ueberwuchern in solchen Fällen, wo es ganz bedeutungslos ist, wie mir scheint nur aus dem Einflufs des aram. Stat. emphat. erklärt werden. Aramaisirend ist weiter das 5 als Accusativbezeichnung aonyynd> NN Ps. 129 cf. Ps. 116, 16. 135, 11. 136, 20. 145, 14, wenn auch nicht in Ab- rede gestellt werden soll, dafs dieser Gebrauch in den an- geführten Fällen seine Anknüpfung in der alten Sprache hat. Ebenso erinnert die Vorausnahme eines folgenden Genetiv durch ein auf ihn hinweisendes Suffix am ersten Nomen an das Aramäische : TP OD YD vn Ps. 129, 7, und wenigstens einer ganz saloppen, von der alten Sprache

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getrennten Ausdrucksweise gehören Wendungen an wie owen wn Ps. 123, 4, ‘ex nan ibid., cf. ‘ond mnwn Pa. 116, 15, > mmaga Ps. 120, 1, 75 wosd Ps. 182, 11 £., mw wy-5>5 x) 116, 14 und 18. Aehnliche breitspurige Aus- drücke, auch von Delitzsch als Zeichen späterer (wie mir scheint dem Sprecher nicht mehr recht geläufiger) Sprache angemerkt, sind oma52 ow = 35 vw Ps. 126, 4; yn “yo ibid., cf. ova ndbwond Ps. 136, 8. Und wie wir oben die Häufung der Partikeln s. B. der interroga- | tiven als ein Zeichen der späten Sprache erkannten, so wird auch ‘> 73m Ps. 128, 4 an dieser Stelle nicht vergessen werden dürfen, ebensowenig wie or pe Ps. 135, 17. Endlich mache ich hier gleich der Uebersicht halber auf die, wenn auch nicht gerade in den Stufenpss. so doch in ihrer nächsten Nähe vorfindlichen echtchaldäischen Suffixa auf- merksam : »yinp Ps. 135, 9 cf. Ps. 116, 19; won: Dy 116, 7; miywan 116,12; wwehrnn Ps. 103,3; sw, DWOyO 103, 4; ‘o™ny3 103,5 '). Mehr dem Bestreben, die poetische Rede archaistisch zu verbrämen als einem vom alten He- bräisch abweichenden Dialekt scheint die häufige Anwen- dung des ' am Schlufs von Participien resp. Infinitiven zu entspringen, die Ps. 123 in ‘ay und sonst Ps. 114 in orn, Ps. 113 in man: Porn: win; ‘wr; mob entgegentritt.

An den genannten Zeichen einer späten Abfassung sind fast alle Stufenpss. mit Beiträgen betheiligt gewesen. Von den bisher nicht erwähnten ist Ps. 126 wenigstens sicher nicht vor dem Exil verfalst, v. 1 und 4 setzen das- selbe vielmehr voraus, möglicherweise auch die Zeit kurz nach dem Exil, in welcher sich ja, wie aus den Bb. Esra und Nehem. hervorgeht, eine weitere Zurückführung der

1) Dale diese Häufigkeit der Anwendung auf ein sehr spätes Zeit- alter schliefsen läfst, geht daraus hervor, dafs wir eine derartige Form nur noch Jer. 11, 15 antreffen, deren Existenz an dieser Stelle nicht einmal ganz sicher ist.

der Psalmen. 283

jüdischen Gola nach dem heiligen Lande als dringendes Bedürfnifs herausstellte. Für diese Zeit scheint die Ver- bindung dieses Psalms mit dem 127. zu sprechen, welcher ersichtlich eine bedrängte Lage der heil. Stadt, ein Stocken des (Tempel?)-Baus und einen Mangel an junger lebens- kräftiger Mannschaft voraussetzt, cf. auch Delitzsch zur Stelle. Jedenfalls ist es sehr bemerkenswerth, dafs diese Gesänge, welche keine so deutlichen Spuren von später Abfassungszeit wie die übrigen ihnen benachbarten auf- weisen, noch in das 6. Jahrhundert gehören ein deut- liches Zeichen, dafs die anderen sehr spät sein müssen. Was Ps. 130 anlangt, so finden wir in ihm auch ein sehr spätes Wort, nämlich mrvoo die Vergebung, nur noch Neh. und Daniel. Aber nicht allein dieses einzelne Wort ist spät, sondern auch die Classe von Nominibus, der es zu- gehört, nämlich diejenigen, welche nach der Form mp gebildet, nicht concrete Bedeutung haben, sondern zur Be- zeichnung einer Handlung stehen cf. nym’ Chron. mng Est. Hyp Qoh. und die von Ryssel S. 49 Anm. 2 ange- führten Worte aus der Mischna-Sprache. Selbst der ganz kurze, z. Th. aus gewöhnlichen Wendungen zusammen- gesetzte Psalm 134 bietet eine Spur junger Abfassung :

nfo-ba = niichtens, jegliche Nacht. Dafs das Wort nur auf 15713 bezogen werden kann, als nähere Bezeichnung des Stehens der Diener Jahvehs im Tempel aber keinen Sinn hat, darüber cf. Hupf. z. d. Stell. Dann ist zu ver- gleichen Jes. 21, 8 mon 52; Ps. 92,3 mb a; Ps. 16, 17 mis Accusat.; Cant. 3, 1 m52 und 3, 8. Auch sonst ist der Plural von 715°5 selten und nur einmal in der älteren Literatur 1 Sam. 30, 12 nachzuweisen cf. Hiob 2, 13. 17, 3. Jon. 2, 1. Auch Ps. 121 verleugnet sein junges Zeit- alter nicht : er gebraucht win für wanken cf. 125, 1, ein in den Psalmen sehr häufiges Verbum, das sich aulser ihnen nur noch Deut. 32, 35. Lev. 25, 35. Jes. 24, 19. Deutjes. 4 mal, Prov. 4 mal, Hiob 1 mal, Chron. 1 mal

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findet. Wir werden ihm noch öfter in den Psalmen be- gegnen ; von den 25 Stellen, an denen es sich hier findet, gehören 8 den beiden letzten Büchern, 10 dem zweiten und dritten und 7 dem ersten Buche an'). Weiter be merken wir hier die bekannte crux interpretum ich hebe meine Augen auf zu den Bergen : ty NON Ip enthält der hebräische Satz eine Frage, dann haben wir das schönste Hebräisch, aber für sehr wahrscheinlich kann die interrogative Fassung nach dem Zusammenhang nicht gelten, es scheint vielmehr, als seien die Berge Bezeich- nung Jerusalems als des Wohnsitzes Jahveh’s, dann kounte aber der Verf. nicht in Ungewifsheit darüber sein, von woher seine Hilfe käme. Wäre sonach das 7p relativ gemeint, so könnten wir unseren Dichter von einem ziemlich verdorbenen Hebräisch nicht freisprechen.

So bleibt von den Stufenpss. nur 131, ein kurzes drei- versiges Lied, nicht ohne Eigenthümlichkeiten (cf. ons sonst nie) des Stils, die aber ebenfalls eher auf Unge- schicktheit im Gebrauch der Sprache, als auf hohes Alter führen nach dem oben entwickelten Princip der Unter- suchung kann ein Lied von so geringem Umfang nur nach seiner Umgebung beurtheilt werden, die ihn demnach in eine späte Zeit weist. Zu den oben angegebenen Kenn- zeichen späterer Zeit in den Stufenpss. füge ich noch fol- gende, die sich oben nicht gut rubriciren liefsen : Ps. 124 48, von den meisten Auslegern gewifs richtig mit dem

1) Ob das Wort, das im Syrischen und Chald. vorkommt, ein Ara- maismus sei, läfst sich schwer ausmachen. Jesaia und Hosea sagen jedenfalls dafür SS, die beiden Derivate Yiyy und mein sind eben-

falls nicht alt : Chron. Ezech. Deutjes. Jerem. Nah. Lev. 26, 18. Nu. 4, 10, 12 bieten sie. Die einzige Stelle, welche vor das 7. Jahrhundert fullt, ist Num. 13, 28 (JE), doch ist die starke Ueberarbeitung gerade der Kundschaftercapitel zu evident, als dafs wir Garantie für wirk- liches Alter des Wortes durch diese Stelle erhielten.

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selben erinnert legt deutlich Zeugnifs für einen bedeutenden Zwischenraum zwischen der Zurückführung und dem Stand- punkt des Sängers ab. Die scheinbar individuellen Züge, das Sitsen an den Wassern Babels, das Aufhängen der Harfen an den Weiden u. s. w. sind im Grunde nichts als Einkleidung des Gedankens, dafs das heil. Volk ohne Jerusalem nicht leben mag und seine heilige Stadt nicht vergessen kann. Die Seligpreisungen des der Babel ver- gilt was es an Israel gethan, der seine Kinder am Stein serschmettert, führen keineswegs in das Exil hinein, son- dern begreifen sich, da Babel ja durch Cyrus keineswegs zerstört wurde und auch unter seinen Nachfolgern Darius und Xerxes wohl starke Beschädigungen, z. B. Nieder- reilsung der Thore und Mauern, aber nicht völlige Ver- nichtung erlitt, bis es durch Alexander wieder aufblühte, sehr gut, wenn man seinen Zustand im 5. und 4. Jahr hundert ins Auge fafst. Die Situation nach Alexander, nach dessen Tode die Stadt wieder mehr und mehr verfiel, palst deswegen nicht so gut, weil dieser Verfall nicht durch gewaltsame Demolirungen herbeigeführt zu sein scheint, es sei denn dafs man mit Olsh. an die Brandschatzung durch die Parther denkt, von der der Verf. des Psalms gehört hatte und deren Fortsetzung er wünscht. Noch sei auf das chald. Buff. YO v. 6, auf das eigenthümliche won LXX of axayayovres nuac und den auffallenden Ge- brauch des mv’ im passiven Sinn aufmerksam gemacht. Auch Ps. 138—145 sind von uns bereits oben hier und da erwähnt, besonders stark ist unter ihnen der 139. mit Aramaismen und späthebräischen Worten vertreten, so : ya das Streben, 33) das Liegen, pbo hinaufsteigen, 7% aufserdem 5 mal bei Hiob und II Sam. 23, 2 (der Plural 20 mal bei Hiob, Ps. 19 und Prov. 23). Nicht weniger auffallend ist das Pual von my in der Bedeutung bereitet werden, welches in der ganzen alten Literatur nicht vor- kommt, das Piel hat sonst einen ganz anderen Sinn. In

eee ee eee

der Psalmen. 287

Besug auf Syp hat Böttcher hebr. Gramm. I 8. 16 ge- wils mit Recht geurtheilt, dafs es als Aramaismus zu be- trachten sei, es kommt nur noch 2 mal im Hiob und Obadja v. 9 vor; schwerlich steht es mit yp anders, das wir nur noch in späten Pss. 95 und 119, 2 mal bei Hiob und 3 mal bei Ezechiel antreffen, in der älteren Literatur findet sich dafür yip (JE, Jesaia, 1 Reg.). Ferner hat die Einschie-

bung des in O'OY Iw hauptsächlich im Aram. ihre Ana- logieen, cf. im A. T. Mpy 3g, nur in dem ebenfalls stark aramäisch gefärbten Ezechiel 31, 5. Wenn auch nicht aramaisirend, so doch dem späten Hebräisch angehörig ist endlich pom, nur noch Neh., Ps.119 und 3 mal im Buch Hiob. Offenbar unterscheidet sich dieser Psalm in keiner Weise von seiner Umgebung, in Bezug auf das nn = wollen stimmt er ganz mit dem Sprachgebrauch des Koheleth überein, wenn er auch nicht gerade das w präfixum bietet, mit dem crassen Aramaismus DDN steht er ganz einzig im ganzen A. T. da. Ps. 140 liefert in MOTTO einen unver- kennbaren Aramaismus, die Wurzel nm ist im Chald. ziemlich häufig, kommt im hebr. Text des A.T.’s dagegen nur noch 3 mal in Ester und 1 mal in der Chronik vor. mm, ebenfalls von unserem Psalm geboten, aufserdem 7 mal vom Buch der Psalmen, findet sich im übrigen A. T. nur bei Jer. Prov. Da die Form m7) Ps. 147, 2. Jes. 11, 12. 56, 8 wahrscheinlicher von dem in parallelen Stellen z. B. Mich. 4, 7 häufigen my abgeleitet wird, und jener Stamm dem Chald. und Syr. geläufig ist, so wird man mit gröfster Wahrscheinlichkeit auch hier auf einen Aramaismus geführt. Sehr auffallend ist die Form “wy, wofür einige Handschriften yp lesen, dieselben gehen beide auf den Singular “Np zurück, sind aber in unhebräischer Weise gebildet, da das Hebräische die Endung » oder 7 im Plural abzuwerfen pflegt. Zur Erklärung dieser Abweichung von der gewöhnlichen Art der Bildung ist offenbar das Chal- däische heranzuziehen, das den Stat. constr. plur. von wıp

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pp bildet, cf. Hupf. und Olsh. zu der St. Ferner ist das Hap. Leg. ring vielleicht Fitomy ? zu bemerken. In Ps. 141 begegnet uns der nur in späten Schriften er- scheinende Plural IWW cf. Prov. 8, 4. Jes. 53, 3. Weiter treffen wir nur hier M55 im Qal in der Bedeutung beackern, das in dieser Wendung im Aram. häufig ist, ebenso ist NH ein spätes Wort : aulserhalb der Psalmen nur Jerem. Joel Prov. Ester ob es im Targumischen Chald. echt oder nur ein Hebraism. ist, mag dahingestellt bleiben. Aufserdem scheint Mx” = das Emporheben ein nach chald. Weise durch vorausgesetztes » gebildeter Infinitiv zu sein. Ps. 142 : 9M sonst noch Hab. und Prov., das Piel aufser Hiob 36, 2 noch Ri. 20, 43, einer von später Hand überarbeiteten Stelle, der Stamm im Syrischen gebräuchlich. naynn : aufser Ps. 77; 107; 143 noch Jon. und Thren. ‘yon = Gefängnifs Jes. 24, 22. 42, 7. Pa. 143 D'yaonm aulser 8 mal in den Psalmen nur Hiob, Prov. Jer. 2 mal, Sach. Dan. 4 mal. Ueber mpyn cf. oben die Tabelle. Uebrigens gehört sowohl dieser als der vorige zu den weniger originellen Klagepsalmen der bei weitem eigenthümlichere Ps. 144 führt aufser dem oben schon er- wähnten X präf. noch eine Reihe anderer später Ausdrücke mit sich. So 2% = Krieg, noch 5 mal in den Psalmen, aufserdem Sach. 14, Hiob, Qoh., dagegen beruht das Wort 2 Sam. 17, 11 auf einem Textfehler, cf. Wellh. Text der Bb. Sam. z. d. St. Weiter gehört hierher 735, 3 mal im Sinne von erretten gebraucht, dem Hebräischen sonst fremd, da- gegen im Aram. gebräuchlich cf. Hupf. Ebenso auffallend ist }1 „die Art* nur noch 1 mal in der Chronik, sonst im Chald. häufig. Hiernach ist es kaum nöthig, noch auf man und my [letzteres nur noch Za. 9, 15 s. 8.58] hin- zuweisen, ob nicht 26m auch ein Aramaismus für 33n ist? Dafs das Wort im Zusammenhange von JE Jos. 9, 21, 23, 27 wirklich alt ist, läfst sich schwer nachweisen, sonst kommt es noch 2 mal im Deuteron., je einmal Jer.

290 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

„einer Sache freie Bewegung verschaffen übergegangen wäre; da 2 Sam. 22, 33 nach Ps. 18, 33 m zu corrigiren ist, so haben wir auch hier einen späten Gebrauch vor uns. Auch Ps. 147 theilt einige der vorhin erwähnten späteren Ausdrücke, nämlich maw und WO mit den vor- ausgehenden Psalmen. Weiter ist an Aramaismen 00 zerfliefsen zu bemerken, das im Hebr. aufser 3 mal in den Psalmen nur noch an der späten Stelle Jos. 14, 8 in der ganz chald. Bildung Youn vorkommt, dagegen im Ara- mäischen gebräuchlich ist. Ein späthebräisches Wort ist ferner 035, in den Psalmen nur noch 33, 7, aufserdem von exilischen und nachexilischen Schrifstellern geboten : Ezech. 2 mal, Est. 1 mal, Neh. 1 mal, Chron. 1 mal, Qoh. 3 mal. Die einzige vorexilische Stelle, an der es sich fände, würde Jes. 28, 20 DIDNAD MY 900 sein, wenn nicht die Echt- heit des Wortes an dieser Stelle grofsen Bedenken unter- liegen müfste. Ich freue mich, in diesem Urtheil ganz unabhängig mit Kuenen zusammenzutreffen, dem „de zuiverheid der lezing Jes. 28, 20 twijfelachtig* erscheint. cf. Versl. en Meded. d. K. Academie v. Wetensch. 1876. Reeks II Deel VI, S. 226. Vielleicht ist statt ox5mm> das allerdings nur noch einmal Jes. 25, 7 in der Bedeutung „bedecken“ vorkommende 40) zu lesen; „die Decke ist zu enge gemiifs dem sich damit bedecken“ pafst zu dem vor- angehenden : das Lager zu kurz um sich darauf zu strecken vortrefflich, und die vorhergehende Anwendung des pp in der Bedeutung „Decke“ konnte die Ableitung von 70) in der Bedeutung bedecken von diesem Nomen begünstigen. Weiter gehört sowohl das Adject. my) als das Verb. m der späten Sprache an, cf. zu jenem Prov. 17, 7. 19, 10. 26, 1. Cant. 2, 14. 1, 5. 4, 3. 6, 4. Jer. 6,1 und Ps. 33, 1; zu diesem Jes. 52, 7. Cant. 1, 10. Ps. 93, 5. Ps. 149 bietet in 533 Strick einen deutlichen Aramaismus, dasselbe findet sich nur noch in dem späten Ps. 105 : das Verbum 523 kommt in der secundären Form 5355 (durch ebenfalls

292 Giesebrecht, über die Abfassungescit

Von ihnen wurden 2 und wp bereits erwähnt. Wir fügen m Hap. Leg. hinzu, das im Syrischen in mehreren Derivaten vorkommt, ferner das gleichbedeutende Sef) (hier 3 mal, im A. T. sonst nicht), ein im Chaldäischen nicht seltenes Wort, weiter O73 zerrieben sein, Hiph. zerreiben, nur noch Thren. 3, 16, im Chald. und Syr. vorfindlich, das davon abzuleitende Nomen wy Lev. 2, 15 f. könnte viel- leicht auf echthebräischen Charakter und älteren Ursprung des Wortes hinweisen. Ihnen reiht sich an : non nur noch Hiob und Qoh. je 1 mal, Prov. 2 mal, sonst Chal- däisch und Syrisch; 550 nur noch 2 mal im Hiob, sonst aramäisch; wow Hap. Leg., im Chald. und Syr. == fett, befleckt sein. Ebensowenig ist ody alt, das Verbum findet sich noch 4 mal im Qoh., 2 mal Ester, 1 mal Neh., davon hergeleitete Nomina 5 mal im Qoh., 1 mal bei Esech. und Gen. 42,6 cf. oben. "WO starren ist aller Wahrschein- lichkeit nach auch der späteren Literatur zuzuweisen cf. Hiob 4, 15. Jer. 51, 27. rpm Betrübnifs findet sich nur noch 3 mal in den Proverbien; in Bezug auf 39 stimmt unser Psalm mit Ps. 132; pp}, von my: durch Einschub eines 5 gebildet (cf. die im Aram. häufige Einschiebung eines ‘), ist nur noch in Ps. 11, 6 und Thren. 5, 10 ver- treten; endlich scheint auch der Gebrauch von 5p im Sinn von niedertreten verachten, cf. Thren. 1, 15 auf dem Aramäischen zu beruhen.

Von den dem 119. vorangehenden Psalmen ist die stark aramaisirende Sprache des 116. bereits oben zur Gentige characterisirt worden, als weiteres Kennzeichen dafür ist das Ausbleiben der Assimilation des } zu betrachten in ny97 m im bibl. Aram. wird die Assimilation nur in höchst seltenen Füllen vollzogen. Ebenso deutlich spricht 5 als Accusativbezeichnung in v. 16. Selbst der kurze 117. Ps. bringt in maw einen Aramaismus, zu DW hat schon De- litzech das aram. jpx verglichen. Ps. 118 liefert 37 verlöschen, sonst 4 im Hiob, 3 mal in den Prov. und Jes. 43, 17, dagegen im Chald. und Syrischen gebräuchlich.

der Psalmen. 293

77 ist bereits zu Ps. 140 die Rede gewesen, “won = das Thor Jahvehs ist in derselben Weise zu be- m wie Yromb mo und ähnliche, oben angeführte ngen. Auch die umständliche Ausdrucksweise DW mm erregt Bedenken; was die Form 5w% (viel- m Hiph.) anlangt, so scheint das chald. mp ein suf sie zu werfen, die Correctur in DS u. s. w. t. Bleibt man bei der Textlesart, so wird man an- m müssen, dafs der Gedanke, die xararoun der , welche Israel im Namen Jahvehs auszuüben sich ühlt, als eine xegıroun zu beschreiben, erst einer äten Zeit angehören kann, offenbar ist dieser Ton Zeit in welcher die Juden den zweiten Tempel eten viel zu grolsartig und siegestrunken, weit äge es noch, an die Tage Esras und Nehemias zu , in denen wenigstens gegenüber den Samaritanern schiedener Sieg erfochten war, aber auch hier macht versicht, sie im Namen Jahvehs „beschneiden zu , Schwierigkeiten. Die drei dem 116. voran- en Psalmen haben das gemeinsame, dafs sie ihre originellen Gedanken mit starker Anlehnung an »jes. aussprechen. Die man mipy 113, 9 erinnert 3 Reihe von Stellen aus Deuterojes. cf. bes. 54, 1; | schildert den Auszug aus Egypten mit denselben , welche Deuterojes. zur Ausmalung des Zugs der cehrenden Exulanten nach dem heiligen Lande ver- cf. 49, 10, 13. 55, 12 f. 36, 7 f., endlich lehnt sich ‚, in der Beschreibung des Götzen und der Thorheit er auf ihn vertraut“ an mehrfache Ausführungen )jes. an. Was die Sprache dieser 3 Lieder betrifft, oben bereits auf die übertriebene, künstliche An- i des * am Ende der Particc., ja sogar des In- hingewiesen, die Ps. 113 bietet, auch Ps. 114 par- hieran, derselbe bietet aufserdem in 195 ein Hap. las seine Analogie im Syrischen > barbare locutus

294 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

est hat, wenn sich auch verwandte Stämme im Hebräischen

finden, auch 9, das sich noch Ps. 29, 6 zeigt, ist spät, cf. Hiob 21, 11. Nah. 3, 2. Jes. 18,21. Joel 2,5. 1 Chron. 15, 29. Qoh. 3, 4, sowie das Chald.’und Syrische. Zu Ps. 115, 15 cf. 121, 2; zu m) In v. 2 hat Delitzsch bereits auf amy Ps. 116, 18 hingewiesen. Von den 6 noch übrigen Gesängen des fünften Buches ist Ps. 108 aus 2 Liedern des zweiten Buches Ps. 57 und 60 zusammen- gestellt und participirt an der Eigenthümlichkeit des zweiten Buches, die wie oben bemerkt demselben erst durch die Hand eines Redactors desselben mitgetheilt worden sein kann, nämlich dem fast durchgängigen Gebrauch des Gottes- namens Elohim für Jahveh. Also erst nach der Samm- lung jenes Buches kann unser Psalm entstanden sein. Der 107. Psalm berührt sich in HYMN mit Ps. 142 und 143, bietet aufserdem das im Hebr. sonst unerhörte, nur Prov. 26,10 und Jon. 1, 11 f. vorkommende, aber gut ara- mäische Wort pnw und liefert ebenso in dem Hap. Leg. imo einen unverkennbaren Aramaismus, dessen Bedeutung sich wohl am sichersten auf „Marktplatz® fixiren läfst cf. Levy Lexic. Targ. z. rim und Bar Ali in Ges. Thes. ibid. Auch pop, im Hebr. nur Deut. Deutjes. Cant. (je einmal), Hiob 2 mal und Ps. 77, 10, chald. pop und syr. mas, und fees nur noch Deut. 8, 15 und Jes. 36, 17 sind späte Worte. Ps. 109 braucht den Plural von wyn, der aufser- dem nur noch einmal im Qoh. vorkommt, ganz allein steht er durch die Anwendung des Niphals von 51; n3y& das sich hier findet ist ein Lieblingswort der exilischen Schrift- steller, auch die Form 1x2), welche auf einen Stamm ANS weist, gehört zu den Anzeichen späterer Sprache, denn > findet sich nur noch Dan., Ezech. und vielleicht Hiob 30,8 und Ps. 10, 10, ist dagegen im Syrischen vorhanden. Ps. 110 unterscheidet sich in keiner Weise von seiner Um- gebung : Sn, welches er mit Ps. 132 und 99 theilt, ist aulserdem nur Chron. Deutjes. und Thren. je einmal nach-

der Psalmen. POF

sawesbar, über M77 cf. die Tabelle zum eloh. Sprachgebrauch, 7, liest man nur noch 2 mal im Qoheleth, maTsy = been ebenfalls nur noch 3 mal im Qohel. und im Chal- en, 113) pw grofses weites Land klingt auch an das mäische an, ob das Hap. Leg. ayy für das gewöhn- fhe "ww alt ist, mufs nach diesen Proben sehr zweifelhaft einen. Will man auf 98, nme und my Pe. 111 in Gewicht weiter legen, so fällt doch in Ps. 112 der wamaisirende Gebrauch des Part. Pass. für das Activ. auf: mweos = mys cf. hierzu wo) Ps. 103; yım Jes. 53; nn Cant. 3, 8 und das oben bei tro Bemerkte. Dafs eben- . falls ww und “NO spät sind, ist schon oben nachgewiesen. Das 4. Psalmbuch zeigt in seinen letzten Stücken auf- falliige Verwandtschaft mit dem 5. : auf die aramäischen Suffixe in Psalm 103 und den unter dieselbe Kategorie fallenden Gebrauch des Partic. n5} in demselben Psalm ast bereits hingewiesen, auch im Gebrauch von 19 stimmt dieses Lied mit Ps. 111 und 119. Nicht so sicher ist es, ob "w) ein durcharamäischen Einfluls für 8) in Aufnahme gekommener Stamm ist. Allerdings findet sich das Verbum sicher in späten Schriften, zu deren Abfassungszeit bereits das Aram. auf das Hebr. zu wirken begann. Nah. 1, 2. Jer. 3, 5, 12. Lev. 19, 18. Cant. 1, 6. 8, 11 f. Mit dem Nomen Wp aber scheint es anders zu stehen. Denn wenn es auch in der Bedeutung „Gefängnils® nur bei Jerem. (8 mal) und Neh. 2 mal erscheint, so kommt es doch im Sinn von „Ziel® nicht allein Hiob und Thren., sondern auch

1 Sam. 20, 10 vor !). Ps. 104 bietet aufser dem oben

9) Eine genauere Betrachtung dieser Stelle macht indessen die Ur- springlichkeit von TOY zweifelhaft. Die LXX hat das Wort durch- gängig als nom. propr. aufgefalst : elo tiv Auatrapı,; Acaguattaeac ; apkarrapeı = WHY 175. Man könnte allerdings gegen den Vorzug des LXX-Toxtes vor dem M. T. einwenden, dafs der Uebersetzer an I 10, 21 surtickgedacht habe und das ihm unverständliche mo in

296 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

bereits besprochenen “3iv den unzweifelhaften Aramaismmt- ‘oy, der nur noch im chald. Theile des Daniel erscheut;f' über pop, #72 und yy cf. die Tabelle sum Elohisten, da; Verb. ıyn findet sich nur noch Daniel und Kera, ebenso it ww und eine Wendung wie DYMO spät, über ap roy cf. zu py Tow Pe. 16, endlich erregt auch der Aw druck ya = ‘fn 192 Bedenken. Ps. 106 stimmt m! a> zu Ps. 149, in m) zu Ps. 146, über prw und Typ d die Tabelle zum eloh. Sprachgebrauch. Ps. 106 braucht wie Ps. 117 nav für „preisen“, liefert in "9 einen we teren deutlichen Aramaismus (cf. die Tabelle), #93 kommt nur noch 4 mal beim Elohisten und 1 mal in den Proverb, vor, auch ity ist oben bereits besprochen worden. yp reden, das man für einen Aramaismus zu halten sehr ge neigt wäre, findet sich aufser Hiob und Proverb. auch Gen. 21, 7 im Zusammenhange des Jehovisten. Was Ps. 90--1% angeht, so begegnet auch hier eine Reihe von Ausdrücken, welche die besprochenen Gesänge enthielten : pin Ps. 93; 94; 96; ww Ps. 95; drew Ps. 92; mo Ps. 93; aan Ps. 94; noy Ps. 94; 101. Hierzu kommen ny] Gedanks, aufser Ps. 90 noch der Form vielleicht, nicht der Beda- tung nach : Hiob und Ezech. je 1 mal; oy) Ps. 90, aulser- dem Prov. 3 mal, Sach. 2 mal, Ps. 27,4; x37 Ps. W nur noch Jes. 57, 15 und vielleicht Deut. 23, 2, auch sonst ist NDT in der älteren Literatur selten, es kommt 5 mal im Hiob, 1 mal Prov., 1 mal Deutjes., 1 mal Thren., 1 mal Jerem., Ps. 72 und 94 und nur 2 mal im alten Jesaia vor.

Anlehnung an den Namen des Ahnen Jonathans zu verstehen suchte Aber wie er so auf den Berg Matri gekommen sein sollte, ist dock schwer einzusehen; und an den anderen Stellen, wo "Hy = Ziel ist finden wir es von der LXX richtig übersetst. Die Entstehung de mas. Lesart ist leicht zu begreifen. Ueber die Häufigkeit der Ver wechslung von * und 3, besonders im Auslaut of. Wellh. Text d Bb. 8. 8. 15, hierdurch erklärt sich, dafs myn5 zu "WWD! wurde, die Ergänsung des bleibenden zu 5 5 lag nahe genu

298 Giesebrecht, über die Abfassungascit

klatschen, im Aram. gewöhnlich, kommt nur noch bei i und Ezech. vor, ebenso ist M¥D in Jubel ausbrechen 5 mal bei Deuterojes. und aufserdem nur Jes. 14, 7 zu lesen das Piel Mich. 3, 3 hat die Bedeutung zerbrechen. Vea: om Ps. 99 ist bereits oben die Rede gewesen, das Hap; Leg. OU ist ein unverkennbarer Aramaismus. In Ps. m treffen wir 9/1 an, aufser Ps. 63, 6 nur noch zweimal m Buch Hiob, andere Derivate von 737 sind ebenfalls in der älteren Literatur selten. So 31, das uns in den altes Quellen der Königsbb. nur I 22, 36 begegnet, sonst suet bei Zephan. 1 mal, 3 mal bei Jerem., 1 mal in den Prov, 1 mal beim Verf. der Königsbb. I 8, 28, 2 mal in de Chronik, dagegen ist es ein Lieblingswort des Pseudo- und Deuterojes. (9 mal) und der Psalmen : 9 mal im 4. undi Buch, 4 mal im 2. und 3. und 2 mal im 1. Buch, cf. endlich 97 Ps. 32, 7. In Ps. 101 fällt das Verb. 195 auf, a findet sich nur noch 1 mal in den Prov., kommt aber im Chald. öfter vor. Auch die Construction OD ivy = ‘d nieg ist der reinen Sprache fremd, wy sonst noch Hosea und Ps. 40.— Ps. 102 liefert die beiden Aramaismen mre und MPM cf. die Tabelle, und nom : nur noch in dem späten Ps. 79, 11. Das einzige Lied dieser Gruppe, das biahes in unserer Untersuchung nicht berührt wurde, ist Ps. 9%, aber eine Betrachtung seines Stils und seines Inhalts zeigt, dafs auch er ganz ebenso von Deuterojesaia abhängt, wit die anderen Gesänge, mit denen er zusammengestellt ist dies genügt nach dem sonstigen Charakter seiner Um gebung vollständig, auch ihn der nachexilischen Zeit zu zuweisen.

Wir haben durch unsere Untersuchung einen fester Boden gewonnen, auf welchem weiter fortgebaut werde kann. Dafs in den letzten beiden Büchern des Psalten ein vorexilisches Lied sich befinde (über Ps. 110 cf. zu Ps.2 mufs ala im hohen Grade unwahrscheinlich bezeichne werden. Auch der gröfste Theil der Gesänge des 4. Buche

der Psalmen. 299

zeigt so unverkennbare Aramaismen oder Bekanntschaft mit den exilischen Schriftstellern, dafs die beiden letsten Bücher vor dem Exil nicht gesammelt sein können. Wir werden demnach zu anderweitigen Instanzen etwaiger später Abfassungszeit der weiter zu untersuchenden Lieder noch die Verwandtschaft, sei es in Sprache, sei es in An- schauungsweise, mit Gesiingen des 4. und 5. Buches fügen können. Es scheint mir, als wäre, wenn auch die späte Abfassungszeit der letzten Bücher jetzt fast allgemein an- erkannt ist, dennoch die Möglichkeit, von diesem Boden aus, besonders durch Vergleichung des Sprachgutes der in den ersten Büchern enthaltenen Lieder mit demjenigen der letzten, weitere Eroberungen zu machen, unterschätzt. Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, durch Ver- bindung der sachlichen und sprachlichen Kritik zu festeren Resultaten zu kommen, als bisher erreicht worden sind.

Vom 3. Buch, zu dem wir nunmehr übergehen, wird zunächst der Anhang Ps. 84-89 zu betrachten sein. Der gröfste Theil der in ihm enthaltenen Lieder legt durch seinen Inhalt Zeugnifs für nachexilische Entstehung ab. Das hierdurch für die, an nationalen Beziehungen nicht so reichen übrigen Gesänge gewonnene Vorurtheil, dafs die- selben ebenfalls nachexilisch sind, wird durch ihre allge- meine Haltung und ihren sprachlichen Charakter vollkommen bestätigt.

Ps. 85 ist für die Zeitbestimmung dieser Lieder außser- ordentlich instructiv. Der eigenthümliche Gegensatz, welcher zwischen v. 2—4 und den folgenden Versen obwaltet, läfst sich nur so verstehen, dafs man die Erinnerung Jahvehs an die Zurückführung des Volks aus dem Exil, an die Vergebung, die er dem Volk früher zu Theil werden liefs, als eine Begründung für die folgende Bitte betrachtet. Zur Zeit des Psalmisten stand das heilige Volk in Unehren v. 10, es war von Parteikämpfen zerrissen v. 11, von ge- waltthätigen Feinden bedrückt v. 12 ff. So hat das Volk

300 Giesebrecht, über die Abfassungeseit

die unmittelbare Empfindung des göttlichen Zorns, welcher doch durch die Zurückführung der Väter (cf. den Wechsel des Suffixes in v. 3 und v.5) abgewendet schien. Offenbar haben wir es hier mit einem Zustand des Volks zu thun, wie er etwa um die Mitte des 5. Jahrhunderts stattfand : den Psalm später anzusetzen scheint wegen der Berufung auf die durch Zurückführung aus dem Exil erwiesene Gottesgnade nicht thunlich.. Auch Delitzsch hat sich diesem Eindruck des Liedes nicht entziehen können.

Ps. 87 wurde von Calv., Hupf., Ew. u. A. in unge- führ dieselbe Zeit verlegt. Die Art, wie er Babel in den Vordergrund stellt, weist ihn jedenfalls hinter das 4. Jahr des Jojakim. Dafs er aber vorexilisch oder exilisch sei, ist nicht wohl anzunehmen, dazu ist die Erwähnung Babels und Egyptens zu farblos, ein vorexilischer Dichter würde seinen Befürchtungen, ein exilischer seinem Hals gegen Babel Ausdruck gegeben haben. Babel ist hier Repräsentant des östlichen, Egypten des westlichen Heidenthums, das, wie der Psalmist siegesgewils ausspricht, schliefslich doch zu Jahveh bekehrt werden soll es scheint, dafs beide Judäa politisch ebensowenig etwas angehen wie Aethiopien, Philistia oder Phönizien, sie beten nur die falschen Götter an, während sie den wahren Gott verkennen. Aber man wendet gegen die Annahme nachexilischer Abfassung ein, dafs Persien nicht erwähnt sei, der Hauptrepräsentant der Heidenwelt in damaliger Zeit. Hiergegen liefse sich geltend machen, dafs Babel eine poetische Verhüllung Persiens sein sollte, wie ja auch Egypten nur unter dem prophe- tischen Spottnamen Rahab erscheine, cf. Esr. 6, 22, eine solche Verschleierung mochte auch durch politische Rück- sichten geboten sein, am wahrscheinlichsten ist aber, dafs, da Persien nach der Eroberung Egyptens Gesammtname für den ganzen grofsen Völkercomplex war, welcher im 5. Jahrhundert den politischen Gesichtskreis eines Juden bildete, und da unter diesem Namen Judäa selbst mitbe-

302 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

läfst, und da wo der Psalm auf die Bitte zu sprechen kommt, v. 9 f., zeigt sich noch deutlicher, dafs der Psalmist aus dem Sinne einer Mehrheit heraus redet. Zwar könnte hiergegen das Ende des 10. Verses, welches den Psalm als aus dem Herzen eines Königs kommend zu charakterisiren scheint, sprechen, aber mn ist hier wie öfter Beseich- nung des Volks Israel selbst cf. Ps. 106, 15. 89, 52, das Suff. in ig bezeichnet v. 51 offenbar dieselbe Person, wie das vorausgehende #"7y, nach dem Zusammenhange werden also die Knechte Jahvehs geschmäht und nicht ein Einzelner. Auch Ps. 132, 10 ist der Gesalbte Jahvehs das heil. Volk, das um Davids willen seine Bitte erhört sehen möchte. Ist ein solches Tempellied, in welchem der lebendige Gott in ganz gleicher Weise wie die Vorhöfe des Tempels in Jerusalem als Gegenstand der Sehnsucht für die Gemeinde Israels erscheint, vor dem Exil zu be- greifen? Wie wenig fest die Vorstellung, dals Jahveh allein im Tempel zu Jerusalem zu finden sei, vor dem Exil im religiösen Bewulstsein des Volks wurzelte, zeigte sich ja unter den Nachfolgern Josia’s, wie sollte man damals ein solches Lied gedichtet haben, „dessen Preis des jeru- salemischen Tempels einen alt begründeten, bereits in die Gefühle, sowie die Sprachweise des Volks tibergegangenen Tempelcultus voraussetzt“ (Hupf.). Nach dem Exil war man bekanntlich ganz anderer Ansicht. Das Deuteronom. war dem Volke seitdem in succum et sanguinem tiber- gegangen, am Bestande des Tempels hing der Bestand der jüdischen Colonie in Judäa. Es spricht demnach Alles dafür, dafs wir hier ein Freudenlied der Exulanten über den wiedererlangten Tempel vor uns haben.

Dafs sich in diese, wahrscheinlich erst nach der Mitte des 5. Jahrhunderts zusammengestellte Psalmengruppe vor- exilische Lieder verirrt haben sollten, ist an und für sich sehr unwahrscheinlich, die beiden noch nicht betrachteten Gesänge 86 und 88 rechtfertigen auch durchaus das Prä-

der Psalmen. 303

judis der nachexilischen Abfassung. Ps. 86 zeigt eine auf- fillige Verwandtschaft mit Ps. 143, wie auch Delitzsch besonders hervorgehoben hat, die Selbstverständlichkeit, mit welcher das Lied den Gedanken ausspricht, dafs vor Jahveh alle Völker anbeten sollen und die Art wie es den- selben mit der Bitte um Errettung verknüpft, zeigt, dals dem Verf. die Anschauungen Deuterojes. bereits geläufig . waren, auf die Abhängigkeit von früheren Klagepsalmen hat Hupfeld bereits hinreichend aufmerksam gemacht. Ebenso ist Ps. 88, wie allgemein zugegeben wird, stark durch Ps. 6; 18; 22; 28; 31, besonders aber durch Hiob und Threni beeinflufst, das Lexicon beider Psalmen ist der Annahme später Abfassung günstig, seine Erschei- nungen seien hier mit den sprachlichen Eigenthümlichkeiten der ganzen Gruppe zusammengestellt.

Ps. 89 : 731 = sehr cf. die Stufenps.; pon Hap. Leg. cf. die aram. Dialekte; 118 cf. Ps. 112; 141; 147; 19 Piel verwerfen nur noch Thren. 2, 7, ob aus y) abschütteln abgeschwächt? may beruhigen nur nuch Prov. 1 mal, Hiph. nur Ps. 65, 8; x97 cf. oben; x3 cf. die Tabelle; saynn Deut. 3, 26, Ps. 78 3 mal, Prov. 3 mal; pow, in der alten Literatur nur 1 Sam. 17,53, sonst : 2 Reg. 21, 14. Ri. 2, 14. Hab. Seph. Jer. Deuterojes. Jes. 13. Sach. Die Form ww |x) beruht vielleicht auf einem Schreibfehler in v. 10, cf. aber wiv Hiob 20, 6; “yo umstürzen Hap. Leg. aber im Chald. z. B. Esr. 6, 12; 35m Lebenszeit, aufser den Psalmen : 17, 14. 49, 2. 39, 6 nur noch Hiob 11, 17 cf. das Syr. Ps. 88 : Oya nur noch Hiob; I“ die Tabelle; 1y) nur noch 2 mal im Hiob, 1 mal in den Prov.; fax nur noch 3 mal im Hiob, 1 mal in den Prov.; „u cf. die Tab.; mos cf. die Tab.; myn cf. zu Ps. 100; Se Hap. Leg. cf. mb Ps. 22. Die Peschito übersetzt XJ)" „beneficio linguae hebraeum vocabulum retinens* Gesen. Die Bedeutung ist bekanntlich streitig cf. Ges. Thes., was die Form und ihre Verwendung in der späten Literatur

304 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

anlangt, so ist Ryssel a. a. O. S. 39 f. zu vergleichen. Das Hap. Leg. m) ist vielleicht mit mp Est. 1, 8 und mmo Ps. 131 zusammenzustellen; 190 Hap. Leg., aber wahrscheinlich in MON zu ändern. Ps. 87 : tnO: Hap Leg.; zu der Construction 73 1370 M735) cf. das über die Verwendung des unpersönlichen Passive zum Eloh. be merkte; für J) eN, das mit _ unter dem | nur noch Imal im Buch Ester vorkommt, würde die ältere Sprache tw Yn) sagen (wn wwe = Jeder auch nur Lev. 17, 10, 13); oon seien es Flötenbläser oder Tänzer kommen nicht weiter vor, das 3 in der Bedeutung „nicht weniger als“ ist sonst nicht zu belegen, an Owy 20192 = wenn er die Völker aufschreibt, hat auch Delitzsch schon Anstofs ge- nommen genug der Psalm bietet, wenn auch nicht gerade bestimmt späte lexicalische Erscheinungen, doch manches Auffallende in stilistischer und syntactischer Hinsicht. Ps. 86 : Zu mixunm Hap. Leg. cf. das Mascul., welches aufser den Psalmen : 28, 2, 6. 31, 23. 116, 1. 130, 2. 140, 7. 143, 1 nur Dan. 4 mal, Sach. 12, 10, Jer. 2 mal, Hiob 1 mal, Prov. 1 mal vorkommt; 5 zeigt den Accusst. an v. 9; zu nmrın ONw cf. das Lied Mosis v. 22, prx Hmm nur Ps. 63 und 139 sowie Jes. 44, nrnman pw 4 mal Ezech, nynrın ma Ps. 88, 7; mop Hap. Leg.; zu my cf. d. Tab.; Ps. 85 : n5o> = Thorheit cf. 593 nur Qohel. und Ps. 49, mp2 Prov.; Ps. 84 : Remon Hap. Leg. orp nur noch Deut. 22 2 mal und Hiob 1 mal; 145 das Wohnen ist Hap. Leg. cf. aber das chald. Verb. "3 in der gleichen Beden- tung und 3 im Lied des Hiskia.

Die Asaphpss. 50; 73—83 sind ebenso sicher wie der Nachtrag zum 3. Buch nachexilisch oder exilisch. Es kann sich bei ihnen nur darum handeln, ob wir nicht diese ganze Sammlung als maccabäisch anzusehen haben. Denn dals Ps. 74, 79, 83 sich am besten erklären, wenn man die Zeiten des Antiochus Epiphanes als Veranlassung zu ihrer Abfassung annimmt, scheint nicht bezweifelt werden

306 Giesebrecht, tiber die Abfassungmeit

kann. Wie grofs die Zahl der später, etwa auch in der Maccabierzeit dem Psalter eingefügten Lieder war, dar über läfst sich nach dem Prolog des Siraciden, nach 1 Mace, 7, 17, wo Ps. 74 als Wort heiliger Schrift citirt wird, und aus der Thatsache, dafs unter den Hasmonäern das Pral- terium Salomonis im Unterschied vom Psalterium Davids entstand, nur sagen, dafs dieselbe nicht bedeutend sem kann.

Es hiefse Eulen nach Athen tragen, wollte ich die all- bekannten Gründe ‚für maccabäische Abfassung der drei oben genannten Psalmen hier nochmals aufführen, ich be gnüge mich auf Hitz. Olsh. und de Jong, de pss. mace. Lugd. Bat. 1857 zu verweisen. Von den übrigen Liedern trägt der 80. Psalm die deutlichsten Spuren der nachexi- lischen Zeit. Das Gericht, welches nach Jes. 5 über den O13 Jahvehs kommen soll, hat sich an dem Weinstock Jahvehs erfüllt, hatte er sich vorher stolz, der Ceder gleich, erhoben, so sind jetzt seine Zäune eingerissen, jeder Vor- übergehende berupft ihn cf. Ps. 89, 41 f., besonders ein Feind, unter dem Eber aus dem Walde dargestellt, läfst seine Wuth an ihm aus, Israel ist zum Zankapfel für seine feindlichen Nachbarn geworden v. 14 und 7, dieser trao- rige Zustand hat schon lange Zeit gedauert v. 5. Wir finden offenbar dieselbe Situation vor wie in Ps. 85. 89, 47. Dafs der Psalm im Exil entstanden sei, läfst sich aus der Bitte yawn nicht darthun, dieselbe ist doppelsinnig und kann auch heifsen „erquicke uns“. Aber wohl ist die Bitte von Bedeutung, Jahve möge vor Ephraim, Manasse und Benjamin her seine Macht erweisen, Juda erfleht wie es scheint die Zurückführung des früher eng verbundenen Nachbars und der nördlichen Stämme cf. Jes. 51, 12. 40, 10 u. 6. Das weist auf die Zeit, da die Feindschaft der Samariter die Colonisirung des nördlichen Reiches durch die echten Israeliten wünschenswerth erscheinen lassen mochte also in dieselbe Zeit wie oben für Ps. 85 und

der Psalmen. 307

89 festgestellt wurde. Nicht anders wird auch der fol- gende Psalm angesetzt werden können : Das Volk ist von Feinden bedroht v. 15 f., auch sonst befindet es sich in dürftiger und gedrückter Lage v. 17, dieser Zustand ist Folge eines göttlichen Gerichts, durch welches das wider- spenstige Geschlecht in seinen eigenen sündlichen Willen dahingegeben wurde v. 13, damit es das Mafs der Sünden vollmachend die Strafe herbeiführe. Sehr instructiv ist es, v. 12 f. mit Jer. 7,24 zu vergleichen, dem sie nachgebildet zu sein scheinen. Hier erscheint das Hingehen des Volks in den Rathschlägen seines halsstarrigen Herzens als seine eigene That, gegen welche Gott seinerseits durch Sendung der zuverlässigen Verwarner, der Propheten, reagirt, dem Psalmisten erscheint dieselbe Thatsache bereits als der Anfang des Gerichts, unter dessen Schwere er augenblick- lich seufzt, jene Stelle aus Jeremia ist offenbar die Vor- aussetzung für die Worte unseres Psalmisten. Der Psalm könnte sonach exilisch sein, da er aber nach v. 1—5 das Bestehen des Tempelcultus voraussetzt, so werden wir ihn am besten in dieselbe Zeit wie seinen Vorgänger setzen. Ps. 82 setzt einen Zustand völliger Auflösung der recht- lichen Ordnung voraus, infolge der schlechten Regenten resp. Richter (was im Orient identisch) wankt das ganze Land (vielleicht auch die ganze Erde). Auffallend ist, dafs der Psalmist keinen König der diesem Uebel hätte steuern können verantwortlich macht, ja deuselben nicht einmal erwähnt. Die Situation erklärt sich durch den Schlufs des Psalms : die Herrscher, welche unrecht richten, sind keine einheimischen : Jahveh wird aufgefordert, sich selbst des gedrückten Rechtes anzunehmen und auf Erden Ge- richt zu halten, weil er Erbherr sei über alle Heiden. Offenbar führt also der Psalm in dieselbe Zeit, wie die vorhergehenden, in die der persischen Herrschaft. Gehen wir von Ps. 79 aus rückwärts, so ist auch Ps. 78 mit Be- stimmtheit als nachexilisch anzusehen. Er giebt eine er-

308 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

baulich paränetische Betrachtung über die altisraelitische Geschichte bis auf David nach der deuteron. Anweisung Deut. 6, 20 cf. Ex. 10, 2, und ist sich bewulst, hiermit otp wo myn, sinnvolle Geschichten der Vorzeit vor . tragen. Er steht durchweg auf der Geschichtsbetrachtung des Verfassers der Königsbücher, mit dem er auch in de Terminologie Verwandtschaft zeigt cf. v. 56; 58; 68, Würden schon diese Umstände hinreichen, den Psalm a das Exil oder nach demselben anzusetzen, so kommt seine Verwandtschaft mit den späten Producten : Ps. 105; 106; 95 und dem Anfang des 81. dazu, dies Urtheil zu best tigen. Ps. 77 ist in demselben Ton gehalten wie Ps.81, nimmt dieser von der Betrachtung der Vorzeit seinen Aus- gang, so mündet jener in eine Erwägung der Thaten, die Jahveh früher für Israel gethan, hier wie dort erscheint Joseph als besondere Bezeichnung des heil. Volks. Und wenn der Psalmist in der Noth die Tage der Vorzeit über- denkt, sich an die Jahre der Urzeit erinnert v. 6, so wird sein Kummer kein rein individueller sein, sondern die Noth seines Volkes zum Hintergrund haben. Nur so ist a auch zu verstehen, wie er ausrufen kann : will der Her in alle Ewigkeit verabscheuen und sich gar nicht wiederum erbarmen ? v. 8. Auf nichts Anderes weist endlich die Fortsetzung dieses Spruchs : ist seine Gnade in Ewig- keit zu Ende, ist es aus mit dem Wort für immer ? Unter 78 kann nur das Verheilsungswort gemeint sein, welches stete Gnadenbereitschaft Jahvehs verkündete, dessen konnte sich aber nur Israel als Ganzes getrösten. Der Psalm spiegelt somit dieselbe Situation wieder wie Ps. 8088, irgend ein Grund, ihn von seiner Umgebung loszureilsen, ist nicht erfindbar sein sprachlicher Charakter thut, wie wir unten sehen werden, das Uebrige, ihn in nachexilische Zeiten zu versetzen. Eine höchst gewichtige Instanz für späte Abfassung bildet die Sprache auch bei dem 73. Pas, doch nicht, ohne dafs seine inneren Eigenthümlichkeiten

310 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

zu verantworten haben wird, und der weitere Verlauf des Psalms zeigt, dafs es dem Dichter weniger auf diese Ein- kleidung angekommen ist, als darauf, zu lehren, welcher Gottesdienst der Jahveh wohlgefällige sei; aber die Ein- kleidung dieses Gedankens ist auch etwas werth, sie zeigt, in welchen Verhältnissen das Volk zur Zeit des Verf. lebte. Ein vorexilischer Dichter brauchte Jahveh nur auf Zion herabfahren zu lassen, dann hatte er sein Volk um sich. Hitzig hat dieselbe Beobachtung gemacht, wenn er aber daraus, dals die D’TOr erst aus allen Theilen der Erde gesammelt werden müssen, schlielst, dafs der Psalm ins Exil gehöre, so verkennt er die Tendenz des Liedes, welches, wie aus v. 8—14 deutlich hervorgeht, gegen eine äulserliche werkheilige Werthschätzung des Opferdienstes polemisirt. Was diese Polemik anlangt, so ist sie offenbar nicht sehr tief, auch in ihr unterscheidet sich der Dichter merklich von den alten Propheten, deren Eifern gegen das opus operatum des Opfers vielmehr auf dem Bewulstsein des sittlichen Wesens Jahvehs beruht. Für unseren Dichter waren ihre Aeufserungen schon eine Art dogmatischer Sätze, denen er sich wohl anschlofs, die er aber nicht ganz verstand. Dafs auch v. 16 in die Zeit nach dem Deuteron. hinabführt, da er einen statutarisch festgesetzten Gottes- willen voraussetzt, den nicht Jeder wirklich kannte, hat Ewald schon hervorgehoben.

Hiernach stammt die Sammlung der Asaphpss. aus der Zeit nach dem Exil, das erweckt für die zwei noch übrigen Lieder Ps. 75 und 76 kein vorexilischer Abfassung gün- stiges Vorurtheil. Ps. 75, welcher Jahveh als den gerechten Richter preist und seine Erscheinung zum Gericht in nahe Aussicht stellt, bietet in der That nicht den mindesten Anlafs, ihn für vorexilisch zu halten. Auch hier ist das Gericht wieder reine Einkleidung, cf. Hupf. wie bei Ps. 50; dafs eine grolse Niederlage der Feinde den Anlafs zu diesem Liede gegeben habe, wie Ewald u. A. annehmen,

der Psalmen. 311

det aus v. 1 nicht zu schliefsen, der Dichter spricht viel- _ wehr ausdrücklich davon, dafs der Name Jahvehs d. h. seine Offenbarung erst herannahe, cf. Jes. 46, 13. 50, 8. 61, 5. 56, 6 und v. 3 des Psalms, zu dem die Stellen aus Joel, Obadja, Zeph. u. s. w. zu vergleichen sind, welche von dem nahe bevorstehenden Gerichtstag reden. Die Feinde, mit denen der Psalmist zu thun hat, sind auch nicht sowohl fremde Völker, als Frevler, welche mit 5b und DYyW1 bezeichnet werden; wenn er von ihnen sagt, dafs sie zur Höhe ihr Horn emporheben, so deutet dies such eher auf Uebermüthige, Unterdrücker der treuen Jahvehverehrer, als auf Heere hin, welche Jerusalem be- lagern. Endlich weist der Taumelbecher, den die Hand Jahvehs den Frevlern kredenzt, eine bei Hab., Jer., Deutjes. und Ezech. besonders geläufige Vorstellung, auf späte Zeit, ef. Hupfeld. Der Psalm ist hiernach nur aus einer Zeit wie die des Nehem. zu begreifen. Ps. 76 blickt allerdings auf eine feindliche Bestürmung Jerusalems zurück, welche mit der gänzlichen Niederlage der Belagerer geendet hat. Aber dafs diese Rettung der Stadt zur Zeit des Dichters stattgefunden hat, davon ist in dem Psalm nichts zu lesen, vielmehr sagt er genau betrachtet das gerade Gegentheil. Denn v. 1—3 sind lediglich referirend gehalten : „erkannt wurde in Juda Gott, in Israel war grofs sein Name und er nahm in Salem seine Hütte und seine Wohnung in Zion, daselbst zerbrach er“ u. 8. w. Würde wohl ein Dichter zur Zeit Hiskias den Abzug der Assyrer in dieser Weise gefeiert haben, ganz abgesehen davon, dafs ja die assyr. Niederlage (?) gar nicht bei Jerusalem stattfand, was die Ausleger immer wieder zu vergessen scheinen, weil Jesaia in seinen prophetischen Gesichten den Vorgang allerdings in jener Weise geschildert hat. Gerade die Weissagungen Jesaias geben den Schlüssel zu unserem Psalm, ihre Schil- derungen, welche der Dichter für geschichtliche Ereignisse hielt, führt er zur Verherrlichung Jahvehs und seines

312 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

Wohnsitzes in Jerusalem weiter aus. Dafs dies auf eine Zeit weist, welche den Tagen Jesaia’s fern steht, braucht kaum bemerkt zu werden, es ist sonach nicht der mindeste Grund, dies Gedicht aus dem Zusammenhang seiner Um- gebung loszureifsen und es für vorexilisch zu erklären. Auch die Sprache des Psalms stimmt zu einer späten Ab- fassungszeit.

Die sprachlichen Erscheinungen dieser Psalmen seien hier zusammengestellt. Ps. 83 ist in syntactischer Beziehung die Vorausnahme des Objects durch ein Suffix am Verbum auffallend, welche auf aram. Einflufs hinweist : wa") why. Die hier erwähnten Hagrier kommen im A. T. nur in der Chronik vor, auch 523 = Gebalene findet sich im A. T. nicht wieder, wohl aber in nachalttestamentlichen Schriften cf. Targg. Das Verbum wm) findet sich noch 3 mal im 4. und 5. Buch der Psalmen, im 2. Buch 1 mal, aufserdem Mal., Joel 2 mal, Hiob, Deutjes., Deut. 32, 22, das Nomen wind allerdings schon Gen. 3. Zu 75 5x cf. Jes. 62, 6, 70) für Fürst findet sich noch Jos. 13, 21 im eloh. Zu sammenhange, Ezech. 1 mal und Mich. 5, 4, 70) sei e nun = salben oder einsetzen Ps. 2 und Prov. 8. An die letzten Bücher erinnert auch die übertriebene Verwendung des poet. Suff. w.- in v. 12 und v. 14. Ps. 82 : dy, in den Pss. noch 7, 4. 52, 2, ist ein Lieblingswort Ezechiels (10 mal), aufserdem finden wir es : Lev. 19 2 mal, Deut. 25, 16. 32, 4, Hiob 2 mal, Prov. und Jerem. je 1 mal; über my und tio cf. oben die Tab. und zu Ps. 121. In Ps. 81 fällt die sonst unerhörte Form HOM auf, die Unter. lassung der Synkope ist sonst in den Pss. nicht gerade selten, hat aber ihre Analogieen meist in späten Schriften. Man vergleiche witty Ps. 28, 7 im Ps. 45, 18, yen | Ps. 116, 6 mit Neh. 11, 17. Ez. 46, 22. Jer. 37. 3. Hiob 13, 9. 1Sam. 17,47. In einer Reihe der angeführten Fälle mag allerdings das Bestreben mitgewirkt haben, die betr. Worte den mit “in beginnenden Eigennamen ähnlich zu

der Psalmen. 313

gestalten, aber für Formen wie Ovpyina Ps. 36, 6 cf. Ez. ), 25. 47, 22. Neh. 9, 19. 12, 38. Qoh. 8, 1. 2 Chron. 10, 7 of. 2 Sam. 16, 12; 2 Reg. 17, 12 reicht diese Erklärung nicht zu. Es liegt daher nahe, da die meisten der ange- führten Stellen der späten Literatur angehören, diese Er- scheinungen auf den Einfluls des Chaldäischen zurückzu- führen, da im bibl. Chaldaismus die Participia des Haphil die synkopirten und die vollständigen Formen unterschieds- los anwenden auch Imperfectformen ohne Synkope finden sich. Dafs 03, aufser hier noch (in der richtigen . Form x03) Prov. 7,20 im A. T., sich nur aus dem Syrischen erklärt, ist allgemein zugestanden, die Ableitung ist zweifel- haft, denkt man an die Wurzel 703 (wiez.B. Delitzsch) und betrachtet die Form als sog. Segolatform, so hat sie ihre Analogieen nur in den späten Beispielen 151 cf. zu Ps. 90; 732 Eer. 10, 1; AQ HD) Ezech. 18, 33. Das Mascul. ba0 kommt nur noch i im Buch Neh. vor und 1 Kon. 11, 28; darüber, dafs diese letztere Stelle einem stark über- arbeiteten Zusammenhang angehört cf. Wellhausen in Bleek’s Einl. S. 240. Jesaia sagt dafür 530, und der Jehovist braucht den Plural rivap cf. auch Hupfeld. Zu dem Ausdruck 7] 5x für Gırıx omdx Deut. 5, der noch Ps. 44, 21 vorkommt, ist Jes. 43, 12. Hiob 15, 19, zu Q) Deut. 32, 12 zu vergleichen. nm 8 mal bei Jerem. und Deut. 29, 19 ist wohl auf aram. Einflufs zu- Fückzuführen, es kommt sowohl im Chald. als im Syr. vor, dafs schon die Form dafür spricht, hat Ryssel S. 48 2.2.0. behauptet, cf. die dort von ihm zusammengestellten Beispiele. Ps. 80 : Dafs zu yy (nur noch Ps. 50) das thald. xy} der Wurm und die Verba m und nit cf. auch las Syr. zu vergleichen sind, ist längst bemerkt worden, >b das Deutjes. 66, 11 sich findende 1} hierhergehört, mufs sweifelhaft bleiben, ebenso hat man in OO > zerwühlen yereits einen Aramaismus erkannt, cf. OD. yos, habe s nun die Bedeutung auswählen oder grofsziehen, kommt

314 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

so nur noch Jes. 44, 14 vor, auch Ww berupfen findet sich nur noch im Hohenliede, 13 (beschirmen ?) ist Hap. Leg. Ps. 79 : Zu mp cf. die Tab.; Mpom nur noch Ps. 102. in aufser Gen. 1, 24 nur Deutjes., Zeph. je 1 mal, Ps. 104 2 mal und Pa. 50, 10. obp aufser Ps. 44, 14 noch Jer. 20. Ps. 78 : zu 3% cf. zu Ps. 144; gq sehr, cf. die Stufen- psalmen ; nA ist bereits als Aramaismus erkannt, cf. wh Syr.; O'My eine Viehkrankheit kommt hier allein vor, 17 aufser Ps. 76 noch Hab., Hiob, Deut. 32 je 1 mal, Cant. 2 mal. 058 nur noch Prov. 3 mal, Jes. 26 und Ps. 58; mong nur noch Jes. 65, Jer. 15, Lev. 26. 3*yym nur noch Jer. 44, das Piel : Hiob, Deutjes. und Ps. 36. Zu mıy cf. Ps. 145 und Jes. 42; bo» die Hoffnung Hiob 3 mal, Prov. 1 mal. Ps. 77 : zu yop ‘ef. Ps. 107; 793 ist ein Aramaismus; die Worte non xd) may m „meine Hand ist ausgegossen und wird nicht starr“ sind eine höchst unpassende Nachbildung von Thren. 3, 49 mn sn mn my. HON ist schon zu Ps. 142 besprochen, mgm kann nur als eine späte, unreine Bildung angesehen werden, auch 791% ist soweit ich sehen kann ohne Analogie. Ps. 76 : zu Ex 821 cf. Ps. 78; eine halbaramäische Form ist onze, zu der sich weitere Beispiele nur aus späten Büchern auftreiben lassen cf. bar Jes. 63, 3; anne 2 Chron. 20, 356. Die Wendung DR ıX9 == „von dem Eintreten (eigentlich von dem Damals) deines Zornes an“ ist nur noch durch P27 wy Rut 2, 7 und das viel entfernter ähnliche 59M wy „von damals an als wir abliefsen“ belegbar. mion Plur. von pm nur noch Prov. 22, 24. Ps. 75 : das Qal von 559 kommt in der Bedeu- tung unsinnig sein, rasen, nur hier und Ps. 5, 6; 73, 3 vor, 1 Sam. 21, 14 wendet dafür das Hithpoel an, das auch Nah. Jer. Deutjes. brauchen. Das Poel und Poal finden sich nur in späten Schriften : Hiob, Deutj., Qoh., Ps. 102 cf. mbbin und nibbw 5 mal im Qoheleth. Sti- listisch auffallend ist yim mpx = ich ergreife den Zeit- punkt, v. 7 ist so gut wie ganz unverstindlich, auch wenn

der Psalmen. 315

man Ov" als Infinitiv auffafst. Von der Benutzung Deu- terojesaias in den ersten Versen ist schon die Rede ge- wesen, zu ww wo’ cf. Jes. 51, 17. Ezech. 23, 34. am: 3 mal in den Prov., 7 mal bei Ezech., 2 mal bei Deutjes., 1 mal bei Hiob und aufserdem an zwei spiiten Stellen der historischen Bücher : dem Lied der Hanna und 2 Reg. 12, 12. “om schäumen, brausen, aufser Ps. 46, 4 nur noch Thren. und Hiob. Ps. 74 : zu mp cf. die Tab. ning» nur noch Ps. 73, 18 Y xy cf. NEN. MD. Md von MO u. 4. in Ges. Thes. angeführte Beispiele, meist der späten Lite- ratur angehörig. Oy) nur hier von My, sonst stets im Hiph., über 74 cf. oben; die Construction des 5. Verses ist kaum verständlich. Ps. 73 zeugt ebenfalls durch seine Dunkelheit und das Ungewöhnliche der Constructionen für spätes Zeitalter, lexicalisch ist anzumerken der Ara- maismus DON = verspotten, sonst nicht im A. T., das gleichfalls auf aram. Einfluß hinweisende nv» cf. die Bemerkung zur Tab., das Hap. Leg. 5we von unsicherer Bedeutung. n=yArı kommt nur noch Jes. 58, 6 vor; un ist ein Aramaismus cf. Ps.92; yonnn und ping kommen beide nicht wieder vor, das Qal von poy treffen wir hier allein im A. T.; der Ausdruck „Bedrückung reden“ v. 8 findet sich nur noch Jes. 59, 13; zur Form 79mm ist nur eine Analogie in Ex. 9, 23 vorhanden. Ps. 50: zu dem Aramaismus 1% cf. Ps. 80; ‘97 ist im Hebr. sonst nicht vorhanden, erscheint aber in den Targumim; zu in cf. Ps. 79; myn in einer ganz ungewöhnlichen Bedeutung nur hier auf die Schreibung Map) mit @ statt D die nur Deut. 32, Jer., Ez. vorkommt, ist wohl deswegen kein grofser Werth zu legen, weil das Wort auch in späten Schriften mit D geschrieben wird.

Die Zeitbestimmung der korahitischen Sammlung Pe. 42—49 würde, wenn wir nur Ps. 42 f.; 44; 47; 49 vor uns hätten, sich sofort mit Sicherheit ergeben. Keins von diesen Liedern ist vorexilisch. Ps. 49 behandelt ähnliche

316 Giesebrecht, über die Abfassungescit

Probleme wie Ps. 73, seine Anschauungsweise hat manches, was an diesen Psalm und an @obel. erinnert, über die Betrachtung des Leidens, welche das Buch Hiob giebt, ist der Verf. philosophisch erhaben. Die Sprache seigt manche auffallende Härten und Dunkelheiten. Ps. 47 läßst Jahveh als den alleinigen Gott von allen Nationen preisen, ganz wie Ps. 95 ff., und lehnt sich nicht allein in der Form, sondern auch inhaltlich an Deutjes. an, cf. zu Ps.96. Der Schlufs, dafs unser Ps. spät ist, legt sich auch dadurch nahe, dafs er den sonst nur in den Psalmenüberschriften vorkommenden Ausdruck 33 anwendet derselbe ist jedenfalls ein Kunstproduct der Tempelmusik. Bei Ps. 44 hat man nur die Wahl, ob man ihn für exilisch oder für maccab. halten will, ich entscheide mich aus bekannten hier nicht näher aufzuzählenden Gründen für das letztere was endlich Ps. 42 und 43, die ursprünglich zusammen- gehörten, anlangt, so sind dieselben nach Ps. 84 zu beur- theilen. Für jene ist wie für diesen Gott nirgends anders als im Tempel von Jerusalem gegenwärtig, die Sehnsucht nach dem lebendigen Gott ist identisch mit dem Verlangen an den Tempelprocessionen theilzunehmen, vor dem Altar in Jerusalem mit Opfern zu erscheinen u. s. w. Dabei ist der Verf., der übrigens wohl nicht nur persönliche Klagen ausstölst, im nordisraelitischen Lande von böswilligen, un- gläubigen Gegnern, einem nicht frommen Volke umgeben, das seinen Mifshandlungen noch den Hohn über das Gott- vertrauen des Dichters hinzufügt, auch dies stimmt am besten zur Zeit nach dem Exil.

Dabei setzt der Stil des Psalms eine für geistliche Zwecke bereits stark ausgeprägte Sprache voraus : cf. 42, 3, 6, 7, 10, 12. 43, 1, 2,3. Kann über die angeführten Lieder und ihre Abfassungszeit keine grofse Meinungsver- schiedenheit stattfinden, so gehen die Urtheile sehr aus- einander in Betreff des Alters der drei übrigen Psalmen 45; 46; 48. Es giebt fast keine Periode der israelitischen

318 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

zenden Zustand unter jenen beiden Monarchen entfernt war, dafs man nicht müde wurde sich die Herrlichkeit ihres Hofes auszumalen, dafs insbesondere Salomo zum Ideal des in behaglichem Lebensgenusse beschaulich dahin- lebenden orientalischen Weisen wurde, davon legt der Qoheleth deutliches Zeugnifs ab, und wer das Hohelied für ein Spottgedicht auf Salomo halten kann, der ver- kennt völlig die Begeisterung für ihn, die aus dem Anfang des 1., aus dem Schlufs des 3. Cap. u. s. f. spricht. Wie nahe sich die angeführten Stellen mit unserem Ps. berühren, braucht nur angedeutet zu werden, cf. auch Cant. 6, 8 mit Ps. 45, 10, 15. Auffallend ist auch die Berührung in den Namen der wohlriechenden Salben zwischen unserem Psalm und dem Hohenliede : » kommt nur noch Cant. 7 mal, Ester, Prov. 7, 17 und in der späten Stelle Ex. 30, 23 vor, Mn hat unser Psalm mit Cant. allein, o-Sme nur noch Prov. 7,17 Num. 24, 6 wird ove gelesen werden müssen. miyryp findet sich im Singul. nur noch Hiob 42, 14. Bei der Annahme, dafs unser Psalm ein mit dem Hohenlied auf einer Stufe stehendes, zur Verherrlichung des viel gefeierten salomonischen Hofes gedichtetes Lied ist, erklärt es sich leicht, dafs die 53g’ hier als Tyrerin auftritt. Eine Zeit, welche ihm 60 Königinnen als Kebs- weiber andichtete, konnte auch durch die anerkannt freund- lichen Beziehungen des Salomo zum tyrischen Hofe ver- anlafst werden, die ägyptische Königstochter mit einer phönizischen zu vertauschen; und erwägt man die Beschrei- bung der Herrlichkeit Salomos Qoh. 2, 4-9. Cant. 3, so hat es gar nichts auffallendes, dafs man in jener Zeit von elfenbeinernen Palästen des Salomo Ps. 45, 9 sang und sagte. Es miifste wunderlich zugehen, wenn Ps. 46 und 48 inmitten später, z. Th. sehr später Lieder vor dem Exil verfafst wären. In der That zeigt Ps. 46 keine Indicien, welche nöthigten, ihn vor das Exil zu setzen. Schon Hup- feld hat erkannt, dafs v. 1—8 einen ganz allgemeinen

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der Psalmen. 319

Ausdruck des Vertrauens auf den Gott enthalten, der den Mittelpunkt seines Reiches in Jerusalem hat, ganz ähnlich wie Ps. 76. Wenn aber v. 9—12 sich nothwendig auf ein bestimmtes historisches Ereignils beziehen sollen, durch welches die Unantastbarkeit Jerusalems documentirt worden sei, und dieses sich näher als die Vernichtung der Assyrer unter Sanherib herausstellen soll, so ist diese Behauptung im Context des Psalms nicht begründet. Jerusalem kann vielmehr durch die Kriege, von denen hier die Rede ist, nur sehr mittelbar betroffen sein, Jahveh macht den Kriegen ein Ende bis an den Rand der Erde, er richtet Verwüstung an auf Erden, das sind offenbar viel zu allgemeine Aus- drücke, als dafs mit ihnen die Vernichtung eines das heilige Land verheerenden und Jerusalem bedrohenden Heeres bezeichnet sein könnte. Auf einen grofsen Weltkrieg, von dem allerdings auch Judiia Schaden befürchtet hatte, führt uns v. 11: lafst ab und erkennt, dals ich Gott bin, er- haben unter den Heiden, erhaben auf Erden. Auch Hup- feld hält hiernach die Beziehung auf Sanheribs Zug keines- wegs für sicher. Auch Ps. 48 erklärt sich aus der Zeit Sanheribs nicht, die Mehrheit von Königen, deren Bund ein schmähliches Ende genommen hat (v.5), hat den Aus- legern bei jener Annahme schon mancherlei Schwierig- keiten bereitet, besonders aber spricht v. 9 dagegen, die Zeit des Sanherib als Abfassungszeit dieses Liedes zu be- trachten. Denn offenbar blickt der Dichter hier ganz ähnlich wie derjenige des 76. Psalms auf ein längst ver- gangenes Geschehnifs zurück, durch das sich Jahveh ehe- mals als Burg in Zion kundthat und welches er in neuerer Zeit wieder bestätigt sieht. So konnte man in der Zeit des Sanherib nicht sprechen, der Abzug des Pekah und Rezin war nicht so weit von der Vernichtung des Assyrer unter Hiskia entfernt, dafs der Dichter jene Thatsache als etwas nur durch Hörensagen vernommenes dieser als etwas selbsterlebtem gegenüberstellen konnte Es ist am ein-

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fachsten, dals jene einzigartige Rettung der Stadt unter Sanherib, die für die religiöse Entwicklung Judas von weit- tragender Bedeutung war, wie in Ps. 76 das Thema zu der Betrachtung v. 1—8 bildet, in freier Weise ohne strenge geschichtliche Genauigkeit ausgeführt. Das Ende des Psalms scheint dies zu bestätigen : v. 13 erinnert an Jes. 33, 18, verwendet jedoch diese Reminiscenz in ganz selb- ständiger Weise. Dals Jerusalem durch den Krieg direct bedroht war, scheint aus diesem Theil des Psalms hervor- zugehen, welche Bedringnifs aber der Verf. meint, ist nicht mehr auszumachen. Wegen der Umgebung, in welcher sich die beiden Psalmen finden, ist es mir am wahrscheinlichsten, dals die Feldztige Alexanders des Grofsen oder andere Er- eignisse der persischen Geschichte Anlafs zu diesen Psalmen gaben, doch mufs die entfernte Möglichkeit zugegeben werden, an kriegerische Bewegungen des 7. Jahrhunderts zu denken, wenn auch hiergegen immer das Bedenken bleibt, dafs weder ein jüdischer König, noch ein jüdisches Heer in diesen Psalmen hervortritt.

Die Sprache dieser Psalmen wird durch folgende Er- scheinungen charakterisirt. Ps. 49 : br c. Ps. 89; nun Sinnen Hap. Leg., das Verb. in dieser Bedeutung in den Psalmen häufig, in der älteren Literatur nur in dem (nicht sicher echten) Stück Jes. 33,18 nachzuweisen; niman nur ‚noch in den Proverb.; nuaN nur noch Prov., Ps. 75, Hiob, Deutjes.; auch im Sing. ist das Wort in der alten Lite- ratur selten, da Hos. 13, 2 wahrscheinlich corrumpirt und 1 Kön. 5, 9; 7,14 schwerlich alt sind. nm, in den Psalmen sehr häufig, findet sich aufserdem noch bei Hiob, Prov., Ezech., Deutjes., Jona; yp thöricht nur noch Ps. 73 und 92; Prov. 12, 1. 30, 2. Der Gebrauch des Plural von Mpx (sonst nie) scheint auf eine Zeit gesunkenen Sprach- gefühls hinzuweisen. Ueber die Form von "a cf. Ryssel S. 39, das Wort selbst ist ein Aramaismus, der im A. T. noch 10 mal im Buch Ester, Hiob, Prov., Ezech., Jer.,

$9292 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

Jes. und Mich., sonst ein Lieblingsausdruck Jeremias und Ezechiels; zu > cf. Ps. 90; zu nu cf. die Tab.; opxw nur noch 3 mal bei Jerem. und Ps. 8; zu "58 cf. Ps. 81; zu mony cf. die Stufenpss.; nobym, eine späte Form of Ryssel a. a. O.S. 44, noch 2'mal im Hiob. Ps. 42 und 43 : my nur noch Joel, my Cant. 2 mal und Ezech. 2 mal; 70 = chald. 99 cf. Ges. Thes.; Oye nur noch im Lied des Hiskia Jes. 38, 15, über das Talm. 777 cf. Hup- feld z. d. St. Anm. 96; mm cf. zu Ps. 100; My nur noch 1 mal bei Ezechiel; nm im Hithpoel nur hier.

Die letzten Psalmen der zweiten Gruppe davidischer Lieder : Ps. 51—71 lassen sich mit der gröfsten Sicherheit als nachexilisch bezeichnen. Ps. 66 mufs sehr spät angesetzt werden, die an alle Völker gerichtete Aufforderung Jahveh zu preisen ist bereits etwas so gewöhnliches zur Zeit des Verf. geworden, dafs die Heiden für ihre eigenen Nieder- lagen Jahveh lobsingen müssen. Mit keinem Worte ver- räth der Dichter, dafs er diese Verherrlichung Jahvehs durch die Heiden als etwas der Zukunft, dem messianischen Reiche angehörendes betrachtet, die Aufmunterung der Heiden zum Lob Gottes ist vielmehr rein formelhaft bei ihm geworden. Auch ihm mufs daher wie den Dichtern von Ps. 95 ff. Deuterojes. eine geläufige Lectüre gewesen sein. Dies wird durch v. 10—12 bestätigt, welche ganz ähnlich wie der 129. Psalm auf die Nöthe vor und im Exil (vielleicht auch nach demselben) zurückblicken. Der zweite Theil des Psalms wird bekanntlich von einigen Auslegern als ursprünglich nicht zum ersten Theil gehörig betrachtet, und schroff genug ist der Uebergang von der allgemeinen Noth und Errettung zur individuellen des Verf. Willman hier nicht geradezu eine Personification des Volks, die dann wieder auf ‘Deuterojes. hinweisen würde, annehmen, so legt die Leichtigkeit jenes Uebergangs den Gedanken nur um so näher, dafs nationale und universalistische Wen- dungen in der religiösen Sprache bereits formelhaft und

der Psalmen. $23

sch geworden waren, als unser Psalm entstand. Un- ihr in dieselbe Zeit müssen Ps. 65 und 67 gehören, es ıt in ihnen derselbe Geist wie in Ps. 66. Die Art, wie Ps. 65 Jahveh als der Gegenstand der Anbetung und Vertrauens für die ganze Menschenwelt dargestellt ist, mert an Mal. 1, 11. Weder hier noch dort handelt es 1 um die Darstellung der Hoffnung, dals Jahveh der- it von allen Völkern angebetet werden solle, sondern wird ein bereits vorhandener Thatbestand constatirt. veh ist zum allgemeinen Gott der Menschheit geworden. ausgeprägt universalistischen Anschauungen huldigt lich Ps. 67 nicht, mit Recht bemerkt Riehm, dafs die 'herrlichung Jahvehs durch die Völker hier als Hoff- ig des Dichters erscheint. Damit ist aber für seine exilische Abfassung nichts gewonnen. Man betrachte . Psalm näher und frage sich : war Israel, als derselbe fafst wurde, von auswärtigen Feinden mit den Waffen der Hand bedroht? Und wenn dies nicht der Fall , welcher Art kann eine Noth in Israel gewesen sein, ch deren Abwendung auf Erden Jahvehs Weg, unter Völkern sein Heil erkannt wird? Reicht hier eine ıdplage oder Hungersnoth hin? Offenbar ist es das l oder die Zeit nachher, welche unseren Psalm hervor- !hte. Ebenso unverkennbar und bereits vielfach be- ptet ist die Abhängigkeit des 68. Psalms von Deutero- ia, cf. z. B. Hupf. und Kuenen. Die Aufforderung, veh der durch die Steppen daherfährt den Weg zu be- en v. 5, erinnert an Jes. 40, 3 cf. Cap.52 u. a., seine veichnung als des Vaters der Waisen, des Richters der ittwen, der die Einsamen zur häuslichen Stätte führt, 3 Gefangenen in selige Freiheit setzt v. 6 f., führt man yenso sicher auf Deuterojes. zurück, cf. auch v.20, wenn bersetst wird : alle Tage schleppt er uns u. s. w., mit je. 63, 9. Zu dieser späten Abfassungszeit passen auch lie geschichtlichen erbaulichen Rückblicke v. 8—19 cf. 21°

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Ps. 78. Gegen die Ansetzung in nachexilischer Zeit kann v. 28 nicht geltend gemacht werden, als wenn hier das Bestehen von ganz Israel vorausgesetst wäre, denn der Dichter spricht von v. 23 an Hoffnungen für die Zukunft aus Naphthali und Sebulon treten hier ebenso als Re- präsentanten des Nordreichs auf, dessen Rückkehr erhofft wird, wie z. B. Ps. 80, 3, cf. das dasu bemerkte. Die Kennzeichen der nachexilischen Zeit werden endlich noch durch die Sprache des Psalms unterstützt. Die ihm fol- genden Lieder sind von Hitzig sämmtlich für jeremianisch erklirt, Ewald versetzt sie in das Exil, Hupfeld weist Ps. 69 in das Exil und Ps. 71 in spätere Zeiten. In der That läfst die Bezeichnung des israelitischen Volks als Ge- fangener Jahvehs, die Hoffnung, dals Gott die Städte Judas wieder bauen und die Nachkommenschaft seiner Knechte daselbst wohnen lassen werde, keinen Zweifel an der exilischen Abfassung des 69. Psalms. Dats diese Verse nicht etwa ein dem Psalm ursprünglich fremdes Anschiebsel sind, geht aus v. 27 deutlich hervor, wo die Gefangenen Jahvehs des 34. Verses als Verwundete Jahvehs parallel mit der Person des Dichters auftreten. Der Psalm schil- dert also keine rein persönliche Noth. Ist aber dieses Lied aus der Noth des Volkes heraus von einem Einzelnen ge- dichtet, so liegt diese Annahme auch bei Ps. 71 nahe, tritt doch auch hier in v. 20 für das singularische Subject des Klagenden und Flehenden ein pluralisches auf. Erwägt man aber weiter, dals dieser Psalm sehr wenig individuelle Züge aufweist, dafs er durchaus unselbständig ist, z. B. aus Ps. 22, 31, 38, 40 u. s. w. Stücke aufgenommen hat, und beachtet sodann die auffällige Verwandtschaft des 18. Verses mit Jes. 46, 4, wo Jahveh dem Volk zuruft : bis ins Greisenalter bin ich derselbe und bis zum Alter will ich tragen, so liegt es am nächsten, unseren Psalm für ein zum Gemeindegebrauch des zweiten Tempels ver- fertigtes Lied zu halten. Auf diese Weise erklärt sich

326 Giesebrecht, über die Abfassungescit

kennt und verehrt, aus der Zeit der Hasmonäer stammen, oder die Worte nog jum sind zur Hasmonäerzeit für den Gebrauch des Ps. im öffentlichen Gottesdienst einge- schoben. Diese Annahme ist nicht so willkürlich, als sie aussieht : dafs v. 20 f. ein Anschub zu Ps.51 sind, leuchtet wegen des Gegensatzes, in dem diese Verse zu v. 19 stehen, so unmittelbar ein, dafs eine ganze Reihe von Auslegern sich diesem Zeichen der Unechtheit nicht hat entziehen können. Und auch bei Ps. 61 werden durch die Hypo- these, dafs v. 7 und 8 später angefügt seien, einige Schwie- rigkeiten beseitigt. Dals nämlich der Singer dieses Liedes nicht im heil. Land, sondern weit entfernt davon lebte, wird durch v. 3* vergl. mit v. 5* klar. Wenn er nun der Aeufserung seiner Sehnsucht im Zelte Gottes zu weilen er- läuternd hinzufügt : denn du hast meine Gelübde erhört und geschenkt das Besitzthum derer die deinen Namen fürchten, so kann er nur meinen, dafs es wieder möglich sein werde, im Zelt Gottes (doch wohl der Tempel?) n weilen, weil Israel das heil. Land wieder zuriickerhalten habe. Dann stammte also der Psalm aus der Zeit Zerub- babels, der von dem Psalmisten unmöglich als König an- geredet werden konnte. Andere ergänzen zu „du hast verliehen“ ein „mir“, erhalten aber so, abgesehen von der dann nöthigen sonst nicht nachweisbaren Vergeistlichung des Begriffs der a, einen unauflöslichen Widerspruch zwischen v. 2 f. und v. 6. Die einzige Möglichkeit, die incriminirten Verse beizubehalten, besteht darin, die wT (vielleicht = ns cf. Hupf.) auf die Annahme des nigstitels von Seiten Aristobuls zu beziehen, also den Psalm für maccab. zu erklären, dann bildet v. 6 eine passende Motivirung zum 5. Verse. Der Dichter des 64. Psalms steht seinen Feinden ungefähr ebenso gegenüber wie der Sänger des vorhergehenden. Alle Herzensgeraden und Gerechten werden sich der Errettung freuen die Ver- nichtung der Feinde erregt allgemeine Furcht unter den

der Pealmen. 327

Menschen, denn sie schauen das Werk Gottes; Ps. 62, das =~gechte Gottvertrauen gegenüber dem falschen Vertrauen af Menschen mehr in lehrhaftem Tone preisend, unter-

idet sich auch der Sprache nach wenig von seiner Um- |

Für die Zeitbestimmung der noch bleibenden Gesänge des zweiten Buches 51—59 ist folgendes von Wichtigkeit. Ps. 53 ist mit Ps. 14 identisch und aus dem ersten Buche herübergenommen, Ps. 14 aber stammt aus der Zeit des Exils oder nach dem Exil, wie der Schlufsvers, der mit dem sonstigen Inhalt des Psalms übereinstimmt, beweist, es scheint also, als seien die genannten Psalmen erst nach dem Exil gesammelt worden. Diese Annahme bestätigt der Charakter dieser Lieder durchaus. Von der Sprache

‚wird weiter unten die Rede sein; was die Situation des Dichters anlangt, so ist er von Feinden umgeben, welche als Fremde (Ps. 54) bezeichnet werden, die von Gott nichts wissen wollen. Sie scheinen das Regiment und Gericht in der Hand zu haben (Ps. 58,2 cf. Ps. 82), und der Dichter mufs sich über ungerechte Handhabung desselben beklagen (Ps. 55, 10 ff.), aber auch äufsere Gewalt scheint man zur Unterdrückung der Frommen anzuwenden (Ps. 52, 3 133; sym ond 56, 2), wenn auch meist nur die Zunge als Waffe der Gegner auftritt Ps. 52, 4. 55, 4. 57, 4, 5. 59, 8, 13. Wie es scheint benutzen sie ihren Einflufs, um Zwietracht in Jerusalem selbst anzustiften 55, 11, obwohl sie ihren regelmälsigen Aufenthalt nicht dort zu haben scheinen 56, 16. Sorgfältig überwachen sie in ihrem Interesse die Stadt 55, 11. 59,7,15. Das Gericht, das der Sänger auf sie herabfleht, dient zur Herstellung der Ehre Jahvehs unter den Heiden und hängt mit dem Gericht über die Heidenwelt aufs nächste zusammen 56, 8. 57,9 ff. 58, 12. 59, 6, die ganze Gemeinde der Gerechten wird sich daran erbauen Ps. 52, 8. 55, 23. 58, 11. Es ist deutlich, dafs in diesen gemeinsam betrachteten Liedern sich

328 Giesebrecht, über die Abfassungsseit

eine und dieselbe Noth des Volks kundgiebt, der Schlüsd; zu ihrem Verständnifs scheint mir, wenn man nicht a noch spätere Zeiten denken will, durch die gedrückte Verhältnisse gegeben zu sein, in welchen das Volk nad der Zurückführung aus dem Exil lebte. Die fremde Richter, die Parteiungen in der Stadt, die Aussaugung de Volks durch die Mächtigen, der Gegensatz zwischen de wabren Gottesverehrern und denen die Gott nicht achten, der nicht mit den Waffen, sondern mit der Zunge geführte Krieg alles weist auf einen Zustand, wie ihn Nehemia in Jerusalem vorfand. Nur der Ausdruck Mowry nan’) ‘op scheint sich mit dieser Annahme nicht wohl zu vertragen, wenn man ihn übersetzt „Tag und Nacht umgeben sie die Stadt auf ihren Mauern.“ Dafs aber das 5y bei 320 mehr fach die Bedeutung „um“ hat, darüber cf. Hupfeld, und dafs der Satz, wenn die Präposition so wiedergegeba wird, das Treiben der Feinde in einer zur Zeit Nehemiss sehr passenden Weise schildert, leuchtet ein, denn den Bau des theilweis eingerissenen und demolirten Jerusalems zu hindern war das Hauptbestreben der untheocratisch Ge- sinnten. In dieselbe Zeit führt, wie mir scheint, der Zu- satz zu Ps. 51 (cf. oben), in welchem nicht der Bau des Tempels und der Stadt überhaupt, sondern nur der Mauen ersehnt wird. Opfer der Gerechtigkeit werden die in dem fest ummauerten Jerusalem darzubringenden Opfer genannt, weil Israel, das sich augenblicklich von Jahveh verworfen fühlt, die Wiederherstellung der Mauern als eine Bürg- schaft dafür ansieht, dafs Jahveh seine Gerechtigkeit an- erkennt. Was die Abfassungszeit des Psalms selbst an- langt, so ist dafür die auffallende Abhängigkeit von Ezech, cf. v. 12 mit 11, 19. 36, 26, Jer., cf. 24, 7, und Deutjes,, cf. v. 19 mit 57,15 und v. 13 mit 63, 11, von Wichtigkeit. Durch die angeführten Parallelen wird es nahe gelegt, unseren Psalm als den Nachhall der Verheifsungen anzu- sehen, welche die Propheten Israel hatten zu Theil werden

der Psalmen. 329

m, also das Volk als Subject der Bitte zu denken. n würde sich das Exil oder die Zeit nachher von selbst Abtassungszeit des Liedes empfehlen. Indessen v. 15 und der ganze Eindruck des Liedes machen die ahme am wahrscheinlichsten, dafs wir es mit dem lenbekenntnils eines Einzelnen, das wegen der ange- ten Vorgänger nach dem Exil anzusetzen ist, zu thun n.

Lexicalisch ist in den angeführten Psalmen folgendes erkenswerth : Ps. 61 das Polel und Polal von Sn mt nur noch bei Hiob, den Prov., Deuterojes., Deut. 32 im 90. Ps. vor; 731 im Qal nur noch Mich. 6, 11 und > 2 mal, Piel : Ps. 73 und 119, Hithp. : Jes. 1; ninwo noch 1 mal im Hiob; über 97 cf. z. Ps. 90; wean cf. Tab.; zu wp rm cf. oben. Ps. 52 : mp) Deut. 1 mal, 7. 2 mal, sonst chaldäisch, cf. Esr. 6, 11. (nop 2 Reg. 6?); 953 in der Bedeutung Verderben sonst nicht er im A. T. cf. aber Jos. bl, 44; m, cf. Ps. 55, 12;

2, in den Psalmen noch : 5; 38; 91; 94, aufserdem al in den Prov., 3 mal im Hiob und Mich. 7, 3, cf. Deuterojes. und Ezech, Ps. 53 cf. zu Ps. 14. 54: nos cf. die Tab.; oniw cf. Ps. 56, 3; 59, 11; 12 (für wa); 5, 9; 27, 11, da es sonst nicht vor- mt cf. über mr zu Ps. 81. Ps. 55 : obymn nur ı Deut. 3 mal, Deuterojes. und Hiob; mm nur noch 6, 10; 119; Jer. 4 mal; 1 Kén. 8und9 und Jos. 11,20, rscheinlich ‘alle diese Stellen vom Redactor, Dan., Eer.,

on.; rave Hiob; Jes. 21, 4; Exech. cf. nydop 1 Kon. 13 und msbon Jer. 49, 16, sowie das Hiph. v. pop b 9, 6; "yo Hap. Leg.; zu ww cf. Ps. 140, zu IY 144, zu OW? die Tab.; mpy scheint ein Aramaismus das sonst im Hebr. gewöhnliche pry zu sein, es findet noch in py Ps. 66, denn Amos 2, 13 mufs es auf r Verderbnifs beruhen, vielleicht hat Hitzig Recht, n er dafür ppp u. s.w. vorschlägt, da das Schwanken

330 Giesebrocht, über die Abfassungsseit

am besten zu dem O>‘NNNM und dem beladenen Erndtewage palst. Zu in cf. Ps. 72, 14 und 10, 7 sowie Prov. 29, 18, es ist wahrscheinlich ein Chaldaismus; auch wy), nur noch | Ps. 2 und 64, kann nur als Aramaismus angesehen werde! cf. Dan. 6, 7, 12, 16 u. s. w.; Min’ kommt nur hier, wie OWN nur Pa. 88, 16 und Hiob 20, 25 vor, der Singalr findet sich auch in der alten Literatur; dartiber, dals such vielleicht 437° als Aramaismus zu betrachten ist, cf. Ge. Thes. Ps. 56 : ma cf. Ps. 116; zu DSB, welches für wbp zu lesen (cf. Hupf.) vergl. Ps.78; zu Ove’ cf. oben; ond im Qal noch Ps. 35, 1; 141, 4; Deut. 32 und 4 mi in den Prov.; ayy cf. Ps. 78. Ps. 57 : zu oto cf. Ps 52; zu DJ cf. oben; zu ond cf. Ps. 83; zu 909 cf. Ps 146; zu mw cf. Pa. 119, 85. Ps. 58 : zu 05D cf. Ps 78; zu mip cf. die Tab.; zu myndy cf. mpbno, nur Hiob, Joel, Prov.; zu MO» cf. Ps. 147 (sone? = op Yon); oom Voop nur hier. Ps. 59: zu mnpiv cf. Ps. 4; ond cf. Ps. 52; zu nway ara myn cf. Ps. 81, 6, 8; m Y’y 995.0" cf. Ps. 55; zu den Suffixen von joy wrm 1O'D, Mow, wax cf. Ps. 83. Ps. 60 : Oyo Hap. Leg. sonst Chald.; zu ww cf. Ps. 140; mdgrm nur noch im Deutjes. 2 mal, 5y> Sach. 12, das Verbum nur bei Nah, sonst aber im Chald. und Syr. häufig. oownn Hap. Le. in Sach. 9 mit anderer Bedeutung; Fr) zürnen : das Qal in keiner sicher vorexilischen Stelle Jes. 12, 1; 1 Ki 8, 46; Chron. und Esr.; Ps. 79; 85, das Hithp. Deut 1; 4; 9; 1Kön. 11; 2Kön. 17; my, wie es scheint aus dem auch späten Mmuy abgekürzt; die Bezeichnung des Volks | als der pr sonst nie, wohl aber im Singul. : Jer.11,15 und Ps. 127, 2. Ps. 61 : AMY intrans. Hiob; Deutjes; Ps. 65; 73; 102; 39 cf. Ps. 100; wy = rich? io und Ps. 21, 3; WS) op = lafs ihn bewahren? Ps. @2: win cf. Ps. 140; 729 = sehr cf. die Stufenpss.; rm d. Ps. 140; no of Ps. 94; 537 als Verbum nur Jer.; Hiob; 2 Kon. 17; nimm ob = rin? Pa. 63: m

der Psalmen. 331 |

Hap. Leg., aber schwerlich Syriasmus, cf. O90> in den Sambb.; may cf. Ps. 145; my cf. Ps. 100; meny cf. Stufen- pealmen; pre nrnan nur Deutjes. und Ps. 139; my cf. Ps. 90; my, in der alten Literatur nur Hos. 2, 5, sonst Zeph., Jer., Hiob, Deutjes., Ez., Ps. 78; 105; 107, auch ‘wiz’ nur einmal bei Hosea, sonst Prov. 4 mal, Hiob 3 mal, Jes. 26 und Ps. 78. Ps. 64 : zu nym cf. Ps. 55; auf- fallend w5 mney = er sieht ihnen zu; Jay mit Accusat. noch Ps. 106, sonst immer mit Präpositionen; pin = be- schliefsen, sonst nie. Ps.65 : zu Mp" und mam cf. Ps. 62; zu rrawn beruhigen cf. Ps. 89; nrıy im Qal nur Jer., Prov., Ps. 38, im Piel nur Ps. 18, Hiph. nur Jona, Niph. Ps. 35 und 2 Kön. 6, 9, sonst im Aramäischen. Ps. 66 : mbyon cf. Ps. 48; ww cf. Ps. 62; myo cf. Ps. 14. Pe. 67, der fast ganz aus gangbaren Formeln besteht, er- innert in v. 2 an Ps. 80. Ps. 68 : Wa nur noch Dan. 11,24 : ein Chaldaismus ; nywi> Hap. Leg. = Glück, eben- falls Aramaism. cf. j;aas, das Verb. nur Est. und Qoh. 2 mal, auch chald. und syr., jf1g’> nur 3 mal im Qohel.;

mbnpe nur hier, cf. das Masc. Ps. 26; moon = Festzüge, Wege : Hab., Nah., Hiob, Prov.; zu map und pM cf. die Tab.; DO. nur noch Prov. 6, 3, das Qal 2 mal Ezech., das Niph. Prov., on Ezech., sonst chaldiisch; y am nur noch Ps. 76, 12 und Jes. 18, wohl aus der letzteren Stelle entlehnt; ist 49m echt, so ist es ein Zeichen gesun- kener Sprache, cf. aber Olshausen hebr. Gramm. 8. 599; nereig, das Mascul. noch 4 mal bei Ezech. und 1 mal bei Nehem.; zu nıpın, das wahrscheinlich für nyın zu lesen ist, cf. Targ., ist Ps. 114 zu vergleichen; über den ara- maisirenden Oharakter des Hap. Leg. 0'323 cf. Ges. Thes.; mwgin noch Ezech., Prov. und Eloh. ; niowym Hap. Leg. zur Form cf. oben. Ps. 69 : yy Koth nur noch Ps. 40; zu NDS cf. die Tab.; MIR nur noch 22 mal Prov. und Ps. 35; zu AYO cf. die Tab. Ps. 71 : Sy cf. Ps. 82; Hap.

x

332 Derenbourg, sur Psalmenerklärung.

Leg. ist Mop, beruht aber wahrscheinlich auf einem Text- fehler; ; roy cf. oben.

Zur Psalmenerklärung.

I. Die ersten vier Verse des 16. Psalmen gehören zu den schwierigen Bibelstellen, an denen sich die Ausleger abgemüdet haben. Möge mir ein neuer Versuch gestattet sein, das Räthsel zu lösen.

Im ersten Verse sehe ich in ww das Aequivalent von wo) mow, wie dies w 25, 20 und 86, 2 wirklich steht. Auf dieses fehlende oder doch unter dem Suffixe verstandene wo) (vgl. v.10) bezieht sich das weibliche MOx im zweiten Verse. Statt poy-ba möchte ich T'4yD2, wie p 92, 6, lesen; also : Mein Glück besteht in deinen Handlungen für die Heiligen. Das 5 im Anfange des dritten Verses hängt somit von 5yD ab, wie 72 ODT? nbyD, 31, 20. Es wäre vielleicht zu kühn, eine erste Person M310, wie min. vorauszusetzen, da nur die dritte Person (3%, a9: 2) vorkommt. Wenn die Seele hier spricht, so erinnert ‘yon an 1 Chron. 28, 9. In Vers 4 schlage ich vor, 07% für OD zu lesen, und vergleiche 2 Chronik 30, 16, und besonders 35, 11.

II. Unverständlich ist der 11. Vers des 74. Psalms. Er ist kurz und wir setzen ihn hier hin : 7 2wn mob 759 pn a9pp yw. Die Masoreten setzten das Atnah unter das vierte Wort, und haben somit |’ und T im nämlichen Verstheil, oder besser, sie haben kaum deren zwei. Nun werden diese beiden Wörter nur dann zu- sammen gebraucht, wenn sie von einander abhängen, wie yp 73, 23 und anderswo; sonst sind es die in den zwei |

Derenbourg, sur Psalmenerklärung. 333

Halbversen gebräuchlichen Synonyme (vgl. $ 21, 9 und sonst). Rücken wir somit das Atnah hinauf zu T, und ersetzen 153 durch 50, so wird der Vers klar und correct. „Warum ziehst du zurück deine Hand, deine Rechte aus deinem Schoolse, Selah.“ Wer den Psalm liest, wird an- erkennen, dals hier die Scheide ist und das Strophen tren- nende Wortchen sich an seinem Ort findet. Ueberfltissig ist es, an Exod. 4, 6 und 7 zu erinnern.

III. Es kann wohl kein Zweifel obwalten, dafs Psalm 122 ein Wallfabrtsgesang ist. Vers 2 und 3 sind nicht sehr klar und könnten wohl durch das Folgende einiges Licht erhalten.

Bekanntlich strömten während der Festreisen, zumal zu Ostern und Laubhütten, zahlreiche Pilger nach Jeru- salem, mehr als die Stadt zu fassen im Stande war. Die freien Plätze, besonders der Oelberg, füllten sich mit Zelten, unter welchen man herbergte. Neben der gebauten Stadt (muan ober), entstand so eine andere, die sich der ersteren anschlofs. Wir übersetzen somit : Es freut mich, wenn man mir sagt: Lafst uns wallen zum Tempel Jahwe’s! Wir halten an bei deinen Thoren, Jerusalem, Jerusalem das Gebaute, wie in einer Stadt, das sich ihm anschliefst. Denn dorthin steigen die Stämme, Stämme Jah’s, u.s. w. Die ersten zwei Wörter des 3. Verses werden Apposition zum letzten Wort des zweiten, und 1y> entlehnt seinen localen Sinn dem yywa. „Unsere Füße standen“, heifst doch wohl gewöhnlich, daß man anhält, und nicht weiter vordringt.

Joseph Derenbourg.

Lexikalisches von Georg Hoffmann.

YY IND und MND ono. L

In einem nur lateinisch erhaltenen Stück der Schrift des Epiphanius de XII gemmis heifst es § 63 in den opp. ed. Dindorf 1863, IV, p. 213 :

„Hic igitur Hesdras, quem diximus,* der erste, der an- geblich den Cuthäern die Thora gebracht hatte „ascendens Hierosolymam, pentateuchum tantummodo, id est quinque libros Moysi, detulit eis Veteris Testamenti libros [so] scriptos secundum formam, quam dedit dominus in monte Sins; quam formam Hebraei deession vocant, quod interpretatur insculptum ; nunc enim non eadem sunt elementa litterarum, quibus Hebraei utuntur, librique eorum non sunt scripti iuxta veterem formam, quae tunc in tabulis lapideis con- stat|so|insculpta. Haec igitur forma, quam nunc tenent Judaei, vocatur Somahirenus. Samaritani vero servant deesse non, quae forma fuit olim, ut diximus, in tabulis impressa la- pideis. At Hesdra® der zweite, der Zeitgenosse des Zorobabel ,ascendens a Babylone, volensque discernere Israel a reliquis gentibus, ut genus Habrahae non videretur esse permixtum cum habitatoribus terrae, qui tenent quidem legem, non tamen et prophetas, immutavit pristinam formam relinquens deessenon, propter quod ea forma a Samaritanis praeoccupata iam fuerat, ut per hoc Habrahae semen di- stingueretur a nationibus reliquis.“

In deessenon, das mehr bezeugt ist als deession, und somahtrenus ist 790», nämlich tuxov oder yagaxtiea, und nvos (tvx0g) die griechische Adjectivendung, vielleicht

Hoffmann, Lexikalisches. 335

nicht die an Ortsnamen beliebte wie in Edeoonwog, sondern die der Appellativa auf ıwog wie xédpevoc u. a.; deess ist ohne Frage das vielbesprochene py7 des Talmud, dessen % statt 2, wie man auch las, erst hierdurch sicher gestellt wird : de Lagarde, Armenische Studien S. 154 Anm. A. Berliner, Beiträge zur hebräischen Grammatik im Talmud und Midrasch, Berlin 1879, S. 7. Zwar nicht die Deutung von pyt SnD auf „insculptum“, wohl aber auf eingemeilselte Lapidarschrift, auch von M. A. Levy, ZDMG. IX, 476 vorgeschlagen, scheint mir sehr anfechtbar. Y37, „a, sowie das aus dieser Wurzel entstandene prt bei Juden und Mandäern (Nöldeke, Mand. Gramm. 256), ist für die Bedeutungen : hineinstechen (mit Schwert, Nadel, Nagel aan Ass. Act. Mart. 1, 229), hineinstecken, hinein- stofsen, auch um wieder herauszuziehen, jedoch in allen Beispielen nur unmittelbar durch die Hand in eine verhält- nifemifsig weiche, nachgiebige Masse, belegt; yyı kann also wenigstens ursprünglich nicht auf einen Meifsel (oulAn) gehen, der mit dem Schlägel eingehämmert wird (xoAarteıw), sondern höchstens auf einen von der Hand regierten Crabstichel, deren sich auch die Stempel- und Edelsteinschneider bedienen, einen eisernen Griffel ba Oy mit und ohne Diamantspitze ‘vow 17183 Jer. 17,1 Exod. 28, 11; einen x3nDn, der einen Kiesel durchbohrt ya x553 ‘ny Talm. Aboda zar. 22°; auch im Mischna-hebräischen und Syrischen ist maktab*a ein eiserner Pfriemen ; py7 könnte sich darnach auf einen Graveurstichel oder seine Arbeit in Blei, Kupfer, Edelmetallen, Ringsteinen u.s.w., nament- lich aber auf die Gravirung des Münzstempels bezogen haben. Für die Mischna erhielte man von py" an die Bedeutung „Münzschrift“ entweder so, dafs yy ebenso

wie im Arabischen Uni Hariri Makamen ed. Reinaud 1, 259, 2 &d. Reinaud vgl. Dozy, Supplements aux dict. Arab., Gravirung und Gepriige zugleich bedeutete, oder auf einem anderen Wege, der die Deutung des insculptum

336 Hoffmann, Lexikalisches.

bei Epiphanius auf Steinschrift ganz vernachlässigt. Der nachweisbaren Bedeutung der Wurzel yy entspriiche am besten, wenn yy? vgl. var DW von der Thätigkeit des Münzstempels xngp Talm. Baba qama 99 gegen Ende,

woher arab. KKu 8. d. Wbb., franz. coin (aus iconium) vgl.

engl. coin, der in den Schrötling eingestofsen wird, oder von dem Stempel selbst verstanden wird, vgl. poincon, puncheon. Einen lateinischen Ausdruck kennt L Eckhel Doctr. num. vet. I, LXIII nicht dafür, aber vielleicht war er character (Isid. Orig. 20,16), wie im Griechischen : Steph. Byz. Mit dem üxa& Asyousvov somahirenus, dem Epi- phanius gewils auch eine Uebersetzung beigefügt hatte, etwas anzufangen, ist mifslich, Man erwartet ein Aequi- valent von "Wwe ana darin. Wäre lateinisch h aus latei- nisch fs verdorben, so könnte oouaconep so viel wie wnn%, ein Midrasch von wx sein, „eine Schrift die man (Gott) preislich findet“, und so dasselbe besagen, was Talm. Jerusch. Megilla 1, 71° vgl. Jacob Levy’s Neu- hebr. Wb. I 181 an33 wip my bedeutet.

I.

mana> am, ein zweiter Name der althebräischen Schrift, kommt Sanhedrin 21? (Benbenischte) vor. Sm monn many mdvina Kapıy 1p "on NET WD wR ana Now ‘p's om pon nam wpm pwn may ons3 Bon ned nme ana Sew ind 17772 WAR pod) Am 27 DN MONT ND MDW pwd) may ana MYA won Tena an xIDA 37 TER AMY aNd ED NID NTON Mar Zuttä!) [= Zuträ], nach Anderen Mar “Ugbä [= "Ugb’rä] hat gesagt : zu Anfang ward die Thora Israel

ı) apy Nöldeke, Mand. Gramm. 8. 22, 6 vgl. 46, 1 statt “9, Buxtorf Lex. 662, geht auf die Wursel ypy, wofür regelrecht “WO steht, aus der VIII Form von py, surtick. Von dieser ist 191}

888 Hoffmann, Lexikalisches.

immer noch das wahrscheinlichste ist. Da mochte em namhafte samaritanische Schule sein. In dem Folgenden will ich nur die von A. Geiger auf Grund einer An. regung Jos. Derenbourg’s in Geiger’s Jüd. Ztschft für Wissensch. V, 115 versuchte Deutung widerlegen.

Derenbourg verwies auf Talm. Bab. Schabbath 10% maernp mar) Tabp MON) KD DD RIAN NP NDYD Wo wp ab np Kp. „Was ist der Grund davon, dafs wpv auf seinem einen Schenkel steht, während die Zinrahmuy von MON ein Vierseit ist? Die Wahrheit bleibt stehn, die Lüge nicht.“ A. Geiger bezog indessen 12" 1235p ‚auf das Ruhen der Buchstaben auf der Grundlinie* und meint, ma) ans heifse so, weil er keine unter die Grundlinie gehenden Finalbuchstaben, wie die Quadratschrift habe Allein, wenn dem althebräischen Schriftcharakter fox ähnlicher ist, als pw, so verdiente er die Bezeichnung yap Aan> und nicht die aramäische Schrift. Der Gegensats den der Talmudlehrer macht, beschränkt sich in der That nicht auf die Grundlinie, sondern geht auf alle vier Seiten von myx : diese bilden einen vollkommenen 7259; Spy z.B. würde er ebensowenig }259 nennen können. Den Nach- weis, dafs }259 ein geschlossenes Rechteck resp. Quadrat bedeutet, gebe ich im folgenden Abschnitt. Die Münchener Hs. bietet aber nach Rabbinovicz die angeführte Stelle m einer, wie mir scheint, besseren Gestalt so : Up rep 39> jap NONI my NTR pP Now wo

ANP NO ICPw

„Was ist der Grund davon : "py auf seinem einen Beine, aber mon eine Ziegelform der Ziegelstreicher? Die Wahrheit steht, die Lüge schwebt.” Man lese ‘339 1399 oder ‘939 Ziegel. Auch andere mögliche Bedeutungen des Nomen actionis a5 taugen nicht zur Erklärung von mana, wie das Folgende zeigen soll.

(Fortsetzung folgt.)

Zur Entstehungsgeschichte des vordeutero-

nomischen Richterbuches. Vom Herausgeber.

Es ist ziemlich allgemein anerkannt, dafs von der jetzigen deuteronomistischen Form des Richterbuches eine vordeuteronomische Form desselben zu unterscheiden ist. Genau genommen ist eine doppelte deuteronomistische Ueber- arbeitung zu unterscheiden. Was der erste Deuteronomist vorfand, hat Wellhausen’) richtig bestimmt : die Ge- schichten von Ehud, Barak und Debora, Gideon-Jerubbaal, Abimelech, Jephtah, Simson. Er fügte den Heros eponymos des jüdäisch-edomitischen Clans Othniel als judäischen Richter hinzu, nicht nur in der Wahl dieses, sondern auch in der seines Gegners, des der volksthümlichen Sage an- gehörigen Kuschan Rischataim recht unglücklich, da der König eines so fern wohnenden Volkes gar nicht in den Plan des Richterbuches pafst. Der zweite deuteronomi- stische Bearbeiter fügte die kleinen Richter hinzu, jedoch, was bisher übersehen worden ist ihrer nur fünf : Thola, Jair, Jbsan, Elon, Abdon. Er rechnet Abimelech mit als Richter, wie aus dem Wortlaute von 10, 1 mit Nothwen- digkeit hervorgeht. Ein noch Späterer entdeckte, dafs Abimelech in eine Periode des Abfalles gehöre oder drückte ihn durch 8, 33—35 erst in eine solche herunter. Dann fehlte aber an der Zwölfzahl wieder ein Richter. Den Fehlenden ergänzt er aus 5, 6 durch Einschaltung des Schamgar 3, 31. Da jedoch der zweite deuteronomistische Bearbeiter die Interregnen der grofsen Richter des ersten

!) Bleek, Einleitung, 8. 186.

340 Stade, sur Entstehungsgeschichte

deuteronomistischen Bearbeiters' für die Regierungszeite seiner fünf kleinen verbraucht hatte, so konnte Schamgar keine erhalten.

Wie aber entstand das vordeuteronomische Richter buch? Ich glaube, dafs wir noch einen Schritt über die Resultate Wellhausen s hinaus thun können. Eins Analyse von 2, 6—3, 6 einerseits, 10, 6—18 andererseits, welche Wellhausen einfach als deuteronomistische Ueberla tungen genommen hat, was sie auch zunächst zu sen scheinen, bietet die Möglichkeit. Beides sind auf den ersten Blick Einleitungen. Warum finden sich solche mitten im Buche der Richter? Bei 2, 6 ff. kann man sich mit der Auskunft beruhigen, dafs das Richterbuch einst hiermit | anfıng, allein bei 10, 6 ff. verfängt diese Auskunft nicht - Das Vorhandensein von deuteronomistischen Einleitungen an diesen Stellen erklärt sich am Besten aus der Annahme, dafs hier schon früher ähnliche Stücke standen, welche sich aus einem abweichenden Plane des Buches in seiner früheren Gestalt erklärten. Bei näherer Untersuchung er- gibt sich nun auch, dafs die beiden Einleitungen durchaus nicht rein deuteronomistischen Ursprunges, sondern auf Grund bereits vorgefundener kürzerer Ueberleitungen ge schrieben sind, welche wir aus dem Werke des jehovistischen Redactors von J und E herzuleiten haben.

In der ersten 2,6 ff. hat bereits E. Meyer *) sowohl Elemente aus E als aus J nachzuweisen versucht. Er re- clamirt für E Ri. 2, 22 (3, 4)*) 23°. 31°. 3, 5. 6. Die Meinung von E wäre : Gott vertreibt nicht alle Völker vor den Kindern Israel, sondern läfst einige ruhig wohnen, damit durch dieselben Israel versucht werde und es sich zeige, ob es fähig ist, Gottes Gebote zu halten. Für J reclamirt er 2, 23*. 3, 1°. 2 und die Völkerliste von v. 3 : Gott ver

1) vgl. oben 8. 144 ff. *) vgl. Gen. 22, 1.

842 Stade, sur Entstehungsgeschichte

zurück, sind also in ihrem Grundstock gleichfalls auf E zurückzuführen, doch ergeben die „anderen Götter”, dafs sie deuteronomistisch überarbeitet sind. Das erstere wird durch den Befund von v. 15 und 16 bestätigt, welche die naturgemälse Fortsetzung dieser Verse bilden und gleich- falls aus E stammen. Namentlich v. 16 ist einerseits durch die Götter der Fremde (Jos. 24, 20. 23. Gen. 36, 2) ’), andererseits durch „da ward seine Seele Israels Elends über- drüssig® vergl. Nu. 21, als aus E stammend ausge- wiesen. Erst v. 17 und 18 stofsen wir wieder auf rein redactionelle Phrasen. Der Inhalt dieser Verse ist ohne Zweifel aus c. 11 entlehnt.

Rührt sonach der Grundstock von 10, 6—16 aus E her, so ergibt sich weiter, dafs derselbe von einer Erzäh- lung in E zu einer anderen hinübergeleitet hat. Sonach haben wir uns vorher wie nachher im Richterbuche um- zusehen, ob sich je eine solche findet. Im ersten Augen- blicke könnte man vermuthen, c. 11 die Erzählung über Jephtah sei diejenige, zu welcher einst der Grundstock von 10, 6—16 hinüberleitete. Dies anzunehmen ist jedoch nicht möglich. 11, 4 : „es geschah nach einiger Zeit, da kriegten die Ammoniter mit Israel® zeigt, daß der Ver- fasser von 11, 1 ff. nichts davon weils, dafs 10, 6—16 vor- angeht. Der theologische Pragmatismus dieser Ueber- leitung ist zudem seiner Erzählung völlig fremd. Ferner läfst sich die Jephtahsage bei dem Verf. von Gen. 22 nicht erwarten. Da nun unter den folgenden Erzählungen des Richterbuches keine den theologischen Gesichtspunkten von E entspricht, so bleibt nur der Schlufs, dafs die Fortsetzung von 10, 16 aus E uns nicht erhalten ist.

1) Freilich sind die „Götter der Fremde“ auch in den deutero- nomistischen Sprachgebrauch übergegangen. 1 Sa. 7, 3. Allein ein Vergleich dieser deuteronomistischen Stelle mit der unsern zeigt recht deutlich, wie wenig die letztere rein deuteronomistisch ist.

!

des vordeuteronomischen Richterbuches. 343

Es fragt sich weiter, ob wir das Stück noch haben, ssen Fortsetzung 10, 6—16 in E einst war? Die Frage zu bejahen. Es war dies die Geschichte Ehuds 3, 13 ff. rgl. 3, 15 mit 10, 10. 13. Das ist aber zugleich die- 1ige Erzählung, zu welcher der Grundstock von 2, 6—16 ist hinüberleitete. Ist nun 1, 1—2, 5 mit Recht aus J her- leitet worden, so ergibt sich, dafs auch dem Richterbuche 1e jehovistische Bearbeitung von J und E zu Grunde liegt. azu gekommen sind jedoch wie im Buche Josua noch ücke aus anderen Büchern ephraimäischen Ursprunges. nd zwar möchte der erste Gideonbericht mit der Simson- ge zusammengehören.

Der theologische Pragmatismus des Richterbuches ammt sonach im letzten Grunde aus E. In der Zeit nach ‘sua vermögen die Israeliten ihrem Versprechen, Jahve zu enen, nicht getreu zu bleiben. Sie verfallen wieder in eidenthum. Gott züchtigt sie dafür dadurch, dafs er ren Feinden Sieg giebt. Auf ihre Bekehrung zu ihm barmt er sich aber immer wieder und sendet einen Helfer, sicher die Feinde schlägt.

Das Resultat ist für das Alter von E von Wichtigkeit. uch hier bewahrheitet sich wieder, dafs er viel jünger 3 J ist. Die Sage von Ehud endlich steht gänzlich aut eichem Niveau mit der von Josua. Beide sind völlig thistorisch. Ehud ist wie Josua Name eines Clans 1 Chr.

10. 8, 6.

Zur phönicischen Epigraphik.

Die in letzter Zeit in Cypern gefundenen Inschriften thalten einiges von Interesse für die a. t. Wissenschaft. xx um die Erforschung des phönicischen Alterthums un-

344 Stade, sur phönicischen Epigraphik.

ermüdlich thätige Dolmetscher bei der kais. deutschen Bot- schaft zu Constantinopel, Herr Dr. Paul Schröder, gibt in einem Artikel : „Phönicische Miscellen® in Z2.D.M.G. XXXIV, 8. 675 f. die Abbildung einer dem Eschmun ge weihten verhältnifsmäfsig gut erhaltenen n3yD, deren Form durchaus an die von de Vogü€ als Cit. XL publicirte Stele erinnert. Es war dies wohl überhaupt die Form der hebräisch-kananäischen miayy. Wir werden uns unter dieser Form auch diejenigen vorzustellen haben, welche zu den Zeiten der altisraelitischen bezw. vordeuteronomischen Gottesverehrung bei den Altären Jahves standen.

Ebenso ist von Interesse eine von Dr. Schröder soeben in Z. D. M. G. XXXV. Heft 2 veröffentlichte (Phö- nicische Miscellen. Fünf Inschriften aus Kition.) mit Cit. 51 bezeichnete Inschrift. Sie lautet :

... Pwawvownsiny> 20 ons DIN TIIIIONTIYNIND! 2 WINNINTORNNITINTI Auf mw2 Z. 1 folgt ein undeutliches Zahlzeichen. Die erste Zeile enthält einen noch nicht bekannten kananäischen Monatsnamen : wowmay. Noch interessanter ist die dritte Zeile. Schröder theilt dieselbe ab 93 NWN AN nd KID und tibersetzt auf die von Euting, Punische Steine Taf. XXII veröffentlichte Inschrift : mbyab no nd) word no nawin und die Inschrift von Gebal verweisend : „Am 20. Tage des Monats Zebahäemes im Jahre... . setzte Abdosir, Sohn des Bodo, Bohnes des..... seiner Herrin der Mutter Aschera, weil... .“ Er stöfst sich jedoch mit Recht an dem ganz unerhörten MON und lälst die Möglichkeit mawsan ond abzutheilen. Ohne Zweifel ist dies die einzige Möglichkeit abzutheilen. Und zwar nicht nur wegen der Unform max, sondern auch wegen des folgenden mw.

346 Stade, IEVE ddwrde:.

auch die Abbildung und Beschreibung zweier althebräischer ||

Siegelsteine bringt. B. 8.

IEVE cdovası

Mein College Herr Professor A. Harnack macht mich auf ein interessantes Randscholion aufmer welches sich im Codex (Regius) Parisinus Graecus C IV zu Justinus, Cohortat. ad. Gentil. 9. (Im Corpus Apolo- getarum Christianorum saec. sec. ed. Otto. Vol. II, P- 46) findet. In dieser auf Diodor zurückgehenden Stelle iest jene Handschrift : xaga ut» tolg Jovdaloıs Maiony tov xadoruevoy Heov. Das zwischen toy und xadovpevor fehlende Jam ist (wie es nach Otto scheint von selber Hand) zwischen diesen beiden Worten tiber der Linie nechgotragen worden. Hierzu aber hat eine jüngere Hand das Scholion Resetzt : IEVE adovası (so, nicht adwvael nach einer

ittheilung Derenbourgs), loropoücı xgooxorncacbat tov xaloruevov Pedy diddvat avtm vouovg.

Die Handschrift stammt aus dem 11. oder 12. Jahrh.,

ist im Orient geschrieben, hat sich, wie eine Notiz auf

fol. 190" beweist, zu Paphos befunden, ist im Anfang des 16. Jahrhunderts (wohl durch einen Venezianer) nach Italien und von da gegen Ende desselben Jahrhunderts nach Fon- tainebleau gekommen.

,. , Der Schreiber des Scholion weils, dals sich MW und Tao decken und transcribirt das erstere mit IEVE. Die Form weicht von den sonst als Aussprache des Tetragram- maton überlieferten (s. Psalterium iuxta Hebr. Hieron. e rec. P. de Lagarde, S. 154) zu sehr ab, als dafs man vermuthen dürfte, sie ginge auf eine alte Ueberlieferung zurück. Sie ist wahrscheinlich einer blofsen Vermuthung entsprungen. Ist der Urheber dieses Scholion oder sein Gewährsmann etwa auf dem Wege grammatischer Schlufs- folgerungen auf die Analogie der Form 17 gestofsen

oder umschreibt er etwa einfach 7 mit E? Es fehlt mir Zeit und Gelegenheit, diesen Dingen weiter nachzugehen. Vielleicht geben diese Zeilen einem meiner Fachgenossen den Anstols dazu. B.S

341

No entstanden die genealogischen Sagen über den Ursprung der Hebräer?

Ueber den Ursprung einiger Gestalten der Vätersage at der Herausgeber S. 112 f esprochen. Er erkannte ı ihnen alte Stammnamen oder Namen von Heroes eponymi, uf welche einzelne Stämme und Clans sich zurückführten. [it den Vätern des israelitischen Volkes werden nun von er Sage als Stammväter der südlich und östlich von Israel ‘ohnenden hebräischen bezw. arabischen Völker bestimmte odere Fi in verwandtschaftliche Verbindung gesetzt. ot, der Stammvater !) der Moabiter und Ammoniter, gilt ls Brudersohn Abrahams, Esau-Edom, der Stammvater ar Edomiter, als Sohn Inaaks, Zwillingsbruder Jacobs, ımael, der Stammvater gewisser Wüstenstämme, als Sohn ‚brahams, Bruder Isaaks, während andere Wüstenstämme icht durch Ismaels Mutter Hagar, sondern durch die aus nem andern arabischen Stamm gebildete Kebse Abrahams ‚etura mit Israel in Verbindung gebracht werden. Hierbei teht zweierlei fest, einmal, dafs diese Sagen nicht Aus- ruck einer Veberlieferung über den Ursprung jener Völker- :haften sind, dann, was it zusammenhängt, dals jene lamen für die Sage zunächst als Clan- oder Stammesnamen ı Betracht kommen. Dafs Edom, Moab, Ammon, Ismael, [agar, Ketura u. s. w. Stammnamen sind steht ohne ‘eiteres fest, dafs auch Lot als solcher zu betrachten ist, lgt ebensowohl aus dem Ausdrucke Kinder Lots Dt. 2, ls aus dem Vorkommen der Nebenform Lotan unter den domitischen Clannamen. Gen. 36, 20.29. Es kann dabei anz unerörtert bleiben, inwiefern einige dieser Namen twa zugleich Gottesnamen sind oder sonst mythologische Jedeutung haben. Auch welche Vorgänge die Verschmel-

sweier Figuren, Esau-Edom wie Jacob-Israel, veran- lst haben mögen, zu untersuchen, ist hierbei nicht nöthig. Jafs aber jene Urtheile der genealogischen e über die ferkunft jener Völker nicht auf Kenntnifs der Entstehung erselben, sondern auf Rückschlüssen aus historischen Ver- ältnissen beruhen, folgt aus der Art und Weise wie Stämme nd Völker entstehen. Es geschieht nirgends in der Welt urch Spaltung sich rasch mehrender Familien, immer urch Verschmelzung von Familien und Geschlechtern, reiche Gleichheit der materiellen und vielleicht auch der

1) Die Daswischenschaltung der Töchter Lots ist secundär, wie sren Namenlosigkeit beweist. Sie hat lediglich zum Zwecke, jenen lämmen einen el anzuheften.

348 Stade, wo entstanden die genealogischen Sagen

geistigen Interessen vereinigt. Daher sind die Urtheik er genealogischen Sage zunächst nicht als aufschlufsgebend über ethnologische, sondern über culturelle und politisch Verhältnisse anzusehen.

Wo aber entstanden nun jene Formeln der geneal gischen Sage, nach welchen die Stammviter nicht israel- tischer Völker mit den Vätern Israels in bestimmter Blut: verwandtschaft gestanden haben? Wir werden zunächst darauf verzichten müssen, dies bis ins Einzelste zu e- kennen. Denn wie die Vätersage überhaupt sind uns aud diese Sagen erst aus einer Zeit überliefert worden, in welche längst eine Ausgleichung zwischen den verschiedenen Sagen kreisen und den einander widersprechenden Sagenvariantes stattgefunden hatte. Auch sie zeigen deutlich ein Gesicht, welches die Stammsage erst zu den Zeiten der Köni herrschaft gewinnen konnte. Allein die hier in B t kommende Hauptsache läfst sich noch mit völliger Sicher heit erschliefsen.

Sicher ist, dafs sich in der Stammsage eine gewiss Antheilnahme an den Schicksalen der Stammväter jene Völker, damit aber auch an den Schicksalen dieser Völker selbst verräth. Denn die Schicksale der letzteren sind eba die Schicksale der Helden, auf welche sie zurückgeführt wurden. Die Sage fühlt mit Ismael dem Vertriebenen, mit Esau dem Betrogenen so gut wie mit Jacob, dem Listigen, Findigen. Ein solches Interesse konnte aber nur in Kreisen und an Orten entstehen, welche wie mit Israel so auch mit jenen Stämmen in engen Beziehungen standen, von den Schicksalen der letzteren so gut berührt wurden, wie von denen Israels.

Jene Orte sind die alten Heiligthümer des Lande, jene Kreise die Priesterschaften dieser alten Heiligthümer. n welchem engen Zusammenhange die betr. Sagen zu den alten Heiligthümern stehen, braucht nicht ausführlich er- örtert zu werden. Die Sage von Ismael und ist an die Heiligthümer an Beerseba und Lachajroi üpft, die von Jacob-Esau gleichfalls an Beerseba, die von Abra- ham und Lot wahrscheinlich an Hebron. Nun bedenke man, welch buntes Gemisch semitischer Stämme den Süden Palästinas vor Consolidation des Stammes Juda bewohnt hat. Südlich von dem im Westen stark mit cananäischen Elementen versetzten Stamme Juda treffen wir edomitische Clans (Kaleb, Othniel), arabische wie Kain und wahr- scheinlich Jerachmeel war, und mitten unter arabischen zeltet Simeon. Das Heilisthum zu Hebron ist wohl über- haupt von Haus aus nicht israelitisch, sondern eher edo-

350 Bibliographie.

und Sitte, die Wächter über die religiösen und staatliche Zustände. Wie tief sie, um von Anderem zu schweigen, f in die Politik verflochten waren, zeigt Samuel von Rama einerseits, die Geschichte der Heiligthumer von Silo und von Nob andererseits nur zu deutlich. -Auch hier biete Altgriechenland die besten Parallelen zu den Verhältnissen des alten Israels. B. 8.

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Ascoli, G. J., iscrizioni inedite o mal note, Greche, Latine, Ebraiche, di antichi sepolcri giudaici del Napolitano. Con 8 Tavole fotolitex grafiche. Torino e Roma 1880. 1208. 8°.

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s. Z. d. D. M. G. Bd. 34 (1880). 8. 163 ff.

Geschlossen : 20. Mai 1881.

Zeitschrift

für die

alttestamentliche Wissenschaft.

Herausgegeben von

Dr. Bernhard Stade, ordentlichem Professor der Theologie zu Gielsen.

Mit Unterstützung der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.

1882. Zweiter Jahrgang.

Oa Giefsen, J. Ricker'sche Buchhandlung. 1882.

Inhalt.

Budde, das hebr&ische Klagelied .

Hoffmann, Lexikalisches. (Schlufs.)

Harkavy, Mittheilungen aus Petersburger Handschriften

Smond, über die Genesis des Judenthums

Stade, Deuterosacharje. (Fortsetzung) . .

IEVE als Aussprache des Tetvagramms. Aus einem Briefe des Prof. Frans Delitssch . .

Heffmann, Kleinigkeiten

Berichtigung . .

Bibliographie .

Siegfried, sur Geschichte der neuhebriiechen Lentoographio

Budde, die Capitel 27 und 38 des Buches Hiob .

Stade, Deuterosacharja (Bohlufs) .

Krenkel, einige Emendationen zu den Büchern Samuels

Prätorius, pn und 3

Nestle, wie alt war Balomo als er sur Rogireng kant

Die Verantwortung für den Inhalt der in diese Zeitschrift aufg- nommenen Aufsätze tragen, soweit nicht ausdrücklich das Gegentheil angegeben ist, allein die Verfasser derselben.

Der Herausgeber.

=

Das hebräische Klagelied.

Von Prof. C. Budde in Bonn.

In einem kurzen und gewils wenig beachteten Auf- satse habe ich vor nunmehr sieben Jahren eine kritische Vebersicht gegeben über die bis dahin vorliegenden Ver- suche, feste metrische Formen in der hebräischen Poesie nachzuweisen ; das Resultat war Ablehnung aller bisherigen Versuche und die weitgehendste Skepsis betreffs aller in Zukunft noch zu erwartenden '). Dafs meine kleine Arbeit zeitgemäls war, hat die Erfahrung seitdem bewiesen. Nicht nur konnte schon damals der Herausgeber der Studien meine Vermuthung, dafs J. Ley sein Versprechen, eine vollständige Analyse der hebräischen Gedichte nach seinem System zu geben, halten werde, bestätigen; nicht nur be- schenkte uns schon das Jahr 1875 wirklich mit einer ’aus- führlichen und reichlich durch Beispiele erläuterten Dar- legung seines Systems : auch meine etwas optimistisch zweifelnde Frage, ob dieser Versuch wohl der letzte sein werde, hat ihre Antwort, eine energisch verneinende, er- halten in zwei neuen Systemen, von denen das zweite freilich nur Berichtigung und Vervollkommnung des ersten sein will ®). Diese neuen Versuche haben mich keineswegs

f) Stud. und Krit. 1874, Heft 4. 8. 747 ff. *) Metrices biblicae regulae exemplis illustratae scrips. Bickel] 1879 nebst Supplementum, vgl. ZDMG Jahrg. XXXII, 8. 701 @. Zeitschrift f. d. alttest. Wins. Jahrgang 2. 1888. 1

3 Budde, das hebr&ische Klagelied.

su bekehren vermocht, vielmehr glaube ich, dafs men

damaliger Hauptgegner Ley der Wahrheit näher gekommen ist, da er in jedem Falle den hebräischen Texten weniger Gewalt anthut als seine Nachfolger. Doch es liegt mir diesmal fern, zu kritisiren, umsomehr, als ich mit den Kri- tiken jener Systeme, die mir zu Gesicht gekommen, in der Hauptsache einverstanden bin : ich will mich diesmal selbst auf das gefährliche Glatteis wagen, einen positiven Beitrag zur Entzifferung des so räthselhaften „Wie“ für das unumstöfslich sichere ,Dafs* der hebräischen Poesie liefern. Derselbe soll sich darin von den meisten anderen Arbeiten auf diesem Gebiete unterscheiden, dafs er keinen untrüglichen Hauptschlüssel zu allen verschlossenen Thüren desselben darbieten, sondern sich auf ein einziges, klar be- grenztes Problem beschränken wird; so will ich auch nicht mit einer Theorie beginnen, sondern die Beobachtung, das Experiment allein gelten und mir von dem Inhalt Auf- schlufs über die Form geben lassen.

Wenn ich davon ausgehe, dafs in dem Buche der Klagelieder die Kunst der poetischen Form sich in be sonders hoher Steigerung darstellt, so stehe ich wohl auf dem Boden einer allgemein zugestandenen Thatsache. Nur darum handelt es sich, worin vor allem diese hohe Entwick- lung der Kunstform sich offenbart. Nicht, wie es nach den meisten neueren Darstellungen scheinen könnte, in der alphabetischen, akrostichischen Anordnung der vier ersten Lieder, denn diese kehrt oft genug wieder und beruht auf einem einfachen mechanischen Hand- und Kunstgriff, nicht auf organischer Weiterentwicklung der überlieferten Kunst-

De re metrica Hebraeorum disseruit P. Gerardus Gietmann, 8. J. 1880. Uebrigens ist meine Meinung, dafs’ schon damals alle möglichen Wege eingeschlagen waren (8. 764), durch diess Arbeiten nicht wider legt. da die Schriften in der Hauptsache nur die 8. 757 f. besprochene Idee von Merx ausführen.

4 Budde, das hebrifische Klagelicd.

triker gans denselben Streich gespielt; wir finden bei

Bickell für die 4 ersten Capitel der Klagelieder gans ebenso ein „metrum dodecasyllabum*, ohne jede weitere Be merkung '). Auch Ewald ist im wesentlichen hierbei stehen geblieben. Ihm sind die Klagelieder in „Lang- gliedern“ geschrieben, von ihm mit der Chiffre „A, B, C* beseichnet, die er dahin definirt, dafs zwei kürzere Glieder „a b“ in ein längeres, das durchschnittlich 10 oder 11 Silben umfalst, susammengedrängt sind. Die Theilbarkeit dieser Glieder, die er in manchen Fallen zugibt, ist ihm nur accidentell und nicht Regel, und wenn er in der Ueber setzung der Klagelieder und anderwärts vielfach durch einen Gedankenstrich einen Einschnitt hervorhebt, so unter- läfst er dies fast ebensooft oder setzt ihn an falscher Stelle. Dafs er in cap. 5 denselben Vers, nur in einem. einselnen Gliede, erkennt *), beweist, wie wenig er sein Wesen er gründet hat. Sicher hat ihm seine künstliche, auf IL Sam. 1, 19-27 begründete und auf das Buch der Klagelieder angewaudte Theorie von dem „sinkenden Bau der Lied- wenden® im Klagelied die Aufgabe erschwert *). Eine im Ganzen richtige Auffassung der Versstructur scheint zuerst de Wette su geben‘). Er erkennt, dafs jedes Versglied noch eine Cäsur, dem Sinne (und den Accenten) nach aufweist, sodals sich vielfach ein Unterparallelismus bilde. Ueber die Stelle der Cäsur, das Verhältnis der durch sie entstan- denen Abschnitte su einander, gibt er keinen Aufschlufs, ebensowenig Delitzsch in seiner Definition des ,Cdsuren- schema (richtiger : des diäretischen Schema)“ ®). Die früheste

') Bickell 8. 6. 84 ff.

*) Er würde also das Schema für capp. 1—8 mit „A B C*, für 4 mit „A B“, für 5 mit „A" wiedergeben.

*) Vgl. Dichter des alten Bundes 2. Aufl. I, 2. 8. 835 ff. I, 1. B. 129; 130 f.; 151 f.; auch 1. Aufl. 1. 8. 142.

*) Comm. zu den Psalmen. 4. Aufl. 1886. 8. 65 f.

*) Bibl. Comm. Psalmen 8. Aufl. 8. 19, noch weniger bestimmt Graf in Schonkel’s Bibellexicon Bd. II, 8. 209. Aehnlich Kamp-

Budde, das hebräische Klagelied. D

- Benerkung darüber finde ich bei Keil!), dafs die Stichen ww. "X der Regel noch durch eine Cäsur des Gedankens in

re FW Absiitse von ungleicher Länge getheilt seien; ein Ras chriti gegen de Wette liegt in dem vorsichtig be- Sehr, 5 enden gin der Regel*. Erst Ley, soweit mir be- Kann, spricht es für diesen Vers bestimmt aus, dals das Weite Femistich kürser als das erste gehalten sei; er tde¢ dienen Vers besonders geeignet gerade für das Klage- Z er. ordnet ihn seinem System ein unter dem ebenso IDosexn als mifsverstindlichen und im Grunde unrich- na Nazmen des elegischen Pentameters. Endlich Giet- ın ssppawicht von einem versus hendecasyllabus und weiter: | ter kiam arsim vel proximam thesim caesura versum ere molet“ ?). [ch gehe zu eigener Formulirung des Ergebnisses über. es % ersten Capiteln des Buches der Klagelieder bildet gper=mll gleichwerthige Formeinheit ein kurser Vers, eaxaste, durch einen Einschnitt des Sinnes abgegrenste gv? dies Länge des vollen Versgliedes eines regelrechten a ren aufweist, wie er etwa im Buche Hiob herrscht, die zweite Hälfte, regelmälsig kürzer gehalten, gm wWerstümmelte zweite Versglied gelten kann. Für Pr sweite Vershälfte ist, da sie eine Wortgruppe bleiben ws” als das Minimum an Länge die Verbindung zweier

5

s ta

s geo” ia Bunsen 's Bibelwerk Hl, 8. 668, Nigolsbach in Lange's ; we Klagelieder 8. VIIL

) Hivernick's Einleitung in das A. T. Bd III, 8. 512. 1849.

pose? scheint Thonius’ Charakteristik (Kursgef. ex. Hdb. su dem

1855. 8. 124) fast wörtlich entnommen su sein. Ashnlich

ch °- Orelli in Hersog's Realencyklopädie, 2. Aufl. Bd. VI, 8. 537.

5) Bo B. 86, während er 8. 58, wo das Metrum noch einmal genau

wird, von versus enneasyllabi redet, der Cäsur gar nicht

- piöenkt und auch in 0. 4 je 8 Verse unter einen Buchstaben das

Lphabots gestellt sein läfst. %) Dies einzige Postulat, das ich aufstelle, scheint mir aus der u, fesbe bervorsugehen, sobald es feststeht, dafs Sinneseinschaitte ent-

6 Buddo, das hobräische Klagelied.

selbstindiger Worte gegeben : daraus ergibt sich als das Minimum fir die erste Halfte ein Umfang von drei Worten. Das Verhiltnifs von 3 : 2 ist also das erste, welches der Absicht, ein kürseres Versglied dem ersten längeren folgen zu lassen, entspricht; doch sind damit andere Ver- 'hältnisse und längere Verse, wie 4 : 2, 4 : 3 u. s. w. keines- wegs ausgeschlossen.

Der Nachweis dieses Sachverhaltes wird am besten mit cap. 3 beginnen, denn dort sind diese Verse am regel- mälsigsten ausgebildet, dort steht jeder für sich allein auf eigenen Füßen. Denn wenn sich ungezwungen manche der unter demselben Buchstaben vereinigten Triaden auch dem Sinne nach zusammenschlielsen und von der Umgebung loslösen, so bedarf doch keiner der einzelnen Verse paral- leler Ergänzung, und gewissenhafte Sinneseintheilung wird =. B. nach den Versen 11, 13, 16, 41, 47, 50 Theilstriche setzen müssen, welche die Gruppe eiztes Buchstabens durch- schneiden. Unter den 66 Versen dieses Uapitels finde ich nun nur 6—7, die dem oben aufgestellten Schema nicht genau entsprechen; aber diese Verse sind schwerlich alle in der ursprünglichen Gestalt erhalten. Vers 31 lälst gar keine Theilung zu, es fehlt das Object zu mor ab : ich vermuthe, dafs es ausgefallen, vielleicht we ‘a, übersehen, weil es in der folgenden Zeile, Ende des Verses 33 wieder- kehrt. Der Theilstrich wäre dann nach oip5 zu setzen und der Vers in Ordnung. Vers 13 hat nur 4 Worte; es wird nach ‘M595 ein > oder geradezu nach Ps. 7, 14 mo ‘> ausgefallen sein, dessen Ergänzung den Vers aufs schönste herstellt. Mit Vers 23 steht es ebenso; auch um der Selbständigkeit des Verses willen empfiehlt sich die Annahme, dafs das Wort wor“, womit v. 22 schlielst, auch an der zweiten Stelle von v. 23 zu lesen ist.

scheiden : ich lege deshalb auch eine Schätzung der Länge nach Worten als die einfachste und übersichtlichste zu Grunde, ohne damit eine Theorie aufstellen zu wollen.

Budde, das hebriische Klagelied. q

Ist nun bei so vielfachem Ueberwiegen von Versen, die genau dem aufgestellten Schema entsprechen, jeder Zweifel an der Absicht ausnahmsloser Verwendung des- selben unzulässig, so folgere ich aus deh noch verbleibenden unregelmäfsigen Versen leichte Modificationen des Schema’s, die der Dichter für erlaubt hielt.

1) So zuerst v. 56. Ich möchte da nicht mit LXX und Ley das letzte Wort streichen, vielmehr ist das erste Versglied (mit "pie schliefsend) zu lang gerathen, aus zwei kleinen Sätzen bestehend, weil der Verfasser mit dem “yp den Ordnungsbuchstaben gewann, und doch vom Fleck kommen mufste. Solche Verse sind in den übrigen Ca- piteln : cap. 2, 13°; cap. 4, 18°. 20°.

2) In v. 15 stehen nur 2 Worte im ersten wie im zweiten Versgliede; aber durch die besondere Länge und Wucht derselben ist dem ersten Halbvers sein Uebergewicht gesichert, der Zweck erreicht. Hieraus erkläre ich : cap. 1, Ir. «. 4. 9. 13. 14°. 17°. 18°. 1%. >; cap. 2, 12°. ©. 21°; cap. 4, 5. 13°. 17°. .

3) Vers 20 und 27 haben mit Recht den Hauptaccent bei dem zweiten, nicht dem dritten Worte : dem Sinne nach ist das erste Versglied das kleinere, nicht das zweite. Für solche sehr seltenen Fälle halte ich es für wahrscheinlich, dafs der Dichter dem Leser zugemuthet hat, in dem ge- wohnten Tonfall weiterzulesen, sodafe der Halt erst nach dem dritten Worte eintritt und der Rhythmus mit dem Gedanken in leichte Collision kommt. Ich nehme dasselbe an für die Verse : cap. 1, 10°. 13*; cap. 2, 8 '). Fürchtet man durch diese Annahme das Princip zu gefährden, so

1) Doch ist nicht überall nach den Accenten zu gehen. So scheinen mir 2, 2°. dem Schema zu entsprechen, ebenso 8, 32, anders als Ley. Uebrigens kommt die Annahme unter 3) auf etwas ähnliches heraus wie das, was Ley 58. 80 Compensation nenat.

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8 Budde, das hebräische Klagelied.

mufs auch in solchen Fallen auf Textverderbnifs oder Ver- stölse gegen den gewollten Rhythmus geschlossen werden ').

Nun zu cap. 4. Da bedarf vor allem v. 15 der Be richtigung, die schon durch die allerseits empfundene exe getische Schwierigkeit gefordert wird. Unrichtig streicht (durch Einklammerung) Ley die Worte To 15 wep und setst dann den Haupttheilstrich bei yy), die Cäsuren bei wm und ony. Durch diese Theilung wird der Sinn eut- stellt und das erste Glied des 2. Verses su kurs. Viel mehr ist Ova Tox Glosse, die eine bestimmte Auffassung des schwierigen Verses b vermitteln will. Vers a schlielst mit ıyar, sein Einschnitt liegt bei w5. Vers b, bei 9) eingeschnitten, kann als Rede des Subjectes von wp in verichtlicher Abwendung von den Fitichtigen, oder auch als Rede des Dichters verstanden werden. Vers 14° scheint versttimmelt zu sein, vielleicht hat er in irgend einer Weise das Subject von wp eingeführt; doch enthalte ich mich jeder Conjectur. In v. 18* wird man vor Yı% ein NY zu ergänzen haben (vgl. 3, 52), dessen Ausfall bei drei mit § beginnenden Worten leicht erklärlich ist. In v. 1* und 13* könnte man annehmen, dafs das logische Uebergewicht des ersten Gliedes, beruhend auf den tiberschiefsenden, zu b zu ergänzenden Satzgliedern 3 und 19, im Sinne des Dichters das Gleichgewicht der Wort- und Silbensahl aufheben soll. Es bleiben dann noch und 1%, die in ihrer jetzigen Gestalt gegen das Schema gleich lange Glieder aufweisen. Im schlimmsten Falle bleiben unter 44 Versen 30, die dem strengsten, nicht modificirten Schema ent- sprechen : dafs dasselbe beabsichtigt ist, kann daher nicht bezweifelt werden, und dafs einst sämmtliche Verse aus des Dichters Hand dieser Absicht entsprechend hervor- gingen, ist mehr als wahrscheinlich.

eae rn nn an nn ren

‘) ich werde diese Modificationen des Schema von jetzt an einfach init Nr. 1), 2), 8) anziehen.

Budde, das hebr&ische Klageliod. 9

In cap. 2 zähle ich höchstens 9 Verse unter 67, ohne 1 unter 1) bis 8) aufgesählten 5, die zu Bedenken Anlafs ven; aber gerade hier läfst sich überall eine ursprünglich ‘elmifsige Form wahrscheinlich machen. Der tber- üssige v. 19 ist von ‘ym an zu streichen, Glosse aus 11°; 4, '). Die in 19 genannten Kinder sind schwer- ı schon todt. Dafs v. 18 beschädigt ist, wird fast all- nein anerkannt; statt aller bisherigen Vorschläge em- hle ich, die Stelle der Worte Cyr und ‘sm nor chselweise su vertauschen, sodafs die Uebersetsung lautet: mw Hers schrie sum Herrn : bei Tag und bei Nacht [s stromweis rinnen die Thränen : Du Mauer der Tochter m*. Die dritte Person in op ist leicht erklärt; die agestaltung ist geschehen, um die neue Gestalt der per- ifscirten Stadtmauer unverzüglich einzuführen. In fehlt rtlich das zweite kürzere Glied, denn gegen die Accente sra Sma zu b als zweites Glied su ziehen : zu c re etwa wx ti (4, 11), durch gleichen Anfang und hlufs mit Mon empfohlen, oder ähnliches zu ergänzen. streiche ich ıs3 (vgl. Ps. 7, 13°), unter Verkennung ı Rhythmus als Parallele zu 23) hinsugesetst. In 9 rfte "ae zu streichen sein, vielleicht Ergänzung eines tographischen von dem folgenden ‘19. In 15° streicht ıon Ley richtig die erklärende Glosse ww, obgleich n Vers nicht gefährdend. In 14° setzt Ewald richtig » Casur bei meisn, das als stat. abs. zu lesen sein wird; » folgenden Worte sind Apposition. Im ersten Gliede n scheint ein zweites Verbum ausgefallen zu sein, sin a und c zu finden ist und auch hier das Ueber- wicht herstellen würde. Endlich iu 12* ist mir das a Munde der Kinder und Säuglinge dringend verdächtig, ber seine Einschiebung leicht erklärt bei der so weit über-

t) Bo schon Ewald.

10 Budde, das hebräische Klagelied.

wiegenden Koppelung von 17 und wrTn (vgl. übrigens Ps. 78, 24). Dals diese Vermuthung das Richtige trifft, beweist die Peschttä, die ihre Kinder, mit dem Wein nicht zufrieden, als drittes auch noch Oel fordern läfst (vgl. die 3 in derselben Reihenfolge schon Hosea 2, 10 und sehr häufig sonst).

Capitel 1 bietet keine grofsen Schwierigkeiten. Dals v. 1 die Accente zu verlassen sind, ist längst erkannt; es ergeben sich drei regelrechte Verse, von denen allerdings b und c oben unter 2) aufgeführt werden mulsten. Vers 7 hat 4 Verse, aber b ist unecht von ‘fp 52 bis asp (vgl. 10°. 11"; 2, 17°); die mit Soya beginnende Zeitangabe be- weist, dafs ‘'n % Object zu m9; damit verträgt sich b nicht '). Der Vers scheint auch sonst gelitten zu haben, da die ersten Glieder von 7* und * zu kurz sind. Doch soll die Möglichkeit einer Ausnahme oder eines Verstufses besonders bei a nicht geleugnet werden. In 14° helfen endlich einmal die LXX. Sie übersetzen : ote edaoxe xvptog ev yepot ov odvvas ov duvnuouar otnva. Sie haben gelesen : 'n (?orıy "ND ‘JAN 19 ‘>. Das Ursprüng- liche war : OMY “PD y ur), der Rhythmus ist hergestellt, und der Sinn entschieden besser *). Auch in 16* helfen die LXX, indem sie ebenso wie Hieron. das eine ‘yp streichen. In v. 2", 4°, 8* ist das zweite Glied etwas schwer gerathen, doch dürften die Partikeln 5y, an, Ip nicht als vollwichtig erachtet sein, wie oft. Dazu kommt

1) Bo schon Ewald.

*) vgl. pay def. auch I. Sam. 4,19. Dort übersetzen LXX freilich wie auch Jes. 18, 8; 21, 8 mit wdrvec, aber auch 3yy5pq, in diesem Binne verstanden, geben sie Jer. 22, 28; 49, 24 mit odvvaı, Ps. 18, 5; 116, 3 mit wdivec.

*) Schlousner (Thesaurus unter odvvy) schlägt vor 2 statt +495 oder WY m) statt 19M), so auch Rosenmüller; das erste lälst

kein Aequivalent für ev yegory pov, gegen das zweite spricht die Wortstellung.

12 Budde, das hebräische Klagelied. | |

frei, vielleicht gar willkürlich gewählt, oder lagen bestim- mende Gründe vor, gerade solche und keine anderen Rhythmen hier anzuwenden? Die Antwort darauf kann nur dann gegeben werden, wenn es glückt, andere Stücke in derselben Versform sum Vergleiche heranzusiehen. Das Stück, welches am klarsten bei grofsem Umfang dieselben Rhythmen zeigt, ist das Lied in Jes. 14, 4—21. Die wenigsten Ausleger oder Metriker wissen etwas davon, wenn auch mehr als einer einen kunstvollen Strophenbau darin nachstweisen sucht!),. Gietmann dagegen erkennt hier seinen versus hendecasyllabus, dem er auf 8. 35 auch Thr. 1—4 suweist; Ewald sieht hier, was bei seiner Be handlung der Klagelieder nicht su Tage tritt, dafs das zweite Glied der Langglieder unverkennbar kürzer ist. Das sind die einzigen Neueren, bei denen ich Einsicht in die Sachlage gefunden habe. Ä In der That ist der Versbau genau derselbe wie in Thr. 1—4 und mit peinlichster Sorgfalt durchgeführt. Wenige kritische Anmerkungen werden gentigen’). In v. sind entweder die beiden Versglieder umzustellen, so-

') Hier einige Schemata derselben. Drechsler findet 2 Haupt reihen, v. 4#—11, 13—321, jede von 8 Strophen „mit regelmälsig wech- selndem Rhythmus (8, 2, 8; 4, 2, 4)". Also v. 4°—6, 7—8, 9—11; 13—15, 16—17, 18 -21. Ewald findet 5 Strophen, jede von 7 lüs- geren Gliedern oder kurzen Versen, mit Ausnahme der letzten, die ent- sprechend dem Kunstbau des Klageliedes nur 5 hat; er theilt ab: v. #—8, 9—11, 13—15, 16—19, 20—21. (Propheten 2. Ausgab. Bd. 8. 8. 19 f.). EB. Meier findet 5 Strophen : S—6, 7—10, 11—13, 18—17, 18-38. Den Irmthum Meier’s, der Eingangs- und Schlufsformd sum Liede hinsusieht, theilt, was die letstere angeht, auch Kamp- hausen (Bunsen Bbw.), der 6 Abschnitte macht : 4*—8, 9—-II, 13—14, 15—17, 18—20, 21—38.

*) Ein Beispiel falscher Textkritik gibt E. Meier, indem er von v. 7 die Worte 137 aıyp sum folgenden Verse sieht und so von v.7 nur ein Versglied übrig lufst, v. 8* su einem gewöhnlichen, gleich- schwebenden Verse macht.

Budde, das hebriieche Klagelied. 18

dafs ein ganz regelrechter Vers entsteht, oder der Vers ist nach 8) mit blofs rhythmischer Cäsur nach Dy su lesen. v. 10° ist nicht mit Ewald als 33. Vere su zählen, sondern ebenso als Einführung des Liedes nicht mitsu- sählen wie 4. Er könnte zur Verdeutlichung der Situation erst später eingeschoben sein. Vers 17° ist verstümmelt (auch Ewald constatirt seine Kürze); ich wage, ihn aus v. 18 su emendiren. Dieser hat das Athnach richtig bei ov> und sollte mit 11293 schliefsen; das folgende ın22 wee ist überflüssig und immerhin auffallend, anders als Hi. 30,23 und pw in Jes. 22, 16. Mir scheint, dafs es in der Form a> ww den genuinen Schlufs von 17° gebildet hat, wo- für cm, für welches sich in der griechischen und syrischen Uebersetzung kein Aequivalent findet, als verstiimmelter Ersatz zu streichen wäre. Es ist dies nicht die einzige Umstellung in diesem Zusammenhang, denn Ewald hat ganz richtig die Worte 02% WD vom Ende des v. 19 gleich hinter das Athnach desselben Verses gesetst, den Rest des Verses als erstes Glied zu v. 20 gesogen und so Sinn und Rhythmus zugleich hergestellt. Der hergestellte v. 20* ist im zweiten Gliede etwas schwer, eine Schädigung in diesem Zusammenhange nicht unwahrscheinlich; viel- leicht ist statt MMPI Ome zu lesen : OND, vgl. Gen. 49, 6. In v. 21° ist wohl aus San so wur das DD zu streichen, wofür als, wenn auch nicht ganz sichere, Stütze die LXX dienen mit ihrem xas eurincocı trv ynv. Denn wie sonst meistens, übersetzen sie auch im B. Jesaja das 99 getreulich, so in der einzigen genau parallelen Stelle 23, 17 ext xegogwmxoy tng yrs. Aulserdem fällt unter 2) v. 9°, vielleicht auch 12°, wenn nicht in seinem ersten Gliede ein Wort ausgefallen ist. |

Ist nun der beabsichtigte Bau dieses Stückes so un- sweifelhaft klar, so verdient noch besonders hervorgehoben su werden, wie scharf dasselhe von dem Vorhergehenden und Nachfolgenden sich abhebt. Es stelıt mitten in dem

14 Budde, das hebräische Klagelied.

grofsen Zusammenhang cap. 13, 1 bis 14, 23. Aber die ganze erste Rede des Propheten, 13, 1—14, 2 ist in Versen mit fast ausnahmslos gleichschwebenden kurzen Gliedern geschrieben !), und die Einleitung des Liedes in v. 3—4 wie der Abschlufs des Propheten in v. 22—23 sind in pro- phetisch gehobener Prosa gehalten, die mit diesem Rhyth- mus nichts zu thun hat. Nur das Lied selbst, das dem Volke in den Mund gelegt wird, und natürlich die ein- gelegten Worte der Könige im Scheol ergehen sich in jenen Rhythmen.

Der Grund dafür kann nur in dem eigenthümlichen Charakter dieses Stückes liegen, der jene Form dem Ver- fasser als die geeignete an die Hand gab. Dieser Cha- rakter aber ist der des Klageliedes. Denn ein Klagelied ist das Stück, da es einem Verstorbenen nachgerufen wird, und es beginnt sogleich mit dem des Klageliedes, das noch einmal in v. 12 die Klage von neuem anhebt. Ge- rade durch den Contrast zwischen der ironisch angewandten elegischen Form und dem höhnischen Triumphe des Inhalts erhält das Lied seine ätzende Schärfe. Ein Klagelied haben schon die LXX darin erkannt, indem sie an dieser einzigen Stelle (14, 4*) bio mit &e7v0¢ übersetzen. Während alle Neueren, soweit mir bekannt, dies übersehen, macht Lowth darauf aufmerksam und gibt die Erklärung dafür in den sehr verständigen Worten : ,Oftenbar sahen sie die hier eingeschaltete Rede als ein poetisches Stück an, und zwar von der elegischen Art; sei’s nun wegen des Inhalts, weil es ein Lied vom Fall und Tode des Königs von Babylon

ist; oder wegen des Baues der Verse, die von der längeren |

Art sind, gleich denen in den Klageliedern Jeremiä, die bei den LXX 8o7woı heifsen“ *).

1) Nur wenige Verse verfallen wie in Thr. 5 in den Ley’ schen „katalektischen Hoxameter.“

*) Lowth Jesaias übersetzt von Koppe, 1. Bd. 8. 218 f. Den elegischen Charakter betont übrigens auch Drechsler unter Hinweis auf das er.

Budde, das hebräische Klagelied. 15

Damit ständen wir vor der Möglichkeit, dafs der spätere Verfasser von Jes. 14 die Kunstform eben von dem Buche der Klagelieder, durch das sie eingebürgert worden, ent- lehnt hätte. Aber Ewald meint ein anderes Stück als Muster annehmen zu müssen, bei dem er zuerst diese Ge- stalt zu finden glaubt, Ez. 19. Wir werden damit auf eine ganze Gruppe solcher Stücke hingewiesen. Ezechiel verwendet eingestandenermafsen die Form des Klageliedes in einer Reihe von Stücken in mehr oder minder über- tragenem Sinne !). Sechs Stücke sind bei ihm als AyD an- gekündigt (vgl. 19, 1; 26, 17; 27,2; v. 32; 28, 12; 32,2), und zweimal wird auch in der Schlußformel das Stück wieder als solches bezeichnet (vgl. 19, 14; 32, 16); eines, 32, 17 £., wird durch das Zeitwort 19 wenigstens dieser Gruppe angenihert. Und sie alle, so mufs ich behaupten, tragen denselben formellen Stempel, der an dem Buche der Klagelieder und Joes. 14 nachgewiesen wurde, aller- dings nicht überall gleich scharf und schön ausgeprägt, aber doch so, dafs sich erkennen läfst, wie Ezechiel überall dieses Schema als das gebührenderweise zu befol- gende Muster gegenwärtig war.

Die Reihe eröffnet cap. 19 : „Du aber, hebe an ein Klagelied auf die Fürsten Israels und sprich u. s. w.* Es ist ein wirkliches, ernstgemeintes Klagelied, wie Smend richtig betont, auf zwei Fürsten, die als solche todt sind; auslaufend in ein anticipirtes, prophetisches auf einen dritten, mit dem zugleich Stadt und Volk sterben mufs (v. 10-14) 2). Fast überall, sagt Ewald, brechen darin die Verse in der Mitte derart auseinander, „dals die zweite

*) Von 8 Stellen für das Verbum } xp finden sich 4, von 18 fiir ID 10 bei Ezechiel.

*) So mindestens die Voraussetsung des Stückes. Ob dasselbe erst nach Zerstörung Jerusalems niedergeschrieben ist, kommt hier nicht im Betracht.

16 Budde, das hebriische Klagelitd.

Hälfte rasch abgebrochen nur wie ein vergehender kurser |: Nachklang seuizend folgt.“ Ich finde darin unter 38-29 Versen mindestens 16 ganz dem aufgestellten Schema ent- sprechend. Daneben kann man 2*, 4°, 7*, 11° nach 2) wohl noch gelten lassen; wenn aber vielleicht schon bei diesen die Ursprünglichkeit des Textes besweifelt werden mufs, so ist für andere Abweichungen entschieden der schlechte Zustand desselben verantwortlich su machen. Einige Andeutungen mögen hier stehen. Vers 3*, nach dem Athnach, ist beschädigt; wahrscheinlich ist vor 3" ein zweites 1337, = dem Schlufswort von 2* ausgefallen, vgl. das doppelte Wea" v.9° und ähnliche Wiederholungen. Ebenso ist 9* unvollständig, worauf schon das störende na ‘OD hinweist, wovon die Peschit& nur das erste Wort wiedergibt; eine plausible Wiederherstellung weils ich nicht zu bieten; die übrigen Glieder sind dann in Ordnung, mit wean beginnt b, mit pod c. In v. 10 ist Sinn und Rhythmus bei Smond’s Verbesserung My2 gewahrt. Vers 12 ist auch abgesehen vom Rhythmus nicht in Ord- nung. Liest man mit Ewald und Smend mys, so macht das Suffix in winds neben ay neue Schwierigkeiten. Es ist vielmehr das schliefsende | von fan zu MOY zu ziehen, das von porn als dittographisch oder nach dem folgén- den Verbum ergänzt su streichen; die beiden Verba sind dann zum Vorhergehenden zu ziehen und bilden das zweite Glied eines mit my beginnenden guten Verses. Ob ferner 12° noch einmal mit WM begonnen hat? Es bleiben dann noch als zu gleichschwebend gebaut 11° (auch >?), 12%, 13, vielleicht alle durch Hinsusetsung oder Auslassung eines Wortes verstümmelt, während die zwei Verse in 14 wieder ganz regelrecht abschliefsen. Uebrigens ist es fraglich, ob Ezechiel selbst hier, in diesem so schönen und kunst- vollen Liede, das Schema so regelmä/sig hat durchführen wollen und können, wie die Verfasser von Thr. 1—4 und

Budde, das hebräische Klagelied. 17

Jes. 14. Das Schema selbst ist als mafsgebend nachge- wiesen.

Das nächste als Klagelied bezeichnete Stück ist nur von geringem Umfang; es umfalst einschliefslich der Ein- leitung nur die Verse 15-18 des 26. Capitels. Hier ist es eine officielle Leichenklage über den Fall von Tyrus, unter Beobachtung von Trauerceremonien angestimmt von den Fürsten des Meeres. Diese Einleitung reicht von v. 15 bis in den 17. Vers hinein : erst nach dem 95 Mom tritt mit dem charakteristischen 7 das eigentliche Klagelied ein, und sogleich begegnen uns wieder die scharf zu- geschnittenen Verse unseres Schema, deutlich zu verfolgen bis sum Schlufs von v. 18, wo der Prophet mit einem „denn also spricht der Herr Jahve* das Wort zurücknimmt und in ruhigen, gleichschwebenden Versen fortfährt. In b Versen verläuft das kurze Liedchen. Der erste schlie(fst mit 531, sein erstes Glied mit Dw; die Textänderung Pay) oder m1apY) für Navy (vgl. Smend) dient wie dem Sinne so auch dem Rhythmus, da ohne sie der Vers zwei gleich schwere Sinneseinschnitte aufwiese. Der letzte Vers ist verstümmelt, da vom zweiten Gliede nur das Wort “neun übrig ist. Die Uebersetzungen gehen hier weit auseinander. Die LXX lassen den ganzen Vers 18° aus. Bei der Uebersetzung der Vulgata ist für pan gelesen x, die Zeile „eo quod nullus egrediatur ex te‘ kann eine ver- zweifelnde Wiedergabe von “nxyn sein. Die Peschita setzt voraus : OFD OM, das letzte Wort gibt sie durch die syrische Transscription von "nbsp, wie im ersten Gliede, das 9 davor fehlt. Ebenso ist das we ganz ausgefallen. Daran wird anzuknüpfen sein. Ich lese entweder : ‘3 DFR cz oder, da das “we nicht ursprünglich scheint : 'S OVD OF Ww, oder : 'yola 0370 (vgl. c. 27, 3, 15, Ps. 97, 1). Die erste Fassung ist die leichteste, doch läfst sich das O'3 Ws gerade aus der Absicht, den Doppelsinn

von OX glossirend hervorzuheben (vgl. Smend zu der Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 23. 1882.

18 Budde, des hebräische Kiagelieä.

Stelle), erklären. Die tibrigen Verse sind in bester Ord- |!

nung.

Wenige Verse weiter, 27, 1, erhält der Prophet selbst || den Auftrag, ein Klagelied über Tyrus anzustimmen. Die |

bertihmte, kulturhistorisch und geographisch so wichtige Schilderung des Handels und Reichthums von Tyrus und seines jähen Sturzes ist gewils mit ihren endlosen Auf- sählungen ein wenig dankbares Thema für ein in bestizamte, fein gegliederte Kunstform gegossenes Lied. Und doch ist auch unser Capitel ganz nach dem Schema gebaut, un- ermüdlich hat Ezechiel mit dem Stoff gerungen, durch das ganze lange Capitel hindurch; unter 64 elegischen Vergen ') zähle ich nur etwa 13, die nicht wenigstens äußserlich dem Schema genau entsprächen. Will man sich mühelos davon überzeugen, so lese man von v. 26 an, wo die Schilderung des Marktes zu Ende ist und die weit poetischere des Sturzes beginnt. Man wird von da an bis zu Ende mit alleiniger Ausnahme zweier etwas zweifel- haften Verse, die in v. 33 vereinigt sind *), lauter gans regelmälsig gebaute Verse lesen, 23 an der Zahl ®). Um sich zu überzeugen, dafs es im übrigen Theile des Capitels ebenso steht, beginne man etwa mit v. 7 und lese bis v. 13 incl., man wird dort 14 Verse finden, wenn man als ihren Schlufs jedesmal Athnach und Soph Pasuq nimmt, die Cäsur jedesmal nach dem Zageph-Qaton, einmal in nach dem Tiphcha eintreten läßt. Die ersten Gliede. ind oft seltsam gespreizt wegen der Aufzählungen, für die zweiten weils Ezechiel stets 2 bis 3 Worte zu finden, bis zu formel-

ee ee

1) Zu beginnen ist wohl mit ’5) yy in v. 8, allerdings sogleich mit 2 unklaren Versen.

*) Vielleicht sind darin je in dem zweiten Gliede die Worte 139 and 155, späterer Zusatz.

5) Ob der letste, = 28, 19>, absichtlich su gleichschwebendem Rhythinus zurückkehrt oder feste Formel ist, lasse ich dahingestellt.

90 Budde, das hebräische Klagetied.

nicht hingestellt, es fehlt ihm auch die wesentlichste Be dingung dafür, die Darstellung des Sturzes als eines bereits vollzogenen, als Todesfall empfundenen und beklagten; und dem entsprechend erweist es sich auch als Unmög-

lichkeit, das Stück nach unserem Schema abzutheilen. Den- | noch darf es nicht verschwiegen werden, dafs einige Ab-

sitse als „elegische“ Verse zu lesen sind und in einem susammenhingenden Klageliede nicht anders aufgefalst werden könnten. Man theile vor allem nur 9, ®, 10* bei Zageph qaton und Tiphcha, um sich davon zu überzeugen, wenn man auch finden wird, dafs die Einschnitte sehr schwach sind. Ich meine die Erscheinung daraus erklären zu müssen, dafs der Prophet die Stücke uno tenore schrieb und der Tonfall des Klageliedes ihm so im Ohre lag, dals die Worte sich mehrfach swanglos in ihn fügten. Mit v. 11 f. aber wird ein neues Klagelied in gewohnter Weise angekündigt, das der Hauptbedingung, den Stars als voll- sogen darzustellen, entspricht. Aber auch hier macht der Prophet zunächst gar keine Anstalten, in den Rhythmus des Klageliedes einzulenken, und vergebens wäre das Be- mühen, mehr als leise Anklänge daran aufzuzeigen. Aber nicht bis zum Schlufs. In v. 18 und 19 fafst er noch ein- mal die Schuld und die Strafe des Königs von Tyrus zu- sammen, greift nun klar und fest den Rhythmus des Klage- liedes auf und führt das Stück in 5 scharf geschnittenen Versen zu Ende. Damit gar kein Zweifel bleibe, lautet der letzte Vers ebenso wie der Schlufsvers von cap. 27.

Noch einen Schritt weiter geht die Auflösung in dem letzten Stücke, welches als My) angekündigt wird, in 32, 1—16. Auch die Fiction des eingetretenen Todes ist hier aufgegeben '), und was den Vers anbetrifft, so ist fast

') Schon in den ersten Worten, die ja auf das wirklich bereits Geschehene gehen, nicht erst in v. 8. (Smend.)

Budde, das hebräische Klagelied. 31

durchweg ein ganz anderer, gleichschwebender, meist zwei- gliedriger Vers mit auffallender Genauigkeit eingehalten !). Aber auch hier steht es anders mit dem Schlafs. Von v. 12 an tritt nach einem kurzen Vorschlag der Vers des Klageliedes ein. Die ersten drei Verse wird man leicht erkennen (Trennung bei dem Zageph qaton), der vierte, 13“, könnte Zweifel erregen, doch spricht für Streichung des zweiten ondsn > nicht nur die Entbehrlichkeit, son- dern auch die singularische Form. In der Peschft4 fehlen diese Worte. Vers 14 will wieder nicht stimmen, v. 15 läfst sich nicht ohne Schwierigkeit in zwei richtige Verse theilen (Verstheiler Zageph, Cisur bei Rebia und Athnach), und bei beiden wage ich nicht zu behaupten, dafs es früher besser damit gestanden habe. So verläuft dieses letzte Klagelied in jeder Beziehung im Sande, wie in der Hal- tung und Ausprägung des Gedankens, so auch in der dich- terischen Form, und es gehört allerdings eine so nachdrück- liche Versicherung, wie Ezechiel sie in v. 16 gibt, dam, uns glauben zu machen, dafs wir es wirklich mit einem Klageliede zu thun haben.

Als letztes, bei dem nun folgenden Stücke v. 17—32, das Ewald und Smend unnöthigerweise als Grablied von dem Trauerlied unterscheiden ?), schwindet auch die ge- wohnte Einleitungsformel, das nom TTP xy, und ein blofses U nimmt die Stelle ein. Dennoch flackert auch in diesem Stücke gelegentlich noch der begrabene und ver- schüttete Rhythmus auf in dem n1aD 111220 (v. 22, und nur in dem Suffix verschieden v. 24, 25, 26), das jedesmal mit der vorhergehenden Aufzählung einen elegischen Vers

") Vgl besonders v. 4. 5. 7.8. Kein einziger Vers läfst unser Schema zu.

*) In Wirklichkeit könnte es dem Inhalte nach nur allenfalls die np sein, die v. 1—26 nicht ist.

32 Budde das hebräische Kiagelied.

bilden könnte und in seiner dumpfen Wiederholung aa ähnliches in cap. 27 anklingt ').

Wir können also bei Esechiel, der überhaupt in der hebräischen Prophetie die allmähliche Auflösung ihres Bundes mit der Poesie einleitet, in auffallender Stetigkeit durch vier aufeinander folgende Stücke hindurch auch die allmihliche Auflösung der Form des Klageliedes verfolgen. Und doch lebt sie später in Jes. 14 nicht, wie Ewald be hauptet, an dem Vorbild von Ex. 19 oder auch 33, 1—16, sondern gerade an dem fast formlosen Stück Es. 32, 17 ff. wieder suf, ein Beweis, wie wenig der Verfasser für die Form eines Lehrmeisters bedurfte.

Wenn wir nun ferner sehen, wie bei Ezechiel keine anderen Stücke als nur eben diese, mit My'p bezeichneten, diese Versform aufweisen*), wenn wir sie dagegen von ihm gleichzeitig mit der Abfassung des Buches der Klage- lieder in typisch festem Gebrauch eben bierfür finden : so ist damit der Beweis erbracht, dals er diese Form für das Klagelied als längst überliefert vorfand und darauf rechnen durfte, Aurch diese gewohnten Klänge besonders tiefen Eindruck hervorzurufen. Dales dies kein Irrthum ist, soll zunächst aus einigen Stücken des Propheten Jeremia bewiesen werden.

Das Wort nyp findet sich bei ihm 3 mal, 7,29; 9, 9. 10. In der ersten Stelle wird der Aufforderung, ein Klagelied anzustimmen, in Worten keine Folge gegeben, sie ist an Zion gerichtet, Gott aber fährt sogleich in der Rede fort. In cap. 9, 9 dagegen heifst es : „Ueber die Berge will ich Weinen und Weheruf (YD) erheben, und über die Auen der Steppe ein Klagelied : dafs sie verbrannt sind, von Niemand durchwandert, und keiner Heerde Stimme ver- nehmen.* Und nan wirdman in dem folgenden Abschnitt

nn | nen cee nn

') 8. übrigens über =) weiter unten. *) So ist gleich die 447; in cap. 17 ganz anders gebaut.

Budde, das hebräische Klagelicd. 23

s zu Ende von v. 10 den Rhythmus des Klageliedes sıtlich erkennen. In our 3 klaren Versen nach unserem thema wird die Rede Jahve's zu Ende geführt '), bis in ‚11 die Frage eingeworfen wird. wer denn den Rath- hlufs Jahve’s verstehe. Viel charakteristischer aber sd umfangreicher ist das folgende Stück, von v. 16 an : 3o spricht Jahve Zebaoth : Merket auf und rufet die lageweiber (mlyn), dafs sie kommen, und zu den weisen rauen (mpon) sendet, dafs sie kommen : dafs sie eilends heben über uns den Weheruf, und unsere Augen rinnen m Thrinen und unsere Wimpern triefen von Wasser.“ an erkennt deutlich gleichschwebenden Rhythmus. Aber 8 wenn inzwischen nach einer Pause die Weiber gekommen, heben nun die gebrochenen Rhythmen des Klageliedes ı, sogleich auch im Beginn des zweiten Gliedes das 1%, ıd die Klage ergiefst sich in zwei solchen Versen in v. 18. ann bricht sie ab, und in gleichschwebenden Versgliedern geht eine neue Aufforderung (v. 19) : „Denn höret, ihr Veiber, das Wort Jahve’s, und euer Ohr nehme auf das Vort seines Mundes; und lehret eure Töchter den Wehe- af, und eine die andere das Klagelied (mp). Und nun gt ein echtes Klagelied in den gewohnten Versen, deren bis zu Ende von v. 21 folgen, um dann ganz scharf rieder gewöhnlichem Tonfall Platz zu machen. Das wy Ow) 7D 135 zu Anfang von v.21 ist mit LXX (Ew., traf) zustreichen. Es ist Glosse zu v. 19 und will darauf auf- nerksam machen, dale v. 20 f. eben das Klagelied ent- alten, ist also obendrein an die falsche Stelle gerathen. Das "3 su Anfang von v. 18 und 20 ist nicht zu über- setsen, vielmehr blofse Einführung der citirten directen Rede (cf. Ges. Thes. sub B. b.) *).

') Anfang mit mıyy, die Cäsuren der 8 Verse sind richtig mit Zagoph und Tiphcha bezeichnet.

*) Zweifelhatt könnte dies nur für v 18 erscheinen, wenn man dort die directe Rede erst mit dem x beginnt; doch setst der Rhyth- mus schon mit Anfang des Verses ein.

94 Budde, das hebräische Klagolied.

Die Stelle ist durchschlagend, wir müssen deshalb hier einen Augenblick innehalten, um aus ihr die unabweisbaren Folgerungen zu ziehen. Im ganzen A. T. wird an dieser einzigen Stelle jenes hochwichtigen Bestandtheiles aus dem Apparat des feierlichen Leichenbegiingnisses, der Klage- weiber, nUNpp, Erwähnung gethan, denn in den nw neben den o'”59 in II. Chr. 35, 25 haben wir es mit einer starken Verallgemeinerung zu thun. An unserer Stelle erscheinen sie durchaus als Klageweiber von Profession, die herbeigerufen werden, wo man sie nöthig hat, um eilends die AYP anzustimmen; nicht sind es die Weiber der Familie, des Ortes, die vorkommenden Falles dieses Ge schäft übernehmen. In Parallele zu dem "sp steht der Ausdruck mon „die weisen Frauen“, auch nur hier im A. T. zu finden (anders Jud. 5, 29). Diese Bezeichnung giebt eine sichere Gewähr dafür, dafs es sich bei ihrem Amte nicht blofs um gewohnheitsmälsig handwerksmälsiges Gebahren, schmutzigen, zerlumpten Aufzug, Schmerzens- gesten, Heulen, Ausrufe handelt, sondern um eine wirk- liche Kunst, und in der “yp um ein wirklich gesungenes Lied mit vernüuftigem, in Worten niedergelegtem Inhalt, dichterischer Form und musikalischer Composition. Das wird ferner bestätigt durch die Aufforderung in v. 19. Die Weiber sollen horchen auf das Wort Jahve’s durch des Propheten Mund und dann die 3‘ einander gegenseitig und jede ibre Töchter lehren, die in den folgenden Versen gegeben wird. Es ist also ein neues, kunstvolles Klage- lied, was sie den alten, die sie bereits können, hinzufügen und weiter verbreiten und vererben sollen; sie haben Ur- sache aufzuhorchen, wo dergleichen zu hören ist. Ist aber die dichterische Form dieses Stückes dieselbe wie desjenigen in v.18, das höchst wahrscheinlich den Klageweibern selbst in den Mund gelegt ist; finden wir ferner, wo immer eine MP citirt wird, diesen selben Rhythmus wieder, so ist dies eben der feststehende Rhythmus der eigentlichen yp, be-

Budde, das hebräische Klagelied. 2%

gründet auf eine stehende Melodie, die ihm in einer län- geren und einer nachfolgenden kürseren musikalischen Phrase genau entsprach. Das ist ein sicherer Schluls, mögen wir auch über die Art der Musik gar nichts aus- sagen können. Nur der Umstand, dafs es für die kunst- volle Leichenklage eine solche stehende Melodie gab, und dafs diese Melodie auch den Text in so charakteristische Rhythmen zwang, lälst es begreifen, wie die Propheten, wenn sie mit ihren Klagen einen recht tiefen Eindruck machen wollten, sogleich in diese Versform übergehen. Weckten sie doch mit diesem Tonfall in den Herzen aller Hörer die Erinnerung an ernste T'age und Stunden, in denen sie um die Leichen ihrer Angehörigen standen und mit trauerten und klagten.

Für die hier vertretene, mir vor jeder Vergleichung unzweifelhaft gewordene Auffassung fand ich in vielen Stücken eine höchst willkommene Bestätigung aus dem frischen Leben der heutigen Orientalen in einem auch sonst ungemein inhaltreichen und wichtigen Aufsatze von Wetzstein!).. Während sonst der Ritus der Leichen- klage, von dem Koran ungern gesehen, bei den verschie- densten orientalischen Stämmen immer mehr in Verfall ge- räth und insbesondere die lautlichen Aeufserungen meist nur noch in inartikulirten Tönen oder kurzen Rufen und Formeln bestehen, hat hierin wie in vielen anderen Dingen (vgl. Wetzstein’s Excurse zu den Commentaren von Delitzsch) Syrien in der Umgegend von Damaskus, Dscholän, Haurän u. s. w. alte Sitte treu bewahrt, sodals

1) „Die syrische. Dreschtafel“ in Bastian’s Zeitschrift für Ethno- logie 1878. 8. 270 ff, 5) „Die Tafel als Paradebett“ 8. 294 ff. Die Nachweisung des Aufsatzes, der leider an so entlegener Stelle er- schienen ist, und vor allem mit einom Titel, unter dem nicht leicht Jemand dergleichen suchen wird, verdanke ich der Güte Gilde- meister’s.

26 Budde, das hebräische Klagelied.

vielfache unmittelbare Uebereinstimmung mit dem Alten Testament sich nachweisen läfst. Dort ist bei Juden, Mo- hammedanern und Christen aller Schattirungen in Stadt, Dorf und Zelt, eine im ganzen identische, sehr umständliche Leichenklage in Gebrauch, aus deren Beschreibung ich das für unseren Zweck Wichtige heraushebe.

Die vollständige Leichenklage dauert 7 Tage und wird täglich mindestens einige Stunden von den dasu bestimmten Weibern erhoben. In den Städten, vor allem in Damaskus, giebt es einen vollständigen, zunfimälsig geschulten W eiber- chor, die lattämät, „die sich ins Antlitz schlagen“, denen der Chor der weiblichen Verwandten u. s. w. respondirt. An Stelle dieses ganzen geschulten Chores, von dem ab- wechselnd eine die Vorsängerin zu machen pflegt, tritt auf dem Lande eine berufsmäfsige Solosingerin, die kauwäla, „die Sprecherin, Dichterin“, selten von einer oder zwei anderen unterstütst. Sie ,mufs eine gebildete Stimme, einen reichen Vorrath von Nänien und ein gutes Gedächtniß haben, damit sie sich nicht auffillig wiederholt, was bei einer vollständigen, also siebentägigen Klage nichts Leichtes ist, wenn diese auch des Tags auf 2!/, Stunden beschränkt wird. Doch fehlt es im Lande nicht an solchen Sänge- rionen, weil ihr Beruf sehr einträglich ist. Die Nänie, . .., welche immer die poetische Form, Metrum und Reim haben mufs, besteht meistens aus einem Doppelvers, doch auch aus 3 und 4 Versseilen und ist abgesehen von ihrem oft gröfseren, oft (besonders wenn es Stegreifverse) geringeren poetischen Werthe dem Sinne nach etwas Abgeschlossenes, ein fertiges Bild. Nach jeder Nänie er- hebt der Chor den Weheruf. Dasselbe geschieht, wenn das Klagelied aus einer längeren Ode bestehen sollte, nach jeder einzelnen Strophe. Zum Chore gehören sämmtliche Frauen, welche den Ring um das Zelt bilden; sie heifsen reddAdat „die Respondirenden® oder neddab&t und nauwä- hat „die Klagefrauen“. Der Weheruf, in Syrien wélwéla,

28 Budde, das hebräische Klagelied.

die Propheten von der Anwendung dieser Rhythmen müssen versprochen haben. Die Ableitung des Wortes myp, die W etzstein giebt, verdient alle Beachtung; er führt es auf die Stammesbedeutung „künstlich bilden, zusammen- fügen“ zurück und läfst die Wahl, „ob es von der poetischen Form oder (wahrscheinlicher) von dem den Todten aus- schmückenden Inhalt“ benannt ist. Auf Grund des Aus- geführten möchte ich für das erstere eintreten und vor allem darauf aufmerksam machen, dafs 73°p und MP stets nur von wirklichen Klageliedern, von Kunstproducten vor- kommen (was auch Es. 2, 10 am nächsten liegt), während "U (Wi), wenn es auch in Jer. 9, 9. 19 die Parallele zu up hergeben mufs, wenn es auch nach Am. 5, 16 vu yr giebt (vgl., was W. über die Kunstfertigkeit beim Weheruf 8. 297 sagt), doch schwerlich den kunstvollen Klagegesang bezeichnet : so sicher nicht in Jer. 31, 15, wo die eigene Mutter ihre Kinder beweint, und noch weniger das Zeit- wort in I. Sam. 7, 2, wo es am besten mit ,seufsen* wiedergegeben wird (nicht „sich versammeln®\. Die De- nomination von einem blofsen Ausruf ist mir bei diesem Stamm überwiegend wahrscheinlich, und damit fände der ) seine Parallele an der wélwéla der syrischen Leichen- klage *).

Das Einzige, worin Wetzstein’s Nachrichten und die angeführten Beispiele von Klageliedern mit unseren Beobachtungen nicht übereinstimmen, das sind die ange- wandten poetischen Formen, die Metra der Lieder. Nur eine höchst unhistorische Vermessenheit hätte das anders

') Ges. Thes. erklärt es : clamavit 7, Mn, was nicht wahr- scheinlich. Vielleicht ist es ursprünglich Niphalbildung zu dem Aus ruf m: n = „nm rufen“, dann zur selbständigen Wurzel geworden,

von der das Nomen 93 und sugar ein neues Niphal (I. Sam. 7, 2) gebildet wurde.

Budde, das hebräische Klagelied. 29

erwarten können. Wie bei aller Volkspoesie, so hat sich such hier, bei gröfsester Zähigkeit der alten Sitte, der stetig sich gleich gebliebene Inhalt in die mit der Zeit ebenso stetig fortschreitenden und wechselnden Formen der jedesmaligen Gegenwart umgegossen : hier in die gewöhn- lichen Metra und gereimten Strophen der arabischen Poesie '). Dafs vor 2'/, Jahrtausenden auch in Damaskus der im alten Testamente nachgewiesene Klageliedvers ge- sungen wurde, kann man allenfalls vermuthen : dafs sich heute keine Spur davon mehr finden kann, darf man mit weit grölserer Sicherheit behaupten.

Nachdem so, wie ich glaube, die nachgewiesenen Er- scheinungen ausreichende Erklärung, meine daraus ge- zogenen Schlüsse hinreichende Begründung erhalten, fahre ich in der Aufführung der im alten Testament vorhan- denen Stücke in Klageliedform fort. Bei dem Propheten Jeremia selbst finden sich noch einige weitere, und zwar, wie nicht anders zu erwarten, in cap. 22, wo Jeremia mit wahrer eigener Herzenstrauer über die Könige von Juda klagt. Hier steigern sich, wenn auch ohne Nennung der mp, ohne dafs es sich um wirklich Todte handelte, doch einige Stellen bis zur Kunstform des Klageliedes. Es sind das 4 Verse in v. 6. 7., mit 93 beginnend, durch die be- kannten Accente richtig abgetheilt. Sodann 6 Verse in v. 21—23. In v. 21° ist das 9 mit LXX zu streichen, in 22* ist das zweite Glied etwas lang, in 23* die beiden Glieder gleich lang. Da diese 2 nicht regelrechten Verse von 4 anderen umschlossen werden, so wage ich es den- noch, das Stück als mit Absicht klageliedähnlich zu be-

1) Die deutsche Literaturgeschichte liefert dafür die schlagendsten Belege, aber auch die späteren Juden haben ihre alte poetische Form verlassen und vergessen und sich der arabischen Poetik gefügt. Wie früh ihnen jene abhanden gekommen ist, beweisen die vielfachen Text- verderbnisse, die uns hier begegn;n.

90 Budde, das hebräische Klagelied.

trachten. In beiden Stücken macht es einen besondere, | wehmüthig schönen Eindruck, wie Jahve gleichsam dem | Königshause und Zion die Klage abnimmt und selbst esim Strafankündigung in sie einkleidet. Ich betone aber am drücklich, dafs hier das Klagelied in eine rhetorische Fors ausgelaufen ist, fast unwillkürlich angewandt, ganz ande als in cap. 9. Gelegentliche Anklänge finden sich sud in v. 10 und 13 f., aber sie widerstreben dem Versuch ein Stück geordnet abzugrenzen. Weitere Stücke habe ich bei Jeremis nicht gefunde, Klagelieder kündigt mit dem Worte mp an asd Amos. In cap. 5, 1 heilst es : „Höret das Wort, das id als Klagelied über euch anhebe, Haus Israels : Gefallen ist, stehet nicht wieder auf Die Jungfrau Israel Auf ihren Boden ist sie hingeworfen, Keiner hebt sie auf.* | Zwei Verse genau nach unserem Schema, und das Lied ist zu Ende. In cap. 8, 10 ist die Ankündigung finstere Trauerzeit selbst in das Gewand des Klageliedes gekleidet, als wenn mit dem Worte ryp das Klagelied selbst herauf käme. In v. 9 heifst es : „Und an jenem Tage, spricht der Herr Jahve, Lasse ich die Sonne niedergehen am Mittag Und verfinstere die Erde am hellen Tage 10) Und ieh verwandle eure Feste in Trauer Und all eure Lieder sum Klagelied Und bringe über alle Hüften das Trauergewand Und auf jedes Haapt eine Glatse

Und versetse sie wie in Trauer um den einzigen Sohn, Mache ihr Ende wie einen herben Tag.“

Es lifst sich schwerlich verkennen, wie v. 9 noch völlig in gleichschwebenden Gliedern sich ergeht, die auch logisch sich die Wage halten, und wie dann mit v. 10 der Rhyth- mus des Klageliedes eintritt und jedes erste Glied das |

Budde, das hebriische Klagelied. $1

Prädicat fir das zweite mit erhilt'). In nur 3 Versen bat sich der Ton des Klageliedes erschöpft.

Endlich mit dem Worte 9 führt die directe Rede eines Klagelicdes ein Micha in cap. 2, 4. Es ist das die einzige Stelle, wo eine Klage angestimmt wird, ohne dafs seh behaupten dürfte, dafs auch hier der Prophet jenen Rhythmus angewendet habe, oder, wenn ich dabei bleibe: welches die Grenzen dieser Anwendung seien. Das Klage- lied sollte eigentlich beginnen mit seinem ersten Ausruf pimp, der durch das eingeschobene om als directe Rede angekündigt wird. Aber 4*, die Einführung des Lied- fragmentes, liefse sich auch, sogut das auf Zufall beruhen kann, als ein elegiseher Vers bei dem Febia theilen, und man könnte sich dafür auf Am. 8, 10 berufen. In 4 mufs man fragen, ob das eingeschobene 1px mit in den Rhythmus gehört dann wird mit der Anführung des Klageliedes selbst kein rechter Ernst gemacht; oder ob es nicht mit- gerechnet ist dann bleibt zwar das Uebergewicht des ersten Gliedes noch ausreichend gewahrt, aber der Ein- druck des Stückchens ist schwer geschädigt. Endlich Wlst sich, da in einem Stückchen von 2—3 Versen die oben gesetste Licens Nr. 3) nicht in Betracht kommen kann, als elegischer Vers schlechterdings nicht begreifen, und eine Umstellung, wodurch allerdings ein regelrechter Vers entstiinde, wage ich nicht zu vertheidigen. Nehme ich an, dafs der Text ganz in der ursprünglichen Fassung vorliegt, so muls ich zugeben, dafs der Prophet eine An wendung unseres strengen Schema nicht beabsichtigt hat, und das dann daraus erklären, dafs Seo, das allgemeinere Wort, voransteht, ‘mn, wie oben ausgeführt, ein kunstmäfsiges Klagelied wohl nicht bezeichnet : dafs der Dichter deshalb

) Nur scheinbar in v. 10° anders, wosu die Ueberseisung von DOW im ersten Glide zwang. 10 ist wohl nach Nr. 2) su er klären.

82 Budde, das hobräische Klagelied.

in der gewöhnlichen Rede verblieben ist und den Klagetn scharf genng durch die Rufe mm) und %% glaubte markir zu haben ').

Und nun will ich von der Schwelle des prophetische Schriftthums aus, wohin uns die Amos-Stellen geführt haben, allmählich hinabschreitend, die Stellen aufführen, an denen ohne Kundgebung der Absicht der Rhythmus des Klageliedes in zusammenhängenden Stücken sich findet; es wird sich daraus ergeben, was gewils nicht mehr über- raschen kann, dafs für den Propheten, den vorsugsweix : klagenden, elegischen Volksredner, dieser Tonfall ein vor andern beliebtes Mittel war, Stimmung bei dem Volke a erwecken.

So ist in Hosen 6, 7 ff. die Klage Gottes fiber die Treulosigkeit und Verderbtheit seines Volkes in die Form eines eigentlichen Klageliedes gegossen. Nur die Darstd- lung dieses Zustandes hat diese Form, das’ Vorhergehende nicht. Der Text ist von dem Masorethen mehrfach falsch abgetheilt; Aenderungen, die auch durch den Sinn geboten und theilweise schon vorgeschlagen sind, werden durch die Beobachtung des Rhythmus bestätigt. Vers 7 und 8 sind klar. In v. 9 ist der Schlufs des ersten Verses bei o'y%, die Cäsur bei Ov) zu setzen, nicht über das Zageph hin- weg bis zum Athnach fortzulesen ?). Es ergeben sich dann 2 regelmäfsige Verse, auch der Sinn gewinnt. Vers 10 ist mit omonx5 zu schliefsen (Verstheiler Athnach); das Ser’ mo) ist zu v. 11 zu ziehen, und das MW 2D in v. 11 ist zweites Subject zu NDI, wodurch Schwierigkeiten beseitigt werden. In dem kürzeren Halbvers 75 ap rw

‘) Zufällig sind wohl Anklänge an den Rhythmus des Klageliedes in 1, 6. 14; 2,2.

*) Aus Nowack Hosea ersehe ich, dafsauch Wünsche so theilt. Er hat hier Recht, die Bedenken N.’s dürften schon durch Stellen wie Jos. 10, 9; 29, 7 beseitigt sein und sind gewils nicht grofs.

Budde, das hebr&ische Klagelied. 33

wendet sich Gott in theilnehmender Anrede zu der neuen Person Juda hin, im Uebrigen wird sich Ewald’s Auf- fassung von Y¥p und dem ganzen Halbvers empfehlen. Die letzten Worte wey Maw ‘sw’s hat schon Ewald richtig zu cap. 7 gezogen, der Rhythmus bestätigt dies, indem sie nun mit den zwei ersten Worten von cap. 7 einen regelrechten Vers ausmachen und zwei weitere in v. 1 übrig lassen. (Haupttheiler das erste Zageph, Cäsuren bei dem Paschta und zweiten Zageph). Vers 2 enthält zwei, v. 3 einen richtig geschnittenen Vers, mit v. 4 bricht der Rhythmus ab. Es liegt also hier ein Stück von 12 tadel- losen Versen vor, bei dem Zufall ausgeschlossen ist. Dafs der Gegenstand für weitere Uebertragung des Klageliedes ein sehr geeigneter ist wird man nicht leugnen können. Bei dem älteren Jesaja findet sich cap. 1, 21 das ASW des Klageliedes, und mit ihm stellen sich zwei Klagelied- verse nach unserem Schema ein. In 21b ist deutlich der stärkere Einschnitt nach >, und das erste Glied nach Nr. 1 in Ordnung. In 22, 3. 4 liegen sicher vier Klagelied- verse vor; der Form und dem Inhalt nach könnten sie dem Buche der Klagelieder selbst angehören. Vers 1 und 2 dagegen würde man nur mit Mühe und nicht fehlerlos nach ‘dem Schema lesen können; doch mulfs ich, namentlich auch der Sprache und des Zusammenhangs wegen, ver- muthen, dafs v. 3 und 4 in späterer Zeit wegen der klage- liedähnlichen Haltung von v. 1. 2 hier eingeschoben sind, was hier nicht weiter ausgeführt werden kann. In cap. 23 die jesajanische Abfassung lasse ich hier dahingestellt gehört das Fragment aus dem Liede von der vergessenen Buhlerin hierher. Die Art der beiden Verse, die v. 16 bilden, ist wie 1, 21. b. Das Lied ist gewils ein spotten- des Klagelied über die quasi-Leiche gewesen, und unser kleines Fragment schliefst alles eher in sich, als dafs der Buhlerin ihr Singen so gut helfen werde, wie Tyrus sein

erneuter Handel. Es ist eben nur Hohn. Wir sehen also, Zeitschrift f. 4. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1882. 3

34 Budde, das hebräische Klagelied.

dafs auch der Volksmund sich des Klageliedes zu anderen Zwecken bemächtigt hat.

Bei Obadja finden sich zwei kleine Stücke, die in unserem Rhythmys verlaufen; beide lösen sich scharf aus der Umgebung los. Das zweite, v. 12—14, würde aw 8 Versen bestehen, deren zweites Glied mit einer Aus nahme (14a) von dem stereutypen ra Of2 (va ITS u.8. w.) gebildet wird. Es scheint hier die Annahme nicht ausgeschlossen, dafs ein formell gleicher Effect durch en materiell gans verschiedenes Motiv herbeigeführt ist; doch läfst der Gegenstand auch die Form des Klageliedes als beabsichtigt zu. Dagegen ist das erste Stück, v. 6. 7, ein aus 4 Versen bestehendes, nach Inhalt und Form ur- sprüngliches, mit dem charakteristischen we eingeleitetes Klageliedchen !). Dafs auch aus diesem Zusammenhange unter Zerstörung des rhythmischen Baues Stücke in Jer. 49 sich wiederfinden, dürfte als ein neues Moment für die wesentliche Priorität von Obadja zu betrachten sein 2).

Weiter darf ich nicht übergehen ein Paar von Pro- pheten, bei denen eine gewisse Abschwächung in dem Ge- brauche unseres Schema zu spüren ist, es sind das Nahum und Zephanja. Beide gebrauchen das Schema nicht mehr so absichtlich, nicht in so specifisch geeigneten, noch in so scharf abgegrenzten Stücken, es fliefst ihnen mehr unwill- kürlicb mit ein. Man könnte diese Erscheinung gegen den eigentlichen Kern dieser Abhandlung ins Feld führen, wenn nicht durch die grofse Zahl als Klagelieder ausdrück- lich bezeichneter Stücke die Thatsache selbst, dafs dieses Schema das des wirklichen Klageliedes war, unerschütter- lich feststände, und wenn nicht andererseits in den be- sprochenen prophetischen Stücken jeder Schritt, der weiter

1) In 7a das 55 zu streichen ? *) Wofür ich mich auch in Jahrbb. f. deutsche Theol. 1878 8. 456 entschieden habe,

86 Budde, das hebriische Klagelied.

Endlich noch das Buch Deutero-Jesaja. In seiner enarratio metrica des Jesaja gibt Gietmann für cap. 45, 14—25') und cap. 47 den versus hendecasyllabus an, worunter er den Vers von Thr. 1—4 und Jes. 14, 4 ff versteht. Nur sum Theil hat sich mir diese Beobachtung bestätigt, zunächst insofern, als sich hier allerdings und, soweit auch ich sehen kann, nirgend anderwärts in dem sonst der Form nach ziemlich gleichmälsig gehaltenen Buche der betreffende Vers vorfindet. Aber auch nur mit einiger Regelmäfsigkeit durchgeführt ist der Vers in dem ersten Stücke nicht. In co. 45, 14-265 sind es im Grunde nur wenige Verse, die eine sichere Theilung nach unserem Schema gewähren, v. 17 mit zwei, v. 26 mit einem Verse, daneben nur einzelne Theile der masorethischen Verse, während das Gleichgewicht durch andere Rhythmen so- gleich wieder gestört wird. Von bewulster Anwendung der Form des Klageliedes kann demnach hier keine Rede sein, wie denn auch der Inhalt in keiner Weise dasu auf- fordert. Anders steht es mit cap. 47. Da klingt uns in v. 1 in der Anrede an die Jungfrau, Tochter Babel, so- gleich das Klagelied entgegen, und wir werden, wenn auch hier spottweise, lebhaft erinnert an die Klage um Jeru- salem in dem Buche der Klagelieder, daneben an die Klage- lieder Esechiels. Aber wie bei den späteren Stücken dieses Propheten, so ist auch hier die Form nicht ängstlich ge- wahrt, sondern bricht nur an den Hauptstellen, von dem Inhalt fast unwillkürlich geschaffen, hindurch. So besteht v. 1 aus 3, v. 5, ganz gleichen Inhalts, aus 2 Klagelied- versen; v. 8 bietet 3 schon weniger scharf geschnittene Verse; v. 10 f. 6 ziemlich gute, und v. 14 fafst zum Schlufs den Rhythmus energisch auf und läfst das Klagelied in 5 guten Versen ausklingen. Dazwischen scheint es hie

!) 80 8. 25, 8. G1 der Druckfehler : 46.

Budde, das hebräische Klagelied. 37

und da, ale wenn wir es nur mit verwischten, verschwim- menden Klageliedrhythmen zu thun hätten, dann wieder treten ganz andere Rhythmen ein.

Die Thatsache, dafs nur hier im Buche des Deutero- jesaja die Form des Klageliedes sich findet, steht in schönster Congruenz mit der anderen, dafs dieses Stück auch dem Inhalte nach in dem ganzen Buche das einzige Klagelied genannt werden kann und in der Stimmung wie in dem Verhiltnifs des Propheten zu dem Gegenstand seiner Rede von allen anderen sich scharf abhebt ‘).

Soweit meine Beobachtungen in den prophetischen Büchern. Dafs sich gelegentlich dazu noch ein Nachtrag wird liefern lassen, wage ich nicht zu bezweifeln : doch ist, hoffe ich, mit obiger Aufziihlung annäbernde Vollstän- digkeit, wie beabsichtigt, so auch erreicht.

Ich schliefse die Reihe mit dem einzigen Stücke aus dem Buche der Psalmen, das sich völlig ebenbürtig jenen zur Seite stell. Ein eigentliches Klagelied auf den Tod eines Menschen findet sich in dieser Sammlung subjectiv- lyrischer Gedichte nicht. Zur übertragenen Anwendung des Klageliedes gehören folgende Bedingungen, die in den oben angeführten prophetischen Abschnitten, soweit sie sicher erkannt werden können, mit ganz unwesentlichen Ausnahmen, erfüllt sind : 1) Ein unwiderruflich abgeschlos- senes, irreparables Geschehen, auf das nur rückwärts ge- blickt wird, während der Blick in die Zukunft im wesent- lichen ausgeschlossen ist, 2) was damit gegeben ist : scharte Unterscheidung des Klagenden von dem Objecte seiner Klage. Dem entsprechen weder die persönlichen Klage- psalmen, in denen dic zweite Bedingung, noch die nationalen, in denen die erste regelimälsig verletzt wird, da sie alle den Blick in die Zukunft richten, keine gleichsam liturgische

) Man wird hiergegon cap. 68 unmöglich anführen können.

38 Budde, das hebräische Klagelied.

Haltung haben. Aber ein Psalm schlägt mit Bewufstsein in dramatischem Interesse den Ton des Klageliedes an, das ist Ps. 137. Ein frohes Lied fordern die Gewalthaber, aber nur Leichenklage um Zion tönen Mund und Saiten, und so erklingt die Antwort der Gefangenen sogleich in Gestalt eines Klageliedee um Jerusalem, in dem dießahreakens- bilder des Obey oY wieder heraufsteigen. Und wie es ausgeklungen, da richtet sich der Blick wieder zurück auf die Unterdrücker und die Gegenwart, und ein Fluch gegen Babel schliefst das Stück. Mit ye beginnt die Antwort der Gefangenen in v. 4, damit auch tritt das Schema des Klageliedes fest und sicher ein, bis zum 8. Verse hin, wo die Anrede 533°n2 wieder auf die Gegenwart hinlenkt. In 6 ganz unbezweifelbaren Klageliedversen hebt sich so der Kern des Psalmes von Einleitung und Schlufs ab, ein schlagendes Beispiel von dem specifischen Charakter, der dieser Versform beiwohnte.

Aber es gilt nun auch die Ausnahmen ins Auge zu fassen; die Fälle, in denen die Form des Klageliedes sich findet, ohne dafs ihr der Stoff entspräche, und weiterhin etwaige Klagelieder, die doch die hergebrachte Form nicht aufweisen.

Stücke der ersteren Art finden sich in dem Buche der Psalmen nicht selten, wie schon von Anderen bemerkt worden. So constatirt Ewald den ,Langvers*, De- litsech das „Cüsurenschema“ bei manchen Psalmen oder Theilen derselben : umfassendere Beobachtungen der Art finden sich bei Gietmann und besonders bei Ley. Wenn der letztere für diese Stücke einen besonderen Vers, den Dekameter, im Unterschied von seinem elegischen Penta- meter, annimmt, so sind formelle Gründe, die hier allein entscheiden können, dafür nicht beizubringen, wie denn auch keineswegs jedesmal Verspaare, dem Ley’schen Dekameter entsprechend, sich in jenen Psalmen zusammen-

Budde, das hebräische Klagelied. 39

thliefeen lassen '). Genauere Erkenntnifs des uns beschif- genden Verses aber gebietet eine scharfe Sichtung der m Ley aufgeführten Psalmen, zumal dieser nicht weniger s 8 rhythmisch ganz verschieden wirkende Verse unter sm Begriff des Dekameters zusammenfafst.

Obenan mufs Ps. 42—43 stehen ?), weil bei ihm die [öglichkeit nicht abzuweisen ist, dals der Dichter mit ewulstsein die Form des Klageliedes als seinem Stoffe, em eines persönlichen Klageliedes, entsprechend gewählt at. Der Beweis für diese Möglichkeit liegt vor in Threni 3. ach dort ist Subject und Object der Klage identisch, uischt sich die Huffnung auf eine bessere Zukunft ein; ndererseits zeigen uns 42, 5. 7; 43, 3 genügende Spuren uch objectiver Verluste. Das Stück ist weit überwiegend ı Versen nach unserem Schema, aber mit sehr leichter ‚äsur, geschrieben, der Kehrvers (v. 6. 12; 43, 5) besteht us zwei Versen, deren zweitem noch ein drittes Glied IR YO MW) hinzugefügt ist °).

Die übrigen Stücke mögen nach der Psalmzahl ge- rdnet folgen. Grölsere Kürze empfiehlt sich bei diesem \ppendix von selbst. Am leichtesten erkennbar und am ligemeinsten erkannt ist Pr. 19, v. 8 ff. Ueber die Frage, rieweit diese Versform reiche, herrscht grofse Meinungs- erschiedenheit *). Meine Abtheilung stimmt bis v. 14 mit

%) Vgl. Ley 8. 52 f. 45 f., Gietmaun 8. 85.

*) Erkannt von Ewald und Ley.

*) Vers 1a (bis sum Athnach) stimmt nicht; in 1b die Cäsur beim liphcha. In 8b die Cäsur beim Rebia. v. 5 gibt zu Bedenken An- afs : ich würde versuchen, in a und b die Cäsur vor %y und y zu etsen. In v. 7 schliefst a mit "=. v. 9 stimmt nicht. v. [la a st mur swei Worte (otwa su lesen : ninyy> ny riz 33°). 48, 1b cheint unvollständig. In 4a ist das zweite Glied su lang, in 4b das wete Glied etwas kurz. Trotz dieser Bedenken glaube ich nach reif- icher Ueberlegung an beabsichtigte und ursprünglich vorhandene Regelm&fsigkeit.

*) Schlimme Verwirrung stiftet hier Ley (8. 256 f.). Vgl.’ übrigens ie bekannten Autoren.

40 | Budde, das hebräische Klagelied.

der von Delitzsch, ich erkenne bis dahin 12 klare Vem |: nach unserem Schema, nur 11a und b nach Nr. 2 se |i klären. In v. 15 dagegen ist der Verstheiler nicht zu ver } legen : ich sehe darin einen abschliefsenden Vers wie da | Kehrvers 42, 6 u. s. w., gebildet durch Hinzufügung eins } dritten Gliedes.

In Ps. 27 scheinen v. 1—10 nach unserem Schem gebaut zu sein. Etwas schwierig 2a und 7; schwierige v. 6, aus dem mit der Bickell’schen Vermuthung mr statt mm) drei wonig befriedigende Verse zu mache wären. Dagegen sind v. 8 und 9 dadurch herzustelke, | dafs von v. 9 die Worte 320 "non Sx (0 zu streiche) zu v. 8 gezogen werden. Es entstehen dann 4 gute Vers, und auch der Sinn gewinnt. Von v. 11 an tritt ein anderer Vers ein !).

In Ps. 65 hat Delitzsch richtig ein Stück nach unserem Schema abgegrenzt, die Verse 5—8, 5 Verse ent- haltend und einen sechsten, v. 8, wiederum mit Hinzu fügung eines kurzen dritten Gliedes. Wenn nun Giet- mann es fertig bringt, den ganzen Psalm nach dem versus hendecasyllabus abzutheilen (S. 108), so beweist er eben damit, dafs auch bei seinem System alles möglich ist. Die Verse, mit "ws beginnend, heben sich in ihrem ruhigen Lob Gottes klar aus dem Zusamınenhang heraus.

In Ps. 84 scheint zu Anfang ein zusammenhängende Stück vorzuliegen. Vers 2 und 3 bieten drei gute Verse, v. 5 und 6 je einen. Vers 4 gibt zuerst einen guten Vers (zweites Glied mb jp m); die zweite Hälfte des Verses ist dreigliederig : die richtige Iösung der Schwierigkeit nach Sinn und Metrum hat Ley gefunden (Stud. u. Knit 1877, 3.508), indem er MON ANS WR streicht und 50 einen zweiten guten Vers gewinnt. „Die Schwalbe, die bei den

ı) Hier wie anderwärts mufs Ley zwischen seinen Dekameten ungezählte Halbverse stehen lassen.

Budde, das hebrXische Klagelied. Al

Heiligthiimern Jahve’s nisten darf, ist glücklich gegen den Sanger, der fern sein mufs.“ V. 7 ist vielleicht als ver- mehrter Schlufsvers zu betrachten. Weiter vermag ich hier den Vers nicht zu verfolgen und verweise dafür auf Bickell und Gietmann.

Ps. 101 ist ganz in unserem Schema gehalten, ziemlich allgemein beobachtet ').

Endlich ist unser Rhythmus besonders häufig in der Reihe der nvdbyan nw, Ps. 120—134, derart, dafs sie noth- wendig gemeinschaftlich in Betracht gezogen werden müssen. Es hat mir zwar mit meinen beschränkteren Mitteln nicht gelingen wollen, wie Bickell die ganze Reihe aufser Ps. 132 nach diesem Schema zu erklären *), noch auch wie Gietmann und Ley bestimmte Psalmen diesem, andere ebenso bestimmt verschiedenen anderen Schemata zuzu- weisen °) : ich will mich darauf beschränken, das that- sächlich nach unserem Schema zu Beobachtende anzuführen.

In Ps. 120 widerstreben dem Schema nur v. 2 und 5; in beiden liegen Textänderungen zur Herstellung desselben nicht fern.

In Ps. 121 sind v. 1. 2 anders gebaut; am Ende von v. 7 darf nicht mit Ley nach LXX ein mt eingeschoben werden.

') Ewald constatirt nar „meistens lange Versglieder“, ganz richtig wieder Delitzsch gegenüber den Velleitäten von Ley, Bickell, Gietmann. Vers 1 und 2a sind nicht gans in Ordnung. LXX ziehen Tue su v. 2 und lassen ein folgen; der Versbau würde dann be-

friedigen, der Sinn, wie mir scheint, verlieren. Vielleicht statt "yp blos er zu lesen, statt ve in v. 2 15. v. 8a nach Nr. 2, nicht gans leicht. Daneben 11 gute Verse.

*) Hier bei Bickell das Schema 7, 5, 7, 5 u. s. w., für diese Stücke auch von Gietmann statt seines hendecasyllabus angenommen.

*) Interessant ist es zu sehen, wie Ley 127 und 180 als Hexam. suffafst, die Gietm. nach 7, 5 construirt; Gietm. 128, 125, 184 als beptas., 128 als bexas., Ley diese sämmtlich als dekam. und pentam, 'aufführt.

43 Buddo, das hebräische Kingelied.

In Pe. 122 sind die Verse 2, 4 (2 Verse), 6, 7, 9 nach unserem Schema zu lesen, die Verse 1, 3, 5, 8 nicht.

Ps. 123 bietet nur in v. 1 und Ende v. 2 Spuren. Delitzsch theilt ihn nach dem Cäsurenschema.

In Ps. 124 würde die Hälfte der Verse : 1, 2, 5, 6 stimmen.

In Ps. 126 heben sich die Verse 3 und 4 mit 3 Versen heraus.

Pe. 126 gehört ganz unserem Schema an. Es wider- strebt da nur v. 2b mit zu langem ersten, v. 6a mit etwas langem zweiten Gliede.

Ps. 127 bietet aufser in 2b tiberall Verse nach unserem Schema, nur mehrfach nicht scharf geschnitten, so besonders in v. 1 und 3.

Ps. 128 ist nach unserem Schema gebaut; v. 5 würde aus zwei klaren Versen bestehen, wenn nach dem Haupt- theiler noch ein kürzeres paralleles (ilied folgte, das auch für den Zusammenhang wünschenswerth ist.

In Ps. 129 stimmen nicht v. 6 und 8; v. 4 mülste nach Nr. 3 getheilt werden.

In Ps. 1380 ist v. 2 bis zum Haupttheiler zu v. 1 zu ziehen. Es stimmen dann alle Verse bis auf 6 und 7.

Px. 131 stimmt bis auf v. 2, der ein Glied zuviel hat: vielleicht ist wo) %y Som als Glosse zu entfernen. So auch Bickell.

In fs. 132 lassen sich nur die Verse 1, 4, 9, 12—14 nach unserem Schema lesen, 13 und 14 unsicher genug. Die Absicht scheint hier ausgeschlossen, umsomehr, als auch Ps. 133 nicht ohne künstliche Theilungen ') und Ps. 134 gar nicht nach unserem Schema zu lesen sind.

Das Resultat scheint mir folgendes zu sein. Die Psalmen 120 und 121, 126—131, also 8 von 15 sind höchst wahr-

!) Vgl. am besten noch Gietmann 8. 130, mit dessen Theilung meine eigene versuchsweise unternommene genau übereinstimmt.

44 Budde, das hebräische Klagelied.

irgend Rücksicht zu nehmen. Die Möglichkeit solchen Verfahrens kann nicht bestritten werden; die Zeit, von der an sich die Kunstpoesie in dieser Weise populärer Form bemichtigte, lifst sich nicht bestimmen, doch sind unter den angeführten Psalmen keine Stücke von unzweifelhaft hobem Alter; auf die völlig gesicherte Beobachtung unseres Schema bei dem Klagelied kann dadurch kein Schatten geworfen werden.

Aber auch an Beispielen für den anderen Fall, dals für ein wirkliches Klagelied die gefundene Form nicht an- gewandt ist, fehlt es nicht, vielmehr lassen gerade die beiden einzigen wirklichen Klagelieder, d. h. Lieder auf den Tod eines Menschen, die im alten Testament vor- kommen, IJ. Sam. 1, 19—27 und 3, 33 f. dieselbe ver- missen '), Bei dem zweiten Stück, dem Klagelied Davids über Abner, kann man zweifeln, ob es wirklich genaue Wiedergabe der Worte, oder nur zusammenfassende Inhalts- angabe ohne jede Rücksicht auf die Form ist; bei dem Klageliede David’s über Saul und Jonathan aber ist das unmöglich, das Stück ist eine MYp in extenso, als Kunst- werk auch der Form nach aufzufassen. Da nun die ältesten uns erhaltenen Stücke nach dem Klageliedschema bei Amos und Hosea, nicht über das 8. Jahrhundert zurückgehen, könnte man annehmen wollen, dafs sich diese Klagelied- form erst nach David entwickelt habe; aber ich vermag dieses Auskunftsmittel nicht zu ergreifen, weil ich mich versichert halte, dafs, was im 8. Jahrhundert schon in tibertragenem Sinne verwandt werden konnte, als integri- render Bestandtheil der Sitte in hohes Alterthum, auch über David hinauf reichen mufs. Die richtige Erklärung ist eine ganz andere. Wohl haben wir es mit einer IP zu thun, aber nicht mit der officiellen, stereotypen der

t) Kin Umstand, der gewifs vielfach, namentlich bei Ewald, der richtigen Erkenntnils bezüglich des Klageliedes im Wege gestanden hat.

Budde, das hobräische Klagelied. 45

weiber, sondern mit einer exceptionellen, privaten, 2 eben darum auch der populären, gewils sehr kunstlos ihabten Form entzieht und in freien, dem Gefühle los entströmenden Rhythmen sich ergeht. Je weiter umso weniger wahrscheinlich, dafs der König sich thythmen der Klageweiber anbequemt. Man darf cht die Hypothese wagen, dafs nie ein eigentliches lied aufser denen der Klageweiber nach unserem aa gesungen ist; dals dieses vielmehr aulser der prak- n Verwendung im täglichen Leben nur übertragen nwendung kommen konnte, und keine Spur desselben ns gekommen wire, wenn nicht diese letztere Ver- ıng bei den Propheten aufgekommen und beliebt ge- m wäre. [ein Material ist erschöpft : es bleiben mir aus dem legten nur noch einige Folgerungen zu ziehen. Zu- am Buche der Klagelieder. Warum cap. 5 nicht in >rm des Klageliedes geschrieben, ist nun klar : weil m kein Klagelied ist, der Dichter hier keine Veran- w fand, an die Leichenklage zu erinnern. Das hin- msoweniger, falls man sonst dazu Veranlassung zu glaubt, das Lied derselben Hand zuzuschreiben ; es sich abschliefsend als Schilderung der traurigen Gegen- -echt gut an die Klage der Vergangenheit an. Um :herer rührt cap. 3 nicht von dem Verfasser der sn Capitel her. Es repräsentirt ein sehr weit vorge- -enes Stadium der Uebertragung, dem die wichtigsten male der eigentlichen Leichenklage (s. oben) fehlen, .ur noch etwa durch Ps. 42 f. belegt werden kann. ‘orm ist eben der der zwei ersten Capitel genau nach- it, zugleich aber in einer Aeulserlichkeit übertrieben; thalt mufste wohl schon deshalb ein persönlich-sub- x werden, weil der Verfasser über den Gegenstand apitel 1, 2, 4 nichts neues und nicht aus eigener An- img zu berichten wufste. Von der gerühmten und

46 Budde, das hobräische Kiagelied.

besonders von Ewald eifrig verfochtenen Einheitlichkeit und Planmälsigkeit des Buches der Klagelieder bleibt dem- nach nicht viel übrig; nur damit mag es seine Richtigkeit haben, dafs der Verf. von cap. 3, schon von der Sage aus- gehend, dafs Jeremia der Verfasser der Lieder sei (vgl. II. Chron. 35, 25), sein Stück in die Mitte einrückte, ge rade um dem Ganzen mebr Manuigfaltigkeit und Leben and damit sugleich festeren Halt zu verleihen. Das erste Capitel dem Vertasser von 2 und 4 absusprechen, wie Thenius thut, sehe ich keinen Grund ').

Viel wichtiger sind die Schlüsse, die von hier aus für die gesammte Poetik der Hebrüer sich ergeben, und, wie mir scheint, sehr geeignet, beliebt gewordene falsche Theorieen zu widerlegen. Wir haben einen bestimmten, scharf geschnittenen Vers erkannt und von allen anderen klar unterschieden, der dewufste Gebrauch dieses Verses, im Unterschiede von anders gearteten, zu einem bestimmten Zwecke, reicht in der uns erhaltenen Literatur bis in hohes Alterthum hinauf und mufs im Leben noch viel weiter zurückgreifen. Es ist dies die erste vollkommen gesicherte Be- obachtung dieser Art, und wir werden gut thun, uns daran vor allem zu halten. Der Unterschied dieses Verses von anderen beruht auf der Zahl seiner Glieder und ihrem Längenverhältnifs untereinander ?). Diese Glieder aber werden abgetheilt durch Einschnitte des Sinne«, nieht durch

1) Das oben ekissirte Resultat stützt sich natürlich auch auf andere Gründe, die hier keine Stelle finden.

*) Den Versuch wirklicher Messung der einselnen Versglieder nach einem bestimmten Mafsstabe, Bilbe, Versfufs, Hebung, Wort, würde ich selbst dann hier unterlassen, wenn ich die Ueberzeugung theilte, dafs hier und senst in der hebräischen Poesie nach genauem Metrum gearbeitet wäre. Ich verweise dafür nur auf Auge und Ohr, die hier jedenfalls ausreichen. Viel liegt mir daran, eine hier hoffentlich er- reichbure Einigung nicht sogleich wieder durch mehr oder minder sub- jective Theorieen su gefährden.

48 Budde, das hebräische Klagelied.

hervortrete, und der ,Parallelismus des Gedankens®, wenn er vorkomme, meistens der Unterparallelismus eines Gliedes fir sich sei. Dieses Vorkommen, von de Wette der Häufigkeit nach nur bedeutend unterschätzt, beweist eben am besten, dafs wir es hier nicht mit Versgliedern, sondern (wenigstens ursprünglich) mit selbständigen Versen zu thun haben. Und diese Thatsache wird unumstöfslich durch die Gewilsheit, dafs unsere Verse gesungen worden sind und gerade die wiederkehrende sweitheilige, aus längerem Auf- und kürzerem Abgesang bestehende Melodie es gewesen sein muls, die diese regelmäfsige Wiederkehr des Vers- rhythmus bedingte. Nicht mit je 2 oder mit je 8 Versen war die Melodie zu Ende, sondern mit jedem einzelnen unserer Verse; denn in Thr. 4 vereinigt der Buchstabe je 2, in Thr. 1 und 2 je 3 Verse, in anderen Stücken schliefsen sich noch andere Summen, und zwar höchst schwankende und verschiedene an einander an, und doch wollen alle diese Stücke denselben eintönigen Rhythmus des populären Klageliedes wiedergeben. Vielleicht unbewufst hat denn auch unser Klageliedvers selbst die entschlossensten Me- triker in nicht geringe Verlegenheit gebracht. Ley, der seine Strophen auf ganze Verse, nicht auf Stichen aufbaut, erkennt in den Threni einen ,elegischen Pentameter*, während er denselben Vers sonst zum Dekameter macht, ohne doch dazwischen die pentametrischen Halbzeilen los- zuwerden. Bickell, der mit Stichen operirt, erkennt um- gekehrt in Thr. 1—4 ein metrum dodecasyllabum, während er für die Psalmen (14, 19, 27, 48, 84, 101) ein Schema 7,4, 7, 4, für die „psalmi graduales* und einige andere 7, 5, 7, 5 statuirt. Ebenso Gietmann, nur dafs er dem versus hendecasyllabus der Klagelieder noch einige Stücke zuweist, unter anderen auch Ps. 14, 19, 27, 84, 101 : zum Beweise der Identität beider Metra. Es bleibt dabei, der Vers des Klageliedes schliefst sich in einmaligem Eintritt des längeren und des kürzeren Gliedes ab.

Budde, das hebriische Klagelied. 49

Der zu Grunde liegende feste zweigliedrige Parallelismus aber stellt unseren Vers dem allgemeinen Verse mit gleich- schwebenden Gliedern an die Seite; der Klageliedvers mußs- durch Modification des letzteren entstanden sein. Durch regelmifsige Verstümmelung des zweiten Gliedes in einem gewöhnlichen Verse ist dieser für das Klagelied in so hohem Mafse gevignete Vers mit seinem echoartigen Nachhall, dem immer wiederholten Hinsterben des Rhythmus, ge- achaffen. Ist nun der Parallelismus in dem Verse des Klageliedes poetische Form und nicht blofs rhetorischer Charakter, so ist er es auch in dem gleichschwebenden und in anders modificirten hebräischen Versen. Im Verse wird sich die einfache Melodie des alten hebräischen Liedes tiberhaupt ebenso abgeschlossen haben, wie dies für das Klagelied bewiesen ist, und damit ist dem neuerdings so beliebten Verfahren, den Stichos als die metrische Einheit hinzustellen, um dann desto ungestörter rhythmisch werth- lose Strophen nach eigenstem Ermessen zu bilden, wie mir scheint, das Urtheil gesprochen !).

Aber auch hier möchte ich nicht nur negiren, sondern, soweit es an mir ist und mein Gegenstand es mit sich bringt, auch aufbauen. Und dazu dürfte nicht leicht ein anderer Ausschnitt dieses Gebietes so geeignet sein, wie dieser. Der herrschende hebräische Vers mit seinen gleich- schwebenden Gliedern ist zur Bildung von Strophen, von höheren rhythmischen Einheiten, der denkbar ungeschick- teste. Er ist es darum, weil er sich als schon zusammen- gesetzte Einheit nach innen hin selbst so fest abschliefst und seinen eigenen Schwerpunkt schafft, dafs er einen An- schlufs über sich hinaus nicht nur nicht verlangt, sondern eher abweist. Daher zum guten Theil die überwiegend

*) Höchst erfreulich war mir, neben anderen gelegentlichen Aeufse- rungen von Fachgenossen, die derbe Skeptik, mit der Gietmann (8. 85 f.) die ganze Strophensucht abweist.

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 2. 1882. 4

8 Budde, das hebriische Klagelied.

gnomische, fast aphoristisch klingende Haltung hebräischer Poesie, der Mangel einer eigentlichen epischen Kunstform; daher das immer wiederholte Bemühen eifriger Strophen- theoretiker, den Hemmschuh des Parallelismus loszuwerden. Es ist deshalb in hohem Grade unwahrscheinlich, dals Strophen, die den Namen verdienen, zu den ursprünglichen Bildungen hebräischer Poesie gehören. Etwas besser steht es in dieser Hinsicht mit dem Klageliedverse, wie wir dn- selben in einer so grofsen Reihe von Stücken verfolgt haben. Der starre centrale Bau des Verses ist hier durch- brochen, das Gleichgewicht aufgehoben, weil der Theil- punkt sich nicht mehr mit dem Schwerpunkt deckt; der Vers eilt auf das Ende zu, weist über sich hinaus und er- strebt ein neues Gleichgewicht durch Anschmiegung an einen gleichen Vers, nach demselben Gesetze, das die Glieder sum Verse zusammenfügte !). Dasu drängte noch der weitere Umstand, dafs es bei umfangreichen Gedichten immer schwerer werden mulste, das kürzere Glied sur vollwichtigen Parallele des ersten auszubilden, während zu gleicher Zeit der scharfe, unverbrüchliche Zuschnitt der beiden Glieder einen unmittelbar rhythmischen Eindruck machte und den Sinnesparalleliamus kaum mehr vermissen liefs. So wurde das zweite kürzere Glied häufig blofs da- durch gebildet, dafs ein Satztheil Subject, Prädicat, Object, adverbiale Bestimmung aufgespart und in auf- fallender Weise an das Ende geschoben wurde, wie sich die Beispiele dafür in den besprochenen Stücken zahlreich finden. Solche rhythmisch vollständigen Verse verlangten aber dem Sinne nach parallele Ergänzung, und so schlossen sich wohl von selbst, ohne irgend welche Absicht der Bil- dung höherer poetischer Einheiten, meistens zwei oder mehr Klageliedverse enger an einander an, als dies sonst der

*) Vgl. Hupfeld, Psalmen, 2. Aufl. 8. 23 ff.

52 Budde, das hebriieche Klagelied.

ständen, begegnen, berechtigt nicht nur, sondern nöthigt uns zu der gröfsesten Behutsamkeit auf diesem Gebiete, und ein frommer Wunsch mufs vor allem im Interesse der Sache ausgesprochen werden : dafs man mit strophischen Theorieen doch solange zurückhalten möge, bis wir in das Wesen des hebräischen Verses tiefer eingedrungen sind, als das bisher der Fall ist.

Ein Beitrag sur Lösung dieser Aufgabe will der vor liegende Aufsatz sein.

Erst nach Abschlufs dieses Aufsatses wurde mir be kannt : Neteler, Grundsüge der hebräischen Metrik der Psalmen. Münster 1879. Der Verf. tritt der Hauptsache nach in die Fufstapfen Ley’s, indem er die masorethische Aussprache und Accentuation beibehält, die Tonsilben zählt, den masorethischen Vers, wenigstens principiell, zur me trischen Einheit macht. Das Resultat seiner Zählungen ist, trotzdem er in seinen Regeln grofsen Spielraum lälst, ein wenig befriedigendes und dazu oft genug nach da Verf. eigenen Regeln anzufechten. Wie kühn er gelegent- lich verfährt, mag Psalm 2 zeigen (8. 10), in welchem er das erste Wort von v. 2, die 2 ersten von v. 8 zu dem vorhergehenden Verse zieht, v. 12 vom Athnach an als selbständigen Vers von drei Füfsen abtrennt. Von den in vorliegender Arbeit behandelten Stticken hat er die Psalmen 121, 122, 127, 128, 129 berticksichtigt (S. 21 f.), doch ist seine Analyse für uns werthlos, da er das Verhältnifs der Stichen zu einander gar nicht in Erwägung sieht, ja den- | selben nach S. 6 metrische Geltung ganz absusprechen | scheint. Zu 8. 12 Anm. 2 muls ich berichtigen, dafs | nur die Uebersetsung von Jes. 14 von Kamphausen |, herrührt, die dort angeführte Strophenabtheilung dagega |

von Bunsen selbst.

Lexikalisches von Georg Hoffmann. (Bohluls.)

II. fare. var.

Eine Untersuchung dieser Worte, welche Abraham Geiger’s Bemerkungen angeregt haben, erschien nach den wenig sachkundigen und schwankenden Begriffsbestim- mungen in Jacob Levy’s neuhebräischem Wörterbuche wünschenswerth. Bis wir ein wirkliches Wörterbuch der Mischna von einem Forscher erhalten, der, wie Blümner auf dem Gebiete des Griechischen und Lateinischen gethan, von der Untersuchung der Sachen ausgeht, der die Mischna von ihren Auslegern in der Gemara, das Hebräische vom Aramäischen scheidet, wird J. Levy immerhin einem nicht- jüdischen Gelehrten neben Buxtorf und namentlich Surenhusius seinen Weg erleichtern.

8 1. op bedeutet ursprünglich eine rechteckige Kiste ohne Boden, welche auf den feuchten Thon gedrückt und mit einem Holz oben abgestrichen (abgezogen) wird, um den Ziegel zu formen; dabei liegt der Thon auf einer ebenen Fläche : Ziegel streichen, zAsv#ovAxelv. Diese Bedeutung hat das Wort, abgesehen von der im vorigen Abschnitt besprochenen Stelle, Bäbä msi‘ä 116b pawn ob ‚mx ION RED 9) % nm mopbpb mb map Pro an Dy

:uayn“. Diese Stelle ist ein Interpretament der Mischna Baba mai‘a 10, 1: „Wenn der Oberstock eines Hauses“, heifst es da, „und das übrige Haus zwei verschiedenen Personen angehört und einstürzt, so theilen sie sich nach dem Einsturz in die Trümmer; kann einer der Besitzer

54 Hoffmann, Lexikalisches.

die vor dem Einsturz zu seinem Theil gehörenden Steine herauserkennen, so erhält er sie und sie werden ihm ange rechnet : jo 1 may) PHb Ta NYO TID [me Re TN OF Jownnm. Bei der Berechnung, sagt die Gemara, können entweder die zerbrocbenen Steine resp. Ziegel gezählt werden maw nawrn, oder nur die ganzen nmw ‘nm. Nach R. Abai’s Meinung ist das Letztere die Ansicht der Mischna : „Wenn dem so ist, was folgt daraus? Man hat Profit bei einer breiten Ziegelform, falls nämlich auch der Thon von der durchgearbeiteten Sorte ist“. Bei Vernach- lässigung von Bruchtheilen, mithin auch der Differenz un- gleicher Ziegelgröfsen, hat Vortheil, wer einen grölser aus gefallenen Ziegel guter Qualität bekommt. Barhebraeus Horr. myst. zu 2 Sam. 12, 31 s. Hs. Berlin. iind a aad» Lied BH. versteht also x2evPloy als ,Ziegelform® ; und diese Bedeutung wird auch anerkannt bei G. D. Victor, Caten. in Ierem. t. 2 p. 794 D : zA»dlo» xvglac ro Evdov @ rAarrovm tag xAlyPovg. So entnehme ich das Citat von Hase in Stephani thesaurus : das Original ist mir unzuginglich. Dies ist auch im Griechischen die Urbedeutung des Wortes, was H. Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Grieeben nnd Römern 1879, II, 16 übersehen hat. Auch Maimo- nides erwähnt in seinem Commentar zur Mischna dfter diese Bedeutung von }250; das Arabische hat dafür nach

Gauhart und Qämüs in seiner Instrumentalform AS che cyl.

$ 2. In dieser auf eine ihrer flachen Seiten gestellten Ziegelform, oder einem nach diesem Muster gefertigten

Rahmen, transportirten die Ziegelstreicher die neuen Ziegel. Dies geht hervor aus Butrus Bistäny’s al-Muhlt

LU vot cst all as ee 3 olell. „Al-Milban heist ein Ding, worin man Ziegel trägt, d. i. ein Geräth des

Hoffmann, Lexikalisches. . 56

Ziegelstreichers®, vgl. mit Je" bei Bar BahltlSocin praise edo Whale .\inwie 059 zw. Diese Bedeutung vor Js ist also von der „Korb® und andern zu unterscheiden : vgl. Lane-Zenker Sitten u. Gebr. der Aegypter 3, 56; Dosy, Supplém. u. s. w.

83. Diese hölzerne Ziegelform vergröfsert und auf eine ihrer breiten Flächen gestellt, gibt die Thür- und Fenster- rahmen, welche in die Maueröffnung eingesetzt zur Auf- nahme der Fenstergitter, beziehungsweise der Thürangeln mit Thüre dienen. Diese Kategorie ist bereits ausführlich besprochen von Frähn, Ibn Foszlan, 1823, 8. 121.

1. Fensterrahmen Mischna Baba bathra 3, 6 nr1yon yn Tee 33 angen por en n we nom 75 wm mens pin mb pe m WON TOW TMD a7 Finns ons) di oma bw wien 2 mm 00% ir Dar Se wan pre vo dy Ae Jabo np. Die babylonische Gemara dazu : Aipyyp m 1290

IND PYD SeDwD) po Tomb nbyobn porn

„Auf das ägyptische Fenster findet kein Besitzrecht Anwendung, dagegen auf das tyrische. Welcher Art ist das ägyptische Fenster? Jedes durch welches der Kopf eines Menschen nicht hindurchgesteckt werden kann. R.Je- huda sagt : wenn es einen hölzernen Rahmen hat, selbst wenn der Kopf eines Menschen nicht hindurch gesteckt werden kann, findet dennoch das Besitzrecht darauf An- wendung.“

„Malben ist die Schwelle des Fensters oberwärts, unter- wärts, rechts und links, entsprechend der Mauerdffnung.*

M. Negaim 13, 3 madam ww) ovede Rähme und Fenstergitter vgl. Frähn, Ibn Foszlan 8. 121. Lane, Sitten und Gebräuche der heutigen Aegypter v. Zenker 1852, I, Taf. 2.

2. Thürrahmen bestehend aus den Thürpfosten, der Ober- und der Unterschwelle :

66 Hoffmaan, Lexikalisches.

onno Sw nvs5o T. B.-Baba bathra 69a. Daher inter pretirt Barhebraeus Peschit. Ex. 41, 23, wo von zwei Lace Schwellen, die Rede ist, jrcisad u fospied wits l2üse, wheot „d. h. den viereckigen Rahmen.“

Hierher möchte ich die Stelle Talm. Jer. Schabb. XII Anf. ziehen : a m Sw mon II 3 OW THT ord 123 Sy wm pdm dou abe wee way TÜR - TOD OD 3v> ,Rab* Jeremja sagt im Namen Rab’s : Wer aa Kräuterlager (vgl. Becker, Charikles II, 122 asus) zusammenlegt am Sabbat, gilt für schuldig als Bauender: Rab: Ze éra dagegen sagt : er hat nicht mehr Arbeit ver- schuldet als einer der am Sabbat einen Rahmen auf die Ziegel [einer Maueröffnung] stellt“. Beide Rabbinen gehen von dem Grundsatz aus (Mischna Schabb. XII, 1: m naws mrovpnn naar nano mwym), dafs nur Arbeit, die ein Werk von Dauer erzeugt, Sabbatsverletzung herbei- führe; sie unterscheiden sich in dem, was sie für daner- haft ansehen sollen. Der Vergleich des Ze dra bezieht sich also wohl nur auf Einstellung eines Thtr- oder Fenster rahmens in eine Wandöffnung, ohne ihn zu befestigen : das ist keine fertige Arbeit, obschon unter Umständen etwas nütze. Wäre, wie J. Levy meint, 7259 hier „Zie gelform“, so würde das Auflegen der Ziegelform doch wohl einen Ziegel fertig stellen heifsen, und zu viel Sabbatarbeit sein? Auch sollte man pwn 2) Sy WIN gesagt erwarten.

8 4. y25n heifsen die su einem Rechteck zusammenge- fügten Bretter oder Balken eines Bettes Mwy, eines Sophas nw “y, eines Stuhles xo>.

1. mon ber jaop. Von der Vorstellung, die man sich von der jüdischen Bettstelle der ersten christlichen Jahr hunderte macht, hängt ab, welcher Theil des Bettes unter diesem Namen zu verstehen ist. Gewisse Termini weisen darauf hin, dafs die Bettstelle, wie Anderes dieser Art, nach den Mustern römischer Industrie gefertigt zu werden pflegte, und in der That stimmt die Zusammensetzung de

Hoffmann, Lexikalisches. 57

me, welche der Talmud errathen läfst, mit derjenigen der römisch-griechischen xAlvr überein. Ueber diese vgl. W. A. Becker, Charikles 1840, II, 117; Gallus 1838,1,42. Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, 1876, 8. 153 f., und namentlich Overbeck, Pompeji 8. 378.

Zwei kurze Balken ningp und zwei lange ni sind zu einem Rechteck in einander eingesapft : Talm. B. Sukka 15b, 16a, Schabb. 43a, 158b; Mischna, Kelim 19,6. Waren die langen Balken serbrochen, so konnte man zur Kin- setzung von neuen die alten Zapflöcher 039) (in den Kurs- balken) benutzen : Kelim 19, 6. In die vier Ecken dieses Rahmens 955 waren von unterwärts die Bettbeine O’y3 oder Bettfülse or mittelst ihrer Zapfen mw eingelassen, eodafs derselbe unmittelbar auf den Beinen ruhte. Der 12990 war mit Stricken netzartig bespannt sow; die Maschen- vierecke heifsen O’n3; an dem Rahmenhelze waren diese Seile mittels der NY befestigt.

Es waren dies wahrscheinlich an das Rahmenholz ge- schlagene kurze metallene Rökrenstücke, durch welche die Seile, wie durch Ringe, gezogen wurden. Denn Sy p% ws M. Negaim 10, 10 ist der oberste Halswirbel hinter- wirts; nu Sw DD ebd. 10, 9 der Kehlkopf, namentlich sofern er sich als sog. Adamsapfel vorn am Halse be merkbar macht (nicht also das ,Zipfchen* im Mund wie Buxtorf will); 9% ist ferner an einem Wein- oder Oel- schlauche eine verschliefsbare (metallene) Einfassung der Mündungen (Tülle, Hahn), durch deren Loch ausgegessen, oder, sofern es sich um die gröfste Oeffnung dieser Art am Schlauche handelt, eingegossen wurde : Vgl. Guhl u. Koner, d. Leb. d. Gr. u. R. S. 579. - M. Kelim 17, 12: Pow na mpp> rye’ mon m mm. Vgl.Lane-Zenker, Sitten und Gebräuche der h. Aegypter II, Taf. 40. 41.

zum Spinnen ist der Wirtel, verticillum, fusajolo, eine durchbohrte Halbkugel, in welcher der lange Spindelstab fusus steckt, von Metall, entweder daraus gegossen “7%

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nome, oder nur damit beschlagen Mowe Kelim 11, 6, zur Beschwerung und Beschleunigung der Spindelumdrehung dienend : Kelim 21, 1. Vgl. H. Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern 1875 I, 120. Wilkinson, Manners and Customs of the ancient Aegyptians 1837, IH, 136. np%0 theilt also die Bedeutungen von oyordulog, orpögıyE (orpoglyyıov) und ist vielleicht Femininum von p'pm, ein Röhrchen, vgl. m. Auszüge a. syr. Act. pers. Märt. N. 1011.

An die Stelle eines San scheint der 1p haben treten zu können, vergl. syr. Las Bar Ali 5842 mus Barbahlül s. v. u] Payne-Smith 1,110, im Syrischen ein Fremd- wort, eine Bettgurte : xeıpla eldos Carns bx oyowlon xagsoixas luavrı, Becker, ChariklesI, 117. Während man die O%3n, rover, mit einander verflocht : 700 RW Jan mon Tosefta Kelim Baba msia 9 ed. Zuckermandel 8. 588, 5 vgl. Mischna Kelim 19, 5. 6, werden die breiten Gurten um die Bettstelle nur herumgelegt : “Tw TO moon MX 13 Sp a. a. O. 588, 15, 17 (und zusammen- genäht). 1m gehörte zur Integrität der MM gerade so sehr wie 5arın M. Kelim 19, 3. 6. In Bezug auf Verun- reinigbarkeit verhält er sich anders zür dp als der Non (eine Holzbank unten am Bette ?), als der “On, irgend eine Art Bedeckung (von Pelz, Matratzen, Polstern u. s. w.) des bespannten Bettrahmens, und als seine Lehnen Op) Kelim 18, 3; doch nur deshalb, weil eine “wn zwar ohne die letzteren Stücke noch eine Lagerstatt bleibt, nicht aber ohne pro. Nach der Ansicht des Mosche ben Maimon zu M. Kelim 19, 3 wäre frp eine rings um die vier Bett- bretter, wie als Fries gelegte Borte, also ein blefses Orna- ment, was weder zu dem angeführten Gesichtspunkte, noch zu dem Umstande stimmt, dals pase Is. III, 24, ein Fa- brikat aus grobem unansehnlichem Stoff bedeutet.

Am Kopf- und Fufsende, auch wohl an der inneren Seite befanden sich mon wp), die Lehnen, avaxdera

Hoffmann, Lexikalisches. 50

us in einer Glosse bei Forcellini Lex. Lat. unter | in älterem Griechisch avexdrrygia : Becker, * ITa.a.O. Unrichtig : J. Perles, Etymolog. z. Kunde der rabbin. Sprache, Breslau 1871, 8.60. pflehne, zur Erhöhung der Kopfkissen dienend, war gestellt : s. die oben angeführten Abbildungen. | Sukka 1 fol. 10a 1; Sanhedrin 20,2; Targ. Esther . Kelim 18, 3 T. Jerus. Sabb. c. 12, 8. 13b; Berak- [ Auf. 8. 5, Nedarim 7, 5.

an der beschriebenen Construction der Bettstelle die Darstellung, welche Mosche ben Maimon zu M. 18, 5 gibt, und die der Einrichtung unserer Bett- äher kommt, wesentlich darin ab, dafs er den Rahmen mn dem Bettgestelle Mon trennt : das letztere be- ach ihm aus den zwei kurzen und zwei langen 1, welche zu einem Rechteck in Bettpfeiler einge- ind : über die Pfeiler empor ragen bis eine Elle e vier Enden, welche mw heifsen; an diesen ruht, is Gestell darunter zu berühren der }35n, ein ent- ad rechteckiger Rahmen (der doch wohl die Be- ig trägt vgl. zu Kelim 18, 4). Dies widerlegt sich ‚ende Weise. Nach M. Kel. 18, 4 erklären R. Meir Jehuda den Rahmen, den man auf die Zapfen (der zelegt hat, mw dy unuw y25n, fur unrein; R. Jose Simeon für rein. Den Grund für diese Differenz t die Tosefta Kelim Baba mesia 8, 4 ed. Zucker- 587, 14 1 wm pws wann wm Tony bw dn 7 TN» ‘oon 1 ya para RYEp ann Oo monn ney Nw pp pow “Nor "I rane ahmen des Sopha’s, der (nur erst) mit den (zur ıung dienenden) Metallösen versehen ist, und der Be (sonst : Beine) hat, ist unrein. Von der Be- g mit Stricken an, auch wenn seine Beine (von fen mines) abgebrochen worden, ist er unrein nach ‘und Jehuda; rein aber nach R. Jose und Simeon;

60 . Hoffmann, Lexikalisches.

denn nach deren Ansicht leistet er keine Arbeit mehr für | sich selbst.“ Vgl. Tosefta Abiloth 18, 5 ed. Zuckermandd | 610, 24 : myaw meow ans pun mpoa wae UMW pod sy meld mern pum OID Mop. „Der Rahmen, den man mit Oesen versieht, gilt für unrein in sweitem Grade im Falle der Berührung durch Todte, welche als die schwerste Verunreinigung sieben Tage lang verunreinigt; ist er mit Seilen bespannt, gilt er als unrein zweiten Grades bei Verunreinigung durch Bamenerguls, die einen Abend lang verunreinigt.*

Da das bespannte Bett- oder Sophagestell beides ist hier gleichwerthig den Bettsweck mehr erfüllt als das noch nicht bespannte, das nur erst bis sur Einfügung der „Oesen“ fertig ist, so genügt der leichtere Fall, es unrein zu machen; das unvollständigere Bett bedarf der schwereren Ursache der Verunreinigung. Auch der Aus- druck yabon many on Tosefta ed. Zuckermandel 587, 10 scheint für Identität des jabn mit dem Bettgestell zu sprechen. Was "pn ist, ein Bock von Hols, der die Bett- stelle etwa noch in der Mitte stützen sollte, wie Ane im Französischen, oder nur ein Querbalken in der Mitte; oder die Fufsbank (Hutsche), auf der man in das hohe Bett stieg, was mich am wahrscheinlichsten dünkt, kann ich nicht feststellen. Die Commentatoren rathen : Vgl. Wil- kinson, Manners and customs of the anc. Aeg. 1837, II, 201, Fig. 8. Die Befestigung der Seile an den mp8 be- stätigt namentlich M. Para 12, 8 Ms none>y wD YAN WN 290 ‚ma Mp) arm. „Ein Riemen des Sophas, der den Oesen (Röhrenstücken) verbunden ist, bewirkt juristische Verbindung ; der Rahmen (ohne dafs die Riemen befestigt sind) noch keine. Hy = Nw, xAler auf einer palmyrenischen Inschrift, W. Wright, Transact. of the Soc. of Bibl. Archaeology Vol. VII, Part 1. 1880, p. 4, Separatabdruck, ist von mM in der Construction des Ge-

Hoffmann, Lexikalisohes. 61

stelles kaum verschieden, und diente zum Sitzen und Liegen bei Tage, Me zum Schlafen bei Nacht:

2. Analog dem des Bettes war der „Rahmen des Braut- stuhles® xo bw abo M. Kelim 22, 4; Edujoth 1,11, der vierseitige Rahmen, in den die Stuhlbeine eingelassen sind, nicht ein von diesem unterscheidbarer aufliegender. Die Schule Hillel’s setste das unterscheidende Merkmal eines Brautsessels in die ,Bedeckung* “or die auf dem Gestelle lag; daher sie den Sessel als rein betrachtete, solange ihm diese fehlte. Die Schule Schammai’s behandelte diesen Stuhl wie andere Stühle; war das Rahmengestell von Ver- unreinigung betroffen, auch ehne dafs ein Kissen auflag, so machte ihn das unrein, da er auch ohne den Yon den Stuhlsweck, das Sitzen, ermöglichte. Mit diesem allge- meinen Namen "Or bezeichnete man kostbare Deckel, auch Kissen, die auf den wahrscheinlich mit Binsen u. s. w. beflochtenen Rahmen gelegt wurden : Wilkinson, Mann. and customs of the ancient Aegyptians 1837, II, 197 f. Sie hingen bisweilen über den Rand des Gestelles herunter Kel. 22, 5 und es konnten drei Kissen neben einander liegen ebd. 22, 6. 7. M. Kelim 22, 5 mon m xby ups : Py own is Sy ve mn on pow or Yon pas „Der Brautsessel, dessen Bedeckungen nicht über (den Rand des Gestelles) hinüberragen, ist, nachdem sie weg- genommen sind, unrein; denn so passirt es ihm leicht, dafs er (d. h. sein Kissen) seitwärts rutscht (yp oder mpg nom. act. Qal), während man auf ihm sitzt (sodals der un- reine Sitser den 1258 direct berührt, dieser also nach Weg- nahme der Kissen unrein bleibt). Map m= Kelim 22, 7 vgl. na ma Kelim 17, 16 ist irgend eine Vorrichtung am Gestelle zur Aufnahme und Befestigung des “en. Am Bett ist diese „Bedeckung“ analog ein xwdıor, xvégeador, tedctoy u. dgl. Kelim 18, 3 xwdageow Land, Anecd. 3, 205, 8.

§ 5. 725m der Rahmen, in welchen Glas- oder Marien- glasscheiben, specularsa (nicht ,Spiegel*), eingefügt sind :

€2 Hoffmann, Lexikaliaches.

vgl. Becker, Gallus, 1838, I, 101, Tosefta Erubin 11 (8), 17 ed. Zuckermandel 163, 29 Sw pre) wnhppn Sw pin wa poy pam mdm. „Den Rahmen der Glasscheibe und die Fenstergitter öffnet und schliefst man‘.

§ 6. Malben heifst bei den arabischen Architekten ein s.B. °/, Ellen breiter Holzrahmen, der eine Oeffnung von 2 Ellen umschliefst; ein solcher diente als Basis einer Brunnen schachtmauer; eine Kette solcher viereckiger, mit Schutt oder Beton ausgefüllter Schachtmauern setst eine Quaimauer zusammen bei Wasserbauten s. Abdallatif ed. de Sacy 8. 296. 306. Es ist möglich, dafs auch diese Bedeutung von {250 älter ist, als der Islam.

8 7. Syn "on bw abe ist das hölzerne Rechteck, in dessen kurze Seiten, in deren Mitte, den langen parallel, senkrecht zum Gestell das „Blatt“ der Bäge ei Ä ist : s. Blümner, Technologie und Terminol. 1879, II, 220, Fig. 42b. a. Tosefta Kelim Bab. bathr. I, 8 ed. Zuckermandel 591, 6 on Sw yadoa yron eye wwe WT 4 prop PIN PD WR ON 1 TTD WOR. WOD mr

man oa juan). „R. Jehuda sagt: Auch wer an den Rahmen der grofsen (Schrot- oder Kloben-)sige auf dieser oder jener der beiden Seiten rührt, gilt für rein; für unrein nur an der Stelle, wo die Hand (beim Sägen) anfalst, auf dieser und jener der beiden Seiten (in welche das „Blatt“ eingefügt ist) entsprechend dem Eisen.“

§ 8. 15°99 abo: M. Kelim 18, 3. 4 sollen nach Mai- monides auf Pfeilern stehende Rahmen zum Aufhingen der musikalischen Instrumente der Leviten sein.

8 9. Ein unsicherer Fall. moon ya bw maabn. Talm. B. Baba bathra 69a vgl. Frähn Ibn Foszlan 8. 123 sind nach einigen Commentatoren viereckige Untersätze der Bettfülse, wie man sie auf den meisten Abbildungen antiker Bettstellen wirklich sieht. In diesem Falle entspräche 5p dem xAwdelovr = aAuvdlov bei Boeckh Corp. Inser. Grace. Nr. 2860 yradn du xAvdein; für die Bäulenplatte

64 Hoffmann, Lexikalisches.

“Alt 2789 „Rabbt 8 (?) viereckige Tröge. Ich (BB.) sage : die (aus Palmstimmen gehöhlten) Mulden, in denen man Teig macht und aus denen man ilst : sie werden ausgeschnitst. (Citat.) „Ein rabbta (?) aus dem er als“; eine Schüssel, eine Mulde. Allein diese Deutung von 1250 ist sehr un- wahrscheinlich: Yea niorm ana WRI. Sen Eimpm OF mons OTe AM wm enw mo : aby royy Tone Na sn [= ayzl pido an ty sow mb yep NHI 00 man royp mon ab Inia = monn] mrp. „Wie der, welcher Gerstenkörner in }35 stampft, wähnt, dafs er sie zurecht bringen werde; während er emporfährt (mit der Mörserkeule) und während er niederfährt, schwindet seine Narrheit nicht von ihm.®

Gegen die Deutung, dafs jab hier wirklich den wron als Mörser vertreten soll, spricht, dafs die antiken öAuoı und pilae rund, wenn auch meist von Holz, waren: Blümner, Technolog. I, 20, und dafs jap sonst nur als ein in der Mitte offenes Vierseit nachgewiesen ist. Auch interpretirt eine Erklärung zu dem Midrasch so : mn 1355 | (no) mp pwniow nommen m. „Malben ist die „Hand des Mörsers®, womit man stifst* : d. h. ist die Mörser- keule (s. Dozy, Supplément au dict. Arab. 8. 849, Berggren 674, de Lagarde Praetermissa 38, 65), die natürlich kein Rahmen sein kann. Am wahrscheinlichsten ist daher, dafs hier die Narrheit des Stöfsers darin gefunden wird, dafs er eine bodenlose Ziegelform für zweckmälsig hält, darin Gerstenkörner zu stofsen : er stampft sie in die Erde.

8. 11. abo Ziegelform bedeutet nur die Peripherie eines Ziegels : Rechteck, ohne Rücksicht auf die Dicke.

1. Trümoth 4, 8 onsban opp. ardyyn nämlich ‘Say om 7537 viereckig geformte Feigenkuchen.

3. Vielleicht kommt av und yale bei Dozy Supplém. 2, 515 eine ArtConfectdaher. Dafür spricht persisch uni )

Hoffmann, Lexikalisches. 65

„Ziogg®l* auch ein Zuckerwerk, vgl. unsere gewöhnlichen yuadis-atiechen Bonbons. Nach Borggren 269, 111 ist eness Aber en forme de saucisse; als Mittler könnte eine mn Toäden Enden cusammengebundeng Wurst dienen.

Nex-cings nahm man zu gis, womit ey interpretirt ird&, Zisgenmilch, was auf cys! führt. Vgl. ails ba Vul-

Br Lex. Pers.

23. Eine quadratische Bteinschicht Talm. B. Sebachim fa vgl. Levy Wb. 3, 123 von beliebiger Seitenlänge und icke.

4. Hierher gehört wohl auch tracy bei Land Anecd. 284, mir von Nildeke citirt. Nach der Beschreibung s FBaues eines großen Aasanz Ann des Klosters des era Jöhannän neben der Stadtmauer von Amid gufser- lb der Stadt wird fortgefahren : ,Jenes starke (unfertige) sb&urcile, obschon wegen der Gefangennahme der Perser a@ des Versprengung der Brüderschaft nieht vollendet, gx derartig erbaut, dals, nachdem es eine Zeit lang nach so PPesssern (im alten Zustande) geblieben war, für die gi assearleitung (ayaryog) des Klosters davon abgetragen oot @webaut, auch das Martyreion des Hauses der wigsa

pola ganz davon erbaut, und ferner noch viel (Material) zum für die Kirche und die Stadt abgetragen und ver- ; wendt wurde : und noch immer besteht sein Grundmauer- * eisreck aim sse* (d. h. genug um seine viereckige Peri- pberie zu erkennen). Auf dassyrische Wort mag übrigens

= „isdlov eingewirkt haben.

5. Rechteck einer Pflanzung,. eines Feldes von Zwiebeln

Pea 3, 4 Pea 7, 1 om paw mann min, „Vierecke von Getreidefeldern zwischen Oelbaumreihen“. Pea 7, 2 om ww Sw nmel wow po sey nun im. „Ein Oel- baum, der sich in einer von drei Oelbaumrcihen zwischen

zwei Rechtecken des Getreides findet“. Auch bei den Seitechrift f. d. alttest. Wise. Jahrgang 2. 1863 5

66 Hoffmann, Lexikalisches.

Römern hiefs ein Ackerviereck von (gewöhnlich 200 jugers) plinthus und wahrscheinlich plinthss : Hygin. de condit. agror. S. 210. 206 Goes.

8 12. Das Ergebnifs dieser Untersuchung ist, dals y25», die Ziegelform, in der Mischna, im Syrischen und Arabischen im Allgemeinen noch zweierlei bedeutet 1) irgend einen vierseitig rechtwinkligen Holzrahmen, 2) die Peri- pherie eines Rechtecks.

8 18. Für das biblische 1255 hat Abraham Geiger in seiner Jüd. Ztschr. f. Wissensch. u. Leben V, 116 die Bedeutung Ziegelofen mit Recht geleugnet, sonst aber die drei Stellen, an denen 1355 vorkommt, mit allen modernen Auslegern, so viel ich weils, falsch interpretirt. Es handelt sich in Palästina und Aegypten um Luftziegel : Marc. v. Porph. c. 21; auf diese bezog sich das „Werkzeug zum Ziegeln*, das man bei Wilkinson, Mann. a. cust. of the anc. Aeg. 1837, II, 99, Fig. 8. 14 d. h. abgebildet sieht.

§ 14. 900 heilst Ziegelform : Nah. 3, 14 und 2 Sam. 12, 31.

1. Nah. 3, 14 1359 pn) Wa Op oma KD. „Tritt in den Lehm, stampfe den Thon, ergreif die Ziegelform“ Symmachus, der xaraxparnoov vxte xAwdelov las (statt allv$ov LXX) hat so verstanden; denn zAw#slow ist nur andere Orthographie von zAıw#lov, vgl. § 1. 9.

2. 2 Sam. 12, 31 Tes Din NE TS Awe DT [ana boa) ag ont rayım oman ohyen San yg : ey “wy bob niyp‘ m) David führte die Bewohner der eroberten Stadt Rabbath ben ‘Ammon hinaus „und stellte sie an die [Stein-käge, an die eisernen [Stein-|picken, an die eisernen Aexte und liels sie mit der Ziegelform arbeiten“ (1. 13pm). Er liefs sie also Steinmetz- (1 Kön.7,9), vielleicht auch Zimmermanns- und Zieglerarbeit an Staats- bauten thun.

68 Hoffmann, Lexikalisches,

schlagen würde !), Zu welchem Zwecke aber verweilt der König da? Man sagt, um Gericht abzuhalten. Allein wer sich der weitliufigen Vorhöfe und Propyläen ägyptische Paläste und Tempel erinnert, wird es unangemessen finden, dafs Nebukadnesar, Herr der Stadt, auf der Strafee sollte Gericht gehalten haben, wihrend innerhalb der mauerum- schlossenen Höfe geziemenderer Raum dasu war. War Jeremia seiner Handlung wegen gezwungen, den fremden König aufserhalb der Burg zu placiren die flüchtigen Juden durften da schwerlich hinein so lag ihm eins jedenfalls näher als sich den eben in die Grensstadt ein- gedrangenen König richtend vorzustellen : ihn vor der Königs- burg lagern sa lassen, um sie erst zu erobern : Stadt

4) mo des Qri v. 10 ist nichts weiter als „Gefunkel*, der von Gold und Edelstein blitzende Behang des Thronbaldachins. Desselds Wort ist sy) im Aramäischen : 1) Talm. JömA 28b Ende nn RoE 33 TOD RwO'D WP ROT (dan; 1. RNIN ROOT UDO ADD wp KYBET Moy. „Ein Behlaglicht der Sonne ist stärker als das Bounenlicoht, wie der aus einem Fafsloch dringende Kasiggeruch stärker als der von frei stehendem Basig; Strahlengarben der Sonne sind stärker als die Sonne, wie die Traufe stärker als der Regen.“ Jöhannän bar Zubi sagt in einem Gedichte über die vier Probleme Ms. India Office Syr. 9 f. 91 v. bezüglich der Atomistik des Epikur : te pendibo mepnan) dr Far] soy Ina ie rosa, ano Saun2] „Aus den kleinen Körnern [cLigIt} , die man in den 8trahlenbündeln (der Sonne) sieht (Arist. probl. 15, 12 Luor. d. rer. nat. II, 114), wären alle Kérper susammeugeretzt*. “wg be- seichnet also die zitternde, von Dunkelheit unterbrochene und begrenste Lichtstrahlung, wie sie beim Morgengrauen ROW, RIO Wp statt-

Andet [dla 3) gy8su}. Daher 2) das Flimmern vor den Augen,

peeuryla, Augenkatarrh, Staar. Schon Christ. Ben. Michaelis hatte DYNO welches das Targum mit pW gibt, richtig von “49 abge- leitet. Achnlich yAavzwıa von yluvzde : yAcuxdy In’ bo Theoon XVI, 6. Die Ableitung von der Wurzel 2 hat mehr als ein Be- denken gegen sich.

Hoffmann, Lexikalisches. 69

und Burg werden jede besonders befestigt gewesen sein; viel- leicht auch die Stadt nicht und nur die Burg. (Ueber igyptische Burgen vgl. C. Schnaase, Gesch. der bildenden Künste 1866, I, 343 u. a.) Die Situation ist also ganz der in Jer. 1, 15 analog. Die Handlung des Propheten bezweckte nicht so sehr die genaue Stelle vorherzusagen, wo gerade das Zelt des feindlichen Königs stehen würde, als vielmehr durch die Steine nach dem Eintreffen des Orakels den handgreiflichen Beweis zu liefern, dafs der Feldung Ne- bukadnezars hierher überhaupt vorhergesehen worden, und vor dem Eintreffen die Zeugen über die Zuversicht des Propheten stutsig zu machen. Darum waren die Steine grofs, vgl. bei Is. 8, 1 die grofse Tafel : weder sich dem Blick entziehen sollten sie, noch verschleppt werden; darum auch mit Mörtel verbunden, ein Monument.

Nach dem Vorstehenden gibt es noch allerlei Möglich- keiten für das Viereck j25v. Das nächste wäre ein vier- seitiger Platz vor der Umwallung der Burg, die ihrerseits viereckig zu sein pflegte 8. Schnaase. Bo wird zAıv#lor gebraucht : Paus. VIII, 48, 1 zig ayopäs (von Tegea) & ualıwra boıxvlas zilvdeo xara To oyäue, Appodlıns borlv by autiy vadc zalovuevos iv xiuvble (v. 1. aAlı$o). Ein solcher square heifet im Sanskrit catvara, woraus im Hind!

oS .

¥39e und Sent, vgl. Bate, Dict. of the Hindee language, Benares 1876, Shakespear, Dict. hindustani s. v. und namentlich Farhang-i-Raschidi 1872, 1, 263. abo könnte freilich noch speciellere Bedeutung haben, z. B. so das rechteckige Pflaster Au#o0rpwrov Edagos „o dpouas“ „Pro- menade*, genannt sein, welches zu dem ersten Propyläen- thor der ägyptischen Tempelbezirke führte und eine Allee von Sphinxen hatte, falls derartige Anlagen auch vor könig- lichen Burgen üblich waren vgl. Strabo XVII, I, 28, p. 805 und die vielen Commentare, z. B. Letronne, Réc. des Inscrip. grecques et latines de l’Egypte I, 14 ff, Lettres

70 Hoffmann, Lexikalisches.

d’un Antiquaire a un Artiste p. 343 f. Schnaase, Gesch. d. bild. Künste 1866, 1, 321 f. 343.

8 17. Wegen muna ein paar Bemerkungen über die Denominativa 129 und 329. Das erste kommt nicht blofs in der Bibel, sondern auch Mischna Baba msia 10, 5 vor. O25 pray „sie machen Ziegel“, von J. Levy nicht ver zeichnet. }25 bedeutet 1. weils, 2. glthend machen; diefs letztere sicher nicht vom Ziegelbrennen hergenommen : ge- wöhnlich ist im Talmud nur von Luftziegeln die Rede, ob auch gebrannte erwähnt werden, weifs ich nicht : aber 72) käme zu spät, um Ziegelbrennen zu bedeuten. 135 „glühen® wird darauf fafsen, dafs Glühen jeden dunklen Körper hell, leuchtend macht, wenn auch nicht immer weilsglühend im engern Sinne. 3. m einrahmen (denom. von 1379) oder „den Ziegel ersetzen“ Erubin 14a zu Mischna Erub. 1, 3 Typ Dnpp pop dy mrad un ara re Dap TD ART] eRe [v1 mare] mar cys Dap) "ID NDS RPT MOP TYP? AT

„Die Breite des erwähnten Balkens mufs ausreichen, einen Stabsiegel aufzunehmen; ein Stabziegel ist die Hälfte eines dreihandbreiten Ziegels. Doch genügt es auch für einen Balken nur eine Hand breit zu sein, um der Breite nach einen Stabziegel aufnehmen zu können.* So die Mischna. Da nun im letztern Fall der Balken um eine Handbreit schmaler als der aufliegende Stabziegel (1'/, Hbrt.) ist, so sagt Gemara : MOO Tap SAN 19 ya NyAD! Now Now UND Wwe) NO’ TD TD NPI mb Pen NOW rl TTR ROD) ROY. „Handbreit? Anderthalb Handbreit? fragt man : Sobald “der [Balken] so breit ist (1. Mam) um eine Handbreite zu fassen, so umrahmt man (ergänzt man den Ziegel für) jene andere halbe Handbreite mit Lehm, ein wenig auf der einen Seite und ein wenig auf der andern und die Sache ist in Ordnung (oder : es hält)“. Die zu beiden Seiten überragenden Ziegel werden durch Lehmleisten an den Balken fester gebunden.

8. 18. Das Wort mmx und um übersetzt J. Levy I, 163 durchgehends mit „Latte“, wobei man natürlich an

Hoffmann, Lexikalisches. 71

«ine hölzerne denkt. Es bedeutet aber ein Ziegelbruch- stück : Barbahlül Socin I (611 Higra) jXaseo duce} Lil” ~Payne-Smith,] sj rst acs! >. Jos] . Aulssslo . asshlı

u... Dub io fpodtoo [thes. 875 1. sr! KRISE yo} cys an eins (I. tol] bay „arahä fand ich in den „Fabeln der Aramäer“. Im Dialekt von Béth Armäjö : arhä. Es ist ein Bruchstück, eine Scholle; in Tegrit heifst es ark'ä d. h. gebrannter Halbziegel (, 531), Bruchsttick eines gebrannten Ziegels, Bruchstück® [sxix% scheint persisch sikanak* mit der arabischen Femininendung wel. aK Brotbrocken von „mx.

Die Identität dieses rm NAIK mit dem rmx des ‘Targum, welches das hebr. “12 pertica übersetzt, erscheint mir kaum zweifelhaft : das Jod bezeichnet dann keinen wreprünglich langen Vocal, wohl nur den der Segolatform. Die Benennung „Stab“ erklärt sich aus der länglichen Ge- stalt des Halbziegels, die er erhält als Hälfte eines Quadrats oder eines der Länge nach halbirten Ziegels. Vgl. semi- later bei Vitruv. Vgl. Theo Smyrn. c. 54 p. 177 von atereometrischen Zahlen : ra dt ro ui» unxos xal zAarog Ioov Eyovra, rovrlorı tag Pacers Terpayavovg, tO db Upos Blarrov, xAivideg, ta dt to poy pyxog xal xlatogs Esov, to db Upos uetlov, doxides. Für zAvdlde; kommt anderswo in diesem Gegensatze auch xdvle»y vor. Achn- lich verhält aich die tessera testaces zur spica : Blümner Technol. IL, 21; 29, Endlich ist eine ganz analoge Ueber- tragung des Namens eines oblongen Holzstücks auf einen Baustein, wahrscheinlich einen Ziegel, auch die von D'p>- Dies bedeutet Habakuk 2, 11 nppn pyy oD ein Balken- stück; in der Mischna Baba bathra I, 1 einen vier Hand breiten Baustein, während 125 nur drei Handbreiten hat: Zwei Nachbaren, die einen gemeinsamen Hof durch eine Mauer 5p theilen sollen, haben Jeder für diese den gleichen

73 Hoffmann, Lexikalisches.

Raum hersugeben, je nach dem Baumaterial; bei Rollsteinen (hrs) zusammen 8 x 2 Handbreiten; bei Quadern mm 9% x 2; bei 009 2 x 2; bei oad 11/,x2. Hiernach ist die Käfis-Mauer vier Handbreit dick, und ich halte nach dem Zusammenhange 0°95 für einen rergadmgus Ziegel, gröfser als die gewöhnliche 71335 reldopos der Mischna. Gemara und darnach die Commentatoren setzen D'%9I = errs d. h. den Halbziegel zu 1’/, Handbreiten, und suchen sehr künstlich die Mauerbreite von 4 Handbreiten dadurch herauszubringen, dais sie zwischen zwei Halbziegelmanern einen mit Schutt ausgefüllten Zwischenraum von einer Handbreite annehmen.

8 19. Während in den sewitischen Sprachen die über- tragenen Bedeutungen vou der Ziegelform ausgehen, leitet das Griechische dieselben zum Theil von zil»#oc direct ab; sum grofsen Theil aber ebenfalls von der Ziegelform xAc- ®lor (31) oder gibt sie durch zAımOl4s. Es erscheint mir nicht nur sicher, dafs der Sprachgebrauch von no und 95 in altgrischischer Zeit den von xievGloy und xilvGoc beein- flufst hat, vgl. Ex. 24, 10 vragn np) nyyo mit x2isdor zyoveal u. dgl, sondern auch sehr wahrscheinlich , dats xivPoc nur Metathese von Arıvd- = ABire* (vgl. ZDMG. 83,748)=nı25 ist, eine Verwandlung noch nicht so arg wie die von xadad aus noon oder, wie ich annehme, von daxteudos Dattel für duxivrog aus einem phönieischen ar,

vgl. den Flufsnamen aSs}, worauf |f_.) und x) im Maghrib Deglet, unschwer führen. Diese Herleitung von ailyfoc dürfte sich neben der indogermanischen von G. Curtius und Fick, die damit Wörter, die Kieselstein! bedeuten, zusammenbringen, noch sehen lassen. Auch die Sporadeninsel AdBıv$og mag myad enthalten. Vielleicht also haben die Griechen von den Orientalen auch das Ziegelstreichen gelernt.

OD ew m Sun mn mn ee ee.

13

jttheilungen aus Petersburger Handschriften. Fragment von der arabischen und der hebräischen Vorrede aadiah's zum IM OD (vgl. Jahrgang 1881, 8. 154 f.)

Dieses saadianische Werk war längere Zeit in der ge whrten Welt blofs durch die kurze Erwähnung bei Abraham bm-Hara (anf. On) bekannt, der von Al-Fajümt sagt : "u 300 we. Die Existens des Buches wurde von sanchen Gelehrten in Zweifel gezogen ; so glaubte Dukes Mittheilungen Il, 40), dasselbe sei mit XBM ‚mamedi und abgedruckt : Mittheil. II, 110 ff.; Zschr. f. d. Kunde d. Korgenl. V, 115 ff.; Geiger, Wiss. Zechr. f. jüd. Theo- »gie V, 317 ff., und in mehreren Exempl. seines oyon bu . 42 ff.) identisch Carmoly (Revue Orientale II, 40) nd unabhängig von diesem Reifmann (nor XVL, 1873, », 267) vermutheten, der Titel sei aus mW 900, das Buch ther die Kehlbuchstaben, corrumpirt worden. Allerdings rerden diese Vermuthungen widerlegt durch die Citate in >onasch’ Kritik (ed. Schröter p. 56, Nr. 169) und n den Responsen der Schüler Menahem’s (ed. Stern, ı. 40); indessen konnte man sich schwerlich einen klaren 3egriff von dem Werke machen. Im Jahre 1869 erklärte firkowitsch in der Zeitschrift ~5on (in einem such eparat erschienenen Aufsatze N97 NW) WDD u. s. w.), = besitze ein Fragment von der Vorrede des genannten Werkes; auch in der Monatsschrift bo» (I, 1871, p. 63) war davon die Rede. Da aber die Berufung dieses Karäers wf in seinem Besitze befindliche Handschriften nicht immer wahrheitsgemäfs war, so konnte die Sache nicht als ent- whieden betrachtet werden. Erst im Jahre 1871 erfuhr nan, dafs das Original der Copie Firkowitschs sich bei inem Kariier in Kabir. befinde, und gleich darauf schickte

74 Harkavy, Mittheilungen

ein Jude aus Alexandrien eine Abschrift des gansen Frag- ments an den Redacteur des }W35m in Mainz, der den he- bräischen Theil nebst einigen Anmerkungen von J. De- renbourg und Halberstam in seinem Blatte (VIII, 275—6) veröffentlichte, woraus derselbe Theil in Geiger’s Jüdischer Zeitschr. (X, 1872, p. 266 ff.) nochmals abge druckt wurde. Von dem arabischen Theile hat Deren- bourg bei Geiger (ibid. X, 308) blofs ein paar Zeilen mitgetheilt. Des Hebräische ist dagegen im Druck mehr. fach versttimmelt worden, wie ich dies im 991971 (III, 666 ff.) gezeigt habe. Ein vollständiger und genauer Abdruck beider Theile nebst Uebersetzung und Anmerkungen wird hoffentlich den Fachmännern nicht unwillkommen sein. Aus diesen Bruchstücken erhellt klar, dafs die erste An- lage des Werkes im zwanzigsten Jahre des Verfassers (vgl. f. 2b, 8. 81), d. h. im Jahre 912 n. Chr. (f. 5b, Vers 15) stattfand. Dieselbe enthielt ein alphabetisches Wursel- lexikon der hebr. Sprache und zugleich auch ein Reim- lexikon. Diese beiden Arbeiten waren die ersten in ihrer Art, denn die in neuerer Zeit gemachten Versuche, einige karäische Autoren und Werke zu antedatiren und den Ka- räern besondere Verdienste um die hebräische Sprach- forschung zu vindiciren, beruhen auf gefälschten Daten. Auch wenn der Rabbanite Jehuda ibn Koraisch aus Tahort in Afrika überhaupt ein Wörterbuch verfalste, was aller- dings Pinsker (Lickute I, 108 Anm.) wahrscheinlich ge- macht hat, so geschah dies doch erst nach dem Erscheinen des saadjanischen Wb., wie auch aus der Anordnung bei Ibn-Ezra im OND zu ersehen ist. Jedenfalls kannte Saadjah noch kein solches Werk, und ihm selbst war die Idee eines Wb. im Dienste der Sprachwissenschaft oder zur Erkli- rung der Bibel damals noch fremd; er beabsichtigte mit seinem zweitheiligen Lexikon blofs die Abfassung von hebräischen Poesien zu erleichtern (f. 2b, Z. 8—10), der erste Theil nämlich sollte bei alphabetisch geordneten Ge-

nn nn ae

aus Petersburger Handschriften. 75

n (wie solche schon in der Bibel vorkommen) und Gebrauche der Akrosticha (wie die Verfasser der ı und Saadjah selbst in der hebräischen Vorrede es ), der zweite aber beim Gebrauche des Reimes leisten. Er bemerkte aber nach einigen Jahren gy iQ! eu am f. 2b Z. 10,8. 81£., also um 920), dafs es nicht nur nöthig sei, über die Anfangs- shlufsworte der Gedichtverse, sondern auch überletztere _ über die „mittleren Theile“, wie er sich ausdrückt 2.2), Aufklärung zu geben. Auf diese ganz eigen- iche Art und Weise kommt er darauf, eine Gram- und eine Poetik zu verfassen. Wir stehen also hier r Wiege der hebräischen Grammatik und der Lexico- ie!

Ind nun ein paar Worte über die mir xu Gebote ıden Materialien. Die hiesige Copie (P.) ist nicht ler Hand Firkowitsch’s, auch nicht von der verstorbenen Enkels Samuel, der ihn auf seiner in Aegypten und Syrien begleitete und mit ganz uchbaren Uebersetzungen aus dem Arabischen ins ische zu versorgen pflegte; vielmehr scheint sie von ägyptischen Karäer, vielleicht vom Eigenthümer der . selbst, gemacht worden zu sein, und zwar sehr sorg- mit Beobachtung der Blatt- und Zeileneintheilung riginals; ebenso sind in der Copie die in letzterem indenden Vocale (sehr fehlerhaft und daher von aberücksichtigt) und Accente der hebräischen Vor- wiedergegeben. Die arabische Vorrede ist, wie ge- ich, mit hebräischen Lettern (wobei die ähnlichen > 3-7 u. s. w. oft vertauscht sind) geschrieben. den arabischen Text betrifft, so war mir nur für den s von f. 3b Z. 2 bis zum Schlusse der Vorrede die ion mit dem von Derenbourg bei Geiger (2.2.0. 3) abgedruckten Texte nach einer anderen Hechr. ‚ahira (K.) möglich, welche Hschr. aber als grund-

76 Harkary, Mittbeflungen

schlecht sich herausstellt. Und trotzdem Derenbourg „das Arabieche in sehr geremigter Form gegeben, denn s. B. Lil, ist im Texte prmeshde geschrieben u. s. w.", ist dennoch die Copie P., wie man leicht einsieht, bei weitem vorsuziehen. Auch für den Text der hebräischen Vorrede, wo sur Collation eine zweite im Libanon (L) abpedruckte Copte von derselben Hschr. vorhanden ist, zeigt sich die Oopie P. viel vorzüglicher, und sieht man sich fast immer veranlafst, der letzteren Recht zu geben. Der arabische Titel des ganzen pe lautete wahrscheinlich past Wes (Poetik), weil das Wörterbuch und die Gram- matik auch im Dienste der Poesie bearbeitet wurden (s. Anm.s zu der Uebersetzung der hebräischen Vorrede). Als | Theile von demselben Werke sind vermuthlich zu betrachten:

das von Saadjah selbst (im ‚soul DAS) und von Abul- walid citirte ual} UGS (2. Munk, Notice sur Sead. p. 15—16), welches wohl mit dem von Donasch erwähnten map ped mins ano (Kritik, p. 27, Nr. 102) oder mns au _| won jw (ebendas. p. 29 Nr. 104, p. 40 Nr. 120) und den von Ibn-Ezra genannten may pw) "DD und Ag WO identisch ist; vielleicht auch das vonS. selbst im „bt LS wile, citirte pripin name (= „ul WES? DieText Ausgabevon Landauer liegt mirim Augenblick nicht vor). Auf andere interessante literar-bistorische Fragen, die mit unserem Bruchstücke verknüpft sind, hoffe ich noch nächstens zurückzukommen.

Petersburg, 1. Juni 1881.

eve Petersburger Handschriften. 17

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PO Oe Die von ihr (od. ihnen) ausgesagt werden und in ihr ihnen) bestehen. Und da die Wurzel der Accidentien !) 3, ihre Zweige aber zahllos sind, so wählten wir zum Ziel das Accidens, welches Bestts (Haben) genannt wird, d.h. was der Mensch besitzt. Dazu gehört, was m den Besitzenden hinein- und was von ihm heraus- kommt; wir nehmen hier Rücksicht auf das Erstere, namentlich auf das, was der Seele zukommt, d. h. das Wissen. In Betreff des Letzteren sagen wir, dafs dasselbe innerhalb eines der Veränderung unterworfenen Körpers sich befindet, folglich nothwendigerweise auch selbst veränderlich ist. Deshalb muls derjenige, der tich Wissen gesammelt hat, sich eifrig damit auch ferner beschäftigen, damit er dasselbe festhalte trotz ler Vergeßslichkeit und anderer Arten von Verände- rungen *). Dasu stachelten auch die Propheten an

') D. h. die accidentiellen Kategorien nach der aristetelischen Ein- Ebeilung. |

*) Das Wortgeftige im Text ist mir hier nicht klar; sollte os viel- eicht lei ily ley zu lesen sein?

78 Harkavy, Mittheilungen

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obwohl es dem Verstande von selbst klar ist indem | sie bei der Schilderung der Annehmlichkeit ’) der Weisheit sagen (Spr. VIII, 34) : „Heil dem Menschen, der auf mich hört zu wachen an meinen Thüren Tag b. für Tag, zu wahren die Pforten meiner Eingänge“ Sie (die Propheten) zeigten uns damit an, dafs das Anklammern und beständige Bestreben festzuhalten vor dem Vergessen schützt. Sie mahnten auch, dals das Verlassen (Vernachlässigen) eine mächtige Ursache sei zum Vergessen der Wissenschaft und zu ihrem Verschwinden, indem sie sagten (Spr. XXIX, 18): „Ohne Offenbarung wird das Volk zügellos, heil aber dem, der das Gesetz bewahrt.“ Zu der Weisheit und zu allem Anderen, was fortwährenden Fleifs und Pflege erfordert, vergleichen sie das Feld; wird es nicht ge- ackert und gesäet, so bringt es Dornen und Unkraut hervor, wie es heifst (Spr. XXIV, 30): „An dem Felde eines trägen Mannes ging ich vorbei“ u. s. w. Sie führten dies zum Beispiel an für den Verständigen, wie es dort ferner heilst (ibid. v. 32): „Und ich schaute

$) Ich bin nicht gewils, ob ich richtig übersetste.

aus Petersbarger Handschriften. 19

a ei SIDS MASTS ye Ot A de ee Lady el GAM shag ce agh el OF OU ptt IW ee co gan BSE pail Kelas ee fatten £2" BIS art Loy glee! rogley Lato UT le „La Yaad sl, polen cx! desleel er cyan Li B Spats! LEIS ag) wid uch noth a AT. ae

dies, nahm es zum Herzen; ich sah es und nahm Zucht an.“ Und gleichwie das Wissen des Einzelnen bei wenig Pflege verschwindet, ebenso wird auch das Wissen einer ganzen Gemeinde bei wenig Fleifs ver- gessen. In dem Theile der Zeit, in welchem dem Schöpfer (erhaben und gepriesen sei er!) gefallen hat, mich zu erschaffen '), hatte ich Gelegenheit, viele Studirende zu sehen, welche erzählten, dafs vieles von den prak- f. 2 tischen und theoretischen Wissenschaften den Leuten verloren ging, darunter sind : das Kit&b al-Mithq&l (Buch der Wage) *), die Wissenschaften über die Ur- sprünge (Kosmogonie) ®) u. dgl. So wie die Söhne Ismaels (die Araber) erzählen, dafs einer ihrer Vor- züglichsten eingesehen hat, dafs seine Stammgenossen

!) Dies kann doch nur bedeuten : seitdem ich erschaffen (geboren) wurde. Firkowitsch (bei Geiger das. p. 258) fafst es auf, als be- ziehe sich dies auf die Zeit, da Saadjab das Werk begonnen hatte, und sucht daraus einen falschen Schlufs auf die Geburtascit 8.’s zu ziehen, was übrigens von G. zurückgewiesen wird.

®) Nachweisungen aus der arabischen Literatur über dieses Buch wären sehr erwünscht; in der jüdischen vorsasdjanischen kommt ein solches Werk nicht vor.

*) Darunter wird wohl 8. die in der Mischna (Hagiga II, 1) er- wähnten [wR WYY gemeint haben, auch das von ihm commen- tirte AVY? DD nennt er (Söll WS,

80

5

Harkavy, Mitthellungea

N wal, CIS a Yo a9 yghding Aas 9 Noll, mag ye Wied LM prasad Sur pygsced 3 Dit N Sond nd Wily Ligrbe ay gy phatly Lae bet ELS [polis Gy cally Salt oP Srlg¥! oi, 3! cyt wtier Leb (npdinall Ida mahi DUE! ro i> Syl § WIS, 251 0

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nicht das feine Arabisch zu gebrauchen verständen, was ihn sehr verdrofs und ihn veranlafste, ein Com- pendium der Schönredekunst abzufassen, damit man es su rhetorischen Zwecken gebrauchen sollte ebenso sah ich, dafs viele Israeliten auf die rhetorischen Schön- heiten unserer Sprache und auf das Schwierige darin gar nicht Acht geben. Wenn sie (hebräisch) sprechen, so ist die Aussprache vieler Wörter fehlerhaft, und wenn sie Poetisches abfassen, so machen sie darin sehr wenig Gebrauch von den alten Regeln (der Ver fasser der biblischen Bücher), die meisten jener Regeln aber werden von ihnen vernachlassigt, ebenso geschieht es mit den Reimen, so dafs selbst die Bibel für sie eine Sammlung von unverständlichen Worten und un- zusammenhängenden Reden geworden ist. Dies ver-

. anlafste mich, ein Buch zu verfassen, wo die meisten

Wörter (der hebr. Sprache) auf zweierlei Art gesam- melt sind : zuerst kommen darin alle Nomina, die mit Aleph anfangen, Eins neben dem Anderen, ebenso die mit Beth anfangen der Reihe nach, dann die mit Gimel, Daleth und allen anderen Buchstaben (des

aus Petersburger Handschriften.

Sy IS, cy oot Lol IS OU J all faves Sed pushed GOW Bt MY Re Kalla, Krendl hl Lean Lane KA SY mei, al, andl cy Sb ik 3 A m A u, Le de WS USE lc AB, wysalla m «UE ye Uggle sine solar Chef! u gm wie) Lab SIS ai nL! agblill de

81

10

Alphabets) '); im zweiten Theile sind alle Reimwörter,

die mit Aleph schliefsen, gesammelt; ebenso die mit Beth schliefsenden Nomina, wie auch die Gimel-, Da- leth- und He-Reimwörter bis zum Ende der Buchstaben, damit es leichter sei, alles festzuhalten und zu be- wahren; dadurch wird am besten die Sprache mit allen ihren Schwierigkeiten und Einfachheiten aufbewahrt. Ich verfafste dieses (Werk) nach der angegebenen Weise, als mir 20 Jahre vorüber waren *), und ich schätzte hoch (ich gab viel darauf), dafs es den Streb- samen zufriedenstellen möchte, indem er sich aus der ersten Grundlage (wo die Ww. nach den Anfängen geordnet sind) was seinem Wunsche entspricht wähle und darauf weiter baue, d. h. er reihe daran Wörter nach seinem Zwecke und beschliefse mit dem Reim- wort, das ebenfalls zu seinem Ziele pafst. Nach einigen Jahren seit dem Erscheinen meiner Schrift bemerkte

t) Dafs 8. wirklich die Wörter alphabetisch nach den Anfängen geordnet hat, bezeugt Menabem b. Saruk in seinem Wörterb. (ed. Filip. p. 68-69), wo dieser Theil des saadjanischen Buches 19H 34 nnd genannt wird. *) Da 8. 892 geboren war, so kommt die Abfassung auf das Jahr 912; Firk. deutet es (bei Geiger a. a. QO.) falsch dehin, dafs 8. diese Vorrede 20 Jahre nach der ersten Ausgabe des

Werkes geschrieben habe. Zeitschrift f. d. alttest Wiss. Jahrgang 2. 1882. 6

82 Harkavy, Mittheilungen

et a ET rn JU hey creat ot ues Le Sa Stayt! oye og) ASSO! gt dt py ples’ Lost), hol 95m (80) aad itl Lgandif ital} ce ar (oy gigniong tlh Lily asst etd @ gut Satay! 19, GL! § Land BS coat cy Leigh OES oly ot bel Lt Bree ply a GA SW u Spot J erggers cyte LOS ptt patty et, strait 59, (plat

f.3* ich aber, dafs, obwohl ich die Grundlagen der Anfänge und der Schlüsse der Verse gesammelt habe, den Schülern es Noth thut, dafs ich ihnen auch über die mittleren Theile (der Verse) Aufklärungen gebe, damit sie sich über die Gegenstände der Dichtung selbst behelfen könnten, deshalb habe ich auch die Letzteren in meine Schrift aufgenommen !). Diese mittleren Theile, welche die Seele (den Hauptinhalt) des Ge dichts ausmachen ?) die beiden Enden desselben sind gleichsam zwei Wächter obwohl ihre Arten zahlreich siud, so sind doch ihre Grundlagen drei Haupt- arten : Erstens, die Eintheilung der menschlichen Rede (die Redetheile), d. h. die Ausrufung, die Frage, die Erzählung, der Befehl und der Vergleich, wie ich

1) In dem Darauffolgenden orklärt 8. ganz deutlich, was er unter den „mittleren Theilen“ versteht : grammatische und logische Sprach- regeln und eine Poetik mit Beispielen aus älteren Posten. Die weit- liufige Verhandlung bei Geiger (a. a. O. p. 260—61; vgl. p. 804), auf Firk.’s mangelhafte Mittheilung gegründet, fällt demnach weg.

*) Firk gab vor, dafses sich hier um ein besonderes, "Ww wh) (= nied! pati) betiteltes Werk handle, worauf aufser Geiger a.a. O., auch Kaufmann (Hebräische Bibliographie von Steinschneider

XVLI, 68) sich verlassen hat; man sieht aber, dafs hier gar nicht vom Tite] eines Werkes die Redo ist.

aus Potersburger Handschriften.

Aust J WW [SI eu ll, de well at hall ala posal cs EI wher Kent Oy SKA! And 3 u gl tell » sill 3 gms o9 Lin bg Sle (50) IK? ob REES, oe et a dal aga Sal on tele is

I) le ns Hat ll lise ul I Squad vy gas On JD OT ah Lyall SyF oye Lge pl

dies erklären werde. Zweitens, die Eintheilung der

Arten, die durch viererlei begrenzt werden : durch die Elemente (Materie), durch die Form, durch die That und durch die Zufälle, wie ich dies Alles erklären werde. Drittens, die Anführung von Beispielen, was eigentlich denen der zweiten Art ähnlich ist, nur werden die Letzteren von dem genommen, was in dem zu ver- gleichenden Gegenstande sich befindet ; jeneaber werden von dem abgeleitet, was in dem Gegenstande, mit dem man vergleicht, entsteht. Diesen drei Hauptgrund- lagen folgen noch andere Abtheilungen, die den Poeten nöthig sind. Dann, wo ich nur bemerkte, dafs ich Be- weise führen konnte von den Worten (Productionen) der alten Poeten : Jose ben Jose, Jannai, Eleazar, Josua und Pinchas?), so that ich dies. Was aber

1) Von hier bis sam Schlufs der arabischen Vorrede hat Deren- bourg bei Geiger (a. a. O. p. 803) dieselbe nach einem der Gentsah

in Kahira (K.) entnommenen Blätichen veröffentlicht. KK at. Ul.

*) In K. fehlt das zwischen £1,255! und dem nämlichen Wort in

der nächsten Zeile Stehende; die Homoteleuta sind Schuld daran. *) K. yo.

5) Die ersten drei waren längst als Verfasser liturgischor Hymnen (Piut) bekannt; Josua ist nach Geigors Vermuthung mit dem bei

6*

84 Harkavy, Mittheilungen

5 el A ls On TET Tun Ip ara TU cyt Weed Wed Fh JOH W LY Lead b(t) pf ily Jt ol ake py TEC Malet de Js! ex LIT wid le Je ladles rH pha eS % raus Sagen kl Er aS sto! ln

10 AN (eig u wrsrans Ls WS Bt KEN Kolo

die Productionen der uns näheren (der neueren) Poeten betrifft, so wirst Du bei mir nur lobenswerthe Citate finden von demjenigen, dessen Eirseugnisse beherzigens- werth sind; in solchem Falle heifst es bei mir : N.N. hat dies oder jenes gut gesprochen. Ich werde aber unterlassen, das Gegentheil zu thun und zu sagen: N. N. hat dies oder jenes schlecht gesprochen. Ich lies die (folgende) Vorrede meiner Schrift hebräisch, so wie ich dieselbe ursprünglich verfafst habe, nur setzte ich sie an den Anfang der Schrift, und als ich ein- gesehen, dals die Nation dessen bedürftig sei schrieb ich eine (arabische) Erklärung dasu. Und nachdem ich die beiden End-Theile oopirt habe, die ich bereits

(in der ersten Ausgabe der Schrift) gesammelt hatte,

Zuns (Literaturgeschichte p. 459; vgl. 8. D. Lussatto in Ber- liner’s 399 x 1880, p. 28) erwähnten identisch; über Pinchas ist zuletzt ausführlich im 197 (XXIII, 868—9) gehandelt worden, wo auch andere Stellen aus Handschriften über denselben mitgetheilt worden sind.

1) K. ya; vielleicht Druckfehler. 2») K. Ufl,.

*) K. wol.

)E us

) Ms P. IK Ll.

%) P. agias, K agilwo (Druckf.).

aus Potersburger Handschriftee. 85

Mr! at stud Salt Ian: ena! la oS a) diol

Daran ao re 1 SR AE IRE Te MRE? RG pene Ney : hop wa Op may fA Np TATPN ta ep WP Op Oye mi Na OM) PIED pp TTT Dip arm 5 Nato yo ADK DUP von DI INK PUY gg

füge ich ihnen die Erklärung der mittleren Theile hinsu. Da mein Bestreben ist (mit dieser Schrift) nützlich zu sein, so wünsche ich, dafs Gott mir in Allem, worin ich ihn anflehen werde, nützlich sein möge!

[1] Dies ist das Sepher ha-Agrön (Sammelbuch) für die heilige Sprache, welche Gott von jeher aus- erkoren hat, und in ihr lobpreisen ihn seine heiligen Engel, Selah, und verherrlichen ihn alle Hehren °). 2] Eine Sprache und. einerlei Worte waren in der ganzen Welt (Gen. 11, 1) seitdem Gott den Adam

)EK gel.

N) K. bat noch pj.

V. 1. In P. (Petersb. Copie) yiyxı) punktirt, was such zulässig; @. (Geiger) will wp st. Ww 7p emendiren, er hat übersehen, dafs der Gebrauch des emphat. 7 von Saad. sehr beliebt war; vgl. Lus- satto, Bibliotheca (Leopoli 1847) f. 11a; Donasch, Kritik NN. 108. 110.— V.2.D. (Derenbourg) corrigirt yoy st. YSy, was unnöthig, da Saad. die selten vorkommenden Ww. zu gebrauchen liebt; vgl. Micha 4, 8.

*) Vielleicht Anspielung auf die talmudische Aussage (Sabbath f. 12, Bota f. 83), dafs die Engel nicht aramäiisch versteben, welche Aussage wahrscheinlich gegen die Engelsgebete der Samaritaner (Peter- mann, Porta lingg. orientt. III, Berlin 1873, Chrest. p. 18 ff.) ge- richtet ist.

86 Harkavy, Mittheilungen

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geschaffen und einen Theil seiner eigenen Weisheit demselben übergeben hatte; auch (war eine Sprache) bei den Nachkommen des Letzteren im Verlauf von 1996 Jahren !), [3] bis zur Zeit des Sturm-Schwarms ?), der dorthin von den armenischen Gebirgen *) im Sterbe jahr des Peleg Sohn Ebers’s gebracht wurde *), denn zu seiner Zeit, ein Jahr vor seinem Tode, wurde die Erde getheilt (Gen. X, 25), [4] weil sie Böses sannen und ihr Uebermuth danach trachtete, sich vor dem allmächtigen Gotte in Acht zu nehmen, damit er sie nicht zerstreue in alle Weltenden; aber Er brachte, was sie befürchteten, sie wurden in ihrem hitzigen b. Eifer zerstreut, sodafs das für die Zukunft bestimmte (die Sprachverwirrung) dadurch beschleunigt wurde.

V. 8. H. (Halberstam) emendirt 99; L. (die im Libanon ge-

druckte Copie) 4747 st. “Wy. V. 4. G. will corrig. HOHES st. DOM hat also Jerem. 51, 89 tibersehen.

!) Nach dem Seder Olam Rabba Auf. : von Adam bis zur Fluth 1656, von da bis sur Sprachverwirrung 340 Jahre, H.

*) Ich übersetzte nach der Lesart in beiden Copieen (vgl. Nah. 1, 8. Hiob 9, 17), wenn man H.’s Emendation annimmt, die allerdings vieles für sich hat. so wird zu übersetzen sein : des Schwarms, der nach Sinear kam; vgl. Gen. XI, 2.

*) Harmén (Amos 4, 3) giebt das Targum wieder mit MIR, und Gen. 8, 4 lälst das jerus. Targ. auf den Bergen Ararat die Stadt NYJHIN“ erbaut werden in dem Lande ıqr3y'39, von dort (API Wy) sieheu die Thurmerbauer nach demselben Targ. Gen. 11, 2. H.

*) Nach Seder Olam a. a. O. H.

aus Petersburger Handschriften. 87

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[5] Die Erde erschrak ') und theilte die Sprachen nach der Zahl ihrer Völker *); die heilge Sprache verblieb dann nur im Munde der Söhne Ebers, [6] deshalb weil sie vor Gott wahrhaft waren, denn aus ihrem Stamme entstanden unsere Vorfahren : sein Liebling Abraham, sein Auserkorener Isaak, sein kostbares Eigenthum Jacob und all die göttlichen Stämme. |7| Ihr Fuls schritt überall umher, im Lande Kanaan und im Lande Pathros (= Aegypten, vgl. Jes. 11, 11. Jer. 44, 1 u. 8. w.) und (die heil. Sprache) entwich ihrem Munde nicht, und als sie aus Aegypten zogen, so verkündete uns Gott in dieser Sprache gediegene Worte durch seinen Diener Moses, den göttlichen Mann, Gesetze und Recht auf dem Berge Horeb (Sinai). [8] Von einer Generation zur anderen war sie (die heil. Spr.)

V.5. L. "Hops, was auch palst. V. 6. L. falsch O95 st. O95, wobei auch das Wortspiel mit dem darauffolgenden > verloren geht.

V. 7. L. falsch HD st. Oy. ) Bo übersetst 8. Ayr Jes. XV, 4: anal. -

*) Nach der rabbinischen Ansicht, dafs es 70 Völker und Sprac in der Welt gebe.

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88 ' Herkavy, Mittheiluagen

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B12 AND TE RD ONT ME) PIE I TER

uns sum Erbtheil. Während wir, durch das Ve- dienst unserer Heiligen, in unserem Erblande gewohnt | hatten, diente dieselbe fur die Botschaften unserer Könige !), für die Lieder unserer Leviten, für dea Gesang unserer Priester, fir die Offenbarung unserer f.5* Propheten, für das Trachten unserer Grofsen *), bis zum Exil aus Jerusalem nach Babel, zur Zeit des Zidkijahu. [9] Im Jahre 101 nach der Zerstörung der göttlichen Stadt haben wir angefangen, die heilige Sprache zu verlassen und die Sprachen der fremden Völker zu sprechen. Drei Jahre bevor bei den Griechen ein König herrschte (vor der Seleukidenärs) ?), [10] zur Zeit des Statthalters Nehemjahu und seiner Leute, sah derselbe uns asdödisch sprechen (Neh. 13, 24-5), was ihn verdrofs, und er schalt das Volk und zankte mit ibm. |11] Auch nach ihm wurden wir nach allen Ländern und Meeresinseln verbannt, ea war kein Volks

V.8. L. andy st. oop. V.9. L. falschyrim st. HN V. 10. L falsch 99°45 IN st. INT TNT:

!\ L. unserer Sendbuten, war eine Wiederholung der unten ge nannten Propheten ist.

®) Oder (wenn man ug liest) : fiir die Gesangweise (oder Spiel- weise, vgl. y 92, 4) unserer Bänger.

*) Nach Sed. Ol. cap. 30. H.

aus Petersburger Handschriften. 89

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zu dem nicht unsere Exulanten gekommen waren; in ihrer Mitte erzogen wir unsere Kinder, wir erlernten ihre Sprachen, so dafs ihre Fremdsprachlichkeit ') die Schönheit unserer eigenen Reden umhüllte, was doch unrecht ist. [12] Die Diaspora im Osten spricht griechisch und persisch, in Aegypten sprechen sie chanesisch (= ägyptisch, nach dem Orte Chanes Jes. 30, 4), auch die Exulanten (im Lande) der Söhne Kenaz (Gen. 37, 11) und der Söhne Sepharad (Obad. v. 20) sprechen fremdländisch ?), gleichfalls die in Jetheth (Gen. 36, 40) wohnen, und so inder Sprache jeden Volkes. [13] Unser Herz, ebenso wie unser Geistesleben, ängstigt sich darüber, dafs verschwunden ist aus unserem Munde die heilige b. Rede, unsere Veste, so dafs die Offenbarung der Pro- phezeiungen und die Redensarten darin für uns wurden

V. 12. L. falsch "ODD st. MIDDD:; P. falsch nınarı et. NDIN; L. oma Anon BD st GAD nm u V. 18 L. mo ron?

") Oder : ihre Barbarismen; vergl. Jes. 82, 4, wo 8. Hy mit es! wiedergiebt.

*) Oder : unverständlich. Ibn-Ezra zu Jes. (38, 19) berichtet, defs manche wr gleich 335 nehmen, und aus Donasch (Kritik p. 39 Nr. 115) wissen wir, dafs 8. manchmal die Verwechselung des 5 mit dem 9 annahm, aber in der von Paulus gedruckten Uebers. des 8. liest

man an der betreffenden Stelle : Kal)! el.

90 Harkavy, Mittheiluagea

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wie die Worte eines versiegelten Briefes und wie ein Traum im wachenden Zustande '), denn in den Län- dern unserer Gefangenschaft wurde die Zunge stam- melnd. [14] Es geziemt uns, dafs wir und das ganze Gottesvolk darin beständig forschen und untersuchen, wir, unsere Kinder, unsere Frauen und unsere Diener; nicht weiche sie (die heil. Spr.) aus unserem Munde, denn durch sie werden wir die Gesetze der Lehre unseres Schöpfers verstehen, welche unser Leben, unser Licht und unser Heiligthum für immerdar ausmachen. [15] Und es geschah im Jahre 1224, nachdem Offen- barung und Prophet aufhirten ?), da schrieb der Sammler dieses Buch, damit es zur Weisheit (Anleitung) diene für das ganze Gottesvolk, für alle Gesetzeskundige;

V. 14. L. falsch proby ot. pay; P. und L. 1129 st. pay. V. 15. L. abbrev. wy, P. mawy; L. m Op st. w Op, D.’s Conjectur ist demnach unnöthig.

") L. und wie wenn man aus einem Traume erwacht.

*) Die Bestimmung dieses Datums machte Finn, Geiger und Halberstam viel zu schaffen; sie haben alle übersehen, dafs Sed. Ol. Rabb. (ca 30) und Sed. Ol. Zutta das Verschwinden der Prophotie mit dem Anfange des Griechenreiches, was nach ihnen mit der Seleu- kidenära beginnt, in Verbindung setzen : IRZYITD O'W'DIN YN IND W Don MDI Yow IR DT WR 1D") Wap ANID. Ueber den Gebrauch von Omwy yon ohne Verbindungswaw s. G. a. a. O- p- 259 Anm.

aus Petersburger Handschriften. 91

(16)

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[16] er richtete dasselbe dazu ein, um (daraus zu lernen) wie man Räthsel und Sprüche verfassen, wie man allerlei Abgemessenes !) und allerhand Verse, welche Poeten und Sänger zum Lobpreisen gebrauchen, auf- f. 6! setzen soll. [17] Möchte das Gottesvolk sich mit diesem (Werke) beschäftigen bei ihrem Aus- und Eingehen, bei ihren Hantirungen, in ihren Schlafgemächern und mit ihren Kindern ; [18] dann wird ihr Hers sich von der Vernunft nicht abwenden, denn durch dasselbe (Werk) werden sie die Gotteslehre begreifen, damit Gott erfülle das Wort, das er durch seinen Diener Jesaia Sohn Amoz (59, 21) gesprochen : Nicht sollen weichen meine Worte von Jacob und von seinen Kin-

V. 16. L. falsch Ja" st. am, ron) st. rons) (beachte das Wort- spiel mit AnanD), Mord st. many (ebenfalls Wortspiel mit mNAMD), DTWWT st. Ow NHN (wie schon H. conjicirte nach Amos 6, 5; D.’s Conjectur OOH ist schon deshalb unzulässig, weil 8. hier keine nachbibl. Wörter gebraucht); L. my, P. MIN st. MIT wie Nehem. 12, 8, woher das Wort entnommen ist. V. 18. L. fehlt das erste (dasD. ergänzt) und st. des zweiten steht da 4; L. Hmy st. yıox-

") Es kann hier nicht von metrischen Gedichten die Rede sein, denn Donasch (Kritik, ed. Schröter p. 31 Nr. 105) und die Schüler des Menabem (Respunsa, ed. Stern p. 27) bezeugen, dals 8. das Metrum für hebräische Gedichte verwarf.

92 Harkavy, Mittheilungen.

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b. ra aria Sb irq teri San mee singd “9d dy mfg Sab ODD m van bp be iow TO pi : WIP THO

dern bis in die Ewigkeit. [19] Ihr alle Wissende und Verständige, wendet euch zu ihm (dem Werke), that auf euer Herz und euere Seele, um es zu begreifen! Ihr alle Schönredner, strömt zu ihm, und nach ihm übersetzet aus allen Sprachen der Erde, der eingehenden und der ausgehenden (des Ostens und des Westens?) von Zeichen zu Zeichen (von Anfang bis zu Ende?) *). [20] Wenn wir so verfahren, so wird der Retter unserer Seele, unser Erlöser von jeher, uns begnadigen mit der Herabsendung der Hülfe, nach der wir uns sehnen, (nämlich :) auszubreiten unsere gediegene Sprache über die ganze Erde, damit Alle Seinen Namen an- rufen, um alleeammt Ihm zu dienen. [21] Und es b. geschah als ich den Entschlufs gefafst hatte, dies Buch zu schreiben, um es zur Einsicht (Anleitung) zu machen für alle, welche die Sprache der heiligen Engel gern haben, |22] so lenkte ich meine Herzensgedanken *)

V.19.L. 99m. yan). V. 20. L. nam, PenTmndet. Ta: L. wrayd st ays V. 21. L. 2b Sy mbdys at. 025 Sy ya

') Vielleicht nimmt hier 8 yp synonymisch mit N in der Re deutung von Buchstabe, und will sagen : vom ersten Buchstaben bis zum letzten.

*) G. setzt ein Fragezeichen beim Worte 3, es war ibm also unverständlich. Offenbar gebraucht 8. hier das dr. ey. NID (I Kon.

sus Petersburger Handschriften. 93

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auf alle menschlichen Wörter und auf die Reden ihres Mundes, welche in jeder Sprache sich befinden. [23] Da fand ich, dafs jedes menschliche Wort auf eine dieser zwei Arten ist : entweder Grundlage (aus Radicalbuch- staben bestehend), oder vermehrt (mit Servilbuchstaben) ; das Vermehrte (Wort) hat auch seine Grundlage (oder: das Zugefügte hat auch seinen Grund, seine Ursache, wie er im Folgenden erklärt). [24] Die vermehrten (Wörter, oder : die beigefügten Buchstaben) sind auf drei Arten : die Mehrzahl, den Besitz anzugeben, oder die Zeit Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart anzuzeigen. [25] Die Grundlagen (die aus Radical- buchstaben bestehenden Wörter) bleiben immer in dem- selben Maalse; das Gegentheil ist der Fall mit den Vermehrten. [26] Die dem Worte beigefügten Buch- staben sind : J9Mw> Om !), wovon sieben auf der

12, 38) in der Bedeutung von ersinnen, erdenken. Gemeint sind also die Gedanken, durch welche der Mensch etwas Neues erfindet.

V. 22. L. fehlt 1455. Er liest man st: NIDD- V. 28. L. yon st. “Deer. V. 25. L. omyony st anyamn- V. 26. D. fügt nach bug noch die Worte MOIOD) MI) hinzu; dem widerspricht aber die (in Anm. 1 8.94 zur Uebersetzung angeführte) Stelle aus 8.’s Comment. su Exod. L. jan, was schon H. yon corrigirt; L. MMO st. NTON-

ı) Vgl. Responsa der Schtiler Menahems (p. 40), wo dies im Namen 8.’s angeführt wird. H.

Smoeond, über die Genesis des Judenthums.

DORT IR aT ris of gr TROT ATOR Dr » BEE 571,3,

Grundlage (folgen) und ungewendet (vor d diese sind 1 0153; vier aber kommen nor wendet, diese sind jm’). [27| Alle. .

A. Harkavy.

Ueber die Genesis des Judenthums. Von Radolf Smend.

I.

Israel und das Judenthum, Israeliten und Juden sil für die populäre Vorstellung ziemlich identische Begrif, in Wahrheit sind sie sehr verschieden. Das alte lud war ein Volk und ein nationaler Staat, das Judenthu eine religiöse Gemeinde. Hier haben wir die in der We geschichte völlig vereinzelt dastehende Thatsache, dalı & nationale Religion den Untergang des nationalen Staat überdauerte und den Rest des alten Volkes sogar viel fest zusammenschlofs als einst Staat und Volksthum es ta

V. 26. L. 79 st. 3 (wohl Druckfehler).

') 8. Donasch, Kritik (p. 2—8, Nr. 6), wo diese Eintheilung 8 oitirt wird. H. In 8.'s Commentar sum Exodus (cap. 26) heii | ebenfalls, dafs die eilf Buchstaben HIN I Yin den Wörtern ı Anfang zugefügt werden (Liu! 3 cL AKU Ak), wobei er sich ı seine Poetik beruft (‚Al US & ld WSLS; 5 die vont im 9 1877 p. 287 veröffentlichte Stelle); wahrscheinlich ist: um, der als Anleitung zur Poesie zu dienen bestimmt war, gem wie auch Kaufmann (Hebr. Bibliogr. 1878, p. 68) vermuthete.

96 Smend, über die Genesis des Judenthums.

liefs der Eifer, der durch die Erfüllung des Gesetzes die |; göttliche Gnade wiedergewinnen wollte, neben dem supra- naturalen Gesetzbuch, das nun für alle Verhältnisse des Lebens die alleinige Richtschnur wurde, keinen Platz mehr für das natürliche Volksleben, und so auch nicht für seine äufsere Form, den politischen Staat und das Königthum. In der That sind aber auch alle anderweitigen Unterschiede zwischen Israel und dem Judenthum auf jenen einen Gegen- satz zurückzuführen : der Untergang des israelitischen Stastes und Volksthums ist die wichtigste Epoche der vor- christlichen Offenbarungsgeschichte.

Auch die biblische Wissenschaft hat erst in neuester Zeit zwischen dem alten Israel und dem späteren Juden- thum unterscheiden gelernt und so erst eine lebendige Vor- stellung von der alttestamentlichen Religionsgeschichte ge wonnen. In der That ist das eine die Vorbedingung des andern. Ohne jene Unterscheidung ist man ohne Antwort auf die Frage, was doch die tragische Geschichte Israels bedeutet habe, was denn die Resultante des gewaltigen Kräftespiels war, das auf den Berg Zion wirkte, wozu überhaupt der grofse weltgeschichtliche Apparat gegen Israel und für Israel in Bewegung gesetst wurde. Ant- wortet man, die Prophetie sei dadurch ins Leben gerufen, so ist zu erwidern, dals die prophetische Predigt der Haupt- sache nach aus selbstverständlichen Gedanken besteht, wenn das Gesetzbuch älter ist als die Prophetie '). Auch die messianische Hoffnung ist m. E. ein nothwendiges Complement des Gesetzbuchs. In Wahrheit setzt man für gewöhnlich aufser Augen, was die Prophetie innerhalb der altt. Geschichte bedeutet hat. Man hält sich meistens allzu einseitig an diejenigen prophetischen Gedanken, die über

I) Befremdlich ist der immer wiederkehrende Hinweis auf den neu- testamentlichen Ausdruck „Gesetz und Propheten“, als ob der etwas anderes bedeutete als der erste Theil des Kanons und der zweite.

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Smend, über die Genesis des Judenthums. 97

das Niveau des übrigen A. T. binausgehen, und setzt sie in Parallele zum N. T. Aber der Werth dieser prophetischen Gedanken kann doch nur darin bestehen, dafs sie nicht nur innerhalb einer Geschichte entstanden sind, sondern auch in einer Geschichte fortgewirkt haben. Man kann getrost behaupten, dafs die Propheten als die (wenn auch nur indirecten) Begründer des Judenthums wichtiger sind denn als die Weissager vom N. T. Was sie über das Judenthum hinaus haben, ist uns nur werthvoll zur Ver- bürgung dessen, was im Judenthum verborgen ist. Theo- logisch (im engeren Sinne) pflegt man sich für das Juden- thum kaum zu interessiren. Man hat es allerdings zu einem grofsen Theil in dem, was man gewöhnlich Mosaismus nennt. In Sonderheit wird der Zeitraum zwischen dem letzten Buch des altt. Kanons und dem N. T. gemeinhin als ein Vacuum angesehen, das wesentlich nur von archüo- logischem Werthe sei, die innere Geschichte des vorchrist- lichen Judenthums wird in der That fast ausschließlich von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, als Basis für das Verständnifs des N. T. dient die neutl. Zeitgeschichte anstatt einer Geschichte des Judenthums. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dafs die nächste Aufgabe der altt. Theologie vor allen Dingen die Geschichte des vor- christlichen Judenthums ist.

Freilich stellt die Ueberlieferung das Gesetzbuch an den Anfang der israelitischen Geschichte, und für das spätere Judenthum war der Gedanke einer geschichtlichen Ent- wickelung seines Glaubens und seiner Sitte ebenso unfafsbar wie für die katholische Kirche. Dem steht aber zunächst die Thatsache gegenüber, dafs der Pentateuch und namentlich das Gesetz des Pentateuchs keine einheitliche Gröfse, son- dern aus mehreren und zwar sehr verschiedenartigen Ge- setzbüchern zusammengestellt ist. Der Dekalog von Ex. 20, der von Ex. 34, das Bundesbuch Ex. 21—23, das Deu-

teronomium, das in Lev. 17—26 zu Grunde liegende Corpus, Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1883.

98 Smend, über die Genesis des Judenthums.

alle diese Stücke sind von einander und von dem Rest der |

pentsteuchischen Gesetze, die man neuerdings meistens unter dem Namen des Priestercodex zusammenfafst, cha- rakteristisch verschieden. In der That hat jede dieser Gruppen ihren eigenthümlichen Typus und zwar in solchem Grade, dafs man fragen mufs, welche von ihnen denn vor- züglich als „das Gesetz“ zu gelten habe. Nun ist der Pentateuch allerdings in seiner Gesammtheit die Magns Charta der jüdischen Theokratie gewesen, aber zu diesem seinem Charakter haben die verschiedenen Gruppen seiner Gesetze in sehr verschiedenem Grade beigetragen. Am wenigsten der fast ausschliefslich moralische Dekalog von Ex. 20 und das Bundesbuch, das von religits-humanem Standpunkt aus vor allem die privatrechtlichen Verhält- nisse eines Bauernvolkes behandelt. Das vornehmste und gröfste Gebot war es nicht, was die jüdische Gemeinde zusarnmenhielt und worauf zunächst der eigenthümlich ge- setzliche Charakter ihrer Religiösität beruhte, das waren vielmehr die Cultus- und Ceremonialgesetze des Pentateuch d. h. der sogenannte Priestercodex mit dem davon unab- trennbaren Corpua Lev. 17—26. Was die verschiedenen Giuppen der pentatenchischen Gesetze der Hauptsache nach von einander unterscheidet, ist der verschiedene Grad, in dem sie den Cultus und die religiöse Sitte fixiren und zwar im Gegensatz gegen den volksthümlichen Brauch. Jenes Moment findet sich schon Ex. 20—23. 34, in höheren Grade im Deuteronomium, mehr noch Lev. 17—26, den Priestercodex füllt es vollständig aus'). Auch der pole

1) Der Dekalog von Ex. 84 ist freilich ausechliefslich ritual, wie im Priestercodex erscheinen auch hier Gotterdienst und religiöse Bitte als die Hauptsache in der Religion. In gewissem Sinne hat der Gegensats zwischen dem Bundesbuch und dem Priestercodex in der That im alten Israel bestanden, das wissen wir nicht nur aus dem Nebeneinander dieser beiden Dekaloge, sondern vor allen Dingen aus dem Gegensats

100 Smeond, über die Genesis des Judenthums.

im Hohenpriester gipfeln. Der trägt den Purpur und des Diadem, der heifst „der Gesalbte*, von seinem Tode datirt jedesmal eine neue Aera. Von der bürgerlichen Obrigkeit ist so zu sagen nicht die Rede. Die Stammesfürsten kommen lediglich als Spender von Opfern und Weihgeschenken in Betracht. Im Zusammenhang der hexateuchischen Ersih long wird freilich von Josua neben Eleasar Notiz genommen, aber nach Num. 27 ist nicht Josua der Führer Israels, sondern Eleasar regiert und Josua hat nur den Ausspruch von Urim und Thummim zu executiren. In Wahrheit scheint im gesetzlichen Gottesdienst, der Israel überhaupt geoffenbert ist, das ganze Leben des Volkes aufzugehen. Opfer und Ceremonien erscheinen als seine einzige Lebens- äufserung, die bis ins Kleinste und Geringste vom gött- lichen Gesetze bestimmt ist. In einem Kalender bestimmt Gott seine zahlreichen Feste, die ein systematisch geglie dertes Ganzes bilden und in dem einen Moment ihren Höhe | punkt haben, wo der Hohepriester am Versdhnungstage das Allerheiligste betritt. In einer detaillirten Tabelle ver- ordnet Gott auf das genaueste das Wie und Was des Gottesdienstes für jeden Tag des Jahres, und für jede Lage des Lebens ist eine bestimmte religiöse Observans durch Gottes Gebot vorgeschrieben. So ist das ganze Leben des Volkes, des Einzelnen wie der gesammten Ge- meinde von einem Netze gottesdienstlicher Handlungen überzogen, die auf Schritt und Tritt an den Gott Israels und sein Gesetz erinnern, ja das ganze Leben des Volkes ist gleichsam ein grofser ununterbrochener sacramentaler Gottesdienst, der sich um die Stiftahütte dreht. Nur diesen Sinn hat jene Lagerordnung, welche die 12 Stämme con- centrisch um die Stiftshütte und den Stamm Levi gruppirt. Das ist das Joch des Gesetzes, das nach hergebrachter Meinung schon Mose dem halsstarrigen Volke aufgelegt hat, der harte Zuchtmeister, durch den Israel von jeher erzogen wurde.

Smend, über die Genesis des Judenthums. 101

Es scheint auf den ersten Blick befremdlich, dafs diese Gruppe von Gesetzen recht eigentlich das „Gesetz“ Israels ausgemacht haben soll, da in ihr doch gerade das am we- nigsten zum Ausdruck kommt, was wir als den wesent- lichsten Unterschied der alttl. Religion von den heidnischen zu betrachten gewohnt sind. Sollte diese Cultusgesetz- gebung wirklich die gesammte religiöse Sphäre ausfüllen ? Oder haben wir den viel bescheideneren Versuch vor uns, nur die gottesdienstliche Seite der Religion darzustellen ? So stellt man wohl die Alternative, aber mit Unrecht. Wenn der Priestercodex fast ausschliefslich Cultusgesetze enthält, so folgt daraus allerdings, dafs seine Verfasser gerade die Aufsenseite der Religion als das Wichtigste in der mosaischen Offenbarung betrachteten. Dafs ihnen die Religion überhaupt hierin aufging, ist damit nicht gesagt. Aber einen anderen Sinn als den bezeichneten kann diese Gesetzgebung in dem grofsartigen Rahmen der Urgeschichte von der Schöpfung der Welt bis zur Einnahme Kanaans durch Israel doch nicht haben.

In der That liegt die pädagogische Tendenz dieses Gesetzes auf der Hand, so energisch wie hier ist wohl sonst nie in der Weltgeschichte der Versuch unternommen, ein ganzes Volk religiös zu erziehen. Deutlich ist aber auch, dafs der oder die Urheber dieses Gesetzes von der natürlichen Verderbtheit Israels aufs tiefste durchdrungen waren, und es fragt sich doch sehr, ob wir eine solche Erkenntnifs bei dem voraussetzen dürfen, der eben erst dies Volk geschaffen hatte, ob ein eben entstehendes Volk für einen solchen Gedanken auch nur das geringste Ver- stindnifs haben konnte, geschweige denn soviel, dals es dies Joch auf sich nahm. Vatke hat ferner darauf auf- merksam gemacht, dafs der Priestercodex förmlich den Begriff einer Kirche entwickelt, dieser aber erst als die Nachbildung eines Staates begreiflich ist, wozu Israel es erst im Laufe seiner Geschichte brachte. Wirklich er-

102 Smend, über die Genesis dos Judenthums.

scheint auch die römische Kirche als undenkbar ohne den vorhergehenden altrömischen Staat.

Nun haben solche Erwägungen freilich keine Bedeu- tung für diejenigen, die das Wesen der göttlichen Offen- barung wesentlich im Gegensatz zur Natur suchen und die deshalb das Volk der Offenbarung möglichst abnorm vor- zustellen gewohnt sind. Indessen sind wir über die Ge schichte des alten Israel genügend unterrichtet, um auf Grund der uns zu Gebote stehenden Quellen zunächst wenigstens die Gültigkeit des Priestercodex für die vor exilische Zeit leugnen zu müssen. Was die mosaische Zeit angeht, so braucht heutzutage kaum noch bewiesen zu werden, dafs die Theokratie des Priestercodex in der Wüste nicht existirt haben kann. Es genügt an Am. 5, 25 oder an die anderweitige, leider verstümmelte Beschreibung des mosaischen Heiligthums Ex. 33 zu erinnern, wo das Zelt aufserhalb des Lagers steht, und Mose und der Knabe Josua die Stelle Aharons, seiner Söhne und der 22,000 Leviten vertreten. Fast allgemein wird die erzihlende Form des Gesetzbuchs eben nur für eine Form genommen, in die Spätere ihren Glauben an die mosaische Herkunft oder auch nur den Gültigkeitsauspruch der einzelnen Ge setze einkleideten. Somit kann der Priestercodex nicht selbst für sein Alter und seine Geltung in der mosaischen Zeit zeugen.

Aus Neh. 8—-10 wissen wir, dafs sogar die nachexi- lische Gemeinde fast ein Jahrhundert lang bestanden hatte, bevor ihr der Priestercodex bekannt und feierlich einge- führt wurde Nach einer durchaus glaubwürdigen Ueber- lieferung hatte der Schriftgelehrte Esra ihn aus Babylonien mitgebracht. Ein anderer Theil des Pentateuchs, das Deu- teronomium, war dagegen schon einige Jahrzehnte vor der Zerstörung Jerusalems bekannt und zum öffentlich gül- tigen Gesetzbuch erhoben worden (2 Kin. 22. 23). Be- treffe des Deuteronomiums wird nun ziemlich allgemein

Smend, über die Genesis des Judenthumms. 103

mugenommen, dals es kurz vor seiner Auffindung entstanden ~wwar. Die Forderungen dieses Gesetzbuchs passen in der “What allein auf die Zeit Josias. Dasselbe gilt aber in noch ~wid höherem Grade vom Priestercodex betreffs der exilischen wend nachexilischen Zeit und man hat gar keinen Grund ‘hier eine Folgerung abzulehnen, die man dort acceptirt 1). Wie vor der Zeit Josias keine Spur vom Deuteronomium and fiberhaupt von keinem öffentlich gültigen Gesetzbuch in der israelitischen Geschichte zu entdecken ist, so wenig findet sich vor Esra eine Spur vom Priestercodex. Was diese Thatsache zu bedeuten hat, folgt aber daraus, dafs umgekehrt in der Zeit nach Josia das Deuteronomium sich in Literatur und Leben sehr bemerkbar macht, wenn auch nicht in dem Mafse wie seit Esra der Priestercodex. Nach der Chronik sollte man freilich meinen, der Priestercodex sei von jeher der Angelpunkt gewesen, um den sich das Leben Israels bewegte. Aber dies nach Alexander dem Grofsen geschriebene Buch kann neben der parallelen Ueberlieferung der Bücher Samuelis und Könige nicht in Betracht kommen. Denn was die Entstehung jenes Buches wesentlich veranlafst hat, ist der Umstand, dafs jene älteren Geschichtsbücher von dem Priestercodex nichts wissen. Sie geben uns ein Bild vom alten Israel, welches Zug um Zug seinen Forderungen aufs gröblichste widerspricht, und so wenig sie mit den Zuständen des alten Volkes zufrieden sind und so scharf sie dasselbe kritisiren, so ist der Mafsstab, den sie dabei anlegen, doch offenbar ein ganz anderer als der des Priestercodex. Der Verfasser

5) Es kann hier nicht der Ort sein, den von Anderen geführten Beweis dieser Behauptung zu recapituliren. Nur auf eine Kleinigkeit möchte ich aufmerksam machen. In der trockenen Erzählung des Priestercodex über die Erzväterzeit findet sich auf menschlicher Seite nirgendwo ein Motiv zu handeln, die ganze Geschichte läuft völlig automatisch ab. Die eirzige Ausnahme bildet der Schmerz Isaaks und Bebekkas über die canaanitischen Enen Esaus (Gen. 28 vgl. Num. 25).

104 Smend, über die Genesis des Judenthums.

der Chronik wollte diesem Mangel abhelfen, den er ohne Zweifel fir einen nur scheinbaren hielt. Die mosaische Abfassung des Pentateuchs und seine bestindige Gtiltigkeit war für ihn selbstverständlich und so meinte er, die ältere Ueberlieferung nur richtig zu interpretiren, indem er sie überall nach dem Gesetzbuch und überhaupt nach den Zuständen und Vorstellungen seiner Zeit corrigirte und umarbeitete. Das Israel der Chronik ist eine alterthüm- liche Verkleidung der jüdischen Gemeinde, daher diese Bilder voll innerer Contraste und Widersprüche, die hin und wieder fast ans Groteske streifen, die aber gleich- wohl sehr lehrreich sind, sofern sie zeigen, wohin die Zu- rücktragung des Gesetzes in die vorexilische Zeit führt. Im engsten Zusammenhang damit steht ein stark ausge prägter religiöser oder vielmehr dogmatischer Pragmatismus der Darstellung, wonach Unglück überall Strafe für eine bestimmte Sünde und zwar für Ungehorsam gegen be stimmte Gebote des Gesetzes und umgekehrt Glück als Lohn für gesetzliche Frömmigkeit erscheint. Diesen Causal- nexus bemüht sich der Verf. auf allen Punkten aufzuzeigen, indem er Ursache und Wirkung auch da überall concret ausmalt, wo die ältere Ueberlieferung uns darüber völlig im Dunkeln lifst, Frömmigkeit und Gottlosigkeit nach dem Priestercodex, Glück und Unglück nach oft sehr will kürlichen Combinationen. In sehr vielen Fällen wird sogar von Ursache auf Wirkung und umgekehrt lediglich ge- schlossen, das rein vermuthete Glied der Kette darum aber nicht weniger concret geschildert wie das überlieferte. Die älteren Geschichtsbücher, Richter, Samuelis und Könige, haben ihre vorliegende Gestalt wesentlich im Exil erhalten. Diese letzte (so zu nennende) Bearbeitung ist das Werk mehrerer Hände und muls übrigens wegen ihrer Verwandtschaft mit den Propheten Jeremia und Ezechiel für einen getreuen Ausdruck der damaligen Denkweise gelten. Sie steht auf dem Standpunkt des Deuteronomiums.

Smend, über die Genesis des Judenthums. 106

Was sie aber aufserdem vom Chronisten unterscheidet, ist einmal der Umstand, dafs jener Pragmatismus von ihr bei weitem nicht in demselben Mafse entwickelt wird und dann, dals sie die Vergangenheit viel weniger idealisirt, als viel- mehr verdammt. Es liegt hier nicht nur ein anderes Gesetz- buch zu Grunde, sondern auch die gesammte Anschauung ist eine viel weniger gesetzliche. Denn der Glaube an das mosaische Gesetzbuch hat zur nothwendigen Consequenz die Meinung, dals es seit Mose in Israel regiert oder doch wenigstens seinen Anspruch auf Anerkennung immer wieder geltend gemacht habe. So stellt denn auch der Chronist die Sache dar. Dagegen ist das Gesetz zunächst im be- wulsten Gegensatz gegen die Vergangenheit entstanden. Es sollte anders werden. Der letzte Verfasser des Königs- buchs giebt zu, dafs gerade diejenige Forderung des Deu- teronomiums, auf die er das meiste Gewicht legt, nämlich das Verbot der Höhen, erst von Hiskia oder vielmehr von Josia durchgeführt sei, ja mehr als das, nach seiner Mei- nung (die in Wahrheit auch die des Deuteronomiums ist) hat jene Forderung erst seit dem salomonischen Tempelbau Gültigkeit gehabt. Von dem Zeitpunkt ab wird der Höhen- dienst beanstandet und allen Königen bis auf Hiskia und Josia zum Vorwurf gemacht, für die ältere Zeit wird er gerechtfertigt (1 Kön. 3, 2) und passirt deshalb in den Büchern der Richter und Samuelis ungerügt. Freilich läfst er seit Salomo von Zeit zu Zeit Propheten auftreten, die die Hauptgebote des Deuteronomiums geltend machen, aber das hat hier doch noch einen anderen Sinn als in der Chronik. Ueberhaupt geht der Begriff der Thora für den Verfasser durchaus nicht im Gesetzbuch auf (2 Kön. 17, 13 vergl. Esra 9, 11).

Andererseits wird fast die gesammte Vergangenheit aufs entschiedenste verurtheilt. Es soll gezeigt werden, dafs das Volk von jeher einen unaustilgbaren Hang zur Gottlosigkeit in sich trug und schon in der Zeit seiner

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Entstehung seine grundverderbte Natur an den Tag legte. Schon nach den Erfahrungen der Richterzeit konnte man über den Ausgang der Geschichte Israels nicht zweifelhaft sein, ja sogar die Zeit des Wüstenzuges, die von den älteren Propheten und selbst noch von Jeremia so ganz anders beurtheilt wird, erscheint in diesem Lichte. Später nach Salomos Tode fiel der gröfste Theil des Volkes für immer von seinem Gott ab, bei der Entstehung des Reiches Ephraim war auch schon sein Untergang besiegelt. Auch das Reich Juda war im Grunde nicht viel besser. Obwohl manche seiner Könige fromm waren, so kamen doch nur Hiskia und Josia dem Davi« gleich, und deren Frömmig- keit konnte die Gottlosigkeit nicht abstellen, die nun ein- mal zu tief in der Natur des Volkes stak. Darum mufste auch Jerusalem mit dem Tempel fallen, wie schon dem Salomo fiir den Fall des Götzendienstes, ja schon den Vätern, die in Kanaan einzogen, durch Mose angedroht war. Gott wohlgefällig und fromm war in alter Zeit das Geschlecht, das unter Josua das heilige Land eroberte, fromm war Israel während der Regierungszeiten der Richter, fromm war David, an dessen Namen sich die Erinnerung an die einstige Macht und Gröfse Israels knüpfte, Salomo, der Besitzer einer Herrlichkeit, die den Späteren märchen- hafterschien, und vor allen Dingen der Erbauer des Tempels, war es wenigstens in seiner Jugend. Dafs diese Auffassung der israelitiachen Geschichte von einem sehr unvollkom- menen Vergeltungsglauben beherrscht ist, ist deutlich und nicht minder deutlich die Zeit, in der sie sich bildete. Die furchtbare Thatsache, dais Jahve sein eigenes Volk ver- nichtet hatte, forderte ihre Erklärung aus einer ungeheueren Schuld, die auf Israel lastete. Ein gottloses Geschlecht war es, das der vernichtende Schlag traf, und seine Gott- losigkeit manifestirte sich am deutlichsten in dem Götzen- dienst, um den sich der Kampf zwischen Volk und Pro- phetie zuletzt eigentlich gedreht hatte und der übrigens

Bmeond, über dis Gencsis des Jadenthums. 107

einem guten Theil wirklich in uralte Zeiten surtick- hte '). So unvollkommen, einseitig, willkürlich, ja un- cht diese Beurtheilung der Vergangenheit deshalb auch Einzelnen ist, es ist nicht aus der Luft gegriffen, wenn ganzen Vergangenheit und namentlich auch schon der ıterzeit Götzendienst vorgeworfen wird. Ja es ist in er Geschichtsbetrachtung ein grofser Fortschritt zu statiren. Sie verdient schon deshalb alle Anerkennung, . sie init dem Vergeltungsglauben entschiedenen Ernst ht. Man schob ja nicht die Schuld von sich ab, son- ı man klagte sich selbst an, indem man die Väter an- ste, man bekannte die eigene Schuld, indem man die ze Vergangenheit als eine grofse Schuldenlast hinstellte h. 9). Wichtiger ist ein Anderes. Das Wesen der de scheint etwas oberflächlich aufgefalst zu werden, n sie hier wesentlich nur als Götzendienst erscheint, : andererseits ist dasselbe hier doch viel tiefer erfalst, früher. Im Anschlufs an Jeremia wird die Sünde hier 2in unausrottbarer Hang der gottwidrigen Natur Israels iffen. Bei den älteren Propheten (Hosea macht aus ınntem Grunde einigermafsen eine Ausnahme) ist die de dagegen eine ziemlich unbegreifliche Entartung der rünglich guten Natur des Volkes. Ebenso bezeichnet Energie, mit der eine fortgehende Vergeltung postulirt

) Die Meinung des Deuteronomiums, Esechiels und des Corpus 17 ff., dafs der volksthtimliche Gottesdienst grofsentheils kanaani- xr Götzendienst sei, den Israel bei seiner Einwanderung ange- sen habe, ist, wie Wellhausen bemerkt, nicht unbegründet. rird durch die ältere Ueberlieferung (Num. 25. Hos. 9) und nicht sr durch die Sagen der Geuesis bestätigt. Obendrein ist das em des israelitischon Götzendienstes oder vielmehr des frühsei- Kampfes gegen denselben ohne eine derartige Annahme unlösbar, egentheil ist es undenkbar, wie eine solche Vermischung hätte ieden werden können, als ein Hirtenvolk in die höhere Cultur ackerbauenden eintrat.

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und constatirt wird, einen Fortschritt über die ältere Zu L- hinaus. Die Mängel dieser Geschichtsauffassung liegen af hz. der Hand, aber es ist leichter, dieselben zu rügen sb u, zu verbessern. Es ist eben schwer, wenn nicht unmögid, >

aufzuzeigen. ; Auf diesen beiden Punkten nähert sich diese deuter | nomistische Religionsauffassung freilich dem Geeets, abe > den eigentlich gesetzlichen Standpunkt erreicht sie bi Weitem noch nicht. Ihre Gesetzlichkeit geht wesentic ter auf in der Perhorrescirung der grob heidnischen Elements, bon die dem volksthümlichen Gottesdienst von altersher nod Yr:z anklebten oder von aufsen in ihn eingedrungen ware } Der verwilderte Baum wird mit Axt und Säge zugestats, ¥ das Deuteronomium sucht ihn überdies durch Einmischoy [= humaner Elemente zu veredeln, aber im Uebrigen lit } man ihn wie einen natürlichen Baum wachsen. Man nimmt hi grolses Interesse am Tempel, am Cultus aber wesentlich bs nur ein negatives. Jahve soll nicht in falscher Weise ver } ehrt werden, positiv wird darauf kein Nachdruck gelegt, . man denkt noch nicht daran, dafs der Cultus auf gött- licher Offenbarung beruhe. Der Prophet Jeremia stellt a} als eine notorische Thatsache hin, dafs Jahve beim Aus zuge aus Aegypten nichts von Opfern geboten habe (7, 22). & Nach der deuteronomistischen Geschichtsschreibung besteht § die Frömmigkeit Josuas, Hiskias und Josias nicht sowohl } darin, dafs sie den rechten Gottesdienst übten, als dals }, sie den falschen heidnischen resp. die Canaaniter ausrotteten. Wenn es weiter von jenen beiden Königen im Anschluß } an ihre Cultusreformation heifst, dals sie ganz so gethan hätten wie ihr Vater David, dagegen von anderen fromme ; Königen, die gleichwohl die Höhen duldeten, dafs sie nicht | ganz wie David gethan hätten, so ist es schwer, diesen | Gedanken auszudenken. Denn anf Davids Zeit findet ja | das Verbot der Höhen keine Anwendung. Hier zeigt sich

Smond, tiber die Genesis des Judenthums. 109

it deutlich das Unfertige in den Anschauungen des fassers. In den Btichern Samuelis acceptirt er ohne iteres die Schilderung der natürlich edelen Persönlichkeit ids, die die Mit- und Nachwelt begeisterte, er fühlt nicht gedrungen, die Gesetzlichkeit von Davids Fröm- keit zu constatiren, wenn er ihn auch in seinem Testa- ıt den Salomo im Hinweis auf das Gesetzbuch vor dem sendienst warnen lälst. Zuzugeben ist freilich, dafs dieser deuteronomistische ıdpunkt, wesentlich über das Deuteronomium hinaus- snd, ein religiös-kirchlicher ist. Namentlich ist das igsbuch eigentlich eine Kirchengeschichte, mit dem ıterbuch steht es nicht viel anders. Im Königsbuch der Tempel und die Prophetie die hauptsächlichen ‘enstinde des Interesses, dessen Kehrseite der Gegensatz ın den Götzendienst ist. Nach diesen Gesichtspunkten ler Stoff aus den älteren Quellen ausgewählt, indem a hin und wieder ältere Erzählungen in einem Sinne efafst werden, der ihrem ursprünglichen Geiste völlig d ist (1 Kin. 20.22; 2 Kön. 9. 10). Von der äufseren ischen Geschichte erfahren wir sehr wenig, meist nur was zugleich auf den Tempel und die Prophetie Bezug Nach ihrem Verhalten zu diesen beiden Dingen ‚en die Könige beurtheilt. Dadurch bekommt der Pa- ismus des Verfassers eine eigenthümliche Färbung, ein anes Nationalbewulstsein ist nirgends zu verspüren. noch weils er sehr wohl, was der politische Staat und Königthum für die Sache der Religion bedeutet hat. e messianische Hoffnung ist an das Haus Davids ge- ft, ohne dies kann er sich eine Zukunft Israels nicht en, ob auch nur wenige Könige den Anforderungen Xeligion in seinem Sinne entsprochen hatten. Auf dem mm des Staates war eben die entstehende Kirche ent- ngen, die Könige hatten den Tempel gebaut, könig- Diener waren die Priester der vorexilischen Zeit

110 Smend, über die Genesis des Judenthums.

(1Sam. 2, 25), das Königthum hatte dem deuteronomischen Gesetzbuch Geltung verschafft.

Nirgends zeigt sich in der deuteronomistischen Bear beitung die Vorstellung einer selbständigen Theokratis, wohl aber ist sie in einigen Erzählungen des Richter- und Samuelisbuchs zu erkennen. Danach wäre die selbstän- dige Theokratie sogar ülter als das Königthum. Die Er zählung Richt. 19—21, deren Inhalt mit ihren Anfangı und Schlufsworten merkwürdig contrastirt, giebt uns ein Bild vom alten Israel, das schon an den Priestercodes erinnert. Da haben wir em durchaus geistliches Israd vor uns, eine wesentlich kirchliche Gemeinde, die ein- müthig und mit furchtbarem Ernst der einen Aufgabe, das heilige Volk Gottes zu sein, nachtrachtet. Auf die Nach- richt von einer unerhörten Schandthat, von verruchten Buben in Gibea an dem Weibe eines Leviten verübt, ver- sammelt sich das ganze Volk wie ein Mann, um Gericht zu halten, und als der Stamm Benjamin die Auslieferung der Schuldigen verweigert, wird er von der übrigen Ge meinde nach furchtbaren Kämpfen fast total ausgerottet. Mit dieser Erzählung, die auf allen charakteristischen Punkten in diametralem Widerspruch mit dem übrigen Richterbuch steht, sind einige Stücke im Buche Samuelis artverwandt. 1Sam. 7.8. 10, 17 ff 12 soll gezeigt werden, wie dies geistliche Israel der vorköniglichen Zeit das heid- nisch weltliche der königlichen Zeit wurde. Wenigstens de jure ist Israel hier dasselbe wie dort, de facto erscheint es freilich in einem völlig gegentheiligen Lichte Die Wandlung ist unbegreiflich. Durch und durch heidnisch war das Volk von jeher, seit dem Auszug aus Aegypten ist es immer wieder zu den Götzen abgefallen, jetzt kommt seine heidnische Natur vollends zum Durchbruch im Ver- langen nach einem Könige. „Wir wollen sein wie alle Heiden sind“, das ist die lästerliche Rede, die diese Rotte allen Bitten und Beschwörungen Samuels entgegenstellt,

BSmend, über die Genesis des Judenthums. 111

mund zuletzt mufs Samuel nachgeben, als der souveräne Stellvertreter Jahves giebt er dem Volke seinen König, Zudem er zugleich den dereinstigen Untergang von König ind Volk weissagt. In Wahrheit schlägt diese Erzählung der gesammten vorexilischen Denkweise Israels, soweit sie uns bekannt ist, in Sonderheit der anderweitigen Ueberliefe- zung über Samuels Verhiltnifs zum Königthum, geradezu ins Angesicht. Nicht verruchter Eigenwille des Volkes, sondern die bitterste Noth der Knechtschaft hat Israel zum Königtbum geführt, nicht das Volk hat von Samuel einen König verlangt, sondern Samuel ist es gewesen, der längst, «he das Volk an das Königthum dachte, darin die einzige Rettung gesehen und verlangend nach dem Manne nach Jahves Herzen ausgeschaut hat, der den Saul zuerst als solchen erkannt, ihm seinen Beruf geoffenbart, ihm Mittel und Weg zu seinem Ziel gezeigt und ihm endlich unter geschickter Benutzung eines günstigen Augenblicks zur

= Krone verholfen hat, und umgekehrt : nicht Bamuel machte m suletst den Saul zum Könige, dazu besafs er nicht die ms Macht, sondern das Volk. Und zwar ist das nach dieser ms Ueberlieferung die einzige eigentliche That Samuels, als der a intellectuelle Urheber des Königthums hat er den Anstofs um sur Befreiung Israels gegeben, das ihm deshalb sein späteres ws Leben verdankt. Indessen tritt die oben skizzirte Erzäh- se lung auch auf diesem Punkte der übrigen Ueberlieforung = wtgegen. Sie nimmt die Befreiung Israels von den Phi- ästern, die Grofsthaten Sauls und Davids direct für Samuel in Anspruch. Ehe vom Königthum die Rede war, hat Samuel das vollführt (1 Sam. 7), damit soll der anderwei- tigen Ueberlieferung der Boden unter den Fiifsen weg- gesogen werden, das Königthum war hiernach vollkommen überflüssig. Es ist das freilich wiederum ein Ausflufs des bekannten Pragmatisınus : war die geistliche Herrschaft mach göttlichem Rechte die einzig wahre, dann mulste Israel dabei auch besser oder wenigstens nicht schlechter

112 Smend, über die Genesis des Judenthums.

gefahren sein als bei der weltlichen. Das war logisch nicht anders denkbar, ob auch die ganze Geschichte dadurch auf den Kopf gestellt wurde.

Bei einem solchen Verhältnifs dieser Erzählungen sur übrigen Ueberlieferung kann von einem Nebeneinander bestehen der beiden gar keine Rede sein, sie vertragen sich wie Ja und Nein und es ist verlorene Mühe, sie har- monisiren zu wollen. Die Entscheidung über die zu treffende Wahl kann nicht zweifelhaft sein. Denn in jenen Stücken ist der innere Widerspruch, der grofse Mangel an Lebenswahrheit überall nicht zu verkennen, der eben da- durch entsteht, dafs Vorstellungen und Begriffe in das altisraelitische Volksleben zurückgetragen sind, die sich mit einem lebendigen Volksleben tiberhaupt nicht reimen. Denn hier wird eben der natürlichen Form des Volks- lebens, dem nationalen Königthum, für Israel das Existenz- recht abgesprochen und dasselbe für von vornherein unver- einbar mit Israels Bestimmung erklärt. Wellhausen wird mit der Behauptung Recht behalten, dafs eine solche Vorstellung von dem Verhältnifs geistlicher und weltlicher Macht sich erst bilden konnte, als es keinen israelitischen Staat mehr gab!). Wer innerhalb des nationalen Staats- verbandes lebte, konnte jenes Verhältnifs in dieser Weise nicht auffassen. Bekanntlich betrachten alle vorexilischen Propheten, sogar noch Jeremia und Ezechiel, den nationalen Staat mit dem Könige an der Spitze als die selbstverständ- liche Form des idealen Israel der Zukunft. Das ist aber um so bemerkenswerther, als der Kampf der Propheten gegen die Excesse des Königthums fast ebenso alt ist als das Königthum selbst. Jedenfalls stehen diese Erzählungen weit ab von der Zeit, von der sie handeln, und selbst wenn man die darin ausgesprochenen Ideen der vorexilischen

') Dasselbe gilt z. B. auch von einer Erzählung wie 2 Kön. |; 1 Sam. 13, 7—15.

Send, der ir Gass de Auntiemn 113

ct zuschruiber käune. se wire ven da noch om weer Iaritt am der Annahme dah oe u dar worbingiche at reaksirt warez. Ueberdies und wir beer meme noch

. Sam. 10, BD) agespeck. Aber das Gesetz schwebt dech ır wie em Hauch über diesen Erzählungen, coacret wird ine Exstenz m ihnen in kemerlei Organen oder Insti- ten deathch. Es fehlt an Centralkeiigthum (dean Richt. ), 27b. Wa ist offenbar eine Glosse; vgl BW 1. 21, 19; Sam. 7, 9.17), deshalb ist die einheitliche Gemeinde des olkes Gottes Richt. 19-21 ein Schemen und vällig Ihattenhaft ist auch die Gestalt Samuels in den genannten tücken des Semmelisbuches. In Wahrheit ist sein Wider and gegen die Stiftung des Königthums und weiterkia ie selbständige Theokratie, die er vertritt, nichts als eine betract priscipielle Zuspitsung, Antedatirung und Hypo- tasirung des Gegensatzes, in den die Prophetie je länger » mehr zum Königthum und überhaupt zum nationalen 'olksthum trat. Das heifst aber nichts anderes, als dafs ie selbständige Theokratic des Gesetzes sich aus der Pro- hetie entwickelt hat. Die Analyse des Samuelisbuches eweist, dafs sogar der Samuel von 1 Sam. 15. 28 der ur prünglichen Ueberlieferung fremd ist, noch später ist der on 1Sam. 16 eingetragen. Ebenso deutlich sind die tücke 1 Sam. 7. 8. 10, 17 ff. 12 in den Zusammenhang on 1 Sam. 9. 10. 11 erst nachträglich eingeschoben. Hier

Zeitschrift f- 4. alttest. Wins. Jahrgang 3. 1882. 8

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sind die älteste und die späteste Auffassung Samuels zu einem höchst übel disharmonirenden Ganzen verquickt, in der Mitte zwischen beiden stehen jene anderen beiden Stücke. Uebrigens stützt sich die Kritik, indem sie die Benutzung der deuteronomistischen und anderer verwandten Elemente der historischen Bücher für die Construction der älteren Geschichte ablehnt, keineswegs nur auf literar- kritische und religionsgeschichtliche Untersuchungen und Erwägungen, wie z. B. auf die Annahme, dafs das Dev- teronomium in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts ent- standen sei. Ihre Abweichung von den übrigen Stücken ist eine so allseitige, dals sie schon nach den allgemeinen Gesetzen jeder Geschichtsforschung für Erzeugnisse späterer Zeit gelten müssen.

Die Differenz zwischen den Vertretern der Graf'- schen These und deren Gegnern scheint mir in hohem Grade eine methodische und bei manchen im letzten Grunde allerdings auch eine theologisch principielle zu sein. Bei der Untersuchung nach dem Alter des Priestercodex ist zunächst doch wohl zu fragen, von welchem Zeitpunkt ab er nachweislich in die Geschichte eingetreten ist. Das ist er notorisch erst seit Esra. Vorher ist keine Spur von ihm nachzuweisen. Danach ist die weitere Frage sofort | dahin zu stellen, ob der Priestercodex nicht überhaupt erst in der Zeit Esras entstanden sei. Ist seine Entstehung in dieser Zeit begreiflich, so würde dieselbe selbst dann hier als wahrscheinlich anzusetzen sein, wenn sie übrigens auch in früherer Zeit denkbar wäre. So liegt die Sache aber keineswegs.

Während die exilische resp. nachexilische Eintstehung mindestens als durchaus möglich erwiesen ist, fehlt für die Annahme der vorexilischen Entstehung jeder Anknüpfungs- punkt ’). In der vorexilischen Religionsgeschichte, über

) Dt 14 = Lev. 11 kauu durchaus nicht für einen solchen gelten. Es ist nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dafs ein-

Bmend, fiber die Genesis des Judenthums. 115

die wir durch die historischen und prophetischen Bücher susreichend informirt sind, ist keine Phase zu entdecken, aus der seine Entstehung verständlich wäre, geschweige denn, dafs die Annahme seiner vorexilischen Existenz uns das Verständnils irgend einer Erscheinung der älteren Ge- schichte erleichtern würde. Im Gegentheil, er steht dem Verstindnifs der letzteren überall im Wege. Uebrigens ıber mufs jeder, der die Geschichte der israelitischen Tra- dition auch nur einigermalsen kennt, zugestehen, dals die Zurückführung dieser Gesetze auf Mose nicht den Aus- rangspunkt der Untersuchung abgeben darf. Wenigstens ıaben diejenigen, welche den Priestercodex 500 Jahre nach Mose ansetzen, kein Recht sich auf die entgegenstehende Cradition zu berufen, wenn Andere noch 500 Jahre tiefer 1inabgehen. Trotz dieses Sachverhalts stellen die Gegner ron vornherein die Frage, ob nicht trotz der historischen ınd prophetischen Bücher die vorexilische Abfassung in ıbstracto möglich sei, und meinen die Graf’sche These widerlegt zu haben, indem sie die postulirte Möglichkeit rermittels völlig abstracter Hypothesen construiren. Solche Luftgebilde ohne Fleisch und Bein sind freilich auch nicht todtzuschlagen. Für die biblische Geschichte hätte es nun freilich gar nichts zu bedeuten, ob der Priestercodex blofs literarisch vor dem Exil da war oder nicht, da er nach- weislich vor dem Exil gar keinen Einflufs geübt hat. Nachdem man ihn aber zunächst blofs literaturgeschichtlich vor dem Exil untergebracht hat, soll er dann aller un-

selne Capitel des Cultus und der Bitte schon vor dem Exil schrift- stellerisch entwickelt waren. Eine lediglich mündliche Ueberlieferung der priesterlichen Thora, die auch schon vor dem Exil theilweise einen ritualen Charakter hatte, ist kaum denkbar. Aber darauf kommt os eben nicht an, sondern auf die Totalität des Priestercodex d. h. auf die systematische Eatwickelung des Cultus und der Bitte als göttlicher Institutionen und eines geistlichen Israel.

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het 116 Smend, über die Genesis des Judenthumes.

zweifelhaft echten Ueberlieferung zum Trotz doch wieder für die Seele des vorexilischen Israel gelten und dem In- halt nach gar wesentlich mosaisch sein. Das heilst aber nichts anderes, als die wissenschaftliche Methode, die man übrigens selbst als die Richtschnur der theologischen Arbeit fordert, auf den Kopf stellen.

In der That ist dieser methodische Fehler zu grofs, um für zufällig gelten zu können. Er beruht auf tiefer- liegenden Gründen. Und zwar ist es nicht nur der fort- wirkende Einflufé Ewald’s und de Wette’s, das Ge wicht der wissenschaftlichen Tradition, was hier der rich- tigen Erkenntnifs im Wege steht, es sind vielmehr dog- matische oder doch religiös-ästhetische Dispositionen. Der Widerspruch gegen die Graf’ sche These ist von verschie- denen Seiten, die doch sonst das Recht und die Pflicht der theologischen Wissenschaft anerkennen, in einer Weise erhoben, die hierüber keinen Zweifel lifst. Man wird von den Gegnern Graf’s deshalb keine völlig objective Wür- digung seiner Argumente erwarten dürfen. Verständlich sind allerdings diese Stimmungen gegenüber der neuesten Wendung der Kritik. Was man gewöhnlich die mensch- liche Seite der Bibel nennt, erscheint danach um ein Stück breiter als zuvor, die göttliche wird scheinbar mehr und mehr verengt. Im Interesse der praktischen Verwerthung des A. T. in Kirche und Schule kann sich deshalb jeder Wohldenkende einer gewissen Beklemmung wohl nicht er- wehren. Indessen ist dadurch doch nur deutlicher geworden, was seit langem am Tage lag, eben die Mängel der ge wöhnlichen Behandlung des A. T. und der Bibel überhaupt in der kirchlichen Praxis treten um so klarer vor Augen. Ebenso könnte doch vielleicht auch der, welcher sich in seinen theologischen Grundanschauungen durch die kritischen Positionen Graf’s behelligt fühlt, in jenen und nicht in diesen den Fehler zu suchen haben. Ich irre mich wohl nicht, wenn ich den Widerwillen gegen die Graf’ sche

Smend, über die Genesis tes Judenthums 117

These zu einem guten Theil aus einer Ueberschätzung des alttl. Opfercultus erkläre, die wiederum in einer Ueber- schätsung des Bildes begründet ist, unter dem im N. T. die Bedeutung des Todes Christi so vielfach zum Ausdruck kommt.

Il.

Die jüdische Theokratie, d. h. die Herrschaft des Ge- setzes, ist als das vorläufige Resultat der vorexilischen (und exilischen) Geschichte Israels zu begreifen. Man hat diese Betrachtungsweise als pantheistisch oder gar als natura- listisch bezeichnet, indessen möchte es leicht zu zeigen sein, dafs sie weit mehr als die herkömmliche dem Glauben an die göttliche Weltregierung gerecht wird. Man hört gelegentlich wohl die Frage, ob die israelitische Religion in gewissen Stadien ihrer Geschichte nicht ein Bild ge- boten habe, wie andere Religionen des Alterthums auch, so dals sie möglicherweise das Schicksal dieser hätte theilen können. Diese Frage ist keineswegs so kurzab zu verneinen, wie das vielfach geschieht. Die israelitische Religion hat in der That solche Stadien durchgemacht, an denen wenigstens für unsere Betrachtung und Kenntnifs diese Möglichkeit vorlag. Im Gegentheil ist es mir unver- ständlich, wenn man andererseits das Bediirfnifs zu em- pfinden scheint, die Anfänge der israelitischen Religion so vorzustellen, dafs die nachfolgende Entwicklung sich als deren nothwendige Folge ergiebt. Freilich erwarten wir schon in den Anfängen Israels diese und jene Eigenthüm- lichkeit zu entdecken, die auf den beispiellosen Ausgang seiner Geschichte hinweist, doch darf man keine irgend- wie bestimmte Vorstellung davon von vornherein mit- bringen. Denn hier handelt sich’s gar nicht um eine künst-

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liche Construction des alten Israel vermittels hypothetischer Combinationen, sondern lediglich um eine sorgfältige Ver werthung des Kernes der älteren Geschichtsbücher ein- schliefslich des Pentateuch sowie der älteren Propheten. An urkundlichem Material besitzen wir vollauf genug, um ein Bild vom alten Israel zu entwerfen, das in allen Haupt- zügen auf allgemeine Anerkennung Anspruch machen kanı. Wellhausen hat wohl zuerst gezeigt, dafs man die Ge schichte der israelitischen Religion nur daraus recht versteht, dafs sie mehr als alle anderen Nationalreligion war. Was man ihr gewöhnlich zum Vorwurf macht, ihr entschiedener „Particularismus“, war eben ihre Stärke und ihr Vorzug. Das alte Israel erscheint uns als ein höchst naturwüch- siges Volk, das sich vor allen Dingen als Nation fühlte und als Nation lebte. Es konnte in der That wohl nicht anders sein, seine Schicksale brachten das mit sich. In einem fast ununterbrochenen Kampf um die nationale Selbstbehauptung verlief seine ganze Geschichte, in Son- derheit die ältere. Es lebte in einem Lande, das aus allen nur denkbaren Gründen das Ziel unaufhörlicher Angriffe war, es bedurfte der energischesten Kraftanspannung, wenn das Volk nicht zerrieben werden sollte. Israel behauptete sich, mit der Noth und Gefahr wuchs immer wieder die nationale Kraft, der tiefsten Erniedrigung folgte jedesmal eine um so glänzendere Erhebung. Dies energische National- bewufstsein datirte aber schon von den Anfängen des Volkes her. Die Stämme Israels hatten sich mit Glück aus der ägyptischen Knechtschaft befreit und nach längerem Auf- enthalt in der Wüste das Land Kanaan ercbert. Schon die Entstehung des Volkes war unter Bedingungen erfolgt, die für die Ausbildung jenes Bewulstseins von grofser Be- deutung waren. Damit steht die Thatsache, dafs Israel eigentlich erst durch Saul und David ein einheitliches Volk wurde, keineswegs im Widerspruch. Die Stämme hatten sich von jeher a's eine Einheit gefühlt, dafs sie sich erst so

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spit und nur unter dem Druck der bittersten Nothwendig- keit zu einem Volke zusammenschlossen, haben wir z. Th. wohl wiederum aus einem grofsen Kraftgefühl zu erklären, wenngleich sich von selbst versteht, dafs ein Nomadenvelk keine staatliche Einheit bilden kann und auch nach dem Uebergang zum sefshaften Leben nicht sofort von der alten Ungebundenheit lälst.

In der That müssen wir den Antang der Geschichte Israels vom Auszug aus Aegypten datiren, seitdem gab es ein Israel. Auch wenn wir von der glücklichen Flucht aus Aegypten, dem Durchzug durch das Rothe Meer, der Besiegung der Amoriter jenseits des Jordan nichts wülsten, wir mülsten derartiges supponiren, um die nachfolgende Geschichte zu begreifen. Denn woher stammte das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das die Stämme später in Ka- naan verband? Blutsverwandtschaft bestand zwischen ihnen, aber sie war doch in mancher Beziehung nicht weit her und hat in Sonderheit in diesem Fall nicht viel bedeutet. Wenn irgendwo, dann wurde hier durch andere Factoren die Volksentstehung bedingt. Die Begriffe Israel und Jahve waren es, in denen die Stämme sich eins fühlten und die hier wirklich volk- und staatbildend waren. Vor der Eroberung Kanaans lag eine gemeinsame grofse Ge- schichte, aus der Israel und Jahve stammten, die Erinne- rung daran hielt die Stämme zusammen, dort warin Wahrheit der Grund zu allem Späteren gelegt.

Israels Gottesbewulstsein fiel zunächst durchaus mit seinem Nationalbewulstsein zusammen. Jahve war Israels Gott geworden, als Israel entstand, und umgekehrt war Israel dadurch ein Volk geworden, dafs Jahve sein Gott wurde. Jahve und Israel waren ohne einander nicht deukbar, bis zu einem gewissen Grade waren sie geradezu identisch. Natürlich aber war Jahve der Aeltere von beiden, Israel war in ihm begriffen und nicht umgekehrt, so entschieden auch Israels Glück als das Ziel seines Waltens galt. Jahve

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war es, der die grofsen Thaten Israels vollführte, sein wun- derbarer Geist war es, der in den Helden Israels so Grofses wirkte, das nationale Bewulstsein war sofort auch Gottes- bewufstsein. So hat sich in Israel das lebendigste Gottes- bewufstsein entwickelt, das die alte Welt kennt.

Als Gott Israels offenbarte Jahve sich vor allen Dingen im Kriege, das war an sich natürlich und auch der Name Israel weist darauf hin. Indessen war Jahve als National- gott auch noch mehr. Wenngleich das nationale Bewulst- sein sich am stärksten im Kriege regte, so war es doch auch im Frieden vorhanden. Das Hirtenvolk, das sich unter deu Kanaanitern festsetzte, wulste sich in seiner Art wesentlich verschieden von den Letzteren. Gewils mufsten die Sieger in gewissem Grade die Cultur der Besiegten annehmen, aber dennoch blieb Israel eben Israel. Es war stolz auf die unverdorbene Sitte der Väter und suchte sie festzuhalten. Auch nach dieser Seite bekam das nationale Bewulstsein gewifs die stärksten Impulse durch die bestän- digen Kämpfe, in denen das Volk sich gegen anders ge- sittete zu behaupten hatte. Der sittliche Charakter der hebräischen Gottesvorstellung ist dadurch wohl wesentlich gefördert. In gewissem Malse wird freilich jede National- religion von Haus aus einen sittlichen Charakter tragen. Namentlich gilt das von Israels Verwandten am Rande der Wüste, wie das aus vielen Stellen des A. T. und auch aus dem Buche Hiob hervorgeht. Wo sich ein lebendiges Gottesbewulstsein national ausbildet, da steht überall auch die innere Volksordnung und Sitte in ihrem gesammten Umfange unter göttlichem Schutze. Namentlich gilt Gott hier überall als der Wächter von Recht und Billigkeit, zunächst innerhalb des Volks. Merkwürdig ist freilich die Entschiedenheit, mit der der Hebräer auch über den Rah- men der Nation hinaus das Recht des Mitmenschen, nicht nur vom völkerrechtlicheu, sondern vielmehr noch vom humanen Gesichtspunkte aus dem göttlichen Schutze unter-

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stellte. Aber das ist nur eine Folge davon, dals Israel das nationale Recht und die nationale Sitte in so enge Verbindung mit der Gottheit setzte. Der Unterschied ist also auch hier wiederum nur der, dafs in Israel ungleich intensiver vorhanden war und sich immer höher entwickelte, was anderswo verktimmerte und unterging. Das Institut der Thora mag wesentlich dazu mitgewirkt haben, obwohl Institute ohne den lebendigen Geist todt sind und die Thora, wie der Name anzudeuten scheint, ursprünglich wohl weniger auf die Gerechtigkeit als auf die Weisheit Gottes reflectirte. Denn was die Güte der sittlichen Ge- sinnung anging, so kannte die ältere Zeit hierin kaum einen Unterschied zwischen Gott und dem volksthüm- lichen Gewissen.

Im Allgemeinen hatte man aufangs auch kein klares Bewulstsein von einer Differenz zwischen Jahves Willen resp. denı öffentlichen Gewissen und dem öffentlichen Leben. Gewils war der Begriff der Sünde als des gott- widrigen Handelns dem Volke zu keiner Zeit fremd, aber sie wurde in alter Zeit mehr als eine Verfehlung der Ein- zelnen, denn als eine solche des ganzen Volkes empfunden, und das Vergehen gegen die Gottheit ward nicht minder als ein Verstofs gegen Israels gute Art gefühlt. Der Ver- geltungsglaube der alten Zeit war deshalb auch wenig ent- wickelt. Fehlen konnte er nicht. Jahve strafte gewils die Uebertretung seines Willens und belohnte den Ge- horsam, aber man dachte nicht daran, dafs sein Verhalten gegen die Menschen regelmäfsig aus, dem Verhalten der Menschen gegen ihn zu erklären sei. Im Grofsen und Ganzen sorgte Jahve für Israels Glück, aber seine gnädige Fürsorge liels in Zeiten der Noth oft lange auf sich warten. Er wirkte alles, Glück und Unglück, weshalb das letztere, das schien oft unerklirlich. Trotz seiner Sympathie für Israel war seine Stimmung Wechseln unterworfen, die un- berechenbar waren. Eben dieser Umstand giebt der ültesten

122 Smond, über die Genesis des Judenthums.

Periode der israelitischen Religionsgeschichte ihre eigen- thümliche Signatur. Gnade und Zorn empfand man um so lebhafter, weil ihre Ursachen unbekannt waren. So mächtig die Nation sich in grofsen Zeiten von dem Ba- stand ihres Gottes gehoben fühlte, so stolz und zuver- sichtlich sie meistens darauf vertraute, so furchtbar fühlte sie zu anderen Zeiten den Druck seines Zorns, wie die schreckliche Laune eines allmächtigen Tyrannen. Da wagte man nicht mehr ihin zu opfern, ja nicht einmal seinen Namen zu nennen.

Aber solche Zeiten gingen vorüber, in der höchsten Noth stellte Jahve sich doch immer wieder als Israels Freund ein, sein Geist fiel auf diesen und jenen, der im Namen Jahves sein Volk zu den Waffen rief und es zum Siege führte. Der Noth der Richterzeit machte Jahve da- durch ein Ende, dafs er die Stämme unter einem Könige vereinigte. Der Erfolg war ungeheuer. Saul und David befreiten Israel von den Philistern und in wenigen Jahren wurde das vor Kurzem noch so ohnmächtige Israel das mächtigste Volk Syriens. Wiederum hatte das Volk auf das Wunderbarste erfahren, was sein Gott vermöge und wie Grofses er mit ihm vorhabe. Aus der ersten Königs- zeit datirt vor allen Dingen Israels Glaube an seine Zu- kunft und an seinen Beruf. Wenigstens für Juda war das der Höhepunkt der israelitischen Geschichte Hier lag die grofse Vergangenheit, auf die man später in trübseliger Gegenwart stolz zurücksah, im Rückblick auf sie ging man zuversichtlich einer grofsen Zukunft entgegen, von hier entlehnen die Propheten die Farben der messianischen Weissagung, weil diese überhaupt hier wurzelt.

Zugleich datirt aber wohl gerade von der Stiftung des Königthums das Bewufstsein von dem Gegensatz zwischen Jahve und Israel. Jetzt war Israel vielmehr als zuvor eine greifbare Grölse geworden, erst das geeinigte Volk war eigentlich als eine Persönlichkeit vorstellbar,

Smend, über die Genosis des Judenthums. 123

deren Thun und Lassen man an dem Willen Jahves messen konnte. Zunächst handelte für Israel der König, das ganze Volk mufste zuweilen für seine Sünden büfsen. Wir irren vielleicht nicht, wenn wir annehmen, dals man erst seit dieser Zeit sich gewöhnte, aus öffentlichem Unglück auf bestimmte Sünden des Volkes zu schliefsen. Sodann brachte das Königthum wie jeder Culturfortschritt nicht nur im Guten, sondern vielmehr noch im Bösen manches mit sich, was mit dem altisraelitischen Wesen in Widerspruch stand, und dieser Widerspruch zwischen dem öffentlichen Leben und dem Volksgewissen hatte zur nothwendigen Folge, dafs Jabve und Israel im Bewufstsein mehr und mehr aus- einandertraten. In gewissem Malse war jener Widerspruch aber schon lange vorher damit gesetzt, dafs das Hirten- volk bei der Eroberung Kanaans ein Bauernvolk wurde und die kanaanitische Cultur, theilweise auch den kanaani- tischen Gottesdienst annahm. Seit der Eroberung des Landes gab es in Israel selbst einen Widerstreit israeli- tischen und kanaanitischen Wesens, noch viele Jahrhunderte später schien der Nomadenstand manchem als der allein Gott wohlgefällige. Indessen scheint dieser letztere Gegen- satz in der älteren Zeit doch nicht dieselbe Rolle gespielt zu haben wie der erstere, Jahve kam in alter Zeit wenig- stene. schärfer mit dem Königthum in Conflict als mit dem entarteten Volksthum. Der Abfall der zehn Stämme vom Hause David ging grofsentheils hervor aus einer wenn auch unklaren Reaction des volksthümlichen Wesens gegen die Neuerungen des Königthums, der Prophet Ahia von Silo hat wohl wesentlich in diesem Sinne gewirkt.

Samuel ist der erste Prophet, von dem wir hören, er hat den Saul zu seiner kühnen That inspirirt. Ursprüng- lich bewirkte der Geist Jahves noch unmittelbarer die nationale That, man kann sagen, dafs in der ältesten Zeit die Richter das sind, was später die Propheten. Auch Mose ist vielmehr mit jenen als mit diesen zusammenzu-

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stellen. Immerhin ist es ein Fortschritt, wenn der Führer des Volks und der Träger des Geistes Jahves als zwa verschiedene Personen nebeneinanderstehen, wie schon Barak und Debora. Uebrigens kümmerten sich die Pro- pheten von vornherein nicht nur um die grofsen nationalen Angelegenheiten, sondern ebenso sehr um das eigentliche Volksleben bis hinunter in die kleinen Dinge der Alltäg- lichkeit. Ueberall liefsen sie sich um Rath und Hülfe an- geben, aber auch ungefragt erscheinen sie als kräftige Ver- fechter der göttlichen Forderungen gegenüber dem Volk wie gegenüber dem Einzelnen. In mancher Beziehung war ihre Aufgabe sehr ähnlich der des Priesters, des stän- digen Vertreters Jahves beim Volke. Ja es scheint, dals Priester und Prophet im Alterthum vielfach ein und die

selbe Person waren (vgl. Wellh. Gesch. I, 412). Später |

hin sind sie regelmälsig Verbündete, es fehlt für die An- nahme einer priesterlichen und einer prophetischen Rich- tung im alten Israel in der That jeder Anhalt. Die Sache Jahves wurde aber natürlich viel entschiedener und kräf- tiger von den Propheten geführt, schon deshalb, weil der Priesterrtand immerhin von König und Volk abhing, vor allen Dingen deshalb, weil die Sache Jahves eine lebendig werdende war. Im Reiche Ephraim begegnet uns freilich auch ein geschlossener Prophetenstand, man hat aber wohl kein Recht, darin eine absichtliche Organisation des Widerstandes gegen das Königthum und die Entartung der Volkssitte zu sehen. Wenigstens scheinen diese Vereine älter zu sein als das Königthum, und was wir später über ihr Ver- halten gegenüber dem Hause Omri hören, begünstigt jene Auffassung keineswegs. Immerhin ist es aber merkwürdig, dafs der Ausdruck Nabi den althebräischen Ro’e verdrängte, obwohl jener vielfach einen üblen Klang hatte. Das ist doch nur dann zu begreifen, wenn aus jenen Vereinen die gröfsten Propheten der älteren Kunigszeit hervorginyes. Auch ist es denkbar, dafs die Prophetenvereine sich zeit-

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weilig als die alleinigen Vertreter des ächten Jahveglaubens fühlten, wie das wohl von der Secte der Rekabiter anzu- nehmen ist.

Die Rekabiter sind als eine Reaction gegen die zu- nehmende Entartung des Volkslebens zu begreifen, es ist ebenso zu verstehen, wenn die Propheten Elia und Elisa mit der gröfsten Entschiedenheit den Kampf gegen den Baalsdienst aufnshmen. Seit Salomo hatten fremde Culte ungestört in Jerusalem bestanden, es scheint nicht, dals die ältere Zeit daran einen Anstofs nahm. Es war also eine neue Forderung, die jene Propheten stellten, wenn dieselbe auch durch die neuerliche Einführung des phöni- cischen Baalsdienstes in Samaria veranlafst war. Inner- halb gewisser Kreise fanden diese Propheten Anklang, der Sturz des Hauses Ahab führte auch zur Ausrottung des Baalsdienstes. Freilich hatten Elia und Elisa das Haus Omri noch aus einem anderen Grunde bekämpft, sie ver- langten Rache für den Mord Naboths, überhaupt aber trug der Kampf zum guten Theil wohl einen principiellen Cha- racter. Was diese Propheten gegen die bedeuteudste Dy- nastie Israels aufbrachte, scheint hauptsächlich doch ein gewisser profaner Sinn gewesen zu sein, der die Ansprüche des prophetischen Worts ignorirte. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dafs hier wirklich die Gegen- sätze von geistlich und weltlich mit einander kämpften, so ungeistlich auch die Mittel waren, durch die Elisa trium- phirte.

Allerdings scheint der Sieg der Propheten wenigstens für das Reich Ephraim von keinen nachhaltigen Folgen gewesen zu sein. Hatte Elisa gehofft, durch den Sturz des Hauses Omri die Lage der Dinge wesentlich zu bessern, dann hat er sich gründlich getäuscht. Der wichtigste Er- folg war vielleicht der, dafs man nun erst recht die Gröfse des Uebels kennen lernte, das man im Hause Omri be- kämpft hatte. Mit der Ausrottung des phönicischen Baals-

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cultus war wenig erreicht, da der Jahvecultus des Nord- reichs nachgerade nicht viel besser war als jener. Ueber- dies aber hatte das Haus Jehu zuletzt: kaum einen Vorzug vor dem Hause Omri. Als man durch die assyrische Zuchtruthe auf die Sünden des Volkes aufmerksam ge- macht wurde, da war das gesamte Volksleben in einem Grade entartet, dafs man kein Ileilmittel mehr sah. Wir haben freilich keinen Grund von der religiösen und sitt- lichen Bildung Ephraims gering zu denken, die uns erhal- tenen Reste ephraimitischer Literatur erlauben das nicht. Indessen fordert doch die Thatsache eine Erklärung, dafs die neue Prophetie, die mit Amos beginnt, in Juda auf- kam. Hosea, der dem Nordreich augehört, ist jenem gegen- über immerhin eine secundäre Erscheinung, bei aller Tiefe der Einsicht und der Empfindung hinterläfst seine Schrift doch den lebhaften Eindruck der Rathlosigkeit, mit der dieser Prophet in die Zukunft seines Volkes sah. Sie ist eine merkwürdige Illustration der tragischen Thatsache, dafs mit dem Untergang des Reiches Ephraim auch das Volk von Ephraim aus der altt. Geschichte verschwindet.

Uebrigens ist auch der letztere Umstand für die rich- tige Auffassung der vorexilischen Geschichte von Bedeu- tung. Als Samaria zerstört wurde, hatte die Religion eben - noch keine solche Selbständigkeit erlangt, dafs sie den Untergang des Staates hätte überdauern können. Die Factoren, welche später nach dem Unatergange Judas die Entstehung der jüdischen Gemeinde ermöglichten, haben sich wesentlich in dem einen Jahrhundert gebildet, das zwischen diesen beiden Ereignissen liegt. Es war nicht nur die judäische Prophetie, sondern vielmehr noch etwas anderes, was sich freilich im Anschlufs an diese Prophetie in Juda entwickelte Damit soll keineswegs geläugnet werden, dafs in Juda schon seit längerer Zeit gewisse Be- dingungen vorlagen, die für den späteren Verlauf der Dinge bedeutungsvoll wurden. Die Bürger des kleinen

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is, das seit Jahrhunderten nur eine untergeordnete gespielt hatte, konnten späterhin viel eher eine rein öse Gemeinde bilden und sich mit Ezechiel über das tze Rebholz trösten, das eben nur zum Verbrennen e. Wichtig wurde weiterhin auch, dafs am Tempel ‚wusalem seit Salomo ein mächtiges Priestergeschlecht ‘te. Was aber zunächst die judäische Prophetie angeht, so ır Emporkommen z. Th. gewifs aus denselben Ursachen -klären, die den längeren Bestand des Reiches Juda eifich machen. Schon äufserlich war die Lage Judas ger exponirt und seine inneren Zustände waren solider. ebhaft die Theilnahme war, mit der man in Juda der Reich Ephraim bedrohenden Gefahr zusah, man konnte Gang der Dinge mit mehr Ruhe abwarten und sich len Sturm, der sich zuletzt auch auf Juda richtete, reiten. Amos kündigt ja freilich nicht nur dem Reiche aim den Untergang an, und selbst wenn das der Fall sen wäre, so würde das für das judäische Bewufstsein 8 nicht viel weniger bedeutet haben, wie wenn er zu- ı Juda bedrohte. Man hat allen Grund zu glauben, Juda sich bis dahin nur als ein Stück von dem grofsen | fühlte. Erst durch Jesaja scheint das wesentlich rs geworden zu sein. Bemerkenswerth ist aber doch 3edeutung, die Jerusalem schon für Amos hat. Von gröfßsten Wichtigkeit war überhaupt, wie Vatke be- tt hat, dafs die Vernichtung des ganzen Volkes sich ittweise vollzog und dem Bewufstsein immer wieder gelassen wurde, das Geschehene zu verarbeiten und damit auf das Kommende zu rüsten. Die unvergleichliche Grifse, mit der die judäische Pro- e in der vorchristlichen Religionsgeschichte dasteht, damit nicht geschmälert werden. Einzigartig bleibt ‘hatsache, dafs der kleine Gott von Jerusalem so ge- x sein Haupt erhob, als die Assyrer und Chaldiier ihn

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scheinbar vernichteten, dafs er vielmehr die Vernichtung seines Volkes als sein cigenes Werk in Anspruch nahm, ehe sie eintrat, dafs er alle Mächte der Welt ohne Weiteres für seine Werkzeuge erklärte, durch die er überall und vor allen Dingen an Israel Recht und Gerechtigkeit zur Geltung bringe. Mit principieller Schärfe wird dieser Ge dauke gerade von den ersten Vertretern der neuen Pro- phetie ausgesprochen, aufs Schirfste stellen sie den ge rechten Gott und sein gottloses Volk einander gegenüber. Wellhausen hat Recht, wenn er sagt, dafs der Gott Israels, eben weil er der gerechte Gott war, sich in dem Conflict Israels mit den Weltmächten über alle Welt a heben konnte. Wir haben auch hier eine Consequens, die wir aus der früheren religiösen Entwickelung begreifen, aber dennoch war es eine unvergleichliche Grofsthat des Glaubens, diese Consequenz zu ziehen, durch die doch auch für die Propheten Himmel und Erde ins Wanken gerieth.

Gewifs bedeutet die prophetische Bufspredigt einen grofsen Fortschritt in der Erkenntnifs der Sünde. Die allgemeine Entartung schärfte zugleich das sittliche Urtheil, überdies wollte der furchtbare Zorn Gottes gegen sein Volk erklärt sein. Freilich schliefsen die Propheten nicht nur von der drohenden Strafe auf die Bünde, sondern ebenso umgekehrt von der Bünde auf die Nothwendigkeit der Strafe. Auch läfst sich hierin bei den Propheten des siebenten Jahrhunderts im Vergleich zu denen des achten ein Fortschritt nicht verkennen, wie schon oben bemerkt wurde. Dasselbe gilt von den Vorstellungen der Propheten über die Aufhebung der Sünde, wie Duhm, wenn auch mit doctrinärer Uebertreibung, gezeigt hat. Denn so stark die Propheten betonen, dafs das Verhiltnifs Jahves zu Israel nur ein bedingtes sei, so kann es nach ihrer Mei- nung doch nie völlig gelöst werden, weil Jahve zuletzt Israel nicht entbehren kann. Zunächst erscheint es ihnen sogar undenkbar, dafs mit dem Reiche Israel auch das

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Reich Juda untergehen sollte. Jesaja und Micha stellen reilich auch das in Aussicht, indessen sprechen sie dabei loch immer wieder die Hoffnung aus, dafs es nicht dahin kommen werde. Die Religion schien unterzugehen, wenn sach Juda unterging, und in der That wiire das damals wohl der Fall gewesen. Jesaja urtheilte, dafs eben auf Jude und dem Hause Davids die Zukunft beruhe, derselbe Prophet, der die furchtbarsten Strafgerichte für Juda weis- mgte. In beider Hinsicht wurden die Urtheile seines Glaubens wunderbar bestätigt und so gab er seinem Volke die Gewilsheit, dafs mit Israel nicht Jahve vernichtet sei, sondern Juda an Israels Stelle trete. Die Menge verstand thn freilich dahin, dafs der Tempel in Jerusalem überhaupt nicht in die Hände der Heiden fallen könne, ein Milsver- ständnifs, das für die Folgezeit verhängnifsvoll wurde, das aber andererseits doch auch die nothwendige Form des Glaubens an Jahve als den Gott Israels war. Des- halb ist Jesajas Glaube auch in dieser Gestalt von den wichtigsten Folgen für die ganze Zukunft geworden, so- fern das Judenthum ohne den Berg Zion doch nicht- denkbar wire. Wie auf diesem einen Punkte, so erging es auf vielen anderen, die prophetischen Gedanken und Forde- rungen realisirten sich späterhin in einer Weise, die keineswegs den ursprünglichen Intentionen ihrer Urheber entsprach. Es ist ein Grundgesete aller geschichtlichen Entwickelung, das hierin sich geltend macht und das an der aulserordentlichen Erscheinung der Prophetie um so viel deutlicher zu erkennen ist. Trotzdem haben die Pro- pheten eine Umwandlung in ihrem Volke zu Wege ge bracht, die erstaunlich ist. Wie das eine so mufs man auch das andere anerkennen.

Die Propheten erklärten den gesammten gegenwär- tigen Zustand des Volkes für grundverderbt und weis- sagten die Zerstörung alles Bestehenden. Der weitaus

gröfste Theil des Volkes sollte nach Jesaja vernichtet Zeitschrift f. 4. alttest Wiss Jahrgang 3. 1882. 9

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werden, nur ein kleiner Rest sollte erhalten bleiben, aber auch der bedürfe einer völligen Umwandlung durch den göttlichen Geist. Den Kern dieses zukünftigen Volkes Jahves meinte er schon um sich zu sehen. Es ist nun von grofser Bedeutung, dafs die Propheten dies zukünftige Volk Jahves zunächst immer in der Form des nationalen Staates vorstellen, die herrliche Zukunft wird vor allen Dingen durch einen von Jahve wunderbar ausgerüsteten König herbeigeführt, der im Innern Recht und Gerechtig- keit herstellt und dann auch nach aulsen hin Israel zu Ehren bringt. Diese letztere Erwartung tritt aber nament- lich im siebenten Jahrhundert in der Weissagung zurück. Wohl reden Jeremia und Ezechiel neeh von dem messin- nischen Könige, aber mehr und mehr tritt Gott selbst an seine Stelle. Das unglückliche Ende Josiss und seiner Reformation mag dazu beigetragen haben, aber in Wahrheit ist das nur eine nothwendige Folgerung aus der Grund. anschauung der Propheten. Der zukünftige Staat hat für Jesaja vor allen Dingen den Sinn, dafs in ihm jeder Ein- zelne, besondere jeder Arme und Unterdrückte, sein Recht findet. Erwartet er nun im Grunde allein von einem wunderbaren Eingreifen Jahves die Herstellung eines solchen Staates, so ist das eben nichts anderes als die sitt- liche Weltordnung. Der wunderbare König, den Jessja weissagt, hat freilich wohl noch eine andere Bedeutung. Gewils kommt in diesen Weissagungen auch das Bewulstsein zum Ausdruck. was die einzelne Persönlichkeit in der Geschichte bedeutet. Aber dennoch war dieselbe in diesem Zusam- menhang auf die Dauer nicht festzuhalten, dem Glauben an die gerechte Vergeltung Jahves für jeden Einzelnen war der nationale Staat am Ende gleichgültig. „Ich will selbst meine Heerde weiden“, sagt Jahve (Ex. 34, 15). Als der judäische Staat unterging und das Band zwischen (Gott und Volk zerschnitten war, ging die Religion doch nieht unter. Durch die Propheten war sie eben mehr

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der Lebensnerv des entarteten Volksthums. Ein Bilder dienst, der die Gottheit in hohem Grade mit ihrem Symbol identificirte, sowie der Glaube, dafs die Stimmung Gottes durch Opfer und Gaben zu beeinflussen sei, das waren wohl die wichtigsten Hindernisse, die bei der Menge einer besseren Erkenntnife im Wege standen. Obendrein war auf diesem Gebiete noch am ersten mit äufseren Mitteln etwas zu erreichen, und es ist wohl auf Jesajas Initiative zurückzuführen, dafs der König Hiskia gegen den volke- thümlichen Gottesdienst, vor allem gegen die Bilder ein- schritt. Das war der erste Schritt auf einem Wege, den man späterhin mit Consequenz einschlug.

Einstweilen begann damit aber erst der eigentliche Kampf. Unter Manasse erfolgte eine Reaction von Seiten des Volksthums, die freilich, wie Wellhausen bemerkt, keine einfache Wiederherstellung des Früheren war. Dem furchtbaren Ernst der Zeiten konnte sich auch die Menge nicht mehr verschliefsen, sie empfand den Druck des gött- lichen Zorns und fühlte sich schuldig, sie suchte nun aber die Versöhnung in dem Grauen, das ihr die Raffinirtheit fremder Cultussitten bereitete- Nach dem Muster nament- lich der Assyrer und Babylonier wurde der Cultus ver- feinert und weitergebildet, besonders kam damals das Kin- deropfer auf, man stellte dem Jahve sogar die Himmels- kinigin zur Seite. Für die völlige Entartung des Volks- bewulsteeins ist dies um so characteristischer, als die Menge gewifs nicht daran dachte, von Jahve absufallen. Die Propheten sahen dagegen iu diesem Treiben den Gipfel der Gottlosigkeit, die Sünde Manasses war es nach späterer Meinung, was den Untergang Jerusalems unvermeidlich machte.

Wiederum gewannen die Propheten unter Josia Ein- flufs auf die Gemüther, wahrscheinlich unter dem Eindruck, den der grofse Scythenzug auf die Judäer machte. Da wurde ein neuer Reformationsversuch unternommen, auf

Bmond, über die Gencsis des Judenthums. 138

breiter Grundlage, für den Augenblick mit durchschlagen- dem Erfolg und für alle Folgezeit von den weittragendsten Wirkungen. Das Deuteronomium war nicht das älteste Gesetzbuch in Israel, man hatte schon seit längerer Zeit, in verschiedener Form und Rücksicht die priesterliche Thora schriftstellerisch aufgezeichnet. Der Unterschied ist der, dafs man im Deuteronomium überall die reformato- rische Tendenz des Verfassers berausfühlt, der das ge- sammte Volksleben umgestalten möchte, was im Bundes- buch durchaus nicht der Fall ist. Daraus ist überhaupt die Reformation Josias zu verstehen, dals sie etwas wesent- lich Neues war. Den göttlichen Willen an Israel auf einen Gesammtausdruck zu bringen und das Volk auf denselben zu verpflichten, das war in der That der einzig mögliche Weg, auf dem Israel zum Gehorsam gegen Jahve gebracht werden konnte. Freilich ist es ein eigenthümlicher Dualismus, der sich durch das ganze Buch hindurchzieht. Nirgends wird im A. T. so eindringlich wie hier die Liebe zu Gott als das Princip der Religion und die Erfüllung der Nächsten- pflicht, des allbekannten göttlichen Willens als der allein wahre Gottesdienst gepredigt und doch mufs dieser beredte Prediger zugleich als Gesetzgeber an die Gewalt appel- liren, um durch gewaltsame Ausrottung des (iötzendienstes für den wahren Gottesdienst Raum zu schaffen. Merk- würdig sind dabei namentlich auch die humanen Gesichts- punkte, unter die er den ganzen Cultus stell. Man darf darin wohl mit Wellhausen die bewufste Absicht nicht nur auf Veredelung des Gottesdienstes, sondern auch auf innere Umwandlung desselben erkennen.

Indessen haben diese prophetischen Elemente des Deu- teronomiums am wenigsten Einflufs auf die damalige Zeit gehabt. Die Hauptsache war einmal die äufsere Refor- mation des Cultus, dıe Ausrottung des Götzendienstes und die Aufhebung der Höhen. Die Vernichtung der heid- nischen Culte war freilich eine unvollkommene, innerlich

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waren sie damit noch nicht überwunden, dafs man mit Ge walt gegen sie einschritt. Aber das Letztere war jeden- falls im Geiste jener Zeit und es war für die Folgezeit von grölster Bedeutung, dafs es überhaupt einmal zu einer praktischen Auseinandersetzung zwischen israelitischem und heidnischem Cultus kam. Ob eine archiologisch correcte Scheidung gemacht wurde, war dabei unwesentlich, im Gegentheil machte die Aufhebung der Höhen einen tief gehenden Schnitt durch die überlieferte Cultussitte. Der Gottesdienst wurde damit von seiner natürlichen Basis los- gerissen. Positiv wurde dadurch das Ansehen des jeru- salemischen Tempels aufs Höchste gesteigert und in seiner Yriesterschaft das lebhafteste Gefühl von der Bedeutung geweckt, die sie fortan für den Fortbestand der Religion hatte. Das einzige Heiligthum braehte dem Synkretismus gegenüber die Einzigkeit des Gottes Israels zur Anschauung und diente somit gewils wesentlich zur Consolidirung der Religion.

Nicht minder wichtig war die Schöpfung einer heiligen Schrift. Fortan hatte der Glaube an ihr einen Compals, an dem er sich orientirte, eine Stütze, die ihm blieb, wenn alle anderen zusammenbrachen. Die schriftliehe Fixirung des göttlichen Willens war bei der völligen Auflösung des volksthümlichen Bewulstgeins ein Ding der Nothwendigkeit. Concret und objectiv lag jetzt die Aufgabe vor, an deren Lösung die Frömmigkeit zu arbeiten- hatte, wenn sie der göttlichen Hilfe gewils sein wollte. Man kannte nun den Weg zum Heil, den die Menge doch unmöglich in ihrem inneren Bewulstgein finden konnte. Dies Princip war das Bedeutungsvolle und zunächst das geschichtlich Werthvolle. Dabei ist es gleichgültig, ob das Gesetz bald einen ganz anderen Inhalt gewann, als der Deuteronomiker beabsich- tigt hatte. Sein Werk, das ein Gesetzbuch sein wollte und doch den Menschen an sein eigenes Gewissen wies, konnte es auf die Dauer am wenigsten sein.

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136 Smoend, fiber die Genesis des Judenthume.

rung elend unter. Er, der Vollstrecker des göttlichen Ge setzen, der wie kein anderer auf die Hülfe Jahves An spruch zu haben schien, wagte den Kampf mit Pharm Neko und bei Megiddo verlor er mit der Schlacht das Leben. Damit fiel auch sein Werk, die deuteronomisch Reformation. Der Gehorsam gegen das prophetische Gesets schien am Ende nicht gefruchtet zu haben, im Gegentheil das Unglück Judas brach nun erst recht herein und dss Volk meinte später gar, das sei dadurch verursacht, dak | man seit Josia der Himmelskönigin nicht mehr räucherte, In der That gewann nun die Volkspartei wiederum die Oberhand und blieb darin bis zu Jerusalems Untergang. Und nun erreichte der Kampf zwischen Prophetie und Volksthum seinen Höhepunkt. Nicht lange nach Josiss Tode tratJeremia mit der kategorischen Ankündigung von Jerusslems Untergang hervor, er bezeichnete die Chaldier als das Werkzeug, wodurch Jahve das letzte Gericht an seinem Volke vollziehen würde Zwanzig Jahre gingen freilich noch darüber hin, aber unentwegt weissagte Jeremis immer wieder den Untergang des Reiches und der Stadt. Ein furchtbarer Sturm erhob sich gegen ihn, fast allein stand er dem ganzen Volke gegenüber. Mit dem wüthend- sten Hafs ward er als Volksverräther angefeindet, die schwersten Verfolgungen brachen über ihn herein, ein über das andere Mal kam er in die äulserste Lebensgefahr. Und noch schwerer ala diese äufseren Kämpfe waren die inneren, die Jeremia durchzumachen hatte. Der Gedanke an den Untergang seines Volkes war ihm selbst entsets- lich, in sich selbst hatte er den furchtbaren Todeskampf durchgemacht, in dem sich Leib und Seele des alten Israel schieden. Aber aus der tiefsten und schwersten Verzweif- lung erhob er sich sur kühnsten und gewissesten Hof: nung uud wenn auch in anderer Art, so zeigte sich ba ihm doch in ähnlicher und noch grolsartigerer Weise als bei Jesaja, was die einzelne Persönlichkeit in der Geschichte

Smond, über die Genesis des Judenthums. 137

bedeutet. Sein Gott rettete ihn aus allen Gefahren, die ihn umgaben, allen Nachstellungen der Feinde zum Trots ward er erhalten bis zu Jerusalems Zerstörung, ja darüber hinaus ein sichtbares Wahrzeichen für die Wahrheit des Gottes, den er predigte. Er erlebte seinen Triumph, denn Jerusalems Zerstörung. war der endgültige Bieg seiner Sache. Im fanstischen Vertrauen auf Jahves Hilfe wagte das kleine Juda zweimal den Kampf mit der babylonischen Weltmacht und dieser Kampf endete wie Jeremia voraus- gesagt hatte. Da erlag der volksthümliche Jahve dem prophetischen, der falsche dem wahren. Ein nicht unbe- deutender Theil des Volkes, sowobl von denen, die im Lande zurückblieben, als auch von denen, die es freiwillig oder unfreiwillig verliefsen, verlor sich freilich im Heiden-. thum, aber ein anderer unterwarf sich nun doch den Pro- pheten und konnte das in der Hoffnung auf bessere Zeiten, die derselbe Jeremia so zuversichtlich aussprach.

Von dem Eindruck, den im Alterthum der Untergang eines Volkes auf die übrig bleibenden Glieder desselben machte, können wir uns wohl kaum eine annähernde Vor- stellung machen. Nach dem A. T. wurde er als ein Sterben empfunden. Die Thatsache, dafs die Judiier durch den Untergang ihres Staates hindurch ihr Selbstbewulstsein bewahrten, ist beispiellos und zu ihrer Erklärung sind des- halb gewifs alle Umstände herbeisuziehen, die dazu tauglich erscheinen. Neben allem, was im Vorstehenden erörtert ist, möchte deshalb die Art und Weise, in der sich der Untergang Judas vollzog, unsere Aufmerksamkeit ver- dienen. Ueberhaupt war der Untergang des gesammten Israel ein allmäliger, er erfolgte in einer Reihe von Ereig- nissen, die sich auf einen Zeitraum von anderthalb Jahr- hunderten vertheilen. Als das Reich Ephraim und mit ihm der weitaus grölste Theil des alten Israel von den Assyrern vernichtet wurde, blieb Juda wunderbar erhalten. In Rückblick auf diese ganze Kette von Thatsachen mufste

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freilich die Nothwendigkeit des Untergangs dem Bewnfst- sein um so mehr einleuchten, aber andererseits wurde es von dem letzten vernichtenden Schlage nicht überrascht, man hatte sich darauf vorbereiten können. Auch Juda ging nicht auf einmal unter. Zehn Jahre vor der Zerstö- rung Jerusalems hatte Nebukadnezar mit dem Könige Jojachin 10000 Judäer nach Babylonien weggeführt, das war die Aristokratie und wohl auch der geistige Kern des Volkes, im Allgemeinen waren schon damals nur geringe Leute im Lande zurückgeblieben. Die Chaldier hatten offenbar gehofft, das seiner Weisel beraubte Völkchen werde sich nun ruhig halten. So war der Untergang des alten Jerusalem eigentlich schon eingetreten, ehe die Stadt zerstört wurde. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs Ezechiel, der mit Jojachin abgeführt war, eben dadurch Prophet und von der Nothwendigkeit der völligen Vernichtung Judas überzeugt wurde. Die verbannten Aristokraten hofften freilich, dafs die Stadt erhalten bleiben und sie nach Jeru- salem zurückkehren würden, eben weil der Tempel noch stand, und sie litten es nicht, dafs Ezechiel öffentlich die Zerstörung der Stadt weissagte. Aber was dem Propheten wenigstens im Stillen eine Wirksamkeit ermöglichte, war der Antagonismus, der zwischen den verbannten Aristo- kraten und dem in Jerusalem zurückgebliebenen Volke bestand. Aehnlich wie Jeremia verhiefs er den Ersteren, dafs sie nach Jerusalems Zerstörung dorthin zurückkehren würden (Ez. 11). Man sieht aus Ez. 14, dafs dieser Anta- gonismus noch nach der Zerstörung Jerusalems fortbestand, als ein zweiter und zwar kleinerer Zug von Deportirten in Babylonien angelangt war. Ezechiel spricht die Hoff- nung aus, dafs die Gola Jojachins sich über den Unter- gang der Stadt trösten werde, wenn sie die Gottlosigkeit dieser ihrer neuangekommenen Brüder sähe. Ob dieser Gegensatz späterhin im Exil eine Rolle gespielt hat, läfst sich bei dem völligen Mangel an weiteren Nachrichten

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namentlich hatte Jeremis dieselbe von der Wegfthrung nach Babel erhofft, an den mit Jojachin Deportirten glaubte er sie bereits zu sehen. Exzechiel wiederholt seine Ver- beifsung, dafs Gott das Herz des Volkes wunderbar um- wandeln werde, aber er sah auch deutlich genug, wie wenig das Exil die gehoflten Früchte trug. Vielmehr noch er wartete er deshalb weitere Strafgerichte, durch die Jahre alle Sünder austilgen werde. Fir sah seine Aufgabe wesent- lich darin, jeden Einzelnen rechtzeitig zu warnen, er wollte Seelsorger sein und als solcher‘ die zukünftige Gemeinde sammeln. Einst als Sanherib in Juda wüthete, hatte Jesaja auf die Frage, ob Jahve denn ohne Unterschied die Glieder seines Volkes in die Hände der Aseyrer fallen lasse, den Judäern gewisse Verhaltungsmalsregeln gegeben, deren Beobachtung die Einzelnen in der Zeit der Gefahr schützen werde (Jes. 33, 14 ff.), ähnlich machte es nun Ezechid. Er entwickelt eine individualistische Vergeltungslehre (c. 18), freilich so einfacher Art, dafs man daraus sieht, wie wenig entwickelt das Nachdenken über diese Fragen damals noch war. Das Individuum fing damals eben an, sich als eine selbständige religiöse Gröfse zu betrachten. Er zählte ferner eine Reihe von Cardinalgeboten auf, deren Erfüllung oder Uebertretung die Gerechtigkeit resp. Gottlosigkeit ausmache. Die Vergleichung dieser Gebote mit jener De- finition Jesajas ist nicht nur für die beiden Propheten, sondern auch für ihre Zeiten lehrreich. Ezechiel verbietet vor allen Dingen den Höhen- und Bilderdienst, auch die levitische Reinheit taucht bei ihm auf gegenüber den sexuellen Greueln jener Zeit '). Dann folgt eine Reibe

N) Ich begreife nicht, wie man die hierauf bezüglichen Gesetze Lev. 17 ff. für alt halten kann. Im alten Israel kamen solche Dinge schwerlich in dem Mafse vor (2 Sam. 13, 12), in dem sie diesen Ge- setzgeber beschäftigen. Im Gegentheil scheinen die dort verpönten Greuel erst spät in Israel] eingedrungen zu sein und erst im Gegensats

dasu werden sich die entsprechenden Ehe- und Reinigkeitsgesetse ge- bildet haben.

Gmend, über die Genesis des Judenthums. 141

von moralischen Vorschriften, während Jesaja lediglich solche giebt. Uebrigens dringt Ezechiel sonst wie Deu- terojesaja besonders auf die Heilighaltung des Sabbaths, der im Exil das wichtigste Erkennungszeichen des Israe- liten und deshalb auch das wichtigste Band war, das die Gläubigen zusammenschlofs. Vielfach setzte die Menge freilich den Höhendienst in Babylonien fort, wer sich dazu hielt, fiel aber wohl meist zum Heidenthum ab. Ezechiel eiferte dagegen aufs heftigste, in der That widersprach es nicht nur dem Deuteronomium, sondern ebenso sehr den altieraelitischen Vorstellungen, dem Jahve im heidnischen Lande zu opfern.

Umgekehrt mulste aber auch den Anhängern der Propheten gerade die Unterbrechung des Cultus schreck- lich sein. Hieran wurde jedem Einzelnen immer aufs Neue bewulst, dafs das Band zwischen Jahve und Israel zer- schnitten sei (Hos. 3, 4). Unrein war ja alle Speise, die man im heidnischen Lande genofs (Ez. 4,9 ff.), durch das tägliche Brod wurde Jedermann an seine Gottverlassenheit erinnert. Schon deshalb mufste der Gedanke an die ktinf- tige Wiederherstellung Israels sich namentlich auf die Wie- derherstellung des Gottesdienstes richten. Es war ferner zu besorgen, dafs ‘bei längerer Dauer des Exils der Ritus in Vergessenheit gerieth, es galt ihn schriftlich zu fixiren, um ihn so auf die späteren Geschlechter zu überliefern. Ja noch mehr : ein System des israelitischen Cultus mufste überhaupt neugeschaffen werden. Selbst das gleichgültigere Detail des Gottesdienstes stand damals noch keineswegs fest. Gewils gab es von jeher besondere Eigenthünmlich- keiten, durch die der israelitische Gottesdienst sich von anderen unterschied, aber die zahlreichen Differenzen, die sich schon aus den gelegentlichen Andeutungen der vor- exilischen Literatur hierfür zwischen dem Priestercodex und der älteren Praxis ergeben, beweisen hinreichend, dafs der erstere uns keineswegs ein Bild der letzteren giebt,

142 Smend, über die Genesis des Judenthums.

Der ältere Cultus beruhte auf tradifionellem Gebrauch, mancherlei mag sich davon durch Jahrhunderte fortge- pflanzt haben, anderes wurde mit der Zeit alterirt und

verdrängt. Als gegen das Ende der Königszeit das natio- nale Selbstbewufsteein so stark erschüttert wurde, drangen fremde Sitten massenhaft ein, gewifs auch in den Cultus. Betreffs der Könige Ahas uud Manasse ist das letztere ausdrücklich bezeugt, umgekehrt haben Hiskia und Josia nicht nur fremde Cultussitten abgestellt. Es ist freilich wahrscheinlich, dafs sich im Tempel von Jerusalem im Leufe der Jahrhunderte und namentlich aus Anlafs der Reformen Hiskias und Josias eine bestimmte Tradition betr. des Cultus ausgebildet hatte, aber dafs es zur Zeit Ezechiels noch kein in allen Punkten feststehendes System gab, ist nach den wiederholten Umwiilsungen der letzten Jahrhunderte wahrscheinlich und aus einzelnen Anden- tungen gewils. Ebenso verhielt es sich mit den Gebräuchen, die man unter dem Begriff der levitischen Reinheit zu- sammenfalst. Diese kleinen Dinge gingen zunächst natür- lich nur die Priester an. Aber es handelte sich für sie dabei nicht etwa um eine wesentlich gelehrte Arbeit, son- dern die Aufgabe, den künftigen Cultus würdig einzu- richten, war eine sehr ernste. Um den Götzendienst in und aufeer dem Tempel hatte sich vor allen Dingen der Kampf zwischen Propheten und Volk gedreht. Der falsche, grofsentheils heidnische Cultus war Jahve fast am ürger- lichsten gewesen und darum hatte er seinen Tempel und die heilige Stadt in die Hände der Heiden fallen lassen. Darum waren auch diese kleinen Dinge schon wichtig genug. Ueberbaupt ist die principielle Zurück- führung dee gesammten Cultus auf göttliche Einsetzung nur aus dem Gegensatz gegen den altisraelitischen und heidnischen Gottesdienst zu begreifen. Wie aber mit den kleinen Dingen so stand es erst recht mit den grofsen. Es war natürlich, dafs man schon jetzt daran dachte, wie

144 Bmend, über die Genesin des Judenthams.

fand die Hoffnung der Propheten jetzt den Ausdruck, dais Jahve nach dem Zion zurückkehren und ihn nie wieder verlassen werde '). So erscheint der Berg Zion bei Esechiel und so erscheint er bei Deuterojesaja, nur dafs der Letztere sich in der idealen Höhe prophetischer Ideen hält, der Erstere dagegen aus den Thatsachen auch die nöthigen praktischen Consequenzen zieht. Der Bedeutung des Tempels entsprach nothwendig die Bedeutung des Tempeldienstes. Dazu kam der Gegensatz gegen die Ver eit und die reale Lage der Gegenwart. Es war in Zukunft Israels Aufgabe Jahve festzuhalten durch ängstliche Vermeidung all der Aergernisse, die man ihm früher bereitet hatte; ein reiner Gottesdienst mufste vor allem an die Stelle des ab- göttischen treten. Es war nothwendig, dafs hierauf su- nächst aller Nachdruck fiel. Im Exil entstand keineswegs das geistliche Israel, das Jahves Gesets im Herzen trug. Einzelne Individuen der Art mochte es geben, aber eine Gemeinde, ein Volk, das dem göttlichen Willen ents war zunächst nur äulserlich herzustellen. In ihrem n- deren Cultus mufste nicht nur die Gemeinde als solche in die Erscheinung treten, er mulste nicht nur das Band sein, dafs sie in sich zusammenhielt und gegen die Heiden abschlofs, für die Menge mufste die Religion nach wie vor ofsentheils im Cultus und der religiösen Sitte aufgehen, in deren Uebung wulste sie sich verschieden von den Vätern, die Jahve durch ihre Greuel gereizt hatten, hierin kam zunächst die Bekehrung zum Ausdruck. Die so zu sagen heidnische Seite der alttl. Religion tritt deshalb ge- rade im Judenthum äulfserlich fast noch mehr heraus, als im alten Israel. Aber eben auch nur äufserlich. Denn der Cultus ist hier etwas anderes geworden, als er früher war. Er ist sicht mehr die naive Aeufserung der natür- lichen Frömmigkeit und der natürlichen Gottlosigkeit, son- dern sofern er in Erfüllung des göttlichen Gesetzes geübt wird, bedeutet er die Unterwerfung des Menschen unter den Willeu Gottes. Wenigstens konnte und sollte er so übt werden. Deshalb standen der Cultus und die sitt- chen Gebote Jahves nun nicht mehr wie früher einander gegenüber, sondern die physische Heiligkeit und die sitt- che waren in innere Beziehung gesetzt und die erstere konnte die Basis der letzteren werden. In gewissem Sinne

I) Nebenbei bemerkt, erscheint das Bchlufswort des Buches Joel 4, 21 mir als ein starkor Beweis für seine nachexilische Abfassung.

146 Bmend, ther die Genesis dos Judenthums.

jüdische Gemeinde an der Hoffnung irre geworden, dafı sie einst kommen werde. Dafs sie noch nicht da war, das machte einmal Jahves Zorn über die Sünden der Väter, der immer noch kein Ende hatte, der Zorn, dessen bleiernea Druck das Judenthum seitdem nie wieder losgeworden ist und dem gegenüber man in dem Bewulstsein der ei Sünde hin und wieder verzweifeln zu müssen schien. war aber auch die Nichterfüllung der Weissagung daraus au begreifen, dafs das Gesetz noch immer nicht erfüllt war und die Gemeinde den göttlichen Anforderungen nicht entsprach. Bis dahin war es ein weiter Weg. Schon Ezechiel hat davon ein Bewußstsein, sofern seine Gesete- ebung deutlich die Tendenz hat, für die Zukunft dem Rückfall in die alten Sünden praktisch vorzubeugen.

Für uns ist es namentlich wichtig zu sehen, wie langsam sich die Constituirung der jüdischen Gemeinde vollzog, ein ganzes Jahrhundert ging darüber hin. Die Zahl der mit Josua und Serubbabel Zurtickgekehrten (ca. 42000 Männer) erscheint sehr grofs im Vergleich sa von Nebukadnezar nach Babel Deportirten (ca. 15000). Da obendrein eine grofse Zahl von Juden in Babylonien zu- rückblieb, so mufs man annehmen, dafs aufser den tirten noch eine grofse Zahl von eigentlichen Kri

enen nach Babel abgeführt war, die dort inzwischen aut ie eine oder andere Art frei geworden waren. Auffallend klem erscheint dagegen die Zahl der Zurückgekehrten im Vergleich zu der grofsen jüdischen Bevölkerung, die wir später in Palästina finden. So viel ich weils, hat zuerst

uenen die richtige Erklärung hiervon gegeben. Die neue Colonie wurde nicht nur durch weitere aus Babylonien verstärkt, vielmehr hat sie allmählich einen großen Theil der israelitischen Bevölkerung aufgesogen, ie während des Exils im Lande geblieben war; vgl. Neh. 10, 29. Esr. 6, 21. Zunächst kam es freilich nicht dahin. Im Gegentheil war die Constituirung der jüdischen Ce meinde wesentlich dadurch bedingt, dafs die Gola sich von diesen ihren Brüdern abschlofs. Die letzteren hatten nämlich während des Exils das alte Wesen weiter trieben, sie waren wo möglich noch heidnischer eworden und hatten sich z. Th. sogar mit Heiden vermischt. Ein fach Heiden waren sie freilich keineswegs, es ist cum grano salis zu verstehen, wenn Nehemia seine Gegner als Am- moniter und Araber bezeichnet. Dafs sie im Gegentheil Israeliten waren, zeigt sowohl ihr Name (Tobia) wie ihr Anspruch (Neh. 2, 20. 13, 4 ff.). Auch ist es ein Ana-

148 Smend, über die Genesis des Judenthums.

später Esra nach Jerusalem kam, hatte die Colonie sich | vielfach den Brüdern da draufsen genähert, namentlich war | das seitens der vornehmeren Gemeindeglieder, der Priester- schaft und des Adels geschehen. Zwischenheirathen kamen in grofser Zahl vor. Die Gefahr, dafs die beiden Theile | sich mit einander vermischten, war grofs und es stand alles auf dem Spiel, was in den letzten Jahrhunderten er- reicht war. Eben in dieser Situation wurden Esra und Nehemia die eigentlichen Begründer der jüdischen Ge meinde, der eine, indem er der Gemeinde das Gesetzbuch gab, der andere, indem er die äulseren Bedingungen schuf, unter denen allein die Herrschaft des Gesetzbuchs mög- war.

In Babylonien war ein grofser Theil der Exulanten zurückgeblieben, manche aus Gleichgültigkeit, manche aber such aus anderen Gründen. Wir gewinnen sogar den Ein- druck, dafs dort die Ideen Ezechiels viel lebendiger fort- lebten, als in Palästina. Von dort kam das Gesetzbuch, von dort kamen Esra und Nehemia. Die Religion war inzwischen so consolidirt, dafs selbst fern vom heiligen Lande jüdische Frömmigkeit und jüdische Gemeinden möglich waren. Es ist auch ganz begreiflich, dafs man mitten unter den Heiden und fern von den tritbseligen Zuständen der heiligen Stadt mit viel grölßserem Eifer für die Sache des Glaubens lebte und arbeitete, als in Jeru- salem, wo man in steter Berührung mit ganz anders ge- arteten Israeliten und im Kampfe mit den realen Aufgaben der Wirklichkeit eher matt wurde. Wie oft ist nicht seit- dem die Diaspora die zweite Mutter der Kirche geworden!

Esra führte einen grofsen Zug von Juden nach Juda zurück. Er ahnte nicht, wie schlimm es dort stand, aber gewils hatte er eine ungefähre Vorstellung von den dor- tigen Verhältnissen. Er wollte der Gemeinde frisches Blut zuführen, vor allen Dingen beabsichtigte er die Einführung des Gesetzbuchs durchzusetzen. Man hatte freilich das Deuteronomium. Nach Josias Tode war es nicht abge- schafft, es blieb bei den Anhängern der Propheten im höchsten Ansehen und machte sich sogar im Öffentlichen Leben gelegentlich geltend (Jer. 34). Die gesammte Lite- ratur des A. T., die aus dem Exil und dem ersten Jahr- hundert nach dem Exil stammt, ist aufs stärkste vom Deu- teronomium beeinflufst, namentlich der Prophet Ezechiel und die sog. deuteronomistische Redaction des Pentateuchs und der historischen Bücher. Auch in der neuen Gemeinde

150 Smead, fiber die Genesis des Judenthums.

Nehemia klafft eine Lücke von 12 Jahren"). Indessen können wir aus dem Buche Nehemia das Fehlende in der Hauptsache ergänzen. Die Feinde, welche die Manern von Jerusalem zerstört, die Thore verbrannt und überhaupt Uaglück und Schmach über die Gemeinde gebracht hatten, sind ohne Zweifel dieselben, welche nachher die Wieder- herstellung der Mauern auf alle Weise su hintertreiben suchten, d. h. Sanballat, Tobia und Gesem, die dabei viel- leicht gar einen Auftrag der persischen ierung voll- streckt hatten. Gewife wollten diese Männer mit alt ihr Anrecht an dem Tempel geltend machen und ihre Auf: nahme in die Gemeinde erzwingen, nachdem Esra durch Auflösung der Mischehen ihre Ausschliefsung von Neuem durchgesetzt hatte. Und wie später die vornehme Priester- schaft und die Aristokratie, die namentlich mit dem Tobia theils verschwägert theils verbündet war (Neh. 6. Ex; dem Nehemia gegenüber mindestens eine sweidentige | - tung einnahm, so darf man auch wohl annehmen, sie schon vorher mit jenen Häuptlingen gegen Kara gemein- same Sache gemacht hatte. In der That bestand zwischen ihnen eine Solidarität der Interessen. Durch die von Eara angestrebte Einführung des Gesetzes war die Herrschaft der mächtigen und reichen Aristokratie bedroht. Nehemia stützte sich ihnen gegenüber auf die kleinen Leute, für die er einen Schuldenerlafs vom Adel erzwang (N eh. 5). Es ist wohl auch nicht zufällig, worauf schon Duhm auf- merksam gemacht hat, dafs die trübseligen Reste der Pro-

hetie mit den Gegnern Nehemias conspirirten. Nehemias

emoiren sind uns freilich nicht vollständig erhalten, aber schwerlich sind sie bedeutend verkürzt, er erzählt fast nur von der Wiederherstellung der Mauern von Jerusalem, die er doch in wenigen Wochen dewerkstelligte. In Wahrheit war das eine That, die für die definitive Constituirung der jüdischen Gemeinde von grundlegender Bedeutung war.

enn unter dem Schutz, den diese Mauer gegen die halbheid- nischen Brüder da draufsen bot, und unter dem Zwang, in dem sie die widerstrebenden Elemente im Innern der Stadt bielt, haben Esra und Nehemia die Herrschaft des Gesetzes aufgerichtet und dauernd gesichert.

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') Aller Wahrscheinlichkeit nach gehört in diese Lücke die ara- mäische Erzählung von Esra 4, wie u. a. Bertheau gesehen hat. Auffellend ist nur, dafs dort ganz andere Namen genannt werden als im Buche Nehemia.

Stade, Denterozacharja. 151

Wir sind über die Geschichte der nachezilischen Ge- meinde im Allgemeinen sehr unvollkommen unterrichtet, aber dafür haben wir in den Memoiren Esrds und Nehemias historische Documente ersten Ranges, die auf die Bedin- gungen, unter denen die jüdische Gemeinde endlich zu Stande

helles Licht werfen. Die Persönlichkeiten des Schrift- gelehrten und des Laien treten uns in lebendigster An- schaulichkeit vor Au sie sind der genuine Ausdruck der damaligen jüdischen Frömmigkeit, die uns hier im voller. Originalität und Lebenswahrheit entgegentritt. Auch die Gegensätze, in denen sich später das innere Leben der jüdischen Gemeinde bewegte, liegen ihren Keimen nach schon hier vor und das kann uns einigermalsen darüber dafs wir über die nächsten Jahrhunderte so gat wie nichts wissen. Von allgemeinerem religionsgeschicht- lichen Interesse ist übrigens der Umstand, dafs die Con- stituirung der jüdischen Gemeinde zuletzt nur unter dem Beistande der heidnischen Weltmacht gelang.

Deuterozacharja. Eine kritische Studie. Vom Herausgeber. II. Theil. Die aus der innerjüdischen Geschichte zu entnehmenden Gründe. (siehe Jahrgang 1881, 8. 1 ff.)

Daß !) Za. 9—14 ein nachexilisches Schriftsttick ist, ist Jahrgang 1881, S. 1 ff, erwiesen worden. Aus den

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N) Ich bedaure, bei Aufsählung derjenigen Gelehrten, welche der auf oberflächlicher Untersuchung des Inhalts erwachsenen und ge- dankenlos weiter nachgesprochenen kritischen Ansicht über Za. 9 ff. auf Grund eigenen Nachdenkens widorsprochen haben, F. Böttcher

152 Stade, Deuterozacharja.

8. 96 angegebenen Gründen sollen jetzt alle diejenigen der Geschichte der innerjüdischen Entwickelung zu entneh- menden Gründe zusammengefafst werden, welche für die genauere Bestimmung der Abfassungszeit in Betracht kommen.

Vier Punkte kommen hauptsächlich in Betracht : 1) die Ansichten Deuterozacharjas über das Haus Davids und das Haus Levis, 2) die Stellung Deuterozacharjas zu den herrschenden Kreisen, der Zweck und die Art seiner Arbeit, 3) die Stellung Deuterozacharjas zur zeitgenössischen Werth- schätzung Jerusalems, 4) seine Vorstellungen vom Reiche Gottes und der Bekehrung der Heiden.

überschen su haben. Er spricht sich „Neue exegetisch - kritische Aechrenlese“, Leipzig 1863—65, 1. Abth. 8. 197, namentlich aber 2. Abth. 8. 215 ff. mit aller Bestimmtheit dahin aus, dafs Za. 9 ff. erst nach Alexander geschrieben ist. Da ich das geuannte Buch so wenig wie die mir zugänglichön Bibliotheken von Giefeen und Darmstadt besitze, so ist mir dies bedauerlicher Weise entgungen. Ich wurde auf die Stelle aufmerksam gemacht durch eine Mittheilung Dr. M. Krenkel's Beiläufig sei bemerkt, dafs dasjenige, was meinen Ausführungen bislang von Seiten der Vertreter der landl&ufigen kritischen Ansicht entgegengesetst worden ist, mich von neuem davon überzeugt hat, wie beillos es mit derselben steht. Daß es sich hier um die Gesamnt- anschauung von der Entwickelung der Prophetie handelt, begreift man immer noch nicht. Man sucht durch kleine Mittelehen zu helfen und meistert dann natürlich an der besonders fatalen Stelle Zs. 9, 13. Steiner in seinem Wiederabdrucke des fiir seine Zeit vortreff- lichen, jetzt aber veralteten Commentares Hitzig's su den kleinen Propheten conjicirt für 1% 9°99 ein Ymy 9. ‘Ich verliere über das Ungltickliche und Unmethodische dieser Conjectur kein Wort. Aber begreift dein Steiner nicht, dafs das Schriftsttick, wenn so gostanden bätte, dann erst recht in nachexilische Zeit gehört? Noch unglücklicher ist der Recensent in Grätz’s Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums (vom Mai- bis Juli-Hefte 1881), dem ich übrigens für seine wohlwollende Meinung über mich sa Danke verpflichtet bin. Diesem ist es wider Willen in ganz unübertref- licher, geradezu einzigartiger Weise gelungen, die herkommliche unme- thodische kritische Behandlungsweise vun Za. 9 ff. zu persiffliren.

Stade, Deuterosacharja. 153

Weniger verschliigt dagegen fur diese Frage die Er- wähnung des mino-Festes 14, 16 ff. Aus der besonderen Hervorhebung desselben folgt nur, dafs das Stück nach der Reform des Josia geschrieben ist, was ja auch die Mei- nung der Kritiker ist'). Freilich konnte man, sobald neben der grofsen Herbstfeier zu Jerusalem keine localen Asiphfeste mehr in Juda gefeiert wurden und jeder Judier zu diesem Feste nach Jerusalem zog, deshalb nuch nicht erwarten, dals auch die Heiden dorthin pilgern würden. Und so verräth dieser begleitende Zug die Abfassungszeit. Dagegen ist an unserer Stelle die Erwähnung des niap-Festes offenbar dadurch veranlafst, dafs es das Fest der vollendeten Ernte, das Erntedankfest ist. Es erscheint sonach noch in seiner alten Bedeutung.

Beginnen wir mit dem ersten dieser Punkte. Neben Jerusalem besteht die Gemeinde der im Lande wohnenden Jahveverehrer nur noch aus Juda. Jerusalem ist aber so sehr der ganz Juda überstrahlende Mittelpunkt, dafs seine Bewohner sich über die Judäer weit erhaben dünken und Gott eigens es veranlafst, dafs die Judäer Jerusalem retten, damit der Hochmuth Jerusalems getilgt werde. Innerhalb aber dieses sich über Juda überhebenden Jerusaleme bilden die leitenden Kreise das Haus David und das Haus Levi. Einen König gibt es nicht, er wird aus dem Hause David erwartet und soll der Fremdherrschaft ein Ende machen.

Schon dafs das Haus Levi als gleichwerthig, wenn auch an zweiter Stelle, neben dem Hause Davids genannt wird, ist um von dem letzten Umstande vorerst ganz zu schweigen ein Beweis für die nachexilische Herkunft von Za. 9 ff. Vor dem Exile konnte von einer solchen Bedeutung des Hauses Levi gar keine Rede sein.

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1) Bleck wurde daher von einem richtigen Gefühle geleitet, wenn er Stud. u. Krit. 1852 8. 838 dieses Argument ablehut.

154 Stade, Deuterosacharja.

Die älteste Stelle, an welcher man ein Haus Levi er- wähnt finden könnte, findet sich in dem aus nachdeutero- nomischer aber vorexilischer Zeit stammenden Einschube 18a.2, 27—36. Allein das Haus, welches Gott in Aegypten erwählt und dem er alle Opfer der Kinder Israel gegeben hat, ist, wie die Gegentiberstellung des beim Hause Ds vids aıntirenden Priestergeschlechts der Sadokiden beweist, das Haus Elis, bezw. Moses. Hier sind mit dem Hause Levi die Nachkommen eben dieser Sadokiden gemeint.

Als Haus konnte Levi tiberhaupt erst seit der Reform Josias empfunden werden '). Voraussetzung war die Be seitigung aller kleineren Heiligthümer, die Anweisung aller Priester auf das königliche Heiligthum zu Jerusalem, welches jetzt erst mit seiner Priesterschaft neben dem Kö- nigsgeschlechte ein Einheitsband des gesammten Volkes wird. Allein so stark ist die Macht der Tradition, s9 neu der durch die Reform Josias geschaffene Zustand, dafs diese theoretische Möglichkeit zunächt noch gar nicht in Betracht gezogen wird. Weiter, da die Jerusalemer Priester, ihre Stellung als königliche Beamte benutzend, den deposse- dirten Landpriestern die durch das Deuteronomium ge währleistete Gleichberechtigung durchaus verweigern, 80 kommt es noch gar nicht zu einem Zusammenschlusse aller Priester vom Hause Levi. Wir erkennen die damalige Sachlage deutlich aus den Weissagungen Jeremias. Wo dieser die Verhältnisse der Gegenwart berührt, kommen ihm die Priester gar nicht als Geschlecht in Betracht, stehen sie bei Aufzählung der Stände erst nach den könig- lichen Beamten (om) 1, 18. 2, 26. 4, 9. 8, 2. 13, 13.

1) Gegenüber gewissen Velleitäten einzelner Bestreiter der Graf'- schen Hypothese, welche Mode zu werden drohen, sei bemerkt, dals die hier gegebenen Austiihrungen für Jedermann beweiskräftig zu sein beanspruchen.

Stade, Deuterosacharja 156

83, 32, ja 34, 19 sogar hinter den königlichen Eunuchen oo). Freilich sind sie naturgemäfs mit der Beseiti- rang der Heiligthümer aufserhalb Jerusalems und Erklä- ung des königlichen Tempels zum Centralheiligthume des ranzen Volkes in eine selbständigere Stellung dem könig- ichen Hause gegenüber eingerückt, dessen schlichte Be- ımte sie früher waren. Jeiteten sich früher ihre priester- ichen Rechte lediglich aus der Bestallung durch den König ıer, 80 fliefsen diese jetzt aus dem Gesetze Gottes, welches wch den Königen ihr Recht gesetzt hat. In dieser neu- rewonnenen Unabhängigkeit ähneln sie den Propheten, zu welchen sie Jeremias so überaus häufig stellt. Will man edoch die Stellung der Priester auch nach Josias Reform ınd ihren Einflufs und Machtumfang richtig beurtheilen, © hat man von Erzählungen wie Jer. 26 auszugehen. Es st sicher belehrend, zu sehen, dafs selbst für im Tempel jegangene Vergehen aller Einflufs und jede Entscheidung i den königlichen Räthen und Beamten liegt.

Erst die Beseitigung der Königsherrschaft, erst das üxil ermöglicht so, dafs man die Priester mit dem Hause Javids in Paralleie setzt. Von nun an gehen die Hoff- ungen des Volkes auf eine Wiedereinsetzung beider. Und > treffen wir die erste Spur einer Gleichstellung beider teschlechter in dem frühestens exilischen Anhange '), welchen in Epigone auf Grund jeremianischer Stellen zu Jer. 38, —13 verfalst hat : Jer. 33, 14—26. Dort wird verheilsen, als von David nie einer mangeln werde, welcher auf dem “hrone des Hauses Israel sitze, so auch den levitischen ’riestern nie einer, der vor Gott stehe, Brandopfer brin- send, Mincha opfernd, Schlachtopfer rüstend immerdar. Und mit der Rückkehr aus dem Exile, mit der Auf-

') Vgl. die erschöpfende Auseinandersetzung bei Kuenen, hist. krit. Onderzoek Bd. 2, §. 78. 8. 204 f.

156 Btade, Deuterosacharja.

richtung der Gemeinde mulste diese Auffassung festen Fuls fassen. Von den beiden Hoffnungen des Volkes, der Wie derherstellung des nationalen Staates und der Wiederauf- richtung des Cultes im Tempel zu Jerusalem, erfüllte sich nur die zweite, wiewohl unter besonderen Bemühungen des davidischen Hauses. Jetzt ward der Tempel und der in ihm amtirende Hohepriester der Mittelpunkt des gesammten Volkes. Ja fast scheint es, als habe Josua bereits vor Wiederaufbau des Tempels eine gröfsere Rolle gespielt als Zerubbabel. In wie fern sich dies ale Consequenz der von Ezechiel zum Priestercodex führenden Bewegung be- greift, soll hier nicht erörtert werden, vgl. S. 159 Anm. 1. Doch richteten sich auch jetzt noch aller Augen auf das Haus David. In der Statthalterschaft Zerubbabels ist man eine Zeitlang geneigt, die Erfüllung der jere- mianischen Weissagung von dem Wiedererstehen der da vidischen Herrschaft nach vollzogenem Gericht (c. 22. 23.) zu erblicken. Zacharja krönt in ihm den Zemach (6, 9—10. Jer. 23,6). Haggai 3, 21 ff. weissagt auf Jer. 22.23 anspie- lend die Vernichtung der heidnischen Reiche und die Erhebung Zerubbabels zum Könige. Solche Hoffnungen erweckte der Umstand, dafs er der x'@) der neuen Gemeinde Ezra 1, 8. 2,1f. 5,2, der ATM mmo Hagg. 1, 1. 2, 21 war.

Von dieser Meinung ist man freilich schnell zurtick- gekommen. Bei solcher Sachlage konnte die persische Obrigkeit nicht wohl dem Hause Davids die Statthalter- schaft lassen. Wir treffen später den Nehemja als xnwT und vor diesem scheinen nach Neh. 5, 15 Nichtisraeliten, wahrscheinlich Perser, als Landpfleger Juda verwaltet zu haben. Kein Davidide begegnet uns fernerhin als solcher.

Dagegen amtiren die Sadokiden in ununterbrochener Reihenfolge am Tempel. Mit jeder Sucvession mulste ihr Ansehen steigen. Ihr Haus ist das der Erfüllung, das Davids nur das der Verheifsung. Je mehr alle Lebensver-

158 Stade, Deuterosacharja.

der Familie, welche einst das Scepter Israels getragen hatte. Und so haben wir uns, nachdem die Landpfleger- schaft nicht mehr beim Hause Davids war, doch deren Glieder als zuvörderst aller Aemter der neuen Gemeinde theilhaftig zu denken, unter den 091, den DI. OT oe, Oy der neuen Gemeinde, wie sie Ezra, Nehemjs nennen, sind sie zuvirderat gewesen. Jautet die Reihen- folge Ezra 4, 3 Zerubbabel, Jusua Max] we] mp, 80 rückt mit dem Wegfall der Bestallung eines Davididen zum Landpfleger dieses Geschlecht allerdings hinter die Priester, vor denen es Ezra 4, 3 aufzählt, aber es steht immer noch vor allen andern weltlichen Familien. So zählt Ezra 8, 1 ff. die ONIN YN, welche mit ihm zurtickkehrten, auf in der Reihenfulge : 1) Priester, 2) wen TNT Yap, 3) die übrigen Wy 30 py’ YAY u. 8. w. Und nur sehr allmählich wurde es in der oben geschilderten Weise durch die aufblühende Macht des Priesterthums in den Schatten gestellt. Eine Station auf dem Wege, welcher schliefalich dazu führte, dafs das Hohepriesterthum als höchste geist liche wie weltliche Spitze empfunden wurde, dafs es, wie Jesus Sirach 25, 24—26 sagt, die Aufgabe hatte. xgoorately (für xgootratyy) aylov xal Aaov, so dafs um Weisheit für sie gebeten wird xolrew tov Aao» avrot Lv dixacoorry, beobachten wir sowohl an unserer Stelle, als beim Chro- nisten, welcher, freilich ein Levit, 1 Chron. 3, 17—24 die Nachkommen Zerubbabels bis etwa auf die griechische Zeit aufzühlt, wiewohl an keinem besonders in die Augen sprin- genden Orte, nur als Theil der Geschlechter Judas, dafür aber das herrschende Priestergeschlecht in der Genealogie Levis 5, 24-41 nur bis zum Exile herabführt (v. 15), den Hohenpriestern des zweiten Tempels jedoch bis auf Jaddua, den Zeitgenossen Alexanders, Neh. 12, 1 ff. einen besonderen Abschnitt widmet. Und so dürfte vielleicht Geiger Reht zu geben sein, wenn er das Haus Nathan und das Haus ‘youn, welche Za. 12 neben dem Haus David und

Stade, Deuterosacharje. 169

a Haus Levi nennt, mit dem davidischen Hause Simei dem levitischen Nathan 1 Chr. 3, 19. Neh. 12, 11 zu- ımenbringt.

Dafs aber in der nach Anbruch der griechischen Zeit chriebenen Chronik der Hohepriester bereits an die erste lle im Volke gerückt ist, ist leicht begreiflich. Jede Orga- ation gewinnt neue Kräfte, wenn eine neben ihr be- aende erschüttert oder gar beseitigt wird, während sie vet bleibt. Mit der Beseitigung der Perserherrschaft fete sie an Bedeutung wachsen. Schon der Umstand, © 3 der Hohepriester die einzige persönliche Spitze des kes war, mit welcher die neue erst in der Consolidation riffene griechische Herrschaft zu rechnen und sich benehmen hatte, bewirkte dies. Damit wurden die gen Geschlechter des Volks nothwendig definitiv unter Hohepriestergeschlecht herabgedrückt. Letzteres bekam rer mehr auch die gesammte weltliche Macht in seine ıd, mit ihm zusammen zu hängen und verschwägert zu » gab jetzt Adel.

Wenn nun unser Verf. das Haus Levi erst nach dem rids nennt, so ist das jedoch kein Anzeichen dafür, ) wir uns noch vor der griechischen Zeit befinden. ın nicht nur, dafs auch schon vor der griechischen Zeit Hohepriestergeschlecht ohne Zweifel von einzigartiger eutung und den übrigen adligen Geschlechtern an Ein- ' weit überlegen gewesen ist, so findet eine solche yerlegenheit nicht immer in Schriftstücken ihren Aus- tk, nicht immer Anerkenntnils. Beim Chronisten wird Nennung des Hohenpriestergeschlechtes an hervor- mder Stelle, während Davids (reschlecht nur nebenbei aufgeführt wird, wit abhängig sein von dem Umstande, der Chronist ein Levit ist. Umgekehrt mufste jedesmal, n eine bevorstehende Umwälzung die Möglichkeit einer Er-

') Urschrift und Uebersetsungen, 8. 59.

160 Stade, Deuterozacharje.

füllung der messianischen Hoffnungen den Frommen nab

rückte, inihren Augen das Geschlecht Davids wieder in gleiche

Linie mit dem hohenpriesterlichen, wenn nicht vor dies

rücken. Denneben der Umstand, dafs ein Mann desselbes

beim Eintritte dieser Hoffnung die Krone seines Volke

tragen sollte, war es ja, welcher die Augen des Volkg

beständig auf dasselbe gerichtet sein liefe. Erwartet om

der Verfasser von Za. 9—14, die noch unerfüllten Wer

sagungen der Propheten zusammenfassend, die Königsher-

schaft eines Davididen, (9, 9ff.), so ist es nur naturgemif, wenn er in einer Beziehung auf Verhältnisse der Gege ; wart Davids Haus vor dem Levis nennt, während andere seits ihre Nebeneinandergruppirung in vorexilischer Zat bei einer solchen geradezu unerhört ist.

Aber auch der Grund selbst, aus welchom die Ge schlechter der Priester und Davids Za. 12 neben einander genannt werden, ist wohl zu beachten. Sie sollen Bule thun wegen eines Mordes. Jede Hindeutung darauf fehlt, dafs es ein in tumultuarischer Weise begangener gewese sei, denn dafs alle Jerusalemer mit Bufse thun sollen, wird man nicht als solche auffassen dürfen, thun es doch sued die Frauen. Wenn den zwei autoritativen Geschlechten eines Volkes eine solche That Schuld gegeben wird, » spricht a priori alles dafür, dafs sie dieselbe eben krafi ihrer Autorität, also in geordneter Form, verübt haben Als Richter haben beide ein Todesurtheil gesprochen um vollziehen lassen, welches dem Verf. als Mord gilt. Aud hieraus sehen wir, dafs wir uns in nachexilischer Zeit be finden. In vorexilischer spricht der König, sprechen dessa Beamten (any) das Urtheil. Wird hier dem Haase Davi und dem Huuse Levi dieses Urtheil Schuld gegeben, « kann es nur von einem Gerichtshof ausgegangen sei dessen Beisitzer aus beiden Geschlechtern genommen wurde Einen Gerichtshof, in welchem die Angehörigen des Priester

Stade, Denterosacharja. 161

geachlechtes neben denen der Adelsgeschlechter safsen, hat es in vorexilischer Zeit niemals gegeben.

Ich gehe noch weiter und behaupte : in den ‘prdee iTPET, welche c. 12 allein neben den Geschlechtern Davids und Levis genannt werden, haben wir diejenigen, welche als xosoßvrepo: tic yeooaucs 1- Macc. 14, 28 neben den . isgels und aeyorres genannt werden. In vorexilischer Zeit würde man diese einfach M7 ‘yp genannt haben, rw dafür zu gebrauchen ist in jener Zeit unerhört. Es ist diese Uebertragung eine gelehrte Reminiscenz, rhetorischer Aufputs.

Daß endlich die den Frauen der Jerusalemer Ge- schlechter 11, 12 ff. zugewiesene Rolle sich am besten aus den Verhältnissen der nachexilischen Gemeinde erklärt, braucht nur angedeutet zu werden. |

Wir achten zweitens auf die Stellung des Vert zu den Häusern David und Levi. Ebenso wichtig ist es, über seine Ziele bei Abfassung von Za. 9 ff. ins Klare zu kommen. Er setst sich durch jene Beschuldigung ebenso in Oppo- sition zu den herrschenden Kreisen, wie durch die Erwar- tung, dafs vor Anbruch der messianischen Zeit die jetzige Obrigkeit werde beseitigt werden. Noch deutlicher redet, dafs er die (aus Priestern und. Davididen) bestehende Obrig- keit Kanaaniier schilt, sie beschuldigt, dafs sie das Volk an die Fremden verkaufe, es zu ihrem Vortheil ausbeuie und ins Elend bringe. Kurzum es ist kein Zweifel, unser Verf. gehört den regierenden Kreisen nicht an, wiewohl er diese durch die Macht seiner Ideen theilweise beein- Aufst. Sind doch unter den Kanaanäern der Heerde auch solche, welche auf ihn achten. 11, 11. Wer ist er? Ein Prophet ist derjenige nicht, welcher, auf einer genauen Bekanntschaft der älteren Prophetie fulsend, diejenigen Weissagungen der Propheten, welche annoch unerfüllt sind, seinen Zeitgenossen mit Anpassung an die Gegenwart vor- rigt, und, wie wir Jahrgang 1881, S. 91 sahen, will er

Zeitschrift f. d. alttust. Wiss. Jalırgang 3. 1882. 11

162 Stade, Deuterosacharjs.

auch kein solcher sein. Er ist ein Schriftgelehrter, welcher das deutliche Gefühl hat, dafs die Prophetie erloschen ist. Er ist in Kreisen zu suchen, wie sie a. a. O. 8. 90 fi, 171 f. geschildert worden sind. Was zu seiner Zeit sich noch als Prophetie gerirte, wird von der Art des Neh. 6 Erwähnten gewesen sein. Es war ein unreinliches und ungesundes, durch keinerlei nationale Bewegung getragene oder hervorgerufenes Treiben, welches mit der längst erlosche: nen Prophetie nur den Namen gemeinsam hatte. Die Ent- wickelung der religiösen Ideen war lüngst an ganz andere Factoren geknüpft. Soweit die Ideen der alten Propheten noch nicht erfüllt waren, konnten sie zu Einflufs auf die Frommen des Volkes und damit auf die Weiterentwick- lung der Religion nur gelangen durch die sich in die Reste der Vergangenheit versenkende Schriftgelehrsamkeit. Nun sehen wir aber in unserem Falle, dafs dieselbe sich nicht. mit dem Studium und der Auslegung der Reste der Ver- gangenheit begnügt, sondern in freier Reproduction den Umfang derjenigen Weissagungen vorführt, welche noch unerfüllt sind. Halten wir dies mit dem zusammen, was die Entstehungsgeschichte der Bücher Micha und Jesaias und so viele andere Abschnitte der überlieferten prophe- tischen Literatur lehren, so ergibt sich, daß die Abfassung von Za. 9 ff. nur ein Glied in einer Kette von Bestre- bungen ist, welche darauf abzielen, die Reste der prophe- tischen Vergangenheit zu sammeln, die prophetische Lite- ratur abzuschliefsen und für ihre Gedanken das Volk zu gewinnen. Und diese ganze Bewegung wird mit von dem Eintritte von Ereignissen abhängig sein, welche den Tag der Erfüllung der noch nicht erfüllten Weissagungen nahe erscheinen lassen.

Haben wir nun unseren Verf. uns als einen der nachexi- lischen Schriftgelehrten zu denken, so ergibt weiter die Eigenart seiner schriftstellerischen Thiitigkeit !), dafs er

') Die excerpirende, auf älteres prophetisches Schrifttum zurück- greitende schriftstellerische Manier des Verf. von Za. 9 ff. ist ührigens ein

Stade, Deuterozacharje. 163

r in die Entwickelung der mit Exechiel begin- it Ezra schliefsenden prophetisch beeinflüfsten wer gehört. Keine Spur zeigt sich mehr davon, te die Herrschaft des Gesetzes über das Volks- idehnen. Wenn es mit Worten gar nicht ge- , 80 erklärt sich das daraus, dafs es eben zur men Herrschaft bereits gelangt ist. Der Tempel r Zeit so sehr der Mittelpunkt der gesammten dals auch den Heiden die Wallfahrt zu ihm ird. Und wie sehr das Streben nach Heiligung reise bereits beherrscht, dafür zeugen 14, 20.ff. arf. von Za. 9—14 ein nachexilischer Schrift- nd ist er gänzlich frei von dem Bestreben, für einzutreten, mit dem er doch, wie mehrere ‘l. namentlich 13, 2, s. Jahrgang 1881, 8. 83) 'ertraut ist, so muls er nach Ezra gelebt haben. Zeiten nach Ezra verweist uns denn auch der in welchen nach Za. 9—14 Jerusalem m Juda iermit kommen wir zu dem dritten der 8. 152 n Punkte. Wohl werden auch schon früher emer sich wegen des Tempels und des Königs- die übrigen Judäer erhoben haben. Und auch werden auf das Thor ihres Volkes (Mi. 1, 9),

um nachexilischer Schriftstellerei. Die völligste Parallele i. 4. 5, eine andere ist Jes. 24—27. Za. 1—8, Haggai, Ma- 1, Joel bieten weitere Parallelen. Desgleichen die Paglmen. ch y 5 und 51. 87. Die beiden ersten ruhen auf Deu- etsterer verräth genauere Bekanntschaft mit dem Buche | bereits Hupfeld richtig gesehen hat, ist die Aufs&h- lenvölker dem Dichter von w 87 an die Hand gegeben die messianischen Weissagungen desselben, welches c. 18 x Kuschs, c. 20 die der Philister, c. 28 die der Tyrier t Assur meint der Psalmist Babel, welches ihm aus Jes. geläufig ist. omy aber v.4 flofs, wie Hupfeld richtig aus Jes. 80, 7. Ueber die Vergleichung der Psalmen 166 Anm. 1. 11°

164 Stade, Deuterosacharja.

den Sits des Königs stols gewesen sein. Sobald ma dachte wie Am. 1, 1 war dasu reichlich Anlals gegeben. Will man aber sehen, wie wenig in vorexilischer Zeit Jers- salem Juda in solcher Weise wie in Za. 9—14 tiberstrahlt und in den Schatten stellt, so ist nichts hierfür geeignete als Jeremias Weissagungen, die doch gröfsten Theils nach de Reform Josias fallen, su vergleichen. Bei Jeremias (wie freilich schon bei Jessias) zeigt sich die Bedeutung der Haupt stadt erst darin, dals Jerusalem dem Lande Juda coordinir erscheint, wobei aber zu bedenken ist, dafs die Gesetze de Parallelismus dies nahe legten.

Aber neben Jerusalem spielen die übrigen Stätte Judas noch ihre Rolle, Jer. 8, 14. 10, 22. 33, 13. 34, 7. Jeremis redet im Tempel su allen Städten Judas 26, 1, ebenso Baruch zu den Judäern, welche aus ihren Städten ge kommen sind. 36, 5 ff. Die Söhne Judas haben ihre Greuel in den Tempel gesetst 7, 30. Freilich ist die Residenz und Tempelstadt die erste, die übrigen Städte sind eine Heerde, über welche Jerusalem als Hirt gesetzt ist Jer. 17,20, sie sind Jerusalems Städte 19, 15. Aber dennoch sagt der Prophet für gewöhnlich mit Voranstellung Judas : Juds und Jerusalem 4, 5. 13, 9. 14, 1. 19., Judas Städte und Jerusalems Bewohner 11, 12, Judas Städte und Jerv- .salems Gassen 11, 6. 13. 33, 10. 44, 6, Land Juda und Jerusalems Gassen 47, 9, Juda und alle Bewohner Jeru- salems 35, 17, der Mann von Juda und die Bewohner Jeru- salems 4, 4. 11, 1. 9. 17, 25. 18, 11. 32, 32. 35, 13, die Freien oder die Beamten von Juda und Jerusalem 27, 20. 29, 2; viel sicherer mit Voranstellung Jerusalems : Jeru- salem und Judas Städte 1, 15. 4, 16. 9, 10. 44, 2, Jeru- salems (tassen Judas Städte 7, 17. 34, Jerusalems Be wohner und der Mann von Juda 36, 31.

Mit der Zerstörung des Tempels und der Stadt, mit der Deportirung änderte sich das mit einem Schlage. Jetzt beherrschte jene Frage (Jer. 22, 8) weshalb hat Jahve dieser grolsen Stadt also gethan, die Gedanken des Volkes.

Btado, Deuterozacharja. 165

Jahve, der höchste Gott, der allein wahre Gott,

; seine Stadt, seinen Tempel in die Hand der

ıd nach alter Anschauung auch ihrer Götter geben

Hat er damit nicht die Ehre seines Namens aufs

geschädigt? Freilich war die Antwort : er hat

um der Sünde seines Volkes willen, schon von

md her gegeben. Und eben so sicher mufste

e Zuversicht erspriefsen, dals er eben um der

es Namens willen sein Volk wieder herstellen,

Tempel wieder aufrichten werde, damit die Heiden

sueikennen, dafs nur um der Sünden Israels willen dieses WMewicht ergangen ist. Eben das richtete die Augen, zwar Wucht des ganzen Volkes, aber doch der führenden Männer wisaf die Stadt und den Tempel und gab beiden ein ganz Wesonderes Relief. Indem aber zugleich die politische Ver- Wiäedung unter den Volksgenossen gesprengt war, mulste um deren Stelle, wenn die Volksgenossen vor dem Ver- wselhwinden unter den Heiden bewahrt bleiben wollten, das Baad der religiösen Zusammengehörigkeit treten, welches im Cultus sur Erscheinung kommen, nur durch diesen *Newtikon konnte. Dieser Umstand war vielmehr als der aumdere, dafs man doppelt schätzt, was man von altem Besitse " Wseroren hat, der Grund, weshalb jetst die Wiederaufrich- ‘Bang des Cultus und damit die Wiederherstellung der Btadt

am den Vordergrund der messianischen Ideen tritt.

Damit aber war dem nachexilischen Jerusalem eine Wedentung für das Volksleben gegeben, welche das vor- ezilische nie gehabt hat. Und diese mufste sogar noch steigen, je mehr alle Verhältnisse des Volkslebens sich dem Gesetze anpafsten und nach ihm veredelten. Jetzt wurde der Tempel die Stätte, an welcher die Gedanken der Frommen am liebsten weilten, und seine Heiligkeit strahlte über die ganze Stadt. Diese ist jetzt der geistige Mittel- punkt der ganzen Volkegemeinde, ihr Stolz und ihre Hoff- mung, dasu die Stätte, an welche sich die herrlichsten aller

166 Stade, Deuterozacharja.

Erinnerungen aus der Vergangenheit knitpfen, die Stadt Davids, Zion, das auf ewig bestehen wird, yw 126, 1.2 Die Stellung, welche Jerusalem und der Tempel in nach exilischer Zeit in den Gedanken des Volks einnimmt, er sehen wir deutlich aus sahlreichen Stellen der Psalmen ') In Jerusalem wohnen zu können, Jerusalems Glück m schauen ( 128, 5), ist, ein besonderes Glück, denn we dort wohnt, vermag täglich im Tempel Gottes Namen zu rihmen » 84, 4. 65, 5. 23, 6. Wer dort weilen darf, ge deiht 52, 10. 92, 14. Daher bittet der Fromme Gott, alle Tage in seinem Hause wohnen zu dürfen, um anzuschauen seine Huld und seinen Palast zu betrachten 27, 9. Ein Tag in den Vorhöfen Gottes ist ihm besser als Tausend und er sagt (84, 23) : Wie lieblich sind deine Wohnungen, Jahve der Heerschaaren, gesehnt hat sich und auch ver- schmachtet ist meine Seele nach den Vorhöfen Jahve’s. Nach Jerusalem wallfahren zu dürfen, ist Gegenstand seiner Sehnsucht und seines Gebetes 43, 3, lebhaft freut er sich schon über die Möglichkeit, dorthin zu pilgern 122, 1, dort gewesen zu sein, ist ihm die liebste Erinnerung 5b, 16. 122,2f. So wird denn Zion, über dessen zweiten Tempel

') Der Psalter ist ein Erzeugnils des nachexilischen Judenthums. Die in ihm zum Ausdrucke kommende Frömmigkeit ist in ihrer indi- viduellen Eigenart cine nachexilische Erscheinung. Vor dem Exile fehlte für die Psalmendichtung vollständig der Boden. Damit soll nicht behauptet sein, dafs im Psalter keine exilischen oder vorexilischen Lieder enthalten sein könnten. Allein a priori hat jedes im Psalter ent- haltene Gedicht so lange als nachexilisch zu gelten, als nicht sus deutlichen Indicien das Gegentheil zu erweisen ist. Dals auch die Sprache der Psalmen dieselben in die nachexilische Zeit verweist, hat Giese breoht in dieser Zeitschr., Jahrg. 1881, 8. 276 ff. nachgewiesen. Doch scheint er mir das Gewicht der herkömmlicher Weise für einen frühen Abschlufs des Psalters geltend gemachten Gründe etwas zu überschätzen, s. a. a O. 8. 804 ff. Dafs ». B. die ganze Sammlung der nach Sprache und Ge- danken eng verwandten Asaphlieder sich am besten aus der macce- bäischen Zeit erklärt, steht mir seit langem fest.

Stade, Deuterosacharja. 167

zu Haggais Zeiten die Greise noch wehmtithig geklagt hatten, weil sie den ersten noch gesehen hatten, zur Krone der Schöpfung 50, 2. Er ist die schöne Höhe, die Freude des ganzen Landes 48, 3. Jerusalem wird die ewige Stadt gp 125, 1. 2, der für alle Zeiten bestellte Mittelpunkt der Segnungen der Propheten » 133, 3. Für. ihre Wieder- herstellung dankt der Fromme und bittet für ihr Glück p 147, 4. 122, 6-9. Es ist der Ort, wohin alle Völker und Königreiche kommen, um Gott zu dienen 102, 22 f. Ja wenn der Psalmist 87, 2 ausspricht : Jahve liebt Zions Thore mehr als alle Wohnungen Jacobs, so ist das derselbe Hochmuth, um deswillen nach unserem Verf. 12, 7 Gott Juda zuerst und Jerusalem durch Juda helfen wird, damit die Ueberhebung der Davididen und der Bewohner Jerusalems über Juda nicht noch sunehme. Es ist aber leicht einzusehen, dafs der Abstand, welcher in der Werth- schätzung zwischen Jerusalem und Juda in der Meinung der Judenheit bestand, sich um so mehr vergröfsern mulste, je mehr die Judenheit sich über die olxovuern zerstreute. So lange dieGemeinde auf engem Raume in und um Jeru- salem sals, gar manche der in Jerusalem Functionirenden auf dem Lande wohnten, mufste das Gefühl der Zusammen- gehörigkeit auf beiden Seiten rege bleiben. Jene Tausende von Juden aber, welche in Aegypten und den Euphratländern wobnten, dort heimisch wurden, zu Reichthum und Macht gelangten, hatten nach wie vor zu Jerusalem Beziehungen, auch für ihr Denken war der Tempel zu Jerusalem der Mittelpunkt, nach ihm wanderten sie, ihn schmückten ihre Beichthümer, keine Beziehungen aber hatten sie zu Juda, dessen Dörfern und Landstädtehen. So wird Jerusalem immer unabhängiger von Juda, aus einer kleinen Provinzial- stadt das Centrum einer über die olxovuevn zerstreuten grofsen Glaubensgemeinschaft, so wird Juda immer mehr unter die Hauptstadt herabgedrtickt, waren doch seine Be- wohner nur ein Theil der Judenheit. Und es ist bereits

168 Stade, Deuteroszacharje.

Jahrgang 1881, 8. 40 darauf hingewiesen worden, dafs es dem Verf. in seinem Zukunftsbilde nur sehr schwer gelingt, Juda an Jerusalem heranzurücken und von den sich be kehrenden Heiden, welche gewipsermalsen an die Stelle der heimgekehrten Exulanten treten, absurticken. Läfst doch | auch er die für Jerusalem kümpfenden Judier 12,5 sagen: möchte ich ihnen genügen durch Jahve der Heerschaaren, ihren Gott. |

Uebrigens vermittelt sich der Gedanke, dafs Juda gegen Jerusalem kämpfen werde, welcher sowohl c. 12 als 14 sich findet, nicht nur dadurch, dafs Fremdherrschafi besteht, sondern weiter dadurch, dafs Kinder der Diaspora in fremden Heeren Söldnerdienste leisteten.

Endlich ist als Beweis für die Herkunft des Schrift stückes Za. 9-14 aus der Zeit nach Esra in Anspruch zu nehmen die sich in ihm findende Form der Vorstellung vom Reiche Gottes und seinem Verhältnisse sur geschieht lich gegebenen Gemeinde.

Für unseren Verf. (c. 11) ist es die Bestimmung des Volkes Israel von Gott regiert zu werden. Seine jetzigen Leiter sind schlechte, von Gott verworfene Leiter. Freilich macht er die Erfahrung, dafs sein Volk für dieses Gottes- reich, dessen baldigen Anbruch er erwartet hat, noch nicht reif ist und deshalb von Gott abermals einem Weltreiche preisgegeben wird. Wiesehr sich dieser Begriff des Gottes- reiches im Gegensatze zu den irdischen Weltreichen ent- wickelt hat, sieht man aus Za. c. 11 besondere deutlich. In ihm finden wir eine Form des Begriffes, deren Weiter- entwicklung das Buch Daniel zeigt. Der Gedanke nun, dafs Gutt allein der Herrscher seines Volkes ist, ist der Grendgedanke des nachexilischen Judenthums, der die religiöse und, soweit eine solche möglich war, die staat- liche Entwickelung aufs stärkste beeinflufst, wo nicht leitet. Es ist derselbe Gedanke, welcher bewirkt, dafs das gesammte bürgerliche Leben des Judenthums in immer steigendem Mafse dem Gesetze unterworfen wird. dafs das

Stade, Deuterozacharja. 169

ganze Volk in allem was es thut, sich als ein heiliges Volk fühlt, ja dafs es es schliefalieb völlig aufhört ein Volk su sein und eine blofse Glaubensgemeinschaft, eine Sekte wird.

Besonders belehrend ist für die ganze Auffassung des Verf. vom Reiche Gottes, dessen Anbruch er verkündet, die Schlufsweissagung c. 14. Hier formulirt er zunächst seine Erwartung bestimmt in v.9 dahin, ,dals Jahve König werden soll über das ganze Land, jenes Tages einer sein soll und sein Name einer". Dann aber erfahren wir weiter, dafs ganz Jerusalem heilig sein soll '), und dafs alle Völker sich bekehren und nach Jerusalem das Laubhüttenfest zu feiern pilgern sollen. Die Verehrung Jahves wird also die ganze Erde umspannen, während in Jahves Lande sein Königthum zur unumstrittenen Herrschaft kommt, alle Ver- hAltnisse auf Grund der Heiligherrschaft gemodelt werden. Die übrigen Völker behalten ihre weltliche Herrschaft. Aber sie verehren Jahve als einen und zwar unter seinem Namen Jahve. Diese Stelle genügt allein, um eine frühere Abfassung als im nachexilischen Zeitalter auszuschliefsen, sie allein räthschon mit der Abfassung in die hellenistische Zeit herabzugehen. Denn sie setzt Reflexionen über Gott und Götter voraus, wie sie erst in nachexilischer Zeit möglich wurden, erst in hellenistischer vorhanden sind. Man vergleiche nur damit die Anschauungen Jeremias, in dessen Zeit die Kritik die Abfassung von c. 14 gesetzt hat. Noch für ihn sind die Götter der Heiden Israel feindliche und verderbliche Mächte, später werden sie ein verächtliches Gebilde von Menschenhand. Hier aber wird gegen An- schauungen polemisirt, wonach die verschiedenen von den Heiden verehrten Götter allerdings eine reale Existenz haben, aber freilich keine von einander oder von Jahve

') Wenn auch die Kochtöpfe heilig sein sollen, so erinnert dieser Zug auffallend an die Bitte des wpa SA Dm> IDR:

170 Btade, Deuterozacharja.

verschiedene, wonach sie alle nur das eine Göttliche vor- stellen, welches die verschiedenen Nationen unter verschie denem Namen anrufen, Israel als Jahve, die Heiden als Baal, Ahuramazda, Zeus oder Amon. Das aber ist eine Anschauung, welche mit Anbruch der hellenistischen Zeit, mit Niederwerfung der nationalen Schranken wie mit Nothwendigkeit sich einstellen mufste'). Dafs diese Anschauung auch in Israel Vertreter fand, ist von vornberein bei der Uebermacht hellenischer Caltur glaub- lich. Dafs sie wirklich bestanden hat, verrathen spätere Ereignisse. Was 1 Macc. 1, 43. 2, 23 berichtet wird, js überhaupt der Versuch des Antiochus hellenischen Cult in larael einsufahren, hat das Einströmen solcher Ideen in Israel zur Voraussetsung. Wir haben 14, 9 eine frühe und energische Reaction gegen dieselben. Die Stelle sotzt sich dadurch in bemerkbaren Gegensatz zu Maleachi 2, 11. So lange man eben in Israel nur Jahve opferte, war es erträglich, ja konnte als fromm gelten, zu denken, dafs die aulserbalb den Göttern der Heiden dargebrachten Opfer auch Jahve gelten, welchen jene unter dem Namen ihrer Götter verehren. Aber anders gestaltete sich die Sache, sobald man auf Grund solcher Meinungen nun in Israels Lande jenen Göttern unter deren Namen opferte und ver langte zu denken, dafs dies thun und Jahve opfern für den Israeliten gleich sei. Jene Theorieen Maleachis waren damit in eine Praxis übersetzt, welche nicht ertragen werden konnte.

Fanden wir vorhin, s. S. 161 ff., die ersten deutlichen Regungen jener Gegensiitze, welche in der nachexilischen Gemeinde mit dem Priesterthum und dem Schriftgelehrten- thum von Haus aus gegeben, sich später als Sadducäismus und Pharisäismus auseinandergesetzt haben, so erblicken

*) Vgl. die Schilderung Droysen's von der entstehenden Theo- krasie, Hollen. 1, 2 (ll) 8. 804 f.

Stade, Deuterozacharja. 171

ww ur hier die ersten Spuren derjenigen Bewegungen,

sewrelche mit dem Einströmen hellenischer Cultur beginnen it den Maccabäerkämpfen ihren Abschlufs gefunden

Es ist nun nicht ohne Interesse, nebenbei zu bemerken, «Mnfs auch jener Gedanke von Jahves Königthum durch Mie Psalmen als ein das nachexilische Judenthum lebhaft Tewegender ausgewiesen wird'). Der Preis des König- @humes Jahves gehört zu den Lieblingsgegenständen der #2salmendichtung : 74, 12. 84, 4. 93, 1. 97, 1. 98, 6. 108, MO. 146, 10. 149, 10. Er ist der König der ganzen Erde, eer Herrscher, welchem sich alle Heiden unterwerfen zmüssen 10, 16. 22, 28. 29. 47, 3. 1—9. 86, 9. 10. 96, 10. 0, 1. 102, 23. 145, 11. Was Za. 9—14 voraussagt, dazu fordert » 82, 8 Gott auf, „sich zu erheben und die Erde au richten, da er alle Völker als Erbtheil besitzen soll.“ Ebenso entspricht es genau dem Gedankengange von Za. 14, 9, wenn nach » 83, 19 die heidnischen Feinde des Volkes zu Grunde gehen sollen, dafs Gott allein Jahve heifst und erhaben ist über die ganze Erde. Er herrscht über alle Heiden 46, 11. wp 47. w 48. Nach wp 86, 9 sollen alle Heiden kommen und sich niederwerfen vor Jahves Angesicht und seinem Namen Ehre geben.

Es sei hier verstattet anzuschliefsen, dafs die Psalmen mit Za, 9—14 die Neigung theilen, sich Israel als eine von Gott geweidete Heerde, Gott als Hirten vorzustellen 23, 1. 96, 7. 100, 3. Besonders den Asaphpsalmen ist dies ge- Mufig 74, 1. 77, 21. 78, 52 (vgl. auch v. 70—72). 79, 13. 80, 2. 3. Und die andere Seite des Bildes, dafs Israel wie eine Schafheerde zur Schlachtung Preis gegeben wird, kehrt wieder 44, 12—23.

*) Für weiteres genügtes, auf Wellhausen’s Pharisäer und Bad- ducäer zu verweisen, welcher 8.116 die betr. Stellen der salomonischen Psalmen gesammelt hat.

172 Stade, Deuteronacharja

Auch für die messianische Hoffnung von c. 14, dals alle Heiden sich su Jahve bekehren und die Feste zu Jerv- salem feiern werden, finden sich in den Psalmen die besten Parallelen : einmal in » 86, 9 „alle Heiden, welche du gemacht hast, ‘werden kommen und anbeten vor dir, 0 Herr, und deinen Namen ehren“, dann in » 87, in welchem der Missionstrieb der Gemeinde am stärksten zum Aus drucke kommt. Auch in ihm ist man von dem Gedanken, dafs Jerusalem die Kinder der Diaspora um sich sammelt und so zurückgewinnt, zu dem weiteren fortgeschritten, dafs auch die Heiden, unter welche jene zerstreut sind, sich bekehren. Und zwar begegnen uns bis auf Kueh, welches Za. 9-14 fehlt, dieselben Länder der Diaspora, welche letzteres Stück aufsählt : Tyrus, Philistäs, Aegypten, Babel (= Assur).

Freilich sind von den angeführten Stellen viele jünger als Za. 9—14. Aber für das nachexilische Coiorit des selben beweisen auch sie. Es dürfte schwer fallen, solche Parallelstellen aus vorexilischer Zeit su finden.

Nur beiläufig sei daran erinnert, dafs auch die freund- liche Stellung des Verf. zu Ephraim sich am besten er- klirt, wenn er in einer Zeit schrieb, in welcher bereits die Mehrzahl der im Lande Zurückgebliebenen sich an die neue Gemeinde angeschlossen hatte. Auch das weist uns über die Zeit des Ezra hinab.

Es ist überflüssig, zum Schlusse zu bemerken, dafs auch die Sprache von Za. 9 ff. der Abfassung in nach- exilischer Zeit günstig ist. Vgl. das aram. Fremdwort mmm 9, 15 und Wendungen wie nyan pn 11, 2. Ich übergehe Weiteres. Solche Beweise nehmen sich bei der niederdrückenden Wucht der beigebrachten sachlichen nicht vortheilhaft aus.

(Schlufs folgt.)

178

IEVE als Aussprache des Tetragramms».

\us einem Briefe des Prof. Franz Delitzsch in Leipsig, veranlafst durch Jahrg. I 8. 846.

Js ich im Jahre 1864 in Venedig war; bemerkte ich, anal grande befahrend, gegenüber dem Palazzo Sina Aushängeschild einer Lidraria anticha. Ich beeilte dieses Antiquariat zu besuchen und fand in dem Be- einen gebildeten Pädagogen, welcher eine mehrmals legte biblische Geschichte geschrieben bet, vielleicht stzte nach der alten Methode, die hervorragenden shen Personen redend einzuführen und selber ihre üchte erzählen zu lassen. Der Besitzer des Anti- its war der Schuldirector Giovanni Paoletti und "arlate tratte da argomenti della Sacra Scrittura waren in vierter Auflage erschienen. Inter den Handschriften, welche bei ihm käuflich , nahmen zwei mein Interesse in Anspruch. Die n war betitelt Ex libris omnimodis historicss ab iteronymo editis summariolum exscriptum. Noch heute > ich es, sie nicht erworben zu haben. Eine andere ın mir sofort überwiegendes Interesse ab eine Per- ıthandschrift in Hochquart, Joachim de Trinisate über- bem und durchaus von dem vierbuchstäbigen Gottes- ı und seinen Geheimnissen handelnd. lort fiel mir sofort auf 8. 5 folgende Stelle ins Auge: » autem tudeorum et st tribus suprascriptis modis in mnipotente apparust docens se esse trinum ef unum nomen tamen suum [EVE quod hebreilegunt adonay, \dicavit eis guia esse se trinum et unum deum non er specialem intellectum aperutt, quousque ventret tle Moyses, mediator dei et homints, Christus Jesus. Jenem gegenüber hat eine jüngere Hand an den Rand

174 Delitssch, IEVE.

IEHOVAH geschrieben. Ein Stück urkundlicher Geschichte | der Aussprache des Tetragramnıs innerhalb der Kirche lag vor mir.

Durch diese ganze Abhaudlung hindurch wird der Gottesname IEVE geschrieben und der hebräischen Grund- form m gemäls in die drei Bestandtheile IE.EV.VE zerlegt, was auf die mannigfachste Weise als Andentung des Geheimnisses der Trinität und der heilsgeschichtlichen Entwicklungsstadien verwerthet und durch Figuren illo- strirt wird.

Nach Erlangen zurückgekehrt überzeugte ich mich, dafs es kein Anekdoton sei, welches ich erworben hatte. Es ist ein an das Bgo sum alpha et 6 sich anschliefsender Bestandtheil des Commentars zur Apokalypse von Joachim de Floris, enthalten in dem 1527 in Venedig gedruckten Abbatis Joachim Expositio in Apocalypstm et Psaltertum decem chordarum (in der Münchener Hof- und Staats bibliothek P. lat. 661. I... Diese zwei Schriften be- zeichnen die römischen Inquisitoren als ersten und zweiten Theil des Evangelium aeternum. Der erste Theil ist das fünftheilige lider Concordtae. Diese drei Schriften wurden zum ersten Male im Jahre 1254 in Paris auf den Markt gebracht. Wilhelm Preger in seiner Abhandlung : Das Evangelium aeternum und Joachim von Floris, München 1874, bespricht ausführlich die Echtheitsfrage.

Uebrigens beruft sich Joachim für die Aussprache IEVE auf hebräische Tradition. In der That vertritt sie Samuel b. Méir (Raschbam) zu Ex. 3, 15, wo die in ver- schleierndem Athbasch-Alphabet geschriebenen Worte zu lesen sind : Hpn3 W's IT MR QP DM AMS Wwsy xp NT Dan mya my 9 ay". Wenigstens sagt er hiermit, dals Ty? das aus der Selbstaussage gegenständlich und mit 1 statt (nach Koh. 2, 22) umgelautete 7x sei er hält also allem Anschein nach mym (mm) für die wahre eigentliche Aussprache. |

176

Kleinigkeiten von Georg Hoffmann.

>

1. nmeien=7 2 Kon. 23, 13 ist nicht „Berg des Ver- ens“ sondern „Oelberg“ vgl. nowm ayy Qeri Jer. 2. Es wäre die Nisba von mpg oder von np; es hätte der Name ursprünglich Ye") gelautet, das Verderbep wäre nur hineingelesen, weil die Götzen- th bei diesem Berge diese Deutung nahe legten.

2. 2 Kon. 23, 8 von Josljahü -“yy oyna do-me an =r Yaw ONIN NP Wp We NDR MOON IT! mw YA ape AMO Nein Oye] Ning Ne pn you wa um oxo yw. Vocalisiere : nern po vgl. Lev. 17, 7. 2 Chron. 11, 15, und lies we 82.

3. Richt. 7, 13 OMtviy ond [mp gy) iby. Vocalisiere :

y om) (Selo) bg vgl. 5, 8: „das Geklirre des Thor- fos“. Das Thor ist onanmyw Ex. 32, 26 f.

Berichtigung.

. 76 Z. 13 L s. p. 94 Anm. 1.

- 76 2. 5-6 v. u. Das über np panbo Gesagte ist zu ıon, denn im arabischen Original (ed. Landauer p. 247) lauten

orte : tySU üelüo Yyildold (ich habe es gut untersucht). Vgl.

Steinschneider’s Bodl. Catal. Col. 2198.

L 64 Z. 8 (== 7) 1 sit.

. 98 muls der Anfang des 26. Verses in der deutschen Ueber-

1g laaten: „Die den Worten am Anfange beigefügten“ u. +. w. A. Hi.

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177

Zur Geschichte der neuhebräischen Lexikographie. Einige Bemerkungen von C. Siegfried.

In den älteren bibliographischen Uebersichten ist die hebräische Lexikographie als ein Ganzes behandelt und daher das biblische und das nachbiblische Hebräisch zu- sammengefalst.

So geschah es durch Joh. Christoph W olf sowohl in seiner historia lexicorum Hebraicorum, Wittenberg 1706, als auch in dem catalogus lexicographorum, welchen er in seiner bibliotheca Hebraea P. II 1721 p. 646-566, P. IV. 1733 p. 231—260 mit der an ihm bekannten Gründlichkeit und Zuverlässigkeit zusammengestellt hat. Eine besondere Berücksichtigung des Neuhebräischen findet sich zwar in dem Index der rabbinistischen Hülfsmittel, welchen er 1. c. p. 691-593 folgen liefs, indessen sind hier eben alle Werke zusammengestellt, welche sur Erlernung des Rabbinischen förderlich sind : also auch Grammatiken, elementare An- leitungen zum Verständnifs des Sprachlichen oder der rab- binischen Abkürzungen wie Christoph Cellarius, rabbi- nismus 8. institutio grammatica rabbinorum scriptis .... accommodata, Zeitz 1684. J. A. Danz, rabbinismus: enucleatus, Jena 1699. Genebrard, isagoge ad legenda Hebraeorum et Orientalium sine punctis scripta, Paris 1587, meditationes et tabulae rabbinicae (beide Schriften wieder abgedruckt in Reland, analecta Rabbinica, Utrecht 1702, 8. 15—208) u. a. m.,, aber man kann nicht sagen, dals man hier eine Geschichte der rabbinischen Lexikographie finde, es sind eben nur höchst schätzbare Notizen zu einer solchen bibliographischer Art. Gesenius in seiner Geschichte der hebräischen Sprache und Schrift 1815 ver- folgt 8. 99-102 eben auch ausschließlich die Entwicke-

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 2. 1862. 12

178 Siegfried sur Geschichte

lung des biblischen Hebräisch und erwähnt und beurtheilt die Rabbinen nur insoweit sie etwas dazu beigetragen haben dieses zu erläutern. Genauer geht er auf die rabbinischen Lexikographen ein in der noch immer wichtigen Vorrede zu seinem hebräischen und chaldäischen Handwörterbuch über das A. T. 4. A. 1834. S. XI—XIV, wo in den An- merkungen Auszüge aus Abulwalid gegeben sind !), aber auch hier handelt es sich immer nur darum, ob oder inwie fern durch jene die Erkenntnifs des biblischen Hebräisch gefördert sei. Seitdem haben wir schätzbare Arbeiten über einzelne Lexikographen wie in Ewald und Dukes Beiträgen zur Geschichte der ältesten Auslegung und Spracherklärung 1844, in Dukes über Baadja (Ztschr. für Kunde des Morgenlandes Bd. 5. 8. 115 ff.), welche aber auch wieder als Hauptgesichtspunkt der Untersuchung e verfolgen, klarzustellen, was diese rabbinischen Schrift- ateller, soweit sie überhaupt Lexikographen sind, für Auf- hellung des biblischen Hebräisch gethan haben. Die Mit- theilungen von Leopold Dukes im Literaturblatt des Orient von Fürst betreffen theilweise die Handschriften lexiko- graphischer Arbeiten, wie 1849 Nr. 29. 44— 47, 1861 8. 357 ff, theilweise sind sie Kritik von Editionen derselben, wie 1849 Nr. 2—4. Sehr werthvolle Beiträge für die Beurthei- lung einzelner Lexikographen gab Neubauer in seiner notice sur la lexicographie hébraique etc. im Journal asia- tique 1861 XVIII, 441-476. 1862 XIX, 47 ff, 127 ff, 369 ff. 1863 XX, 101 ff., 253 ff, 256 (Josef ben Kaspi, Saadja ibn Dunan u. a.). Einen Begriff von der Ent- wickelung der rabbinischen Lexikographie aber verschaffte zuerst Abrah. Geiger in ZDMG. 1858 Bd. 12 8. 142—149. 858—372. Wir sehen daraus, dafs der erste Versuch, den Wortschatz des Neuhebräischen wenigstens nach seinen

') Neuerdings edirt von Derenbourg, Paris 1880 (arabischer Text mit französischer Uebersetzung).

de: msuhebrüischen Lexikographie. 179

wichtigsten Bestsndtheilen zusammenzufassen von Zemach b. Paltoi Gaon des 9. Jahrhunderts su Pumbedita ge- macht worden ist und dafs der zweite Versuch des rühm- lichst bekannten R. Nathan ben Jechiel (12. Jh.) im Aruch desselben ohne Zusammenhang mit diesem Vorgänger erfolgte. Dies Werk, in Betreff dessen Werthschitsung wir statt aller andern nur auf Lagarde, Semitica I, 34 verweisen, enthält eine Auswahl schwieriger Worte der neuhebräischen Sprache. Es ist also mehr ein Glossar als ein Lexikon. Die Worterklärung ist nur in seltenen Fällen eine etymologische, wie bei MW, WITMIN, MON aus dem Persischen (im letzten Falle durch Fleischer bestätigt bei Levy, neuhebr. u. chald. Wörterb. I, 16), oder bei ie, OWIOK, Diorias aus dem Griechischen, oder bei Tp aK aus dem Lateinischen u. dgl. Im Allgemeinen geht Nathan’s Forschung auf den Sprachgebrauch, er fragt wie ein Wort im Talmud angewendet sei und was die tal- mudischen Autoritäten darüber sagen. Daher finden sich bisweilen die differentesten Erklärungen nebeneinander gestellt ohne jeden Versuch der Ausgleichung.. So z. B. bei npmet es bedeute „Würmer im Körper“ oder „ein Kleider nagendes Thier = wy die Motte‘, oder es sei „Fäulnifse in den Knochen der Maulthiere, weil diese sich dann auflösten wie die Maulthiere deg Hauses Rab* oder bei Wax es bedeute „Badehäuser grofser Städte“ oder „Ein- wickelungen, die man in Badehäusern mache“ oder „einen Nachttopf® u. dgl. Ueber die Ergänzer und Editoren des Aruch s. Geiger a. a. O. 8. 145-147. 358. 362. 367—372, außerdem ZDMG. 1860 S. 318 ff., Berliner wissensch. Jahresbericht über die morgen]. Studien, Leipzig 1881 H. 1 8. 88. H. Strack 1882. 8. 1221).

1) Auf christlicher Seite hat sich an den Aruch vorzugsweise an- gelehut Sebastian Münster m seinem 4) y s. lexicon chaldaicum etc. Basel 1527, bei welchem man nur nicht begreift, warum er es nicht

12*

180 Biegfried, sur Geschichte

Einen wirklichen Fortschritt bezeichnet Elias Levits, indem er zuerst die Behandlung der aramäischen und der . hebräischen Sprachelemente im Talmud sondert. In seinem Methurgeman 1541 stellt er die Sprache der Thargume dar und in seinem wenn "DD Isny 1541 giebt er zu 712 schwierigeren hebräischen und neuhebräischen Worten Er- klärungen. Ueber die Ausgaben dieser Werke s. Fürst, Literaturbl. z. Orient 1849 8. 86-89, wozu nachzutragen, dafs es von Tisbi noch eine Ausgabe Basel 1557 giebt (vgl. auch Fürst, biblioth. Jadaica II, 241). Die Aus- gabe von 1541 enthält auch eine lateinische Uebersetsung von Paul Fagius, die indessen einige auffallende Lücken hat. So fehlt eine Zeile beim Art. "we, zwei Zeilen fehlen bei owner, bei Sip na fehlen in der Ausgabe von 1541 sowohl im hebräischen Text als in der Uebersetsung vier Zeilen, welche in der Ausgabe Basel 1601 bei Conrad Waldkirch stehen und in der Ausgabe 1541 ist der ganze Artikel M3 untibersetst geblieben. Was die Wort- erklärung betrifft, so wird in manchen Fällen wie z.B. bei food eine solche auch nicht einmal versucht, in andern aber gegeben : so bei DWYNEDN ONT, bisweilen werden hierbei wie bei mb} sehr verschiedene Dinge zusam- mengeworfen oder seltsame rabbinische Grillen mitge-

lexicon rabbinicum benannte. Seinen Gewährsmann kennt er nicht mit Namen, er nennt ihn stets Baal-Aruch und serbricht sich den Kopf wer das sein möchte. Bisweilen reproducirt er die Erklärungen desselben wörtlich s. B. p. 3 s. v. Apion P. 106 s. v. p10". Tal- mudisches und Targumisches laufen immer durcheinander, so dafs oft soltsame Zusammenstellungen herauskommen, s. B. bei nam p. 5 die Bedeutungen : „Blei, Glied, Flügel, Werkzeug, Feder, wahrhaftig, eine Ysopsart, dio Baumwurzeln bedüngen, ein fester Thurm, die Uhr- gewichte“. Beltsame Wortformen erscheinen bisweilen : s. B. p. 13

FINO st AVM adderzia. Gans räthselhaft ist p. 181

EWDIIBHN = sterilis. Merkwürdig ist, dafs or p. 114 von yn nicht nur Ny und wn sondern auch nen (hyeudsy) herleitet.

der neuhebräischen Lexikographio. 181

heilt wie s. v. 1 das Wort oyı als aus 11 und zusam- mengesetst erklärt wird, „aus zwei Mündern = Verleum- dung“. Wührend auf der einen Seite Worte sehr ver- schiedenen Ursprungs susammengeworfen werden wie 8. v. "wee „Fest“ (chald.) und „Verderben“ (bibl. hebr.) und auch sonst bisweilen biblisches Hebräisch und Neuhebräisch nicht geschieden werden, zeigt Elia doch andererseits oft feine Einsicht in die Bildungsgesetze der Sprache : so bei pam ma mds 5959 mann man 7525 com u. a. vgl. über Plu- ralbildungen s. v. DOYWDON, über Assimilation des A im Hithpael s. v. wow; auch stellt er Beobachtungen an über die Art wie die Sprache im Neuhebräischen fortgebildet wird, so z.B. s. v. 55n (I), wo er zeigt wie aus dem Sub- stantiv sr die Rabbinen wieder ein neues Verb Snnn gebildet haben. Manchmal.bespricht er auch die Ortho- graphie und Vocalisation der Worte wie bei Sin oyw we yore onde besonders bei 0573, verwundert sich bei DOT über die Dagessirung, bei X30 spricht er von einer doppelten Aussprache des Resch; bisweilen geht er auch auf die Betonung ein : wie auf den Unterschied zwischen mon und Toon s. v. 5on (II). Die Wortbedeutungen werden von ihm immer zuerst nach dem rabbinischen Sprachgebrauch gegeben, dann stellt er daneben die ent- sprechende deutsche und italienische Ausdrucksweise seiner Zeit. Indessen werden die rabbinischen Ueberlieferungen auch manchmal von ihm bestritten : so bei 9), wo er leugnet, dafs hier die Gematria anzuwenden sei. Auf den Aruch nimmt er wiederholt ausdrücklichen Bezug, bisweilen dessen Erklärungen verbessernd wie bei NJ"J7), was dort als Kraut übersetzt wird, das von Kameelen gefressen wird, von Elias aber mit „Kirschen“ interpretirt. Aehn- liches geschieht bei xD}, PN, ppl, POON u. a. Einige Male giebt er auch ausführliche Mittheilungen aus dem Midrasch und aus der talmudischen Sage : so bei 5135) und Tw p. Was die deutschen Glossen betrifft, so sind die-

182 Siegfried, sur Geschichte

selben für uns jetst allerdings oft schwerer verständlich als das Hebrüische. So s. B. s. v. „ermaien® as. v. ww „versehenlich“ s. v. MY ,bruntzen*. Neben ihm wäre vielleicht noch R. Abba’zu nennen mit seinem Glossar zu den schwierigsten talmudischen Ausdrücken’).

Es ist bekannt, dafs Buxtorf’s lexicon chaldaicum talmud. et rabbin. 1639 fast ganz auf jenen beiden Vor- gängern (Nathan und Elia) beruht, doch so, dafs es vor- zugsweise ein lexicon chaldaicum genannt werden mufs, dena der Sprachgebrauch der Thargume ist am ausführ- lichsten darin behandelt. Das Talmudische bildet in den meisten Fällen nur einen kursen Anhang zu den einzelnen Artikeln. Anzuerkennen ist aber der Versuch einer durch- gehenden Vocalisation der betreffenden Worte. Der Haupt- übelstand blieb hier nur, dafs Chaldäisch und Neuhebräisch durcheinander geworfen wurden, als wenn beides dieselbe Sprache wäre. Einen erfreulichen Fortschritt auf dem Gebiete der Lexikographie bezeichnet R. David Cohen de Lara + 1674. Ueber seine beiden Hauptwerke “m m und WS Vy s. Fürst, biblioth. jud. H, 222. J. Perles in Frankel’s Mtsschr. 1868 8. 3 und 5 f, wonach Wolf, biblioth. hebr. I 318 hist. lexic. hebr. p. 70 zu verbessern, wo das erstere Werk zwar richtig als bis 7 gearbeitet aber falsch als bis » gedruckt angegeben wird, während Kether Kehunna nur bis gedruckt worden ist. Ueber dieses Werk ist der treffliche Aufsatz von J. Perles a. a. O. S. 3—20 zu vergleichen, in welchem ein Einblick in die reiche von de Lara benutzte Literatur und eine Anzahl von Proben seiner Worterklärungen gegeben wird. Man sieht daraus, in wie vielen Fällen de Lara schon ganz richtig das hat, was Spätere als neue Vermuthungen bringen, ja in wie mancben Fällen er sogar schon bessere

') Gedruckt Cracau 1543 1ym rn twp nvdon Sy TR DOM IWYD) s. Bartolocci biblioth. magna rabb. P.I p. 1.

184 Siegfried, sur Geschichte

binische auf knappen Raum beschränkt; talmudische Stellen sind nicht angegeben, sondern nur ganz kurs bemerkt, in welcher Bedeutung sich das betreffende Wort im Talmud finde. Ebenso sind aus Rabbinen nur sehr selten einmal Stellen angeführt, wie in edit. 1653 p. 1798 s. v. soy eine Stelle aus Ibn-Esra zu Deut. 11; sonst finden sich nur Hinweise wie p. 11 ,3% Rabbinis ornamentum est etc.*. Unter dem Heer der übrigen Compilatoren und Registra toren verdient eine Auszeichnung Philippus Aquinas, | welche letztere er seinem früheren Judenthum dankt (vgl. Fürst l. oc. I, 47). Sein mawen qyy Paris 1629 latei- nisch dictionarium absolutissimum betitelt, ganz hebräisch geschrieben und in für jene Zeit splendidem Drucke her- gestellt, behandelt nach alphabetischer Ordnung hebräische, chaldäische und talmudisch - rabbinische Worte. Obwohl der Autor mit seiner Erklärung, dafs „er unzählbare Worte bringe, welche von keinem jüdischen oder christlichen Lexikographen bisher angemerkt sind“, den Mund etwas voll nimmt, daz. B. opyıaX fehlt, welches der Aruch bereits hatte, so mufs doch zugestanden werden, dals er ein ganz erstaunliches Material beherrscht. Nicht nur eine sorg- fültige Benutzung des Talmud ist ihm nachzurühmen, auch die midraschische Literatur hat er zu Rathe gezogen wie Matnot K’hunna (p. 20b), Jelamdenu (p.21b), ebenso die Kabbals wie p. 24a den Sohar, die rabbinischen Werke wie p. 21b den Moreh und die Arbeiten seiner lexikographischen Vor- gänger wie den Aruch, den Tiebi u. a. an vielen Stellen. Infolge dessen. sind manche seiner Notizen auch jetzt noch zu verwerthen. So wird z. B. zu MMO p. 20 (vgl Levy I,104) angeführt aus Sebach.9 „Haufen von Weizen u. dergleichen®, bei Hıt ibid. (vgl. L. I, 105f.) führt er an or >. Zu pon (cf. bei Levy I, 67) citirt er Kelim 16, aulserdem noch die Erklärung des Moreh : „Saft dey’ zu- rechtgemacht ist, die Würmer zu tödten, welche im Flachs gewachsen sind“. Bei DO (cf. Levy I, 112) führt er den

der neuhebräischen Lezikographie. 185

Sprachgebrauch aus Gittin 7 an : HWY MON (es über- wältigte ihn das Getränk, er trank zuviel). Und der- _artige Beispiele liefsen sich noch zahlreiche beibringen, bei denen seine Citate zur Vervollständigung der gegenwär- tigen Lexikographie dienen könnten.

Ueber die Arbeiten neuerer Zeit bis 1868 berichtet A. Geiger in dem vorhin erwähnten Aufsatze von S. 357-372. Er bespricht dort die Wörterbücher von D. Loewy, Leopold Dukes, den Erech Millin von Rapoport, die Beiträge zur Sprach- und Alter- thumsforschung von M. Sachs und das Wörterbuch von H. Sperling. Wir erwähnen deshalb hier nur noch eine etwas ältere, bei Fürst, biblioth. jud. I 364 blofs kurz namhaft gemachte Arbeit von A. Th. Hartmann‘), Der erste Theil dieser Arbeit, welcher grammatische Be- obachtungen enthält, gehört nicht hierher; uns interessiren nur die observationes lexicographicae von S. 36—116 und zwar besonders um deswillen, weil hier unseres Wissens zum ersten Male die Beobachtung auftaucht, dals man in der Lexikographie zu scheiden habe zwischen solchen Worten, die blofs aus fremden Sprachen herübergenommen sind, solchen, die echthebräischen Ursprungs sind aber im A. T. fehlen, solchen, die eine neue Bildungsweise zeigen, und solchen, die zwar im A. T. vorkommen, aber in der Mischnah neue Bedeutung erhalten haben (p. 36). In der Ausführung werden nun allerdings diese vier Classen von ihm nicht auseinander gehalten. Er stellt drei indices zu-

1) Der Titel ist hier sehr gedankenlos abgeschrieben. Während es auf den Titelblättern dieser Schrift heifst : inest theeauri linguae hebraicas e Mischna augendi particula prima 1825, . . . secunda,.... tertia 1826, macht Fürst daraus einen thesaurus linguae hebr. e Mischnah augendi : ohne sich daran zu stolsen, dafs, abgeschen von aller Grammatik, eine drei Universitätsprogramme umfassende Abhand- lung von im Ganzen 116 Seiten den Namen eines thesaurus em- pfangen haben sollte.

16 Siegfriod, sur Geschichte

sammen : einen der aus dem Griechischen und Lateinischen herübergenommenen Worte, deren er 245 (nicht 273 wie Fürst behauptet) aufzählt, womit denn freilich der Be- griff des Fremdsprachlichen zu eng begrenzt ist, sodann einen zweiten index vocum. quae in V. T. desiderantur von über 1700 Worten, während in dem dritten index die voces hebraicae mit einander verbunden werden, quae in Vet. Test. et forma et significatione diversae leguntur, circa 770 Worte (s. 8. 115). Freilich sind manche dieser Zu- sammenstellungen etwas zu eilfertig und mit zu wenig Kritik gemacht. Namentlich in den index Nr.2 ist manches als hebräisches Sprachgut eingetragen, was aus den ver- wandten semitischen Dialekten in die Sprache der Mischnah überging, bisweilen sogar griechische und lateinische Worte, die der Verfasser nicht als solche erkannte, wie z. B. S. 49 sogar ‘pox Italicus als eine vox quae in V. T. desideratur aufgeführt wird.

Doch auf diese Fehler der Ausführung kommt bier wenig an. Die Hauptsache ist, dafs er seine Zeit auf eine methodische Behandlung dieser lexikalischen Fragen hin- wies und dafs er insonderheit, statt wie bisher fast überall geschehen biblisches Hebräisch, Neuhebräisch und die ara- mäischen Dialekte der Targume und der Talmude durch- einander zu werfen, seine Untersuchung auf die Mischnah beschränkte, richtig erkennend, dafs wir eben hier im W esent- lichen hebräisches Sprachgut haben.

Die Sachkenntnisse, welche ihm für eine befriedigende Lösung seiner Aufgabe abgingen, brachte Abraham Geiger hinzu, welcher in seinem Lehrbuche zur Sprache der Mischnah 1845 ein neuhebräisches Glossar gab, welches ausschliefslich aus der Mischnah und den Boraitha’s gesam- melt war. Freilich war damit erst ein geringer Anfang gemacht, denn das Glossar bezoy sich nur auf die ausge- wählten Lesestücke und es umfalst circa 400 Artikel, so dafs es auch in dieser Beziehung dem Leser nicht allzu

der neuhebräischen Lexikographie. 187

bescheiden vorkommt, wenn Geiger ZDMG. XII, 359 das Erscheinen dieses Büchleins mit der Gründung der deutschen morgenl. Gesellschaft und mit der ersten Orien- talistenversammlung in Parallele setzt. Immerhin war aber das Gegebene werthvoll und unterschied sich namentlich sehr vortheilhaft von den etymologischen Rasereien mancher Zeitgenossen, wie der Dukes, Rapoport, Sachs, die in jüdischer Bildung wohlbewandert doch keine blasse Ahnung von einer Sprachwissenschaft hatten. Geiger hatte Dialektkenntnifs und methodische sprachliche Bil- dung : das bewahrte ihn vor Unmiglichkeiten wie die leider auch in Levy I, 14 übergegangene Verknüpfung von mMpor mit gaxedog fasciculus, welche Sachs, Beiträge L, 62 vorbringt, oder der von ° 3 mit zoAıs, welche Dukes s. v. ‘3, oder der von x mit cadaver, welche Rapoport Erech Millin 8. 16 leisteten. Hätte er das ZDMG. XII, 149 in Aussicht gestellte mischnaitische Wörterbuch wirk- lich geliefert, so würde sicher der neuhebräischen Lexiko- graphie eine solide Basis geschaffen sein.

Die neuesten Arbeiten auf diesen Gebieten sind be- kenntlich die von Jacob Levy in Breslau. Es ist nicht unsere Absicht diese Blätter mit recensirenden Bemer- kungen über das Detail dieser umfassenden und so werth- vollen Lexica zu belasten. Wir meinen nur es sei wohl an der Zeit gegenüber einer literarischen Erscheinung dieser Art sich einigermafsen darüber Klarheit zu ver- schaffen, an welcher Station wir denn bei der Lösung der grofsen wissenschaftlichen Aufgabe angekommen seien. Obwohl es uns widerstrebt, bei einem Werke, das so vielen und so grofsen Nutzen schafft und dessen Verfasser dabei so gediegen und so anspruchslos in seinem Streben ist, auch die Mängel hervorzuheben, so glauben wir doch um der Sache willen auch dieses thun zu müssen.

Ein Umstand, den Levy vor allen seinen Vorgängern voraus hat, ist, dafs er das targumische und talmudische

188 Siegfried, sur Geschichte

Chaldäisch und das Neuhebräische in unser geliebtes | Deutsch übertragen hat. Wie viele von denen, welche gleichwohl von den Worterklärungen des Aruch wohl be fihigt sind Gebrauch zu machen, sind denn in der Lage den Aruch zu lesen und welchen Nutzen hat es denn heutzutage, wenn diese von Buxtorf, soweit er sie selber verstand, verständlich gemachten Dinge in ein ungenieds- bares Latein umgesetzt sind? Durch Levy ist der deut schen Wissenschaft zum ersten Mal ein Schiüssel in die Hand gedrückt, der dieselbe in den Stand setzt in den Pardes einzudringen. Weiter aber hat Levy dem lexi- kalischen Wirrwarr dadurch wesentlich gesteuert, dafs er das targumische Chaldäisch besonders behandelt hast (chaldäisches Wörterbuch über die Targumim. Leipzig 1867. 1868). In dem neuhebräischen und chaldäischen Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim (bis jetst bis “xy erschienen) sind ja nun allerdings zwei differente Dialekte (das Neuhebräische und das talmudisch Chal- däische) nebeneinander behandelt, aber ihrer Verwirrung ist durch die nähere Bezeichnung der Worte als neuhebräisch oder als chaldäisch vorgebeugt worden. Leider ist diese Bezeichnung nicht durchgehend gegeben worden, denn wenn auch der Fachmann die Scheidung des Neuhebräischen und Chaldäischen, wie der Verf. in dem Prospecte seines letzten Werkes voraussetzt, leicht vollbringen wird, so ist es doch gut, wenn in einem Wörterbuche, welches zweierlei Dialekte behandelt, durchweg die Scheidung derselben übersichtlich ist. Ein besonderer Vorzug des Werkes liegt aber noch darin, dafs der Verf. den bisher fast ganz un- berücksichtigten Talmud Jeruschalmi mit in den Bereich seiner Darstellung gezogen hat. Wie seine Vorgänger so hat sich der Verf. nicht auf das rein sprachliche Gebiet beschränkt. Es ist das bei einem talmudischen Wörter- buch auch wohl kaum möglich. In unzähligen Fällen hängt die Wortdeutung von dem Sachverständnils ab, es

der neuhebräischen Lexikographie. 189

m galt also vielfach falsch erklärte Talmudstellen richtig zu m deuten; neben die Wortdeutung tritt daher wie schon beim

L

> E F

Aruch vielfach die sachliche Erläuterung, so dafs wir in dem Werke zugleich eine Art lexikalischer Realencyclopädie der Talmude haben ').

Aufserdem aber erwartet man in einem solchen Werke eine etymologische Erklärung der betreffenden Worte. Dies ist eine Aufgabe von besonderer Schwierigkeit. Was das Neuhebräische betrifft, so haben wir in einem Theile seines Sprachgutes nichts weiter als eine Weiterentwicke- lung der Wortbedeutungen des biblischen Hebräisch. Nach dieser Seite hin kann also der rabbinische Lexikograph auf seine Vorgänger in der alttestamentlichen Lexikographie zurückweisen, beziehungsweise an ihre Arbeit anknüpfen. In andern Fällen aber haben wir völlig neues Sprachgut, welches sich in seiner ganzen Erscheinung zwar als durch- aus hebräischen Ursprungs erweist, aber im A. T. sich nicht findet, oder auch wir haben aus biblischen Stämmen hervorgehende Neubildungen. In jenem Falle hat die ver- gleichende semitische Sprachwissenschaft, in diesem die Specialkenntnifs der neuhebräischen Grammatik auszuhelfen. Die erstere Disciplin ist eben so bei dem chaldäischen Wortschatz zu verwenden; hier kommen aber noch zahl- reiche aus anderen fremden Sprachen, die nicht dem sogen. semitischen Zweige angehören, rein äufserlich aufgenom- mene Worte hinzu, die oft mehr ein Rathen als ein Deuten nöthig machen. Wenn eine so complicirte Aufgabe nicht von einem Menschen gelöst wird, so ist das gewils nicht zu verwundern und zahlreiche Irrthümer in den Deutungs- versuchen würden auch gar keinen Schaden anrichten.

*) In dieser Hinsicht beachtenswerthe Nachträge lieferte M. Lattes, saggio di giunto e correzioni al Lessico Talmudico. Torino 1879. Vgl. auch Berliner, sur Lexikographie des Talmud (Magasin f. d. Wissensch. des Judenth. 1880. I p. 49—58).

190 Siegfried, sur Geschichte

Bei Levy indessen, wie wir nur ungern aber von unseren }5 Gewissen gedrängt hervorheben, zeigt sich der grofe|* Uebelstand, dafs ihm die Etymologie oft ein willkürliches | tastendes Combiniren wird, in welchem oft zwei oder mehrere einander diametral entgegenstehende, einander völlig aus- schliefsende Deutungen neheneinander gestellt werden. Er hält es z. B. für möglich, dafs ein und dasselbe Wort könnte aus dem Griechischen oder auch aus dem Arabischen bergekommen sein, er bringt durchaus semitische Worte mit Wortstämmen aus arischen Sprachen in Verbindung, lälst neuhebräische Worte wie eine yivea:pga halb aus grie- chisch halb aus hebräisch zusammenwachsen u. dgl. m. Fleischer’s einzelne Verbesserungen können so werth- ‘voll sie sind den Mangel der Methode in dem Ganzen nicht ersetzen. -So mufs gesagt werden, dals nach dieser Seite hin die lexikalische Hauptarbeit noch gethan werden | mufs. Was dazu gehört sie anzugreifen und wenigstens theilweise zu erledigen, welcher Schatz von sprachlichem Wissen und welche methodische Schulung : das kann man sehen an Lagarde’s gesammelten Abhandlungen, 1866, und insbeaondere an seinen Semitica I 1878, 8. 33-68, aus welchen die werthvollsten Verbesserungen für die bereits erschienenen Bände des Levy’schen Wörterbuchs ent- nommen werden können. Wir machen s. B. darauf auf- merksam, wie wenig bei 28 die von Levy I, 16 ange- gebene Ableitung von aßapıs und wie trefflich die La- garde’s von ‚b,! „das zur Last Hinzukommende, die Ge- wichtszulage“ auf die von Levy angeführten Stellen palst. Für das schwierige ww (Levy I, 367) hole man bei La- garde 8.41 f. unter ww Aufklärung. Bei mide führt Levy I, 73 an Lagarde, ges. Abhdl. 8. 18 und 19, lälfst aber trotzdem die hier gerügte Vocalisation unver- bessert, s. Semitica I, 43. Zu Levy I, 104 "ww s. die Verbesserung bei Lagarde lc. p. 45 yx nach pers. andak. Bei xyioox Levy I, 130 wäre viel wichtiger als

der neuhobriischen Lexikographie. 191

Gesen. thesaur. Lagarde l. c. p. 48. Bei Levy I, 129 wäre 16D% Kopfbedeckung der Priester aus Lagarde l. c. p.49 einzufügen. Bei one (Levy I, 172) sehen wir aus Lagarde l. c. p. 50, dals dies Wort von Hause aus „der Pächter“ bedeutet. Und so wäre noch vieles anzu- führen, was man bei Lagarde nachlesen wolle sowohl in den eben erwähnten Schriften als in Symmicta Il 1880 p 110 u. a."), Orientalia Il 1880 p. 1—42 und sonst hie und da zerstreut. Jedenfalls wird, wer einmal bei diesem Gelehrten in die Schule gegangen ist, Muth und Lust ver- lieren, Etymologien leichthin aus dem Aermel zu schütteln.

Im Ganzen wird demnach die Aufgabe der speciell neuhebräischen Lexikographie der Zukunft sein : einmal eine sichere, nach streng wissenschaftlicher Methode ange- legte Grundlage der Wortdeutung zu gewinnen und sodann an Geiger’s Anfänge anknüpfend eine durchgängige Son- derung ihres Materials von dem der aramäischen Dialecte sowohl der Targumim als der beiden Talmude anzustreben. Mag es für den praktischen Gebrauch zweckınälsig gewesen sein beides zu verbinden in einem „neuhebräischen und chaldäischen Wörterbuche“, die wissenschaftliche Erkenntnifs wird mehr Gewinn haben, wenn in je drei Wörterbüchern das Neuhebräische der Mischnah und der Midraschim, so- dann das sogen. Chaldäisch der Targume und endlich das der Talmude und wiederum der Midraschim ?) behandelt sein wird. Die Wortforschung hat hier auf allen Ge- bieten noch eine verwickelte Detailarbeit vor sich. Für

1) Was wir sonst su uuserm schmerzlichen Bedauern hier ge- funden haben, darf nach unserer Meinung Niemanden hindern von diesem Manne zu lernen, der unserer Zeit zum Lehrer in der Lexiko- graphie der semitischen Sprachen gesetzt ist.

*) Ihre Sprache hat keinen einheitlichen Character. Wir finden

rein hebräisch geschriebene Stücke in denselben, noch mehr aber berrscht das talmudische Aramäisch vor.

192 Sicgfried, s. Geschichte d, neuhebräischen Lexikograpkis.

die Behandlung des rein semitischen Sprachgutes dienen Männer wie Fleischer, Lagarde, Noeldeke ak Führer; bei den grofsen Massen der blofs herübergenon- menen Worte handelt es sich nicht eigentlich um Etymologie, sondern nur um Identification, aber auch hier müssen die Gesetze der Lautveränderung studirt werden, was in den früheren Versuchen auf diesem Gebiete zu wenig geschehen ist, daher die Worterklärungen hier oft nur ein blindes wildes Herumrathen waren. Wire z. B. Rapoport überall so methodisch verfahren wie bei Dx in Erech millin p. 259, so würde er Brauchbareres zu Tage gefördert haben. Levy hat auch hier manchen guten Treffer, aber im Ganzen verfährt er noch zu wenig nach festen Principien, immerhin jedoch verdient er auch hier mehr Dank als ihm bisweilen gezollt ist. Neuerdings sind in dem Lexidion, welches Güdemann der Friedmann’schen Pesikta rabbati beigegeben hat (Wien 1880), manche schätzbare Beiträge hiezu geliefert worden.

Für das talmudische und midraschische Material aber wird jeder zukünftige Lexikograph sich Levy zu Dank verpflichtet fühlen. Wenn man die spärlichen Ansätze, die Buxtorf auf diesem Gebiete bot, vergleicht mit den Massen, die Levy herbeigeschafft hat : wird man den Unterschied merken zwischen einem Hülfsmittel, welches uns einige rabbinische Phrasen erklärt und einem solchen, das uns befähigt, die halachische Discussion zu verstehen.

193

Die Capitel 27 und 28 des Buches Hiob. Von Carl Budde.

Wenn ich fünf Jahre nach dem Erscheinen meiner Schrift „Beiträge zur Kritik des Buches Hiob* auf einen wichtigen Punkt der grofsen Frage nach der Auffassung dieses Buches zurückkomme, so wird man darin nicht tibergrofse Neigung zu Antikritiken erkennen; aber allerdings haben die direct oder indirect auf meine Arbeit bezugnehmenden Aufsätze, Artikel u. s. w. für unsere Frage eine derartige Wichtigkeit erlangt, dafs eine kritische Zusammenfassung der Resultate geboten erscheint. Ich würde dieselbe nicht unternommen haben, wenn ich nicht glaubte, Neues und Förderliches bieten zu können, wie ich denn auch mich gedrungen fühle zu bekennen und zu beweisen, dafs ich inzwischen von meinen Gegnern gelernt habe.

Dafs ich mich auf die Capitel 27 und 28 beschränke, wird sich in jeder Beziehung als richtig erweisen. Sie sind in meinen Beiträgen am kürzesten behandelt, der Be- weis für die Richtigkeit meiner Auffassung ist dort kaum mit einigen Strichen angedeutet, und so hat sich denn auch gegen diesen Punkt vor allen andern der Widerspruch meiner Gegner gerichtet. Eine ganze Monographie hat sich eigens mit diesen Capiteln beschäftigt, und kann ich auch die in dem Titel derselben niedergelegte Ansicht, dafs sie den Wendepunkt des Buches Hiob bildeten, mir nicht aneignen, so wird man doch zugestehen müssen, dafs sie augenblicklich der Hauptangelpunkt für die Gewinnung der Idee des schwierigen Buches geworden sind. Und

endlich : so verlockend mir auch Smend’s Zugeständnils Zeitsehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1582. 13

194 Budde, die Capitel 27 und 28

erscheinen mufste '), dafs mit meiner Auffassung des Schlusses der Reden Hiob’s die Echtheit der Elihureden entschieden | sei, so wird doch gerade dieser Abschnitt eine abgeson- derte Behandlung zulassen, bei welcher die grofse Streit- frage der Reden Elihu’s ganz aufser Betracht bleibt.

Auf andere Abschnitte des Buches Hiob werde ich nur soweit Rücksicht nehmen, als es für das Verstindnils dieser Capitel nothwendig erscheint; alle die vielfachen - Verwahrungen, Widerlegungen, Gegenbeweise, welche mir die Beurtheilungen meiner Schrift an die Hand geben, werde ich ausnahmslos unterdrücken, soweit sie sich nicht unmittelbar auf den Gegenstand dieser Abhandlung be- siehen. So gedenke ich meinen Ausführungen die Bedeu- tung eines ganz selbständigen Beitrages zur Erklärung des Buches Hiob zu sichern, der selbst keines Commentars be- darf, und hoffe, dafs ihr Ergebnifs das Verständnifs der gesammten Reden Hiob’s nicht unwesentlich zu fördern geeignet sei.

Von den Aeufserungen über meine Schrift und der seitherigen Hiob-Literatur darf ich alles aufser Betracht lassen, was die Capp. 27 und 28 nicht zum Gegenstand der Controverse macht; ich nenne von Beurtheilungen meiner Schrift die von Stickel (Jenaer Litt.-Z. 1877. Nr. 10), der sich meine Auffassung unbedingt aneignet, Kautzsch (Schürer’sche Lit.-Zt. 1877. Nr. 2), der wesentlich aus dem Prolog gegen mich argumentirt, Reusch (Theol. Literaturblatt 1876. Nr. 26), Kolbe (Beweis des Glaubens. 1877. S. 91 f.), Ferguson (American church review, July 1877, p. 420 —434), die in der ev.-luth. Kirchen- zeitung (1877, Col. 653 f.), sowie kürzere Erwähnungen: aufserdem G. Baur’s Artikel ,Hiob* in Riehm’s Hand- wörterbuch.

Dagegen werde ich zu berücksichtigen haben die Kritik

) Stud. u. Krit. 1877. 8. 155

196 Budde, die Capitel 27 und 28

Dillmann, da ich ja auf diese ausdrücklich verwiesen worden bin.

Um den Aufbau der letzten Reden Hiobs recht su verstehen, wird man gut thun, an die letste Rede, auf welche er antwortet, anzuknüpfen, da sie ihm doch die Veranlassung giebt, von neuem das Wort zu ergreifen. Die Rede Bildad’s nun in c. 25 bringt trots ihrer grolsen Kürze und Unselbständigkeit doch zwei Argumente zu ganz klarem Ausdruck : zuerst die Grofse und Herrlichkeit Gottes in v. 2 und 3, sodann die allgemeine Unreinheit aller Wesen vor ihm, geschweige denn des Menschen, v. 4-6. Diese letzten Verse enthalten sonnenklar den stehenden Leitartikel der Freundesreden, die Aufforderung an Hiob, vertrauensvoll seine Schuld zu bekennen, hier wie schon in der ersten Rede des ersten Redners (4, 17 ff.) mit dem ermuthigenden Hinweis darauf, dafs wir ja alle Sünder seien; nur dals hier, nach den schneidenden Ent- gegnungen Hiob’s, die Aufforderung selbst nicht mehr über die Lippen will. Auf das erste Motiv antwortet Hiob in c. 26, indem er nach einer Einführung voll beifsender Ironie (v. 2—4) des Bildad Schilderung weit überbietet; den Schlufs bildet das Bekenntnifs, dafs wir trots all des Gewaltigen kaum ein leises Echo von Gottes Gewalt und Herrlichkeit vernommen haben. Die Antwort auf das zweite und wichtigere Motiv der Rede Bildad’s, die Aufforderung, seine Schuld zu bekennen, bringt c. 26 nicht, da aber c. 27 eben mit der Abweisung einer solchen Zumuthung beginnt, so mufs diese Rede unmittelbar an das Vorher- gehende angeschlossen und als Antwort auf c. 25, v. 4-6 (und damit alle identischen Zumuthungen der Freunde) an- gesehen werden, trotz der neuen Ueberschrift in v. 1, die mit ihrem non zwar nicht geradezu störend, aber doch überflüssig ist. Keineswegs also hebt mit 27, 2 ein be wulst abschliefsender Monolog Hiob’s an : die schuldig

des Buches Hiob. 197

gebliebene Rede Zophar’s ist nicht, wie man pflegt, nach c. 26 su erwarten, sondern erst nach Ablauf dieses Ge- dankenganges, nach c. 28, 28. Diese Einreihung in die Discussion mit den Freanden ist besonders ftir ¢. 27 von Wichtigkeit.

Hiob beginnt nun in c. 27 mit einer Betheuerung, die ihren vorläufigen, ersten Abschlufs in v. 4 findet. Denn, so sehr man über Sinn und Beziehung von v. 3 streiten mag, soviel ist doch klar, dafs erst mit v. 4 die feierliche Aussage eintritt, der die zwei ersten Verse zur Bekräf- tigung und Einführung dienen'). Der vierte Vers aber wird mifsverstanden, wenn man ihn auf die Vergangenheit bezieht, als Betheuerung der Wahrheit seiner bisherigen Reden, wogegen schon das Tempus (so Ewald und, wie es scheint, Wellhausen); er wird auch mifsverstanden, wenn man Hiob präsentisch sagen läfst : „es reden meine Lippen u. s. w.“ und das dann als Bekriftigung für seine Unschuldsbetheuerung falst (so Delitzsch und Kamp- hausen). Vielmehr redet der Vers energisch von der Zukunft, „es sollen“, die scheinbar allgemeine Aussage erhält aber ihre bestimmte inhaltliche Begrenzung in den folgenden Versen : „Fern sei es von mir euch recht zu geben, bis ich verscheide, lafs’ ich meine Unschuld nicht fahren“ (sou. A. Hengstenberg, Dillmann, Giese- brecht). Er betheuert also nur, dafs er sich zu der Lüge, eine Schuld zu bekennen, nie verstehen werde, und knüpft damit unmittelbar an die letzten Zumuthungen Bildad’s an. Dabei bleibt es in unmilsverständlichem Zusammenhang bis v. 6 incl.; vor allem ist hier von einem ferneren Fest-

1) Die Parallele 2 Sam. 1, 9 spricht für die Richtigkeit der von Hirsel, Ewald, Delitzsch, Dillmann u. s.w. vertretenen Ueber- setzung : „denn noch ist mein Odem gans in mir u.s. w.“. Darin ist dann selbstverständlich keine Begründung von v. 2, sondern eine pro- leptische von v. 4 su sehen. Die Prolepsis selbst dient mit ihrem Aufenthalt su noch nachdrücklicherer Betonung des folgenden Verses.

198 Budde, die Capitel 27 und 28

halten der Gerechtigkeit in That und Leben nicht die Rede, sondern nur von der Behauptung der bisher geübten durch das Wort.

Aber mit v. 7 stellen sich die Schwierigkeiten ein, mit ihm auch liefs schon Bernstein das unechte Stück beginnen, und dieselbe Ansicht vertritt neuerdings Well hausen'). Schon der Sinn des ‚kurzen Verses ist ein vielfach umstrittene. Giesebrecht hat der Entschei- dung des Streites eine mühsame Untersuchung gewidmet, die leider an Klarheit zu wünschen übrig läßt. In dem Resultat bin ich freilich mit ihm einverstanden. Die alte, besonders seit Ewald öfter wiederaufgenommene Erklärung (so Delitzsch, Dillmann, Hitzig) : „es erscheine mein Feind als schuldig und mein Widersacher als Böse wicht (Sünder, unwahr, ungerecht)” hat aufser der sprach- lichen Schwierigkeit der Auffassung von yw und ‘ay vor allem das gegen sich, dafs es sich im Vorhergehenden nicht darum handelt, ob in dem Streite Hiob oder die Freunde Recht haben und somit formell Recht bekommen müssen, sondern ob Hiob schwere Sünden begangen habe, und diese doch, ehe es zu einem Streite darüber mit den Freunden kam. Davon geht der Streit in c. 25 aus, und dahin spitzt er sich von 27, Ob an ganz entschieden zu. Auf ein Unrechtgethanhaben, nicht ein Unrechtkaden be- ziehen sich auch v. 8 ff. Die Auffassung Hirzel’s und Wellhausen’s, von letzterem in die Motive gekleidet : „gottlos zu sein kann ich nur meinem Feinde wünschen‘, trägt dem eben Bemerkten Rechnung, weniger aber dem

!) Auch Studer setzt, nachdem er in seinem kritischen Aufsatse das eingeschobene Stück einmal mit v. 6, dann wieder mit v. 8 be- ginnen lassen (vgl. meine „Beiträge“ 8. 1), jetzt v. 7 als den Anfang derselben. Uebrigens wird ihm jeder zugeben, dafs sich an v. 6 ec. 31, 1, wie er thut, vorzüglich anschliefsen lälst; nur würde dasselbe der Fall sein nach jeder Unschuldsbetheuerung Hiob’s, so gleich nach c. 23, 12. |

des Buches Hiob. 199

7, und so wird wohl die dem Sinne nach wenig davon ab- weichende’), dem Wortlaut am besten entsprechende Er- klärung Recht behalten : „Es ergehe wie dem Frevler meinem Feinde, und meinem Widersacher wie dem Uebel- thiter!* (So neuerdings Schlottmann, Kamphausen, Hengstenberg, Renan, Merx, Giesebrecht, auch meine ,Beitrige*, 8. 8)*). Ehe ich aber nun der Ver- knüpfung dieses Verses mit den vorhergehenden nachgehe, scheint es zweckmäfsig, den Sinn der folgenden Verse 8—10 festzustellen.

v. 8-10 enthalten in einer Reihe von rhetorischen Fragen die als keines Beweises bedürftig erachteten Be- hauptungen®), dafs der rar, der Ruchlose, in articulo mortis keine Hoffnung habe, dafs Gott sein Geschrei in der Noth nicht höre, dafs er an dem Allmächtigen nicht seine Wonne haben, Gott nicht allzeit anrufen könne. Das voraus- geschickte ‘> erweist diese Verse nach dem vorliegenden Wortlaut als Begründung von v.7 : deshalb wünscht Hiob nur seinem Feinde das Loos des Freviers, wei? dasselbe so ist, wie v. 8—10 es schildern. Zur Begründung der Auf- fassung von v. 7, wie Ewald u. s. w. sie bieten, kann freilich v. 8—10 nicht dienen; aber das synonyme Fyyı un- mittelbar nach dem Ay in v. 7 macht auch eine so ver- schiedene Wendung des gleichen Begriffs unmöglich. Ein Zurückgreifen des ‘> über v. 7 auf v. 6 wird von Well-

N) Dennoch sollte Schlottmann beide nicht als identisch setzen, indem er die dritte durch die zweite umschreibt (8. 878).

®) Die neue Uebersetzung von Studer: „Es gelte mir als Feind der Frevler, der Stinder als mein Widersacher!“ bedarf schwerlich der Widerlegung.

*) Die Natur der rhetorischen Frage verkennend meint Giese- brecht 8. 9 f., Hiob finde sich selbst hier gleichsam tastend und erst allmählich auf den rechten Weg zurück; er wolle sich selbst durch die Fragen zur Klarheit verhelfen; jede Frage führe ihn tiefer ein und sicherer auf den Standpunkt surück, der ihm gezieme.

200 Budde, die Capitel 27 und 28

hausen, Studer, Giesebrecht mit Recht abgelehnt Vor allen Dingen aber fragt sich, ob die Verse den Sim haben und haben können, den man zu Ehren Hiob’s ihnen so oft beigelegt hat : dafs Hiob von sich und für die Gegenwart alles das positiv aussage, was er dem rt ab- spricht !). Ich will diese Ansicht in der stärksten Fassung, die sie durch ihren letzten Vertreter, Smend, erhalten hat, hierhersetsen. „Von entscheidender Bedeutung ist das Bild, das Hiob v. 8—10 von seinem jetzigen Gemütks- zustand entwirft. Die Art, in der er dort von seiner un- serstörbaren Gottfreudigkeit spricht, ist unmöglich aus einer momentanen Erhebung des Glaubens, sondern nur aus einer Stimmung zu begreifen, die in ihm jetzt endgültig die Oberhand gewonnen hat und die ihn in der That bis zum Ende seiner Reden nicht verläßt.* (S. 155.) Smend will aus der Haltung dieser Stelle auf den weiteren Zu- sammenhang schliefsen; woraus aber erschliefst er diesen Sinn der Stelle selbst? Hiob sagt mit keinem Worte, dals er das könne, was er dem *)n abspricht, nicht einmal ein schlichtes 93 weist darauf hin. Aus dem Zusammen- hang also miifste dieser Sinn erschlossen werden, und das bliebe zu untersuchen. Wo Hiob zuletzt von Gotg geredet hat, 6 Verse vorher in v. 2 des Capitels, schwört er bei „dem Gott, der ihm sein Recht entzogen, dem Allmäch- tigen, der seine Seele betrübt hat. Wo bleibt da die Gottfreudigkeit, wo das Bewulstsein, dafs Gott sein Gebet erhért? Smend sagt weiter: „Wie er von da aus ohne einen ganz besonderen Zwischenfall zu dem bitteren Sar- kasmus, den Budde incap. 28, 28 findet, gelangen könnte, ist rein unerfindlich*. Vielmehr sollen jene beweisen, durch welchen Zwischenfall Hiob von v. 2 bis v. 8 von

!) Selbst Wellhausen giebt das mit einem „das scheint aller- dings v. 7—10 der Fall“ su und erklärt es dann für einen nur neben- sächlichen Zug. Vgl. auch Reufs La Bible zu v. 10.

des Buches Hiob. 201

jener im Schwur ausgesprochenen Behauptung aus, dafs gerade Gott ihn als Frevler erscheinen lasse, zu der Gottes- nähe und Gottesfreudigkeit gelangt sein soll, die sie in v.8—10, ohne jede Stütze im Wortlaut, ausgedrückt finden. Fehlt dieser Zwischenfall, wie thatsächlich der Fall ist, so bleibt es bei der Gottesferne von v. 2, und ein Umschlag der Stimmung ist für meine Auffassung von c. 28, 28 nicht nöthig. Dieselbe Seelenstellung Hiob!s zu Gott ist aber in ununterbrochener Kette rückwärts zu verfolgen. Man ver- gleiche zu der Hoffnung im Tode Stellen wie 21,25. 19, 10b. 17, 13—16. 14, 19, dazu 16, 22. 10, 21 f. 7, 9 f.; zu dem erhörlichen Anrufen 23, 3 ff. 19, 7. 9, 16 neben allen Stellen, die implicite dasselbe sagen; zu der Wonne an Gott 23, 15 f. 9, 27 f. 7, 14 ff, ferner 19, 6. 8—12; 17, 4. 6 ff.; 16, 7 ff; 13, 24 ff; cap. 9; 6, 4; zu 27, 2 speciell 19, 6; 9, 20. Solchen schlagenden Stellen steht allerdings eine Reihe von anderen gegenüber, die nach Smend’s Ausdruck (S. 162) im Sinne des Dichters „aufs stärkste seine Bewährung hervorheben“. Er nennt 14, 13 ff. 16, 18f. (so ohne Zweifel statt „8 f.*). 17, 9. 19,25 ff. Diese Auf- zählung bedarf einer Sichtung. Cap. 14, 13 ff. enthalten nur den frommen Wunsch, dals noch eine Hoffnung er- laubt sein michte, insofern es etwa in Gottes Macht und vielleicht seinem Willen stehe, Hiob auch nach dem sicher bevorstehenden Tode seine Gnade wieder zuzuwenden; aber dieser Gedanke wird als mülsiges Hirngespinst von v. 18 an entschieden zurückgewiesen und dient nur wie der Traum des Hungrigen, er älse (Jes. 29, 8), die Hoff- nungslosigkeit um so empfindlicher auszudrücken. Ferner macht Smend (wie schon Delitzsch!)) viel zu viel aus 17,9. Bezieht man das Wort, was doch nicht unanfechtbar, unmittelbar und einzig auf Hiob, so besagt es dennoch keineswegs, dals „seine Frömmigkeit mehr als zuvor er-

——.

ı) Vgl. auch Herzog, Bd. VI 8. 128.

202 Budde, die Capitel 27 und 28

starke“, sondern dafs er es thue, und zwar als Gerechter, als solcher, dessen Hände rein sind, mit irgend welcher Beziehung auf diese Eigenschaften, sei es nun, dafs er sich dieselben handelnd auch in Zukunft bewahren, oder was wohl wahrscheinlicher dafs er von der Behauptung der- selben nicht lassen will. Ob aber nicht der Vers im Zu- sammenbang mit dem vorigen, der schwerlich mit Merx (vgl. Delitzsch) in das Gegentheil zu verbessern ist, eben andere Gerechte meint, denen der letdende Gerechte ein erbauliches und bestärkendes Schauspiel bietet (so Hitzig) oder wenigstens bieten sollte (so Hengsten- berg), ist wohl zu erwägen!). In keinem Falle sagt der Vers etwas aus über Hiob’s gegenwärtige Seelenstimmung und speciell sein Herzensverhältnifs zu Gott; denn an der Gerechtigkeit kann er im Handeln und wird er in jedem Falle behauptend für die Vergangenheit festhalten, auch wenn Gott selbst, wie er auch in diesem Capitel behauptet, unter seinen Feinden ist, ihn nicht erhört, ihm keine Hoff- nung läfst, ihm keinen Grund zur Freude giebt. Die Stelle kommt also für unsere Frage gar nicht in Betracht. So bleiben die Stellen c. 16, 18 ff. (nebst 17, 3) und c. 19, 25 ff., und diese glaube ich sammt ihrer Vorbereitung in den vorhergehenden Capiteln auf S. 24 ff. meiner Schrift nach Gebühr gewürdigt zu haben. Sie besagen zunächst (in 16, 18 f.), dafs Gott (als allwissend) um seine Unschuld wisse und sie bezeugen könne (vgl. auch 10, 7); sodann enthalten sie die Bitte, dafs Gott sich zu dieser Zeugen- schaft und damit Entscheidung herbeilassen möge (16, 20 f. 17, 3), und endlich schwingt sich Hiob zu der Zuversicht auf, dafs Gott dies wirklich einst thuen werde (19, 25 ff). Aber Hiob erwartet von Gott vor allen Dingen, dafs er - zwischen Hiob und Gott entscheide (16, 21a), dafs er sich bei Gott für Hiob verbürge (17, 3), vgl. dazu 9, 33. Damit

1) Cap. 17 ist voll von ungelösten Schwierigkeiten.

des Buches Hiob. 203

ist in unvergleichlich kühner Weise gerade der Zwiespalt in der Beele Hiob’s gekennzeichnet zwischen den Erfah- rungen der Gegenwart, die in das Gefühl der Cottver- lassenheit auslaufen, und der unabweisbaren Forderung, dafs Gott ein anderer sei und sich einst als solcher offen- baren müsse. Ueber den gegenwärtigen Gemtithszustand Hiob’s lassen auch sie keinen Zweifel : von dem, was man aus 27, 8—10 herauslesen will, bieten sie gar nichts'). Es fehlt demnach vor jener Stelle an jedem Belege für die Möglichkeit einer solchen Gemüthsverfassung, aber keines- wegs nach derselben, wie Smend behauptet, an dem Be- weise für das gerade Gegentheil. Wohl möchte ich wissen, wie man mit der „unzerstörbaren Gottfrendigkeit, Gott- vertrauen“, der „inneren Seligkeit*, die nun „endgültig in ihm die Oberhand gewonnen haben und ihn bis zum Ende seiner Reden nicht verlassen“, wie man damit die Auftor- derung an Gott zu erscheinen in c. 31, 36—37 vereinigen will. Den Meisten unter denen, die eine wesentliche Be- ruhigung Hiob’s schon vor c. 32 eintreten lassen, scheint diese Schwierigkeit kaum zu vollem Bewulstsein gekommen zu Bein.

85) „O hätte ich einen, der auf mich hörte!

Sieh da ist mein Zeichen (Unterschrift), der Allmächtige

erwiedere mir!

Und (o hätte ich) die Schrift, die mein Gegner geschrieben! 86) Fürwahr, ich wollte sie auf meiner Schulter tragen,

Wie eine Krone mir umwinden! 87) Die Zahl meiner Schritte wollte ich ihm kundthun,

Wie ein Fürst ihm nahetreten!“ *)

Hier ist doch wahrlich Gott nicht Hiob’s Freund, an dem er seine Wonne hat, nicht sein Helfer, den er in der

ee ne a ne

1) Ich bemerke ausdrücklich, dafs Sm. diese Stellen nicht bei Ge- legenheit der Besprechung von 27, 8—10 anzieht; jedenfalls aber wären sie die einzigen, die man als Analogisen jener Auffassung be- rücksichtigen könnte.

*) Ich citire absichtlich nach Dillmann, bemerke aber, dafs ich selbst 35c als Object su v. 86 ziehe; wie Hitzig u. ®. w.

204 Budde, die Capitel 37 und 28

Noth erfolgreich anruft, sondern sein Gegner, den er sum Rechtsstreit herausfordert, den er nicht anraft, sondern tbe | den er triumphirt. Dafs dabei von innerer Seligkeit nicht | die Rede sein kann, liegt ja auf der Hand, vielmehr ist die | Richtung der Worte ganz wie ich auf 8. 40 sagte, die de Action gegen Gott. Auch die Errungenschaft von c. 19, 25 ff. ist für den Augenblick wenigstens preisgegeben, während die Stelle mit c. 27, 2 im vollkommensten En- klang steht. Der Schein einer gewissen Fassung und Rahe (vgl. z. B. Giesebrecht 8. 36 f.) beruht darin, dafs hier der Schmerz zurücktritt vor der Freude über den im Geiste ausgemalten Triumph; aber solch wilder Freude wird man doch keinen ethischen Werth beilegen wollen. Abschwächen hilft hier nichts, so wenn Giesebrecht sagt, es se gewifs nicht. unabsichtlich, dafs der Dichter Hiob nicht mit der Aufforderung an Gott das 31. Capitel beschliefsen lasse, sondern. ihn, glesch als wäre es thm gar nicht Ernst mit jener Appellation, sofort wieder in die vorhergegan- genen Betheuerungen seiner Unschuld zurückfallen lasse. | Was er gesagt, macht Hiob nicht ungesagt, am wenigsten vor Gott : das hätte nur der Dichter gekonnt, wenn er v. 35—37 nicht geschrieben hätte!). Auch die Unechtheit von v. 37, wie sie Hitzig vertritt, würde an der Sache nichts ändern; doch sind seine Argumente dafür hinfällig. Hier könnte nur ganz andere Auffassung des Textes Luft schaffen, und die haben Delitzsch und Studer ver- sucht. Beide wollen in dem ‘3% wn nicht Gott, sondern einen oder mehrere menschliche Gegner finden. Da soll bei Delitzsch „der Allmächtige antworte mir“ bedeuten „der Allmächtige entscheide“; 35c, 36 soll. von der An-

!) Mir ist mit Delitzsoh, Merx u. s. w. das wahrscheinlichste, dafs v. 88—40 von anderer Stelle hierher gerathen sind, am besten nach v. 12 einzurücken. Doch verwahre ich mich dagegen, darsuf irgend etwas zu bauen.

des Buches Hiob. 205

klageschrift der Freunde gemeint sein, in v. 37 dieselbe dritte Person Gott, den Schiedsrichter, bezeichnen. Ich bemerke dagegen nur, dafs, wo im Buche Hiob von einem Streit (32%) und Gegner Hiob’s die Rede ist, Gott gemeint ist, so 40, 2. 10, 2. 9, 3. 13, 19. 23, 6. 33, 13; ausge- nommen sind nur 31, 13, wo ganz allgemein von früheren Klagen der Knechte und Mägde gegen ihn die Rede ist, und 13, 8, wo er sagt, dals die Freunde zu Gunsten des eigentlichen Gegners, Gottes, in den Streit eingreifen. Dazu vgl. mit anderen Ausdrücken noch 19, 22. 27, 2. 10, 17. 16, 9. 13, 19 ff. Auch wo der Gedanke eines Schiedsrichters auftritt, wird einer zwischen Gott und Hiob verlangt (9, 32 f.), Gott selbst soll dies sein (16, 21a. 17, 3), und erst in zweiter Linie auch zwischen Menschen schlichten (16, 21b). Studer übersetzt einfach : ,Dals Jemand mich hört’ und spräche : „Hier meine Unterschrift, so Gott mir helf!“, d. h. Hiob fordere Jeden, der etwa Schlimmes von ihm wisse, auf, ihn nur öffentlich zur Ver- antwortung zu ziehen. Die Begründung dieser originellen Auffassung hat er mir schon in seiner Antikritik u. A. ver- sprochen (8. 560), er bietet dafür aber nur die Versiche- rung, dals der Text schwierig sei und sehr verschieden erklärt werde. Wer die Hiob-Literatur durchsieht, wird das schwerlich zugeben. Solche gescheiterte Versuche aber bezeugen lauter als alles andere, dafs mit c. 31, 35—37, d. i. mit dem Schlusse der Reden Hiob’s, eine eingetretene Beruhigung und Gottfreudigkeit in grellem Widerspruch steht.

Wenn aber c. 27, 8-10 dies nicht bedeuten, was ist dann ihr Inhalt? Zunächst nichts weiter, als was ich oben angegeben, die strikte Leugnung alles des Angeführten von dem 9m. Er ist unglücklich, weil er das nicht besitzt, noch jemals besitzen kann, was den Menschen allein glück- lich macht : ein Freundschaftsverhältnifs zu seinem Cott. Und darin ist keinerlei sachlicher Widerruf selbst c. 21

906 Budde, die Capitel 37 und 38

gegenüber enthalten, da er auch dort den yy als völlig gottentfremdet darstellt (v. 14 f.). Wohl aber liegt en Widerruf in der Beurtheilung vor, insotern Hiob nun, n c. 27, in dieser Gottentfremdung eine innerliche Unglück- seligkeit anerkennt, die durch kein äufseres Wohlergeha aufgewogen werden kann'). Natürlich mufs nun, wer ü diesem Mangel Unglückseligkeit sieht, auch andere Leute kennen, denen es nicht so geht, ja ich gestehe zu, dafs e an sich selbst die entgegengesetzte Erfahrung muls gemacht haben. Und wer will leugnen, dafs das bei Hiob der Fall ist, da er ja in ungetrübter Gottesfreundschaft erwachsene Söhne und Töchter gesehen hat! Alle Beweise dafür er setzt das positive Gegenstück zu 27, 8-10, c. 29, 2-5, wo er es mit klaren Worten aussagt, nur indem er zugleich beklagt dafs es jetzt nicht mehr so ist, vielmehr um- gekehrt (30, 19—23). Wie man diesen Stellen gegenüber von gegenwärtiger, von nun an unzerstörbarer Gottfreudig- keit und Seelenfrieden reden kann, ist mir ganz unbe greiflich*). Will man also den Inhalt von v. 8--10 sammt deın positiven Hintergrund dialektisch scharf fassen, so wird die Formel etwa lauten : „Während der Gottlose kraft seiner Gottlosigkeit des eigentlichen inneren Glückes nothwendig entbehren mu/s, kann der Gerechte, Fromme desselben theilhaftig werden“, und daraus ergiebt sich der Schluß, dafs der einzige Weg zum Glück in der Frömmig- keit gegeben ist. Dafs auch sie nicht volle Bürgschaft für das Glück gewährt, mufs Hiob leider eben jetzt er- fahren; aber das ist ja eben das Rätbsel, was ihn quält, das Dilemma, in dem er steckt : die Erfahrung früherer

| ————

1) In der bypothetischen Einführung von Sg (v. 9) liegt auch keine Correctur von c. 21, da auch dieses schon in dem rig? (v. 17) dafür Raum lälst.

*) Vielmehr ist Studer ganz in seinem Rechte, wenn er dio Verse 27, 7—10, so aufgefalst, eben darum für unecht erklärt (Comm. 8. 118 f.).

des Buches Hiob. 907

»aten kann dadurch nicht ausgewischt werden'). Also user derselbe innere Zwiespalt bei Hiob, wie wir ihn überall parpbachten.

Es fragt sich nun weiter, ob und wie die richtig ver- mmndenen Verse 7—10 mit dem Vorhergehenden in Zu- wummenhang zu bringen sind, und daran hängt nicht weniger ims Echtheit oder Unechtheit des ganzen Stückes, da andere Lerkzeichen der Unechtheit mit Grund nicht angeführt "erden können.

Vers 6b enthält, wie Wellhausen richtig formulirt, Re kategorische Behauptung : „ich bin nicht gottlos“, oder sch richtiger in eigentlicher, in die Gegenwart auslau- ender Vergangenheit : „ich bin nicht gottlos gewesen (bis dem Zeitpunkt, wo dies in Frage gestellt wurde)*. Aber mn der Behauptung, dafs er niemals gottlos gewesen, liegt loch zugleich auch die Aussage, dafs er nie begehrt habe sottlos zu sein, dals er nie habe gottlos sein mögen. Die Zamuthung der Freunde, dafs er ein Gottloser sei, die Ab- reisung dieser Zumuthung seinerseits, zwingt ihn doch, nit diesem Gedanken sich zu beschäftigen, sich in die Möglichkeit solcher Existenz bineinzudenken. Und sobald w das gethan, sträubt sich sein Innerstes dagegen, es wäre las schrecklichste Loos, das er sich denken kann, wie er hlimmer keines seinem Feinde wünschen könnte. „Nie- mals bin ich ein Frevler gewesen ; könnte ich doch meinem Feinde nichts schlimmeres wünschen ?)!@ Ist denn das ein so unvoliziehbarer Gedankensprung? Wellhausen sagt, dafs man sich die Folgen der Gottlosigkeit nicht schlimm genug vorstellen könne, sei gar kein Beweis dafür, dafs man nicht gottlos sei oder gewesen sei. Gewifs nicht, aber von einem Beweise für seine Unschuld ist hier auch gar nicht die Rede. Nur wenn man das ‘3 von v. 8 zu

9) Im Ganzen richtig hierzu Hongstenberg 8. 164. *) Ich umschreibe hier absichtlich Wellhausen’s Auffassung.

208 Budde, die Capitel 27 und 28

v. 6 zieht, entstände wenigstens der Schein, aber das dient ja eben v. 7 zur Begründung. Wellhausen glaubt die Einschiebung von v. 7 ff. daraus begreifen zu müssen, dal man in v. 1-6 den moralischen Vorsats zu finden geglault, trotz allem an der Praxis der Frömmigkeit festzuhalten. Darin wäre Sinn und Verstand, wenn v. 8—1O sage wollten : „denn ich werde mich wohl hüten, meinen jetzigen beneidenswerthen Gemüthszustand mit dem eines Gott losen zu vertauschen“. Dafs der Wunsch in v. 7, das m etwas nicht Wirkliches enthält, zwingt doch nicht zu dem Rückschlufs, dafs die Aussage, womit er verknüpft ist, sich auf die Zukunft beziehen müsse. Den Wunsch in v. 7 abgesehen davon, ob es als ernstgemeinter Wunsch zu fassen ist hätte Hiob früher reichlich mit demselben Recht, mit derselben Wahrscheinlichkeit ausgesprochen. Bei richtiger Auffassung von v. 8—10, unter Annahme der Wellhausen’schen Uebersetzung von v. 7. ist deshalb der logische Zusammenhang des Stückes ausreichend ge sichert.

Einen etwas gröfseren Gedankenschritt verlangt die oben vertretene Auffassung von v. 7 : „Es ergehe wie u. s. w.“'). Denn dem „ich din kein Gottloser“ tritt dann nicht ein „es set ein Gottloser* gegenüber, das erst in v. 8-10 durch das Ergehen desselben motivirt würde, sondern sogleich würde dem Feinde das Ergehen ange wünscht. Aber selbst dieser Schritt bleibt, wenn auch grofs, doch möglich, da es auf das Ergehen des Gottlosen ankommt und eben dies Hiob derart abstöfst. Aus einem Mifsverstindnifs der vorigen Verse kann dieser Sinn so wenig erklärt werden als der andere.

Aber während ich entschieden festhalte, dafs der vor- liegende Text keinerlei Widerspruch enthält, sondern einen guten Gedankenzusammenhang bietet, bin ich dennoch zu

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1) Vgl. die umgekehrte Meinung bei Giesebrecht 8. 8.

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des Buches Hiob. 209

der Ueberzeugung gekommen, dafs derselbe einen Eingriff erlitten hat, und ich bin den Gedanken des Buches Hiob lange und eifrig genug nachgegangen, um auch diese Ver- muthung der Beurtheilung Anderer übergeben zu dürfen. Ein Wunsch wie der in v. 7 pflegt nicht so bedächtig und ausführlich begründet zu werden, wie das in v. 8—10 der Fall ist; gewöhnlich schliefst er jäh ab und wirkt eben durch das Abbrechen auf dem Gipfel der Rede. Ferner haben wir oben gesehen, dafs den Versen 8—10 allerdings die gegentheilige Erfahrung Hiob’s in seinem früheren Leben, die Erinnerung an seine damalige Glückseligkeit su Grunde liegt; von seinem früheren, bisherigen Leben reden aber auch die Verse 2—6, und zwar von seinem sittlichen Verhalten, das dem des Frevlers in v. 8—10 ebenso entgegengesetzt war, wie sein damaliges Verhältnifs zu Gott (vgl. c. 29, 2 ff.) dem des Freviers. Schliefst man daher v. 8—10 mit Uebergehung von v. 7 unmittelbar an v.6 an, so wird der Sinn zwar kein anderer, wohl aber die Beziehung und Verwendung. Der Entschlufs, an der Behauptung seiner Unschuld und Gerechtigkeit festzuhalten, ist der Sache nach gleichbedeutend mit dem Sats: ich bin stets gerecht gewesen, und in negativer Fassung schliefst dieser Satz wirklich das Ganze : „mein Herz tadelt keinen meiner Tage. Denn was ist die Hoffnung des Gottlosen, wenn u. s. w.“ Das ist dann wieder kein Beweis für seine Ge- rechtigkeit, wohl aber Angabe des Grundes, weshalb er an jedem Tage von neuem unverbrüchlich seine Gerech- tigkeit bewahrt hat. „Wie hätte ich auch stindigen sollen, da mir bewufst war, welch schreckliches Loos des Gott- losen wartet!“ Zu v. 2—6 findet sich die Ausführung, der Commentar gleichsam in c. 31, und dasselbe Capitel bietet eine Reihe von sicheren Belegen für den angeführten Ge- dankengang. Dieselben rhetorischen Fragen tiber die Folgen, die diese oder jene Versündigung für ihn hätte haben müssen, mit 19%, im weiteren Verfolg mit x57 ein- Zeitschrift 1. d. alttest Wiss. Jahrgang 2. 1988. 14

910 Budde, die Capitel 37 und 28

geleitet, finden wir in v. 2—5 und v. 14 f.; dieselbe Sach in positivem Ausdruck, mit ‘9 eingeleitet in v. 11 £ (ahr lich v. 28) und v. 28. Diese stehende Folgerung- weise des c. 31 würde in unserem Zusammenhang gens ebensogut am Platse sein, und damit wäre ein vortref- licher Fortschritt und viel einschneidendere Wirkung für v. 8-10 gesichert. Mit der Ueberschau über die vergar genen Tage, mit der Gerechtigkeit, die von ihnen behaupte wird, taucht auch die Erinnerung an seine damalige Glück- seligkeit auf und die Ueberzeugung von der innersten Ur seligkeit des Gottlosen, die ihn, Hiob, stets behütet hat vom rechten Pfade abzuweichen. Denkt er daran, so kann e nur seinem Feinde das Loos des Gottlosen anwünschen. So bildet v. 7 den abschliefsenden Gipfel dieser Gedankea- kette, und man wird, wie mir scheint, zugeben miissen, dafs v. 7 nach v. 10 noch weit besser am Platse wire Ein Grund, weshalb er umgestellt sein könnte, ist unschwer su finden. Da v. 7 das Ergebnifs von v. 8—10 enthält, so sind diese Verse, die obendrein mit ‘> beginnen, aller- dings die Begründung desselben, während viel weniger auf der Oberfläche lag, inwiefern v. 6 durch 8—10 begründet werde. Die Begründung aber schien dem begründeten Satze nachfolgen zu müssen. Kam dazu etwa noch eine andere Auffassung von v. 7, in der Weise W ellhausen’s oder auch Ewald’s, so schien der Vers sich um so besser unmittelbar an v.6 anzuschliefsen und die Umsetzung war nach allen Seiten gerechtfertigt.

Die Richtigkeit meiner Vermuthung wird aber daran zu prüfen sein, ob sich die folgenden Verse von v. il an gut an v. 7 anschliefsen. Vers 11 beginnt mit O>me mm, „ich will euch belehren“, ohne jedes bindende Wort, mit einem ganz neuen Motiv. Der Zusammenhang mit dem Vorhergehenden wird nach der vorliegenden Versfolge da- durch gesichert, dafs auch der folgende Abschnitt von dem Loos des Frevlers handelt. Geht aber v. 7 unmittelbar

913 Budde, die Capitel 37 und 28

„Siehe, Ihr selbst habt es alle gesehen“, so geht auch das nicht an. Nun will ja aber Giesebrecht dem mat auch noch cap. 28 unterordnen. Als Beweis dafür führt er an, dafs mit den „Erweisungen und Absichten Gottes“, die Gegenstand der Belehrung sein sollen, nicht das böse Ge schick des Frevlers allen gemeint sein könne. Aber ist das letztere darum weniger 5x T und ‘We Oy, weil Got

noch mehr als das zu thun und im Sinne hat? Würde.

denn andererseits durch v. 13—28 + c. 28 die ganze Summe gedeckt, und kündigt Hiob mit dem mv ein vollständiges System der Theologie an? Und wenn ferner Giese- brecht den Beweis führt, dafs min auch von „unsinn- licher Beobachtung“ stehen, daher 12a auch c. 28 mit in sich begreifen könne, so folgt daraus ja nach seiner An- sicht, dafs er, Hiob, den Freunden mit c. 28 ebensowenig etwas Neues sagt als mit 27, 13 ff. Zudem ist cap. 28 durch das » in v. 1 dem Vorigen nicht bei- sondern unter- geordnet, die neue Thatsache, die Hiob lehrt, bliebe also immer in v. 18—2% su suchen, wenn man nicht den Zu- sammenhang geradezu formuliren wollte : „der Frevier mufs darum untergehen, wer! —“ und damit geriethe Giese- brecht unrettbar in Delitssch- Dill mann’sches Fahr- wasser, wogegen er sich doch 8. 42 ff. wehrt'). Dasselbe folgt schon daraus, daß G. mit v. 11 einen so scharfen Abschnitt macht (8. 13.45). Denn inwiefern v. 12 „deut- lich genug andeuten soll, dafs Hiob mit der Anerkennung des göttlichen Strafverhängnisses über den Frevier keines- wegs gewillt ist, die Behauptung seiner eigenen Unschuld fahren zu lassen“ (S. 46), gestehe ich nicht zu begreifen.

ı) Eine scharfe Darstellung der Bachlage von jener Seite vgl. bei Smend 8. 166, der richtig bemerkt, dafs Spe om und va) OY WR unmöglich die My} von co. 28 bezeichnen könne, vielmehr dieses Capitel nur als Begründung der vorhergegangenen Belehrung zu be greifen sei.

des Buches Hiob. 918

Der unausgesprochene, unbewußste Grund, weshalb 28 noch dem 78 untergeordnet wird, ist vielmehr eben

ar, dafs man v. 13—23 als Belehrung der Freunde über- Bupt nicht zu begreifen vermag und deshalb c. 28 in | Vabrheit nicht hinzunimmt, sondern dafür einsetst. Das lebt Riehm (bei Giesebrecht S. 46) su, im Grunde ber G. ebensogut, wenn er S. 45 sagt, dafs der Inhalt om v. 13—23 ein Postulat sei, das, von den Freunden nie wtretten, die schlichle Anerkennung von Seiten Hiob’s for- pre’). Dann aber steht das u falsch und mülste chtig vor c. 28, | stehen; in dem doch so energisch auf an Doppelpunkt folgenden v. 13—23 wäre eine schwere achlissigkeit des Dichters zu erkennen. Wenn aber um- skehrt Giesebrecht meint fragen zu müssen, warum, enn meine Auffassung richtig sei, das Ix 12 DI MR ı der Mitte des Capitels und nicht zu Anfang stehe, so atworte ich : „Weil es nur auf v. 13—23 sich bezieht, eil es eben tronisch gemeint ist.

Ich gehe von v. 12 aus. Das ann in 12a kann sich ur auf das Geschick des Frevlers beziehen (vgl. auch die örtliche Uebereinstimmung mit 15, 17. 5, 3); darum aber ann v. 12b nicht denselben Inhalt des Verhaltens oder ‘edens der Freunde haben. Denn was sie, die Freunde, eschaut, was er, Hiob, anerkennt, das dürfen sie auch ut Recht denken und sagen, während Hiob ihr Verhalten erade darum tadelt, weil sie doch wissen, dafs es dem 'revler schlecht ergeht.

Dieser Causalzusammenhang wird nun von Vielen (ich enne Ewald, Delitzsch, Kamphausen, Dillmann, lengstenberg, wahrscheinlich auch Smend) so auf-

*) Nur zu erwähnen brauche ich die kibne Lösung Hitzig'e, er v. 18—28, die auch er als Belehrung der Freunde nicht verstehen ann, als angeführte Rede der Freunde ansieht, vor der dem Binne sch ein "mxb zu ergänzen wäre. So tritt dann in der That erst it o. 28 die Belehrung ein.

214 Budde, die Capitel 37 und 28

gefalst, dafs die Freunde eben wetl sie so gut mit dem Schicksal des Freviers vertraut seien, nicht eine so falsche Anwendung davon auf Hiob’s Lage machen sollten. So- fern diese Auffassung sich auf die andere stützt, dafs in v. 8-10 Hiob’s Gemtithsverfassung der der Frevler als Unterscheidungsseichen gegenübergestellt werde, so ist sie damit oben widerlegt. Aber selbst wenn Hiob sich einer solchen inneren Seligkeit bewulst wäre, könnte er doch wahrlich von den Freunden nicht verlangen, dafs sie das sähen; zudem wird das Ormri damit falsch rückwärts auf 8—10 statt vorwärts auf 13 ff. bezogen. Macht man aber, | wie Hengstenberg thut, mit der Beziehung auf diese Verse Ernst, so verliert der Vers jeden vernünftigen Sinn. Denn dafs die Freunde um das schlimme Schicksal des Frevlers wissen, ist doch kein Grund, aus dem schlimmen Schicksal eines Menschen nicht auf begangenen Frevel zu schliefsen (vgl. richtig Schlottmann 8. 374 und Well hausen 8. 541). Der Vers mülste dann umgekehrt heifsen : „Ich habe das ja freilich auch gesehen und gebe es zu : aber warum mülst Ihr u. s. w.*. Vollends unmög- lich ist es, mit Delitzsch auch in v. 13—23 noch Merk- zeichen zu finden, wodurch der Unterschied selbst des äulseren Ergehens Hiob’s von dem des Frevlers erkennbar würde (vgl. dagegen sehr gut Wellhausen 8. 540). Die einzig mögliche Auffassung von v. 12 bleibt die schon von Raschi gegebene, von Schlottmann vertretene, dafe Hiob v. 13—23 den Freunden selbst als Warnung entgegenhält. Durch ihr auf ganz eitlen, unwahren Grund- lagen beruhendes Raisonniren (vgl. zu dem pbann 51 Schlottmann, auch c. 21, 34) versündigen sich die Freunde wirklich und zieben so die Strafe des Freviers auf ihr Haupt herab, die Hiob in v. 7 im Affekte seinen Feinden angewünscht hat. Da indem Unrecht gegen Hiob alles Reden der Freunde gipfelt und im Grunde davon ausgeht, so kann dies Unrecht mit einem allgemeinen

des Biete E::: Ota

& xmdruck bezeichnet werden, der das ganze Verhalten der GPreunde umfalst, umsomehr, da noch in v. 2-6 gerade Wiese Unwahrheit zurückgewiesen wurde und das letzte Wert der Freunde (c. 25, 4—6) dieselbe implicite enthielt. A), Lüge hat Hiob ihre Reden auch sonst gekennzeichnet, “ne in 13, 4'). 7 (wo dieselben Worte Thy und [Pp wie 21, 3 gebraucht werden). 9, vgl auch 21, 34: als sitt- Wünes Vergeben beseichnet er ihr Verhalten such sonst, Se 6, 15. 12, 5. 16, 20. 19, 2 £ 22: göttliche Strafe droht “ur ihnen an 13, 9-11. 17, 4 5°, 19, 29, und dem in BwWon von 27, 12 entspricht wirklich in Gottes Munde das ey) Se Dre «> in 42,7. Somit ist diese Auffassung much gegen Hengstenberg’s Kınwand gesichert, dafs @s Hiob nie einfalle, die Freunde dem Freviern zuzuzählen. Das Echo ihrer eigenen Worte in 27. 13—23 wird

also dadurch für die Freunde zu einer wirklichen Beleb-

besteht die Ironie Hiob's, nicht zur im v. 11, sondern auch im Folgenden, dafs er die Gegner mit Jen genen Walien schlägt. Uni das ist wieder sin pevcbologisch sehr feiner

anhefier* zu geben.

9) Soviel Init der schwinrige Text erkannan.

®) Auch hier ms Sessunhalten, des Gis alles mäglch Yale ti der verliegenden Vaufnigt, bei der vergeschlagenen tombe cher weit kleser herverzia.

916 Budde, die Capitel 37 und 28

keine Einschränkung ferner mit Rücksicht auf frühere Be hauptungen ; daraus der Schwall von Worten und die starken Ausdrücke, in denen er den Freunden ihre An- griffe selbst der Form nach zurückgiebt (vgl. Aehnliches in c. 12 und 26). Nur in dieser Gestalt konnte der Ab- schnitt gegen die Freunde seine Dienste thuen; im Uebrigen wurde er nackt neben die früheren Ausführungen (zuletst ec. 21 und 24, aber schon ganz krals in 9, 22 ff. u. =. w.) gestellt, und dem Zusammenhang die Lösung überlassen. So erklärt sich der Schein, dafs Hiob bier „grundsätslich mit Sack und Pack in Feindes Lager tibergehe* (Well- hausen 8. 641). Der Ausspruch an sich verhält sich su den gegentheiligen genau ebenso, wie die unvermittelt nebeneinander stehenden Anschauungen, dals Gott Zeuge seiner Unschuld und sein Rächer, und dafs er sein Feind und der Räuber seines Rechtes sei; jener Widerspruch ist nichts als die Kehrseite dazu. Nach allem Gesagten brauche ich deshalb die Echtheit des. Stückes nicht mehr zu vertheidigen, verweise nur zurück auf 8. 8 f. meiner Beiträge).

1) Dagegen werde ich eben jene Stelle meiner Schrift gegen Giesebrecht vertheidigen müssen. Auf 8.8 habe ich gesagt, „Hiob habe sich niemals zu dem Unsinn verstiegen, dafs dem Gerechten stets mit Unglück, dem Ungerechten mit Glück gelohnt werde”. Wenn Giesebrecht daraus macht, „ich möchte die Aussagen Hiob’s dahin abschwächen : Hiob stelle nur fest, nicht immer gehe es nach gött- lioher Nchickung dem Gottlosen wohl, dem Frevier übel“, so Iäfst doch wohl Giesebrecht sich eine Abschwächung meiner Aussagen zu Schulden kommen, nicht ich derer Hiob’s. Nun scheint aber Giese- brecht, wenn er im Gegensatze su mir „in c.21 und 24 geradezu die Umkehrung der sittlichen Weltordnung behauptet“ findet, wirklich der Meinung zu sein, Hiob sage das, was ich in der oben angeführten Stelle als Unsinn bezeichnet hatte. Er mufs dann nur nicht glaubes Merx auf seiner Seite zu haben, von dem er eine Stelle (aus 8. XII) gegen meine Anführungen citirt. Denn in dieser Stelle sagt Merx ausdrücklich und G. druckt es ab, dafs nach Hiob’s Aeufserungen Gott zu dem Wesen des Menschen in keinem sittlichen Verhältnis

des Buches Hiob. 217

Zur besseren Uebersicht über das gewonnene Resultat sihliefse ich die Behandlung von c. 27 mit einer kurs

whe (vgl. dafür =. B. 9, 22 ff), und dafs das ebensogut sei ale keinen astt annehmen. Ganz richtig; verstehe ich aber G. recht, so ist nach am Hiob's Gott allerdings vorhanden, er ist aber ein Teufel, da

= alles Gute bestraft und alles Böse belohnt. Somit hat Giesebrecht .

Cerx mifsverstanden,. nicht ich, wie G. mir vorwirft; denn auf den ma mir angeführten Seiten XXVIII und XIII sagt Merx wörtlich : En seinem tiefsten Inneren ist Ijjob . . . nie völlig von seinen ersten Ehilistischen Anschauungen überzeugt gewesen“ und „Oder sollte der Iensch nicht die ihm innewohnende Idee von einer gerechten Welt- rdnung . . . festhalten können trots des Widerspruchs der Sufseren zfahrung?“ Ferner sagt G. ı „Beachten wir nur das Entsetzen, reiches Hiob nach 21, 6 ergreift, wenn er an die Thatsachen denkt, ber welche er zu den Freunden reden will; dafs es den Gottenfürch- gen nicht immer wohl geht, war ihm doch keine so neue entsetsen- rregende Sache“. Der Ausdruck könnte klarer sein. Boll es heilsen dafs auch die Gottesfürchtigen schlimme Tage erleben“, so sagt os ichts und trifft es meine Ausführungen nicht. Soll es heifsen, dafs ı auch nur einen Gottesfürchtigen giebt, dem es endgültig schlecht sht und nur so trifft os, wie es soll, meine Ausführungen 50 wis ich ganz anderer Meinung sein als G. Das Sprichwort „einmal t keinmal* ist doch nirgends übler angebracht als Gott gegenüber. th behaupte, dafs der erste völlig sichere, durch nichts zu bemän- sinde oder abzuleugnende Fall, wo ein Gerechter im Elend unterging, m folgerichtig denkenden alttestamentlichen Frommen an seinem Gott re machen und eben zuder von Merx „nihilistisch“ genannten Welt- schauung führen mufste. Genau so ist os Hiob ergangen, als er die hatsache am eigenen Leibe spürte, die er bei Anderen anzuerkennen eht geswungen war; die weiteren Beispiele fanden sich nachträglich icht. Nur als unverwirklichtes Postulat konnte sich dann der Glaube ı einen gerechten Gott noch halten. Aus dem Dilemma gab es keinen ıderen Ausweg, als sich bescheiden und auf eine Lösung hoffen, und w Ausweg schien versperrt durch die Hoffnungslosigkeit seines sidens. Zum Beleg meiner su Eingang dieser Anmerkung citirten hese würde übrigens schon das Twp 21, 17 genügen, weitere Stellen, Ugültig, weil auch das Gegentheil schon 9, 22 ff. zu finden ist, vgl. 9 meiner Schrift; auch das richtig verstandene cap. 24 kann dasu snon. Uebrigens kommt G. endlich auf dasselbe heraus wie ich . 10), nur benutzt er als Ueberleitung das oben erwälnte fragwürdige rständnifs von v. 8—10.

218 Budde, die Capitol 27 und 28

gefafsten Paraphrase des Capitels nach meiner Auslegung. „(v. 2) Bet demselben Gott, der mir mein unverdienta Leiden gesandt hat, (v. 3) schwöre ich mit vollem Bewuls- sein, (v. 4) dafs ich mich nie su der Lüge verstehen werds, (v. 5) Euch Recht su geben und die Behauptung meiner Unschuld (v. 6) und Gerechtigkeit fahren su lassen; mein Gewissen tritt gegen keinen Tag meines Lebens als Kläger auf. (v. 8—10) Mich von des Gottlosen Treiben fern zu halten, genügte schon die trostlose Unseligkeit, die des Frev- lers sicheres Loos ist; (v.7) nur meinen Feinden könnte ich solch ein Loos wünschen. (v. 11) Lafst Ihr Euch von mir belehren über Glottes Verfahren mit den Menschen, (v. 12) über das Ihr so treffend su reden wilst, während Ihr nicht seht, wie Ihr seine Vergeltung durch Eure Lügen selbst auf Euch herabsieht. (v. 13 ff.) Bo mule ich Euch sagen, dals Gott den Frevler unerbittlich bestraft.*

Wir wenden uns nun zu cap. 28. Gerade hier sind, wie mir scheint, eine Reihe von Mifsverständnissen aus dem Wege zu räumen, die zum Theil erst die jüngste Zeit geschaffen hat. |

Wie heifst der Gegenstand des 28. Capitels? Die Weisheit. Man glaubt, die Frage sei beantwortet; aber nun erst hebt das Fragen an. Welcherlei Weisheit ist hier gemeint? Ist die gemeinte moralischer oder intel- lektueller Natur; ist sie die göttliche als Prinzip der Welt- regierung, vielleicht auch blofs kosmologischen Inhalts, oder die Kunst richtigen Denkens und Handelns für den Men- schen, der Weg zum Glück? Das alles sind missige Fragen. Weisheit ist die Fähigkeit richtiger Erkenntnis sowohl des Vorhandenen als des zu Leistenden, der dasu erforderlichen Mittel und ihrer Handhabung, also, wie Wellhausen richtig sagt, „ein Wissen (und Können)*. Ihr Gebiet ist ein unumschränktes, alle vorhandenen Gegen- stände, seien sie körperlicher oder geistiger Natur, sind auch Gegenstände der Weisheit. Die Weisheit als solche

des Buches Hiob. 219

rernnag alle Aufgaben zu lösen, wer sie besitzt, benutzt sie waur verschieden zu seinen Zwecken, ohne dafs das Wesen der Weisheit sich damit veränderte. Wer sich Meübsermeugen will, welchen verschiedenen Zwecken dieselbe Wreisheit nach hebräischer Anschauung dient, wie vielen Mufgaben sie gewachsen ist, der braucht nur Prov. 8 nach- zzulesen, wo doch gewifs nur von einer Weisheit die Rede Sat!) Nun wird in unserem Capitel gefragt, wo die Weis- eit zu finden ist; da der Fragende ein Mensch ist und sie sich wünscht, würden wohl menschliche Zwecke der eisheit, wenn sie gefunden werden sollte, gesetzt werden. ber wenn nun nach langem Suchen die Weisheit endlich =yur da gefunden wird, wo man sie stets gewulst, bei Gott, “wenn von der Anwendung gesprochen wird, die er von ihr ‘macht : folgt dann daraus, dafs der Mensch die Weisheit gerade gesucht habe, die dass geschickt ist oder dafs er sie zu diesen selben Zwecken gewünscht hat? Oder wenn das positive Resultat des Suchens für den Menschen end- lich ein Gegenstand ist, der einen anderen Namen führt, Furcht Gottes : folgt denn daraus, dals der Mensch gerade diese oder doch ein specifisch moralisches Gut gesucht hat? Weisheit ist Weisheit wie Gold Gold ist. Wenn der Al- chymist vergangener Zeiten nach langen vergeblichen Mühen zu der Ueberzeugung kam, dafs Gold eben nur da zu suchen sei, wo es bisher gefunden wurde, im Erd- reich und dem Sand der Flüsse : wurde er dadurch nach- träglich zum Goldgräber und Goldwischer? Oder fand er zwar nicht Gold, wohl aber, wie die Sage von Berthold Schwarz erzählt, Schiefspulver : war dann durch dies Re- sultat sein bisheriges Streben der Kriegswissenschaft oder

!) Dafs das Buch Hiob später ist als Prov. 1—9, dafs dieses Buch im Buche Hiob benutzt wird, kann keinem Zweifel unterliegen. Statt aller Bewoise diene hier der Vergleich von Hi. 15, 7 und Prov. 8, 35. 8. unten.

290 Budde, die Capitel 27 und 28

der Feuerwerkerei oder dem Bergbau gewidmet gewesen? Ganz so verhilt es sich hier. Gesucht wird die Weisheit als solche; ob der Suchende sie findet, ist wie bei allem Suchen die Frage; findet er sie nicht, so fragt sich weiter, ob das Suchen etwa ein anderes Resultat ergeben hat. Auf diese Fragen giebt cap. 28 die denkbar klarste Ant wort.

Die ersten 11 Verse besagen, dafs der Mensch «& weit gebracht hat im Finden und Heben aller möglichen Schitze').

v. 12—22 bezeugen im Gegensatze dazu, dafs die Weir keit weder der Mensch?) noch irgend ein Wesen oder Gebiet der weiten Welt besitzt noch zu finden weils, trotzdem man um ihres unvergleichlichen Werthes willen alle Schätze _ der Welt für sie geben würde. Es wird auch hier nur | weniger Erläuterungen bedürfen, um irrige Auslegungen und Schlüsse zurückzuweiseu. Dillmann hebt hervor, dafs die Weisheit hier als ein Gut dargestellt sei, dafs er- örtert werde, ob und wie und wo es erworben werden könne, dafs durch den Ausdruck Moon 3wy angedeutet werde, dafs sie sich in Besits nehmen lasse, und will dar- aus schliefsen : es könne nicht die göttliche Weisheit als Prinzip der Weltregierung gemeint sein, sondern (etwas dem Menschen Erreichbares) „das bekannte Ideal mensch- lichen Strebens, das eine bekannte Hauptgut unter allen Gütern“®). Diesen Schlüssen ist zwar Giesebrecht in sehr ausführlicher Auseinandersetzung entgegengetreten,

') Der Protest Giese brecht’s gegen dieses Wort auf Grund des Umstandes, dafs auch wnedle Metalle in v. 1—11 genannt würden (3. 16, vgl. seine Argumentation daraus 8. 43), hat umsoweniger Ein- druck auf mich machen können, als G. selbst wieder in diesen Fehler verfällt (8. 27).

*) Dafs in v.13 mit LXX eto. #97 für. myy zu lesen ist, kenn schwerlich bezweifelt werden.

*) Vgl. 8. 249 und 254.

des Buches Hiob. 931

er leider so, dafs damit nichts erreicht wird, weil er den smtlichen Grundfehler der Schlufsfolgerung selbst nicht unden hat. Seine langen Auseinandersetzungen tiber Wiche und eigentliche Redeweise (8. 26—28) thuen nichts > Sache, ebensowenig wie der Hinweis auf die Artikel- igkeit von mar Wwe (v. 18), das er deshalb „rein hypo- stisch, „ein Weisheitsbesitz? (wenn wir ihn uns als mög- h denken wollen)* meint übersetzen su müssen (8.19) ?). s wenn 19%) 729 hier nicht eben so hypothetiach sein ude, als der artikellose Ausdruck. Ist denn etwas, was nicht erlangen kann, darum weniger ein Gut, darf ich um nicht von dem im Geiste vorgestellten Besitz des- sen reden? Man setze in unserem Abschnitt zur Probe rige Jugend“ überall an die Stelle der Weisheit und ge sich, ab dieser Gegenstand „frommer Wünsche* ht ganz dieselbe Behandlung vertrüge. Dies eine Bei- a1 für viele. Es giebt viele unerreichbare Güter; ein ıriftsteller aber kann, wenn es sich um ein solches han- t, unmöglich deutlicher reden, als indem er dies mit lichten Worten sagt, wie unser Dichter in v. 13 und terhin. Dies unerreichbare Gut (für den Menschen und ganze Schöpfung) ist aber hier die Weisheit und nicht 8 göttliche“ oder die menschliche. Deshalb spricht der thter allerdings hier nicht den selbstverständlichen Satz „dals die göttliche Weisheit nur bei Gott, nicht bei ım Geschöpf, zu finden sei* (so Dillmann’s Einwurf 264), wohl aber den nicht selbstverständlichen, dafs die isheit, von der ein jeder weils, dafs Gott sie besitzt, ihm gehört und gehören kann, nicht von einem Andern erwerben ist*). Aber „zwischen denen, die die Weis- ‘nicht erkennen und dem, der sie vollkommen erkannt

1) Uober G's Schlüsse aus der Artikellosigkeit s. weiter unten. *) Jeder Sats wird selbstverständlich, wenn man sein Prädikat im Subjekt aufnimmt,

999 Budde, die Capitel 37 und 38

hat“, findet G. (wie vor ihm s. B. Schlottmann) md eine mittlere Stufe angeführt, eingenommen von den Todten, zu welchen nach v. 22 wenigstens eine dunkle Kunde va ihr gelangt wäre (8. 19 f.). Also selbst vom Hirensaga kennt der Mensch u. s. w., somit auch Hiob (nach stag eigenen Aussage), die Weisheit nicht : wie kann er dm von ihr reden?! Wie kann er ihren Namen wissen, ihre Werth preisen, sie Gott beilegen und bei ihm wita lassen, wenn er nicht einmal vom Hörensagen von ik weils? Und die gewaltige Stufe zwischen den übrige Geschipfen und Gott, die durch ein Hörensagen im Ve gleich mit völligem Nichtwissen bezeichnet wird! Abe der Gedanke selbst, hier einen Uebergang zu erwarten, zeugt nicht eben von hervorragender Empfänglichkeit fürästhetische Wirkungen. Weder ein Mehrwissen noch ein Minderwina (wie Andere wollen) wird 33 und mx zugeschrieben'), sondern sie sagen dasselbe wie ihre Collegen om und o in v. 14 : an m) oder “wy Im; aber sad sie wählen wie I aus Gefälligkeit für den Dichter eine anderen Ausdruck dafür. Also kein Gebiet der Wet noch dessen Bewohner besitzt die Weisheit oder weils ae zu finden.

Gott kennt den Weg zu ihr und weils ihren Fundort u. 8. w. (v. 23—27)*). Auch hier bleibt der Dichter ba

ı) Von den Todten, den Abgeschiedenen selbst ist hier nicht ds Rede, der plur. Yyı geht auf Abgrund und Tod (vgl. 88, 16—18).

*) Eine exegetische Erörterung über v. 24—26 wird nicht zu um gehen sein. Es gab eine Zeit, wo man sich darüber einig war, dai v. 25 dem folgenden Verse genau parallel sei, einen neuen Sats be ginne, das Pyiyyb nicht von v. 24 abhänge (so schon Schulter: und Bouillier). Auch Ewald drang mit der Uebersetsung ‚u dem Wind Gewicht zu geben u. s. w.“ nicht durch, bis Dillman: ihr beitrat. Von ihm übernahm dieselbe mitsammt der Begründen Zöckler; dann wurde sie von Hitsig und Hongstenberg vu treten; Delitzsch, der früher anders urtheilte, verbindet in &

des Buches Hiob. 993

der bisher nothwendig gehandhabten Objektivirung der Weisheit. Sie ist ein Etwas für sich, auch aulser Gott,

B. Auflage v. 25 mit v. 24 (wenn auch unter Beibehaltung der gerun- pivischen Fassung); Giesebrecht verweist einfach auf Dillmaan’s „sehlsgenden Nachweis“. Dieser Umschlag scheint mir sehr beklagens- werth, weil die ganze Stelle durch diese Auslegung sohwer geschädigt wird. Das yg in v. 27 nimmt nachdrücklich alle zeitlich Axirbaren Hand- lungen des nächsten Zusammenhanges auf. Als die dadurch beseich- nete Zeit ergiebt sich aus v. 36 nothwendig die der Weltschöpfung. Auf diese surlicksugeben awingen nicht minder die Parallelstellen im Buche der Sprüche. Mit v. 26 ist v. 36 dem Inhalte nach durchaus parallel. Dafs auch die in v. 35 genannten Handlungen Gottes der Zeit der Schöpfung angehören, bezeugt ausdrücklich für b cap. 88, B—11, für a wird es durch den Zusammenhang von cap. 88, 24b (vgl. v. 26 und 28, 26) aulser Zweifel gesetst. Wäre dagegen die Ewald- Dillmann’sche Auslegung richtig, so beuöge sich v. 24 f. nicht auf die Schöpfung, sondern auf die tägliche Regierung und Erbaltung der Welt. Es würde dann ferner hier ausgesagt, dafs Gott die Weisheit bei der Weltregierung täglich neu finde und erspähe, während unsere Stelle die Weisheit als den unveräufßserlichen Besitz Gottes vom An- beginn der Welt an darstellt. Boergäbe sich ein unerträglioher Wider- streit des Sinnes. Dies die sachlichen Gründe, die durchschlagend sind; in formeller Beziehung wird sich streiten lassen. Das perf. in b, pa om bildet für die Ewald’sche Auslegung eine längst erkannte Schwierigkeit. Erklären liefse es sich mit Hitzig und Ewald ($846b) als von seinem 1} getrenntes perf. consec. Ein unsicherer Beleg dafür ist aus dem Buche Hiob co. 5, 11 (von Allen angeführt); denn dort liegt für a die gerundivische Fassung (aus dem Folgesatz heraus- gebildet, Ewald § 280d) weit näher ; b bezeichnet dann das fertige Er- gebnifs als selbständiger Sats. Anders dagegen die einzigen sicher vergleichbaren Stellen, die ich in unserem Buche gefunden : c. 88, 17. 84, 28. 88, 88, wo von seinem } getrennt das einfache Imperfectum steht, und 88,17, wo perf. cons. nicht eintritt, trotz der unmittelbaren Verbindung des Verbum mit dem }. Aber will man 28, 25 so auf- fassen, so mufs auch b in die Gegenwart, nicht in die Schöpfungsseit verlegt werden, und das erscheint 88, 8—11 gegenüber sehr bedenk- lich. Schon Ewald übersetzt deshalb, soweit ich sehen kann, im Widerspruch mit seiner in der Grammatik niedergelegten Auffassung, sonderbar : ,dafs das Meer er wog mit Male“, und erklärt das perf. daraus, dafs das in 25b Gesagte schon seit der Schöpfung fortdauere; Dillmann läfst ausdrücklich den Absichtasatz iu einen Folgesatz

994 Budde, die Capitel 27 und 28

der den Weg zu ibr und ihrem Fundort weifs, der sie ge sehen und durchforscht hat. Aber da niemand anders su ihr kommen kann, da Gott gerade bei der Schöpfung, seinem Werke xat’ éSozny (vgl. c. 38), sie „fand“, so ist es völlig klar, dafs sie, die Weisheit, sich als Gottes von ihm untrennbarer Besitz, als ihm eigen, als Theil seines Wesens entpuppt hat. Darum die schembar sich wider- sprechenden Prädikate in v. 27, die chiastisch geordnet einmal die Weisheit von Gott gesehen und ergründet, das anderemal sie kundgethan') und festgestellt sein lassen. „Denn“, so sagt Hitzig richtig, „seine Weisheit ist die

umschlagen, vou der Erhaltung zu der Schöpfung. Boll aber b ab- hingig von dem präsentischen Satze v. 24 bleiben, wie dies von Dill mann angenommen wird und werden muls, so ist ein Rtickechlag auf die Schöpfung logisch unmöglich. Andererseits wird man Dil] mana sugeben müssen, dafs der yerundivische Infinitiv ein voraufgehendes verb. finit. verlangt. Es wird daher wohl bei zeitlicher Fassung des 5 und der Berufung auf 2 Sam. 18, 29 bleiben müssen, die Dillmann ohne Notk verwirft. Uebrigeus mufs darauf hingewiesen werden, wie wenig auch v. 24 in den Zusammenhang pafet. Wenn bisher schon jedes Gebiet der Welt versichert hat, dafs in ihm die Weisheit nicht zu finden sei; wenn aus dem Folgenden sich ergiebt, dafs die Weisheit aur bei und in Gott zu suchen ist, und zwar seit Beginn der Welt, so kann ein Schauen bis zu den Enden der Erde und unter dem gansen Himmel hin schwerlich zu ihrer Eutdeckung führen. Der Vers leitet nur irre in der Auffassung des Folgenden. Ich wage deshalb die Vermuthung, dafs er Glosse ist, aus falsch-sinnlichem Verst&ndnifs des WwW und Diy in v. 23 hervorgegangen. Vielleicht ist dam später auch das erste Wort von v. 25 umgestaltet, um dem einge schobenen Verse eine Stütze zu geben, unter Mifsdeutung auch seines Inhalts auf die Erhaltung statt auf die Schöpfung.

') Bo (im Ganzen mit Kamphausen, Hitsig u. s. w.) gegen andere Uebersetzung. Die Dillmann’sche, der sich in der 2. Aufl. auch Delitzsch fast ganz anschliofst, verwischt diesen Gegensats und läfst nur die eine Reihe der völlig objektivirten Weisheit übrig. Dagegen spricht schon Prov. 8, 22 ff. (vyl. besonders das m. 22),

die Stelle, auf die Dillmann selbst sich beruft (vgl. hier gegen Dill- mann auch Giesebrecht 8. 21 f.).

des Buches Hiob. 29%

Weisheit selbst, sein apn reicht gleich weit“. Handlungen aus dem grofsen Werke der Schöpfung werden angeführt, weil sie die ersten sind, in denen sich die Weisheit kund- gethan hat, und zugleich die grölsesten, von denen aus der Schlufs a.majori ad minus sich ergiebt : wer das ge- than und durchschaut, der weils und kann alles, der besitzt die Weisheit als solche. Darum auch verlangt Gott von dem weisen Hiob (38, 4) zum Beweise Antwort auf Fragen, die die Schöpfung betreffen. Daraus also, dafs die Weis- heit, die Gott nach v. 23 ff. besitzt, nothwendig dieselbe sein muls, welche in und von der ganzen Welt nicht ge- funden wird, wird rückwärts wiederum klar, dafs die ge- suchte Weisheit auch jene Fragen über den Weltsusam- menhang, ja die Regierung der Welt selbst, die zum aus- schliefslichen Machtbereiche Gottes gehört, zu lösen und zu leisten im Stande sein würde’). Gesucht ist also weder die göttliche noch eine menschliche. Weisheit, sondern die Weisheit als solche, und das Ergebnifs des Suchens ist, dafs nur Gott dieselbe kennt und besitzt. Dafßs die ge- suchte Weisheit zunächst und an sich intellektueller Natur ist, nicht moralischer, ergiebt sich daraus mit Nothwen- digkeit und ist besonders von Wellhausen (Bl. 8. 541) gut hervorgehoben, von Giesebrecht eingehend be- sprochen worden.

Aber darum ist die Weisheit kein reines, passives Objekt, wie Delitzsch bei seiner Auffassung unserer Verse darauf hinauszukommen scheint. Er meint unter Vergleichung von Prov. 8,22—31 sagen zu dürfen (2. Aufl. S. 373) : „Die warn ist die göttliche Idealwelt, die gött- liche Imagination aller Dinge vor ihrer Schöpfung, der

9) Doch braucht man darum keineswegs aus dem kosmologischen Charakter dieser Verse besondere Schlüsse zu sieben oder von Hiob daraus auf ethische Verhältnisse schliefsen zu lassen, wosu besonders Merx neigt.

Zeitsehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1888. 15

996 Budde, die Capitel 27 und 36

einheitliche Complex aller der Ideen, welche die Wahrheit der Creaturen und das Ziel ihrer Entwickelung sind. Sie ist nicht geradezu eins mit dem Logos, aber der Logos ist der Demiurg, durch welchen Gott nach jenem innergött- lichen Urbilde die Welt ins Dasein gesetst hat. Die We» heit ist das unpersönliche Modell, der Logos der persta- liche Werkmeister nach jenem Modell.” Wenn im Vor hergehenden die Weisheit als aller Schätze gröfßster ge priesen wird, so mufs sie etwas nütze, so muls sie wirksam sein : eine Idealwelt, ein blofs unpersönliches Modell ohne den „persönlichen Werkmeister Logos“ dazu kann zu nichts nützen; dafs es einer ferneren Ergänzung zur Weisheit noch bedürfe, davon steht nichts zu lesen. Vergleicht man aber vollends Prov. 8, 22 ff, so nennt sich dort m v. 80 die Weisheit jinx, und Delitzsch übersetzt das selbst mit , Werkmeister* (Comm. 1873, 8.147), ja er sagt dort wörtlich : ,. . . sie (die Weisheit) war es, welche die in Gottes Schöpferwillen urständenden und durch sein Schöpfergeheils in Bewegung gesetzten Schöpfungsgedanken aus ihrer idealen Wirklichkeit in reale umsetzte und gleich- sam die Entwürfe der einzelnen Creaturen künstlerisch ausführte; sie war die Mittelursache, die demiurgische Macht, deren sich die göttliche Schöpferthätigkeit bediente, wie 3, 19 gesagt wird u. s. w.“ Also was Delitzsch dort als Objekt der wirkenden Weisheit nennt, das macht er im B. Hiob zur Weisheit selbst; was ihm dort die Weisheit selbst ist, macht er hier zum Logos. Streichen wir die beiden Stellen fremde Vorstellung von der gött- lichen Idealwelt, so kann kein Zweifel sein, dafs De- litzsch sum Spruchbuche das Richtige anmerkt; gerne möchte man dann darin die Berichtigung seiner Erklärung von Hiob 28, 23—27 erkennen, wenn nicht die 2. Aufl. des Hiob-Commentars vom Jahre 1876 die Stelle unver- ändert wiederbrichte. Die beiden Stellen nebeneinander zu begreifen, will mir bei dem besten Willen nicht ge

des Buches Hiob. 997

: ingen; die Bemerkung (schon in der 1. Aufl. des Hiob- Comm.) : „Indefs sind die Begriffe weder hier noch in dem verwandten jüngeren Schriftstück Spr. 8, 22—31 schon so geschieden, wie es nur die neutest. Gottesoften- barung ermöglicht hat“, ist doch nicht im Stande die Ver- wirrung zu beseitigen. Für unsere Stelle verfällt in den Fehler Delitzsch’s auch Dillmann, wenn er das Aryı deutet „er stellte sie zur Betrachtung hin, so wie ein Künstler oder Baumeister die min“, wenn er von einem gründlich erkannten Muster, von einem wirklichen Schaffen nach ihren Ideen redet. Auch er beruft sich dabei neben c. 15, 8 (wo ja nichts weiter steht, als dafs in Gottes Rath Weisheit zu haben ist) auf Prov. 8, 22—31 als weitere Ausfihrung'). Uebrigens scheint mir Giesebrechts Tadel, dafs Dillmann den Versen 23-27 sowie ihrem Verhältnis zum Vorhergehenden nicht gerecht werde (8. 26, 27), allerdings begründet.

Es bleibt noch zu behandeln der Satz, in dem das ganze Capitel gipfelt, v. 28. „Und er (Gott) sprach zum Menschen : Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weis- heit, und das Böse meiden ist Einsicht.* So eine ganz ungefärbte wörtliche Uebersetzung, in welche noch keinerlei Specialverständnifs des Zusammenhangs mit dem Vorher- gehenden aufgenommen ist.

Zuerst wird man fragen müssen : warum, nachdem bisher rein objektiv nach der Weisheit gefragt worden, giebt hier Gott dem Menschen eine Antwort? Eintach darum, weil der Mensch nach der Weisheit suchend das Subjekt des ganzen Capitels ist, weil der in seinem Inter- esse die ganze Frage aufgeworfen hat. Das steht nicht so

1) Richtig dagegen Ewald, der die Weisheit Dienerin und Bild- nerin nennt, die in der Schöpfung bildend und erhaltend hervortreten und sich offenbaren mufs.

15*

238 Budde, die Capitel 37 und 28

wörtlich zu lesen, ist aber aus dem Zusammenhang ki I und sicher abzuleiten. Gold, Silber u. a w. werdag sucht und gefunden, und wird auch der Mensch mit Nang kein einziges Mal genannt, so mufs er doch das in Oi 4. das Pronomen und des aktiven Verbs auftretende Sabjdt 5 4 sein, die ganze geschilderte Arbeit ist die des Bergmam, In dem folgenden Satse v. 12 mufs deshalb das logie Subjekt des apa Tan MOQ, der Suchende, ebense de Mensch sein, wie denn v. 13 ihn sogleich einführt, alsda, der den Weg zu ihr nicht weifs, sie auf der Erde nid finden kann. Die anderen Geschöpfe suchen sie nicht fir sich, sie antworten nur dem fragenden Sucher, dafs & nickt im Besits der Weisheit seien, ihm also nicht des }; verhelfen könnten. Nun ist der gefunden, der dem Funde |, der Weisheit nicht nur kennt, sondern der sie in Bests j, und Gebrauch hat. An ihn also wendet sich gleichsam de |, suchende Mensch mit Frage und Bitte, weil er der einzig | ist, der ihm die ersehnte Weisheit geben kann, wenn « will. Und nun thut sich des Besitzers, Gottes Mund au, und der Mensch erhält nach langem vergeblichem Suche und Hoffen seinen Bescheid.

Man könnte gegen diese Darlegung des Zusamme- hangs einwenden, dals das spe in v. 28 doch unmittelbe an die Verse anknüpft, die gleichsam den Erwerb de Weisheit durch Gott bei der Schöpfung schildern, alo nicht jetzt gesprochen werden, sondern längst gesprochen und ein für alle Mal vorhanden sind. Das ist ganz richtig, nichtsdestoweniger aber wird diese Antwort immer wieder | von neuem dem Menschen gegeben, der die Weisheit suck, und so ist sie, wenn schon uralt, doch immer neu, wel mit jedem neuen Menschenleben auch Sehnsucht und Suchen wieder erstehen kann. Es ist also sicher in v. 2 die Antwort enthalten, die dem nach Weisheit suchenden Menschen wird, und zwar die einzige, die ihm werde kann.

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Diese Antwort besteht in einer Definition der Weisheit tal der Einsicht'), für welche in einfachem Nominalsatse, rer besonders nachdrücklich hinweisend (vgl. das fi und Mi), gleichwerthige Begriffe gegeben werden : „Furcht ws Herrn“ und „das Böse Meiden*. Grammatisch be- schtet sind diese letsteren Begriffe nachdrücklich voran- stelltes Subjekt, logisch betrachtet liegt in ihnen die mpeage, d. i. das Prädikat. Sie sind das vom Menschen ssuchte, die Weisheit. Nehmen wir das zunächst ein- sh nach dem Wortlaut als vollkommen richtig an und wen wir weiter, inwiefern damit das Suchen des Men- hen, sein Verlangen nach dem Besitz der Weisheit, be- edigt wird. Es wird das dann der Fall sein, wenn er sh in den Besitz der für die Weisheit eingesetsten Werthe | setzen vermag, also wenn es ihm gelingt, ein ‘se KT id yo WW zu werden. Dafs dies möglich ist, beweist so- eich der erste Vers des gansen Buches, wo Hiob selbst ese Eigenschaften beigelegt werden, und c. 1, 8. 2, 3, o Gott sogar ihm dieselben zugesteht; aus dem Ausdruck ht dort zugleich hervor, was auch sonst ersichtlich, dafs, »schon nicht in gleichem Grade wie Hiob, auch andere 'enschen sie besitzen. Dafs Hiob selbst sich diese Eigen- thaften zuspricht, braucht nicht erst bewiesen su werden. araus folgt, dafs jedenfalls Hiob nach dem von ihm an- eführten Ausspruch Gottes weise ist, die in cap. 28 ge- ıchte Weisheit besitzt und sie längst besessen hat, ehe r in dieser Rede tiber sie sprach. Er mufs sich selbst essen nicht bewulst gewesen sein, denn sonst könnte er icht in v. 13 sagen, dafs kein Mensch den Weg zu ihr isse, und ferner, dafs sie in der ganzen Schöpfung nicht a finden sei. Weil sie nach einem bloisen Namen suchten, sssen Inhalt sie nicht kannten, deshalb haben alle Ge-

*) ea, die stets im unserem Capitol mit Igyy} gekoppelt vor- omm¢t, aufser in v. 18.

930 ‘Budde, die Capitel 27 und 28

schöpfe sie nicht finden können. Dafs Gottesfurcht und {' Meiden des Bösen gleichwerthig mit der Weisheit seien, |' ist demnach die neue, überraschende Erkenntnifs, mittel | deren das Räthsel dieser Rede gelöst wird. Vor allew | aber müssen die grofsen Räthsel des Lebens Hiob’s danı gelöst sein. Er ist sich fortan bewulst, den gröfsten Schats zu besitzen, den eın Mensch haben kann (vgl. v. 15—19): was kann ihm zum höchsten Glücke, zum Ideal mensch- licher Lebensgestaltung noch fehlen? Welche Frage, welches Räthsel kann ihn fortan noch quälen, da er den Schlüssel zu allen, die Weisheit selber, besitzt?!) Ich brauche nicht fortzufabren; die Behandlung der folgenden Capitel, 29—-31, wie sie im Anschluß an 27, 8—10 oben gegeben wurde, reicht vollständig aus, um durch alle diese Berechnungen einen Strich zu machen, und daraus folgt mit Nothwendigkeit, dafs der Ansatz falsch war, dafs Furcht Gottes und Meiden des Bösen eben nicht die Weisheit ist, die mit den übrigen Menschen Hiob vergeblich gesucht hat*). Zu demselben Ergebnifs führt eine andere Er- wägung. Setzen wir die Worte von v. 28 in die nächst vorhergehenden vv. 23—27 ein, so fragt sich, ob die in v. 2b. 26 genannten Werke auch Werke der Gottesfurcht sind? Unmöglich. Und doch sind es Werke eben der selben Weisheit, die von v. 12 an gemeint ist, wie denn v. 23 blofs mit dem Suffix die Begriffe Mo»r und 93 aus v. 20 anzieht, von denen inzwischen v. 21 f. noch ganz in

1) Getrost darf man alles hier einfügen, was in Prov. 8 von den Früchten der Weisheit aufgezählt wird.

*) Die Berechtigung dieser Bohlüsse wird durch keine mögliche oder unmögliche Beziehung der ganzen Rede umgostolsen. Möge auch die Rede nur sur Erklärung des Geschickes der Frevier (27, 13 fi.) da sein oder su Nutz und Frommen beliebiger Personen : immer gilt ibr Ergebnifs für alle Menschen und kann daher auch auf Hiob An- wendung finden. Palst sie auf ihn nicht, so ist das Räthsel eben nicht gelöst,

des Buches Hiob. 981

der Weise von v. 13 f. versichert haben, dafs die Vögel, alle Lebewesen, Abgrund und Tod ihre Stätte nicht kennen’). In c. 38 ff. verlangt Gott von Hiob Antwort auf eine Menge von Fragen, die er müsse geben können, wenn er im Besitze von Erkenntnils sei (v. 43 NYT OR, die stehende Parallele von "nom in cap. 28). Auch auf diese Fragen giebt die Gottesfurcht keine Antwort, ja Gott scheint hier sein eigenes Wort in 28, 28, das dem Hiob Weisheit suspricht, Lügen zu strafen. Demnach Behauptet Hiob tn v. 28, dale Gott dem Menschen unter dem Namen der Weisheit an ihrer Statt etwas Anderes ge- geben habe, was sich nicht mit der Weisheit deckt.

Ehe wir zu näherer Beleuchtung dieses Ergebnisses übergehen, werden noch andere Versuche zu besprechen sein, die an einer so bedenklichen Auffassung vorbeizu- kommen meinen.

In seiner Art sehr fein ist gewils der von Delitzsch soweit ich sehen kann nicht nur vertretene, sondern auch gefundene Erklärungsversuch. Hier wird klar, warum er in der p>r1, wie oben besprochen, die göttliche Idealwelt sehen will, den einheitlichen Complex (also auch die Summe) aller der Ideen, welche die Wahrheit der Creaturen und das Ziel ihrer Entwicklung sind. Denn danach ist die Weisheit einem jeden Geschöpfe bei der Schöpfung bereits angeboren, weil in ihm verwirklicht, aber derart, dafs die ganze mögliche Weisheit, die ein Geschöpf erhalten kann, eben nichts ist als seine eigene Idee aus jenem Complex der Ideen heraus. Ist somit jene Deutung von mar richtig und können die in v. 28 dafür gegebenen Werthe als die „Idee“ des Menschen gelten, so stimmt v. 28 mit dem Vor- hergehenden : der Mensch hat seine ganze Weisheit erhalten. Nun hat überhaupt wohl die ganze platonisehe Ideenlehre

*) Dies gilt gegen alle diejenigen, die den Begriff der Weisheit von v. 12-32 anders fasson möchten als in den folgenden Versen.

288 Budde, die Capitel 27 und 38

mit unserem Buche und Abschnitt wenig zu thun. Deals es Delitzsch selbst nicht gelingt, in Uebereinstimmung mit sich seine Theorie auf die verschiedenen Stellen anzu- wenden, haben wir oben gesehen. Hier dürfte es sehr schwer fallen, Furcht Gottes und Meiden des Bösen ge- radesu als die in der Schöpfung durch den Demiurgos- Logos verwirklichte Idee des Menschen zu begreifen, ds sie doch jedenfalls nur Eigenschaften dieser Idee, wenn auch die höchststehenden, darstellen könnten. Aber jeder Versuch, diesen Begriff der marı anderwärts einzusetzen, milslingt. Wie können DYM und DO! sagen „die Weisheit ist nicht in oder bei mir“, wenn doch thre ganse Weoishett in ihnen verkörpert sein mufs und unmöglich noch, wie bei dem Menschen etwa, einer durch freie Willensthat sa erringenden Ergänzung oder Verwirklichung bedarf? Wie kann dann gesagt werden, dafs sie auf der ganzen Erde nicht zu finden sei? Diese Beispiele sind abthuend. Mag der Mensch nach etwas suchen auf den blofsen Namen hin, ohne zu wissen, dafs er das Gesuchte in sich selbst trägt : wenn unpersönliche Schöpfungsgebiete personificirt werden und reden, so müssen sie damit ihr ganzes Wesen kund thun, wie es wirklich ist, d. h. wie der es ansieht, der sie reden heilst, hier also Hiob; und dieser selbst sagt ja von der Lebewelt aus, dafs die Weisheit in ihr nicht gefunden werde. Also hat er an eine solche Weisheit gar nicht gedacht, auch ist sie aus keinem Verse herauszulesen, nicht einmal bei der Delitzsch’schen Fassung der Verba aus v. 27. Nicht passiv, sondern aktiv ist die vom Dichter gemeinte Weisheit, sie schliefst sich nicht ab in den Grensen des einzelnen Geschipfes, sondern ist selbst eine Fähigkeit der Einwirkung auf andere Geschöpfe bis zur Regierung der ganzen Welt hinauf.

Eine andere Auffassung, die ebenfalls den Schlufs zu vermeiden sucht, dafs in dem Ausspruch Gottes etwas Anderes an die Stelle der Weisheit gesetzt werde, erkennt

des Buches Hiob. 233

in der Furcht des Herrn und dem Meiden des Bösen den

Weg, das Mittel, um zum Besitz der Weisheit zu gelangen. Sie läfst sich weit zurück verfolgen, als wichtigste Ver- treter in unserer Zeit mögen hier Ewald, Schlott- mann, Hengstenberg, Dillmann, H. Schultz ge nannt werden. Dafs sie stets viele Vertreter, besonders auch in der sogenannten praktischen Exegese hatte, be- greift sich leicht : sie ist einerseite die tröstlichste, weil sie statt Verzicht Hoffnung gewährt, und andererseits läfst sie sich am leichtesten mit anderen Schriftstellen, beson- ders im Buche der Sprüche, in Einklang bringen. Ich werde ihr an der Hand von Dillmann’s Auslegung nach- gehen müssen, da er der Einzige ist, der ausführlicher für dieselbe eintritt. Allerdings mufs ich gestehen, dafs ich dies höchst ungern thue, weil es mir gerade hier nicht gelingen will, eine geschlossene, klare und widerspruchs- lose Auffassung bei ihm zu finden. Um sicher zu gehen, werde ich stets seine eigenen Worte anführen und mufs den Leser ausdrücklich noch auf das Buch selbst verweisen, damit ich nicht des Mifsverständnisses beschuldigt werde.

Mein Recht, Dillmann’s Ansicht hier einzureihen, leite ich aus felgenden Stellen ab. Er sagt S. 243 : Die Weisheit im vollen und- höchsten Sinne . . . finde sich nur in und bei Gott, „der Mensch könne ihrer und ihrer Güter nicht anders theilhaftig werden als in der Einheit mit Gott, durch Furcht Gottes und Meiden des Bösen.“ Aehniich 8. 249 : „die vom Menschen anzueignende Weisheit werde als ein Gut beschrieben, das der Mensch nicht wie andere Güter in der sinnlichen Welt, sondern nur von und bei Gott, der im Alleinbesits der vollen Weisheit ist, erwerben kann durch Gottesfurckt“. So endlich mit schlichten Worten 8. 256 : „schon ale er (Gott) ursprünglich diese Ordnung schuf, hat er nach ihrem (der Weisheit) Muster geschaffen, und damals auch dem Menschen den Weg be-

234 Budde, die Capitel 37 und 28

stimmt, auf dem für thn die Weisheit zu finden ist, stulig die Furcht Gottes.*

Es wird also hier die Furcht Gottes nicht als mit de I, Weisheit, des Menschen Weisheit, eins aufgefalst, send von ihr unterschieden als der Weg zu ihr, das Mittel = ihr zu gelangen. Und wenn nun Dillmann (ebenhh auf 8. 254) die Weisheit als „die Fähigkeit des richtigm Denkens und Handelns® und damit „die rechte Kunst ds glückseligen Lebens“ bezeichnet, so ist nach v. 28 & Gottesfurcht Weg und Mittel su dieser Fähigkeit, a dieser Kunst. Es leuchtet ein, wie gut diese Auffassuy zu den bekannten Stellen des Buches der Sprüche pik (Prov. 9, 10. 1, 7. 3, 5 ff, vgl. Ps. 111, 10), wie dm dort überall die Erwerbbarkeit der Weisheit mit den hid- | sten Attributen und Prämien auf sittlich-religiösem Weg behauptet wird. Aber da steht auch die Weisheit auf de Gasse, predigt und bietet sich zum Kaufe an, da wil auch von solchen geredet, die die Weisheit besitzen. Fer ist dort der Glaube an gerechte und gleiche Vergeltung der Frömmigkeit wie der Gottlosigkeit durchaus ungestört, nicht der geringste Zweifel ist aufgestiegen, dals nict der Gottesfürchtige unbedingtes Lebensglück zu gewir tigen habe. Und ebendort wird mit klaren Worten ge sagt, dals die Gottesfurcht eben der Anfang der Weich (men, brn) sei. Von alledem ist hier gar nichts m lesen. Wo will man im Texte finden, dafs die Gotte furcht nur der Weg sur Weisheit, nicht die Weishat selber sei? Hätte nieht gerade hier der Dichter möglichst deutlich reden müssen, nachdem er in v. 12 ff. ganz anden, als in jenen Spruchstellen geschieht, die Unfindbarkeit der Weisheit für alle Geschöpfe aufs nachdrücklichste behauptet hatte?!) Und nachdem in v. 23 gesagt war, dafs Gott

N) Dafs Sprüche und Hiob ganz auf einer Ntufe stehen, wird aller: dings oft genug als selbstvorständlich betrachtet, so wenn Delitzsch

236 Budde, die Capitel 37 und 28

Mit diesen letsten Aussagen sind wir wieder bei dem Ausgang angelangt, der schlichten Auffassung der Worte des Verses, nach welcher eben in dem Beschetde Gottes un den Menschen die Gottesfurcht für die Weisheit eingesetzt wird : „Gott hat dem Menschen als sein Gesets bestimmt, dafs für ihn Gottesfurcht Weisheit sei*. Liegt bei dieser Fassung der Begriff „Gesets, Ordnung” deutlich in dem own, das als Bescheid und Willensäufserung Gottes den- selben allerdings in sich schliefst, so schliefst Giese- brecht seine Untersuchung mit einer Formel, die zwar inhaltlich ganz dasselbe sagt, aber su gleicher Zeit noch bei Thoresschlufs das Zugeständnifs su vermeiden bestimmt

handelnd sein Lebensgltick begründen, aber nur indem er an der Gottes furcht festhalt.© Der ven uns cursiv gedruckte Sats geht doch in das Gebiet des Intelligiblen ein, ja er eröffnet dem Menschen sogar dit Aussicht auf das Verständnifs des Weltsusammenhangs, auf die Be antwortung von Fragen wie die des cap. 88. Das wird nach dea Protesten auf 8. 249 und 254 Niemand aus Dillmann's Definition „Prinzip oder Kunst des rechten Denkens und Handelns“ herausleses. Wenn ferner Dillmann in der suletst im Texte angeführten Stelle auch die Delitssch'sche Auffassung streift oder mithinsanimast, so geht andererseits Delitssoh, nachdem er eben die Weisheit als die göttliche Idealwelt bestimmt, nach deren Muster Gott darch den Logos geschaffen hat, dasu über (8. 342), unseren Vers mit dem „die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang" gleichsusetsen und demnach, soweit ich seheu kann, eine ganz andere Auffassung su vertreten. Da mag denn auch noch Smend genanut werden, der, nachdem er eben davon gesprochen, wie Gott fürchten und seinem Willen gemäfs leben die dem Menschen von Gott verordnete Weisheit sei, mich auf die von ihm dargelegte, von Delitssch und Dillmann vertretene Auffassung von ©. 27. 28 verweist, mit der ich mich hätte auseinandersetzen müssen. Dafs Dillmann's und Delitssch's Ansichten nicht ohne weiteres gleichzusetzen sind, glaube ich geseigt su haben; Smead scheint sich dessen nicht bewufst sa sein, und doch stimmt wiederum seine Auffassung von v. 28 nur mit den letstgenannten Btellen Dill maan's überein. Ich bemerke übrigens ausdrücklich, dafs ich eine so eingehende Analyse der Erklärungen von Delitssch und Dill- mann gerne vermieden hätte, mich aber durch Bmend’s Verweisung und Verweis dasu genöthigt sah.

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238 Budde, die Capitel 27 und 28

v. 12 und 20 der unveränderte Begriff gesichert ist? Giesebrecht belehrt uns 8. 19, dafs hier mit der Ar tikellosigkeit der erste Begriff der Wortverbindung, dss Wort 79/9, getroffen werde, weil nur hypothetisch voa „einem Weisheitsbesitz® geredet werden solle. Wenn abe der Verf. dies wollte und zugleich in v. 28 so grofses mit der Artikellosigkeit von mar vor hatte, so hätte er aim | Wortverbindung vermeiden müssen, die ihm nothwendig | das eine oder das andere unmöglich machte. Dafs es aber mit diesem hypothetischen Werth von 'n WW nichts ist, haben wir bereits oben gesehen. Wie ferner mar in v. 18, so steht der Parallelbegriff 32 überall, in v. 12, 20, 38 obne Artikel, und wollte man die jedesmal folgenden Suffixe streng an das letzte Beziehungswort anknüpfen lassen, so handelte es sich im folgenden immer um das bedenkliche artikellose 92. Nun steht allerdings my3 in 12 und 28 abhängig von OWp, und so könnte Giese brecht etwa auch hier den bei v. 18 gemachten Erkls- rungsversuch wagen; aber dafs der Otpy nicht hypothetisch ist, sondern wirklich existirt (wie ebendort ungenannt auch der 'n we), beweist ja deutlich v. 23, eine Determination des nomen regens brauchte also hier durchaus nicht ver- mieden zu werden. Lassen sich also besondere Gründe für das Fehlen des Artikels an keiner dieser Stellen aus- findig machen, so ist das Ergebnifs einfach, dals "yon ab- gesehen von v. 28 in unserem Capitel zweimal mit, einmal ohne Artikel steht, der Parallelbegriff my3 zweimal nur ohne Artikel, dafs also die Artikellosigkeit überwiegt. Und das ist im B. Hiob wie in der ganzen hebräischen Poesie überhaupt der Fall (vgl. jede Grammatik). Soll eines von beiden erklärt werden, so bedarf die Artikelsetsung, nicht das Fehlen desselben, hier einer Erklärung. In v. 12 trägt 'n den Artikel, weil es stark betont und, in entschiedenem Gegensatz gegen einen ganzen Abschnitt, zu Anfang steht’). 4) Vgl. ähnlich EyRD I 26, 6.

240 Budde, die Capitel 27 und 38

schaft, durch deren Besitz er selbständig das Wesen der Dinge und Erscheinungen erkennen und ihren Gang nach seinem Willen lenken könnte; vielmehr soll der Mensch in demüthiger Abhängigkeit von Gott und Gehorsam gegen ihn aus seinem Munde alle Wahrheit, aus seiner Hand alles Gute und Behütung vor dem Uebel erwarten. So ist die Furcht des Herrn nicht der Weg, das Mittel sum Erwerb der Weisheit, sondern statt der Weisheit das Mittel zu Erkenntnils und Glück. Und das ist nıcht ar mal im Ergebnils dasselbe. Denn könnten wir durch Gottesfurcht in den Besitz der Weisheit gelangen, so wire doch mit diesem Besitz und von diesem Augenblick aa die Erwerbung von Erkenntnife und Glück ohne Angabe von Schranken in unsere eigenen Hände gelegt : ist aber die Furcht Gottes unmittelbares Werkzeug, so ist das Mafs der zu erlangenden Güter einsig und allein in Gottes Willen zu erkennen, der Mensch verhält sich blofs leidend.

Damit tritt das Buch Hiob allerdings in Gegensatz gegen das Buch der Sprüche, insbesondere c. 1—¥Y. Denn wohl wird auch dort die Weisheit nirgends von dem Ver- halten des Menschen zu Gott losgelöst (cf. dagegen c. 3, 7): aber, wenn die Gottesfurcht als Anfang der Weisheit uns entgegentritt, so ist damit ebenso wie mit ihrem ganzen selbstbewufsten Auftreten der Weisheit doch ein eigen- thümlicher, überragender Werth zugeschrieben; sie wird doch bewufst gehandhabtes Werkzeug des Menschen, die Gottesfurcht ist wohl unumgängliche Bedingung, aber sie umspannt keineswegs den Umfang und erschöpft nicht das Können der Weisheit'). So werden denn auch immer

1) In dieser Ausführung stimme ich im allgemeinen mit Merz überein (8. XLII ff.). Seiner Aufstellung aber, als wenn die Gotter furcht in den Sprüchen als Erstlingsfrucht der Weisheit beseichact würde, vermag ich mich nicht anzuschliefsen. Dagegen spricht sehon deutlich das p5pym, das 9, 10 für mya gebraucht wird, sowie des

" t | '

des Buches Hiob. 241

wieder dem Menschen die köstlichen Früchte der Weisheit in ihrem ganzen Umfang verheifsen, von einem Wider- spruch zwischen Saat und Ernte ist nirgends die Rede. Gegen diese Lehre, die sich, natürlich nur in der Theorie, mit der der Freunde und Hiob’s eigener in der Vergan- genheit deckt, zieht Hiob zu Felde, und er thut dies vor

| allem, indem er den weit verbreiteten Elementarspruch ,die

Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang*') nach seiner ab- weichenden Ansicht herrichtet. Unerbittlich schneidet er hinter der Furcht Gottes alles weitere ab : wer über sie hinaus noch weiteres sucht oder gar su besitzen glaubt, der tappt ins Leere und wird früh genug enttäuscht werden, weil er gegen Gottes Willen und Ordnung handelt. In ähnlicher Weise erscheint auch der andere Schwesterspruch c. 3, 7 in Hiob 28, 28 weitergebildet und verändert. Es heifst dort :

„Halte dich nicht selbst für weise : (HPD OOM TRYR)

Rürchte Jahve und meide das Böse!“ Der ganze Zusammenhang zeigt dort, wie der eingebildeten Weisheit aus eigenem Vermögen die im Anschlufs an Gott zu erreichende und erreichte (v. 13) entgegengehalten wird;

parallele Glied 43:5 wi Ay, wo von Frucht gar nicht die Rede ist. Halt man diesen Vers mit c. 2, 5 susammen, mit dem Merx seine Auffassung begründet, so ergiebt sich eine genaue Uebereinstim- mung in dem Aufsteigen von Y’ı pe zu ‘ON Dy"- Das Suchen nach Weisheit (2, 2—4) wird allerdings sur Gottesfurcht als ihrem Anfang, und dann im weiteren Verlauf sur Erkenntnifs Gottes als ihrem Wesen führen ; nicht aber sagt der Text, dafs die Furcht Gottes Frucht der bereits errangenen und bosessenen -Weisheit ist. Ebensowenig kann joh der Zeitbestimmung für beide Bücher beipflichten, die Merx ge- winnt, indem er als sugestanden annimmt, dafs Jeremia 20 von Hiob 8 abhängig sei. Das Gegentheil ist richtig.

1) Boweit nar steht derselbe mit gans unwesentlichen Varianten fost, das zweite Glied liegt in drei stark von einander abweichenden Wendungen vor. Immerhin erscheint die von Prov. 9, 10 durch 2, 5 gestütst, und leicht möglich bleibt es, dafs Hiob auch dieses Glied in 28b in noch stärkerer Abschwächung bringt.

Zeitschrift f. d. alttest. Wise. Jahrgang 3. 1883. 16

249 Budde, die Capitel 37 und 28

das Mittel zu ihrer Erreichung aber ist Gottesfurcht. Bei Hiob aber ist die Gottesfurcht die zu erreichende Weisheit selbst : ein neuer Anfang, ein neues Werden, wird damit geleugnet, das von Gott zu Erwartende ist schon erschöpft. Der umgekehrte Fortschritt, von Hiob zu den Sprüchen, der meistens als selbstverständlich angenommen wird, scheint mir unvollsiehbar.

Noch zweierlei bleibt zu erörtern : in welcher Be ziehung dieses Endergebnils zu dem Vorigen, speciell su c. 27, steht, und welchen Werth es demgemiifs für Hiob selbst und die Idee des Buches hat.

Soviel ist klar, dafs, wenn c. 38 so urplötslich vn der Weisheit handelt, in dem Vorhergehenden irgend ein Zweck gesetzt sein mufs, zu dessen Erreichung man der Weisheit bedarf oder zu bedürfen glaubt'). Die erste Frage lautet also : von wem und wozu sollte. die Weisheit, falls sie gefunden wurde, in diesem Zusammenhang benutst werden? Nur zwei Antworten stehen einander hier gegen- über. Die eine von Delitzsch, Dillmann a. s. w, wonach die Weisheit, falls sie zu finden wäre, dem Goti- losen etwa das Mittel werden könnte, ohne und trots Gott sein Leben glücklich zu gestalten. Die andere von allen übrigeu Auslegern, wenn auch mehr oder weniger scharf und umfassend : zur Lösung des Räthsels in Hiob’s Leben, des Leidens des Gerechten.

Die erste der beiden Auffassungen empfiehlt sich scheinbar durch eine sehr einfache äufsere Verknüpfung des cap. 28 mit dem vorhergehenden ; das beginnende 3 führt den Grund für die letztausgesprochene Behauptung ein : „(c.27, 13—23) der Gottlose mus untergehen (c. 28), weil er . sich selbst des einzigen Weges zum Glück begeben hat.“ Das

1) Die Echtheit wird hier vorausgesetzt, and als erwiesen betrachtet, wenn es gelingt, den Zusammenhang vollkommen zu begreifen.

des Buches Hiob. 243

leuchtet sehr ein, aber um den Inhalt von c. 28 in diesen kürzesten Satz zu fassen, mufs man alles Grofse darin klein und alles Kleine grofs machen. Zunächst fehlt es für eine so individuelle Beziehung an allen nöthigen In- dividualisirungen, da vielmehr alles so allgemein wie mög- lich gehalten ist. Nichts deutet in dem Capitel an, dals der Gottlose es ist, der Schätze erwirbt, der die Weisheit sucht und nicht findet; nichts, dafs die Weisheit dienen soll, Lebensglück zu erlangen oder das erlangte zu sichern !); nichts, dafs das Endergebnifs den Gottlosen vernichtend trifft. Man wird einwenden, dafs das ja im Vorhergehen- dem gegeben ist, dafs man sich nur zu erinnern brauche, wie das ganze cap. 28 nur der Begründung davon diene, um sogleich überall das richtige Subjekt, den richtigen Zweck, die richtige Schlufsfolge einzusetzen. Nun bietet aber auch der vorhergehende Abschnitt gerade zu der eigenartigen Fassung von c. 28 gar zu wenig Analogieen. Eine solche will freilich Delitzsch aufweisen und glaubt in ihr eine wesentliche Verstärkung seiner Auffassung zu finden. Die Schätze, die nach c. 28, 1—11 der Mensch der Erde abzuringen und abzutrotzen weils, sollen zurück- weisen auf die von dem Gottlosen nach 27, 16 f. aufge- häuften Reichthümer, und so soll dieser Abschnitt erklären, wie.der Gottlose diese Schätze als irdische wohl zu er- werben im Stande ist, die Weisheit aber u. s. w. Aber diese Beriehung ist keineswegs sv leicht. Cap. 28, 1—11 schildern die Gewinnung von Schitzen durch Fleifs, Muth und Anstrengung, wihrend der Reiche in 27, 13—23 schon im ersten Verse als yoy, als Gewaltthitiger gekennzeichnet wird und die nächsten Verse es noch deutlicher machen, wie er keineswegs der Erde ihre Schätze raubt. In c. 28

1, Obgleich dafür die volksthümlichen Aussagen ebensogut aus geprägt vorlagen (oder leicht zu finden waren), wie für die abstrakte

Kostbarkeit im Vergleich mit allerlei edien Metallen und Steinen. 1A%

(244 Budde, die Capitel 37 und 28

ist nur von Schitzen der Erde die Rede, im c. 27 tritt neben dem Silber in demselben Verse der Reichthum an kostbaren Gewändern auf. So ist denn auch hier unter dem einzigen 90> baar Geld, nicht das Edelmetall als | solches zu verstehen, während c. 28 die Schätze der Erde möglichst erschöpfend aufsihlt. Der Reichthum an Hab und Gut ist in c. 27 auch nur ein Theil von dem (Hücke des Gottlosen : auch ihm sogar wird zugetraut, dafs ihm das köstlichste Gut seine Kinder sind (vgl. v. 14), und dieses Gut vermag er doch so wenig zu erwerben wie zn bewahren, sodals der Abschnitt 0.28, 1—11 die Erwerbbarkeit der irdischen Güter von Seiten des Frevlers durchaus nicht zu begründen im Stande ist. Vielmehr gehört die Annahme von Glück und Reichthum des Frevlers, von einem üppigen Scheingedeihen, mit in die Schilderung hinein, um einen desto jäheren und tieferen Sturs möglich zu machen (vgl schon c. 5, 3 ff. 8, 11 ff.), und ist vollends, wie ich glaube nachgewiesen zu haben, v. 13—23 eigens für den Gebrauch der Freunde geschrieben, so darf man vielleicht in der Schilderung des reich-behaglichen Lebens, dem Kinder- besitz u. s. w. einen besonderen Seitenblick auf sie im Vergleich mit dem seiner Habe und seiner Kinder beraubten Hiob erkennen. Endlich liegt, worauf Giesebrecht schon hingewiesen hat (S. 43), in 28, 1—11 der Nachdruck neben der Kostbarkeit, welche das Suchen lohnt, vor allem auf der Verborgenheit dieser Schätze, auf der Ueberwin- dung der Schwierigkeit, der Enthüllung des Geheimnisses, und dazu bietet c. 27 nicht den geringsten verwandten Zug. Bleibt so von diesem Bindeglied schwerlich etwas Brauchbares übrig, so fehlt es an weiteren völlig. Vor allem die Weisheit schwebt, auf c. 27 bezogen, ganz in der Luft; nicht das mindeste in c. 27 weist auf die Ein- führung dieses neuen Begriffes hin. Und doch wäre es eine leichte Sache gewesen darauf vorzubereiten. Der Gottlose, der seinen Gott weggeworfen, ist selbst gewils

des Buches Hiob. 945

überzeugt, weise genug zu sein und sein Lebensglück aus eigener Kraft begründen zu können. Warum nun nicht eine derartige Aeufserung, wie der Verfasser solche sonst so geschickt anzubringen weils ?') Dann hätte man die Rich- tung erkannt, in welcher die Weisheit Verwendung finden sollte, und sehr schön hätte sich dann die klägliche Ent- täuschung des Frevlers zeichnen lassen, wenn sich heraus- stellte, dafs er dennoch die Weisheit nicht gefunden habe, noch jemals finden kinne*). So fehlt für den Begriff der Weisheit und ebenso für den des Verborgenen, des Suchens und Suchenden in c. 27, 13 ff. jede Vorbereitung und Ver- mittlung, wie umgekehrt jede Beziehung in c. 28 auf die im Vorigen herrschenden Begriffe des Freviers und des Lebensglückes. Cap. 28 ist nicht nach rückwärts ange schlossen, sondern schliefst sich in seinem ganzen Aufbau nach innen ab : mit einer selbständigen, nach innen ver- weisenden Vorhalle, der Beschreibung des Bergbaues v. 1-11; dem gewaltigen Hauptbau, der resignirenden Lobpreisung der Weisheit v. 12-27; dem kurzen, ge drückten Abschlufs in Gottes Ausspruch v. 28%). Und dieser gewaltige Bau endlich kann schon an sich nicht an einen so kleinen Zweck verschwendet sein, wie dies die Begründung für den Untergang des Frevlers immerhin wäre. Man legt ja so grolses Gewicht darauf, dals beson- ders in c. 28 das Versprechen Hiob’s die Freunde zu be- lehren glänzend eingelöst werde. Ist es denn aber für die Freunde eine so neue Erkenntnifs, dafs der Mensch kein Mittel besitzt, sein Lebensglück abgelöst von Gott zu

1) Vgl. ähnliches 21, 14 f. 22, 17.

*) So würde es, wie mir scheint, der Darstellung des Frevlers als eines „Faust, getrieben von unersättlichem Wissensdurste und kühn- stem Erkenntnifsmuthe* (vgl. Wellhausen 8. 541) nicht einmal bedürfen. Doch ist ja von dem allen hier gar nichts zu finden.

*) Vgl. hierzu auch Giesebrecht A 42 f.

946 Budde, die Capitel 37 und 28

schaffen? Und ist dies Capitel, so aufgefafst, wirklich eine Begründung für den Sats vom Untergang des Frev. lers, oder ist es nicht vielmehr nur eine neue Behauptung auf Grund des alten Postulates eines allmächtigen und » gleich gerechten Gottes, das sich Hiob trots aller gege- theiligen Thatsachen immer wieder aufdrängt, den Frem | den nie abhanden gekommen ist? Der ganze Inhalt von c. 28 ist dann schon vorweggenommen durch c. 27, v. 8-10 in denen eben auf Grund jenes Postulates ein für allemal geleugnet wird, dafs der Frevler sei es äufseres Glück!) sei es inneres sich für die Dauer schaffen könne. Ene weiteren Begründung für diese Aussage bedarf es nicht, wie schon die Form von v. 8—10 anzeigt, eben weil sie auf dem Postulate eines allmichtigen und gerechten Gotta beruht*). Diese Verschwendung eines so grofsen und mit so viel Sorgfalt -und Kunst gearbeiteten Abschnitts läßt sich unmöglich verdecken oder ausgleichen durch Nebea- zwecke, denen das Capitel in weiterer Verfolgung des Ge gebenen dienen soll, wie sowohl Delitzsch (8. 354) ak Dillmann (8. 249) behaupten. Delitzsch läfst Hiob damit zugleich beweisen, dafs er, der inmitten seines Lei- dens an der Gottesfurcht festhalte (mit Bezug auf 27, 8—10), kein 99 sein könne, Dillmann läfst ihn mit- telbar aus demselben Grunde beweisen, dals er das Schicksal des Frevlers nicht erleiden könne, vielmehr noch Grund zur Hoffnung habe. Sofern beide Gedankenreihen auf der eigenthümlichen, beiden gemeinschaftlichen Auffassung von 27, 8—10 beruhen, sind sie mit dieser vben widerlegt. Wie künstlich und fein beide sind, geht schon aus der grofsen Verschiedenheit ihrer Ergebnisse hervor : auf derselben Grundlage baut sich derselbe Satz auf, und mit ihm m.

') Denn dafs auch dies ihm nicht bleibe, liegt deutlich in v. 8. 9 ausgesprochen. *) Vgl. dazu Giesebrecht 8. 45.

des Buches Hiob. 247.

gleich ergiebt sich hier der eine, dort der andere Sats, Beren jeder nach verschiedenen Seiten hin geeignet ist, Mem ganzen Stücke eine entscheidende Bedeutung für den Olang der Verhandlung erst zu sichern. Denn dafs in Diesem mittelbaren Ergebnifse in Wirklichkeit die Haupt- mache enthalten ist, giebt Delitzsch ausdrücklich zu, ‘wenn er sagt, dafs Hiob damit den eigentlichen Endeweck seiner angekündigten Belehrung erreiche : wievielmehr gilt das von dem Dillmann’schen Satze, nach welchem sich Hiob hier sogar zur Hoffnung aufschwingt! Aber auch Delitzsch verfolgt den dünnen Gedankenfaden noch viel weiter, als dies in der oben angezogenen Stelle geschieht. Er schliefst die Behandlung des ganzen Abschnittes mit den Worten : „Der Abschnitt c. 28 hat zunächst den Zweck, die Aussage tiber das Strafgeschick der Frevler 27, 13—23 zu begründen, die Begründung ist aber zugleich nach der feinen Anlage dieses Dichterwerks ein Bekenntnifs, welches die Antinomie, auf deren Enträthselung das Buch abzielt, zwar unenträthselt läfst, aber doch ihre beunruhigenden Wirkungen überwindet. Dieses Loblied auf die Weisheit ist Job’s Darlegung seines obersten Grundsatzes, in welchem These und Antithese zu vorläufiger Versöhnung gelangen. Hat sein Leben eine solche Basis, so ist sein Leiden un- möglich das Strafleiden des Gottlosen. Und ist Gottes- farcht die dem Menschen angewiesene Weisheit, so giebt er sich selbst damit die Lehre, dafs er, wenn auch unver- mögend, das Geheimnils seines Leidens su durchschauen, doch an der Gottesfurcht zu halten hat, und den Freunden, dafs sie dasselbe thun und nicht, um das Geheimnifs auf- zuheben, sich gegen thn, den Leidenden, ungerechtem Llieb- losem Wahne hingeben. Das Schlufswort Jobs, welches zunächst beweisen will, dafs den welcher Gott nicht fürchtet das verdiente Geschick eines von Gottes sittlicher Welt- ordnung abtrünnigen Thoren trifft, beweist so zugleich, dals das Leidensgeschick des Gottesfiirchtigen wesentlich

248 Budde, die Capitel 37 und 28

anders beurtheilt werden muls, als das des Gottlosen, und damit ist auch schon der Weg zur wahren Lösung der An- tinomie eröffnet.“ Man sieht hieraus vor allem nur, wie wenig eine Begründung für den Untergang des Frevlers an dieser Stelle den bescheidensten Erwartungen entspricht, wie viel noch zu wünschen übrig bleibt : aber dafs dies alles aus der Begründung eines von den Gegnern nie be zweifelten, von Hiob durch Postulat wiedergewonnenen Satzes stillschweigend sich ergeben und also vom Leser herausgelesen werden soll, wird Niemand so leicht zugeben. Der Satz, dafs den Gottlosen das Verderben erreichen mufs, kann höchstens den andern als ergänzenden Gegen- satz nach sich ziehen, dafs dem Gerechten Glück müsse zu Theil werden : und damit ist die Frage, um die es sich handelt, nur von neuem aufgeworfen, in keiner Weise aber der Lösung näher gebracht.

Will man wirklich in diesem Stücke etwas finden, was die Hauptfrage des ganzen Buches angeht und dazu berechtigt schon seine Stelle und der grofse Nachdruck, der augenscheinlich darauf ruht, dies Bedürfnifs sprechen ja auch die Vertreter der zuletzt besprochenen Ansicht aus so mufs man es aufgeben, dasselbe in so enge Fesseln zu schliefsen und eine andere Beziehung dafür suchen als die auf 27, 13—23.

Da mit der Myon in c. 28 ein ganz neuer Begriff in den nächsten Zusammenhang eintritt, so darf man gewils erwarten, dals wenigstens weiterhin Anknüpfungspunkte für dessen Beziehung sich finden werden, und man wird darum gut thun, Wort und Begriff durch das Buch hin rückwärts zu verfolgen, um aus dem früheren Vorkommen womöglich Aufschlufs zu erhalten'). Da finden wir nun

1) Ich lasse die Reden Elihu’. hier unberäcksichtigt, um nur allge- mein als beweiskräftig anerkannte Stellen su bieten. Sie würden übrigens das aus den übrigen Stellen gewonnene Ergebnifs nur be stätigen.

j !

des Buches Hiob. 249

in c. 11, 6 bei Zophar den Wunsch, Gott selbst möge seinen Mund aufthun und Hiob die tiefste Weisheit ver- künden über das Verhältnifs seines Leidens zu seiner Schuld'). c. 12, 2 rühmt Hiob ironisch, dafs mit den Freunden die Weisheit aussterben werde, wieder in Beant- wortung der Frage seines Leidens, und der Versicherung in v. 3, dafs er damit nichts neues erfahre, steht zur Seite c. 13, 2 „soviel wie Ihr (Dy9my13) weils ich auch.“ In c. 13, 5 sagt Hiob, wenn die Freunde nur schweigen wollten (zu dem vorliegenden Räthsel), so könnte man ihnen das als Weisheit anrechnen. In c. 15, 2 nennt Eliphas Hiob’s Ausführungen (über des Menschen Geschick und seinen eigenen hoffnungslosen Untergang) windiges Wissen (m my), eines Weisen unwürdig oder beweisend, dafs er kein Weiser sei. In c. 20,3 spricht Zophar von seiner Ein- sicht (772), nicht minder als bisher den Fall Hiobs be- treffend. In c. 21, 22 fragt Hiob : will man Gott Er- kenntnils (my) lehren?“ d. h. „will man ihn lehren, wie er die Welt regieren soll“, womit der Sache nach die ver- meintliche Einsicht der Freunde in die Weltregierung ver- höhnt wird. In c. 26, 3 bedankt sich Hiob ironisch bei Bildad, dafs er ihm, dem aller Weisheit baren mit der seinigen beigesprungen sei, wieder mit Bezug auf seinen Fall. In c. 38, 4 spricht Gott dem Hiob ironisch Einsicht zu, die er (natürlich in dem Streite tiber sein Leiden) kundgethan und nun an weiteren Fragen bewähren soll; in c. 39, 26 wird noch einmal auf Hiob’s (Schöpfer-) Einsicht Bezug genommen; in c. 38, 2. 42, 3 nennt Gott Hiob’s Reden unverständig (my 3). An allen diesen Stellen also steht My IN nebst seinen Synonymen rein tntellektuell, da es sich um das Begreifen einer Thatsache, nicht um Entschlüsse zum Zwecke irgend welcher Handlungen dreht,

!) Ich gebe absichtlich eine ganz farblose Fassung der in ihrer Auffassung streitigen Stelle.

250 Bu dde, die Capitel 37 und 28

und zwar stets in unmittelbarer Beziehung auf die Frag, U;

um die es sich im Buche handelt. Nur sehr wenige Stelle bleiben übrig. Von Gottes Weisheit, (bei der von See derbesiehungen nicht die Rede sein kann), redet Hi gelegentlich in c. 26, 12 (Hyıan), und Gott von der schaffen- den und regierenden Weisheit und Einsicht in Frageform c. 38, 36 f. Intellektuell zu fassen ist auch die Stele c. 21, 14, wo Hiob die Frevler sagen läfst : „Zrkenntils Deiner (Gottes) Wege begehren wir nicht.“ Nicht das selbe wage ich zu behaupten von den beiden letzten Stellen, die in ihrer reinen Verpeinung eben neue, hier unverweni- bare Begriffe, Unverstand und Dummheit, bilden. Es ist das c. 4, 21, wo die Frevler sterben marıa w und c. 39, 11, dafs Gott den Vogel Straufs der Weisheit habe vergessen lassen und ihm keinen Antheil an der Einsicht gegeben habe. Interessant ist hier jedenfalls der Bau des Satzes und die Parallele moarı und 133, gerade wie in c. 28, 12. 20. 28; unmöglich ist es keineswegs, dafs hier in gran- diosem Scherze des Straufsen sprichwörtliche Dummheit mit der höchsten Weisheit zusammengehalten wird. Wollte man ferner diese beiden Stellen als Belege für praktische Beziehung der no3rı im B. Hiob anführen was übrigens bei Delitzsch, Dillmann, Zöckler nicht geschieht so wäre dies schwerlich zu widerlegen, für c.4, 21 aber auch nicht zu beweisen. Und was für schwache Strohhalme man damit ergriffen hätte, müfste ja jeder einsehen }).

Nur mit zwei Stellen von allen, die das Buch Hiob bietet, habe ich bisher noch zurückgehalten, weil sie ge eignet erscheinen, den Analogiebeweis, statt wie die bisher aufgeführten Stellen für das Buch im allgemeinen, für unsere Stellen im besonderen zu erbringen. In c. 15, 7f.

!) Vgl. noch den 15, 2. 18. 17, 10 mit Besug auf die Haupt

frage des Buches; 9, 4 von Gott; 5, 18 su 4, 21 zu stellen, von ein gebildeter Weisheit.

des Buchos Hiob. | 251

kämpft Eliphas in gewohnter Weise gegen Hiob’s hier besonders lange und wichtige Ausführungen, zeigt sich ent- rüstet über seinen Anspruch auf höhere Einsicht in Gottes Weltregierung und die vorliegende Frage und weist seinen vermeintlichen Uebermuth zurück. Er fragt höhnisch : 7) „Wurdest Du als erster Mensch geboren, Und bist Du vor den Hägeln sur Welt gebracht? (p55) 8) Hörtest Du etwa im Gottesrathe su Und rafftest da Weisheit an Dich ?*

Vers 7b kann ich bei so wörtlicher Uebereinstimmung nur als Citat aus Prov. 8, 25b ansehen, das Selbstzeugnifs der personificirten Weisheit wird auf Hiob höhnisch übertragen. Der ganze Vers besagt dann : Du bist wohl die personi- ficirte Weisheit selbst, mufst demnach der erste Mensch, ja das erste aller Geschöpfe sein (Prov. 8, 22), die Weis- heit hat also bei der Schöpfung menschliche und zwar Deine Gestalt getragen! Aus Prov. 8, 26—31 fliefst v. 8a, und 8b giebt dann zu allen diesen höhnischen Fragen den Schlüssel, der nothwendig von der Personifikation der Weisheit zu dem Besitz derselben tiberleiten mufs'). Also hier dieselbe innige Verwandtschaft mit jenen Stücken der Sprüche, dieselbe Bezugnahme darauf, wie in cap. 28. Und auch hier dient die höhnisch zugestandene Weisheit keinem anderen Zwecke, als der Lösung des Räthsels, das Hiob und die Freunde beschäftigt. Noch beweiskräf- tiger ist die Stelle c. 12, 12 f., wenngleich vollständige Einigung über den Zusammenhang noch nicht erzielt ist. Hiob verspottet da die angelernte Alltags- und Allerwelts- weisheit der Freunde, insbesondere c. 11,7 ff. Der Zusammen- hang vot 12, 7 an scheint mir der zu sein. „Dergleichen (über Gottes Allmacht und Allweisheit) kann Dich jedes

1) Welcher Stelle die Priorität gebührt, kann natürlich bei einer sw sekundären Wendung, wie unsere Stelle sie uimmt, gar nicht weiter in Frage kommen.

252 Budde, die Capitel 27 und 28

unvernünftige Geschöpflehren ; sie wissen alle, dafs Jahve's Hand dergleichen thut, weil ja ihr eigenes Leben in seiner Hand liegt. Des Menschen Ohr dagegen soll die gehörten Worte wohl prüfen und überlegen. Wenn Ihr aber meint (vgl. 8, 8 ff. 5, 27): 12) „„Bei den Greisen ist Weisheit Und Länge des Lebens ist Einsicht (M3\9M)** : 18) „Bei ihm ist Weisheit und Btärke, Sein ist Rath und Einsicht |“

Dem Rechte und der Pflicht unbefangener Prüfung, das er für sich in Anspruch nimmt, läfst Hiob die Freunde entgegenhalten, dafs es dessen nicht mehr bedürfe, da ja Greise, Erfahrene fertige Weisheit darböten, eben die von ihnen gespendete. Nicht bei ihnen, erwidert Hiob, ist Weisheit zu finden (so wenig, wie er selbst, der Prüfende, das Räthsel zu lösen vermag), sondern bei Gott allein ist nicht nur die Weisheit, sondern auch die Stärke (Wissen und Können vgl. ganz ebenso c. 9, 4)'). Mag meine Auf- fassung von v. 7—11 bezweifelt werden, so sind doch v. 12 f. auf keine andere Weise befriedigend zu erklären; und ist das nur zugestanden, so haben wir hier eine ge- naue inhaltliche Parallele zu c. 28, 12—-27, und wiederum ist hier die Weisheit in Beziehung gesetzt nur zu der Lö- sung der Grundfrage des gansen Buches und dem Streite über dieselbe.

Mit dieser Aufzählung ist, soweit ich sehen kann, alles Mäterial erschöpft, welches aus dem übrigen Buche zu der vorliegenden Einzelfrage herangezogen werden kann, und

1) Unter den Commentaren, auf die ich zur Prüfung dieser Auf- fassung verweisen mule, hebe ich Hitzig hervor, mit dem ich in den wichtigsten Punkten, besonders in der Auffassung von v. 12, überein- stimme (vgl. auch Merx, Studer). Vor oder nach v. 12 eine Lücke anzunehmen (Dillmann, Ewald) sehe ich keine Veranlassung; viel- mehr ist der Zusammenhang, wenn man v. 13 als Selbsteinwarf im Sinne der Freunde falst, sehr gut und echt hiobisch.

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des Buches Hiob. 953

daraus ergiebt sich ein starker Analogiebeweis dafür, dafs aueh in c. 28 die Weisheit auf die Lösung der Frage ab- zielt, der das ganze Buch dient. Ich zaudere keinen Augen- blick zu behaupten, dafs, wie die Dinge liegen, der Dichter es sicher ausdrücklich und besonders deutlich hervorgehoben haben würde, wenn er der Weisheit hier ein anderes Ziel hätte geben wollen, als dasjenige, was unverrückt in jedem Augenblicke dem Leser vor den Augen stehen mulste!).

Somit führt uns auch die Vergleichung des übrigen Buches zu der anderen Antwort auf die vorliegende Frage : die Weisheit wird in c. 28 ersehnt zur Lösung des vor- liegenden Räthsels, des Leidens Hiob’s, des Gerechten. Weder die Freunde, noch Hiob werden die Frage lösen können, weil Gott ihnen wie allen Menschen das Gut der Weisheit, das dazu erforderlich wäre, nicht geschenkt, viel- mehr an Stelle der Weisheit für sie die Gottesfurcht ge- setzt hat:

Zur Erklärung des begründenden ‘9 zu Anfang des Capitels genügt es nachzuweisen, dafs eben vorher das Räthselhafte des ganzen Sachverhaltes von neuem zum Be- wulstsein gekommen ist. Wie grell aber gerade in c. 27 die Widersprüche nebeneinanderstehen, ist oben nachge- wiesen und braucht nur mit wenigen Worten hervorge- hoben zu werden. Gott ist in v. 2 der Ehrenräuber und Vergewaltiger Hiob’s, war (wie aus v. 8—10 sich ergicbt) früher seine Zuflucht und seine Wonne und soll zugleich (nach v. 11 ff.) das Unrecht, das Hiob von den Freunden erleidet, mit seiner Strafe bedrohen. Hiob erkennt in Gott den gerechten Vergelter an und schwört bei dem Gott, der ihm Unrecht thut. Die Freunde nennen ihn einen Frevler

!) Doch bin ich weit entfernt diesen Analogiebeweis für noth- wendig zu halten; vielmehr bestätigt er nur das Selbstverständliche, das obendrein nach Widerlegung des anderen Versuches allein noch übrig bleibt.

254 Budde, die Capitel 27 und 28

und Lügner, er giebt ihnen zu verstehen, dals sie Lügner und damit Frevler sind. So ist der Zwiespalt in Hiob's eigenem Herzen wie die Unmöglichkeit, dafs die streiten den Parteien sich einigen, in c. 27 auf kleinem Raume s rücksichtslos aufgedeckt wie nirgends zuvor, und in diesem Brennpunkt sammeln sich zudem die Strahlen aus den letztvorhergehenden Capiteln : die jämmerliche Hülf- und Rathlosigkeit Bildad’s aus c. 26, mit der Lauge des bitter- sten Spottes tibergossen von Hiob; dessen eigene grols- artige Schilderung von Gottes Gewalt und Weisheit in cap. 26, auslaufend in das unumwundene Zugeständnil, dafs des Menschen Wissen nicht einmal dazu ausreiche, Gottes Grifse staunend zu schildern, wie- sich’s gebühre. So ist denn von beiden Seiten der Bankerott featgestellt '), nur von der einen Seite durch Stammeln und Stillschweigen, von der anderen Seite, von Hiob, durch absichtlich grelle Hervorkehrung des Widerspruchs, nachdem dieser ihm selbst zu klarem Bewulstsein gekommen ist?). Und so verschieden “ulsert sich dieser Bankerott, weil in seiner Erklärung für die Freunde die Niederlage, für Hiob der Triumph liegt. Mit dem Geständnifs, dafs man Hiob’s Leiden nicht erklären könne, hat man seine Gerechtigkeit zugegeben, und das ist alles, was Hiob von den Freunden verlangt, Alles weitere geht Gott an, und in ihm findet er nun auch den Grund, weshalb sie Alle sein Leiden nicht erklären können, und legt denselben in dem folgenden c. 28 dar.

| 1) Diese Bezeichnung behalte ich unter Rückbesiehung auf meine Schrift bei; gegen Studer (Antikrit. 8. 544) bemerke ich, dals hier die offene Erklärung des Bankerotts (c. 28) in der Begründung des unvereinbaren Widerspruchs, d. i. des Bankerottes selbst (c. 27) be- steht.

*) Wie dies in v. 8—10 geschieht, ist oben gezeigt. Zu beachten ist die Steigerung von dem fast unbewufsten Geständnis in diesen Versen, zu der entschlossenen Aussprache in v. 7 und der kecken Um- drehung des Spiefses in v. 11 ff.

des Buches Hiob. 265

Es wird also mit dem ‘3 weder v. 12b, noch v. 11—12, noch v. 13—23, noch v. 11--23 des vorhergehenden Ca- pitels begründet, sondern dasselbe holt viel weiter aus, es begründet die von Hiob während des ganzen Streites un- erschütterlich behauptete, in c. 27 durch Darlegung seiner eigenen zerrissenen Geistesverfassung kundgegebene Be- hauptung, dafs sein Leiden, als von Gott herrührend, ein für Menschen unlösbares Räthsel sei'). Bei solcher Be- ziehung auf eine dauernde Geistesverfassung Hiob’s, die allem Vorhergehenden zu Grunde liegt und symptomatisch in cap. 27 ausgesprochen ist, ist die Forderung unberech- tigt, dals, was begründet werden solle, in einem „in aus- drückliche Worte gefalsten vorausgehenden Satee* (Studer Antikr. 8. 544) nachgewiesen werden müssa Dagegen ist der Forderung, wie sie Wellhausen formulirt (BI. 8. 541), „eine begründende Beziehung, in der Cap. 28 nach dem er- öffnenden ‘3 zu Cap. 27 stehen sollte”, durchaus Genüge gethan. Wenn das ‘3 fehlte, so würde, wie ich fest : überzeugt bin, niemals jemand auf eine andere Beziehung des c. 28 als die hier vertretene, verfallen sein ; da nun aber thatsächlich das Capitel das ganze Ergebnils des Streites für die betheiligten Kämpfer”) begründet, so muls das ‘> eben auch darauf bezogen und daraus begriffen werden.

Wir treten an die letzte Frage heran : welchen Werth hat diese in c. 28 gegebene Begründung für Hiob selbst

_.

!) Diese Behauptung hat er nur in der Leidenschaft verlassen, wo er in einseitiger Verfolgung seines durch keine Schuld veranlafsten Leidens die andere Seite seines Selbstbewulstseins, den Gottesgedanken, schädigte.

*) Wie weit Hiob sich im Leiden bewährt, wie weit der Kampf sein Inneres beeinflufst hat, kommt für die Kämpfenden nicht in Be- tracht.

966 Budde, die Capitel 37 und 36

und in Folge davon für den Aufbau des gansen Buche, die Lösung der in ihm verhandelten Frage?

Und hier steht die in meiner Schrift ausgesprochene Ansicht der fast aller anderen Exegeten, soweit sie cap. 8 für echt halten, gegentiber'). Sie alle sehen in v. 2 wirklichen Gewinn, errungene werthvolle Erkenntnils, sj es für Hiob, oder für die Freunde, oder für beide Thak; nur darin gehen sie auseinander, dafs die einen darin die ganze, letzte Lösung des Buches finden, die andern nz eine vorläufige Beruhigung, während die positive Lösung anderwärts gesucht und gefunden wird. Eine besonders klare Formulirung möge als Beispiel dienen. Hupfeld sagt (Deutsche Zeitschr. u. s. w. 1850. 8. 285) : „Der Dichter will die Streitfrage nicht theoretisch lösen, sonden niederschlagen, der Speculation 'entreilsen, und so dem Streit, als einem erfolglosen, für immer ein Ende macher.... Seine praktische Absicht, nämlich die Gemüther von der unfruchtbaren Grübelei über die Wege Gottes aaf die praktische Weisheit und Gottesfurcht hinzuweisen, ist bün- dig ausgesprochen in dem Schlulssatz der Wechselrede Hiobs mit den Gegnern 28, 28 : „(Gott) sprach zu dem Menschen : siehe Furcht des Herrn das ist Weisheit, und meiden das Böse das ist Einsicht“ d. h. das ist die einzige ihm von Gott beschiedene Weisheit; im Gegensatz mit der Erforschung der Rathschlüsse Gottes, die im vorher- gehenden als ein Geheimnis Gottes und dem Menschen versagt bezeichnet ist. Hierin ist dlso wohl der Haupt- satz und Schlufsstein der Ansicht des Diehters zu suchen.‘

Nun ist jedenfalls fraglich und fürs erste bei Seite sa lassen, ob wirklich der Dichter hier durch Hiob seine Leser

ı) Die einzige Ausnahme bildet, wie schon damals bemerkt, Ebrard, der in c. 28 die Bankruterklärung Hiob’s sieht, freilich ohne von ds aus weiter auf Hiob’s inneres Verhältnils zu Gott su schliefsen und ohne die Bedeutung der nächstfolgenden Capitel ausreichend in Er wägung zu siehen.

des Buches Hiob. 257

belehrt; vielmehr ist zunächst dabei stehen sa bleiben, dafs Hiob spricht. Was er aber sagt, muls freilich nach seiner eigenen Ansicht nicht nur für die Freunde gelten (wobei ess. B. Hirzel bewenden läfst), sondern für die ganze Menschheit und besonders für thn selbst. Was nun Gott dem Menschen als Grundgesetz seines Wesens eingepflanzt hat von jener Ansicht aus das wird für den Menschen Gegenstand sittlicher Verpflichtung, und eine solche’ wird in unserem Satze wohl auch (im Sinne des Dichters oder Hiobs) von allen jenen Auslegern erkannt. Demüthiges, glaubens- und vertrauensvolle Sichbescheiden bezeichnet also Hiob als das allein richtige, von Gott gewollte Ver- halten des Menschen bei allen Räthseln seiner Weltregie- rung, so auch bei dem vorliegenden. Dieses Sichbescheiden wird nothwendig zum Bestandtheil der Gottesfarcht selbst, weil es eben Gottes Wille gewesen, dafs der Mensch die sa anderem Verhalten, wenn es erfolgreich sein soll, erfor- lerliche Weisheit nicht besitzt. Damit ist also jedes eigen- mächtige Ueberschreiten dieser Schranke nicht nur un- fruchtbares Grübeln, sondern zugleich eine Verletzung des Grundgesetszes der Gottesfurcht, die Gottes Ahndung auf desi Menschen herabziehen muls. Dafs das Hiobs Meinung wirklich ist, läfst sich leicht beweisen. In c. 13,7 ff. tadelt and bedroht er die Freunde, weil sie sich einfallen lassen, ob auch zu Gottes Gunsten, mit menschlicher Trugweisheit in die Frage seines Ergehens heranzutreten, und die Stellen c. 7, 11 ff. 9, 21 f. 29. 10, 1. 2. 13, 13—15, aus Mmmtlichen Reden Hiobs im ersten Gange, beweisen, wie w sich mit seinen eigenmächtigen Aussagen über Gottes Thun wohl bewulst ist, Gottes Zorn zu reisen, und dies tur darum nicht scheut, weil er sich ohnehin verloren glaubt. Somit leidet c. 28, 28 nicht auf die Freunde allein Anwendung, sondern der Spruch verurtheilt sämmtliche rörhergehenden Reden Hiobs in erster Linie. Ist nun,

wie fast alle Ausleger annehmen, dieser Satz ohne jeden Zeitschrift f. d. alttest. Wies. Jahrgang 2. 1888. 17

$568 Budde, die Capitel 27 und 28

Nebengedanken ausgesprochen, reine, von allen Schlacken gesäuberte Erkenntnifs und das muls er sein, wenn de Dichter darin seine Meinung ganz oder theilweise nieder gelegt hat so mufs Hiob hier, nachdem er Ruhe und Besonnenheit wieder erlangt hat, seine Reden, sofern sie die Spitze gegen Gott richten oder auch nur eigenes Ur- theil über Gottes Thun an ihm äufsern, bereuen und widerrufen und muls sich dann zurücksiehen auf den Stand- punkt ruhiger Ergebung, die geduldig auf Gottes Lösung wartet'). Reue und Widerruf aber finden wir in Wirklich keit nicht hier, sondern erst nach Gottes Reden, und an Stelle der ruhigen Ergebung finden wir gleich nach unsrer Stelle eine wohlüberlegte, scharf gegliederte Rede, deren eigentlicher Inhalt eine Anklage Gottes ist, die in c. 31, 85 ff. in eine kecke, siegesgewisse Herausforderung Gottes, seines Gegners, ausliuft. Den Nachweis für diese Auf- fassung der capp. 29—31 brauche ich hier nicht zu wieder- holen, da er oben bereits gegeben wurde : wird dieselbe als die richtige anerkannt, wie ich denn glaube, dafs kein Abschnitt des Buches Hiob so dringend gröfsere Berticksich- tigung verlangt wie dieser, so machen sie die Auffassung von 28, 28, mit der wir es hier zu thun haben, ptatterdings unmöglich. Kein Mensch von gesundem Verstande kann so sich selbst widersprechen, kein Dichter kann sein Bestes so muthwillig wieder aus der Welt schaffen. Und dieser grelle Widerspruch wird noch empfindlicher dadurch , dafs 28, 28, so aufgefafst, den Inhalt der: Reden Jahve’s vor- wegaimmt. Ist es diese selbe Ueberlegung, aus Gottes eigenem Munde, der Hiob endlich sich beugt, wie hat er sio denn vorher so schmählich wieder verlassen können, oder wie konnte der Dichter sich die Wirkung derselben im voraus so verderben ? Und für die Thatsache, dai c. 28, so aufgefalst, die Reden Jahve’s vorwegnimmt, darf

4) Vergl. dafür die Musterstellen o. 1,21. 2,10.

des Buches Hiob. | 259

Mich mich nicht nur auf Studer berufen, sondern nicht minder auf Merx (S. XXIX), der das Bedenkliche durch sehr künstliche Vermuthungen über spiitere, mildernde Zinschaltungen aus dem Wege räumt, und auf Reufs’ effenes Eingeständnifs dieser höchst störenden Sachlage, dic ihm die Echtheit von c. 28 zweifelhaft erscheinen lüfst.!) ‘Auch ich würde mich unbedenklich dem Urtheil van Stu- der, Wellhausen und Reufs anschliefsen, wenn ich diese Auffassung von 28, 28 für die richtige hielte.

In meinen „Beiträgen“ habe ich nun meine Auffassung des Stückes ganz kurz und ohne Beweisführung für ihre Möglichkeit, aber eben darum desto schärfer und unmiß- verständlicher ausgesprochen. Danach sagt Hiob, dais Gott, statt seinen kostbaren Besitz, die Weisheit, dem Menschen, dem edelsten Geschöpfe, mitzutheilen, ihm an Stelle des Besitzes nur schwere Forderungen gegeben, unter dem Namen „Weisheit nur die Gottesfurcht und das Mei- den der Sünde gereicht habe.“ Damit spreche Hiob einer- seits aus, dafs er an der Lösung der Frage versweifie, andererseits aber enthalte seine Ausführung eine schwere Anklage gegen Gott, den eigennützigen und lieblosen Schöpfer der Welt, der sich selbst das Beste vorbehalten habe (und die Schuld trage, dafs hier sein Verstand zu Ende sei). Seitdem ist nun festgestellt worden, dafs ich diese Stelle in Fieberhitze niedergeschrieben habe (Unions- fieber nennt Studer die neuentdeckte Krankheit)*), und da ich niemandem sumuthen kann, einem Fieberkranken zu glauben, so werde ich den Nachweis antreten müssen, dals

N) La Bible, t. VL p. 29: Job y fait !’dloge de la sagesse et ter- mine de manitre & anticiper sur la conclusion pratique & tirer du dis- cours de Jéhova, tout en continuant ensuite, par trois chapitres entiers, b gerler de ses sentiments personnels, tels qu'ils lui étaient dicteds par la aituation présente. I] faut convenir que cela est asses génant.

9) Antikr. 8. 544. 17*

960 Budde, die Capitel 37 und 28

ich jetzt einer ganz normalen Temperatur mich erfreu, um dann hoffentlich für dieselbe Auffassung mehr Glauben su finden. Ä Ä

Wir haben oben nachgewiesen, dafs die Weishet a c. 28 eingeführt, das Suchen nach ihr in Betracht gezogen wird, weil man ihrer bedürfen würde, um die Frage nach 'Hiob’s Leiden su beantworten. Dennoch hat die Wewheit | selbst, wie wir ebenfalls feststellten, in c. 28 allgemeinste Bedeutung ; die Suchenden in c. 28 sind die Menschen überhaupt, nicht Hiob und seine Freunde, denen es nm nicht besser geht als allen Anderen; der Bescheid, der ia v. 28 gegeben wird, ist uralt, dem Menschen als solchem schon bei der Schöpfung ertheilt. Umsoweniger soll, was dort dem Menschen an Stelle der Weisheit gegeben ist, geeignet sein die vorliegende Aufgabe zu lösen : das kann „ur die Weisheit, nicht ihr Surrogat, die Furcht Gottes, und eben deshalb verlangt dieser Vers jedenfalls Verzicht auf alles Grübeln, mag dieser Verzicht nun gutwillig oder murrend geleistet werden. Aber andererseits soll allerdings die Furcht Gottes in weitem Umfange die allgemeine Auf- gabe der Weisheit. übernehmen’). Die Weisheit, sofern der Mensch sie wirklich besälse, würde von ihm benutzt werden können und benutzt werden, selbständig sein Leben zu gestalten, das Nützliche zu wählen und zu thun, das Schädliche zu meiden und zu verhindern und so glücklich su sein*), Gott hat ihm mit der Einsicht in die Räthsel der Weltregierung auch das versagt und statt dieses selbständigen Handelns dem Menschen gesetzt seinen Geboten gehorsam zu sein und in steter, unbedingter Ab-

1) Hier kommt sur Gelturig, was an der Auffassung von Delitzsch und Dillmann richtig ist : nicht beim Ansatz schon, sondern bei der Lösung der Aufgabe.

*) Vgl. Gen. 8, 5, wie überhaupt die Stindenfallgeschichte höchst beachtenswerthe Vergleichspunkte bietet.

des Buches Hiob. 261

kängigkeit von ihm zu leben. Kommt der Mensch damit seiner Bestimmung nach, so übernimmt dann andererseits Gott, des Menechen Geschick kraft der thm innewohnenden Weisheit förderlich zu lenken, sodafs er seiner Bestimmung gemäls sich entwickele und ohne gewaltsame Hindernisse, die er selbst vermöge seiner Abhängigkeit nicht aus dem Wege zu räumen im Stande ist, sein Leben hinausführen könne. Dies das Verhältnifs der Gegenseitigkeit, wie es uns in den Bundschliefaungen im ganzen Verlaufe der Ge- schichte Israel’s unwiderleglich klar entgegentritt. Hat nun auf Grund dieses Verhältnisses Hiob Ursache sich zu- frieden zu geben und auf dessen Bedingungen, sowie er sie in 28, 28 fafst, nicht nur Andere zur Ruhe zu verweisen, sondern auch selbst su Ruhe und Gottergebenbeit su ge- langen, oder nicht? Eine einfache Ueberlegung wird das seigen. Die von Gott gesetzten Bedingungen hat Hiob gehalten, er war gottesfürchtig und mied das Böse, wie Gott ihm in stärkster Fassung bezeugt hat, wie er selbst von sich aussagt (vgl. nur 23, 10 ff. und das Zeugnifs des Eliphas 4, 6). Aber trotz seiner Treue hat der Herr dem Klienten nicht Wort gehalten; sein Lebenspfad ist völlig verfinstert, der Tod wäre für ihn ersehnte Erlösung. Bis dahin hat er die verlangte Gottergebung geübt und hat sich still beschieden mit dem, was Gott ihm gab, ja wir finden noch herrliche Aeufserungen dieser Stimmung bei ihm im Leiden selbst, bis ihm die Freunde auch sein letztes Gut, seine Gerechtigkeit, rauben wollen. Die nun in ihm herrschende Stimmung schildert er in Beantwortung der Vorwürfe des Eliphas am treffendsten in c. 6, 5 ff: „Schreit auch ein Wildesel bei frischem Gras, brüllt auch der Stier vor seinem Futter ?* Das heist, das, was Gott von uns verlangt, können wir wohl erfüllen, so lange er seinen Verheifsungen und gleichsam Verpflichtungen nachkommt. Und in dem durch die Reden der Freunde nur noch ver- stärkten Bewulstsein, dafs das Gegentheil der Fall ist,

262 Budde, die Capitel 37 und 28

schreitet er dann fort zu offenen, bewufsten Verletzungen des Vertreges seinerseits, wie sie oben, mit 7, 11 ff. be ginnend, aufgeführt sind. Wie diese Stimmung gegen Get sich bis zuletzt erhält, ist bei Behandlung von c. 27 vollauf bewiesen, dort ist auch gezeigt, wie 27, 8-10, zusammen- gehalten mit 27, 2 und 31, 35 ff. (neben allen früheren Stellen) die Aufstellung enthalten, dafs der Gottlose kraft seiner Gottlosigkeit des eigentlichen inneren (und äufseren) Glückes nothwendig entbehren mu/s; dafs der Gerechte, Fromme desselben theilbaftig werden kann, während Hiobs eigenes Beispiel beweist, dafs die Gottesfurcht noch keine Bürgschaft für Glück gewährt. Das die Stimmung und Ar- schauung, die auch dem c. 28 zu Grunde liegt. Gott hat dem Menschen seine Selbständigkeit nicht gegeben, viel- mehr völlige und unweigerliche Abhängigkeit von ihm verlangt. Jedes Widerstreben straft er unerbittlich, wes halb der Mensch um seines eigenen Besten willen sich fügen muls; aber eine Gewähr für des Menschen Glück hat er darum nicht tibernommen; nach Gutdünken und Willkür trifft er ihn in unbegreiflicher Weise mit denselben Leiden, die sonst des Gottlosen Theil sind. Ganz von selbst ergänzt sich v. 28 aus Hiobs Gedanken folgender- malsen : „Die einzige Weisheit des Menschen ist Gottes- furcht; was diese aber gelegentlich nutzt, das seht Ihr an meinem Beispiele? So ist thm diese Fassung allerdings ganz ernst gemeint, und tn diesem Augenblick behauptet er allerdings, dafs Gott dem Menschen dieses und kein anderes Geschenk gegeben habe; aber er ist schon längst ‘nicht mehr gewohnt, was Gott dem Menschen bestimmt hat, darum auch als gut anzusehen; die Gottesfurcht, die früher seine Wonne war, empfindet er allerdings jetzt als schwere Forderung eines lieblosen Schipfers. Dafs er aber bei einer solchen Auffassung nicht ruhig, wird wie eben die folgenden Kapitel beweisen begreift sich leicht. Geht doch aus demselben Satze, womit er die Unbegreif-

des Buches Hiob 263

pickakett seines Leidens erklärt (weil dem Menschen eben - dies Weisheit nicht gegeben sei), zugleich herver, dats er, ~ -Hzob, das Seinige vollauf gethan, Gott aber der selbst- a wesrständlichen Gegenleistungen vergessen habe, also an sänem Leiden schuld sei. Diese Anklage Gottes, nur .S wmittelber in 28, 28 enthalten, wird nun ausdrücklich er- „oben und in scheinbar unwiderleglichem Schlusse bewiesen = Ic. 29—31'), ganz so wie ich dies in meinen „Beiträgen“ wy 8.4 f. kurs gefalst habe. „So stand es früher mit mir; =: 0 gteht es jetst mit mir; ich habe keinerlei Schuld auf . Wie} geladen und fordere kühn meinen Gegner zum Rechts- rg; Ineraus.“ Oder anders gewendet und umschrieben : le: tweder ich, der ich unter dem plötzlichen Wechsel ae Hhabe ihn durch eigene Verschuldung mir zugezogen, D fa- «ZSott, der ihn hervorgerufen, hat eben damit eine Re-esar-eschtigkeit begangen. Ich bin mir keiner Schuld be- ae, also —* =. ist der Nachweis geliefert, dafs die von mir schon Rinesw gegebene Auffassung von c. 28 und v. 28 insbe- ch emcee sich in den Zusammenhang ebenso schön, ja noth- ne Sey einfügt, wie die andere, welche Hiob mit jenem oT GQeesesspruch sich einverstanden erklären läßt, den un- iur Xeglichsten Thatsachen widerspricht und, falls sie ‚chat wäre, die Entfernung des Stückes als eines fremden Km «mhubs heischen würde. Zugleich aber fällt der andere yowrwwurf weg, dafs das Stück den Reden Jahve’s vor. gree. Die Ergebung, die Gott in seinen Reden verlangt, qenstet Hiob in c. 28 nicht; vielmehr hat der Dichter dem-

x

= ba) I

: N Die Wehmuth, die über c. 39 und 30 liegt, erklärt sich aus dem Gegenstand, sie kann also nicht gegen meine Erklärung von o 28, 28 angeführt werden, wie Giesebrecht 8. 40 thut. Schon in g. 80 weicht diese Stimmung bedenklich, und der Schlufs von o. 81 „stecheidet. Einen gehaltenen Ton, etwas Ueberlegeames, Entschlos- „ones haben diese abschlielsenden, susammonfassender Capitel der Natur

der Bache nach mit o. 28 gemein.

NT

964 Budde, die Capitel 27 und 28

jenigen, der ihn zu derselben bringen soll, sei dies om Jahve allein oder vor und mit ihm Elihu, noch ein red liches Stück Arbeit aufgespart.

_ Aber auch die Form, der Bau des cap. 28 selbst macht, wie ich ebenfalls schon früher behauptet habe, diese Aci- fassung nothwendig. Wie oben gezeigt wurde, tritt v. 2 auf als Beantwortung des suchenden Fragens nach der Weisheit in v. .12 ff., gegensätzlich vorbereitet durch v. 1—11. Subjekt des Suchens ist unbestimmt der Mensch als solcher, die Stimmung bis v. 22 diejenige brennender Sehnsucht, schmerzlicher Enttäuschung, bis mit v. 23 eine neue Quelle der Hoffnung sich aufthut, da mit grofsartigen, in ihrer Erhabenheit fast tröstlich klingenden Worten der wahre Fundort der Weisheit genannt wird. In ängst licher Erwartung scheint der Mensch nun fragend und bittend vor Gottes Thron zu stehen. Je breiter sich aber der Strom der Worte von v. 23—27 in dieser Schilderung ergiefst, um so kürzer und schroffer lautet das für den Menschen insbesondere bestimmte Endergebnifs, die ihm ertheilte Antwort in v. 28. Nicht die Weisheit, auch nicht Theil an der Weisheit, noch der Weg dazu, die Aussicht ihrer ganz oder theilweise habhaft.zu werden! Aber wenn das nur mit schlichten Worten ausgesprochen würde, dals der Mensch die Weisheit nicht besitzen kann, und dann mit ebenso schlichten Worten ihm seine Stellung ange wiesen würde, etwa unter Hervorhebung des Trostes, der darin liege, dafs die wahre Weisheit über ihm walte und ihn beschirme. Statt dessen wird ihm, in dessen Geiste doch eine Ahnung, ja Kenntnifs von dem Wesen, dem Werthe, den Werken der wahren Weisheit liegt, etwas anderes ausdrücklich unter dem Namen der Weisheit tiber- reicht, was diese Werke eben nicht geschaffen hat, was nicht gleichwerthig ist mit dem Gesuchten. Und diese Antwort ist gegeben gleichzeitig mit der Erschaffung des Menschen, sie gehört zu seinem Wesen und seiner Be

des Baches Hieb. 265

stimmung, obschon er zugleich eine Ahnung von der wahren Weisheit hat, die ausreichend ist zu sehnsüchtigem, aber ewig vergeblichem Suchen. Der schmerzliche Eindruck dieser Worte wird nur verschärft durch den Umstand, dafs sie eine scheinbar leise Umbildung und Umbeugung eines bekannten, zugleich mahnenden und tröstenden Wortes sind, von dessen Wahrheit auch Hiob früher gewifs über- zeugt gewesen ist : dafs man durch Gottesfurcht zur Weis- heit gelangen könne. Mich dünkt, hier hat jedes Wort seinen Stachel; die Antwort des Gottes, der, selbst im Be- sitse der Weisheit, dem Menschen sagen wollte : „sie ist nicht für Dich, Du hast Dich nur mir unbedingt anzu- vertrauen“, könnte nicht schroffer gefafst werden, als es hier geschehen ist.

Mit Ausrufen und Verwahrungen gegen eine so aben- teuerliche Bedeutung der Stelle (vgl. Studer Antikr.), gegen diese Steigerung von Hiobs Vorwürfen „bis zum Gräfslichen, gegen die titanischen, niedrigen und gemeinen,

ein solches Raffinement von Anklagen® (Giese- brecht S. 40) ist hier gar nichts ausgerichtet; vielmehr gilt es den Thatsachen in’s Gesicht zu sehen und ihnen sich zu fügen. Mit hinkenden Vergleichen, Prometheus, Titanen habe ich nichts zu schaffen; wer aber durchaus meint, der Heranziehung des klassischen Alterthums hier nicht entrathen zu können, der mag dann wohl zu solchen Vergleichen greifen und hat ein gewisses Recht dazu, ohne anerkennen zu müssen, dals dann auch Hiob, wie Prome- theus, nicht zur Bufse kommen könne').

‚Allen solchen Widerlegungen ohne Gründe setze ich nur einige andere Stellen des Buches Hiob zum Vergleiche entgegen, um damit zu beweisen, wie wenig eine Aussage wie c. 28, 28 in meiner Auffassung aufser dem Bereiche

N) 8. Giesebrecht. Doch hat Aeschylos bekanntlich auch einen ontfesselten Prometheus geschrieben.

266 Budde, die Capitel 37 und 28

des im B. Hiob Möglichen liegt. Das so Unglaublich

an meiner Auffassung soll doch wohl darin liegen, deb

Hiob Gott beschuldige, dem Menschen schon bei seine

Schöpfung übel mitgespielt, ihn (nach Giese brecht) m

„neidischer, betrügender Willkür“ behandelt zu haben, a

dem „bitteren Sarkasmus (Smend), der sich in den Wer ten ausspräche. Im Grunde reichte nun jede Stelle, in der Hiob Gott der Ungerechtigkeit gegen seine Person s- klagt, aus dergleichen zu erklären, weil es nur der folge richtige Schlufs daraus ist. Aber dieser (oben angeführten) Stellen bedarf ich hier nicht. Als Grundlage möge dienen c. 7, 1 und c. 14,1 ff. : „Hat der Mensch nich Kriegsdienst auf Erden, verbringt or nicht wie ein Tage löhner seine Tage™ „Der Mensch, der Werbesgeborne, is arm an Tagen, doch satt von Unruhe u. 8. w.”, so möge Gott denn wenigstens mild und nachsichtig mit ihm um- gehen. Also des Menschen Loos, von Gott ihm gesetzt, ist an sich ein trübes und trauriges, und wollte man dem Gedanken nachgehen, so würde die Vorschrift der Gottes furcht und des Meidens des Bösen mit in den Kriegsdienst, die Tagelöhnerarbeit einzuschliefsen sein. Eine Lust Gottes den Menschen grundlos zu quälen ist oft genug aus Hiob's Worten herauszufühlen, vgl. besonders 9, 17 b. 16, 12—I1, wo Hiob Gottes Zielscheibe ist, der blutdürstige Eifer, das grausame Spiel besonders klar hervortritt. Aber allgemeine, mehr principielle Aussagen sind erwünscht; nun, die stärkste Aussage dieser Art ist allgemein, c. 9, 23 : „Wenn dis Getlsel jählings tödtet, so spottet er über die Verzweiflung der Unschuldigen“ (ay crpı pend). Die reine Willkür Gottes ist Hiob gegenüber sehr oft hervorgehoben; in al gemeiner Aussage an der letztgenannten Stelle c. 9, 22:

„Den Unsträflichen und den Frevler vernichtet er“, und weiter

besonders in c. 21 und 24. Nachdrücklich mufs endlich

hervorgehoben werden c. 10 : der Gegensatz des schöpfe-

rischen, sorgsamen Bildens, das gleichsam mit Liebe ge

des Buches Hiob. 967

schieht, zu dem schon damals in Gottes Sinne feststehenden Rathschluls (v. 13 ff.), den Gegenstand so vieler Mühe durch das Leben hin zu Tode zu heisen, ob er nun seinen Geboten gehorsam sei oder nicht.

Solchen Aussagen gegenüber ist c. 28, 28, wie ich den Vers verstebe, unschuldig zu nennen, als der vor- sichtige grundsätzliche Erklärungsversuch : dafs Gott nüm- lich von Anbeginn den Menschen nur zu seinem Diener geschaffen und ihm gegenüber sich zu nichts verpflichtet habe; dafs er Ungehorsam strafe, dem Gehorsam gegenüber eine Politik der freien Hand befolge.') An sich also ist die Möglichkeit einer solchen Aussage innerhalb des B. Hiob in keinem Falle zu bezweifeln. Wer behaupten will, sie sei an dieser Stelle unmöglich, der muls den Nachweis führen, dafs Hiob’s Stimmung und Ansichten bis hieher sich geändert haben, und der Versuch dieses Nachweises ist oben widerlegt. Selbst an den Stellen, wo Hiob Gott als seinen Zeugen und Helfer anruft, hält er sein Schicksal dennoch für besiegelt und erwartet von Gott nichts als Anerkennung seiner Unschuld, die von den Freunden ge- leugnet wird. Selbst damit ist unsere Auffassung von c. 28 durchaus zu vereinigen; um so mehr mufs es dabei sein Bewenden haben.

Und nun die Antwort auf die oben aufgeworfene Frage : „welchen Werth hat c. 28 für Hiob selbst und in Folge davon für den Aufbau des ganzen Buches, die Lösung der in ihm verhandelten Frage? Gar keinen positiven : Hiob bleibt nach wie vor vor dem ungelösten Räthsel stehen und zwar ohne sich zu unterwerfen und ohne Ver- zicht zu leisten auf die Lösung desselben, die er ungestüm

4) Dar ein entechlossener, äulserlich wenigstens ruhiger Rech- nungsabschlufs nicht in einer „heftigen, von Schmerzensschreien unter- brochenen Rede“ verlaufen kann wie es Giescbrecht bei meiner Auffassung natürlicher finden würde versteht sich von selbst.

e

268 Budde, die Capitel 27 und 38

von Gott verlangt. Die positive Seite in dem Verhalten Hiob’s ist in diesen Capiteln keine andere als in de früheren. Trotz der schwersten Anklagen gegen Gott hält er sich auf das zäheste an ihm fest, mag nichts mit den Gottlosen nnd Freviern zu schaffen haben, erkennt die Verpflichtung des Menschen zur Gottesfurcht oder besser die wesenhafte, gleichsam physische Nothwendigkeit daran festzuhalten an, selbst wo sie ihm übel vergolten wird, und selbst da noch, wo er ein Unrecht darin zu erkenne glaubt, da/s Gott den Menschen in so enge Grenzen ein- gezwingt habe.

Den negativen Werth hat die Entschlossenheit, mit der er in diesem und den folgenden Capiteln auftritt, dal die Freunde besiegt sind und den Streit aufgeben, in dem sie nichts neues vorzubringen, Hiob nicht zu überzeugen vermögen. So sind die Capitel im Aufbau des gansen Buches von höchster Wichtigkeit als Abschlufs des mitt leren Haupttheils, der Streitreden zwischen Hiob und seinen Freunden.

Mit diesem Ergebnifs wird also der, der nur des Dichters Absichten und Ziele verfolgen will, rechnen, damit das Vorhergehende und Nachfolgende verbinden und dann versuchen, den Gedankeninhalt des Buches, die Lösung, welche der aufgeworfenen Frage zu Theil wird, festzustellen. Ich sehe dabei eine Anzahl von Möglichkeiten. 1) Man erkennt die jetzige Gestalt des Buches als die ursprüng- liche an und lälst sich von den Elihu-Reden die Lösung bieten. 2) Erklärt man diese für unecht, so mag man entweder mit der Widerlegung der Vergeltungslehre, wie die Freunde sie vertreten, sich begnügen, etwa unter Hin- zunahme dessen, was der Prolog bietet, oder man suche eine positive Lösung in den Reden Gottes, zur Noth in der Gotteserscheinung selbst. 3) Kann man sich bei keiner

des Buches Hiob. 269

dieser Möglichkeiten beruhigen'), so bleibt immer noch das Dritte, daß die Reden Elihu’s überarbeitet oder an die Stelle anderer echter Reden getreten sind, oder auch dafs das übrige Buch Abünderungen erfahren hat *).

Alle diese Möglichkeiten lassen sich mit meiner Auf- fassung der Capitel 27 und 28, die ich in allen Haupt- sachen für die des Dichters selbst halten mufs, zu einer Beihe von verschiedenen Ergebnissen über die Idee des B. Hiob Vereinigen. Nur gegen eine vierte muls ich Protest einlegen, gegen das emsige Bestreben, in den letzten Kapiteln der Reden Hiob’s diese Lösung bereits ganz oder der Hauptsache nach zu finden, gegen dieses ängstliche Suchen nach Spuren seiner Bekehrung, um ihm dann möglichst eilig die Absolution zu geben, alle bedenk- lichen Aeufserungen mit dem Mantel christlicher Liebe zu bedecken. Mich verwahren mufs ich gegen die gewaltsame Auslegung einer Stelle wie c. 27, 8—10, gegen die wohl- wollende. Auffassung von c. 28, 28, gegen die Beweis- führung aus c. 17, 9, gegen die Vernachlässigung so wich- tiger Stellen wie unter anderen c. 27, 2. 31, 35 ff. Sehr wohl weifs ich, dafs alle jene Ausleger die Meinung des Buches Hiob selbst und nicht ihre eigene geben wollten ; dafs aber manche vorgefalste Meinung dabei mit im Spiel ist, scheint mir durch so auffallende Verkennung des vom: Dichter gewollten Zusammenbangs bewiesen, liefse sich auch im einzelnen aus Aeufserungen wohl belegen*). Könnte Hiob selbst reden, er. würde solche Versuche für ihn zu

1) Die Schwierigkeiten, die sich denselben in den Weg stellen, habe ich in meinen „Beiträgen“ nachzuweisen gosucht.

*) Diese dritte Möglichkeit enthält keinen Widerruf meinerseits. Schon in meinen „Beiträgen“ 9. 55 habe ich dieselbe aufgestellt für den Fall, dafs sich die Reden Elihu’s als unecht erweisen.

®) Bo wenn Smend 8. 164 sagt : „Weils ein Hiob keine Ant- wert auf die Frage, weshalb der Gerechte leide, so darf überhaupt keia Mensch eine solche wissen, sie muls durch Gott geoffenbart werden.

270 Budde, die Capitel 37 und 28

kämpfen zurückweisen und stolz darauf sein, dafs er ihrer nicht bedarf. Seiner Gestalt die volle Beleuchtung wieder zugeben, die der Dichter ihr hat geben wollen, ihn, de Kämpfer für das Gewissen gegen Satan und Menschen und vermeintlich auch gegen Gott seine Aufgabe kraftvoll, wenn auch in schauerlicher Folgerichtigkeit bis zu Ende durchführen zu lassen, das scheint mir nothwendig und aller aufgewandten Mühe werth, und so wiederhole ich zu Ende dieser Ausführungen mit voller Freudigkeit, was ich schon vor fénf Jahren der Hauptsache nach auch mit Beziehung auf die hier behandelten Capitel gesagt habe : Ich bin kühn genug zu hoffen, dafs diese Auf- fassung jener Reden und damit der Person Hiobs immer mehr sich Bahn brechen wird.

Eine Schrift, von der ich erst während des Druckes dieser Abhandlung durch Kautzsch’s Erwähnung in dem „Wissenschaftlichen Jahresbericht über ‘die Morgenlandi- schen Studien im Jahre 1879* erfuhr, zwingt mich su einem Nachtrag. Es ist : Boelicke „Die Elihu-Reden (1.) nach ihrem Zusammenhange mit dem übrigen Theil des Buches Hiob und (2.) nach ihrem sprachlichen Charakter‘, Gekrönte Preisschrift der theologischen und (umgearbeitet) Doktor-Dissertation der philos. Fakultät zu Halle, 1879. Die Art des Erscheinens entschuldigt wohl meine Unbe- kanntschaft mit der Schrift; bei dem zugestandenen , sehr genauen Anschlufs an meine „Beiträge wäre mir die Zu- sendung derselben sehr erwünscht und gewils gerechtfertigt gewesen. Der zweite Theil der Schrift arbeitet nur mit meinem Material die Smend’sche Recension hätte nicht übergangen werden sollen der erste Theil bringt in frischer, selbständiger Auseinandersetzung neben erfreu- licher Uebereinstimmung manches Abweichende, was den Gegenstand dieser Arbeit angeht.

des Baches Hiob. 971

c. 26, 5 ff. soll von Bildad ausgesagt sein, indem

EMReob ironisch „ihn mit Gott vergleicht und seine Weisheit wamnmd Kraft der göttlichen gleichsetst.“ (8. 12.) Eine ganz mpapee Ansicht. Dafür spricht nicht : 1) dafs Gott nicht EEe@mannt ist, denn bei blofsem ,er* ist die Vermuthung mets für Gott, besonders wo die Aussagen diese Beziehung me<p klar an die Hand geben. Auch in c. 25, 2. 3 ist Gott waächt genannt, und an das „er“ dieses Capitels knüpft Hiob w. 5 ff. an, die aufgegebene Rede fortsetzend. Nur darum Izsante v. 5 uns noch im Unklaren lassen, weil das „er“ Baier noch nicht auftritt. 2) Dafs die Worte, von Gott anmsgesagt, keinen Sinn hätten. Hiob nimmt hier ebenso ‘wie in c. 9 den Freunden das Wort aus dem Munde und stellt seine Uebereinstimmung mit ihren selbstverständlichen Aussagen fest. Die Ueberleitung dazu übersieht Boe- Licke, sie liegt in v. 4: „Wem hast du die Auskunft gegeben, und wessen Eingebung spricht aus dir?* Die direkte, scheinbar zugestehende Ironie der Verse 2 und 8 schlägt hier schon in das Gegentheil um : „Soll das etwa für mich bestimmt sein, und hast du das von dir selber ?* Die darin liegende Aussage, dafs Bildad ihm nichts Neues sage, wird in v. 5 ff. von Hiob belegt, indem er ihn über- bietet. Gegen Boelicke’s Auffassung entscheidet 1) dafs eine so übertriebene, so wei: ausgesponnene nur direkte Ironie ohne jede Andeutung der wirklichen Mei- nung mifsverstanden werden mulste, 2) dais sich die Aus- sagen des Stückes, auf Gott bezogen, als selbständig und neu den zahlreichen Lobpreisungen Gottes im B. Hiob an- schliefsen.

Ueber c. 27, v. 2—7 geht Boelicke sehr rasch hin- weg. Das ist zu bedauern, denn bei scharfer Beachtung von v. 7 als Ausspruch Hiob’s wäre es doch unmöglich gewesen, v. 8—10 als von Hiob angeführten Einwurf der Freunde zu fassen, wie Boelicke thut. Auf diesen Ein- wurf läfst er Hiob von v. 11 an antworten, so aber, dafs

272 Budde, die Capitel 27 und 28

v. 13—23 sogleich wieder eine ironische Darstellung der Lehre der Freunde geben (so nach Eichhorn, Bickel, Hitzig, s. oben 8. 213 Anm.). Wenn dieser Sinn der Stelle, wie doch verlangt werden muls, im Texte irgendwo angedeutet sein soll, so mufs dies in v. 12b geschehen: „warum redet ihr denn so eitel : etc.* Dann aber ist v. 13—23 nicht „köstliche Ironie, sondern nüchterne Wie dergabe der Rede der Freunde, und als solche in dieser Ausdehnung unleidlich. Ferner feblt dann für 12a jede Beziehung. Die auf v. 13—23, von uns festgehalten, ist nun ausgeschlossen, weil 12b darauf geht. Die auf v. 11 ist unmöglich, weil der in c. 28 seine Ausführung findet, und v. 12a davon nicht gelten kann. Ein Zugeständnils der Freunde, dafs Gott häufig nach Willkür handle (vgl. Boelicke 8. 12), ist nicht erfolgt und kann am wenigsten in diesem Zusammenhang ausgebeutet werden. Die eigentliche, in v. 11 angekündigte Belehrung aber tritt dann auf als Begründung eines Wortes in dem Fragesatze 12b. „Warum redet Ihr so Eitles? (Was Ihr redet sst ested), denn es giebt für den Menschen überhaupt keine andere Weisheit, als die, fromm und gottesfürchtig zu leben.“ In seiner Umschreibung legt Boelicke dem angeführten Begründungssatze die Behauptung zu Grunde : „Nein, ihr seid im Unrecht, nein, mit eurer Weisheit ist es nichts“, aber die Frage ist aus 12 b eben nicht fortzuschaffen und die Weisheit nicht hinein. Wie die Sache steht, ergiebt sich bei Boelicke’s Auffassung ein mühsames Sichweiter- -winden der Rede und eine ganz unnatürliche Folge der Gedanken, wie beides am wenigsten in einer schlagenden, abthuenden Schlufsrede erwartet werden kann. Gegen seine Einwürfe werden meine Ausführungen oben genügen.

Auch in 21, 28 ff. zieht Buelicke den Einwurf der Freunde falsch bis v. 31 incl., dagegen fafst er 12, 11 ff. wie ich, 17, 8 f. in dem zuletzt von mir erwähnten und

nähegelegten Sinne. 8. 8. 102.

des Buches Ho. 93

Gans eigenthümlich ist Boelicke’s Erklärung von 31. 36-37 (S. 21 ff.). „O daß Einer mich hörte!“ ist säne Aufforderung an irgend welchen Dritten aus den Zu- hörern seine Sache ruhig anzuhören und eine unparteiische Erklärung abzugeben. Die Unterschrift (1%) sind die letsten Worte von Hiob’s Betheuerung in c. 31, also füglich dies ganze Capitel seine Vertheidigungsschrift; aber auch die Anklageschrift (‘n “0D) wird durch das y) als vorhanden bezeichnet, sie besteht in oc. 29. 30. Der ‘3 we ist in der Person gleich my, doch wird dieser in v. 35b angerufen, die Richtigkeit der Unterschrift zu bestätigen. Die Suf- fixe in v. 37 gehen nicht auf Gott als den Kläger, sondern auf jenen unparteiischen Schiedsmann. Dagegen gilt Fol- gendes : 1) Hiob’s eigene gerichtliche Schrift, unter welche er soeben seine Unterschrift gesetst, umfalst nothwendig c. 29-31, da nur sie zusammengenommen seine Sache vollständig darstellen. Die c. c. 29. 30 können nicht die An- klageschrift sein, weil sie die Angabe des Vergehens nicht enthalten. Dafs Hiob danach vergeblich sucht, das ’n 80 also fehlt, beweist das ganze Buch, insbesondere 13, 23. 2) ‘297 sw kann nicht heißen „der Allmächtige beseuge die Richtigkeit“, an sich nicht, am wenigsten aber wenn der Allmächtige, wie Boelicke zugiebt, eben sein Gegner ist. Vielmehr heifst es : „der Allmächtige antworte mir”, d. i. auf meine Schrift, er reiche seine Gegenschrift ein | Vgl. dafür die schlagenden Stellen 9, 3. 14. 15. 32; 13, 22; 23, 5, simmtlich auf den Rechtsstreit Hiob’s und Gottes bezüglich, Und zwar ist an unserer Stelle Hiob der Ankläger gegen Gott, wie dies sonnenklar auch in 13, 22b und 23, 4 f. der Fall ist. Es bleibt bei der „Aktion gegen Gott“ (Beiträge S. 4 f. 40.). Sind so die Antwort des Allmächtigen und die Schrift des Widersachers ein und dasselbe, so ist das ) vor “00 kaum entbehrlich, auch wenn dies Glied zum Folgenden gezogen wird. 3) @ott, keinem Anderen, will Hiob die Zahl seiner Schritte ansagen, shm

Zeitschrift f. & alttest Wiss. Jahrgang 8. 1982. 18

974 Budde, die Capitel 27 und 28 des Buches Hiob.

wie ein Fürst (nom.) nahen. Nicht nur ist 3" om das nächste Beziehungswort für die Suffixe, sondern unsere Stelle hat ihre genauen Parallelen in 9, 36; 13, 15a, 20b; 23, 4. 7, ist also in verschiedener Form stehender Bestand- theil aller Stellen, die der unserigen entsprechen. 4) Der Wunsch (nicht „Anrede“, so Boelicke) in 35a : „O, dals jemand mich anhörte® kann sich auf Anwesende, auf Me- schen nur so beziehen, dafs er einfach auffordert, auf die folgenden Worte zu merken. So z.B. c. 13, 6. 17; 21, 2. f.; ähnlich 19, 23 f. Dann ist von einem Richter, der die Entscheidung fillte, einem Schiedsmann, der eine un- parteiische Erklärung abgäbe, hier nicht die Rede, sondern nur von den beiden Gegnern, die ihren Streit ausfechten. So auch 9, 14 f. 13, 18 ff. 23, 3 ff. Richter und Gegner sind dabei in einer Person ununterschieden vereinigt. Ein menschlicher Schiedsrichter, wie Boelicke will, st ın einem Streit zwischen Gott und Mensch undenkbar, der Gedanke daran wird von Hiob selbst abgewiesen 9, 33. 17, 3b. Bleibt jene Auffassung möglich, so legt doch das vorausgesetzte schriftliche Verfahren sowie die stark indivi- dualisirende Fassung 9 yow my den Gedanken an einen Schiedsrichter, der seine dargereichte Anklageschrift zur Verhandlung annehmen soll, jedenfalls näher. Die Anklageschrift ist fertig, da steht die Unterschrift ; nun fehlt nur noch ein Richter, der sie annimmt und den Wider- sacher zu Gestellung und Vertheidigung nöthigt. Dann will Hiob wohl mit dem fertig werden. Bei dieser Auffassung ist der herbeigewtinschte Richter eine blofs gedachte, in der Wirklichkeit nicht vorhandene Person, und dafür palst der gewählte Ausdruck sehr gut. In der Entschiedenheit des Auftretens gegen Gott, worauf es für mich ankommt, steht keine dieser beiden Auffassungen der anderen nach.

cap. 28 falst Boelicke im wesentlichen ebenso wie ich. Den sonstigen Inhalt seiner Schrift, worunter manches Gute, mufs ich hier übergehen.

216

Deuterozacharja. Eine kritische Studie. Vom Herausgeber.

IIL Theil. Die Za. 9 ff. enthaltenen Beziehungen auf die weltgeschichtliche Lage. (Siche Jahrgang 1881, 8. 1 ff. 1882, 8. 151 ff.)

Nach drei Seiten hat in diesem Abschnitte die Unter- suchung zu verlaufen. Wir ziehen 1) die Erwähnung der griechischen Weltmonarchie 9, 13 in Betracht; wir unter- suchen 2) das über Assur, Aegypten in c. 9. 10 Erwähnte und suchen 3) zu bestimmen, in welche Zeitlage die 9, 1 ff. 11, 1 ff. geweissagten Kriegszüge passen.

a) Die Griechensöhne 9, 13.

Vollkommen entscheidend für die Bestimmung der Abfassungszeit von Za. 9 ist schon die Erwähnung der ma 9, 13 für sich allein. Denn an die Ueberwin- dung dieser Javansöhne durch die Zionsöhne knüpft sich der Eintritt des messianischen Reiches. m ist also die Israel feindliche, den Anbruch des Gottesreiches verhin- dernde, daher behufs seiner Heraufführung zu überwin- dende Weltmacht. Eine Weltmacht, welche jr genannt werden konnte, hat es erst seit Ueberwindung des Perser- reiches durch Alexander den Macedonier gegeben. Und wir wissen aus dem Buche Daniel, dafs man die griechische Weltherrschaft als die der f1 bezeichnet hat. Der mit dem grofken Horne versehene Ziegenbock, welcher den doppelt- gehörnten Widder d.h. das medisch-persische Reich nieder- stöfst, ist nach Dan. 8, 21 der 1% 759. Das macedonische Reich heifst Dan. 11,2 mop und der Schutzengel des mit Alexander zur Herrschaft gekommenen Hellenenvolkes

18*

276 Stade, Deuteroaachaxja.

10, 20 jy Wy. Dafs an unserer Stelle nicht von irgend einen obscuren Volke it geredet werde, haben die Vertheidiger der rabbinischen Tradition so gut erwiesen als sie gesehen haben, dafs sich der Sprachgebrauch unserer Stelle au Daniel erklärt, wiewohl ihre Lieblingsmeinung, dafs Za. 9, 13 auf Daniel’s Weltmonarchien Besug nehme, den Sachver halt verkehrte. Im Uebrigen war bei der Ansicht der Letsteren von der Prophetie keine Schwierigkeit vorhanden, ein prophetisches Stück, welches das Bestehen der mace- donischen Weltmonarchie voraussetzt, von Zacharja, dem Zeitgenossen Josuas und Zerubbabels, herzuleiten.

Diesem Sachverhalte gegenüber haben diejenigen Kri- tiker, welche den in Deutschland zuerst von Flügge ein- geschlagenen Pfaden folgten, sich zu allerhand seltsamen Ausflüchten gedrängt gesehen. Und zwar fällt auf, dab die Empfindung der deutschen Kritiker für die Bedeut- samkeit der Stelle 9, 18 im Allgemieinen immer schwächer wird. Flügge ist sich derselben durchaus noch bewußt. Denn er sieht sich zu dem fruchtlosen Versuche genöthigt nachzuweisen, dals jr eben etwas anderes als }1' sei.

Ein Jahr vor Flügge’s anonymer Schrift erschien J. Gottfr. Eichhorn’s Einleitung ins A.T. Eich- horn waren Bedenken gegen die Herleitung von Za. 9—14 von Zacharja aufgestofsen, er hatte jedoch nach Erwägung der Gründe für und wider geglaubt sich für die traditio- nelle Ansicht aussprechen zu müssen. Inswischen erschien 1784 die anonyme Schrift Flugge’s. Durch Fligge’s Widerspruch wurde Eichhorn in seiner Entscheidung abermals wankend gemacht. Er behielt jedoch in der 2. Auflage seiner Einleitung (Bd.8. Lps. 1787 8. 321—326) den Text des Paragraphen, welcher sich für die traditio- nelle Ansicht aussprach, bei, versah denselben aber 8. 326 mit einer Anmerkung, worin er mit Rücksicht auf Flügge’s Widerspruch bekennt, dafs er sich jetzt mehr der andern Meinung suneige, die sie dem Zacharias ab-

a N U oe

Elchhorn’s Hypothese. 377

spricht : „jedoch obne ganz zu entscheiden, ohne den Verf. dieser Capitel su bestimmen, oder su bebaupten, dafs alle hinter dem achten Capitel befindlichon Stücke ewerley Ver- fasser erkennen. Schreibart und Inhalt haben mich in meiner Meinung wankend gemacht. Denn bey allen oben angeführten Aehnlichkeiten bleibt doch immer noch die Schreibart sehr verschieden : die ganse Composition ist anders, das Colorit ist verschieden, und die Farben sind auf eine andere Weise vermischt : in der Zusammenstimmung des Ganzen (wobey es weniger auf einzelne Worte an- kommt) finde ich den Geist des Zacharias nicht mehr so deutlich. Besonders aber macht mir der Inhalt dieser Stücke meine vorige Meinung verdächtig. Za. 9, 1—8 scheint die Siege Alexanders, insofern es dabey den Juden wohl ging, zu besingen; kann das Orakel so alt wie Za- charias seyn? Dagegen scheint Za. 9, 9 bis 10, 18, oder das Orakel von den glücklichen Zeiten des Messias viel älter, und zu einer Zeit verfertigt zu seyn, da es noch ein Reich von Assyrien gab (10, 10—12), und die Staaten Israel und Juda noch nebeneinander bestanden (9, 10. 18. 10, 6. 7). Weniger läßst sich über das Alter des Trauer- gesangs auf eine schwere Niederlage, bey welcher Anführer and die tapfersten Krieger geblieben waren (11, 1—3), und der darauf folgenden Parabel oder Dichtung (11, 8—17) bestimmen; und ebensowenig trägt die Schilderung von der herrschenden wahren Religion und der Unbesiegbarkeit des Staats (12, 1 bis 13, 6) deutliche Merkmale ihres Alters. Dagegen scheinen die Hoffnungen eines Israeliten nach dem Abzug Nebucadnezars, in Rücksicht auf das Schicksal der Zurückgebliebenen und der künftigen Zeiten (13, 7. 14) in die Zeit der Zerstörung des Staats selbst zu gehören, wofern man nicht annehmen will, dafs ein späterer Dichter sich in diese Lage mit seiner Phantasie versetzt habe.“ Diese Vermuthungen, welche Flügge’s Ausführungen bei Eichhorn zunächst hervorriefen, habe ich fast in extenso

278 Stade, Deuterosacharja.

gegeben, denn sie zeigen, dafs auch Eichhorn trots ein- zelner richtiger Erkenntnisse in den zwei Punkten irre geführt worden ist, in welchen überhaupt die Kritik seit Flügge’s Buch in Deutschland irre gegangen ist. Er ist einmal dazu verleitet worden, in cc. 9—14 statt eines Schrift- stückes ein Conglomerat verschiedener Orakel von zum Theil unmöglicher Winzigkeit zu sehen, dann aber hat ihn die Erwähnung von Ephraim, Joseph, Assur, Aegypten verleitet, auf das Nochbestehen des Reiches Israel, der Reiche Assyrien und Aegypten zu schliefsen. In beiden Punkten hat Eichhorn später, wiewohl nicht überall be- stimmt genug, das Irrige seiner Aufstellungen eingesehen. Allerdings zerlegt er cc. 9—14 in seiner Uebersetzung der „Hebräischen Propheten® (3. Bd. 1819) noch in verschiedene Abschnitte, allein er hat sich bereits überzeugt, dafs 9, 9 bis 10, 12 so gut in die griechische Zeit gehört wie 9, 1-8 und zerlegt daher cc. 9—14 nur noch in die Abschnitte 9, 1 bis 10, 12. 11, 1—3. 11, 4—17. 12, 1 bis 13, 6. 13,7 bis 14,21, ferner weist er alle diese Abschnitte jetzt in die nachexilische Zeit. Inzwischen waren (1818) J. B. Köster's fleifsige „Meletemata critica et exegetica in Zachariae pro- phetae partem posteriorem c. 9—14* erschienen, von denen Eichhorn in der 4. Auflage seiner Einleitung (Bd. 4. Göttingen 1824, § 444 Anm.) urtheilt : „Von § 27—92 sind sehr bündige Beweise dafür geführt, dafs von den 14 Capiteln des Zacharias keines in frühere Zeiten gehören könne, sondern Sprache, Bilder, Vorstellungsweise auf späte Zeit führen : bezweifeln kann man nur, ob späte Zeiten für gleichbedeutend mit Zeitalter des Zacharias des Sohns Berachias genommen werden müssen“. Und in derselben 4. Aufl. entscheidet sich Eichhorn wiewohl unter Aeulse- rung eines Bedenkens in Bezug auf den Abschnitt 13, 7 bis 14, 21 für Ableitung der Capp. 9—14 von einem Verf. Die Bedeutung von 9, 13 kommt bei ihm jetzt völliger zum Ausdrucke, wiewohl aus diesem Verse wie überhaupt aus dem

Eichhorn'’s Hypothese. 979

ganzen Abschnitte noch manche unrichtige Schlüsse über die zeitgeschichtliche Situation im Einzelnen gezogen werden. „Der Dichter, sagt Eichhorn 8. 444, besingt die Herr schaft der Griechen in Asien (v. 13)* oder 8.445: , Wenn es nun wahr ist, dafs alle Weissagungen vom Gegenwär- tigen ausgehen und die Propheten mit keinem Volke drohn, und von keinem etwas verheilsen, als bis das Volk selbst auf den Schauplatz und mit ihrer Nation in Verbin- dung getreten ist; so kann der Dichter nicht wohl früher von Alexanders Verhältnis zu den Juden gesprochen haben, als nach der Schlacht bei Issus, wo er sie zuerst bey der Besitznahme und Eroberung ihrer Nachbarschaft berührt hat. Eichhorn geht nämlich von der Voraus- setzung aus, dafs das Thema der Zukunft, welches der „Dichter“ im Abschnitte 9, 1 bis 10, 12 bearbeitete, sei : „die Jüdische Nation habe durch Alexanders Eroberungen nichts gelitten, sondern sich vielmehr durch die Besetzung der Beestädte von Philistäda mit jüdischen Colonisten ansehn- lich ausgebreitet, dies könne zum Beweis dienen, dafs Je- hova wieder die Regierung seines Volkes übernommen habe, und Israel auf dem Weg zu seiner Grifse sei”. Er schliefst die Erörterung über 9, 1 bis 10, 17 8. 449 mit der Ausführung des Gedankens, dafs von ihm keine Er- klärung möglich sei, wenn sie nicht aus der Geschichte Alexanders des (irolsen geholt werde. Die Abschnitte 11, 1—17. 12, 1 bis 13, 6 sind nach Eichhorn von keinem Inhalte, aus welchem sich ihr Zeitalter bestimmen liefse. Der Ursprung des letzten Abschnittes aber 13, 7 bis 14, 21 leide entweder gar keine Bestimmung, oder er müsse für einen Trostgesang angesehen werden, von der ersten Nach- richt veranlafst, dafs Judas Makkabi in der Schlacht mit Bacchides geblieben sei (8.460). Doch giebt er jener An- sicht, welche c. 9—14 von einem Verfasser herleitet, im Ganzen den Vorzug, so dals für ihn im Buche Zacharias „zwei Dichter® vereint sind, vgl. § 606, S. 456 ff., 8 607 8.461.

Ls

280 Stade, Deuterosacharja.

Eichhorn’s Entdeckung hat, wenn wir von der Zustim- mung Corrodi’s!) und dem Wiederhalle, welchen sie be Geo. Lor. Bauer?) gefunden hat, absehen, wenig Glück gehabt. Verhängnifsvoll hierfür ward, dafs sowohl die Kritik als die Apologetik ihre feste Position gewann, ehe sich Eichhorn zu einerklaren Anschauung hindurchgearbeitet hatte. Es ward schädlich, daß Eichhorn nur allmählig und nach vielem Schwanken zu einer leidlich richtigen Ansicht gelangte. Schon dafs er den Nachdruck zunächst auf 9, 1—8 legte, hat, wie wir sehen werden, den Eindruck seiner Argumentation geschwächt. Weiter war Eich- horn vorübergehend für 9, 9 ff. durch Flügges Argı- mente bethört worden. Die Argumente Flügges «x seugten schon um dieses Schwankens willen einen stär- keren Eindruck als die Eichhorn’s. Ueber diesem Ein- drucke übersah man das auch in der unvollkommenen Form der Eichhorn’schen Hypothese steckende Moment der Wahrheit; man kam nicht dazu, die von Eichhorn auf- gefundenen Spuren weiter zu verfolgen. Weiter aber wurde durch R.C.Döderlein’s®) Recension über W.New- komes Commentar die Stimmung für Flügge noc günstiger.

So war es nur naturgemäls, dafs die Vertheidiger der Tradition sich mit viel grifserer Energie gegen Flügge und Newkome als gegen Eichhorn wandten. Mit Eichhorn theilten sie ja zudem gewisse Theile der Po-

!) In der anonymen Schrift : Versuch einer Beleuchtung der Ge schichte des jüd. u. christl. Bibelkanons. 1. Bändchen, 8. 107.

*) Entwurf einer hist. krit. Einleit. i. d. Schriften d. A. T. 8. Aufl Nürnberg u. Altdorf 1806. 8. &11. In Joh. Chr. Frid. Schalsii Scholia in Vet. Test. cont. a G. L. B. Vol. VIII, Norimb. 1794. 8. 74 registrirt B. sowohl Fligge’s als Eichhorn's Ausatzs, ohne ach für einen derselben zu entscheiden. Nur dafs die CC. nicht von Zacharja seien ist ihm gewiln.

8) Auserlesene theol. Bibl. Leipzg. 1787. Bd 4, (2. Stück; 8. 81 #

Die Schicksale der Eichborn'schen Hypothese. 281

‘sition, mit dem vermögen sie die Verse 9, 1—8 auf Alexander

su beziehen, sie schulden ihm ja auch noch dafür Dank, dafs er ihnen mit seinen in den ersten Auflagen der Einleitung für die Authentie geltend gemachten Argumenten die bei ihrer Beweisführung einzuschlagenden Wege gezeigt hat. So wendet sich denn schon M. J.H. Beckhaus'), welcher seine Ausführungen sowohl gegen Newkome und Flügge als gegen Eichhorn kehrt, doch hauptsächlich gegen die ersteren. Eichhorn’s Beziehung von c. 9 giebt er su ohne daraus einen Beweis zu entnehmen, mit Eichhorn weils er sich in verschiedenen Punkten einig. Ebenso ist Flügge für Joh. Jahn*) der eigentliche Gegner. Die von diesem vorgebrachten Gründe werden einzeln aufge- zählt und widerlegt, als für ein späteres Zeitalter vorge- brachter Grund wird lediglich erwähnt, „dafs die voraus- gesagten Begebenheiten von Sacharia zu weit entfernt seien und dieser in der Position der Gegner kaum eine Rolle spielende Grund wird dann summarisch mit der abweichenden Ansicht über die Prophetie widerlegt.

Weit mehr aber als diese Vertheidiger der Tradition haben ee J. Ch. W. Augusti, Leonh. Bertholdt und W. M. L. de Wette verschuldet, dafs die Untersuchung über die Herkunft von Za. 9 ff. in falsches Fahrwasser gerieth, Augusti®) erwähnt, hierin die Späteren vor- bildend, nur die traditionelle Ansicht und die Flügg e’sche Hypothese. Bertholdt, welcher ja auch durch seine po- sitiven Aufstellungen über Za. 9 ff. die Meinungen der Kritiker in entscheidender Weise beeinflufst hat, findet sich

*) Ueber die Integrität d. proph. Schriften des A. B. Halle 1796. 8. 840 ff.

*) Einleitung i. d. Göttl. Bücher d. A. B. 2. Aufl. 3. Th. 2. Abechn. Wien 1808. 8. 675 ff.

*) Grundrifs einer hist. krit. Kinleit. ins A. T. Leipsig 1806. 8. 289 f. 2. Aufl. 1827. 8. 843 ff.

282 Stade, Deuterosacharjs.

allerdings noch mit Eichhorn’s Ansicht, wenngleich in sehr oberflächlicher Weise ab"). Er hat gegen sie nichts einzuwenden als die individuelle Empfindung, dafs der Pro- phet aus einer zu fernen Zeit her spreche. Die Griechen 9, 13 sind für ihn entfernte Völker; daß auch die kriege rischen Unternehmungen solcher vereitelt werden, ist ihm Spitze der Weissagung. Sein Hauptargument ist die Er wähnung Judas und Ephraims. Bei de Wette?) aber, welcher im Uebrigen auch hier zu sehr in den Fufsstapfen Bertholdt’s geht, vermifst man wie bei Augusti jede Erwähnung der Ansicht Eichhorn’s gänzlich. Die von ihm bekämpfte Position ist die der Apologeten. Der Vers 9, 13 kömmt für ihn nur in Betracht, sofern er nicht den Bestand des israelitischen Reiches vorauszusetzen scheint. Es ist allgemein bekannt, dafs de Wette die ganze Frage niemals anders als unter der Alternative vorexilisch oder zacharjanisch betrachtet hat. Durch den Beitritt dieser zu Flügge’s Hypothese gewann dieselbe so allgemeine Ver. breitung, dafs Köster, welcher sich noch in reinlicher Weise mit Eichhorn’s Hypothese auseinanderzusetzen sucht, sie bereits als zur Zeit herrschende empfindet und von ihr die traditionelle einfach als die der älteren unter- scheidet.

Dafs aber auch die 8. 278 f. erwähnte letzte Umgestal- tung der Eichhorn’schen Hypothese hierin keinen Wandel schaffte, verschuldete gleichfalls Eichhorn theilweis selbst. Derselbe ging bei der Beurtheilung prophetischer Schrift- stücke von der Voraussetzung aus, dieselben gäben eine verschleierte historische Darlegung gegenwärtiger oder ver- gangener Zustände oder Ereignisse. In der Verwerfung dieses Begriffes von Prophetie stimmte aber bereits die

!) Histor. krit. Einl. in sämmtl. kanon. und apokr. Schriften des s. u.n. T. Theil 4. Erlangen 1814. 8. 1714. *) Lehrbuch d. hist. krit. Einleit. Berlin 1817. 8. 272 f.

Die Schicksale der Eichborn’schen Hypothese. 283

Mehrzahl der Kritiker mit den Apologeten überein. Weiter ast Eichhorn niemals davon abgegangen, den Haupt- machdruck in seiner Beweisführung auf 9, 1—8 zu legen. Und niemals hat er den in 9, 13 enthaltenen Gegensatz Won 3 9 und m ‘12 voll erfafst.

:So verlieren weder die Apologeten noch die Kritiker die inzwischen einmal gewonnene Position. Das Gefühl für die Bedeutung der Argumente Eichhorn’s später wohl auch die Kenntnifs derselben geht allmählich ver- loren. Noch Rosenmüller hatte in der ersten Auflage der Scholia, in welcher er unter dem Eindrucke der Argu- mente Bertholdt’s die Authentie Preis giebt, sich durch 9, 13, wiewohl er meint „@raecis vates per syncedochen barbaras gentes in universum designat“, zu dem Schlusse genöthigt gesehen : „Videntur tunc temporis Macedones ita invalescere cepisse, ut Asiae Occidentalis civitatibus metum injicerent*. Aber die Spiteren zeigen weniger Ueberlegung. Es wird ihnen die Freiheit des Blickes immer mehr durch die für die vorexilische Abfassungszeit vorge- brachten Argumente benommen. In characteristischer Weise zeigt sich dies schon bei Forberg?). Allerdings kehrt dieser sich wieder wie gegen die Vertheidiger der Authentie so gegen Eichhorn. Aber das Gewicht der von diesem vorgebrachten Gründe empfindet er so wenig, dals er 3.15 meint : at ille, quum cur ad hanc potissimum opinionem adductus sit, caussas nullas aperuerit, eas ut conjectura adsequamur necesse est“. Zu 9, 13 kommen ihm die Griechen nur als ferne Völker in. Betracht, er combinirt die Stelle mit Am. 1, 9 ff., Joel 4, 4—7 (8. 22). Daneben widerspricht er dieser Auffassung direct und schiefst in sonderbarster Weise an dem beinahe berührten Ziele vor-

$) Scholis in Vet. Test. VII, 4, Lipsiae 1816. 8. 258. *) Commentarii critici et exegetici in Zachariae vaticiniorum part.

poster. partic. J. Cobuargi 1824.

984 Stade, Douterosacharja.

über, wenn er 8. 27 den Inhalt von 9, 18 so formalirt: „Ita mala vestra bonis compensabo, ut ii ipsi, quorum im- perium adhuc ferebatis, Graeci aliique exteri populi nunc vestri servi fiant“. Dieselbe Unklarheit zeigt sich darin, dafs er den Versuch Fligge’s, umsudeuten, zurück weist. Forberg’s Hauptgrund gegen den Ansats von e. 9 in Alexanders Zeit ist eine vorgefalste Meinung : „Libri prophetici omnes aetatem Darii Hystaspis et Arte xerxis non exoedunt“. Das Stück würde andernfalls unter den Hagiographen stehen.

Andere hinwiederum sahen tiber m klarer wie For berg und versuchten daher, für die Hypothese vorexilische Abfassung voreingenommen, Eichhorn’s Ansats durd Mifedeutung von } zu beseitigen. Hierin war ja bereits Flügge vorangegangen. Er hatte in der Erklärung vo 9, 18 seine Verwunderung darüber ausgesprochen !), dalı auch die besten Ausleger in dieser Stelle Griechenland finden, während es augenscheinlich das sei, was in de Aufschrift Damascus und Hamath heifse, und in einen eigenen Excurse?) nachzuweisen gesucht, dafs die rein hebräischen Schriftsteller (er meint das A. T. aufser Daniel) unter Javan nie Griechenland verstanden hätten. Schon für Flügge ist die Veranlassung zu dieser monströsen Behauptung eine Conjectur Bocharts su der verdorbenen Stelle Es. 27, 19 und schon bei ihm spielt daneben die Stelle Joel 4, 4—8 ihre Rolle. Der Ungrund dieser Ver muthung und die weiteren Schicksale derselben habe ich an cinem andern Orte auseinandergesetzt. Es genügt hier- auf zu verweisen ?®).

So wird es denn bei den Apologeten allgemein üblich bei Vertheidigung der Authentie die Waffen gegen den Ansats

) a. a. O. 8. 25. %) a. a. O. 8. 86 ff. *) De populo Javan parergon 8. 11 ff.

Die Behicksale der Eichhora'schen Hypothese. 285

in vorexilischer Zeit su richten und Eichhorn’s Ansatz höchstens von oben herab mit einigen Worten zu streifen. So besieht s.B. Hengstenberg!) 9, 13 auf die Kämpfe der Juden mit den Seleuciden, wie das nach Hieronymus die jüdische Ueberlierung that, und findet in 9, 1—10 eine Beschreibung des Zuges Alexanders nach der Schlacht bei Issos, „so deutlich, wie sie bei dam nie aufsuhebenden Unter- schiede zwischen Weissagung und Geschichte nur immer gegeben werden konnte”. Der Spott, mit welchem er ebenda die Verlegenheiten der Kritik und die Widersprüche, in welche sie zu ihren eigenen Principien hierbei tritt, geilselt, ist wohlverdient, während Hengstenberg seiner- seits hinwiederum die Schwäche der eigenen Position ver- räth, wenn er Eichhorn’s Ansats „ein versweifeltes Mittel“ nennt, aber in der Anmerkung 8. 888 darauf hin- weist, dals in der Zeit des Propheten Zacharja schon ein Anknüpfungspunkt vorhanden gewesen sei, da Darius’ Ab- sichten auf Griechenland schon bald nach seiner Thron- besteigung hervorgetreten seien. Viel leichter macht es sich Hävernick®). Er glaubt die Annahme nachsachar- janischer Abfassung mit der Phrase zu widerlegen : „sie beruhte auf einer ebenso oberflächlichen als dogmatisch be- fangenen exegetischen Auffassung des Abschnittes und zeigte nur, wie wenig man sich in die allerdings sehr be- deutenden Schwierigkeiten desselben su finden wulste“. Der Wahrheit nahe kommt A. Köhler, wenn er?) urtheilt : „Das ganse Volk Israel mufs von dem Propheten als unter der Zwingherrschaft Javans leidend gedacht seyn. Dies war in der vorexilischen Zeit niemals der Fall“. Aber während noch hinzuzufügen war: „ebensowenig in der Za- charjas®, fährt Köhler fort: „wollen wir nun nicht wo-

!) Christologie 2. Aufl. III, 1 8. 828. 887 ff.

®) Handbuch der histor. krit. Einleitung ins Alte Testament 2, 2. Frankfurt 1844, 8. 409.

®) Nachexil. Proph. Abth. 8. 8. 78.

286 Stade, Deuterosacharja.

gegen nach dem jetzigen allgemeinen Urtheil die entsche- dendsten Griinde sprechen unsern Propheten mit Eich horn, Paulus, Gramberg') in die Zeit Alexanden oder die makkabäische Zeit herabrücken, so können we uns der Annahme nicht entziehen, dals er die Weissagunza Daniels im Auge hatte“. Hier wird also der Succeis, welchen Flügge’s Vermuthung hat, als Succurs gegen Eichhorn verwandt. Nicht besser ist es, wenn Orten berg 8. 29 sagt : „man verweist uns auf Za. 9, 13 und die dortige Erwähnung Jaran’s als „Repräsentanten der der Theokratie feindlichen Weltmacht“. Als ob die Griechen zu der Zeit des nachexilischen Zacharja eine solche Prophetie veranlafst haben könnten, und die rich tige Erklärung des Einzelnen wie die Einsicht in den Ze sammenhang nicht auf ein bestimmtes durch Joel (4, 6) uns verbürgtes Ereignifs mit aller Gewalt hinwiese!*

Ist nun unter jv 9, 13, wie die Vertheidiger der Au thentie bis auf den jüngsten derselben, Bredenkamp, richtig nachgewiesen haben ohne daraus die nothwendigen Schlüsse zu folgern, die Israel bedrückende griechische Weltmacht, die Nachfolgerin der persisch-medischen Wdt- monarchie zu verstehen, so begreifen wir auch erst die Ver anlassung der Abfassung des Stückes völlig. Wir sahen 8.160 ff., dafs das Unternehmen, die noch nicht erfüllten Weis-

!) Gramberg’s Stellung sur Frage ist hiermit nicht genau wie dergegeben. Er wendet sich direct gegen Eichhorn, dessen Vor- aussetzungen über die Prophetie er nicht theilt und hält Ze. 9-14 swar für nachexilisch aber mit Benutzung älterer prophetischer Sticke gearbeitet. 8. Religionsideen II, 8. 520 ff. 655. 660. Falsch ist in seiner Auffassung, dafs er den Verfasser von Za. 9—14 unter Xerxes schreiben läfst, s. 8. 667. Aus Köhler’s Commentar ist der Irrthum in Pressel’s Commentar über Haggai, Sacharja und Maleachi, Gotha 1870 8. 39, übergegangen, welcher auch Vatke den Abschnitt in die Zeit Alexanders versetsen lälst, wäbrend derselbe vielmehr an die Zeit der persisch-ägyptischen Kämpfe denkt. Hävernick a. a. O. 8. 409 und Ortenberg, a. a. O. 8. 7 £ haben das Richtige.

288 Stade, Deuterosacharja.

griffe erhielten sich. Die Religion der nachexilischen Ge- meinde vertrag sich im (tanzen mit der persischen Fremdherr- schaft recht wohl, dieselbe gewährte ihrer Entwickelung freien Spielraum. Das änderte sich völlig durch das gigantische Werk Alexanders. Jetzt wurde Juda Glied eines W eltreiches, in welchem sich gegenseitig die mannichfaltigsten Sitten und Gebräuche, die verschiedensten Culturen durchdrangen, n welchem aber doch je länger je mehr die Sitten und Vor | stellungen der Eroberer, wiewohl vielfach ins Orientalische umgebildet, sur Herrschaft kamen'). Aber diese Umbil- dung des Hellenischen zum Orientalisch - Hellenistischen machte die neuen Ideen und Lebensgewohnheiten dem Volke Israel nicht erträglichee. Von Ideen der Religion Israels war die neue Mischung kaum beeinflufst worden, destomehr von babylonischen, persischen, ägyptischen Vor- stellungen. Sowohl was in ihr althellenisch als was im ihr halbasiatisch war trat als ausgesprochen heidnisch jüdischem Fühlen und Denken entgegen. Hatte doch schon längst alles Thun eines Juden seine Besiehung zur väterlichen Religion gewonnen. Dies gab dem jüdischen Volksthume eine erheblich gröfsere Widerstandskraft gegen Fremdes, als sie andere orientalische Nationen besaßen. Und so stiefs denn in dem jüdischen Volke der um die Weltherr- schaft ringende Hellenismus auf den zühesten Gegner, den er zu bekämpfen gehabt hat, denn er stiels in ihm auf die unverwüstlichste Lebensmacht, welche sich inder Welt bisher entwickelt hatte. Umgekehrt aber gewann der Kampf auch für den Juden ein viel ernsteres Gesicht als der Kampf mit den heidnischen Weltmächten jemals früher gehabt hatte. Im

%) Droysen, J. G., Geschichte des Hellenismus I, 3 (II) Goths 1877 8. 801 £. : „So darf man den Hellenismus mit Recht die erste Welteinheit nennen, während das Achämenidenreich nichts als ein Sufserliches Aggregat von Ländermassen war, deren Bevilkerangen nur die gleiche Knechtschaft mit einander gemein hatten“.

_ Die Erwähnung der griechischen Weltmonarchie. 289

Lellenismus trat dem Judenthum nicht blofs die brutale Gewalt mtgegen, welche auf das Recht des Siegers pocht, sondern une geistige Macht, welche durch die Kraft und Wahrheit hrer Ideen auf Eroberungen auszieht. So beginnt denn jeme Auseinandersetzung zwischen jüdischem Monotheismus amd hellenistischer Cultur, welche vielleicht in friedlichem Processe durch einen Kampf der Geister verlaufen wäre, wenn nicht Antiochus IV. Epiphanes’ unkluge, nicht nur überhastende, sondern auch tiberspannende Malsregeln eine energische Reaction des in seinem Heiligsten verletzten Volksgeistes hervorgerufen hätten, eine Reaction, deren Wogen nunmehr auch das mit hinwegrissen, was von guten und schönen Besitzthümern der griechischen Cultur Werth gewesen wäre vom jüdischen Volke erworben zu werden. Sollte es überhaupt dem wirklichen Gange der Dinge ent- sprechen, dafs wir aus diesen bewegtesten Zeiten, diesen Zeiten, in welchen die Kraft des Heidenthums gebrochen und die künftige Weltherrschaft der monotheistischen Gottes- gedanken Israels angebahnt wurde, so wenig literarische Denkmäler überliefert erhalten hätten, als die traditionelle kritische Behandlung des A. T. uns glauben machen will? ') Damit, dafs ja damals auch Israels Sprache immermehr erloschen sei, kaun man dies nicht motiviren. Denn noch am Ende unserer Periode schrieb und verstand wer in Jarael geistige Interessen verfolgte die heilige Sprache der Väter. Es wäre jene Annahme so unwahrscheinlich, dafs man immer wieder nach Zeugnissen jener geistigen Be- wegung suchen mülste, wenn sie sich nicht ungesucht böten. Wie Daniel diese ganze Periode schlielst, so er- öffnet sie Za. 9-14. So bewahrheitet sich auch von dieser Seite, was wir S. 170 bereits sahen, dals wir in Za. 9—14 eine Reaction gegen die durch Alexanders Eroberung ge- schaffenen Zustände haben. |

) Vgl. die Aeufserungen Ewald's, G.V.I. 8. 289, welcher auch

hier in der Gesammtauffassung seinen Einzelerkenntnissen weit voraus ist. Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1888. 19

390 Stade, Deuterosacharja.

Und so ist denn, was von den Aelteren allem Bott cher!) völlig erkannt hat, die Erwähnung der „Griecken- söhne* in v. 9, 13 allein ein swingender Grund für den Ansatz von Za. 9—14 in hellenistischer Zeit und jeder Vorschlag einer Aenderung dieses Ausdruckes ein Zuge ständnifs dieses Sachverhalts.

b) Assur, Aegypten und die Diaspera.

Unter den Gründen derer, welche Za. 9 ff, in die vor- exilische Zeit versetzen, spielt eine Hauptrolle, dafs As syrien und Aegypten (10, 11), Damaskus, Tyrus und Phi- listia als selbständige Staaten erwähnt würden®). Wir sahen in der Analyse von o. 9, 1 ff., dafs die Belbständig- keit der dort genannten Landschaften und Städte mit keinem Worte vorausgesetzt ist. Wie aber steht es nun mit 10, 11: „Dann wird gedemüthigt der Hochmuth Assyriens und von Aegypten weicht das Königsscepter”? Gramberg *)

5) Neve exeget.-krit. Achrenlese sum A. T. 2. Abth. 8. 215 fi. „Za. 9, 18 m Jonien, Griechenvolk*. Die Art wie dieses hier ganas verschieden von Jo. 4, 6. Jes. 66, 19 als Hauptgegner Zions genannt wird, seigt hauptsächlich, dafs die Stücke Za. 9 ff, die jeder sicheren Unterbringung in vorexilischer und vormacedonischer Zeit widerstreben, erst nach Alexanders Durchzug durch Palästina geschrieben sein können. Und dazu stimmt das spätere Colorit, der levitische Geist, der com- pilatorische an Nachbildungen reiche Stil, sowie die phantastisch-mes- «ienische Huffaung. Letutere mulste nach dem Umsturs durch Alexander bei den Juden neu belebt worden sein.

5) Flügge, a. a O0. 8. 8i £&. Bertholdt, aa O. 8. 1714 L. de Wette, a. a. OÖ. 8. 372. Bleek, Studien u. Kritiken 1852, 8. 270 urtheilt, es setse 10, 11 deutlich eine Zeit voraus, wo Assyrien und Aegypten beides mächtige und selbständige Reiche waren, die sich dea Isracliten feindlich bewiesen hatten und von Seiten derer ihnen fort während am meisten Gefahr drohte. Ortenberg a. a. O. B. 89 findet sogar, Assyrier und Aegypter würden nicht nur als selbetändig, sondern auch als bisher unangefochten in ihrer Obmacht fiber andere Völker genannt.

*) a. a. O. 8. 581.

292 Stade, Deuterozacharja.

fortsetzte, wie dieses das babylonische, letzteres das assy- rische, dana insofera es die eben deshalb syrisch genannten Küstenstriche mit umfafete. Beides läuft in dem einen zu sammen, dals das Reich der Seleuciden den gröfsten Thal der Territorien umspannte, welche einst dem Scepter des Assyrerkönigs unterworfen gewesen waren.

Insofern das Reich des Seleukos von Babylonien aus seinen Ursprung nahm, kann es Assur genannt werden, denn das babylonische Reich selbst wird als Fortsetzung des assyrischen mit diesem Namen belegt und das persische Reich gab sich als Fortsetzung des babylonischen. So ist Jer. 2, 18. Thre. 5, 6. Mi. 7, 12 Assur, in allen drei Stellen neben Aegypten genannt, Bezeichnung Babyloniens. Der weit 39 2K0.23, 29 ist Nabopolassar. Die Könige von Persien aber, welche sich seit der Eroberung Babels als Könige von Babel beseichnen, können eben deshalb auch Könige von Asayrien genannt werden. So erscheint Esra 6, 22 nk yo gleichbedeutend mit 523 759 Neb. 13, 6. Esra 5, 13. Das seleucidische Reich aber war, seitdem die Verbindung mit Macedonien gelöst war, die naturgemiifse Fortsetsung des persischen Weltreiches, wie sich namentlich in seinen Kämpfen mit Aegypten seigt'). Und so beseichnet @ 87, 4 Babel weil mit Aegypten verbunden wie nach dem ganzen Zusammenhange nicht blofs Babylon oder Babylonien, son- dern das ganze seleucidische Reich.

Dann aber beweist weiter sowohl der Ausdruck xt 209 als der aus Acovela verkürste Name voila, dafs die orien- talische Bezeichnung “nwe dereinst auch an den von Ara- mäern bewohnten Küstenländern des Mittelmeeres gehaftet hat, welche gleichfalls zum Reiche der Seleuciden gehört haben. Die griechische Bezeichnung ist nur daraus erklärlich,

= means

!) Aebnlich reflectirt sich nach Lassen Seleukos in der indischen Ueberlieferung als König der Perser (Pärasika) s. Indische Alterthums- kunde Il? Leipsig 1874 8. 216.

Die Erwähnung Assyriens und Aogyptens. 208

dafs jene Gegenden, als die Griechen mit ihnen näher be- kannt wurden, einen Theil des assyrischen Weltreiches bil- deten, dem sie ja von 734 bis zu seinem Untergange unter worfen waren. Und die Bezeichnung MW 2517 beweist, dafs dieser Sprachgebrauch bis weit über die Abfassungszeit von Za. 9 ff. fortdauerte !).

So hat denn die Bezeichnung des Seleucidenreiches durch wx ihr Analogon an den Bemerkungen der LXX zu p 80, 1 uxte rot Aoovplov und zu py 76, 1 xed tor Acovecoy, und wenn die Exulanten nach Za. 10, 11. Jes. 24, 12. 13 aus Wit heimkehren sollen, so ent- spricht es dem 3K }¥2m von 68, 23, wie das dort stehende niygen dem mis O'9 1Qy entspricht und die Heimkehr der ägyptischen Diaspora umschreibt.

Ist aber pax 10, 11 auf das seleucidische Reich zu deuten, so ist damit zugleich eine Möglichkeit gegeben, die Abfassungszeit noch genauer zu bestimmen. Die Sa- trapie Babylonien kam durch die Theilang von Tripara- deisos 321 an Seleukos. Aber von dieser Zeit an konnte seine Herrschaft noch nicht als “wy bezeichnet werden. Nicht nur, dafs die Fiction der Reichseinheit noch bestand, vor allem folgten von 318 an jene Kämpfe um dieselbe, im Verlaufe welcher Seleukos vorübergehend aus seiner Satrapie verdrängt wurde. Schon 312 jedoch eroberte sich Seleukos durch kühnen Ueberfall seine Satrapie zurück, ja Medien, Persien und Susiana hinzu. Und wiewohl Se- leukos im Frieden von 311 keine Anerkennung fand, auch vorübergehend von Antigonos’ Sohn und Feldherrn De- metrios wieder aus Babylon verdrängt wurde, so wulste er dennoch sich in seinem Reiche zu erhalten, ea zu mehren und zu festigen. Mit Recht datiren daher die Seleuciden ihr Reich von 312. Und wie schon früher von den Bar- baren, so liefsen sich Seleukos, Antigonos und Ptolemaios

') Weitere Belage für denselben s. bei Hitsig zu yp 88, 9.

904 Stade, Deuteronacharfe.

von 806 auch von den Hellenen als König begrüfßsen. Va da an war erst die Situation geschaffen, in welcher 10, li wurzelt. Führt uns 9, 18 über die Schlacht bei Iso herab, so dieser Vers über das Jahr 306.

Eine Bestätigung dieses Resultates ergibt sich um aus den in c. 9. 10 enthaltenen Hoffnungen, dafs die Diaspas heimkehren, Gilead und’ Libanon besiedeln werde.

9, 11. 12 setzen voraus, dals eins grofse Diaspora a den Griechenlindern verhanden ist. Dieselbe soll nad Ueberwindung der Griechensöhne zurückkehren. 11,6—12 werden diese Verbannten dem Hause Joseph gleichgestellt, sie sollen aus Assyrien und Aegypten d.h. wie wir sahe, den Ländern der Seleusiden und Ptolemiäer heimkebre. In beiden Ländern befand sich von Alters her eine sabl reiche Diaspora. Diese war jedoch während der Kämpfs der Diadochen noch erheblich vermehrt worden. Als Ptole maios Lagu 320 die Satrapie des Laomedon besetzen liek, wurden nach Joseph. Archaeol. 12, 1 sahlreiche Juden s- wohl vom Gebirge Juda als aus der Umgebung Jerusalems wie auch Samariter als Kriegsgefangene nach Aegyptea abgeführt. Aufserdem soll er nicht wenige von ihnen in Kriegsdienste genommen haben, in der Erkenntnilfs, dal er sich auf ihren Eid verlassen könne. Weiter sollen unter ihm nicht wenige Juden freiwillig eingewandert sein, az- gelockt durch die Vortrefflichkeit des Landes und Piole- maios’ Freigebigkeit. Soweit die Besiedelung Alexandrias in Betracht kommt, ist letzteres ohne weiteres wahrschein- lich. Die Anwerbung jüdischer Söldner ist möglich, in späterer Zeit begegnen uns ja jüdische Soldaten in den höchsten militärischen Stellungen des Reiches der Piole- mäer. 9, 11. 12 wie auch c. 10 stellt sich die in den Griechen- ländern befindliche Diaspora als Kriegsgefangene vor. Sie mtissen ja befreit werden. Die bekannte Erzählung!) von

*) Aristeas ed. Schmidt 8. 15—18. Josephus Archaeol. 12, 2, 2. 8.

Die Heimkehr der Diaspora. 206

«lem Loskauf der jüdischen Gefangenen durch Ptolemaios Whiladelphos mag wahr sein oder nicht, jedenfalls verbürgt mie aber das Vorhandensein zahlreicher jüdischer Sclaven in Aegypten während der Herrschaft der ersten Ptolemier. Aber auch nach den Ländern der Seleuciden mögen durch die Kriegswirren aufs neue Juden verschlagen worden sein. Schon Alexander scheint Juden ausgehoben zu haben. Unter den in Babylon zum Aufräumen des Belustempels ver- wandten Soldaten werden auch Juden erwähnt ').

Die Befreiten und Heimgeführten aber sollen Gilead und Libanon besiedeln. Schon allein durch diesen Zug ver- räth sich unsere Weissagung als Wiederaufnahme einer bereits in alter Zeit sum Umkreise der messianischen Idee gehörigen Hoffnung. Das Reich Davids soll im alten Um- fange wieder hergestellt werden. Doch hat das Wieder- auftauchen dieser Hoffnung in der Zeit der Diadochen- kämpfe seinen ganz besonderen Sinn. Denn infolge der Städtegründungen des Seleukos wanderten in jene Land- schaften, im hellenistischen Sprachgebrauche nach Coelesyrien und der Dekapolis, zahlreiche jüdische Colonisten und eben hierdurch schien die alte messianische Hoffnung sich zu erfüllen. Josephus, Archaeol. 12,3 führt an der Spitze dieses Abschnittes, in welchem er die den Juden von den Herr- schern Asiens, in deren Kriegsdienst sie traten, erwiesenen Wohlthaten aufzählt, an, dafs Seleukos Nicator in den von ihm in Asien und Karo Zvpla gegründeten Städten, wie auch in der Hauptstadt Antiochia Juden angesiedelt habe. Dasselbe erwähnt er beiläufig Contr. Ap. 2, 4 vgl. auch Bell. Jud. VII, 3, 3. Eusebius I, S. 118 ed. Schoene setzt die Colonisirung der von Seleukos schon früher gegrün- deten Städte mit Juden ins Jahr Ol. 122, 3 (290). Nach ihm (vgl. ebenda 8. 116 f.) gründet er Ol. 118, 3 An-

1) Curt. IV, 6, 80. 81. Arrian III, 5, 1. Diodor 18, 12.

906 Stade, Deuteresacharja.

tiochia, Laodicea, Seleucia, Apamea, Edessa, Beron, Pella ').

c) Der Zwingherr 9, 8 und die 9,1 @ 11, 1 © gowee sagten Kriogezüge.

Einen weiteren Anhalt sur Bestimmung der Abfassung: seit von Za. 9 ff. bietet 9, 8, jedoch lassen sich aus ihm, ds sein Sinn streitig ist, nur allgemeine Schlüsse ziehen, welds jedoch das aus 9, 18 und 10, 11 Erschlossene zu bestätigen vollständig genügen. Nach Besiegung der 9, 1—7 aufge sählten Reiche will sich Jahve als Schutzwache um sn Haus lagern, so dafs kein Zwingherr fürder sa ima kömmt. Aus dem Verse geht mit ‘Sicherheit hervor, dab in letstverflossener Zeit ein Zwingherr oder deren mehren in Jahves Haus eingedrungen sind. Die historische Au- deutung dieses Verses aber wird sich danach richten, was man unter dem Hause Jahves versteht. Zunächst ist das- selbe der Tempel auf Zion. Diejenigen, su denen ken Zwingherr mehr dringen soll, wären dann die Jerusalemer. Ein Vorfall, auf welchen hiermit angespielt sein könnte,

1) Es möge gestattet sein, auf das 8. 172 über die Stellung Deo- terosacharjas su Ephraim beiläufig Bemerkte nochmals zurücksukommen. Die Hoffnung, dafs Juda und Ephraim gemeinsam gegen die Weltmacht streiten werden, hat möglicherweise nicht nur daraus Nahrung gesogen, dafs die im Norden surtickgebliebenen altisraelitischen Elemente sich bereits an die Gemeinde angeschlossen hatten, sondern ist vielleicht auch durch besondere Ereignisse dieser Zeit unterstützt worden. Wir lesen Joseph. Contr. Ap. 2, 4 die Notis aus Hekataios, dafs Alexander den Juden rev Fauapelriv yaoay noocéoyxev Eyery adqogadsynter. In dieser Fassung ist sie zweifellos irrig. Ewald, a. a. O. 8. 298 f. und Hitsig, Geschichte 2, 8. 837 nehmen als möglich an, dafs die drei samarischen. Besirko Aphairema, Lydda und Ramathem, welche später zu Juda gehören vgl. 1 Macc. 11, 28. 84 (10, 80), damals sa Juda geschlagen wurden. Im Uebrigen gilt auch von dieser Erwar- tung, dals es zu ihrer Wiederbelebung einer solchen Veranlassung gar nicht bedurfte. Denn sie gehörte eben zum festen Bestande der messianischen Hoffnungen.

Der Zwingherr 9, 8. 297

läfst sich noch aufweisen. Aulfser Betracht bleibt hierbei selbstverstindlich, was Jos. Arch. 11, 8, 8, 4 über einen von Alexander zu Jerusalem abgestatteten Besuch erzählt, denn derselbe hat nach höchster Wahrscheinlichkeit nie stattgefunden. Die Erzählung des Josephus verräth sich schon durch ihr ganzes Colorit als einen geschmacklosen Roman. Dagegen würde 9,6 auf die Ereignisse des Jahres 320 gedeutet werden können. Als Ptolemaios die Satrapie Laomedons durch ein von Nikanor geführtes Heer besetsen liefs, fiel auch Jerusalem in die Hände der Aegypter. Josephus, Archaeol. 12, 1, 1 erzählt, Nikanor habe Jeru- salem durch List genommen, indem er unter dem Vor- wande opfern zu wollen, Einlaf& begehrt und erhalten habe. Er beruft sich hierbei auf Agatharchides aus Knidos, welcher jedoch nach Josephus’ eigenem Citate zu urtheilen nur er- zählt, die Juden hätten wegen einer axaıpoo decordaruovla nicht fechten wollen. Jerusalem ward also danach eines Sabbats durch Handstreich genommen. Neben ihm käme nur noch Ptolemaios Euergetes in Betracht, welcher nach Joseph., contra Ap. 2, 5 gleichfalls in Jerusslem war. Derselbe erscheint jedoch aus weiter unten zu erörternden Gründen ausgeschlossen, das Schriftstück älter *).

Allein dafs der Verf. mit Jahves Haus hier den Tempel meine, läfst sich nicht nachweisen. Er ist ein in dem prophetischen Schriftthume wohl bewanderter und den

*) Nicht in Betracht kommt schon aus demselben Grunde die Er- sählung über den angeblichen Versuch des Ptolemaios Philopator ins Heiligthum einsudringen. Sie ist aufserdem durchaus unglaubwürdig. Bie geht lediglich auf 8 Macc. zsuräck und Daniel schweigt dasu. Wessen Name in Theos steckt, der nach Josephus, c. A. 2, 7, wie Pompejas, Licinius Crassus, Titus Jerusalem erobert haben und in den Tempel eingedrungen sein soll, läfst sich nicht sagen. Antiochos Theos scheint durch das, was wir von ihm wissen, ausgeschlossen. Im Uebrigen sprechen gegen die Beziehung von 9, 8 auf ihn dieselben Gründe wie gegen die auf Ptolemaios Euergetes und Philopator,

298 Stade, Deuterosacharje.

_ Sprachgebrauch desselben durchgüngig wiedersufnehmendg Schriftsteller. Als guter Kenner desselben knüpft er abe gerade an significantere, weniger verbreitete Ausdrücke a Hosea 8, 1. 9, 15 erscheint das ganze heilige Land nad altisraelitischer Vorstellung als das Haus Jahves. En diesem Sinne hier aufzufassen würde vollkommen in de Zusammenhang der Weissagung passen. Jahre, welcher sein Land in Besitz genommen hat, duldet nicht, dafs « durch das Eindringen eines fremden Machthabers in dw selbe gestört wird. Dann würde der Vers aber nur sa sagen, dafs das heilige Land in jüngstverflossener Zeit von einem Durchzuge fremder Heere betroffen worden ist. Das gleiche ergibt sich nun auch überhaupt aus den Abschnitte 9, 1—8 wie aus dem weiteren 11, 1—3. Wen Eichhorn meinte 9, 1—8 sei eine Beschreibung des Zuges Alexanders") nach der Schlacht von Issos durch Palästina und Syrien, so war er mit dieser Annahme fre: lich augenscheinlich im Irrthume. Nicht nur dafs die

!) Es ist sehr unglücklich, wenn die Apologeten Za. 9, 1—8 für eine sacharjanische Weissagung auf den Zug Alexanders halten. Sie gerathen dadurch in einige Verlegenheit. Am meisten Hongsten- berg (Christol. III? 8. 828), welcher infolge seiner eigenthümlichen Auffassung von der prophetischen Vision das Ganze eben auch wie Eichhorn für eine Beschreibung des Zuges Alexanders hält und die genaue Erfüllung dieser Weissaguug unter Verweis auf Arrian II, 15. Cart. 3, 25. Plut. Alex. co. 24, sowie auf Stark’s Darstellung (Gaza und die philistkische Küste. Jena 1852. 8. 237) nachzuweisen sich an- strengt. Es macht ihm begreiflicher Weise grofse Noth, dafs die Ein- nahme Hamaths und der neben Gasa genannten philistäischen Städte von keinem der genannten Historiker berichtet wird, während sie nach den Voraussetsungen seiner Theologie stattgehabt haben muls Br hilft sich sunächst mit der Ausflucht, jene Schriftsteller folgten dem Zuge Alexanders, während Hamath von Parmenio berührt worden kei, was beides natürlich nicht su widerlegen ist, da man davon nichts weils; dann mit der Vermuthung, philistäische Städte seien von jenen nicht genannt worden, da sie nur das Wichtigste und dasjenige er- wähnt hätten, was geeignet sei, Licht auf Alexanders Charakter su werfen.

Die Kriegestige. 299

Beschreibung sur Wirklichkeit nicht stimmte es war Rberhaupt falsch, eine Weissagung für einen Bericht über vergangene Dinge zu nehmen. Auch darin, dafs er in seiner Beweisführung auf den Abschnitt 9, 1—8 einen solchen Nachdruck legte, war er nicht gans glücklich. Denn es mufs zugestanden werden, dafs keinerlei Noth- wendigkeit vorliegen würde, die Weissagung 9, 1—8 in die griechische Zeit zu versetzen, wenn sie uns allein über- Hefert wäre und nicht schon aus ihrer Abhängigkeit von älteren Weissagungen ihr junges Alter hervorginge. Der Zug eines durch Syrien wider die Städte Phöniciens und Philistäas heranziehenden Heeres würde sich auch aus den Verhältnissen der assyrischen und chaldäischen Zeit er- klären. Die Drohung gegen Tyros würde man auf Sal- manassar oder Nebucadnezar deuten können, sie würde an Jes. 28. Ez. 27 ihr Analogon haben, wie die Drohung gegen die philistäischen Städte an Jes. 14, 28-32. 20. Erst durch dis Verknüpfung mit dem Folgenden entsteht die Nothwendigkeit bis in die griechische Zeit herabzu- gehen. Aber ein Moment der Wahrheit war dennoch in Eichhorn’s Meinung enthalten. 9, 1-8 wird, so ist ® priori zu vermuthen, in einer historischen Situation wurzeln, in welcher Einbrüche eines von Nordosten her kommenden Eroberers in Syrien und Palästina zu erwarten waren. In dieser Voraussetzung werden wir dadurch bestärkt, dafs die gleiche Eventualität auch 11, 1—3 ins Auge gefalst wird. Einen solchen Einbruch in der Zukunft zu erwarten, lag aber dann um so näher, wenn dergleichen kriegerische Züge stwa bereits erfolgt waren, ohne dafs dabei das erstrebte Ziel erreicht oder auch der Angreifer in seinen Kräften schöpft worden war. Weiter aber konnten früher rorgefallene Züge die Farben für die Beschreibung des künftigen und geweissagten leihen. Ein Beispiel dieses Sachverhaltes haben wir an dem von Jesaias geweissagten, den Anbruch der messianischen Zeit vermittelnden, Assyrer-

300 tude, Deuterosscharja.

einfall Jes. 10,28 ff. Ohne Zweifel ist die Veranlassung dam, dafs Jesaias einen solchen als die messianische Zeit vermittelnd in Aussicht nimmt, dafs seit 734 wiederholte Einfälle amy. rischer Heere ins heilige Land erfolgt waren. Und das ktthne Vorgehen des sich Jerusalem nähernden Heeres ist gleichfalls zweifellos nach bereits gemachten Erfahrungen ge- schildert. So könnte denn nun Alexanders Zug nach de Schlacht bei Issos in der That die W eissagung 9, 1—8 beeinflulst haben. Dies ist das möglicherweise richtige in Eich horn’s Vermuthung. Aber es ist hinzuzufügen : viel nähe liegt es, die Vorbilder für 9, 1—8 in anderen von Nor- osten kommenden Zügen zu suchen. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dafs dem Verfasser nicht dennech bei der oder jener Einzelheit Alexanders Zug vorgeschwebt hat. Solche von Nordosten her kommende Kriegszüge hat nun das heilige Land in griechischer Zeit wiederholt ge sehen. Und wie einzelne von ihnen die Farben der Schil- derung von 9, 1—8 und 11, 1—3 geliehen haben können, so könnte auch einer von ihnen mit dieser Weissagung in Aussicht genommen worden sein. Man würde sich allerdings einer Täuschung hingeben, wenn man meinen wollte, man vermöge den Zug noch nachzuweisen, auf welchen sich 9, 1—8 beziehe. Nicht nur deshalb, weil wir über viele der in Betracht kommenden Züge nur sehr dürf- tige und lückenhafte Nachrichten haben, sondern vor allem, weil 9, 1—8 eben eine Weissagung ist. Es würde zu sehr schiefen Resultaten führen, wenn man versuchen würde, alle Einzelheiten von 9, 1—8 in einem historischen Zuge nachzuweisen. Die Einzelerwartungen knüpfen mög- licherweise an ganz verschiedene Züge an. Der Zug, auf welchen sich 9, 1—8 bezieht, kann wesentlich anders ver- laufen sein, als der Verfasser in Aussicht genommen hat. Ja es ist nicht einmal nöthig anzunehmen, dafs “ieser vor ihm erwartete und geweissagte Zug überhaupt statige- funden hat. An Jes. 10, 28 ff. haben wir ja auch für eine

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Die Kriegustige. 301

solche Annahme ein Analogon. Es gentigt vielmehr, wenn es nachzuweisen gelingt, dals der Verfasser in jener Zeit einen seiner Beschreibung entsprechenden Zug von Nord- osten her erwarten konnte. Dals seine Weissagung sich möglicherweise in einem bestimmten Zuge erfüllt hat, ist für die ganze Frage ohne Bedeutung.

Haben wir nun im vorigen Abschnitte mit Recht an- genommen, dafs wir wegen 10, 11 bei Bestimmung der Abfassungszeit über das Jahr 306 hinabgehen müssen, so können aufser dem bekannten Zuge Alexanders die fol- genden zwei Kriegszüge wohl dem Verfasser Farben zu seiner Darstellung geliehen haben, nicht aber von ihm in Aussicht genommen worden sein : 1) Der Zug des Kar- dianers Eumenes vom Jahre 318, durch welchen Ptolemaios das im Jahre 320 widerrechtlich occupirte Syrien und Phönicien im Namen des Reichsverwesers und der Könige wieder entrissen wurde. Nachdem Eumenes von Kilikien her einfallend mit leichter Mühe das Land gewonnen hat, sieht er sich jedoch durch den Uebergang seiner Flotte zu Antigonos zu schleuniger Räumung desselben gezwungen '). 2) Der Einfall des Antigonos 315. 14. Das von dem La- giden wieder in Besitz genommene Land wird diesem, der infolge der Bemithungen des zu ihm geflohenen Seleukos mit Kassandros und Lysimachos ein Bündnifs gegen Anti- gonos geschlossen hat, abermals entrissen. Im Frühjahre 315 rückt Antigonos in Syrien ein. Die Truppen des Ptolemaios räumen vor Antigonos Syrien. Von den phö- ninischen Städten leisten nur Tyros und Joppe Wider- stand, während die übrigen sich unterwerfen und für Anti- gonos den Bau einer Flotte übernehmen. Von den phili- stäischen Städten leistet auch diesmal Gaza Widerstand. Es wird jedoch wie auch Joppe von Antigonos erobert. Das kühne Unternehmen Alexanders, Tyros durch Auf-

ı) vgl. Droysen, II, 1°. 8. 256 f.

302 Stade, Deuterosacharja.

schüttung emes Dammes zu erobern, wagt jedoch Ant- gomos nachsuahmen. Er cernirt Tyros und swing es schliefslich 314 durch Aushungerung sur Capitulation Syrien und Palästina bleiben im Besitze des Antigous bis sur Schlacht von Gasa 312, nach deren Verluste sic Demetrios zur Räumung des Landes genöthigt sieht. Mit geringer Mühe gewinnt Ptolemaios dasselbe zurück, um « jedoch schon im Herbste desselben Jahres wieder an De metrios und Antigonos zu verlieren'). 311 verzichtet Ptolemaios aufSyrien. Es bleibt im Besitze des Antigone bis 892. In diesem Jahre läfst Ptolemaios, welcher aber- mals mit Seleukos, Lysimachos und Kassandros gegen Antigonos im Bunde ist, das Land wiederum besetzen. Bis auf Tyros und Sidon fällt es in seine Hände. Die Schlacht bei Ipsos raubt Antigonos Macht und Leben. Bei der Ver- theilung der Beute aber erkennen die Sieger Syrien nicht, wie ausbedungen worden war, dem Lagiden, sondern Se- leukos zu, dessen Macht Antigonos bei Ipsos erlegen war, während jener bei diesen Kämpfen sieh abseits gehalten hatte *).

Dagegen sind nun auch nach der Schlacht bei Ipsos ein ganze Anzahl feindlicher Einbrüche in Palästina und Syrien erfolgt. Und unter diesen könnte einer die Weis- sagung 9, 1—8 und 11, 1—3 veranlafst haben. Letzteren jedoch nachzuweisen, gelingt bei der Unbestimmtheit der Anspielungen und der Kirglichkeit der erhaltenen Nach- richten nicht. Es können in Betracht gezogen werden

1) der Zug des Seleukos vom Jahre 301. Durch diesen suchte Seleukos das ihm im Frieden suerkanate, theils von Ptolemaios theils von Demetrios besetzt gehaltene Land in seinen Besitz su bekommen. Dieser Versuch ver-

') Stark, Gasa, 8. 865 f. *) Droysen a. a O. II, 2? 8.233. Flathe, Geschichte Mace doniens Th. 2. Lypug. 1884 B. 14.

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Die Kricgustige. 308

anlafst ein Bündnils des Seleukos und Demetrios einer- seits, des Ptolemaios und Lysimachos andererseits. Se- leukos scheint infolge dessen seine ursprüngliche Absicht aufgegeben und Syrien nebst Phönicien Demetrios tiber- lassen zu haben’).

2) Der Zug des Seleukos von 295, durch welchen der- selbe Syrien und Phönicien in seine Gewalt brachte, wäh- rend Demetrios in Griechenland su Felde lag. Ueber die Einzelheiten des in Palästina stattgehabten Kampfes sind wir ununterrichtet. Wir können überhaupt nur auf einen solchen auf Grund der späteren Ereignisse schliefsen *). Syrien und Phönicien blieben im Besitse des Seleukos bis zu dessen Tode.

3) Der Zug des Antiochos gegen Damascus. Wir kommen in die Zeit des fast ein Jahrhundert füllenden Haders zwischen den Ptolemäern und den Seleuciden, welcher mit der Ermordung des Seleukos durch Ptolemaios Keraunos begann. Ueber diese Kämpfe, welche auf ihrem Höhepunkte dem Hause und Reiche der Seleuciden beinahe den Untergang brachten, schliefslich aber dennoch mit der Wiedergewianung ganz Syriens und Palästmas durch die Seleuciden endigten, sind wir jedoch so schlecht unterrichtet, dafs sich nur Vermuthungen über das obengenannte für Za. 9 ff. in Betracht kommende Ereignils äufsern lassen. Die Ueberlieferung über diese für die Schicksale des helle- nistischen Orients so wichtigen Kämpfe fliefst ungemein dürftig. Aus gelegentlichen Notizen späterer Schriftsteller sind einzelne Ereignisse zur Noth festzustellen, tber anderes, worauf jene schliefsen lassen, fehlt jedwede Ueber- lieferung. Während des siegreichen Krieges des Seleakos gegen die asiatischen Besitzungen des Lysimachos, in

') Droysen, a. a. O. I, 8. 285. 248, vgl. jedoch Flathe, a. 2.0. 8. 18, Stark, a. a O. 8. 861 f. | *) Droysen, a. a. O. 8. 255. 258. Stark, a a O. 8. 862 f.

304 Stade, Deuterozacharja.

welchem letzterer 282 in der Schlacht bei Korupedion Bad |! und Leben verlor, scheint sich Seleukos Sohn und Nad- folger Antiochos, der Sohn der Sogdianerin Apama, in da oberen Satrapien befunden zu haben, tiber welche ihn Se leukos mit dem Titel eines Königs gesetzt hatte. Bever Seleukos sich 281 anschickte den Hellespont zu the schreiten, übergab er Antiochos alle seine asiatischen Be sitzungen. Aber schon bei Lysimacheia ermordet ihn Ptok- maios Keraunos. Antiochos befand sich während dieser Vorfälle im oberen Asien. Zwei gleichzeitig eintretende Unglücksfälle scheinen ihn gehindert zu haben, sich selbst nach Kleinasien zu begeben, so dafs er die Ordnung der dortigen Angelegenheiten seinem Feldherrn Patrokles über- lassen mulste. In der Seleukis bricht ein Aufruhr aus. Ptolemaios Philadelphos aber scheint in Verfolgung alter Pläne seines Vaters die Ermordung des Seleukos durch seinen von der Erbfolge ausgeschlossenen und aus der Heimath vertriebenen Halbbruder Ptolemaios Kerannos sich zu Nutze gemacht, Syrien und Phönicien wieder be setzt zu haben. Von Unternehmungen, welche Antiochos behufs Wiedergewinnung dieser Länder unternahm, er- fahren wir nur aus einer Notiz des Polyaen !), Nach dieser hat Antiochos durch eine List den ägyptischen Strategen Dion, welcher Damascus besetzt hielt, getäuscht und diese Stadt genommen. Hier an einen schon früher im Auftrage des Seleukos unternommenen Zug zu denken, räth nichts.

Diese beiden Züge des Seleukos und der Zug des Antiochos sind es nun allein, welche die Veranlassung sur Weissagung 9, 1—8. 11, 1—3 gegeben haben könnten, nicht aber die folgenden 1) der des Selenkos II Kallinikos gegen das ir den Besitz des Ptolemaios Euergetes gekommene Da- maskus 242, 2) der verunglückte Zug des Antiochus II, vom Jahre 221, 3) der Zug desselben vom Jahre 219 gegen

!) Strategikon 4, 15.

Die Kriegmüge. 806

Ptolemaies Philopator, 4) die Besitsuahme Palästinas durch Antioches im Jahre 204 oder 208, 5) die definitive Unter- werfung des Landes durch dengelben im Jahre 188.

Es ist nämlich wegen derjenigen Erwartungen, weiche in c. 11 an den von Syrien her erfolgenden ‚Einfall ge- knüpft werden, nicht wahrscheinlich, dafs wir uns bereits innerhalb der Periode der Epigonenherrscher befinden. Nach 11, 6 sollen auf der Erde Kriege ausbrechen, in welchen sich die Völker der Erde für ihre Könige auf- reiben, während Israel unter Gottes Schuts genommen wird usd .infolge dessen diesen Kämpfen nicht mit ver- fallt. Es handelt sich also nicht um einen blofsen Kampf der Seleuciden und Ptolemäer, vielmehr um Kämpfe, welche die ganze Welt erfüllen. Solche waren die Kämpfe der Diadochen. Man kann sie gar nieht passender bezeichnen denn als Kriege, in welchen die Völker der Erde in die Hand ihrer Könige und Hirten gegeben sind. Mitdem 8. Jahrzehnte des 3. Jahrh. v. Ch. beginnen jene Stürme, unter welchen das Reich Alexanders in Trümmer ging, allmählich aus- sutoben. Die Unmöglichkeit, ein Weltreieh im Sinne Alexsn- ders aufzurichten, ist nach allen Seiten hin erprobt worden. Lebensfähige Einzelreiche sind in Afrika und Asien aus den Eroberungen Alexanders erwachsen. In Kleinasien und Griechenland beginnen staatliche Neubildungen. Thes- selien und Macedonien liegen durch die Kriege Alexanders und der Diadochen erschöpft, durch die Kelten greulich verwüstet, durch Bürgerkriege der letzten Kräfte beraubt, ohnmächtig darnieder.

Sonach wäre etwa die Zeit von 306—278 die für Ab- fassung unseres Orakels anzusetzende. Eine weitere Be- stätigung bezw. genauere Fixirung dieses Ansatzes würde sich ergeben, wenn man voraussetzen dürfte, dafs der Verf. zu seiner Wiederaufnahme der ezechielischen Weissagungen von Gog und Magog in c. 12—14 durch bestimmte ge- schichtliche Vorfälle veranlafst worden sei, welche die

Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 8. 1888. 20

806: Stade, Deuterosacharja.

Erfüllung jener nahe erscheinen liefsen. Eine passende Ve. anlassung zu dieser Erwartung boten die Einfälle ca jener Kelten, welche in den Jahren 279 und 278 sich the Macedonien, Thessalien und Hellas ergossen und dice Länder mit Greueln aller Art füllten; deren Reste schlieh lich nach Kleinasien übersetzten, durch Pitinderungen mi Raubzüge Entsetzen in ganz Kleinasien verbreiteten ui auch was sie nicht verwtisteten durch Tributerhebung beandschatsten. Es hat die Vermuthung, dafs Za. 12 uni 14 nicht ohne eine solche bestimmte Veranlassung et-

. a

standen sind, die Analogie Joels für sich, welcher auch |

durch ein bestimmtes, von ihm als Vorbote des Gerichts genommenes Ereignifs zur Wiederholung der ezechielischen Weissagungen veranlaßst wird. Und es würde hiergegen auch die Eventualität keinen Gegengrund abgeben, dals etwa nachgewiesen werden könnte, jener Zug des Antiochos sei schon vor 279 erfolgt. Denn wir sahen bereits, dals nur soviel aus 9, 1—8. 11, 1—3 gefolgert werden darf, dafs in jener Zeit kriegerische Einbrüche von Nordosten her erwartet werden konnten. Aber freilich, eine Noth- wendigkeit, die Weissagungen c. 12 und 14 auf so be stimmte Veranlassung hin entstanden sein zu lassen, liegt nach dem 8. 161 ff. über Zweck und Art der Arbeit Deu- terozacharjas Bemerkten nicht vor.

Weist uns sonach 9, 13 hinter das Jahr 333, 10, 11 hinter das Jahr 306, erklärte sich 9, 1—8, 11, 1—6 aus den Kämpfen der Diadochen, so der Inhalt von c. 12-14 am besten, wenn wir ihre Abfassungszeit um 280 v. Chr. ansetzen. Vom ganzen Schriftstücke Za. 9—14 aber wird man mit aller derjenigen Sicherheit, welche überhaupt bei kritischen Untersuchungen dieser Art zu erreichen ist, be haupten dürfen, es sei während der zweiten Hälfte de Diadochenkämpfe verfafst und in seinem Inhalte durch dieselben beeinflufst worden.

Za. 9—14 und das Buch Malachi. 807

Sehlafs. Nach dem was wir in den drei Gängen unserer Untersuchung gefunden haben, ist ein Beweis da- für, dafs Za. 9-14 von einem Verf. abstammen kann, nicht mehr nöthig. Dieselbe Methode der Reproduction älterer Weissagungen zeigte sich in allen Abschnitten, die- selbe späte Sprache finden wir in allen’), dieselben Eigen- heiten des Stiles und der Disposition. Sie alle warseln in denselben Verhältnissen der nachexilischen Gemeinde und keinerlei Beziehungen auf die Weltgeschichte sind zu finden, welche uns veranlassen könnten, diese Capitel von ver- schiedenen Verfassern oder gar aus verschiedener Zeit her- zuleiten. Auch dafs 13, 7—9 und c. 12 sich entsprechen wie Ez. 37 und 38. 39 s. Jahrgang 1881, S. 31 kany für Herleitung von einem Verfasser geltend gemacht werden. Mehr wird sich nicht behaupten lassen. Dals Za. 9—14. von einem Verfasser stammen müssen, läfst sich selbst- verständlich nicht erweisen. Aber dafs diese Annahme recht wahrscheinlich sei, das glaubt der Verfasser dar- gethan zu haben.

So bliebe nur die eine Frage noch zu beantworten, wie es kommt, dafs diese Zusammenstellung der noch un- erfüllten messianischen Weissagungen, oder, wenn man will, dieses Compendium der Eschatologie, welches wir aus den ersten Jahrzehnten des 3. Jahrh. v. Chr. herleiten mufsten, sich am Schlusse des Weissagungsbuches des Sacharja findet.

Diese Frage ist leicht zu beantworten. Freilich nur so, dafs sofort eine andere Frage sich aufthut, was bei dieser Art Antworten gewöhnlich der Fall ist. Za. 9—14 bilden ursprünglich gar nicht den Schlufs des Zacharja- buches, sondern haben mit dem gleichfalls anonym über-

») Was Ortenberg 8. 61 f. über die in beiden Theilen sich sei- gende Verschiedenheit des Sprachgebrauches zusammengestellt hat, wird am besten mit Stillschweigen übergangen.

20*

808 Stade, Deuteresacharja.

lieferten Malachibuche einst enge zusammengehört, oder sind doch mit Rücksicht auf dieses zwischen dasselbe und Se charja eingeschoben worden. Sie an das Ende des Se charjabuches zu stellen ist nicht beabsichtigt gewesen. Bereits Ewald hat in Zusammenhang mit der Erkennt- nifs, dafs das ‘>x5m 13 Mal. 1, 1 aus 3, 1 geflossen ist, richtig gesehen !), dafs die Ueberschriften Za. 12, 1 und Mal. 1, 1 von derselben Hand stammen und zwar der Ueberschrift Za. 9, 1 nachgebildet worden sind. Welches Mifsverständnifs dabei mit untergelaufen ist, haben wir Jahrgang 1881, S. 14 gesehen. Man braucht diese drei Ueberschriften nur nebeneinanderzustellen, um sich von der Richtigkeit dieser Beobachtung Ewald’s su überzeugen : za. 9, 1 "DT MWY

Za. 13, 1 Ten dp 37 NUD

Mal. 1,1 vord ra ben (1 by) Se) Oo wD Es ist die Zusammenstellung von 95 KBD sonst uner- hört und sie erklärt sich eben nur aus der berührten mils- verständlichen Auffassung von Za. 9, 1. Za. 9—14 und die nun einmal conventionell als die Malachis bezeichnete Prophetie bildeten sonach einst eine kleine Sammlung. Für die Nebeneinanderstellung beider Stücke könnte der Gegensatz entscheidend gewesen sein, welcher zwischen den zwei Stellen Za. 14, 9 und Mal. 1, 11 (8. 169 £.) be steht. Doch wird sich eine solche Vermuthung nicht be weisen lassen. Derjenige, welcher diese kleine Sammlung mit den vorhergehenden prophetischen Stücken verband, vollendete damit wahrscheinlich das Zwölfprophetenbuch, vgl. das 8. 162 Bemerkte.

Die Gleichartigkeit der Ueberschriften Za. 12, 1 und Mal. 1, 1 könnte als Instanz für die Trennung des Ab- schnittes Za. 9—14 geltend gemacht werden. Man könnte sie darauf deuten, dafs der spätere Sammler an ein ano-

') Propheten L*, 8. 81.

Kronkel, einige Emendationen zu den Büchern Samuelis. 309

nymes Stück Za. 9—11 zwei weitere anonyme dadurch angefügt habe, dafs er ihnen aus 9, 1 gebildete Ueber- schriften gab. Ebenso nahe aber liegt die Annahme, dals er Za. 9—14 spaltete, veranlafst dadurch, dafs die Weis- sagung von c. 12 mit Y'' ON) besonders einsetzt und sich durch ihren Inhalt vom Vorhergehenden merklich abbebt. Bei den Instanzen, welche für die Gleichartigkeit von Za. 9—11 und 12—14 sich uns ergaben und deren Gewicht bei einem Vergleich von Za. 9-14 mit Malachi noch steigt, dürfte man sich für das letztere zu entscheiden und anzunehmen haben, dafs das wip von Za. 9, 1 einst die Ueberschrift des ganzen Buches 9—14 gewesen ist. So wäre schliefslich jener alte Redactor von der Schuld nicht frei zu sprechen, die Irrgänge der ein apologetisches Fünd- lein verwerthenden Kritik mit veranlafst zu haben.

Einige Emendationen zu den Büchern Samuels. Von Max Krenkel.

1 Sam. 4, 13 ist zu lesen : 839 TIT „zur Seite des Weges nach Mizpa*'), in dessen Nähe die für die Israeliten so unglückliche Schlacht vorfiel, denn nach 7, 12 errichtet Samuel den Denkstein zwischen Mispa und wip an dem Orte, wo nach 4, 1 das israelitische Lager ge- standen hatte.

16, 12. Statt des unerträglichen MO“oy wird zu lesen sein " ody, wie David 17, 56 genannt wird, oder Dy), was von Personen auch 2 Sam. 1, 23 und H. L. 1, 16 vor-

1) Erst durch den Herausgeber erfahre ich, dafs auch Well- hausen s. St. dies als Aussprache des Ketib annimmt. Meine Auf-

fassung der Stelle datirt aus dem Jahre 1864, wo dieselbe den Beifall J. Fürst's fand.

310 Prätorius son und 51.

kommt. Im letsteren Falle wire die Textverderbnifs durch die ungewöhnliche Scriptio defectsva veranlalst.

26, 8. Statt pres mm ist jedenfalls mit veränderter Wortabtheilung zu lesen : ya YD „mit seinem Speer in die Erde“, sumal da V. 7 win vorhergeht.

26, 23. In gtd steckt vermuthlich ‘ys, die chal- daisirende Form für 3, die von den Abschreibern nicht verstanden wurde, aber noch 1 Chron. 2, 13 vorkommt. Somit dürfte vielleicht zu lesen sein : W727. 72 konnte, namentlich, wenn es abgekürzt wurde ('3), wegen des vor. angehenden 3 (in 2%') leicht ausfallen. Die emphatische Selbstbezeichnung Davids würde hier ganz am Platze sein.

Zu 2 Sam. 22, 6 bemerkt Thenius : „Aug. Geseniu (opintuncula de’y 'n 2 Sam. 22, 6 etc. 1747) wollte Swe 'n cohortes Sault lesen“. Noch ohne von dieser opiniuncels etwas zu wissen, war ich auf die Vermuthung gekommen, dafs die Worte der Ueberschrift des Liedes x) ram von einem Leser herrühren, welcher in V. 6 Sean las, dies aber als ,Stricke Sauls* auffafste und hierbei an den 1 Sam. 19, 11 ff. berichteten Vorfall dachte, wo David wirklich von „Fallstricken Sauls umringt* war.

son und in.

Von Franz Prätorius.

Die meisten Grammatiker nehmen bekanntlich an, dafs zur Stammbildung und Flexion des hebr. Verbums für gehen sich zwei Parallelwurzeln 457 und 95°, 751 metaplastisch vereinigen. Müller nimmt $ 96 an, dafs 75m aus yn durch Uebergang von w in h entstanden sei. Aber eine alte Wurzel 95, 75) gehen findet sich sonst im Semitischen nicht. Daher haben andere Grammatiker versucht, die- jenigen Formen, welche der angeblichen Wurzel 45°, 4)

Prätorius, son und =. 811

anzugehören scheinen, gleichfalls auf 751 zurückzuführen, so Ewald, hebr. Spr. ® 8117c, auch Gesenius ® 8 69 Anm. 8. Ich glaube, dafs die letsteren auf dem richtigen Wege waren, nur sind sie noch nicht bis zu, dem Aus- gangspunkt der Spaltung vorgedrungen.

Dieser Ausgangspunkt ist das Causativum. Es mulste ursprünglich im Perf. lauten or, also h im An- und Auslaut derselben Silbe. Der Dissimilationstrieb beseitigte das h im Auslaut, wodurch die Verlängerung des vorher- gebenden & in & und der demnächstige Wandel des letz- teren in 6 nothwendig wurde. Dieses aus A entstandene 6 wurde nun von der Sprache als ein aus au entstandenes angesehen und bildete auf diese Weise den Weg sur Bil- dung neuer Formen nach Art der Verba prim. w.

Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dafs hier für 7 dieselbe Erscheinung der Dissimilation vorliegt, welche für x von den Verbis xD her bekannt ist. Bei diesen stehen bekanntlich erste Personen sing. Imperf. Qal wie tit, Spie nicht auf der gleichen Stufe mit anaeren Personen wie 1m, 59°. Bei ersteren Formen weist schon die ausnahmslose Schreibung mit nur einem x darauf hin, dafs bereits in früher Zeit das zweite, silbenschliefsende x geschwunden ist (Nöldeke in ZDMG. XXXII 593; Fleischer zu De Sacy I § 136).

Sollte etwa zur Abweisung dieser Erklärung des Themas = die Frage aufgeworfen werden, warum dieses secundäre Thema nicht auch in das Perfectum Qal eingedrungen sei, so würde ich mit der Gegenfrage antworten, warum das auf ähnliche Weise aus dem primären 3% entstandene secundäre Thema 20 ebenfalls auf das Imperfectum im Qal beschränkt geblieben ist.

Aufser br kommt im Hebräischen nur noch ern in der Mitte starkes mit anlautendes Verbum im Cau- sativum vor, nämlich 101, welches Hi. 30, 15 im Perf. Hofal 39m vorliegt. In dieser Form hat also das ety-

312 Nestle, wie alt war Salome

mologische Bewußstsein den Sieg über ein durch den Di- similirungstrieb gefordertes pw davongetragen. Aber dennoch scheint auch bei diesem Verbum die gleiche Lax differensirung wie bei 75m stattgefunden zu haben : Geiger sagt (Lehrbuch zur Sprache der Mischnah § 18, 2) : „wa bildet zuweilen manche Formen von 349° im Hifil, so pr“. Nach den Beispielen zu urtheilen, welche sowohl Geiger a. a. O., wie Levy, Neahebr. und Chald. Wörterbuch I 148 geben, ist das Hifil landwirthschaftlicher Terminus technicus ,umackern®. Genz ohne Zweifel sind diese Bei- spiele freilich nicht; denn nirgends tritt uns ein entschie- denes Hifl wie yom, Imperf. TOT entgegen, sondern sar Formen wie "Dr, DW die Jussive sein mülsten, als solche aber im Zusammenhang nieht recht passen wollen. Levy sieht auch wohl daher diese Formen zu der sonst unhebrii- schen Wurzel 90x, von der sie als Imperfecta Qal nach Weise der xD gebildet seien. Ich vermuthe, dafs die einem Imperf. Qal x’ genau gleichende Form des Jussivs Hifil ni‘ bei der Abwesenheit einer deutlich ausgeprägten äulfser- lich causativen Bedeutung Verwirrung des Sprachgefihls hervorgerufen hat.

Wie alt war Salomo als er zur Regierung kan? Von E. Nestle.

Auf diese Frage geben die alttestamentlichen Geschichts- bücher keine unmittelbare und bestimmte Antwort, daher die Bearbeiter der israelitischen Geschichte und die Aus- leger zu | Re. 3, 7 gar verschiedener Ansichtsind. Diestel 5. B. (Artikel Salomo in Hersog’s RE.) nennt ihn „kaum 20 jibrig*, die Calwor Bibelerklärung „mindestens 20 Jahre

als er sur Regierung kam? 818

alt* (S. 408, womit freilich nicht stimmt, dafs 8. 360 seine Geburt ins dritte Jahrzehnt der Regierung Davids verlegt wird), das jüdische Bibelwerk von Fürst ,20—30 Jahre alt“. Der Artikel in Riehm’s Handwörterbuch macht darauf aufmerksam, dafs nach dem Königsbuch selbst I, 14, 21. 11, 42 Rehabeam zu diesem Zeitpunkt bereits ein Jahr alt war, daher man sich hüten müsse MoP ry) 8, 7 von einer allsugrofsen Jugend des Königs zu verstehen. Um so auffallender war es mir, trotzdem in einer sehr alten Quelle ein ganz bestimmtes Lebensjahr und zwar das swölfte für Salomo’s Regierungsantritt angegeben zu finden, nämlich in den Apostolischen Constitutionen II, 1 (ed. Lagarde 14, 17). Dort heißt es : Zoloum» dadexastyg tot Topand tBaslisvocy zal Imolas ty dixacoovry oxtm draw &Baollevoev, önolos ds xal Tomas bata draw noge tod Aaov. Diese drei Könige sind im Zusammenhang ange- führt als Beispiele dafür, dafs im Fall der Noth und Wür- digkeit auch ein noch junger Mann, der das kanonische Alter von 50 Jahren noch nicht erreicht hat, zum Bischof gemacht werden dürfe. Die Angaben für Josia und Joas beruhen auf ganz bestimmten biblischen Daten, s. 2 Re. 22, 1. 11,4, aber worauf gründet sich die erstere für Salomo? Bei weiteren Erkundigungen habe ich gefunden, dafs sie nicht so vereinzelt dasteht, wie es mir anfangs schien. Ein be- nachbarter jüdischer Lehrer theilt mir mit, dafs ein hebr. Commentar 1%0> nm» I Re. 2,2 wed nv erklärt : „Du wirst ein Mann werden : Salomo war noch kein wx, noch kein my» 2 (zu deutsch : noch kein Confirmand), er war erst 12jährig“. Dieselbe Angabe findet sich auch beim besten jüdischen Commentator Raschi (d. h. Rabbi Salomo Isaaki von Trojes 1105), der sie mit folgender Berech- nung begründet :

Salomos Geburt 2 Sa. 12, 24 und Amnons Schandthat an Thamar c. 13 waren gleichzeitig (weil sie unmittelbar nach einander erzählt werden’).

814 Bibliographte. Bis sur Ermordung Amnons 13, 23 2 Jahre Aufenthalt Absaloms in Gesur v. 38 3 „, in Jerusalem (14, 28) bis zum Aufruhr 2 Hungersnoth zur Zeit Davids 21, 1 3

Im 11. Jahr Salomo’s Zählung Israels, welche 24, 8) 9 Monate dauerte.

Im 12. gab David seine letzten Verordnungen.

Za dem Bild, das man sich nach den Königsbüchen von Salomo bei seinem Regierungsantritt machen muls, palst ein derartiges Alter jedenfalls nicht. Aber wie kamen die Apostolischen Constitutionen zu ihrer Angabe? Findet sie sich auch sonst? Jos. Archaeol. 8, 7. 8 hat : axzoßer oxes 6 6 Zoloumw nén ynpatos av, BaoıLevoag iv oydo- meovra ttn Cnoas db kvevixovra Teooepa.

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Geschlossen : 1. April 1882.

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