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http://www.archive.org/details/handbuchdertrope032mens
Malaria.
II. Komplikationen durch Geiste
Bei verblödeten Kranken ist in Malariagegenclen natürl
größer, da die Betreffenden nicht an Abwehr der Stechmücken denken. Andererseits
kann imter Umständen gerade bei Geisteskranken die Malaria sich naturgemäß der
klinischen Beobachtmig entziehen und längere Zeit unbehandelt verlaufen.
III. durcti Gravidität.
Malaria bei Graviden disponiert zu einer größeren Anämie, und es kommt
leichter zu Abort in Malarialändern als in anderen.
Z. B. soll es nach "VVeatherley in Ostindien bei 46,6 **/o der graviden Frauen zum
Abort kommen, in England nur in 3,56%. Nach demselben Autor ist das Zustandekommen
-des Aborts in diesem Falle unabhängig von dem Auftreten eines neuen Malariaausbruchs.
Ähnliches beobachtete ich bei den Babesia(Piroplasma)infektionen der Tiere.
Auch im Puerperium muß stets an die Komplikationen puerperaler Fieber durch
Malaria gedacht werden (Differentialdiagnose).
IV. durch. Trauma.
Es ist eine uralte Erfahrung, daß im Anschluß an äußere Einwirkungen, wie
Terwundungen (Partus) usw. eine bis dahin latent verlaufende Malaria wieder auf-
lodern kann. In Malarialändern ist daher Eegel, auch wo sonst Chinin nicht pro-
phylaktisch gegeben wird, Verwundeten oder überhaupt Hospitalkranken Chinin zu
verabfolgen. Beetkand betont mit Recht die Notwendigkeit, in Malarialändern nach
Operationen genaue Temperaturmessungen vorzunehmen. Manches postoperative
Fieber, welches Eiterretentionen zugeschoben wurde, kann sich als Malaria ent-
puppen, und umgekehrt kann man bei negativem Blutbefunde und Fiebersteigerungen
auf ev. Eiteretentionen erst aufmerksam werden.
MooBE sah bei 2 Patientinnen, die vor 3 bzw. 2 Monaten an Malaria gelitten, in
unmittelbarem Anschluß an ein Curettement des Uterus und Dammnaht bzw. Exstirpation
einer vereiterten Tube und eines Ovarium einen Fieberanfall mit positivem Parasiten-
befunde. Bell und Steward, Billet und andere beschrieben ähnliche Fälle. Die
betreffenden Fieber verschwanden sofort auf Chinin. Verf. sah bei einem kräftigen er-
wachsenen Neger in Duala, der als Sohn des Häuptlings längere Zeit in Deutschland
gewesen war, im Anschluß an die Eröff"nung des rechten Femur nach 20 Stunden Malaria-
parasiten im Blut, die vorher während mehrtägiger Beobachtung gefehlt hatten.
Nach Faykee und van der Burg sollen die Wunden bei Malarikern schlecht
heilen. Auch soll es bei heruntergekommenen Malarikern leicht zu Gangrän und
Blutungen kommen. Ebenso ist verzögerte Callusbildung bei Knochenfrakturen
von Malarikern beobachtet worden. Ich habe aUe diese Erscheinungen bei Malarikern,
■die von vornherein energisch mit Chinin behandelt wurden, bei denen es also gar
.nicht zur chronischen Malaria kam, nie beobachtet.
V. durch Insolation.
Das ausgebildete Krankheitsbild des Sonnenstiches, welcher nicht durch Malaria
kompliziert ist, kann sehr wohl an eine schwere cerebrale Malaria perniciosa erinnern,
um so mehr, als der Parasitenbefund bei der Malaria cerebralis perniciosa im peri-
pheren Blute ein sehr spärlicher sein kann.
Die symptomatische Behandlung wird dieselbe sein und das Auffinden von
Parasiten eine schnelle energische Therapie veranlassen.
ülense, Handbucli der Tropenkrankheiten. III. 28
434 Dr. Hans Ziemann.
Literatur betr. Komplikationen bei Malaria.
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1902 Wagner, Maligne Geschwülste durch interkurrente oder absichtlich hervorgerufene
andersartige Infektionen bisweilen gebessert. Vortrag in der Sitzung am 18. Febr.
des ärztlichen Vereins in Hamburg. D. med. Woch.
Larvierte Malaria.
Wegen der Eigenart der Erscheinungen werden wir hier eine Anzalü angeb-
lich malarischer Affektionen besprechen, die eigentlich bei dem Kapitel chronischer
Malaria zu behandeln gewesen wären, da sie nur im Verlauf oder nach einer chro-
nischen Malaria aufzutreten Schemen. Ich meine die sog. larvierten Malariafieber.
Wenigstens ist mir kein sicherer und durch Blutuntersuchung gestützter Fall,
bekannt geworden, wo bei Nichtprophylaktikern larvierte Malaria auf-
getreten wäre ohne vorhergegangene, mehr oder weniger zahlreiche fieberhafte
Anfälle. Also alle Fälle von sog. Larvata, die als Neuerkrankungen
Malaria 435
in einer Fiebergegend auftreten sollen, scheide ich von der Be-
trachtung als zu unsicher im pathologischen System fundiert
aus. Man versteht unter larvierter Malaria Zustände, bei denen statt des gewöhn-
lichen Fieberanfalles, bestehend aus Frost, Hitze, Schweiß bzw. Hitze und Schweiß
andere Symptome auftreten, die sich durch die Regelmäßigkeit und Intermittenz
ihres Auftretens, sowie ihre Beeinflußbarkeit durch Chinin auszeichnen.
Die Erscheinungen bestehen hauptsächlich in dem Auftreten intermittierender
Neuralgien. Es können aber auch alle anderen Organsysteme betroffen sein. Z. B.
kann es auch zu Reizungs- und Lähmungserscheinungen intermittierender (oder
bleibender) Art kommen, zu Anfällen von Schwindel, zu Blutungen, intermittierenden
Affektionen der Atmungsorgane, wie Bronchitis und den verschiedenen Affektionen
der Haut, der Augen und Ohren. Ich verweise, um Wiederholungen zu vermeiden,
in der Beziehung auf den Abschnitt chronische Malaria.
HovoEKA, der eine große Erfahrung in Malaria hat, sah unter den sog. larvierten
Formen meist Neuralgieen des Nervus trigeminus und zwar im besonderen des Nervus
supraorbitalis, die fast ausnahmslos einseitig verliefen. Seltenere Formen waren Neuralgieen
des Nervus tibialis. Auch eine tägliche 3 p. m. einsetzende Koryza einer Nasenhälfte mit
nachfolgender gesteigerter Tränensekretion wurde beobachtet; einmal Schmerzanfälle im
Unterleibe in der Gegend der Gallenblase, die jeden 3. Tag in derselben Weise sich ein-
stellten und dieselbe Anzahl von Stunden anhielten. Nach energischer Chininbehandlung
verschwanden dieselben.
Man hat den Fieberlarven eine große Skepsis entgegengebracht, da es nur
selten gelang, während der betreffenden Malaria larvata- Anfälle Parasiten mikroskopisch
nachzuweisen. Nur Zakhakiane (zitiert nach MAMfABERG) hatte unter seinen
148 Fällen 27, also 18 ^lo mit mikroskopisch festgestellter Malariainfektion. Andere
Beobachter hatten bedeutend weniger positive Befunde. Auch der Umstand, daß
die Fieberlarven vielfach intermittierend aufgetreten und durch Chinin günstig be-
einflußt wurden, wurde vielfach als nicht beweisend für die Malarianatur der
Fieberlarven angesehen. In der Tat zeigen ja besonders manche Krankheiten des
Nervensystems ein durchaus typisches, intermittierendes Verhalten. Es ist bekannt,
daß es Neuralgieen des Trigeminus gibt, die außerordentlich regelmäßig und inter-
mittierend wiederkehren, auch der Chininwirkung zugänglich und doch nicht mala-
risch sind.
In einem Falle von linksseitiger Supraorbitalneuralgie bei einem Matrosenartilleristen
in Lehe, der mehrfach Tertiana bereits überstanden, sah ich indeß im Blute die Gameten
der Tertiana. Die Anfälle traten etwa alle 8 bis 14 Tage an 1 bzw. 2 aufeinanderfolgen-
den Tagen auf, und Chinin hatte jedesmal prompte Wirkung. Ja. wenn an den be-
treffenden Tagen, an welchen die Anfälle erwartet wurden, Chinin prophylaktisch gegeben
wurde, so unterblieben dieselben. Die Neuralgie war erst einige Monate nach erfolgter
Malariainfektion aufgetreten.
Bemerkenswerterweise scheinen in Gegenden mit schwerer Malaria die Fieber-
larven seltener zu sein wie in solchen mit leichter Malaria.
Ferner wird übereinstimmend in allen Malariagegenden, in denen die Heftig-
keit der Infektion nachzulassen beginnt oder schon nachgelassen hat, das vermehrte
Auftreten der Fieberlarven gemeldet. Die mir bekannten Ärzte in den malaria-
infizierten Marschen Deutschlands bestätigen das. Auch erwähnte Grober noch
kürzlich dasselbe in bezug auf die Malariagegenden Thüringens. Es hielt daher
für die Praktiker schwer, nicht an irgend einen ätiologischen Zusaiiimenhang mit
der Malaria zu glauben.
Gewiß ist mit dem Begriff „Fieberlarve" ein großer Unfug getrieben worden
und das geschieht noch.
28*
436 JDr. Hans Ziejiann.
Es gehört daher die Warnung vor dem Begriff der Fieberlarven zum eisernen
Bestände der meisten Lehrbücher. Indeß, wir wollen uns doch auch vor Hyper-
kritik bewahren und stets folgendes berücksichtigen:
1. die sog. Keberlarven entsprechen oft denselben oder ähnlichen Krankheits-
bildern, die wir im Abschnitt über „Begleit- und Folgeerscheinungen der Malaria"
bei einzelnen Organen als zweifellos durch Malaria bedingt kennen lernten.
Niemand wird leugnen wollen, daß die meisten dort mitgeteilten Fälle von
intermittierenden Affektionen der Haut, Nerven, Augen etc. bei Fällen von mikro-
skopisch festgestellter Malaria auch malarischer Natur waren.
2. die Wirksamkeit des Chinins ist bei den Fieberlarven zu oft und von guten
Beobachtern gesehen, um nicht zu denken zu geben, ebenso die Intermittenz.
3. die Fieberlarven sind durchaus nicht selten von leichten Temperatursteige-
rungen begleitet, die aber gegenüber den eigentlichen Symptomen der sog. Fieber-
iarven ganz in den Hintergrund treten. Bekanntlich können auch bei mikroskopisch
festgestellter, chronischer Malaria die Temperatiu-steigerungen so gering sein, bzw.
auch bei höherer Steigung sogar keine äußeren Erscheinungen^ machen, daß sie
ganz unbemerkt verlaufen können.
4. Gewiß ist der Parasitenbefund bei Larvata in der überwiegenden Mehr-
zalil der Fälle scheinbar ein negativer. Indeß auch bei chronischer Malaria ist der
Parasitenbefund oft äußerst spärhch.
Yielleicht kommen wir bei der oben erwähnten, von mir vorgenommenen Be-
schränkung des Begriffs „Fieberlarve" der Wahrheit am nächsten mit der Annahme,
daß zum Zustandekommen der Fieberlarve gehört
1. eine gewisse Disposition des bei der Larvata betroffenen Organsystems zu
Erkrankungen. Diese Disposition kann infolge äußerer Schädlichkeiten, Trauma,
Erkältung etc. oder idiopathisch entstehen,
2. eine mehr oder weniger periodisch wiederkehrende Wirkung einer sich
immer erneuernden Noxe. Als solche wären die die Rezidive bedingenden Parasiten-
formen zu beschuldigen, also die Makrogameten.
Das würde sowohl die relative Gutartigkeit der Larven erklären, als auch die
Seltenheit der mikroskopischen positiven Parasitenbefunde im Fingerblute, da sich diese
Formen vielfach in Milz und Knochenmark versteckt halten. Es könnten dann entweder
die von den Makrogameten durch Parthenogenese entstandenen Schizonten das Zustande-
kommen der „Larven" bedingen. Dieselben haben nach vielfacher Erfahrung durchschnitt-
lich nicht die hohe Virulenz der eigentlichen, durch primäre Schizogonie entstandenen
Schizonten. Oder aber die Grameten selbst, die für gewöhnlich keine klinischen Erschei-
nungen machen, können unter Umständen eine gewisse Virulenz gewinnen. Bekanntlich
sind auch schon Fälle beschrieben worden mit deutlichen Störungen des Allgemeinbefindens
und Temperatursteigerungen, bei denen Gameten angeblich den einzigen Befund bildeten,
Die tertiären Formen der Syphilis, die Kuge in einer geistvollen Studie mit Recht
in eine gewisse Parallele zur Malaria gestellt hat, entfernen sich klinisch auch erheblich
von den primären Formen, gar nicht zu reden von den Nachkrankheiten der Syphilis,
Tabes dorsalis und progressive Paralyse.
Als Fieberlarven möchte ich auch die eigenartigen, schwer zu beschreibenden
Störungen des Allgemeingefühls auffassen, die in tropischen Malariagegenden zu-
weilen mehr oder weniger periodisch auftreten, besonders bei Leuten mit unge-
nügender Chinin j)rophylaxe, und die von den Betreffenden als kommendes Fieber
bezeichnet werden. Es besteht dabei oft große Schlafsucht, Kreuz- und Gliederschmerz.
Ich habe mehrfach in solchen Fällen Temperaturmessungen vorgenommen und ver-
schiedentlich dann Temperaturerhöhungen um 0,2 — 0,3 Grade bemerkt.
Diese Störungen des Allgemeinbefindens können vorübergehen, um nach einigen
Malaria. 437
Tagen oder Wochen in Form eines regulären Fieberanfalles wieder zum Vorschein
zu kommen. Es sind dieselben Symptome, wie wir sie so oft im Prodromalstadium
besonders der Perniciosa antreffen. Bei großer Sorgfalt kann man zuweilen schon
in diesen Prodromalstadien Malariaparasiten nachweisen.
Wegen der meist negativen Blutbefunde erkennt der Theoretiker diese Zu-
stände nicht als malarisch, wohl aber der Praktiker. Dieser gibt Chinin und erwirbt
sich dadurch den Dank des Patienten. Wir hätten somit eine Art abgeschwächter
oder in klinischer und parasitologischer Hinsicht etwas modifizierter chronischer
Malaria vor uns.
Häufig hört man die Meinung von erfahrenen Tropenleuten , daß sie lieber ein
ordentliches, kräftiges Fieber haben, als jene in mehr oder weniger regelmäßigen Zwischen-
räumen wiederkehrenden nervösen Zustände. Immerhin wird man in solchen Fällen selbst
bei mangelndem Parasitenbefunde aus dem übrigen Blutbefunde (basophile Granulationen,
Polychromatophilie. Leukopenie und relative Vermehrung der großen mononukleären Leuko-
cyten) eine latente Malaria mutmaßen können. Auch wo diese letzteren Hinweise, die sich
aus der Blutuntersuchung ergeben, fehlen, empfehle ich dringend, bei allen mehr oder
weniger regelmäßig wiederkehrenden Störungen irgend eines Organs, wo die Ätiologie
ganz dunkel bleibt, eine energische Chinintherapie, eventuell sogar bis 2 g pro Tag. an-
zuwenden. Voraussetzung ist natürlich, daß vorher alle sonst üblichen Mittel erfolglos
versucht sind. In Fällen periodisch auftretender Migräne sah ich davon in Kamerun den
besten Erfolg. Schließlich bleibt der Erfolg in der Praxis stets Sieger über die schönste
Theorie.
Literatur über larvierte Malaria.
1902 Ceaig, Ch. f., Latent and masked malarial fevers. Medical Rec. 15. IL
1903 Ceonqxjist, J., Beitrag zur Kenntnis vom Wechselfieber und besonders dessen larvierten
Formen bei Kindern. Nord. med. ark. Afd. IL 3. F. III. Nr. 9. Citat.
1901 VON HovoRKA, Aphorismen eines alten Malariapraktikers. Arztl. Central- Anzeiger.
(Wien.) Bd. 18. Nr. 32.
1898 Zakhariane, A., Contribution ä l'etiologie des acces de fievre paludeenne. Journ.
de med. mil. russ. Avril. Ref. Rev. de med. 1899. Bd. XIX. Nr. 19. p. 750.
Angeborene Malaria.
Von mehreren Seiten, auch von Moxcoevo, ist die Möglichkeit einer Über-
tragung der Malaria von der Mutter auf den Fötus betont worden.
Z. B. beschreibt Dtjchek die starke Ansammlung dunklen Pigments in der ge-
schwollenen Milz eines Fötus, dessen Mutter während der Gravidität stark an Intermittens
gelitten hatte. Ohne ßlutuntersuchung hat der Fall keine beweisende Kraft.
Auch WiNSLOW beobachtete angeblich Parasiten im Blute eines Kindes, dessen
Mutter an Malaria litt und zwar gleich am Tage nach der Geburt. Ahnliches berichtet Bein.
Die Möglichkeit einer Infektion post partum ist in letzterem Falle durchaus nicht
ausgeschlossen.
Felkin (zitiert nach Scheübe) will ebenfalls 2 Fälle kongenitaler Malaria gesehen
haben. Da der betrefi'ende Autor angibt, daß die Malaria auch durch den Vater übertragen
werden könne, ebenso von der Mutter durch Säugen, kann man den Angaben dieses
Autors gar keinen Glauben schenken.
BiGNAMi bemerkte im Blute und in den inneren Organen von 3 Föten malaria-
kranker Mütter nicht die geringste Spur einer malarischen Infektion und glaubt, daß in
den kernhaltigen roten Blutkörperchen des Fötus die Malariaparasiten sich nicht gut
entwickeln könnten.
Terburgh sah ebenfalls keine parasitologisch festgestellte kongenitale Malaria.
Auch Sereni läßt das Bestehen kongenitaler Malaria sehr zweifelhaft, indem er nie
438 Di*. Hans Ziemakk.
Jüalariaparasiten bei den Neugeborenen malariakranker Mütter sah, wenn auch in der
Placenta sich eine enorme Anhäufung von Parasiten finden konnte.
Ich selbst habe während der letzten Dienstperiode in Kamerun diese Frage
in 4 Fällen untersucht und ebenfalls niemals im Blute neugeborener Negerkinder,
deren Mütter malariakrauk waren, Parasiten gefunden.
Eine kongenitale Malaria der Frucht könnte durch die Malariaschizonten
der Mutter meines Erachtens nur dann eintreten, wenn vor Geburt des Kindes auf
irgend eine Weise Gelegenheit gegeben war, daß das Blut der Mutter mit dem des
Kindes sich auf direkte Weise mischte. Ein solcher Fall dürfte aber praktisch
nicht in Frage kommen. Es bildet vielmehr die Placenta für die Schizonten eine un-
durchlässige Barriere.
Ich habe indeß schon an anderer Stelle (Centralbl. f. Bakt. 1905, Bd. 38) ausgeführt,
daß bei wiederholten Untersuchungen des Blutes von Föten Trypanosomen infizierter
Muttertiere niemals Trypanosomen gefunden wurden, auch nicht in Amnionflüssigkeit, selbst
wenn es im Blute des Muttertieres von diesen Parasiten wimmelte. Die Malariatoxine
der kranken Mutter können natürlich auf den Fötus übergehen und dort pathologische
Veränderungen hervorrufen.
Literatur über angeborene Malaria.
1894 Bastianelli, G., Sulla transmissione dei parasiti della malaria della madre al feto.
BoU. della Soc. Lancisiana degli osped. di Roma. XII.
1892 Bein, Demonstration von Malariaplasmodien eines Falles v. typ. Wechselfieber. D.
med. Wochenschr. IMr. 38 u. 39.
1896 BiGNAiii, A., Sulla questione della malaria congenita. Suppl. al Policlinico.
1858 Dtjchek, Prager Vierteljahrsschrift. Nr. 4. p. 95. „Über Intermittens".
1889 Felkin, R. W., Foetal malaria, as illustrated by two cases. Edinb. med. Journ. June.
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Hospital Bulletins. June.
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BoUettino d. R. Accad. di medicina di Roma. Fase. 1, 2, 3.
1902 Teebijrgh, J. F., Kongenitale Malaria. Geneesk. Tijdschr. v. Nederl. Ind. Vol. XLII.
1897 Winslow, K., A case of congenital malaria. Bost. med. and surg. Journ. May 27.
Beziehungen der Malaria zum
Lebensalter. Es ist allgemein bekannt, daß besonders die Kinder zur
Malaria disponiert sind. Dieselben schlafen viel und denken dann nicht an Abwelu-
bewegungen gegen die Anophelinen. Außerdem setzt die zarte kindliche Haut den
Anophelesstichen weniger Widerstand entgegen, wie die Haut des Erwachsenen.
Das Geschlecht übt keinen Einfluß auf die Erkrankungen aus. Es kommt
eben lediglich auf die Gelegenheit zur Infektion an.
Konstitution. Kräftige, gesunde Individuen setzen den Wirkungen der
Malariainfektion einen längereu Widerstand entgegen, als schwache und kranlce.
Auch dies werden wir noch unten erklären können.
Das Temperament ist ebenfalls von gewisser Bedeutung, indem, "«ie schon
Dempwolff bemerkte, phlegmatisches Temperament eher die Wirkungen der Malaria
ertragen läßt wie ein cholerisches, oder sanguinisches. AUe schwächenden Momente
wirken auch begünstigend auf das Zustandekommen der klinischen Malaria-
erscheiuungen ein. Dazu gehören Exzesse aller Art und Mangel an Komfort be-
züglich Wohnung, Ernälirung und Kleidung.
Malaria. 439
Beruf. Leute, wie Erdarbeiter usw., welche in der Nähe von Ano-
phelesbrutplätzen sich aufhalten müssen, erkranken besonders leicht, am leichtesten,
wenn die Betreffenden in Massenquartieren untergebracht sind, und unter ihnen
chronisch Malariainfizierte sind, an denen sich die Anophelinen infizieren.
Bekannt ist die frühere ungeheure Morbidität und Mortalität bei Hafen- und
Bahnbauten in Malariagegenden, ferner bei manchen militärischen Expeditionen,
wenn noch Mangel an allem Komfort hinzukommt. "Wenzel sah während des
Hafenbaues in Wilhelmshaven allein in 10 Jahren 19 500 Krankheitsfälle.
Alle tropischen Bahnbauten erforderten vor Verbreitung unserer jetzigen epide-
miologischen Kenntnisse geradezu ungeheure Verluste, besonders die Panama- und
Kongobahn. Die französische Armee hatte während des Feldzuges gegen Madagaskar im
Jahre 1895 eine Morbiditä,t von 72 <^/o infolge von Malaria und 32 ^/o Mortahtät,
welche zum weitaus größten Teil auf die Malaria zurückzuführen war. Die Russen
hatten im russisch-türkischen Feldzuge in den malariaverseuchten Gregenden der
Drobudscha und Bessarabiens 140 000 Erkrankungen an Malaria und 1100 Todesfälle.
Beziehungen der Malaria zu den yerschiedenen Hassen und Immunität.
Man hatte schon seit langem die Erfahrung gemacht, daß die einzelnen Eassen
große Verschiedenheit in ihrer Widerstandsfälligkeit gegen die Wirkungen der
Malaria zeigen. Unterschiede in der Zusammensetzung des Blutes, die durch die
Easse bedingt wären, hat Takasu indeß nicht feststellen können.
Analoges dazu finden wir bei vielen Tierrassen. So sind Massaiesel resistenter
^egen Tsetseinfektion wie andere, algerische Schafe resistenter gegen Milzbrand und Pocken
wie europäische.
Insbesondere erweisen sich die Neger bei Vergleich der Mortalität in den
Malarialändern bei weitem am wenigsten betroffen. Zum Vergleich füge ich folgende
Tabelle Mannabekg's über die Verhältnisse in Ceylon an.
Auf 1000 Mann des Effektivbestandes kam es zu Malaria bzw. Malariatodesfällen
Erkrankungen
Todesfälle
bei Negern
?
1,1
„ Hindus
376
4,5
„ Malayen
337
6,7
„ Singalesen
441
7,0
„ Engländern
485
24,6
Es handelt sich hierbei wohlverstanden um Erwachsene.
MoNCOEVo sah unter seinen 513 Malariafällen Europäer mit 67%, Mischlinge mit
240/0, Neger nur mit 8% beteiligt.
Indianer, Papuas, Mongolen und Araber scheinen, was ihre Malaria-Giftempfäng-
lichkeit anbelangt, in der Mitte zu stehen zwischen den Negern und der kaukasischen
Hasse. Die absolut e Erkranku ngsziffer scheint aber bei Zugrundelegung
d er Neuerkr ankunge n und der gleichen Infektionsmöglichkeit bei allen
Rassen dieselbe zusein. Mit anderen Worten, eine gleiche Anzahl kleiner, z. B.
gegen Anophelinen nicht geschützter Negerkinder in einer Malariagegend würde in der-
selben Zeiteinheit genau so zahlreich erkranken, wie Europäerkinder, die unter denselben
Verhältnissen leben. Die Mortalität würde allerdings bedeutend stärker sein bei den
Kaukasierkindern, jedenfalls im tropischen Afrika, und würde sich zu der der Neger-
kinder je nach lokalen Verschiedenheiten schätzungsweise wie 100 : 10 — 50 verhalten.
Steachan, der mit für Afrika zivilisierten Negern zu tun hatte, leugnet diese relative
Immunität der Neger als Rasse zu Unrecht.
440
Dr. Hans Ziejiann.
Übrigens erzählten mir Neger des Hochlandes im Hinterlande von Kamerun, daß
auch Erwachsene von ihnen, wenn sie eine Infektion an der Küste davongetragen, zu-
weilen an Fieber sterben können. Immerhin ist der Neger der Malaria gegenüber unendlich
günstiger gestellt als der Kaukasier.
Als Axiom gilt es vielfach, daß die Romanen weniger den schweren Formen
der Perniciosa ausgesetzt sind, als die Germanen. Ich habe, vorausgesetzt, daß
die Romanen nicht schon früher perniciöse Malaria durchgemacht und dadurch eine
Art von Giftresistenz erworben hatten, in den Tropen keine Unterschiede in der
Mortalität und Morbidität bemerken können. Auch hei den Negern kann ihre sog.
relative Immunität wieder schwinden, wenn sie längere Zeit in malariafreier Gegend
lebten und nun in eine Malariagegend zurückkehren. Aus demselben Grunde kann
der Neger Nordamerikas und Westindiens, wenn er der Malaria ausgesetzt wird,,
auch fast genau in denselben Prozentverhältnissen erkranken, wie der Kaukasier.
Z. ß. sahen Thayer und Hewetson die Neger in Baltimore in 59,2 "/^ durch Tertiana
betroffen, in 33,3% durch Perniciosa, die weiße Rasse in 62,5 % durch Tertiana, in 34,7°/»
durch Perniciosa.
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g. 47.
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Fig. 48.
Prozentsatz Von Haussa- und Jocubakindern und
Haussaerwachsenen in Lagos (Westafrika) mit
Milztumor.
(Nach W. H. G. H. Best.)
Leberis-
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Prozentsatz von Negerkindern und erwachsenen
Negern in Zentralafrika mit Milztumor.
(Nach Daniels.)
Bereits den älteren Ärzten war aufgefallen, daß die Eingeborenen in sämt-
lichen Malarialändern, z. B. auch in den Marschen Deutschlands, außerordentlich
viel widerstandsfähiger erscheinen gegen die Malaria als die neu Einwandernden
derselben Rasse, und daß jedenfalls die erwachsenen Eingeborenen sich oft schein-
bar besten Wohlseins erfreuen.
MüHLENS sali bei seinen Untersuchungen in den deutschen Marschen, die er
in Nocht's Auftrag ausführte, Schulkinder bis zu 10 ^'/o infiziert, z. T. ohne daß
dieselben Krankheitserscheinungen zeigten.
Schon ScHELLONG als erster und Yerf. machten auf die Häufigkeit der Milz-
tumoren als Zeichen der Malariainfektion, spez. bei Kindern von Eingeborenen in
Neuguinea bzw. in Westafrika, aufmerksam.
In ein neues Stadium rückte die Frage durch die planmäßig erfolgten Unter-
suchungen Koch's bei Eingeborenen in Neuguinea bzw. Java. Derselbe stellte die
These auf, daß dort nur die Kinder der Eingeborenen an Malaria erkrankten, und
daß durch Überstehen der Malaria dieselben dann Immunität gewönnen.
Malaria.
441
Malariamorbidität in Kaiser-Wilhelms-Land (nach R. Koch).
I. Bogadjim
51
I 03
7o
IL Bongu
Unter-
suchte
1 <i>
/o
Kinder unter 2 Jahren
Kinder von 2 — 5 Jahren
Personen von 5—55 Jahren
10
12
86
8
5
0
80
41,6
0
Kinder unter 2 Jahren
Kinder von 2 — 5 Jahren
Kinder von 5 — 10 Jahren
Personen von 10 — 40 Jahren
ß
13
17
39
6
6
4
0
100
46,1
23,5
0
Malariamorbidität in Java (nach R. Koch).
Unter- 1 Infi-
suchte zierte
Kinder unter 1 Jahr ! 297 66 22,1
Kinder über 1 Jahr 429 47 10,9
Koch Avies schon damals auf die Wichtigkeit dieses Befundes hin bezüglich
der Bekämpfung der Malaria, da nur die Kinder der Eingeborenen die Träger der
Malariainfektion in einer Malariagegend seien. Man hat also nach Koch ein gutes-
Büttel, durch Untersuchung der Kinder der Eingeborenen die Verbreitung der
Malaria in bestimmten Bezirken festzustellen. Es folgert daraus auch logischerweise^
daß jede dauernde Verminderung der Malariainfektion bei den Eingeborenen gleich-
bedeutend wäre mit einem Schwinden der Malaria. An allen Orten fanden nun-
mehr erneute systematische Nachprüfungen der Kocn'schen Befunde statt.
Stephens und Christophers fanden in Oberguinea die jüngsten Kinder ebenfalls
am stärksten infiziert und zwar bis zu 90%, 8 — 12jährige nur noch in 28 — 75% und
glauben, daß die Eingeborenen ihre Immunität gegen Malaria im Kindesalter erwerben.
Im British Medical Annual Report 1897 stellte Daniels an der Hand von 1500 Sektionen
fest, daß nahezu alle Farbigen die Malaria schon in frühester Jugend erworben hatten,
und daß im 5. Lebensjahre 81,4% sämtlicher Todesfälle die Zeichen der Malariainfektion
aufwiesen. Auch Wellmän fand in Benguela, daß der Milztumor sein Maximum bei 5 Jahre
alten Kindern erreichte, worauf sieh derselbe bis zum Alter von 15 Jahren verminderte
und bei 25jährigen nur noch selten gefanden wurde. Wenn auch ein Milztumor, der in-
folge von Malaria entstanden ist, nicht eo ipso als gleichbedeutend anzusehen ist mit be-
stehender latenter oder akuter Malariainfektion, so doch mindestens in 70% der Fälle.
Ich fand z. B. Juli 1900 bei den Ewenegern Togos bei Erwachsenen, Halberwachsenen
und Kindern mikroskopisch nachweisbare Malariainfektion in 47,2% schon bei flüchtiger
Untersuchung des lebenden Blutes, Milztumor in 33%. Auch bei den älteren Duala-
negern war Milztumor viel seltener als bei den ^egerkindern.
James fand auch in einigen Malariagegenden Indiens eine Infektion bei Kindern
unter 10 Jahren in 60 — 75 ^/o, während die Erwachsenen keine Infektion zeigten.
Angeblich sollte dieses Verhalten nur in stark malarischen Gregenden vorkommen.
In weniger malarischen Gegenden wäre die relative Immunität der Erwachsenen
nicht so ausgesprochen. Man kann sich diese Angabe mit van der Scheee da-
durch erklären, daß in stark malarischen Orten Kinder wie Erwachsene ihre
relative Immunisierung infolge der forwährend neu erfolgenden Infektion erreichen.
Hingegen könnte in einem Lande mit seltenerer Infektionsmöglichkeit dieser
Immunisierungsprozeß immer aufs neue unterbrochen werden, was die Infektion
der Erwachsenen erklären würde. Dies würde auch erklären, warum in den
442 iJr. Hans Ziejiann.
schweren Fiebergegenden Italiens, in denen die Fiebersaison immer durch, fieberfreie
Zeiten unterbrochen wird, die eingeborene Bevölkerung keine Immunität erlaugt.
Indeß liegen die Verhältnisse, wie wir an Kamerun und Ostafrika sehen werden,
teilweise doch etwas komplizierter.
Malariaindex.
Man kann den Prozentsatz der nicht mit Chinin behandelten malariainfizierten
Eingeborenen als Malariaindex einer Gegend bezeichnen.
Die Angabe aller Malariaaufälle bei Weißen allein, ebenso der Zugänge in den
Hospitälern hat für den Malariaindex einer Gegend wenig Wert. Ebenso haben Unter-
suchungen, die nur einen kleinen Bruchteil der in Frage kommenden Bevölkerung be-
treffen, nichts Beweisendes. Die Statistik gewinnt dann die Qualität eines Gummibandes.
Außerdem kann man den Malariaindex einer Gegend bestimmen durch Angabe
des Verhältnisses der infizierten Anophelinen zu den nichtinfizierten. Indeß muß man
die in Europäerhäusern gefangenen Anophelinen nicht berücksichtigen, da sich diese
selten infizieren, sondern nur die in Eingeborenenhütten gefangenen.
Die Malariaindexkurven müssen ferner, wenn sie einen genauen Überblick
über die Malariaverhältnisse einer Gegend darbieten soUen, die Zahl der Malaria-
infektionen auf der Höhe der Fiebersaison darstellen.
Wie auch von Panse gezeigt wurde, ist die Infektion unter den Eingeborenen auch
in den Tropen, wo theoretisch stets die Möglichkeit der Neuinfektion besteht, je nach den
Jahreszeiten etwas verschieden und in der Trockenzeit am geringsten. Es kommt also
bei Aufstellung solcher Kurven und Zahlenangaben nicht nur auf eine sehr sorgfältige
mehrmalige Untersuchung an, da die Malariaparasiten bei einer einzigen Untersuchung
im peripheren Blute fehlen können, sondern auch auf Angabe der Jahreszeit.
Auch diu'fen diejenigen Kinder nicht besonders zur Blutuntersuchuag ausge-
lATählt werden, welche die Mütter als häufiger fieberkrank vorzeigen.
JDiese kritische Auswahl ist aber durchaus nicht immer geübt worden. Bei
systematischer Nachprüfung von Koch's Befunden stellte sich nun in Kamerun
heraus,
1. daß die Malaria für die Eingeborenen im Kindesalter durchaus nicht immer
die unschuldige Erkrankung ist, als die sie noch nach F. PLEim erscheinen mußte.
Die Sterblichkeit ist vielmehr eine ziemlich erhebliche, und es ist, was F. Plehn an
blühenden Kindern herumlaufen sah, mit Malariaparasiteu im Blute, als der Malaria
giftfest gewordene Rest der Kinder zu betrachten. (Z. B. sollen in Lagos, West-
afrika, in den Jahren 1892 — 1900 je 45*^/o der Kinder des ersten Lebensjahres an
Malaria gestorben sein.)
2. In der Tat stellen die jungen Kinder auch in Westafrika und "Westindien
bei weitem den höchsten Prozentsatz an Malariainfektionen dar (D. med. "Wochen-
schr. 1900, Nr. 47, 48), was für Kamerun auch von A. Plehn bestätigt wurde.
Indeß auch die erwachsenen Neger zeigten noch häufig genug Parasiten im Blute,
nach A. Plehn in Duala sogar noch in 50% der Fälle. Das müßte nach James beweisen,
daß Kamerun ein milder Malariaort wäre, was keiner behaupten wird.
Schon 1900 fand ich anfangs März, Ende der gesunden Trockenzeit bei den Duala
bei nur einmaliger Blutuntersuchung im lebenden Präparat, Kinder von
0 — 5 Jahren infiziert in 37,1 %
5-10 „ „ „ 18,8%
10-16 ,. ,. „ 21,8%.
Bei wiederholter Untersuchung der gefärbten Präparate wäre die Zahl wahrschein-
ich noch größer gewesen. Außerdem konnte die Polychromatophilie und die Basophilie
damals noch gar nicht berücksichtigt werden.
Malaria.
44 B
Gegen Ende der Regenzeit im September 1903, wo die Zahl der Neuinfektionen
am größten ist, zeigten sich von 121 angeblicli fieberfreien und auch ganz gesund
aussehenden 20— SOjährigen Duala bei einmaliger Untersuchung im gefärbten Prä-
parat 19 = 15,7 o/o infiziert. Yon 60 Kindern im Alter von 0—3 Jahren, die in der
Nähe von Anophelesbrutplätzen wohnten, zeigten 58 = 95 ^lo Malariaparasiten, bez.
pigmenthaltige Leukocyten, Polychromatophilie und basophile Körnung. Ja, auf
den Kap Yerdischen Inseln, im Hafen von San Yincent, fand ich die älteren Kinder
sogar häufiger infiziert als die jüngeren.
Nach den sehr sorgfältigen Untersuchungen Panse's, der sogar monatlich
untersuchte, stellt sich das Gesamtergebnis der Blutuntersuchungen für alle unter-
suchten Stadtteüe in Tanga (Ostafrika) in ähnlicher Weise dar:
Anzahl der
Untersuchten
Darunter
Infizierte
/o
I. Kinder unter ^2 Jahr
LL Kinder von ^2 — 1 Jahr
16
9
6
6
37,5
66,6
Kinder unter 1 Jahr
25
12
48
III. 1jährige Kinder
IV. 2jährige Kinder
V. 3 jährige Kinder
1 25
i 20
28
22
17
25
88
85
89,2
Kinder von 1 — 3 Jahren
73 _
64
87,6
VI. 4— 5 jährige Kinder
VII. 6— 7 jährige Kinder
48
84
34
52
70,8
61,9
Kinder von 4 — 7 Jahren
i 132
86
65,1
VIII. Altere Kindern. Halberwachsene
IX. Erwachsene
314
I 1683
125
258
39.4
15,3
Summe von 1. — IX.
! 2227
545
24,4
Hier stellten auch nicht die aller] üngsten, sondern die 1— 3 jährigen Kinder
den größten Prozentsatz an Erkrankungen.
Auch Steubek, der ebenfalls eine hohe Mortalität bei Negerkindern, besonders
während der 4 ersten Lebensjahre infolge der Malaria beobachtete und in 75 ^lo der
malariakranken Kinder Milztumor sah, fand in Ostafrika häufig malariainfizierte, er-
wachsene Neger, Ollwig bis zu 21,0^/0.
Gray und Low fanden in Santa Lucia in Westindien Erwachsene noch in
50% malariainfiziert.
HoPE sah in Pabna in Nordbengalen sogar 922 Erwachsene über 15 Jalire
malariainfiziert iind nur 862 infizierte Kinder.
Man setzte früher auf Grund der KocH'schen Befunde in Neu-
guinea eben voraus, daß mit dem Eintritt der Giftimmunität der
Eingeborenen auch die Parasiten schwinden müßten, was, wie wir
sahen, durchaus nicht überall der Fall ist. Daher die Wider-
sprüche in den Angaben.
Giftimmunität und Parasitenimmunität sind also nicht dasselbe.
Auch bei Tieren zeigt die vergleichende Protozoenforschung, daß mit der Ge-
nesung und dem Eintritt der sog. Immunität durchaus kein Schwinden der Para-
siten verbunden zu sein braucht.
444 i)!'- Hans Ziemann.
Icli fand die Piroplasmose der Rinder in Deutschland z. B. bei einem jungen Kalbe^
das mit dem Blute einer angeblich schon längst von Blutharnen genesenen Kuh ge-
impft war.
Koch selber modifizierte noch kürzlich, seine früheren Anschauungen über
diesen Punkt bezüglich der Trypanosoinenkrankheit der Tiere, indem es ihm gelang,,
durch Überimpfuog großer Blutmengen scheinbar parasitenfrei und also immun ge-
wordener Tiere auf nichtinfizierte eine neue Infektion hervorzurufen.
Die früheren Anschauungen, daß die Eingeborenen durch Überstehen der Malaria
eine Immunität bekämen, verführte zeitweise zu einem Kampfe gegen das Chinin über-
haupt, indem man die Heilang dem Immunisierungsprozeß des Organismus überlassen
wollte. Wenn schon bei Tertiana und Quartana dies ein riskantes Unternehmen ist, so
würde bei schwerer Perniciosa das unglückliche Opfer den Versuch mit dem Tode oder
mit lang dauernder Anämie bzw. steter Neigung zu Rezidiven bezahlen.
Angeborene Immunität (Resistenz) gegen Malaria.
Bevor wir an eine weitere Erörterung des "Wesens der Immimität treten, sei
noch die Frage der angeborenen Immunität oder, nach Büchner besser Resistenz,
gegen Malaria, kurz gestreift.
In allen Malariazonen gibt es Leute, welche trotz Mangels an allem Komfort
nicht an Malaria erkranken. Wir sehen natiklich ab von Leuten, die aus irgend
Avelchen Grründen (Grerüchen usw.) nicht von Anophelinen gestochen werden und
deswegen auch nicht an Malaria erkranken.
Ich selbst sah in den Maremmen von Toskana bei Grosseto einen Aufseher, der
in ungemein gefährlicher Malariagegend angeblich niemals an Malaria erkrankt war, auch
als Kind nicht, was von seinen Angehörigen aufs bestimmteste versichert wurde, und dessen
Vater ebenfalls malariaimmun gewesen sein soll. Seine beiden Söhne litten häufiger an
wenn auch leichter Perniciosa. Celli fand sogar ein Individuum, das gegen experimentelle
Malaria völlig immun war, und dem beträchtliche Mengen von injiciertem Tertiana- und
Perniciösablut nichts schadeten.
Der Zweifel ist immerhin berechtigt, ob nicht doch derartige Personen in
frühester Jugend eine Malariainfektion durchgemacht haben, welche ihnen aus-
nahmsweise einen absoluten Schutz gegen spätere Malaria verschaffte.
Bekanntlich zeigen aber auch viele Personen eine individuelle, angeborene Resistenz
gegen Scharlach, Masern, Pocken etc., während ihre Mitmenschen erkranken.
Die angeborene individuelle Resistenz im Sinne Buchner's kann eine ab-
solute sein, oder eine relative, indem die Resistenz durch besondere Eingriffe, durch
Hunger, Durst, abnorme Temperatur usw. schwinden kann.
Wir wissen neuerdings durch die Untersuchungen von Buchner, Nuttall,
FoDOR u. a. , daß die Säfte jedes normalen Körpers, besonders das Blutserum,
Bakterien- und Parasiten tötende Körper enthalten. Es ist möglich, daß die Leuko-
cyten an der Produktion dieser Schutzstoffe beteiligt sind. Ob man nun diesen,
von Büchner Alexine genannten Körpern, welche sehr labil sind und schon bei
kurzer Erwärmung des Serum auf 55—60*^ vernichtet werden, die Schutzwirkung
zuschreibt, oder den Antikörpern (Komplementen) Ehrlich's (vgl. weiter unten)^
ist für unsere Darstellung zunächst gleichgültig.
übertragen wir das eben Gehörte auf die Malaria, so hätten
wir bei den Leuten mit angeborener Resistenz eine besonders
starke Entwicklung der Alexine bzw. Antikörper im Blute anzu-
nehmen, welche je nach der Menge derselben absoluten oder rela-
tiven Schutz gewähren. Die angeborene absolute Resistenz gegen
Malaria. 445
Malaria dürfte aber mindestens sehr selten sein. Von der angeborenen
Eesistenz gegen eine Krankheit ist aber zu trennen die praktisch viel "VN^chtigere
erworl^ene Immunität.
Erworbene Immunität.
Diese Frage ist für unsere ganze Auffassung der Malaria von solcher Be-
deutung , daß wir versuchen wollen , sie zum ersten Male auch vom Standpunkte
der Serumforschung aus so kurz zu beleuchten, als es bei der außerordentlichen
Kompliziertheit des Gegenstandes und der riesigen Ljteratur möglich ist. Sehr
vielen Ärzten in den Tropen dürften die Grrundprinzipien dieser Forschung noch un-
bekannt sein. Eine gewisse Kenntnis derselben ist aber zum Verständnis mancher
neueren Malariaarbeiten notwendig. Jedenfalls werden wir allergrößte Vorsicht üben
müssen, wenn wir die aus der Bakteriologie gewonnenen, noch hypothetischen Re-
sultate jener Forschung, auf die Malarialehre übertragen wollen.
Eine erworbene Immunität kann entstehen durch Überstehen der Krankheit
auf natürlichem oder durch Impfung auf künstlichem Wege. Wir wissen, daß
manche Leute, welche an Pocken, Scharlach oder Typhus erkrankten, gegen Neu-
erkrankungen lange Zeit geschützt bleiben, während andere Krankheiten, wie Diph-
therie, Influenza, Pneumonie, keine Immunität verschaffen. Einzelne Krankheiten,
Avie Erysij)e], geben sogar eine vermehrte Prädisposition für spätere Erkrankungen
(Dieudonxe).
Man nahm das letztere früher auch von der Malaria an.
Wir wissen ferner, daß auch ganz leicht und scheinbar harmlos verlaufende
Fälle mancher Infektionskrankheiten, wie z. B. Cholera, Typhus, häufig denselben
Schutz gewähren, wie schwere Erkrankungen. Bedingt ist die Schutzwirkung bei
erworbener Immunität durch die
A) Allgemeinen Schutzstoffe des Körpers (Alexine).
B) Spezifischen Schutzstoffe. Diese zerfallen in
1. die sog. Antitoxine, welche die von den spezifischen Krankheitskeimen produ-
zierten Toxine paralysieren. Die Antitoxine richten sich also nicht gegen die Krank-
heitserreger selbst, sondern gegen die Krankheitsprodukte.
2. Stoffe, welche die krankheitserregenden Keime direkt angreifen (bei einigen
Bakterienkrankheiten die sog. Bakteriolysine).
3. Sog. Enzyme, vgl. später.
Bildung- von Antitoxinen.
Zur Erklärung wiU ich den Ausführungen Römer's, Dieudonne's, Aschoff's
folgend kurz Ehrlich's Seitenkettentheorie skizzieren, muß aber bezüglich näherer
Begründung auf die Speziaiwerke verweisen.
Das Molekül eines jeden funktionierenden Protoplasmas besteht nach Ehrlich aus
einem Kern, dem Leistungskern, den man sich analog dem Benzolkern der organischen
Chemie vorstellen muß^ und ferner aus einer gewissen Zahl demselben angefügter Seiten-
ketten von verschiedener Funktion. Diese Seitenketten oder Rezeptoren, die der Er-
nährung des Moleküls unter normalen Verhältnissen dienen und alle Nährstoffe an sich
reißen, verankern nun auch die Toxine, obgleich dieselben an sich keine Nährstoffe dar-
stellen. Wir müssen indeß nach jener Theorie annehmen, daß einzelne Toxine Atom,
gruppen aufweisen, die denen bestimmter Nahrungsmoleküle entsprechen. Es ist ja eine
Grundbedingung für die Giftwirkung der Toxine, daß eine spezifische Bindung an das
Protoplasma gewisser Zellbezirke stattfindet. Da nun durch die Verankerung der Toxine
an die Rezeptoren in der physiologischen Ernährung der Zelle ein Defekt entsteht, müssen.
446 I^r. Hans Ziemann.
die Eezeptoren neu gebildet werden, um die durch chemische Bindung ausgeschalteten
Seitenketten zu ersetzen.
Wie aber Weigert glaubt, tritt bei vielen Regenerationsvorgängen nicht bloß ein
Ersatz, sondern eine Überkompensation ein. Ein Verbrauch und Ersatz der Seiten-
ketten wäre auch schon theoretisch ein Postulat des normalen Zellenlebens. Zuletzt
könnten die lebhaft und in abnorm reicher Weise produzierten Seitenketten am Proto-
plasma keinen Platz mehr finden und würden von der Zelle abgestoßen, um in die Blut-
zirkulatiou zu gelangen. Nach Ehrlich können auch bereits unter normalen Verhältnissen
gelegentlich Rezeptoren im Überschusse gebildet werden, und würde dies das Vorhanden-
sein von Antikörpern im normalen Blute erklären. Indem nun die zirkulierenden Anti-
toxine die Toxine schon in der Blutflüssigkeit binden, können die gefährdeten Zellelemente
geschützt werden; in den Organismus eines anderen Kranken gebracht, könnten dann
die Antitoxine auch dort dieselbe schützende Wirkung ausüben. Vgl. Diphtherie-Tetanus-
Antitoxin. Wenn jedoch die Verbindung des Toxins mit den vergifteten Zellen im Ver-
laufe der Intoxikation eine immer festere geworden ist, wird es immer schwerer, den
vergifteten Zellen das gebundene Gift durch Antitoxin zu entreißen. Im allgemeinen wird
man sagen können, daß gerade die giftempfindlichen Organe auch das Antitoxin binden
können. (Indeß halten wir daran fest, nicht, wo die Giftwirkung erfolgt, haben wir
die Antitoxinbildung anzunehmen, sondern da, wo die Giftbindung stattfindet.)
Die chemischen Untersuchungen des antitoxischen Serum zeigen gegenüber dem
normalen Serum keine Unterschiede. Höchstens erwies sich der Gesamteiweißgehalt im
antitoxischen Serum etwas größer als im normalen und nahm mit steigendem Antitoxin-
gehalt die Gefrierpunkterniedrigung und die elektrische Leitungsfähigkeit ab. Vgl. Ab-
schnitt „Anämie".
Es entspricht ferner der Erfahrung, daß, wenn ein Toxin auf den Körper einwirkt,
erst eine gewisse Zeit vergeht, das sog. Inkubationsstadium, ehe die Toxinwirkung deutlich
zutage tritt. Zur Erklärung nimmt Ehrlich an, daß jedes Toxinmolekül zwei verschiedene
chemische Gruppen enthält, die sog. haptophore und die toxophore. Die haptophore
Gruppe bindet das Toxinmolekül an die tierische Zelle, vorausgesetzt, daß diese Zelle eine
Gruppe (Rezeptor) besitzt, an die sich die haptophore Gruppe des Toxinmoleküls kuppeln
kann. Erst die toxophore Gruppe kann dann die giftigen Eigenschaften des Toxins
produzieren. Die toxophore Gruppe entfaltet ihre Wirkung demnach langsamer und später
wie die haptophore. Wir wissen, daß auch bei manchen Arzneimitteln nicht der ganze
Atomenkomplex sondern nur eine bestimmte Teilgruppe eine Wirkung ausübt, z. B. bei
manchen Schlafmitteln nur die in ihnen enthaltene Athylgruppe, bei Anästheticis nur der
Benzoesäurerest. Ein Beweis, daß die haptophore und toxophore Gru]3pe zu trennen,
ist, daß beim Frosch die haptophore Gruppe des Tetanustoxin schon in der Kälte, die
toxophore Gruppe aber erst dann auf die Zellen einwirkt, wenn der Frosch in eine
Temperatur von 22** gebracht wird, und tritt dann nach einer Inkubationsdauer von
2 — 3 Tagen Tetanus ein. Beide Gruppen sind also in gewisser Beziehung selbständig.
Wir sehen die Wirkung der Toxine schon äußerlich, z. B. beim Botulismus in der
Rarefizierung und dem Verschwinden der NissL'schen Körperchen in den Rückenmarks-
zellen, so daß die Zellen wie mit Staub besät aussehen. Ein Analogon haben wir ev.
in der polychromatophilen Degeneration der roten Blutkörper bei Malaria.
Wie verhält sich nun der Organismus bez. Bildung von Anti-
toxinen bei Malaria?
Augenscheinlich kommt es, wie die klinische Erfahrung zeigt, gar nicht zur
Antitoxinbildung, wenigstens nicht bei Neuerkrankungen, während doch Toxinbildung
gewiß anzunehmen ist. Sind etwa keine Rezeptoren da? Theoretisch könnte es, wo
keine Rezeptoren fiu^ die Toxine da sind, auch nicht zu Antitoxinbildung im Sinne
Ehrlich's kommen. In Wirklichkeit aber wimmelt es ja an und für sich von
Rezeptoren für die Malariatoxine. Jedoch, es sind gerade die lebenswichtigen
Organe, in erster Linie die roten Blutkörper und die hämopoetischen Organe, von
denen die roten Blutkörper als Wirte der Malariaparasiten einem schnellen Tode
Malaria. 447
verfalleu. Nach den Ergebnissen der Serumforschung müßte man annehmen, daß
lim dann eine Neubildung von Rezeptoren und damit von Antitoxinen möglich ist^
wenn durch das Toxin das vitale Centrum der betr. Zellen nicht allzustark ge-
schädigt ist, also keine definitive Schädigung eintritt. Dann nur ist das Protoplasma
fähig, bei fortgesetzter Toxinzufuhr die durch chemische Bindung ausgeschalteten
Seitenketten zu ersetzen.
Auch der Mensch und das Meerschweinchen haben nach dem Überstellen eines
Tetanusanfalles keine nachweisbaren, erheblichen Mengen Antitoxine im Blute, weil durch
die schwere Schädigung der affizierten Zelten eine vermehrte Sekretion der Rezeptoren
ausgeschlossen ist.
Wenn aber diejenigen Seitenketten, welche die haptophore Toxingruppe binden,,
nur in den lebenswichtigsten Organen vorhanden sind, und wenn die toxophore Gruppe
leicht und intensiv die betreffenden Zellen schädigen kann, dann werden solche
Zellen nur schwer ihre Rezeptoren ersetzen, bzw. wenig oder gar nicht
im Überschuß produzieren. Das wäre jedoch bei Malaria der Fall, wo
das Toxin auf die Blutzellen und die hämopo etischen Organe ev. inkl.
Endothelzellen einwirkt. Somit wäre der Mangel an Bildung von Antitoxinen
bei Malaria erklärlich.
Malariatoxoide! Nun zeigt die Seitenkettenlehre, daß ziu' Erzeugung
eines Antitoxins die haptophore Gruppe auch allein genügt. Man weiß, daß durch
Erwärmen mancher Gifte z. B. des Diphteriegiftes ungiftige Modifikationen, sog.
Toxoide entstehen können, die mit den eigentlichen Toxinen die haptophore Gruppe
gemeinsam haben. Man kann mit solchen Toxoiden Antitoxine erzeugen, ohne daß
die toxophore Gruppe ihre schädliche Wirkung zu entfalten braucht.
Leider besteht bis jetzt wenig Aussicht, auch Malariatoxoide zu erzeugen, die
zur Antitoxinbildung anregen.
Erwärmen des Malariavirus tötet die Parasiten sofort und ebenso Zusatz medika-
mentöser Mittel wie Chinin und seiner Surrogate. Euge berichtet zwar bei Methylen-
blautherapie eine weitere Entwicklung von Quartanparasiten bis zur Sporulation nicht
gesehen zu haben. Indeß haben diese Befunde noch keine weitere Bestätigung gefunden.
Andere Mittel, welche das Wachstum der Malariaparasiten verlangsamen könnten, haben
wir aber außer dem Chinin noch nicht. Wenn man unter bestimmten Bedingungen kleine
Dosen Chinin gibt und die Parasiten also nur abschwächt, nicht tötet, könnte man vom
Standpunkte der Seitenkettentheorie aus allerdings hoffen, Toxoide und damit auch Anti-
toxinbildung zu erzielen. Kleine Chinindosen würden demnach mehr indirekt durch Anti-
toxinbildung wirken als direkt auf die Parasiten. Indeß können auf geschwächte Schi-
zonten, Abkömmlinge von Gameten, auch kleinere Chinindosen direkt wirken, ohne daß
wir nötig hätten eine Antitoxinbildung anzunehmen.
Diese Art der Betrachtung würde auch erklären, warum bei Perniciosa, da die
toxophore Gruppe der Toxine die Rezeptoren erzeugenden Zellen zu intensiv vernichtet,
eine Antitoxinbildung nicht zustande kommen kann, wenigstens nicht bei Neuerkrankungen ;
bei Rezidiven erst dann, wenn es zu den langsamer sich entwickelnden Gameten kommt.
Bei Tertiana liegen die Verhältnisse annähernd ebenso. Wir würden nun aber auch ver-
stehen, warum speziell bei Quartana, wo der Parasit sich langsam entwickelt, ohne morpho-
logisch wahrnehmbare, toxische Einflüsse auf die infizierten roten Blutkörper zu üben,
eine gewisse Antitoxinbildung schließlich spontan auftritt. So können wir es auch er-
klären, daß gerade bei Quartana Wochen hindurch die Schizonten ihre Entwicklung
durchmachen können, ohne eine Spur von Fieber zu erzeugen.
In Summa, bei der Malaria kommt es, wenn überhaupt, nur allmählich und
unter gewissen Voraussetzungen zu einer mehr oder weniger ausgesprochenen Anti-
toxinbildung oder Giftimmunität. Das Eintreten derselben Avird, wie Firket mit
Recht hervorhebt, durch Schädlichkeiten des Klimas, Mangel an Komfort usw. ver-
zögert. Einige Versuche, die ev. Antitoxinbildung bei Malariainfizierten dadurch za
448 i^i"- Hans Ziemann.
steigern, daß sie mit Stoffen behandelt wurden, welche die Sekretion der Körper-
teilen steigern können, z. B. mit Pilocarpin, bheben völlig erfolglos.
Erst wenn es zur Malaria-Griftimmunität gekommen, kann es, wie sich bei den
Negern zeigte, später allmählich auch zu mehr oder weniger ausgesprochener
Parasitenimmunität kommen.
Daß das Überstehen einer bestimmten Malariainfektion weder absolute noch
relative Gift- und Parasitenimmunität gegen eine andere Malariainfektion verleiht,
ist eine allen Praktikern schon längst bekannte Tatsache. Der an Perniciosakachexie
Leidende kann daher sowohl an Tertiana wie Quartana neu erkranken und Yice
versa mit derselben Heftigkeit der Symptome wie bei jeder gewöhnlichen Neu-
erkrankung. Nach unseren Darlegungen über die Beziehungen der Malaria zur
Seitenkettentheorie erscheint das auch durchaus verständlich.
Parasitolvsine. Außer den Antitoxinen werden nun nach der modernen
Serumforschung bei erworbener Immunität auch Stoffe produziert, welche nicht die
Toxine, sondern die toxinbildenden Elemente selber angreifen und somit bei bakte-
riellen Krankheiten zu einem Absterben der Bakterien führen, die sog. spezifischen
Bakteriolysine (R. Pfeiffer).
Man findet die Bakteriolysine z. B. im Blute von Menschen, welche eine natürliche
oder künstliche Cholerainfektion durchgemacht haben. Vermischt man das Serum der-
selben mit den betr. Choleravibrionen und spritzt die Mischung einem Versuchstier in die
Bauchhöhle, so quellen die Choleravibrionen bald auf und sind nach etwa 20 Minuten in
Jileine Kügelchen zerfallen und bald darauf ganz aufgelöst. Das Tier aber bleibt am
Leben. Spritzt man dagegen die Choleravibrionen ohne Serum ein, so geht das Tier
ein. Auch wenn man ein Tier gegen Cholera hoch immunisiert hat, werden die allein in
die Bauchhöhle eingeführten Choleravibrionen aufgelöst. Erwärmt man auf 5Ü — 60*^, so
verliert das Serum auch außerhalb des Körpers seine bakteriziden Eigenschaften, um
dieselben im ßeagenzglase bei Zusatz von etwas normalem Ziegen- oder Meerschweinchen-
serum wieder zu gewinnen (ßeaktivierung des Serums). Es sind also in dem Bakterio-
lysin zwei Substanzen enthalten, eine, welche bei 60 ^ haltbar ist, und welche spezifisch
schä-tzend wirkt, der Immunkörper Ehelich's, und eine labile, beim Erhitzen verloren-
gehende, das Komplement Ehelich's (oder Alexin Buchner's). ISTur die Komplemente
wirken bakterizid. Dieselben verringern sich durch schädigende Einflüsse wie Krankheit,
Hunger etc. Der Immunkörper hat nur die Verbindung zwischen dem Komplement und
der betreffenden Bakterienart herzustellen.
Können wir nun analog auch von Malaria-Par asitoly sin e n sprechen? Es
ist dabei gleich von vornherein daran zu erinnern, daß gerade bei Malaria die hämopoeti-
schen Organe, welche sonst die Bildung der Immunkörper Ehelich's bedingen sollen, eine
tiefe Schädigung erleiden, also schon a priori zur Produktion von spezifischen Malaria-
Immunkörpern wenig geeignet erscheinen.
Die nötigen Komplemente sind ja in jedem Serum vorhanden. Indeß auch
"folgendes Experiment spricht gegen Bildung von spezifischen Malariaparasitolysineu.
1. Versuch. Das Serum eines seit 3 Tagen von Perniciosa spontan geheilten Neger-
knaben, in dessen Blut noch pigmenthaltige Leukocyten gefunden wurden, wurde versetzt
mit dem defibrinierten Blute eines an Perniciosa neu erkrankten, noch nicht chininisierten
Eluropäers im Verhältnis von 4:1, 4:2, 4:4, 4 : 6, 4: 8, 2:4, 2 : 6, 2 : 8. Das betreffende
Europäer-Blut enthielt sehr reichliche Mengen kleiner ringförmiger Perniciosaparasiten.
2. Versuch. Das Serum eines erwachsenen Negers, welcher schon 1900 auf künst-
liche Impfung mit 2 ccm Perniciosablut nicht reagiert hatte, auch keine Parasiten bei
wiederholter Untersuchung im lebenden Blut gezeigt hatte, wurde in denselben Verhält-
nissen mit Malariablut von einem Perniciosa-kranken Europäer versetzt. Da in Duala nur
Perniciosa vorkommt, hatte der immune Neger, wenn er überhaupt je malariakrank ge-
wesen war, Perniciosainfektion g-ehabt. Naturgemäß wird man bei solchen Versuchen
Malaria. 449
um Fehlerquellen zu vermeiden, nur das Blut von Personen verwenden, die an gleichen
Infektionen gelitten hatten, bzw. noch leiden.
3. Versuch. Isotonische 0,9 "/o i^ß Kochsalzlösung v/urde in denselben Verhältnissen
mit dem Perniciosablute des Europäers gemischt.
Die Versuche fanden statt im hängenden Tropfen, mit Abschluß der Luft durch
Vaseline, allerdings, da der Brutapparat nicht funktionierte, nur bei 25 — 28 ° C Zimmer-
temperatur. Dieselben wurden absichtlich nur 6 Stunden fortgesetzt, um bei dem
Mangel von Körperbluttemperatur Fehlerquellen auszuschließen.
Von einer spezifischen, parasitolytischen "Wirkung der zwei Negerimmunsera
auf die Parasiten des Europäers war im RoMAiJOWSKY'schen Präparat jedenfalls
nichts zu sehen, ebensowenig von einer Wirkung der isotonischen Kochsalzlösung.
Natürlich miißten solche Versuche noch wiederholt werden, besonders bei Tertiana,
um die Wirkung eines sog. Immunserums auf die freien, also am leichtesten zu
beeinflussenden Stadien der Parasiten, Merozoiten und Sporulationsformen , zu
beobachten.
Celli stellte ähnliche Experimente an. Er impfte einer Versuchsperson Tertiana-
blut ein, derselben Person aber auch 135 ccm Blutserum von Malarikern, welches
während der fieberfreien Pause gewonnen war und zwar vor und nach der Malariaimpfung.
Trotz der Serumeinspritzung brach die künstliche Infektion 11 Tage nach der Malaria-
impfung aus. Auch das Blutserum von geheilten Malarikern vermochte bei experimen-
teller Malariaimpfung nicht gegen die künstliche Infektion zu schützen, obgleich innerhalb
von 27 Tagen 150 ccm des betr. Serums eingespritzt worden waren. Ebenso führten
Versuche mit prophylaktischer Einspritzung von Blutserum, Saft aus Milz, Knochenmark,
Lymphdrüsen, Pankreas und Gehirn malariaimmuner ßinder, die bei künstlich mit Malaria-
blut geimpften Personen gemacht wurden, zu keinem Resultat.
Trotzdem können wir annehmen, daß während der Malariainfektion parasiticide
Stoffe auftreten, welche ein Absterben der zu reichlich entstehenden Malariaparasiten
bedingen. Sonst müßte ja jede einfache Infektion zu einer ungeheuren Vermehrung
der Parasiten führen.
Erinnern wir uns, daß auch viele Bakterien, nicht nur im Tierkörper, son-
dern auch in der Kultur, Enzyme ausscheiden können, welche bei hinreichender
Konzentration die betreffenden Bakterien lösen bzw. schädigen können (Dieudonne).
Iq der Tat sieht man zuweilen auch junge Schizonten, die scheinbar noch keine
Verschlechterung des Nährbodens in ihrer WirtszeUe bedingt haben, und die doch
schon eine Degeneration zeigen. Solche sog. Fieberformen zeigen auffällig schwache
Färbbarkeit und Entwicklung des Plasmas und Chromatins. Nach Schaudikn ge-
hören dazu ev. auch die jungen Parasiten mit mehreren Chromatiobrocken , die
sich von dem ursprünglichen Chromatinkern abgebröckelt haben. Ich hatte schon
früher erwähnt, daß sich diese Formen einige Stunden nach ihrem ersten Auf-
treten nicht mehr nachweisen lassen. Vielleicht haben war also auch bei der
Malaria parasitolytische Enzyme anzunehmen. Eine weitere Erörterung dieses
schwierigen Kapitels würde über den mir zugemessenen Rahmen hinausgehen.
Es erübrigt daher auch eine Besprechung der sogenannten „Aggressine".
Im übrigen kann, unabhängig von den obigen rein theoretischen Erörterungen die
Abschwächung der Malariainfektion nach einer Eeihe von Malariaanfällen einfach erklärt
werden durch Erschöpfung des geeigneten Nährbodens, welche es nicht mehr zur aus-
schließlichen Bildung von Schizonten kommen läßt. Von einer eintretenden eigentlichen
Immunität kann man schon aus dem Grunde nicht sprechen, weil jeder Zeit bei Ver-
minderung der Widerstandsfähigkeit des Organismus sich virulente Schizonten aus den
Gameten entwickeln können.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 29
450 Dr- Hans Ziemann.
Literatur über Malaria der Eingeborenen und Immunität.
1902 Aschoff, L., Ehklich's Seitenkettentheorie und ihre Anwendung auf die künstlichen
Immunisierungsprozesse. Zeitschr. für allgemeine Physiologie. Bd. I.
1900 Celli, A., Über Immunität gegen ilalariainfektion. Centralbl. f. ßakt. Bd. 24.
Nr. 3. p. 107—110.
1901 Derselbe. Nochmals über Immunität gegen Malariainfektion. Centralbl. f. Bakt. etc.
p. 300 ff.
1900 Cbistophers, S. R. and Stephens, J. W., The Natives as the Prime Agent in the
Malarial Infection of Europeans. Further Reports to the Malaria Committee.
1903 Dieudonn:^, Immunität, Schutzimpfung und Serumtherapie. 3. umgearb. Aufl.
Leipzig. J. A. Barth.
1900 FiRKET, Ch., L'immunite dans la lutte contre la Malaria. Bulletin de l'Academie
royale de medicine. Juin. Beige.
1900 Glogner, Max. Über Immunität gegen Malaria. Sonderabdruck a. d. Archiv für
pathologische Anatomie und Physiologie etc. 162. Bd.
1905 Mayer, M., Experimentelle Beiträge zur Trypanosomeninfektion. Zeitschr. f. experi-
mentelle Pathologie und Therapie.
1902 Metschnikoff, Elias, Immunität bei Infektionskrankheiten. Jena bei Gustav Fischer.
1902 Panse, O., Die Malaria unter den Eingeborenen in Tanga. Arch. f. Schiffs- und
Tropenhyg. Nr. 12.
1902 Plehn, Dr. A., Die Malaria der afrikanischen Negerbevölkerung, besonders mit Be-
zug auf die Immunitätsfrage. Jena. Gustav Fischer.
1903 Derselbe, Die akuten Infektionskrankheiten bei den Negern der äquatorialen Küsten
Westafrikas. Eine vergl. Studie. Virch. Arch. Bd. 174. Supplem.
1906 Derselbe, Über Malaria-Immunität. Arch. f Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 10. Nr. 2.
1904 Römer, P., Die EnRLiCH'sche Seitenkettentheorie und ihre Bedeutung für die medi-
zinischen Wissenschaften. Wien.
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1898 Smith, Fred., Malaria; immunity : abscence of negro immunity; etc., Brit. med.
Journ. Dec. 17. p. 1807.
1900'^TEPHENS, J. W. W. and Christophers, S. R., The Malarial Infection of Native
Children. Royal Society. Reports to the Malaria Committee. Third Series.
1903 Steuber. Malariaimmunität und Kindersterblichkeit bei den Eingeborenen in Deutsch-
üstafrika. Deutsch, med. Wochenschr. Nr. 4.
1903 Derselbe. Über Krankheiten der Eingeborenen in Deutsch-Ostafrika. Arch. f. Schiffs-
und Tropenhyg. Bd. 7. Nr. 2. p. 57.
1905 Strachan, H., AUeged Negro immunity to Malaria. Brit. med. Journ. 18. March.
1905 Sykes, W., Negro Immunity and Yellow Fever. Brit. med. Journ. 18. March.
Takasu, K., Blutuntersuchungen bei den japanischen Kindern. Arch. f. Kinderheil-
kunde. Bd. 39. H. 4—6.
1904 TuRRO, R., Beiträge zum Studium der natürlichen Immunität. II. Centralblatt f.
Bakt. Originale. Bd. 36. Nr. 1. p. 103—105.
1904 Wellman, Ceeighton, Infezione di protozoi e entozoi nei nativi di Benguella e
Angola neir Africa Occidentale. Referat aus Annali di medicine navale.
1903 Zangger, H., Deutungsversuch der Eigenschaften und Wirkungsweise der Immun-
körper. Centralbl. f. Bakt. Bd. 34. Nr. 5. p. 428.
Änderungen im physiologischen Verhalten des Europäers in den
Tropen (Akklimatisation).
Die Akklimatisation der Europäer in den Tropen scheiterte in erster Linie
bisher meist an den Folgen der Malaria. Indeß auch unabhängig von der Malaria
sind durch das Tropenklima einige Änderungen im physiologischen Verhalten des
Malaria. 451
Europäers bedingt, welche für sich zu betrachten sind. Wir verdanken darüber
F. Plehn, Eykman, van dek Burg, Däubler, Glogner und Anderen besondere
Untersuchungen.
Die Temperatur des Neuankömmlings in den Tropen steigt anfangs um
einige Zehntel Grade, um bei normalem Verhalten bald wieder zur Norm zurück-
zukehren. Die Temperatur der Haut hängt sehr von dem Feuchtigkeitsgehalt
der Luft ab und dem dadurch bedingten Abkühlungskoeffizienten. Infolge der
konstanten Schweißentwicklung wird die Haut in den Tropen außerordentlich
empfindlich. Insbesondere beobachtet man dieses in der heißen Zeit bei Neuan-
kömmlingen, wenn nicht für genügenden Schutz des Ijeibes gesorgt wird. Profuse
Diarrhöen, welche auf vasomotorische Einflüsse zurückzuführen sind, sind fast die
momentane Folge einer plötzlichen Abkühlung, besonders beim Übergange von der
Trocken- zur Regenzeit. Das Tragen einer Leibbinde ist daher für empfindliche
Personen auf das dringendste zu empfehlen und in der Kaiserlichen Marine in
den Tropen allgemein üblich. Bei den Eingeborenen liegen dieselben Temperatur-
verhältnisse vor, wie bei den Europäern in Europa.
Puls. In Übereinstimmung mit der anfangs erhöhten Temperatur nimmt
auch die Zahl der Pulsschläge anfangs etwas zu, um beim akklimatisierten Europäer
wieder zur Norm zurückzukehren. Ein ähnliches Verhalten trifft zu bei der Atmung,
Die Schweiß Sekretion ist bei den Europäern ebenfalls, besonders im An-
fange, vermehrt, nimmt aber bei längerem Tropenaufenthalt allmählich wieder ab. Es
kommen dabei sehr starke individuelle Schwankungen vor. Auch die Nahrung,
Menge und Zahl der Getränke spielen dabei eine Rolle. Insbesondere reichlicher
Biergenuß bedingt sehr profusen Schweiß,
Der Harn ist, trotzdem infolge des größeren Durstgefühls mehr Flüssigkeit
aufgenommen wird, als in gemäßigten Breiten, nicht vermehrt, häufig sogar infolge
des profusen Schweißes konzentriert. Die übrigen Körpersäfte, wie Magen- und
Darmsaft, Speichel sind infolge des größeren "Wasserverlustes durch die Haut eben-
falls verringert. Es kommt daher zur Eindickung des Darminhaltes, infolgedessen
auch leicht zur Darmerschlaffung. Instinktiv sucht der Tropenbewohner durch Ge-
nuß pikanter Speisen und Gewürze (Curry, spanischen Pfeffer, Chutney usw.) den
trägen Magendarmtraktus anzuregen.
Herz. Der linke Ventrikel soll nach Martin infolge der vermehrten
Tätigkeit hypertrophisch werden können. Die Bewältigung der vermehrten Flüssig-
keitszufuhr kann in der Tat vielfach zu Herzhypertrophie verschiedenenGrades führen.
Die Leber ist nach einigen Autoren meist etwas hyperämisch und vergrößert.
Auch soll die Gallen sekretion anfangs zunehmen können. Ich habe mich bisher
davon in FäUen, die zweifellos nicht durch Malaria kompliziert waren und wo es
sich um völlig gesunde, normal lebende Individuen handelte, nicht überzeugen
können. Der leider noch vielfach verbreitete Alkoholismus dürfte manchen Fall von
sog. Tropenleber erklären.
Die Pubertät und Menstruation soll bei Europäern in den Tropen
früher eintreten als in der Heimat. Das Beobachtungsmaterial darüber ist im
tropischen Afrika gering, da die dort geborenen Kinder meist zeitig zur Erziehung
in die gemäßigten Breiten geschickt werden. Daß bei den romanischen Rassen
Pubertät und Menstruation früher eintritt wie bei den germanischen, ist ja be-
kannt. Das relativ häufige Vorkommen von Menstruationsstörungen haben wir
bereits erörtert,
Stoffwechsel. Derselbe ist bei normalen Verhältnissen, d. h. bei zweck-
entsprechender Ernährung, und bei nicht anstrengender, körperlich und geistig ge-
regelter Tätigkeit Avie in den gemäßigten Breiten. Infolgedessen braucht auch das
29*
452 Dr. Hans Ziemann.
Körpergewicht durchaus keine Verminderung zu erfahren. Ich sah im Gegen-
teil bei gut ernährten Kriegsschiffmatrosen, bei denen Malariaeinflüsse ausgeschlossen
waren, trotz recht anstrengenden körperlichen Dienstes in der überwiegenden
Mehrzahl eine Zunahme des Körpergewichtes. Vgl. bez. dieses Kapitels besonders
die ausgezeichnete Arbeit von Ranke.
In ganz auiäerordentlicher Weise wirkt das Tropenkhma auf das
Nervensystem bei hereditär Belasteten und manchmal auch bei bisher völlig
gesunden Personen. Es kommt infolge der vielen ungewohnten neuen Eindrücke, un-
gewohnter Nahrung, häufig auch Alkohoiismus und Schlaflosigkeit, bedingt durch die
eigentümlichen G-eräusche der tropischen Nacht, durch die furchtbaren Gewitter, oft
zu schwerer Neurasthenie mit allen ihren üblen Folgen. Die Konzentration des Willens,
die Lust zur Arbeit schwindet, und zügellos gibt der Tropenneurastheniker sich den
Wallungen seiner momentanen Stimmung hin. Es kommt dann zu jenen Äußerungen
des sog. Tropenkollers, dem der Europäer erschreckt und verständnislos gegenübersteht.
Tropische Anämie.
Eine besondere Besprechung erfordert die Frage der sog. tropischen Anämie.
Es galt früher als Tatsache, daß fast sämtliche weiße Bewohner der Tropen, auch in
naalariafreier Gegend, vielfach eine gewisse Blässe des Gesichtes zeigen, welche
verschiedene Grade aufweisen kann. Nach F. Plehn ist diese Blässe des Gesichts
darauf zurückzuführen, daß der Europäer sich ängstlich gegen die Strahlen
der tropischen Sonne zu schützen sucht, von denen er weiß, daß sie bei latenter
Malaria leicht einen Fieberausbruch auslösen können. Er macht auch darauf
aufmerksam, daß gesunde Europäer, die sich viel der Sonne aussetzen, genau
so gebräunt sein können, wie in den gemäßigten Breiten. Kohlbkugge erklärt diese
Blässe dadurch, daß infolge der großen Feuchtigkeit der Luft und Haut die Epidermis
in einen Zustand der Schwellung geriete, welcher sie weniger durchsichtig mache.
Daher könnten die Blutgefäße nicht so deutlich hervortreten und würden unsicht-
bar. Nach VAN dek Scheek liegt der Grund in der ungleichen Verteilung
des Blutes im Körper, indem sich dasselbe hauptsächlich in den inneren Organen
anstaute, wodurch eine Anämie der Haut entstände! Wahrscheinlich können in
wechselndem Grade alle erwähnten Erklärungen kombiniert für manche Fälle zu-
treffen. Ganz zweifellos sind manche Fälle, welche als sog. Tropenanämien be-
zeichnet wurden, auch auf die Wirkung von bis dahin noch nicht diagnostizierten
und schleichend verlaufenden Infektionen durch Trypanosomen, Ankylostomum,
LEiSHMAN'sche Körper, Darmamöben, Dysenteriebazillen etc. zurückzuführen.
Von F. Plehn, Glogner, Eijkman, van der Scheer, Hammerschlag fanden
auch Untersuchungen statt über das ev. Zustandekommen einer wirklichen, tropi-
schen Anämie, unabhängig von der Malaria. Es ergab sich dabei, daß das
Blut des gesunden Europäers in den Tropen genau dieselben Ver-
hältnisse bez. des Hämoglobingehaltes, der Zahl der roten Blut-
körper, des spezifischen Gewichts usw. aufweist, wie in der Heimat.
Verf. konnte das durchaus bestätigen. Speziell war auch bei wirklich ge-
sunden Chinin-Prophylaktikern in Kamerun keine Spur einer äußerlich wahrnehm-
baren Tropen-Anämie festzustellen.
Es ist heutigen Tages gar keine Frage mehr, daß die weiße Rasse, wo
ihr dieBesiegungder Malaria gelingt, und wo sie sich frei hält von
Vermischung mit den minderwertigen farbigen Rassen, Akklimati-
sation in den Tropen erreichen kann. Nur tropische Tiefländer
mit hoher Feuchtigkeit der Luft und sehr geringen monatlichen
Malaria. 453
und täglichen Schwankungen der Temperatur müßten ausge-
schlossen sein.
Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, daß nach den
Ergebnissen der NANSEN'schen Nordpol-Expedition bei guter Verpflegung etc. auch ein
Einfluß der Polarregionen auf die Blutmischung nicht vorhanden ist.
Eine neue Anregung gaben für die Frage der Tropenanämie die geistvollen
Untersuchungen A. Plehn's. Derselbe fand bei Neuankommenden bald nach Ankunft
in Kamerun eine Verarmung des Blutes an roten Blutkörpern und besonders an
Hämoglobin, oft lange, ehe die ersten FieberanfäUe erfolgten (dies trotz einer
ötägigen Chinin-Prophylaxe ä 0,5 gr).
Plehn brachte in ätiologische Beziehung zu dieser eintretenden Anämie
gewisse feine Pünktchen oder mehr oder weniger zahlreiche größere Fleckchen
innerhalb der roten Blutkörper, die bei 8 — 12 stündiger Färbung mit EHRLiCH'scher
saurer Hämatoxylinalauneosinlösung tiefblau erschienen. Bei guter Präparation er-
scheinen die Flecke kreisrund.
Sehr häufig sind zwei, selten einige mehr, dicht aneinandergefügt, so daß Semmel-
formen oder kurze Ketten entatehen wie bei Diplokokken.
Der Durchmesser beträgt bis etwa ^2 ;"• Unter gewissen Umständen kommen sie
einzeln in den roten Blutkörpern vor, meist bis zu 20.
In polychromatophilen roten ßlutkörpern findet man sie nach A. Plehn seltener.
Die Körnchen wachsen im großen und ganzen, bis das erste Malariafieber eintritt, und es
pflegen die groben Körnchen nach Ablauf desselben beträchtlich verringert zu sein, ja
vielfach ganz zu fehlen, um dann bis zum nächsten Fieber wieder aufs neue anzuwachsen.
Wenn die akute Malaria nicht mit Chinin behandelt wird, und das Fieber eine Reihe
von Tagen dauert, so können die Körnchen fast ganz verschwinden, da mit ihnen auch
die dem Untergange geweihten roten Blutkörper als Wirte zugrunde gehen. Ahnliche,
wenn auch viel schwächer ausgebildete Formen fand er auch in dem Blute von Be-
wohnern der fieberverrufenen Römischen Campagna. A. Plehn ist geneigt, in diesen
Körnchen die Keime der Malariaparasiten, die sogenannten Grundformen zu erblicken.
Dieselben können seiner Beobachtung nach auch zu den Ringformen der Malariaparasiten
auswachsen.
A.PLEHN'skaryochromatophileKörner sind sicherlich größten-
teils identisch mit der schon erwähnten basophilen Körnung. Ich
habe dieselbe bei Leuten, welche bei strenger Chininprophylaxe
malariafrei blieben, vermißt.
Die von A. Plehn aufgedeckte diagnostische Bedeutung dieser
Körnchen für das Latenzstadium der Malaria bleibt also trotzdem
bestehen.
P. Fleischmann zeigte noch neuerdings in der Med. Klinik 1905, Nr. 11 („über
gewisse bei vitaler Färbung auftretende basophile Körnchen in den roten Blutkörperchen"),
daß die roten Blutkörper bei verschiedener Behandlung sich färberisch sehr verschieden
verhalten können, indem bei gewissen Färbungen basophile Körner auftreten, bei anderen
nicht. Organismen, die man als Parasiten bezeichnen kann, müßten außerdem bei
RoMANOWSKYfärbung ein rotes Chromatinkorn und blaues Plasma aufweisen, was bei den
PLEHN'schen Körnern nicht der Fall war. Allerdings fand ich bei der tropischen Piro-
plasmose im Blute von Rindern, Schafen und Ziegen, einmal auch in 1 Falle von un-
regelmäßigem Fieber beim Europäer, bei dem Chinin gänzlich wirkungslos blieb, junge
endoglobuläre Formen, bei denen eine färberische Trennung des Chromatins und des
Plasmas ebenfalls nicht möglich war. Dieselben erscheinen bei RoMANOWSKyfärbung blau-
rötlich.
454 Dr. Hans Ziemann.
Literatur über Akklimatisation und Tropenanämie.
(Weitere Literatur vgl. bei F. Plehn, Die Kamerunküste und C. Däubleb, Tropenhygiene.)
1899 Beyptjss, G-., Tropen-Malaria und Akklimatisation. Virch. Arch. CLV. H. 2. p. 322.
1892 Glogneb, Blutuntersuchungen in den Tropen. Virch. Arch. CXXVIII. p. 160.
1905 Glogner, Über den Eintritt der Menstruation bei Europäerinnen in den Tropen.
Arch. f. Schiffs- und Trop.-Hyg. Bd. 9. Nr. 8.
1899 Plehn, A., Über Tropenanämie und ihre Beziehungen zur latenten und manifesten
Malariainfektion. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 28 — 30.
1901 Derselbe, Weiteres über Malaria-Immunität und Latenzperiode. Gust. Fischer, Jena.
1900 Känke, Dr. Kabl Ernst, Über die Einwirkung des Tropenklimas auf die Ernährung
des Menschen auf Grund von Versuchen im tropischen und subtropischen Süd-
amerika. Hirschwald, Berlin.
1895 VAN der Schbeb, Über tropische Malaria. Aus dem pathol. Institut von Eijkman,
Weltevreden (Batavia). Virch. Arch. Bd. CXXXIX.
1899 ScHELLONG, Akklimatisation in Weyls Handbuch der Hygiene.
Diagnose der Malaria.
Die Diagnose der Malaria stützt sich in erster Linie auf den mikroskopischen
Befund der Malariaparasiten, dann auf den klinischen Befund. Wir werden außerdem
noch einige andere Hilfsmomente, welche die Diagnose unterstützen bzw. sichern
können, kennen lernen.
A) Mikroskopische Diagnose.
a) Durch Fund von Parasiten.
Das Auffinden eines einzigen, wohl charakterisierten und nach der sog.
RoMANOWSKY'schen oder anderen guten Methoden gefärbten Malariaparasiten im
Blute läßt sofort die Malarianatiu" der Krankheit erkennen.
WiLLiAMSON hatte in 94,4% der Blutuntersuchuagen bei Malaria einen positiven
Befund. Auch Bell und Stewabd erwiesen in hunderten von fleißigen Untersuchungen
den großen diagnostischen Wert der ßlutuntersuchungen.
Bei spärlichem Befunde wird man mit Vorteil die schon erwähnten Methoden
von Ross und Rüge anwenden, welche die Untersuchung einer 25 — 30 fach so
großen Blutmenge in einem einzigen Präparat und in derselben Zeit gestatten wie
gewöhnlich.
Bei Quartana und größtenteils auch bei Tertiana sind die Parasiten während
■ der ganzen Entwicklung im peripheren Blute vorhanden. Ist der Befund negativ,
müssen wir bei jeder gemutmaßten Malariainfektion die Untersuchungen in Ab-
ständen von mehreren Stunden wiederholen.
Bei den Perniciosaparasiten kann die mikroskopische Diagnose Schwierigkeiten
machen, da sich ihre Entwicldung noch in weit höherem Maße wie bei den Tertian-
parasiten in inneren Organen abspielt. Besonders im Beginn des Fiebers bei Per-
niciosa und in den ersten Stunden des Fieberaufalls kann der Befund ein völlig
negativer sein. Verf. hat in Kamerun 1895, als ihm die genügende Zeit dazu zur
Verfügung stand, einmal erst im 49. Präparat Perniciosaparasiten gefunden. Wer
keine große Übung hat, oder nicht sofort unzweifelhafte Parasiten, z. B. pigmen-
tierte Schizonten oder Gameten, bemerkt, möge die Blutpräparate unter allen Um-
ständen färben, da die kleinsten Formen der Perniciosa- und Tertianaparasiten, unge-
färbt, auch dem geübtesten Blicke entgehen können. Es ist nur aus prinzipiellen
Malaria. 455
Gründen immer wieder zu fordern, daß jeder Tropenarzt sich gewöhnen muß, das zu
untersuchende Bhit auch im lebenden Präparat zu untersuchen und seine Befunde
dann durch das gefärbte Präparat zu kontrollieren. Dies um so mehr, als, wie wir sahen,
die RoMANOWSKY'sche Färbemethode auch differential-diagnostisch wertvoll ist und
z. B. bei Tertiana und Perniciosa die Tüpfelung der infizierten roten Blutkörper
zeigt, bei Quartana nicht, bei Perniciosa außerdem die Differentialdiagnose der
Schizonten und Gametocyten gestattet. Für Quartana ist auch die von mir be-
schriebene Bandform sehr charakteristisch, ferner der Umstand, daß die endoglobu-
Jären Quartanparasiten die roten Blutkörperchen nicht verändern. Auftreten von
Halbmonden spricht sofort für Perniciosa.
Über die Differentialdiagnose der einzelnen Parasiten, besonders der Jugend-
tormen, vgl. Spezielle Morphologie und Biologie der Malariaparasiten.
Bei der Untersuchung des lebenden Blutes hat man sich wohl vor Verwechs-
lung der sog. Vakuolen der roten Blutzellen mit jungen endoglobulären Parasiten
zu hüten. Bekanntlich können auch die Vakuolen eine gewisse Beweglichkeit zeigen.
Dieselben sitzen aber meist mehr in den zentralen Partien der roten Blutkörper,
während die Malariaparasiten in allen Teilen des letzteren bemerkt werden können.
Die Vakuolen sind im ungefärbten Präparat meist auch stärker hchtbrechend und haben
eine schärfere Kontur wie die Parasiten, meist runde oder' ovale Formen ^^nd lassen
bei verschiedener Einstellung des Objektivs keine kernähnlichen, stärker licht-
brechenden Stellen erkennen, zeigen auch nie Pigment. Die Vakuolen könnten also
überhaupt nur mit unpigmentierten Parasiten im ungefärbten Präparat verwechselt
werden. Auch bleiben die Kontiu-en der Vakuolen bei Gestaltveränderung stets ab-
gerundet und kommt es nicht zu den kleinen mehr oder weniger fingerförmigen
oder auch stumpfhöckrigen amöboiden Ausläufern, wie beim Malariaparasiten.
Bevor die modernen Methoden der Blutuntersuchung etwas mehr Allgemeingut
der Ärzte geworden, sind auch vielfach eosinophile Zellen als Parasiten gedeutet
und die manchmal tanzenden Granulationen derselben als junge Malariaparasiten
beschrieben worden.
Blutplättchen, wenn in Haufen zusammenhegend, haben schon Sporu-
lationskörper im gefärbten RoMANOWSKY-Präparat vorgetäuscht, dies um so mehr,
wenn die einzelnen Blutplättchen bei gewissen Färbungen einen zentralen Teil mit
der charakteristischen Chromatinfärbung und in der Peripherie eine zartblau gefärbte
Zone zeigen. "Wir müssen uns dann daran erinnern, daß die Sporulationskörper
fast stets einen Restkörper mit Pigmentblock haben, und daß das Chromatin der
jungen Merozoiten immer ein kompaktes rundliches oder gestrecktes Aussehen zeigt
und nicht so zerfasert aussieht wie die Blutplättchen.
Die Kerne und die basophilen Granulationen roter Blutzellen
sind ebenfalls bereits mit Parasiten verwechselt worden, insbesondere auch Kern-
fragmente, die sich bei schlecht fixierten Präparaten vom Kerne loslösen.
Junge extraglobuläre Parasiten soll man ungefärbt niemals diagnosti-
zieren wollen. . Dieselben kann man sicher nui' verfolgen, wenn sie als junge Mero-
zoiten aus den reifen Schizonten heraustreten. Die Hämokonien (Blutstäubchen),
feinste, im Blutplasma umherwirbelnde, stark lichtbrechende, mikrokokkusähnliche
Kömchen, die als Zerfallsprodukte von verschiedener Herkunft aufzufassen sind,
können nur Ungeübte irreführen.
Die kleinen halbmondähnlichen, unpignaentierten Gebilde von ^4 — Vs Größe der
echten Perniciosagameten , welche Cornwall in Ostindien bei Individuen mit langan-
dauerndem Fieber, Milztumor und Anämie gefunden, scheinen bisher noch nicht wieder
beobachtet zu sein.
456
Dr. Hans Ziemann.
Aus dem Blutbefunde erfahren wir:
1. daß Malaria vorliegt,
2. welche Art Malaria vorliegt, ob Tertiana, Quartana oder
Perniciosa,
3. ob ein Rückfall oder eine Neuerkrankung vorhanden ist.
Für die Rezidive ist das Auftreten von Gameten charakte-
ristisch.
In nicht sehr seltenen Fällen von Tertiana simplex habe ich übrigens schon bei
Neuerkrankungen Gameten feststellen können. In zweifelhaften Fällen spricht das
gleichzeitige Vorkommen von basophilen Körnern und Polychrom atophilie für das Bestehen
eines Rezidives.
Der Übersicht halber seien in Pig. 49 noch einmal alle diejenigen Elemente
einander gegenübergestellt, welche bei der Blutuntersuchung zu Yerwechselungen
Anlaß geben können.
Fig. 49.
\*
f
Differentialdiagnose zwischen endoglobulären Parasiten (Schizonten) und Gameten
und Kunstprodukten etc.
a normal, r. Blutkörper, b junger Schizont. c reifer Schizont. d Mikrogametocyt.
e (links) Makrogamet, e (rechts) Mikrogametocyt. f Sporulationskörper.
b'b'b' Vakuolen. & Stechapfelform eines r. Blutkörpers mit Vakuolenbildung. d' Pseudo-
flagellen eines absterbenden ßlutkörpers. e' gefaltete rote Blutkörper. /'' Haufen von
Blutplättchen.
Negativer Befund im i)eripheren Blut.
Fast alle Malariaforscher leugnen das Vorhandensein von Malaria, wenn die
sorgfältig angestellten und während der verschiedenen Fieberstadien wiederholten
Untersuchungen negativ blieben. In solchem Falle hat man geraten, die Milz zu
punktieren. Tatsächlich (vgl. Abschnitt über Therapie) hat man im Müzblute bereits
Schizonten und Gameten gefunden, wo die sorgsamste Untersuchung des peripheren
Blutes keine Parasiten ergeben hatte (Schaudinn, Ziemann.) Der auf sich selbst
angewiesene, mit großer Verantwortung belastete Tropenarzt wird nur im äußersten
Notfall und mit größter Vorsicht und peinlicher Asepsis die Punktion mit dünner
Kanüle bei halber Seitenlage des Patienten ausführen. Nach der Punktion wird man
eine Eisblase auf die Milzgegend legen, um Nachblutungen zu vermeiden. Alle
Malaria. 457
Punktionen bei Blutern sind überhaupt kontraindiziert. Oslek sah einen Fall von
innerer Verblutung nach Milzpunktion.
Verf. erlebte einen Fall in Kamerun bei einem englischen Offizier, der bereits
18 Jahre in Indien gelebt hatte, stets etwas blaß war, aber trotz seines erheblichen Milz-
tumors angeblich stets vollkommen gesund v?ar. Derselbe wird des Morgens vor seinem
Bette liegend, mit Schaum vor dem Munde, von epileptiformen Krämpfen geschüttelt,
gefunden. VöUige Bewußtlosigkeit, steigendes Fieber bis 43° C. Aus äußeren Gründen
Milzpunktion nicht möglich, trotzdem 1 '/g g Chinin intramuskulär, nach 2 Stunden, da
Zustand sich nicht bessert, 1 g endovenös. Am Abend Exitus. Hirnkapillaren strotzend
gefüllt mit zerfallenen Teilungsformen der Perniciosaparasiten. In der Milz wenige
Gameten und Schizonten. Gerade in solchem Falle würde eine Milzpunktion durchaus
indiziert gewesen sein. Möglieb, daß auch in diesem Falle, falls der Patient am Leben
geblieben wäre, die Parasiten im peripheren Blute aufgetreten wären.
Bei negativem Befunde, insbesondere wenn schon Chinin ohne genügende
Wirkung gegeben war, kann man versuchen, durch Schwitzbäder, bzw. kalte Duschen
etc. einen Übertritt der Parasiten ins periphere Blut zu erzielen. Höchste Vorsicht
ist dabei nötig {vgl. Therapie).
b) Durch Fund von Pigment. Vgl. auch patholog. Anatomie.
Die Anwesenheit von großen pigmentierten mononukleären Leukocyten
spricht für Malaria. Man findet diese pigmenthaltigen Leukocyten besonders im Fieber-
abfalle. Die pigmenthaltigen Leukocyten können im peripheren Blute äußerst spär-
lich gewesen sein, während sie sich bei der Sektion in der Milz in ungeheuren
Mengen finden.
Die Menge des Pigments im Leukocyten ist verschieden. Oft sind ziemlich reichliche
Pigmentkörnchen von wechselnder Stärke, zuweilen nur wenige Körnchen von beinahe
staubförmiger Beschaffenheit vorhanden.
Vor Verwechslung mit Verunreinigungen oder mit Granulationen der Leuko-
cyten schützt die Untersuchung mit dem Polarisationsapparat, da nach der
schönen Entdeckung vouSchaudinn dasPigment der Malariapara-
siten doppelbrechend ist.
Bei gekreuzten Nicols leuchtet das Pigment prachtvoll aus dem vollkommen
dunklen Leukocytenleibe hervor. Man kann mit dem Zeichenapparat auf diese Weise
reine Pigmentbilder entwerfen, wenn man mit weißer Tusche auf schwarzem Papier
die Konturen der Pigmentkörner nachzieht. Dreht man dann das Prisma, so kann
man in diese Pigmentbilder das Farbenbild eintragen. Natürlich muß man stärkste
künstliche Beleuchtung für das Mikroskop verwenden und selbst im Dunkeln sitzen.
Freies Pigment dürfte im Plasma des Blutes jnik) oskopisch sich nicht diagnostizieren
lassen. (Vgl. über Pigment auch Abschnitt Patholog. Anatomie.)
Es ist außerdem nicht zu vergessen, daß auch bei ßekurrens pigmenthaltige
Leukocyten auftreten. Die Zahl der Leukocyten ist bei RekmTens indeß beträcht-
lich gesteigert und sinkt während der Apyrexie (Laptschinsky).
c) Aus dem Leukocytenbefunde.
In normalem Blute finden sich die Leukocyten durchschnittlich in annähernd
konstanten Verhältnissen.
a) Die polymorphkernigen (polynukleären) Leukocyten betragen 65 — 75 ^/o,
b) Lymphocyten 10 — 25%,
c) großen mononukleären Leukocyten 5 — 10%,
d) eosinophilen Leukocyten 2 — 4%.
458 Dr. Hans Ziemann.
Die Lymphocytea zeigen das am meisten wechselnde numerische Verhalten
unter den Leukocyten entsprechend der Nahrungsaufnahme.
"Während des Malariaanfalles ist, wie wir bereits sahen, die
Zahl der gesamten Leukocyten im peripheren Blute etwas ver-
mindert (Hypoleukocytose) (Hirschfeld).
Dagegen sind die großen mononukleären Leukocyten bei
Malaria relativ vermehrt, so daß sie bis 15 bzw. 20%, ja nach
Stephens bis ev. 40% aller Leukocyten ausmachen. Zeigen sich die-
selben bis auf ungefähr 15°/o der Gresamtzahl der Leukocyten erhöht, so wäre Malaria
■wahrscheinlich. "Vgl. indeß Abschnitt über Leukocyten (Kap. AUgem. Pathologie).
Nur bei Masern und Pocken, die ja leicht von Malaria zu unterscheiden sind, kommt
es ebenfalls zu erheblicher Vermehrung der großen mononukleären Zellen. Bisweilen
findet sich nach Daniels die absolute Vermehrung dieser Leukocyten im peripheren
Blute noch Monate nach einem FieberanfaUe, jedenfalls fast immer noch nach einem
Monate. Chinin übte darauf keinen Einfluß aus. Bei wirklicher Heüung infolge
energischer Chininbehandlung konnte Verf. das nicht bestätigen. Eine sehr erheb-
liche Leukocytose, bis 30000 im cbmm findet sich, nach Manson und Roberts
nur bei Perniciosa mit Grehirnsymptomen.
Bei tiefliegenden Abszessen wie Leberabszeß und Perityphli-
tis kommt es zu einer absoluten Vermehrung der Leukocyten über-
haupt und zu einer relativen Vermehrung der polymorphkernigen
Leukocyten, ebenso bei Pneumonie. In einem Falle von Perityphlitis, wo
erst auf Malaria gefahndet wurde, war die Vermehrung der polymorphkernigen
Leukocyten so ausgesprochen, daß schon deswegen die Diagnose Perityphlitis auf-
recht erhalten wurde.
Es kam zur Operation, welche nach reicher Eiterentleerung und Entfernung des
Wurmfortsatzes schnelle Heilung herbeiführte. Hunt beschreibt einen ähnlichen Fall,
ßelative Vermehrung der eosinophilen Zellen ist für Malaria nicht charakteristisch. Sie
finciet sich nach Hirschfeld zuweilen bei Scarlatina, ferner in den meisten Fällen von
Ankylostomumkrankheit, in Kamerun mehrfach auch bei ßeriberi, ferner bei Filariasis,
Bilharziakrankheit, Trichinosis und besonders bei Piroplasmose der Esel.
Bei dem Zählen der verschiedenen Leukocyten muß man die Ecken der Prä-
parate mit zur Zählung benutzen, da sich in den Ecken die weißen Blutkörperchen
am meisten ansammeln. Am besten bedient man sich besonderer Mischpipetten für
weiße Blutkörper.
d) Durch das angebliche Agglutinationsvermögen des Ma-
lariablutes.
Während bei der akuten Infektion in der ganz überwiegenden Mehrzahl der
FäUe fast stets eine sichere Diagnose durch den Parasitennachweis gelingt, ist dies,
wie wir sahen, im Latenzstadium der Malaria durchaus nicht immer möghch. Es
wäre daher sehr erwünscht, ein sicheres diagnostisches Hilfs-
mittel zur Erkennung der latente nMalariainfektion zu haben. Das
Verhalten der Leukocyten ist für dieselbe, wie wir sahen, doch nicht genügend
charakteristisch.
Lo Monaco und Panichi gaben nun an, daß das Serum von Malariakranken,
mögen sie an Tertiana, Quartana, oder Perniciosa leiden, die roten Blutkörper
anderer Malariker agglutiniert, und ebenso auch die von gesunden Menschen. Dies
Agglutinationsvermögen soUte sich bereits in den letzten Tagen der Inkubation vor
den ersten FieberanfäUen zeigen, um erst mit der völligen Heilung zu verschwinden.
Malaria. 459
Gkixoni kam zu denselben Resultaten, fand aber dasselbe Agglutinationsver-
mögen auch im Blute von Typhuskranken.
Nach AscoLi kann, wie übrigens schon Gkünbaum und Donath nachgewiesen,
auch das Blut von normalen Personen in schwachem Grade agglutinieren und zwar
sowohl die eigenen als auch die roten Blutkörper anderer gesunder Personen. Durch
Untersuchungen von Capograssi wissen wir, daß auch das Serum von Leuten mit
Anämie z. B. infolge von Ankylostomum, Chlorosis, malignen Tumoren, primären
Anämien, Tuberkulose, Syphilis, Purpura haemorrhagica, Nephritis, Enteritis agglu-
tinierende Kraft hat.
Lo Monaco und Panichi fanden später das Agglutinationsvermögen auch im Serum
von Kranken mit Icterus febrilis, Pneumonie, Pleuritis, Endokarditis, Leukämie, Diabetes,
Puerperalfieber und sekundärer Anämie.
Novi und Meeuzzi fanden auch im Blute von hungernden oder ermüdeten Leuten
agglutinierende Eigenschaften. Lo Monaco und Panichi blieben trotzdem bei der Be-
hauptung, daß nur das Serum der Malariker bei einer Verdünnung von 1 : 5 und weniger
mit physiologischer Kochsalzlösung seine spezifische Agglatinationskraft behält, und daß
der Zusatz von Chinin zu dem Malariaserum die Agglutination aufheben würde.
Nach Capograssi Avirkt indessen auch Serum von Nichtmalarikern in dieser
Verdünnung agglutinierend, und ist Chininzusatz nicht imstande, die Agglutination
aufzuheben.
Bisher hat also das angebliche Agglutinationsvermögen des Serum von
Malarikern auf die roten Blutkörper gesunder Menschen noch keine diagnostische
Bedeutung erlangen können. Erwähnt sei noch, daß nach Capograssi die Agglu-
tination (Zusammenklumpung der roten Blutkörper) ganz unabhängig ist von der
Koagulation des Blutes, und auch in defibriniertem Blute und bei roten Blutkörpern,
welche in physiologischer Kochsalzlösung gewaschen sind, erzielt werden kann.
Auch die Versuche Celli's, Casagrandi's und Carducci's, spezifische
Hämolysine zu diagnostischen Zwecken zu finden, blieben bis jetzt ohne prak-
tisches Resultat.
e) durch Agglutination der Malaria-Sporozoiten.
Weniger von praktischem als von wissenschaftlichem Interesse ist bis jetzt
eine Mitteilung von Stephens und Christophers, welche bei Zusatz von normalem
menschlichen Serum in einer Verdünnung von 1 : 5 und bei Zusatz von Serum
eines Malarikers noch in der Verdünnung von 1 : 15 eine Agglutination der aus den
Giftdrüsen des Anopheles stammenden Malariasporozoiten beobachteten. Danach
wirkte also das Serum des Malarikers dreimal so stark agglutinierend auf die Sporo-
zoiten wie das normale. Nachprüfungen scheinen noch nicht gemacht zu sein.
f) durch Auftreten von spezifischen Präzipitinen oder Koa-
gulinen.
Nachdem man gefunden, daß im bakteriziden Immunserum Stoffe auftreten,
welche Niederschläge in der filtrierten Kulturflüssigkeit hervorrufen, und daß z. B.
das Serum eines gegen Typhus immunisierten Tieres im keimfreien Filteat einer
Typhusbouillonkultur einen Niederschlag erzeugen kann, lag es nahe, im angeblichen
Malariaimmunserum nach eben solchen spezifischen, präzipitierenden Stoffen zu suchen.
Dies war tun so mehr gerechtfertigt, als, wie wir eben sahen, die Aggluti-
nation als diagnostisches Mittel für die Malaria keine Verwendung finden konnte.
Ich stellte daher folgenden Versuch an.
460 Dr. Hans Ziemann.
1. Das Serum des Negers, welcher früher auf experimentelle Malariaimpfung nicht
reagiert hatte, und auch bei wiederholten Blutuntersuchungen keine Parasiten gezeigt
hatte (Milzpunktion wurde nicht vorgenommen, da kein Milztumor vorhanden war), wurde
gemischt mit dem Serum eines eben aus Europa kommenden Mannes, der noch kein
Chinin genommen hatte und als malariafrei zu betrachten war und zwar im Verhältnis
von 1:4, 2:4, 3:4, 4:4, 4:3, 4:2, 4:1. Eine Trübung fand nicht statt.
2. Derselbe Versuch fand statt in demselben Mischungsverhältnis mit dem Serum
des scheinbar immunen Negers und dem Serum eines persiciosakranken Negerkindes, eben-
falls ohne Resultat. Indeß sollen die Versuche noch fortgesetzt werden.
g) Basophile Körnung (Körnige Degeneration). Polychroma-
tophilie (Karyochromatophilie).
Aus der Verminderung der roten Blutzellen und dem Auftreten von Makro-
und Mikrocyten usw. kann man keinen Schluß auf das Bestehen von Malaria-
infektion ziehen, da diese Symptome sich auch bei anderen Blutkrankheiten finden.
Dagegen lenkt, wie erwähnt, die basophile Körnung der roten Blutzellen in Malaria-
gegenden bei Patienten, welche schon an Malaria litten, bzw. bei bis dahin angeblich
gesunden den Verdacht auf latente Malaria, ebenso stärkeres Auftreten von Polychro-
matophilie, auch ohne daß Malariaparasiten vorhanden sind. Ich sah die Basophilie
bei solchen Leuten nach energischer Chininisierung stets schwinden, während die
Polychromatophilie sich im Blute noch etwas länger behaupten konnte. Man wird
daher die betreffenden Patienten einer genauen Beobachtung und sorgfältigen Pro-
phylaxe unterwerfen. Bezüglich der Isotonie (Herabsetzung des Gefrierpunktes), Ver-
änderung des spezifischen Gewichtes des Blutes usw. vgl. Allgem. Pathologie der
Malaria.
B) Klinische Diagnose.
Man stellt dieselbe aus dem klinischen Befunde und aus der Art der Chinin-
wiriung. Indeß kann es bei positiver Chininwirkung sich auch um eine andere
Erkrankung gehandelt haben, die eben ganz unabhängig von dem Chinin zur Heilung
gelangte. Umgekehrt kann man. aus der Mchtwirkung von Chinin, falls dasselbe
tagelang hintereinander zur richtigen Zeit in wirksamen Dosen von mindestens 1 g-
und in schweren Fällen von 2 g gegeben wurde, schließen, daß es sich nicht um
Malaria gehandelt hat.
Nach Lavekan ist, wenn nach 4tägiger Chiningabe ä 1,5 — 2,0 das Fieber
nicht gewichen ist, keine Malaria anzunehmen. Diese Angabe trifft für schwere
tropische Fieber nicht ganz zu, wenn es sich um eingewurzelte, schlecht oder gar
nicht behandelte Fälle handelt mit gleichzeitigem Auftreten von Gametocyten.
Wie Sj&GAED aus Madagaskar berichtet, beginnen dort die Malariafälle meistens als
Remittens oder Continua, um in diesem Stadium 6 — 7 Tage zu verharren und dann erst
den Tertiantypus anzunehmen. Das Chinin sollte auf die Anfangsstadien der Malaria-
infektion dort nur geringen Einfluß üben ! Vgl. die früheren Angaben über Kameruner
Perniciosa.
Die klinische Diagnose der typischen, also intermittierend
verlaufenden Tertiana simplex und Quartana bzw. Quartana dupli-
cata dürfte leicht sein, da keine anderen Krankheiten längere Zeit
hindurch einen solchen eigenartigen, intermittierenden Fieber-
typus zeigen, beginnend mit Frost, Hitze und Schweiß. Handelt es
sich um Quotidianfiebertypus, bedingt durch Tertiana duplicata oder Quartana tri-
plicata, können schon eher Verwechslungen mit anderen fieberhaften Erkrankungen
Malaria. 461
vorkommen, wenn keine Blutuntersuchungen vorliegen. Insbesondere pyämische
Prozesse können auch in Vormittags- oder frühen Nachmittagsstunden Fieber ver-
anlassen, also zu Tageszeiten, in denen auch die Malariaanfälle am häufigsten sind.
Irreguläre, ohne Frost beginnende Fieber können bei Leuten vorkommen, die
lange an Tertiana simplex oder Quartana litten und nie ordentlich behandelt sind.
Bei diesen muß der Milztumor und die dann meist bestehende Anämie den Verdacht
auf Malaria lenken.
Milztumor findet sich bei allen ausgesprochenen Fällen von Tertiana oder
Quartana und ist daher ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel, wenn es sich um
Erkrankungen in einer Malariagegend handelt. An und für sich ist Milztumor nicht
für Malaria allein charakteristisch, auch nicht Herj)es.
Schwieriger ist manchmal
die klinische Diagnose der Perniciosa, insbesondere, wenn es sich
um irreguläre Fieber handelt. Die von Makchiafava und Bignami zuerst be-
schriebene Kurve der Tertiana maligna oder estivo-autumnalis kann, wie wir sahen,
zuweilen auch sehr verwischt sein.
Das häufige Fehlen des Froststadiums, die lange Dauer des Fieberaufalls, die
Kürze der Apyrexie, welche manchmal kaum angedeutet ist, der häufiger fehlende
Nachweis eines Milztumor vermehren noch die Schwierigkeiten der klinischen
Diagnose. (Vgl. außerdem die bereits erwähnten Resultate Rüge's, betr. fehlerhafte
Temperaturmessungen.)
Bei Rezidiven kann es indeß auch in Gregenden mit schwerster Perniciosa zu
äußerst regelmäßigen Fiebern mit steilen Kurven kommen, genau wie bei Tertiana
simplex und duplicata.
Die Diagnose der Malariakachexie wird sich auch bei Fehlen von
Parasiten im peripheren Blute stellen lassen bei einem Patienten mit kachektischem
Aussehen, welcher in einer Fiebergegend war und eine ungezählte Menge von
Fiebern hinter sich hat, auch Milz und Lebertumor, sowie die Zeichen der sekun-
dären Anämie aufweist.
Differential diagnose.
Die außerordentliche Mannigfaltigkeit der klinischen Symptome der Malaria,
Avelche fast das ganze Grebiet der inneren Medizin in gewisser Hinsicht umfassen
kann, macht die Difi'erentialdiagnose manchen anderen Krankheiten gegenüber nicht
immer leicht. Dies insbesonders, wenn Parasiten momentan im peripheren Blute
nicht zu entdecken sind, und wir schnell therapeutisch handeln müssen.
Unter den Krankheiten, welche mit Malaria speziell verwechselt werden
können, nenne ich zunächst:
Eiterungsprozesse, bei denen es noch nicht zur Lokalisation gekommen
ist, wie Pyämie, Puerperalfieber, Osteomyelitis, Septikämie, Endokarditis ulcerosa,
Pj^elitis, Paranephritis, Perityphlitis.
Ich habe dieselben in den Tropen bei Europäern genau so beobachtet, wie in Europa.
Alle diese Erkrankungen können zum Teil deutlich intermittierenden Fiebertypus zeigen
mit Frost, Hitze und Schweiß, auch Milztumor aufweisen. Lehrreich war noch kürzlich ein
Fall von akut verlaufender puerperaler Sepsis in Kamerun mit fast völligem Mangel deutlich,
puerperaler Symptome. Das klinische Bild erinnerte außerordentlich an Malaria perniciosa.
Auch Milztumor war vorhanden. Ford operierte sogar einmal eine angebliche Perityphlitis,
die sich nachher als Perniciosa herausstellte und beobachtete noch 4 ähnliche Fälle.
Leberabszeß. Daß Fälle von Leberentzündung bzw. Leberabszeß mit der
falschen Diagnose Malaria in Zugang kommen, ist nicht selten. Verf. erinnert sich
462 Dr. Hans Ziemann.
zweier solcher Fälle, wo die Patienten wochenlang vorher Chinin in größten Mengen
wegen angeblicher Malaria genommen hatten. Sorgfältige Blutkontrolle oder eine
Probepunktion der Leber müssen bei Zeiten die Diagnose sichern, um nicht durch
nutzloses Warten ein Menschenleben zu gefährden. Alle die klassischen Symptome
der Leberentzündung bzw. eines Abszesses können ganz gegen die Angaben der
Lehrbücher auch fehlen. Die Diagnose wird dann noch schwieriger, wenn Misch-
infektion von Leberabszeß mit Malaria vorliegt. Beispiel:
Pflanzer F. aufgenommen 1899 im Kameruner ßegierungshospital, seit über 1 Jahr
in den Tropen, mit denkbar geringem Komfort in ungesunder Pflanzung im Kamerun-
gebirge lebend, hat seit einigen Wochen Diarrhöe, sonst keine Beschwerden. Colon
ascendens etwas verdickt, Leber 2 Finger den Rippenbogen überragend, nicht druck-
empfindlich, leichter Milztumor, grauer fahler Teint. Allgemeinbefinden angeblich aus-
gezeichnet, angeblich starker Appetit (Verlangen nach einem großen Beefsteak). Im Blute
kleine und mittelgroße Perniciosaparasiten. Temperatur 37,8. Am anderen Morgen
plötzlich Exitus durch Herzlähmung. Bei der Sektion ein sehr großer Leberabszeß von
dem Volumen einer großen Sektflasche, mit zottigen Wänden, ausgestopft mit Amoeben.
Im Dickdarm alte, vernarbte und frische Dysenteriegeschwüre.
Meistens wird außerordentliche Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Aufstoßen,
schneller Kräfteverfall, Druckempfindlichkeit und spontane Schmerzhaftigkeit der
Lebergegend, Oberflächlichkeit der Atmung, Schmerzen, ausstrahlend nach den
Schultern, besonders der rechten, vor allem auch das Auftreten pleuritischer Er-
scheinungen an Leberentzündung bzw. Abszeß denken lassen. Wenn auch zweifel-
los bei Leberabszeß die erwähnten Symptome zeitweise nachlassen können, um ver-
stärkt wiederzukehren, ist dieses ev. intermittierende Verhalten doch nie so ausge-
sprochen wie bei den Symptomen der Malaria.
Bei deutlicher Leberentzündung bzw. Abszeß kommt es ferner, wie ich
bisher in allen Fällen gefunden, zu einer im Vergleich mit der Malaria so hoch-
gradigen Leukocytose, Vermehi-ung der polymorphkernigen Leukocyten, daß dies
direkt differentialdiagnostisch zu verwerten ist. (Vgl. Leukocytenbefunde bei Malaria.)
^ Tuberkulose, insbesondere Miliartuberkulose, kann klinisch außerordentlich
an Malaria, insbesondere Perniciosa erinnern.
Verf. verlor einen Kollegen, Regierungsarzt in Kamerun, dessen Miliartuberkulose
anfangs ganz unter dem klinischen Bilde einer schweren Tertiana perniciosa verlief, um
erst einige Tage vor dem Tode gänzlich unregelmäßigen Fiebei-typus anzunehmen. Auch
bestand erheblicher Milztumor, indeß hatte die Blutuntersuchung schon vorher Malaria
ausgeschlossen. Der Gesamthabitus, das Fehlen von Milztumor bei gewöhnlicher Tuber-
kulose, die Wirkungslosigkeit des Chinins, der physikalische Befund über den Lungen
wird Malaria ausschließen. Craig sah bei über 150 kranken amerikanischen Soldaten,
die als angeblich Tuberkulöse und chronisch Dysenteriekranke etc. von den Philippinen
als Invalide zurückgeschickt wurden, als einzige wirkliche Ursache ihrer Erkrankung die
Perniciosa bzAv. Tertiana. Ein äußerst schlagender Beweis für die Wichtigkeit der
Difi'erentialdiagnose.
Pneumonia fibrinosa dürfte wegen des charakteristischen Sputums und
des physikalischen Befundes sich von Malariapneumonien (vgl. diese) unterscheiden
lassen, auch wenn es bei der fibrinösen Pneumonie zu intermittierendem, also
atypischem Fieberverlaufe gekommen ist.
Typhus abdominalis, Paratyphus, Colibacillosen.
Typhus abdominalis kann, wenn der Fall im Stadium der steilen Kurven
in Zugang kommt, an Malaria denken lassen. WiDAL'sche Probe bzw. Benutzung
des FiCKEE'schen Typhusdiagnostikums muß die Diagnose sichern. Das FiCKER'sche
Malaria.
463
Diagnostikum- ist auch in den Tropen brauchbar. Auch mit Mischinfektion ist zu
rechnen. Ygl. den Leukocytenbefund im Abschnitt „Diagnose'".
Bei der Verbreitung, welche noch immer der Begriff des sog. „Malariatyphoids''
hat, sei im folgenden eine tabellarische Zusammenstellung Mannabekg's nach
FiLiPPO Rho für die Differentialdiagnose der beiden Krankheiten Malaria und
Typhus wiedergegeben.
Malaria typhosa.
Beginn häufig intermittierend.
Die Eemissionen sind sehr unregel-
mäßig.
Die Temperatm^ kann schon vom ersten
Tage ab 40^ erreichen.
Kopfschmerz ist im Beginn selten ('? Y.),
hat pulsierenden, neuralgischen Charakter,
und wechselt bez. des Sitzes und der
Intensität.
Auge ist trübe, von Beginn an subikte-
risch.
Gesicht zeigt stuporösen Ausdruck.
Zunge ist trocken, Belag der Zähne soll
wenig hervortreten.
Greruch des Atems ekelerregend !
Delirium kann von Beginn an bestehen
und kehrt, wie die Steigerung der Tempe-
ratur und die entsprechenden Symptome,
sprungweise wieder, kann auch anderen
schweren Symptomen Platz machen.
Bestehen Lungenkongestionen , so
brechen die Symptome plötzlich hervor;
die Lungenherde wecriseln den Platz, be-
treffen bald den einen, bald den anderen
Lappen. Sie können vergehen und in ver-
änderter Intensität wiederkehren. Dys-
pnoe sehr deuthch.
Meist Unruhe.
Meteorismus, Ileocöcalgurren können
anfallsweise kommen. Diarrhöen sind ge-
ring oder fehlen, haben auch (meist) nicht
denselben Charakter wie jene des Typhus.
Leberanschoppung ist häufig ; deutlich
subikterisches Kolorit, oft leichter Ikterus.
Hat keinen bestimmten Pieberverlauf.
Die Krankheit ist eine ländliche, fällt
zusammen mit Malariaendemie, hat meist
nicht epidemischen Charakter.
Ileotyphus.
Beginn remittierend.
Die Remissionen regelmäßig morgenö";
die Temperatur steigt abends gewöhnlich
um 2 ^ an, fällt am nächsten Morgen um
1^ ab usw.
Die Temperatur erreicht 40*^ erst am
3. bis 4. Tage.
Kopfschmerzen bestehen von Beginn
an dauernd in der Stirne, und sind von
drückendem Charakter.
Auge im ersten Stadium glänzend.
Dieselben Symptome stark entwickelt.
Geruch des Atems nach Mäusenestern.
Das Delirium tritt erst bei vorge-
schrittener Krankheit hervor, ist anhaltend
und wechselt nur an Intensität.
Lungenkongestionen entwickeln sich
langsam, sind stets hypostatisch (hinten
unten), Dyspnoe weniger stark und später
erscheinend, mehr von den abdominalen
Yerhältnissen (Meteorismus usw.) ab-
hängig.
Schlaffheit, Prostration, Stupor vor-
wiegend.
Meteorismus, Gurren, Diarrhöe ent-
stehen langsam und entwickeln sich zu
hohen Graden.
Leberanschoppung weniger deuthch,
kein Ikterus.
Besitzt (meist) einen charakteristischen
Fieberverlauf.
Die Krankheit ist häufig epidemisch,
meist in Städten vorkommend.
464 Dr. Hans Ziemänn.
Maltafieber, welches zweifellos einen viel größeren Verbreitungsbezirk hat,
als früher angenommen wurde, und welches Verf. auch in Kamerun gefunden hat,
wird ohne eine Blutuntersuchung häufig mit Malaria verwechselt werden, um so
mehr, als es dabei auch zu Milztumor kommen kann. Bez. Serumreaktion auf den
Bacillus rnelitensis vgl, Bd. II. Zu der Kategorie der Maltafieber sind wahrscheinlich
auch Krankheitsbilder zu rechnen, Avie sie von Teiantapyllides und anderen
beschrieben sind.
Rousseau beobachtete in China eine Epidemie, die anfangs an Malaria erinnerte,
ausgezeichnet durch lange Dauer des Fiebers, fast vollkommnes Fehlen aller sonstigen
Malariasymptome, Mißverhältnis zwischen Puls und Temperatur, indem der Puls kräftig blieb
und nicht über 70 hinausging, sogar nicht über 80, wenn die Temperatur 39,5 betrug,
ferner ausgezeichnet durch seine Gutartigkeit und seine Widerstandsfähigkeit gegen Chinin.
Mit der Malaria zusammengeworfen sind auch noch vielfach eine Anzahl von
Fiebern, welche in verschiedenen tropischen Gregenden bestimmte Namen erhalten
haben, wie Hongkong-, Shanghai-, low fever, „Grupta", „Purna" und „Chandra" im
östlichen Bengalen , ferner biliöses . remittierendes Tropenfieber , hyperp^^retisches
Fieber, „Continuous fever".
Dieselben haben zweifellos nichts mit Malaria zu tun, und es verbergen sich dahinter
verschiedene Krankheitsprozesse wie Typhus, Kolibazillose, Maltafieber, Denguefieber,
Insolation etc. Die nächsten Jahre werden die Zahl dieser besonderen Fieberformen
immer mehr zusammenschrumpfen lassen, je mehr die Technik der Blutuntersuchung und
der bakteriologischen Forschung Allgemeingut der Tropenärzte wird.
Meningitis kann verwechselt werden mit Perniciosa mit meningitischen
Symptomen. Die Jahreszeit, das Fehlen von Meningitis in der Umgebung, vorher-
gegangene Malariaanfälle, ev. ebenfalls mit cerebralen Symptomen, sind in Rechnung
zu ziehen.
Natürlich kann es auch zu Mischinfektionen kommen, besonders bei der chronisch
verlaufenden Meningitis tuberculosa. Wenn bei Fehlen von Malariaparasiten trotz
Chinin die Krankheit ihren weiteren Verlauf nimmt, werden wir mit Meningitis zu
rechnen haben.
Tetanus. Verf. hatte 1903 einen Patienten erhalten aus dem Süden Kameruns mit
der Diagnose „Malaria". Anamnese und ein minimaler Grad von Milztumor konnten ev.
darauf schließen lassen. Man beschrieb bekanntlich eine Malaria tetanica. Die Permanenz
der schweren und typischen, von der Kaumuskulatur ausgehenden und später aufNacken-
und Rückenmuskulatur übergehenden Krampfanfälle, der stets negative Blutbefund sicherten
die Diagnose Tetanus gravis. Heilung durch BEHKiNö'sches Serum. In der Rekonvales-
zenz nach Chinin Schwarzwasserfieber, w^ährend dessen keine Perniciosaparasiten gefunden
werden konnten. Bekanntlich kann auch bei Tetanus ein Blut auflösender Stoff ent-
stehen, das Tetanolysin.
Cholera, besonders aber Dysenterie werden oft mit Malaria verwechselt.
Beispiel: Kellner F. in Kamerun, etwa 1 Jahr dort. Keine Prophylaxe, mehrfach
nur leichte Fieber. In Zugang mit Diagnose „Dysenterie". Erst 2 Tage krank mit blutigen
Stühlen. Tiefste Apathie, völliges Vorhandensein des Bewußtseins, Temperatur 35,8. Große
Mengen fast rein blutigen Stuhls, mit geringen schleimigen Beimengungen, innerhalb
2 Stunden nach der Aufnahme 1 ^/j Stechbecken voll. Puls kaum fühlbar, Gesicht wachs-
bleich. Im Blute ungeheure Mengen von Perniciosaparasiten in fast allen Stadien nur
nicht in der Sporulation. Im Stuhl enorme Infektion der roten Blutzellen. Hoher Tannin-
einlauf, Chinin sofort intramuskulär. Einwickeln der Extremitäten, schnelle Heilung.
Da in den Troj)en sehr häufig, namentlich in Jahreszeiten, die
zu Erkältungen führen, die Malaria mit Diarrhöe verläuft, muß
prinzipiell jeder Fall von Diarrhöe zur Blutuntersuchung ge-
Malaria. 4Ö5
langen, von dem Borne, Kunst und Kiewiet de Jonge sahen in Java Perniciosa
cholerica, die klinisch gar nicht von echter Cholera zu unterscheiden war.
Pest, Scarlatina, Erysipel, Rubeola und Morbus maculosus
Werlhofii, Peliosis rheumatica.
Man hat bekanntlich auch Perniciosen mit Hämorrhagieen in der Haut und
den Schleimhäuten beschrieben, welche 2 oder 3 Tage anhalten können. Diese FäUe
scheinen indeß sehr selten zu sein. Die Wirkungslosigkeit des Chinins, die Seltenheit
der Scarlatina, der positive oder negative Blutbefund werden die Diagnose sichern.
Ich beobachtete 1903 im Kamerungebirge mehrere Fälle von Peliosis rheumatica,
bei denen die Grelenkerscheinungen selbst gegenüber dem Erythem sehr in den Hinter-
grund traten. Die Betreffenden hatten selbst fälschlicherweise an Malaria gedacht.
Bezüglich Gelbfieber und Weil 'sehe Krankheit vgl. Schwarzwasser-
fieber.
Influenza. Verf. sah bei seiner Mannschaft von S. M. S. „Hyäne" 1895 nach Ver-
lassen der Fieberküste Westafrikas in dem malariafreien Kapstadt den plötzlichen Aus-
bruch einer fieberhaften, zum Teil remittierend, zum Teil intermittierend und mehrfach,
mit Frost, Hitze und Schweiß verlaufenden Krankheit, welche zu starker Mattigkeit führte.
Stets war die Blutuntersuchung negativ. Die Diagnose lautete auf Influenza. Die Richtig-
keit ergab sich, als auch in der Stadt Fälle von wahrscheinlich eingeschleppter Influenza
beobachtet wurden. In Malarialändern dürfte oft nur der Nachweis von Malariaparasiten
bzw. Influenzabazillen die sichere Differentialdiagnose zwischen Influenza und Malaria
stellen lassen. Auch Fontoynont sah auf Madagaskar die Influenza bösartig unter der
malariainfizierten Bevölkerung hausen.
Ankylostomiasis wird in den Tropen leider noch vielfach mit chronischer
Malaria verwechselt, da das Vorkommen des Ankylostomum vorher nicht überall
bekannt war, wie z. B. in Venezuela, Kamerun us\v.
Filariakrankheit kann, wie ich kürzMch zeigte, klinisch außerordentlich
an Malaria erinnern, indem bei völligem Mangel anderer Symptome es zu starkem
Frost, Hitze imd Schweiß kommt. Auch kann ausgesprochenes Krankheitsgefühl
bestehen. Der Fiebertypus kann remittierend, aber auch intermit-
tierend sein von Quotidian- und Tertiancharakter. Auch trockener typischer
Husten kann während der Anfälle genau wie bei der Malaria perniciosa auftreten.
Ein ziemlich großer Prozentsatz von Fiebern der Eingeborenen an der Westküste
Afrikas ist gar keine Malaria, sondern Filariakrankheit. Die Blutuntersuchung entscheidet
sofort über die Malaria- oder Filarianatur. Auch Mischinfektionen kommen vor, wie ich
noch in diesen Tagen bei einem in Deutschland auf Urlaub befindlichen Kaufmanne
gesehen.
Bei der mikroskopischen Blutuntersuchung zeigte sich zunächst eine Infektion durch
Filaria perstans, erst nach mehrfacher Blutuntersuchung auch Perniciosa. Es war dies
4 Monate nach Verlassen der afrikanischen Küste. Niemals hatte er vorher Erscheinungen
der Filariasis gezeigt. Bei der Blutuntersuchung erhebliche Leukocytose, besonders der
eosinophilen Zellen, was durch die Malaria nicht erklärt war.
Trypanosomenk rankheit. Ödeme, DrüsenschweUungen, Erytheme,
irreguläres Fieber werden neben der Blutuntersuchung auf die richtige Diagnose
führen.
Über Splenomegalie (und ,,spotted fever") vgl. die Arbeiten von Luhe
Bd. in und Leishman Bd. III.
BANTi'sche Krankheit. Diese von Banti, später von Senator und anderen be-
schriebene Krankheit, welche bekanntlich mit Anämie und Milztumor beginnt und später
zu Ascites und Lebercirrhose führt, könnte mit chronischer Malaria verwechselt werden.
Man findet Verringerung der roten Blutzellen, Hämoglobinarmut und Leukopenie, besonders
Herabsetzung der neutrophilen Zellen, indeß eine beträchtliche Lymphocytose. Da zuweilen
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. IH. 30
466 -Dr. Hans Ziemann.
auch etwas Ikterus und Urobilin im Urin auftritt, muß die Blutuntersuchung, die Anamnese,
ev. Wirksamkeit des Chinins die entscheidende Diagnose stellen helfen. Übrigens hat
man bei der ßANTi'schen Krankheit ebenso wie bei der Malaria nach Entfernung der Milz
erhebliche Besserung der Symptome gesehen.
Über Rückfallfieber und Zeckenfieber (Tick fever), verursacht durch
Spirochäten, vgl. die Arbeit von Schilling in diesem Handbuche.
Apojjlexie, Insolation, ßulbärparalyse, akutes Delirium,
Urämie sind ohne Blutuntersuchung ebenfalls schon mit Malaria verwechselt,
ebenso
Hysterie, bei welcher es zu steilen Fieberkurven kommen kann. Der
völlige Mangel aller sonstigen klinischen Malariasymptome, der negative Blutbefund
schließen Malaria aus.
ürethralfieber kann auch unter Schüttelfrost einsetzen.
Als ich bei einem Matrosenartilleristen, der schon an Malaria gelitten hatte, in
einem malariaverseuchten Fort bei Bremerhaven die Bougierang vornahm, kam es zu
einem ürethralfieber usw. Ohne Kenntnis des Urethralfiebers, nahm ich damals anfangs
auch erst Malaria an. Die Blutuntersuchung schloß solche aus, und es ließ sich das Ürethral-
fieber experimentell immer aufs neue erzielen.
Nieren- und Gallenkolik, Magengeschwür, akute Grastritis,
Magenkrisen der Tabiker können ebenfalls perniciöse Anfälle vortäuschen,
um so mehr, da Nieren- und Gallenkoliken mit Schüttelfrost einhergehen können.
Die Anamnese, der Ort der Erkrankung, der spätere Verlauf, der negative Blut-
befund sprechen gegen Malaria.
Hyperglobulie. 1903 wurde von mir ein Fall von Hyperglobulie bei einem
Neger aus Oberguinea beobachtet, der seit längerer Zeit über Herzklopfen und Stiche in
der Milz- und Lebergegend, sowie über zeitweises Fiebergefühl klagte und angab er hätte
Malaria. Milz überragte 3 Finger breit den linken Rippenbogen, Leber 2 Finger breit
den rechten in der Mammillarlinie. Herz etwas vergrößert. Die Milzpunktion förderte
keine Malariaparasiten zutage. Temperatur stets normal. Zahl der roten ganz normalen
Blutkörperchen war stets annähernd 9 Millionen in 1 ccmm; Leukocytose. Hb. nach
Fleischl über 120 7o- Der eigenartige Blutbefund sprach sofort gegen Malaria, und war
aufs höchste auffallend. Erst nach Kenntnisnahme der Arbeiten von Rosengaet, Osler
und TüKK stellte ich nachträglich die obige Diagnose. Es ist der erste beim Neger er-
wähnte Fall.
Lebercirrhose. Sowohl bei der sog. echten wie auch bei der biliären
Cirrhose kann es zu intermittierendem Fieber von meist quotidianem Typus (fievre
intermittente hepatiq^ue) kommen, ohne daß sich Malariaparasiten nachweisen lassen.
Lebersyphilis kann ebenfalls zuweilen unter Fieber verlaufen und Malaria vor-
täuschen. Klemperer behandelte einen solchen , gleichzeitig durch Milztumor aus-
gezeichneten Fall, der in Südafrika fälschlicherweise als Malaria aufgefaßt und mit Chinin
behandelt worden war.
Postmalarisches Cliininfieber (vgl. Fieberverlauf in Abschnitt „Allge-
meine Pathologie".)
Prognose der Malaria.
Dieselbe ist verschieden je nach der Art der Parasiten, Konstitution, Komfort
und Alter des Kranken, Dauer der Krankheit, Ort der Infektion und Jahreszeit (ob
in der eigentlichen Fiebersaison zum Ausbruch kommend oder nicht). Die Erkrankung
an Tertiana und Quartana ist, wie schon erwähnt, an und für sich niemals eine
lebensgefährliche Erkrankung, indem trotz ungenügender oder gänzlich mangelnder
Malaria. 407
Behandlung solche Patienten monate-, ja jahrelang ihre Infektion mit sich herum-
schleppen.
Verf. sah solche Fälle in Italien zu Dutzenden. Marchiafava zitiert einen Fall von
JBarkeb, wo ein wegen Malaria wochenlang nicht behandelter Nephritiker erst einer
Streptokokkenseptikämie erlag, ohne daß es zu perniciösen Symptomen gekommen wäre.
Wenn natürlich ein solcher Kranker unter schlechten äußeren Lebensbedingungen lebt,
und es zu Amyloiddegeneration der inneren Organe infolge von Kachexie kommen sollte,
könnte schließlich infolge anderer interkurrenter Krankheiten der Exitus eintreten (vgl.
Kachexie).
Bei Tertiana und Quartana, mit weniger Sicherheit bei der Perniciosa
kann man aus der Meage der Schizonten auf die mehr oder weniger erhebliche
Schwere der Anfälle schließen.
Auch gelingt es dem Geübten bei Quartana leicht, den Ausbruch auf
2 — 4 Stunden vorher genau vorherzusagen, vorausgesetzt, daß vorwiegend Schizonten
im Blute vorhanden sind, bei Tertiana auf 4 — 6 Stunden. Es ist das wesentlich
Sache der Übung.
Bei der Perniciosa gelingt das mit einiger Sicherheit auf ca. 4 — 5 Stunden
vor dem Anfalle nur dann, wenn das Fieber intermittierenden Typus zeigt, und
wenn im Blute als einziger Befund große Ringe oder Scheiben mit Pigmentkorn
(Schizonten) erscheinen.
Leider ist der Befund, wie schon erwähnt, manchmal zeitweise negativ. In
anderen FäUen sehen wir mehr oder weniger alle Stadien der Perniciosaparasiten
gleichzeitig im peripheren Blute vorkommen.
Das Drohen eines perniciösen Anfalles kann man aus dem Blutbefund
allein nicht mit Sicherheit entnehmen, da die schwersten Symptome, wie wir schon
sahen, sich finden können, trotzdem im Fingerblute Parasiten nicht zu sehen sind. Im
allgemeinen aber wird man bei einer sehr großen Menge von Parasiten der Perniciosa
im peripheren Blute mit einem schweren AnfaU rechnen müssen, der energischste
Therapie sofort nötig macht. Auch der klinische Befund läßt an eine schwere
Perniciosa denken, wenn in kurzer Zeit der EJranke somnolent wird, das Bewußtsein
verliert oder in tiefer Apathie daliegt. Kommt es zu Coma und Aufhebung der
Reflexe, oder tritt unter kaltem Schweiß und Cyanose das Stadium algidum ein,
so kann ohne Behandlung die Prognose infaust auch quoad vitam werden.
Findet man dann außerdem noch Parasiten, die gerade in der Spondation be-
grilfen sind, was eine Steigerung der Symptome in den nächsten Stunden er-
warten läßt, so trübt sich die Prognose noch mehr, ebenso, wenn schon ein oder
mehrere solche bedrohlichen AnfäUe vorhergegangen. Trotzdem kann jede
Form der eigentlichen Perniciosa noch zur Heilung kommen, falls
sofort energische sachverständige ärztliche Hilfe zur Stelle ist.
Trifft letztere Voraussetzung zu und handelt es sich um ein sonst
gesundes Individuum mit Peruiciosa-Neuerkrankung, dann darf es
ohneYerkettungungünstigerUmstände überhaupt zu keinem Exitus
kommen. Bedingung für eine bessere Prognose in solchen verzweifelten Fällen
ist natürlich, daß man nicht nur energischste und sofortige Chininbehandlung ein-
leitet, also nicht etwa den vielleicht gar nicht eintretenden Temperaturabfall ab-
wartet, sondern auch für eine intensive symptomatische Behandlung Sorge trägt.
Wenn daher Si^gäed in Madagaskar unter 24 Fällen von Perniciosa 15 Todesfälle
hatte, QufiTAND in Gabun auf dem Schiffe „Thisbe" 22 Mann verlor, bei einer Besatzung
von 76 Mann, Babius am Senegal 33%, so stehen dem in mindestens ebenso gefährlichen
Fiebergegenden auch viel günstigere Zahlen gegenüber. (Vgl. Zahlen in den Abschnitten
Therapie und Prophylaxe.) Wir sehen, der Begriff der „Perniciosa" hängt nicht allein
30*
468 Dr. Hans Ziemann.
von der Virulenz der Parasiten ab, sondern noch von einer Reihe durchaus variabler
Faktoren. (Intensität der Behandlung etc.l
Gewöhnlich schwinden mit dem Heruntergehen der Temperatur auch bei der
schwersten Perniciosa die bedrohlichen Symptome.
In Italien wie in den Tropen sind die Rezidive und selbst die Neuerkran-
kungen, welche in der sog. günstigen, relativ malariafreien Jahreszeit beobachtet
werden, nicht zur Bösartigkeit geneigt.
Auch die Örtlichkeit, in der die Perniciosa erworben wird, spielt eine große
Eolle. Die Perniciosa Oberitaliens ist nicht entfernt so ernst wie die Malaria der
Maremmen, der Campagna und der Tropen. Im Rufe einer besonderen Hartnäckig-
heit der Fieber stehen manche Orte, z. B. Deutsch-Südwest- Afrika wegen seiner
Tertiana simplex, Grrosseto in Italien wegen seiner Perniciosa usw. Verschieden ist
auch die Prognose je nach der Rasse. (Vgl. Immunität.)
Die Prognose der Folgen der Malaria haben wir schon bei den Affek-
tionen der einzelnen Organsysteme erörtert, besonders diejenige der cerebralen und
nervösen Symptome.
Milz und Lebertumor sowie die sekundären Malariaanämien zeigen bei ent-
sprechender Behandlung und Klimawechsel Neigung zur Spontanheilung. Ungünstig
liegt der Fall, wenn es im Anschluß an die Malariaanämie zur perniciösen Anämie kommt.
Die Kachexie gibt nach Mabchiapava bei entsprechender Behandlung, Verbesserung der
Ernährungsverhältnisse und Luftwechsel keine letale Prognose.
Ist die Malaria mit anderen Krankheiten kompliziert, so richtet sich natürlich
die Prognose nach der Art dieser Komplikationen und der Konstitution des be-
treffenden Kranken.
Äußerst ungünstig verlaufen die Fälle, wo sich die Wirkungen der perniciösen
Malaria mit denen der Insolation kombinieren.
Spontanheilung.
Eine Spontanheilung der Malaria kommt sicher vor. Osler beobachtete in
Baltimore unter 58 sich selbst überlassenen Fällen 11 Spontanheilungen. Insbesondere
bei Tertiana und Quartana zeigt das zahlreiche Vorhandensein von Gameten immer
eine gewisse Neigung zur Spontanheilung an. Diese Spontanheilung ist aber keine
absolute. Wir müssen also unterscheiden zwischen einer
1. absoluten, d. h. nicht durch Medikamente bewirkten Spon-
tanheilung, bei der es nach ein oder mehreren Anfällen zur völligen Heilung
kommt, ohne Hinterlassung einer längerdauernden Anämie,
2. relativen, bei der es nur momentan zum Schwinden der An-
fälle kommt. Bei dieser können trotz des Vorhandenseins zahlreicher Gameto-
cyten infolge von Umwandlung von Makrogameten in Schizonten wochen- und monate-
lang immer wieder neue Anfälle auftreten.
Die absolute Spontanheilung bei gewöhnlicher Tertiana und Quartana ist in
obigem Sinne schon mehrfach beobachtet, selten bei der gewöhnlichen Perniciosa,
und mindestens äußerst selten bei schwerer tropischer Perniciosa der Europäer.
Dieselbe erfolgt unter allmählichem Verschwinden aller Parasiten, auch der
Gametocyten. Es können aber auch noch wochenlang hindurch nach Schwinden
aller klinischen Symptome die Gametocyten im Blute sich weiter finden. Anderer-
seits kommen auch zweifellos Fälle vor, bei denen es neben Schizonten von Gameto-
cyten wimmelt, und wo es doch zum Exitus kommt. Die Gametocyten sind also bei
Malaria. 469
der Perniciosa nicM unbedingt ein Zeichen einer Neigung zur Spontanheilung, son-
dern zunächst nur des Vorhandenseins von Eezidiven.
"Wer, um das unverfälschte, d. h. durch Chinin nicht beeinflußte Krankheitsbild,
zu beobachten und Spontanheilung zu erzielen, die tropischen Malaria-Neuerkrankungen
sich selbst überläßt, sieht die Patienten unter Umständen möglicherweise spontan
genesen ! Indeß in Ländern mit schwerer Malaria ist an diesen Begriff der momen-
tanen „Spontanheilung" eine starke Anämie und die dauernde Neigung zu Rezidiven
geknüpft. Es ist ein Experiment, das außerordentlich gefährlich und. nach dem
heutigen Stande unserer Kenntnisse durch nichts mehr zu rechtfertigen ist.
Verf. beobachtete in Kamerun einige Europäer, die damit einverstanden waren,
auf Grund der KocH'sehen Mitteilungen über unbeeinflußte tropische Malaria zunächst
kein Chinin zu erhalten. Die Folge war, daß nachdem zwei Anfälle verflossen waren,
aufs Allerschleunigste und in allerenergischster Weise zum Chinin gegriffen werden mußte.
Gerade diese Fälle zeichneten sich durch eine seltene Hartnäckigkeit der Rezidive
aus, ebenso auch einige andere, bei denen die Patienten trotz Neuerkrankung aus Angst
vor Schwarzwasserfieber kein Chinin genommen hatten. A. Plehn hatte ganz ähnliche
Erfahrungen.
Wie sehr im übrigen gute Verpflegung und Hospitalpflege bei herunter-
gekommenen Kranken die Neigung zur Spontanheilung befördern, zeigen auch die
interessanten Ausführungen Nocht's über die Tropenmalaria bei Seeleuten.
Über die ev. Beziehungen der Phagocytose zur sog. Spontanheilung haben
•wir bereits früher gehandelt.
Jedenfalls dürfte der Mechanismus des Zustandekommens der Spontanheilung
sehr viel komplizierter liegen, als sich Golgi dachte, und die Phagocytose erst
einen sekundären Akt in der Selbstliilfe des Organismus darstellen. Vgl. ferner Ende
des Abschnitts über Immunität.
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Therapie.
Dieselbe ist, entsprechend der Wichtigkeit des Gegenstandes für den Praktiker
in den Tropen, ausführlicher behandelt.
A. Mittel mit direkter Wirkung auf die Malariaparasiten.
I. Chinin.
Wir sahen schon, daß wir uns auf das Zustandekommen der Spontanheilung nicht
verlassen können. Schon Torti und seine Zeitgenossen verwandten daher allgemein,
wenigstens bei den schweren Fieberformen, die Chinarinde als spezifisches Heil-
mittel. Bereits dieser geniale Italiener erkannte, daß die Chinarinde nicht gegen
472 Dr. Hans Ziemann.
das Fieber selbst, sondern gegen die Ursache des Fiebers wirkte. Wir können hier
absehen von den Derivaten der Chinarinde, dem Chinidin, Chinoidin, Cin-
chonin, Cinchonidin, von denen insbesondere das Cinchonidinum hydroclüoricum
bzw. hydrobromicum eine Zeitlang eine Rolle spielte.
KoRTEWEG fand letzteres in Holland, in doppelter Dosis wie Chinin gegeben, sehr
gut wirkend bei Chinin-Idiosynkrasie. Nach Marty soll es selbst in 3 — 4fach.er Dosis
schwächer wirken als die einfache Dosis Chinin. Kürzlich hat Maeiani in einer sehr
sorgfältigen Arbeit aufs neue die Aufmerksamkeit auf die im Verhältnis zum Chinin viel
billigeren Derivate gelenkt und besonders bei Idiosynkrasie gegen Chinin, bei Kindern
und bei Gravidität die längere Anwendung von 1 — 2 g dieser Derivate empfohlen.
Das wirksame Prinzip der Chinarinde, das Chinin, wurde mit dem Cinchonin 1820
durch Pelletier und Caventou chemisch rein dargestellt, nachdem bereits 1810 Gomez
in Lissabon aus der Chinarinde eine stärker als die bloße Rinde wirkende Masse gewonnen.
Von den Verbindungen des Chinins kommen für uns in Frage
das Chininum sulfuricum, bisulfuricum, hydrobromicum, bimuriati cum,
carbamidatum, valerianicum, tannicum, insbesondere aber das meist angewandte
Chininum hydrochloricum, ein weißes, kristallinisches, intensiv bitter
schmeckendes, in Wasser schwer lösliches Pulver.
Wirkung des Chinins auf die Malariaparasiten im allgemeinen.
1867 fand Bmz die spezifische zerstörende Wirkung des Chinins auf niedere
Organismen wie Infusorien, auf welche es einen hemmenden Einfluß bez. der Oxyda-
tionsprozesse ausübt. Eine ähnliche Wirkung schrieb er dem Chinin auf das Plasma
der Malariaparasiten zu.
Eine andere Erklärung der deletären Wirkung des Chinins auf die Malaria-
parasiten, für die sich auch Schellong. ausspricht, ist die, daß das Hämoglobin
durch das Chinin stärker an die Substanz der roten Blutkörper gebunden würde
und daß infolgedessen die Malariaparasiten an Sauerstoffmangel stürben. Eine
dritfe Hypothese ist die von King, wonach die Fluoreszenz des Blutes, Avelche
durch das Chinin bedingt wäre, schädigend auf die Malariaparasiten wirkte. Wir
kommen auf diese Theorie bei Besprechung der Lichttherapie der Malaria noch
zurück.
In gewissen Fällen müssen wir neben den direkten Wirkungen des Chinins
auf die Malariaparasiten auch mit den eventuellen Wirkungen des Chinins auf die
infizierten roten Blutkörper als die Wirte der Parasiten rechnen.
Im folgenden seien nun kurz die Resultate zusammengefaßt, die sich bei Ver-
gleichung von hunderten von Resultaten immer aufs neue ergaben.
1. Das Chinin wirkt in allen Stadien der Schizonten schädigend
auf die letzteren.
2. Diese Wirkung ist graduell sehr verschieden je nach den
verschied enen Entwicklungsstadien der Parasiten und dem Chinin -
quantum.
3. Das Chinin wirkt am sichersten auf die freien Merozoiten
und die jungen Schizonten, welche den roten Blutkörpern noch
aufgelagert und noch nicht in die Substanz derselben einge-
sunken sind.
4. Auf die erwachsenen Gametocyten hat das Chinin z.T. keine
Wirkung, am wenigsten auf die der Perniciosa. Dagegen werden
die jungen und die halb erwachsenen Grametocyten der Tertiana
und Quartana durch Chinin ebenfalls abgetötet, bedeutend
Malaria. ■ 473
schwieriger schon die der Perniciosa. Bisher war man meist der Mei-
nimg, daß die sexualen Formen überhaupt nicht diu-ch Chinin beeinflußt werden.
5. Unter den Gametocyten scheinen am resistentesten gegen
Chinin wieder die Makrogameten zu sein. Da die Makrogameten dm^ch
Parthenogenese die Rezidive veranlassen, würde das auch die häufige Wirkungs-
losigkeit des Chinin gegenüber den Rezidiven erklären. Dagegen werden die Mikro-
gametoc}i;eD, besonders der Tertiana, wie ich mehrfach sehr deutlich bei fort-
laufenden Blutuntersuchungen wahrnehmen konnte, oft bald abgetötet, während
die Makrogameten noch Aveiter im Blute sichtbar bleiben können, um dann bei
energischer Chinintherapie ebenfalls allmählich zu verschv^dnden. Die erwachsenen
Makrogameten der Perniciosa können dagegen auch hohen Chinindosen wochenlang
widerstehen. Der Grrund für die Chininresistenz derselben ist in ihrem dichteren
Plasmaleibe zu suchen, welcher der explosiven Wirkung des Chinins mehr Wider-
stand entgegensetzt als der der männhchen Gametocyten,
GuALDi und MARTiKAJSfO, ferner BiGNAm und Bastianelli zeigten allerdings,
daß die Gametocyten der Perniciosa aus dem Blute eines Eä-anken, welcher Chinin
bekommen, im Anopheles zur Sporogonie schritten, daß also auch die Mikrogameten-
bildung dm^ch Chinin nicht gestört sein konnte.
„Trotzdem 2,5 g Chinin in einer Dosis und während der folgenden Tage 1,5 bzw.
1,0 tgl. gegeben wurden, verschwanden die Gametocyten nicht aus dem Blute, und auch
eine intensive Chininkur konnte, wenn sie erst nach verschiedenen Anfällen begonnen wurde,
nicht die Bildung der Gametocyten hindern. Dagegen kam es bei sofortigem Beginne
der Chininkur nicht zum Auftreten von Gametocyten im peripheren Blute. Letzteres
stimmt ganz mit den Untersuchungen Verf.s überein. Auch Schaudinn (1. c.) sah in Lerne
im Blute seines sorgfältig chininisierten Dienstmädchens Tertianagametocyten und konnte
damit, ebenfalls im Gegensatz zu Schoos' Experimenten in Holland, noch Anophelinen
infizieren.
Dies alles würde direkt gegen die Annahme sprechen, daß wenigstens die
Mikrogametocyten durch Cliinin beeinflußt werden können. Indeß scheinen nicht
alle Mikrogametocyten, die ja z. T. schon spontan im Blute absterben, unbeeinflußbar
durch Chinin zu sein.
Verf. beobachtete einen Togo-Negerknaben mit reichlichem Befunde an Gametocyten
der Perniciosa, durch den von 2 Anopheles costales einer infiziert werden konnte, der aber
nachßtägiger Chininisierung (ä 1,5 g) 4 Kontroll-Anopheles costales nicht mehr zu infizieren
vermochte, obgleich die Makrogameten im Blute weiter nachweisbar blieben.
Auch die große Einschränkung der Malaria, von der Koch, Ollwig und
andere durch Massenchininisierung der^Malaria- infizierten, also doch Gametocyten
führenden eingeborenen Bevölkerung in Dar es Salam und Neuguinea usw. berichten,
scheint mir für meine obige Erklärung zu sprechen. Speziell die Gametocyten der
Perniciosa, die sog. Halbmonde, sind als besonders chininresistent schon lange bekannt.
Von den Makrogameten dieser Parasiten ist dasselbe soeben noch scharf betont.
Würden aber die Mikrogametocyteu dieselbe Resistenz dem Chinin
entgegen setzen, so wäre eineAusrottung der Malaria bei der malaria-
verseuchten Bevölkerung auf Grund des Kocn'schen Prinzips der
Malariabekämpfung mindestens sehr erschwert, da man lange und
geduldig den allmählichen Übergang sämtlicher Makrogameten
in die durch Chinin abzutötenden Schizonten abwarten müßte. Die
Beeinflußbarkeit der 3Iikrogametocyten durch Chinin dürfte daher sowohl in thera-
peutischer wie in prophylaktischer Beziehung wichtig sein.
Vielleicht kommt man der Wahrheit am nächsten mit der Annahme, daß die
Mikrogametocyten je nach ihrem Alter sich dem Chinin gegenüber verschieden ver-
474 Dr- Hans Zibmann.
halten, und daß die älteren Formen, welche ohne Zusamm entreifen und Kopu-
lation mit Makrogameten im Anophelesleibe dem baldigen Tode geweiht wären,
durch Chinin schneller abgetötet werden, während die jüngeren, aber schon er-
wachsenen Mikrogametocyten noch resistent bleiben.
In Malariablut, dem man in vitro Chininlösung zusetzt, lassen sich diese Fragen
nicht lösen, da die Resultate sich nicht auf die Verhältnisse im menschlichen Blute über-
tragen lassen.
Es ist ganz natürlich, daß im Präparat des hängenden Tropfens die Mikrogameto-
cyten, wenn sie zur Mikrogametenbildung schreiten, einen andersartigen Widerstand dem
zugesetzten Chinin entgegensetzen, als wenn sie noch von dem schützenden Mantel des
roten Blutkörperchens umhüllt sind.
Lo Monaco und Panichi haben bei Untersuchungen über die Chinin Wirkung im
hängenden Tropfen den Austritt der Parasiten aus den roten Blutkörpern beschrieben.
Die Chinindosis, die nötig wäre, um jene Wirkung hervorzubringen, sollte während
des Fieberstadiums eine geringere sein als während der Apyrexie, angeblich ein Beweis,
daß während des Fieberstadiums antiparasitäre Substanzen sich bildeten, welche die Wir-
kung des Chinins unterstützten. Vgl. Immunität.
Capograssi zeigte demgegenüber, daß die Entfernung der Parasiten aus den roten
Blutkörpern bei den Versuchen Lo Monaco's und Panichi's der von denselben angewandten
hypotonischen Salzlösung zuzuschreiben sei, mit anderen Worten, der Veränderung des
osmotischen Druckes. Der Austritt der Parasiten aus den roten Blutkörpern kann auch
bei hypotonischen, nicht mit Chinin versetzten Kochsalzlösungen erfolgen. Bei dem Ge-
brauch von isotonischen Kochsalzlösungen oder Serum von Gresunden, denen man einige
Stunden vorher Chinin gegeben, scheint jedenfalls kein Austritt der Parasiten aus den
roten Blutkörpern zu erfolgen. Dagegen werden nach Capograssi die Parasiten bei An-
wendung von Chininserum mehr opak. Verf. hat in Kamerun einige Versuche derart
gemacht, daß ein Tropfen des Blutes von Perniciosa-kranken Negerkindern im hängenden
Tropfen mit 2 Tropfen zentrifugierten Serums von gesunden Negerkindern, die einige Stun-
den vorher 2 g Chinin erhalten hatten, gemischt wurde. Das Chinin war also in der
Mischung des Serums mit dem infizierten Blute in mehr als therapeutischer Dosis enthalten.
Blut von Negern wurde genommen, um etwaige hämolytische Wirkungen des Chinins auf die
roten Blutkörper auszuschalten, da ja bekanntlich der Neger als nahezu vollkommen
immun gegen Hämoglobinurie zu bezeichnen ist. Ein Austritt der Parasiten aus den roten
Blutkörpern konnte in gefärbten Präparaten der Mischung nicht mit Sicherheit festgestellt
werden, dagegen zum Teil eine schwächere Färbbarkeit des Plasma und Verzerrung des-
selben bei den kleinen endoglobulären Formen. Leider konnten aus äußeren Gründen die
Versuche nur bei Zimmertemperatur von etwa 28 ''C und nicht bei Körpertemperatur an-
gestellt werden; es regen diese Versuche zu weiteren an.
Man muß die unter 1 — 5 erwähnten Unterschiede in der Wir-
kung des Chinins bei kritischer Würdigung seines therapeutischen
Wertes wohl berücksichtigen, und ebenso bei Erprobung aller
anderen angeblichen Malariaheilmittel. Bei der allgemeinen Beur-
teilung der Wirksamkeit des Chinins, sowohl gegenüber den einzelnen Parasiten-
arten, als auch gegenüber den einzelnen Entwicklungsphasen einer bestimmten
Parasitenart, muß man überhaupt alle FäUe ausscliließen, wo es sich um eine
Neigung zur Spontanheilung handelt. Es scheint nicht nötig zu sein, daß in diesen
Fällen als äußerer Ausdruck der Neigung zur Spontanheilung immer gerade Gameto-
cyten im peripheren Blute zirkulieren. Vielmehr zeigen auch die Schizonten in
solchen FäUen eine verringerte Resistenz gegen Chinin. Man kann also, was
früher gar nicht und auch jetzt noch viel zu wenig berücksichtigt
wird, durchaus nicht jeden Fall von Malaria gebrauchen, um allge-
mein gültige Gesetze für eine rationelle Chinintherapie her-
Malaria. 475
leiten zu könuen. Daher dürfen aucTi die in Europa bei Rezidiven gemachten
Erfahrungen nicht auf die Neuerkrankungen in den Tropen selbst übertragen werden.
Mir gelang es z. B. mehrfach, in Fällen von Tertiana simplex (Rezidiv) mit Neigung
zur Spontanheilung, d. h. mit beträchtlichem Mikrogametocytenbefunde, durch 1 g Chinin_
gegeben 24 Stunden vor dem erwarteten Anfalle, den Anfall zu kupieren. Ja, sogar
Tertiana duplicata (Rezidiv) mit Neigung zur Spontanheilung, konnte durch 1 g Chinin,
in der Apyrexie gegeben, für den Moment geheilt werden. Nach den Anschauungen
GoLGi's, der scheinbar hauptsächlich mit Neuerkrankungen und deshalb mit Schizonten
zu tun hatte, würde das unmöglich sein. Golgi kannte noch nicht die großen prinzipiellen
Unterschiede zwischen den Schizonten und Grametocyten. Es sind daher nur Fälle
von Erstlingsfiebern für das Aufstellen allgemein gültiger Gesetze
bez. der Therapie auszuwählen. Dann fertige man von Stunde zu Stunde ßlut-
präparate und färbe nach Eomanowsky, um die morphologischen Veränderungen infolge
der Wirkung des Chinin bzw. anderer Heilmittel sehen zu können.
6. In erster Linie wird scheinbar der Plasmaleib des Parasiten
durch das Chinin betroffen, das Chromatin scheinbar erst sekundär
infolge der Zerstörung des Plasma.
ScHAUDiNN (vgl. Arbeit über Plasmodium vivax) glaubt indeß, eher eine
direkte Wirkung des Chinin auf das Chromatin annehmen zu können.
Betrachtet man aber ein nach unserer Methode gefärbtes Präparat von gewöhn-
lichen Tertianparasiten am Tage der Apyrexie, nachdem etwa 3 Stunden vorher 1 g
Chinin gegeben ist, so beobachtet man eine ganze Auzalil endoglobulärer, Vs — ^1-2 er-
wachsener Parasiten, deren Plasmaleib in lauter einzelne, unregelmäßig gestaltete Teil-
stücke zerrissen ist. (Vgl. T. IX, 34 — 36.) Dieselben liegen über das ganze infizierte rote
Blutkörperchen zerstreut, z. T. ^vie die Sprengstücke einer Granate. Bei Romanowsky-
färbung zeigen sie einen heUgraublauen Farbeuton &~tatt des tiefblauen gewöhnlichen.
Das Chromatinklümpchen zeigt scheinbar zunächst dasselbe Aussehen yne in den nicht
mit Chinin behandelten Präparaten. Auch die achromatische Zone war öfter noch
erhalten. Im nicht mit Chinin behandelten Malariaparasiten ist der Zusammenhang
des ganzen Parasitenleibes gewahrt. Beim chininisierten Tertianparasiten hat da-
gegen das Chromatin häufig eine exzentrische Lage, wie ohne Zusammenhang mit
dem übrigen Parasiten.
Indeß nicht alle der in diesem Stadium befindlichen Parasiten, die dem Chinin-
einflusse unterworfen waren, zeigen ebenso starke Veränderungen. Bei manchen sieht
man kaum eine oder scheinbar gar keine Veränderung. Ob diese letztere Erscheinung
auf besonderer Widerstandsfähigkeit der betreffenden Parasiten oder einer besonderen
Konstitution der infizierten roten Blutzellen beruht, ist nicht mit absoluter Sicherheit
zu sagen.
Die Makrogameten unter solchen Parasiten widerstehen, wie wir bereits sahen,
schon wegen ihres mit dichtem Plasma versehenen Körpers leichter der Wirkung des
Chinins.
Je weiter der Parasit in der Entwicklung fortschreitet, desto
schwieriger wird es, die zerstörende Wirkung des Chinins äußer-
lich an den Präparaten wahrzunehmen.
Gibt man das Chinin so, daß die Hauptwirkung desselben in die Zeit der be-
ginnenden Sporulation fällt, so geht die Entwicklung der Parasiten scheinbar ruhig
weiter, und die Teilung des Chromatins schreitet fort. Das noch in Zirkulation be-
findliche Chinin, faUs es in genügender Konzentration vorhanden ist, tötet indeß jetzt
die Merozoiten, welche aus der Teilung der Schizonten hervorgehen.
Beim halberwachsenen Parasiten ist das Verhältnis des schwerer beeinflußbaren
Chromatins zu dem leichter beeinflußbaren Plasma ein anderes, als bei den in der Teilung
476 Dr. Hans Ziemann.
befindlichen Parasiten. Während in ersterem Falle das Chromatin etwa ^/g des Ge-
samtvolumen des Parasiten einnimmt, nimmt dasselbe bei schon einigermaßen vorge-
schrittenen Teilungsformen des Schizonten, nach Eomanowsky gefärbt, die Hälfte ein.
Jedoch die Volumzunahme des Chromatins an sich scheint mir die geringere Wirksam-
keit des Chinins weniger zu bedingen, als vielmehr die außerordentlich erhöhte vitale
Eigenschaft, die sich während der Teilung im Chromatin offenbart. Mit anderen Worten
das Chinin wirkt bedeutend stärker deletär auf die rein
vegetativen Entwicklungspliasen der Malariaparasiten, während
deren das Plasma an Menge zunimmt und die Pigmentbildung
stattfindet, als auf die Teilungsphasen mit Chromatinteilung.
Und Avenn die kleinen Parasiten der Perniciosa auch schon im jüngeren endoglo-
bulären Stadium dem Chinin bedeutend mehr Widerstand entgegensetzen, als die
Parasiten der Tertiana und Quartana, so scheint auch hierbei die besonders starke
aktive Fähigkeit zur Proliferation d. h. zur Vermehrung des Chromatins bei diesen
Formen eine EoUe zu spielen.
Aber auch das im Vergleich zum Plasma der Tertianparasiten kompaktere Plasma
der Perniciosaparasiten dürfte zur Erklärung der Chininresistenz der letzteren heranzu-
ziehen sein. Ferner zeigt der den Tertianparasiten umhüllende rote Blutkörper eine
spezifische, hydropische Aufblähung, welche die Wirkung des Chinins auf den Parasiten
erleichtern dürfte.
In diesem Zusammenhange sei auch erwähnt, daß das Chromatin aller Parasiten
in Malariablut, welches ich in Blutegeln konservierte, sich ganz bedeutend länger färberisch
nachweisen ließ, als das Plasma und zwar 6 — 8 Tage. Dasselbe fand ich bei Ausstrich-
präparaten aus Leichenblut, zum Teil noch 24 Stunden nach dem Tode des Patienten.
Die durch vorstehende Erwägungen gewonnenen Resultate decken sich durch-
aus mit den empirisch gefundenen Tatsachen. Man wußte schon lange, daß
Chinin, welches meist etwa 4 Stunden nach dem Einnehmen seine
Hauptwirksamkeit entfaltet, 4 — 5 Stunden vor dem Anfall zu geben
sei: Das Chinin wirkt dann eben auf die neuentstehenden freien Merozoiten. Der
Anfall tritt dann zwar noch ein, aber die jungen Merozoiten werden, wie erwähnt,
abgetötet. Theoretisch dürfte dann kein neuer Anfall mehr entstehen. In der Praxis
aber bleibt es öfter selbst bei Tertiana simplex oder Quartana nicht bei dem einen
Anfalle, da nicht aUe Parasiten im Momente der Chininwirkung auf derselben Ent-
wicklungsstufe stehen, sondern neben ganz entwickelten Sporulationsformen auch
weniger entwickelte und auch schon endoglobuläre Formen vorkommen.
Chinin und Leukocytose.
Die Leukocytose wird durch Chininwirkung durchaus nicht beeinträchtigt,
nur daß sie scheinbar nach Chiningaben etwas später eintritt, aber dann in noch
stärkeren Crade als ohne Chinin. Der Grund dürfte sein, daß durch die Chinin-
wirkUng eine Menge Parasiten absterben, deren Leiber und Stoffwechselprodukte, wie
das Pigment, durch die Leukocyten aus der Zirkulation fortgeschafft werden müssen.
BiNZ glaubte früher, daß das Chinin lähmend auf die Leukocyten wirkte.
Die oben besprochene Tätigkeit der Leukocyten als Leichenträger der Parasiten,
spricht gegen jene Anschauung.
Theoretisch müßte man, die bekannte Theorie Metschnikoff's über die
Phagocyten als richtig vorausgesetzt, erwarten, daß man durch künstliche Steige-
rung der Leukocytose, z. B. Injektion von Spermin, Pilocarpin etc. Heilung von
Malaria erzielen könnte. Dem ist aber durchaus nicht so.
Malaria. 477
Höhe der therapeutischen Chiniadosis.
Dieselbe muß beim Erwachsenen 1 g als Minimaltagesdosis
selbst in leichteren Fällen betragen und bei Neuerkrankungen
jedenfalls auch als Einzeldosis, damit eine heilkräftige Wirkung
ausgeübt werden kann. Voraussetzung ist, daß völlige Resorption stattfindet.
Die Wirkung der auf längere Zeit verteilten kleinen Chinindosen ist jedenfalls bei
Neuerkrankuugen eine Ungewisse. (Vgl. indeß die schönen Resultate Nochts mit
kleineren, auf 8 Stunden verteilten Dosen bei Rezidiven weiter unten.) Zarte
Patienten mit geringerer Blutmasse werden natürlich entsprechend weniger Chinin
erhalten als robuste. Bei Kindern rechnet man im allgemeinen 0,1 g für jedes
Lebensjahr bis zum 10., vorausgesetzt, daß es sich um sonst kräftige Kinder
handelt.
Kinder vertragen nach Moncorvo Chinin viel besser als Erwachsene, er empfiehlt
für Säughnge sogar 0,25 — 0,5 in 24 Stunden, für ältere Kinder 0,5 — 1,0, was ich viel
zu reichlich finde, da die Konzentration des Chinins in der Blutmasse bloß 1:10000 zu
betragen braucht. Im übrigen muß man ihm zugeben, daß für die Medikation mehr die
Schwere der Infektion als das Alter der Kinder in Betracht zu ziehen ist.
Die Frage des in jedem Falle entsprechenden Chininquantums ist noch meiu"-
fach später zu streifen.
Chinin bei Tertiana und Quartana.
Bei Tertiana und Quartana halte man sich im allgemeinen
an die alte Regel, das Chinin 4 — 5 Stunden vor dem zu erwartenden
Anfalle zu geben.
Die Anfälle sind nicht so lästig, daß nicht noch die Wirkung des Chinins ruhig
vertragen werden kann. Die Kontrolle der Chinintherapie durch das Mikroskop ist aber
notwendig, da die rein klinische Beobachtung uns im Stiche lassen kann, indem die bis
dahin regelmäßigen Fieber sich in anteponierende oder postponierende verwandeln können
und damit der Zeitpunkt des Malariaanfalles sich verschiebt.
Man gibt also das Chinin, wenn im ungefärbten Präparat das Pigment der
vollerwachsenen Parasiten sich zur Konzentrierung anschickt, bez. wenn im gefärbten
Präparate die Chromatinteüung sich ihrem Ende nähert.
Gribt man das Chinin zu früheren Zeiten, etwa 12 — 24 Stunden vor dem zu
erwartenden Anfalle, so macht man das Fieber häufiger zu einem unregelmäßigen und
dann schwerer zu heilenden und eher von Rezidiven gefolgten, speziell bei der
Quartana. Unter umständen allerdings kann auch dann der sonst erwartete Anfall
ausbleiben oder wenigstens sehr abgeschwächt sein.
Die Praxis zwingt uns oft genug, von dem obigen so sehr be-
quemen, klaren und einfachen Schema, Chinin nur ca. 4 — 5 Stunden
vor dem Anfall zu geben, abzugehen und streng zu individualisieren,
je nachdem wir einen Kranken ambulant oder im Krankenhause behandeb, je nach-
dem es sich um ein sonst kräftiges Individuum handelt oder vielleicht ein blutarmes
schwaches Kind, ob es sich um eine Neuinfektion oder ein Rezidiv handelt. Bei
ambulanter Behandlung, bei schwacher Konstitution und vor allem
bei Neuerkrankung rate ich dringend, sofort mit energischer
Chinintherapie zu beginnen, ganz gleichgültig, in welchem Ent-
wicklungsstadium sich die Parasiten gerade befinden.
Beispiel: Herr N. ist ein kräftiger Mann mit hohem Fieber. Das Froststadium ist
bereits im Abklingen. Die Blutuntersuchung zeigt eine Neuerkrankung an einfacher
478 D'"- Hans Ziemann.
Tertiana. Gametocyten noch nicht zu entdecken, wohl aber einige reife Schizonten und
freie Merozoiten, sowie einige bereits endoglobuläre junge Schizonten. Die subjektiven
Beschwerden sind stark. Die Angst vor künftigen Fiebern groß. Was tun? 43 Stunden
warten, also bis 5 Stunden vor dem nächsten Anfalle, wo sich mittlerweile schon einige
der so sehr widerstandsfähigen, die Rezidive vermittelnden Makrogameten unter Um-
ständen gebildet haben, wo die Zahl der zirkulierenden Parasiten sich um das 15 — 24-
fache vermehrt haben könnte? Das wäre irrationell.
Der Kampf gegen die Parasiten ist so schnell wie möglich zu eröffnen, so-
lange die jungen Schizonten sich noch nicht weiter in die Substanz des infizierten
roten Blutkörpers eingegraben haben. Da das Erbrechen der Kranken eine Eesorption
der wirksamen Chinindose hindern würde, muß Chinin, falls das Erbrechen nicht
zu stillen ist (vgl. den betr. Abschnitt) sofort intramuskulär eingespritzt werden. "Wir
haben dann die große Chance, den nächsten Anfall überhaupt zu koupiereu. Bei
kräftiger Konstitution kann man zweckmäßigerweise am Ende des Anfalls sogar ein
zweites Gramm Chinin geben. 24 Stunden später, am Tage der Apyrexie, sind die
Parasiten gänzlich aus dem peripheren Blute geschwunden. Trotzdem geben Avir
1 g Chinin 24 Stunden nach dem Anfalle am fieberfreien Tage, sowie auch
5 Stunden vor dem nächsten, sonst fällig gewesenen Pieberanfalle.
In derselben Weise ist die Behandlung aufs energischste sofort aufzunehmen,
wenn eine neuauftretende Malaria eine schon bestehende Krankheit z. B. Tuber-
kulose usw. aufs ungünstigste beeinflussen würde.
Handelt es sich dagegen um eine Neuerki-ankung am Tage der Apyrexie bei
einem kräftigen Manne, so wird man mit dem Chinin ruhig bis .5 Stunden vor dem
Pieberanfalle warten, da man den Anfall jetzt doch nicht mehr mit Sicherheit
koupieren kann, und man wenigstens die Aussicht hat, mit Cliinin, 5 Stunden vor
dem Anfall gegeben und mehrfach wiederholt, eine radikale Heilung zu erzielen.
Bei Quartana wird man praktischerweise nach denselben streng individu-
alisierenden, also nicht schablonenmäßigen Grrundsätzen verfahren.
Selbst schwerer verlaufende Fälle weichen bei dieser Behandlung durchaus
den gewöhnlichen Chinindosen.
Ich denke dabei speziell an einen Matrosenartilleristen aus Lehe an der Weser, der
1896 im Koma eingeliefert wurde, Gesicht blaurötlich verfärbt , Atmung äußerst ober-
flächlich, nicht vermehrt. Puls kaum fühlbar, beschleunigt, Lid- und Pupillenreaktion nicht
deutlich wahrnehmbar. Temperatur 39,5. Die Blutuntersuchung zeigte eine äußerst starke
Tertiana duplicata. 1 g Chinin sofort und am Ende des Anfalls injiziert, brachte die
Malaria-Parasiten gleich zum Schwinden.
Bei sämtlichen Eezidiven, bei denen es ja doch schon zu Grametocyteubildung
gekommen, wird man prinzipiell das Chinin stets 5 Stunden vor dem nach mikro-
skopischer Untersuchung zu erwartenden Anfalle verabfolgen, um den regelmäßigen
Verlauf der Schizontenentwicklung nicht zu stören.
Bei verschleppter Tertiana und Quartana mit irregulärem Ver-
laufe müßte durch genaue Blutuntersuchung der imgefähre Entwicklungsgang der
Parasitengeneration festgestellt werden, um Chinin 5 Stunden vor dem Zeitpunkt
zu geben, an dem die Schizogonie wenigstens der meisten gleichaltrigen Schizonten
stattfinden würde. Viel einfacher und bequemer erscheint in solchen
Fällen Nocht's Methode der Behandlung (vgl. später). Ist der Parasiten-
befund sehr spärlich und unregelmäßig, die Infektion aber doch hartnäckig, so wird
man bei sonst gutem Kräftezustand eine Luftveränderung vorschlagen, womöglich
eine Reise ins Gebirge oder an die See, um ev. die Spontanheilung anzuregen.
Auch wird man ohne Schaden, falls der Kräftezustand des Körpers es gestattet,
einige Tage mit der Chinintherapie warten können, damit die unbeeinflußten Malaria-
Malaria. ~ 479
Parasiten zu einer regelmäßigen Entwicklung zurückkehren, um dann mit einer
regulären Chininkur zu beginnen.
Fälle von Tertiana oder Quartana mit reinem Gametocytenbefunde dürften in
Europa dem Arzte nur durch Zufall zu Gesicht kommen. Da speziell die Makrogameten
Rezidive bedingen , kommen wir auf unser Verhalten in solchen Fällen noch bei Be-
sprechung der Gametocytenbehandlung der Perniciosa zurück.
Jedenfalls bleibt das A und 0 einer rationellen Ckinintherapie,
auch der leichtesten Fieber, eine möglichst frühzeitige und ener-
gische ev. mit Schwitzbädern kombinierte Chininbehandlung des
Fiebers selbst und eine ebenso energische Nachbehandlung.
Nachbehandlung der Tertiana und Quartana mit Chinin.
Nach Verschwinden der Parasiten aus dem peripheren Blute
wird man, um die Rezidive zu vermeiden, noch mehrere Tage täg-
lich je 1 g Chinin geben, und dann noch mehrere Monate in regel-
mäßigen Zwischenräumen diese G-abe wiederholen.
Verf. gibt nach dem Verschwinden der Parasiten 3 Tage hintereinander täg-
lich je 1 g Chinin, dann 14 Tage hintereinander jeden 2. Tag, dann mehrere Monate
hintereinander jeden 4. Tag, so daß 3 chininfreie Tage dazwischen hegen. Andere
geben jeden lU., bzw. 8. und 9. oder 5. und 6. Tag. (Vgl. auch Nocht's Nach-
behandlung und ferner Prophylaxe.)
Die Länge der Nachbehandlung wird jedenfalls wesentlich abhängen von der
voraufgegangenen Stärke und Hartnäckigkeit der Fieber und von der Dauer des
weiteren Aufenthaltes in der betreffenden Fiebergegend.
Es ist nur eine Pflicht der historischen Gerechtigkeit, daran zu erinnern, daß schon
ToETi diese energische Nachbehandlung der Malariafieber einführte, mit dem ausge-
sprochenen Zwecke, die Rezidive zu verhindern. Er gab 8 Tage hindurch nach Aufhören
des Fiebers Chinin, bei Perniciosa sogar in Sfacher Dosis, pausierte dann einige Tage, um
es dann wieder 6 Tage hindurch täglich zu geben und so weiter. Auch Sydenham gab
bereits Chinin noch 8 Tage nach Aufhören der Fieber zu demselben Zwecke, ebenso später
Bketonneau und Rousseau. Nur waren die Lehren dieser Forscher in Vergessenheit
geraten.
Chinin bei Perniciosa.
Die allgemeinen Bemerkungen betr. die Chininwirkung auf
die Malariaparasiten, treffen auch für die Perniciosaparasiten zu.
Im ganzen schwinden aber die Perniciosaparasiten schwerer aus dem Blute,
auch bei energischer Chinintherapie, als speziell die Tertianparasiten. Es sind
daher bei Perniciosa die therapeutischen Chinindosen durch-
schnittlich um die Hälfte bis um das Doppelte höher zu wählen als
bei Tertiana und Quartana, besonders bei den schwereren Tropen-
fiebern.
Es sind sogar zweifellos Fälle beobachtet, wo die Entwicklung der Perniciosa-
parasiten trotz reiclilicher Chininverabfolgung und scheinbar gesicherter ßesorption
ihren weiteren Verlauf nahm, und wo man bei der Sektion in den Kapillaren des
Gehirns usw. reichlich Teilungsformen fand.
Fearnside beobachtete einen Fall von Malaria- Aploplexie bei einem alten Malariker
mit vergrößerter Milz, der nach längerem Wohlbefinden plötzlich Schüttelfrost bekam
infolge von mikroskopisch nachgewiesener Malaria und trotz Chinin am nächsten Morgen
starb. Auch hier wiesen die Hirnkapillaren die meisten Parasiten auf. Außerdem fanden
480 Dl'- Hans Ziemann.
sich noch kleine Hämorrhagien im Gehirn. Verf. selber sah einen Fall in Victoria (West-
al'rika) bei einem etwa 8 Monate altem eingeborenen Säugling, wo trotz 2 maliger Dosis
Chinin ä 0,1 g, intramuskulär 12 bzw. 6 Stunden vor dem Tode injiziert, sich bei der
Sektion in den inneren Organen, speziell auch in den Gehirnkapillaren, enorme Mengen
von Perniciosaparasiten in allen Entwicklungsstadien zeigten. Dieselben waren äußerlich
scheinbar durch das Chinin nicht beeinflußt.
Die Möglichkeit ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, daß manchmal auch
die Schizonten bei einem versteckten Sitze in inneren Organen, wie der Milz etc., der
Chininwirkung weniger ausgesetzt sind.
Im ganzen aber scheinen solche Fälle mit ungewöhnlich geringer Beeinflussung
der Schizonten durch Chinin doch selten zu sein.
Andererseits ist die Toxinwirknng der Perniciosaparasiten
meist unvergleichlich viel stärker als die der Tertian- und Quar-
tanparasiten.
Es kann daher infolge starker Ghinindosen sehr wohl die Ab-
tötung sämtlicher Perniciosaparasiten bereits erfolgt sein, und
trotzdem das Fieber infolge Zirkulierens von Toxinen usw. ruhig
weiterbestehen, ja der Tod eintreten. Überhaupt ist bekanntlich die
Temperaturkurve des Perniciosafiebers nicht entfernt so strikte abhängig von dem
Entwicklungsgange der betr. Parasitengeneration und damit auch von der Chinin-
therapie, wie es bei der Tertiana und Quartana der Fall ist.
Wenn man in solchen Fällen von Fortbestehen des Fiebers in ganz sinnloser
"Weise Chinin und immer wieder Chinin dem armen Patienten einpumpt, ohne
das Blut zu untersuchen, ist das ein gröbster Fehler. Gregen die AVirkung der
Toxine und Stoffwechselprodukte der Parasiten ist das Chinin ja gänzlich machtlos.
Andererseits wird jeder Praktiker, sowohl in den schweren Fiebergegenden Italiens
wie sogar in den Ti-open Patienten mit Perniciosaparasiten gesehen haben, die ihre An-
fälle mit einer oder an mehreren Tagen wiederholten Dosis von Ya § Chinin heilten. Es
sind fast immer alte Malariakandidaten. Auch Nocht sah schon 1899 bei seinen Malaria-
rezidiven im Hamburger Tropeninstitut sehr gute Resultate mit 0,3 Chinin, 3 mal täglich
gegeben. Gerade diese scheinbar leicht weichenden und ebenso leicht wiederkehrenden
Fieber können die Disposition zum Schwarzwasserfieber ebenso schaffen wie eine Reihe
schwerer Fieber. Es braucht in diesen Fällen gar nicht einmal eigentliche Neigung zur
Spontanheilung vorhanden zu sein. Die jeweilig gegebene kleine Chinindose ist für diese
Patienten gerade genügend zur Abtötung der betreffenden Schizontengeneration, ohne im
geringsten die Makrogameten zu beeinflussen.
Aus den Darlegungen im allgemeinen Teile ergibt sich bereits die all-
gemeine Forderung, das Chinin auch bei Perniciosa möglichst in der Inter-
mission beim Fieberabfall, d. h. 4 — 5 Stunden vor dem zu erwartenden An-
falle, zu geben. In Westafrika hatte sich diese Vorschrift auch schon seit Jahren
eingeführt, wenn sich die Möglichkeit dazu ei'gab. ' Nach E. Koch ist der richtige
Zeitpunkt der Chiningabe, wenn die großen Siegelringformen mit Pigment im Blute
erscheinen — es ist das die Zeit der Remission — da einige Stunden später die
Sporulation der Perniciosaparasiten in den inneren Orgauen einsetzt. Das gerade
gegebene Chinin kann dann also die freien Merozoiten treffen.
In Westafrika hat man guten Grund, das Chinin während der kurzen Remission
der Perniciosa zu nehmen, da die Erfahrung schon gelehrt hatte, daß in jeder
Schwarzwasserfiebergegend Chinin, während des Fieberstadiums gegeben, ganz besonders
leicht zur Auslösung eines Schwarzwasserfieberanfalls disponierte. Daher die allgemeine
Anschauung in Westafrika, daß man während einer Perniciosa Chinin nie bei einer
Temperatur über 38° C nehmen dürfe. Diese Regel war sehr praktisch für alte Tropen-
bewohner, deren im allgemeinen leichte Fieber durch tiefe Intermissionen ausgezeichnet
Malaria. 481
sind, die also auf Temperaturen unter 38 "^ C rechnen können, ist aber direkt verderblich für
die vielen Neuerkrankenden. Diese erwarten oft Tagelang vergeblich Temperaturen unter
38 " C. Aus der bei Perniciosaneuerkrankungen ganz unbegründeten Angst vor Schwarz-
wasserfieber nehmen diese Patienten kein Chinin. Das Fieber wird immer hartnackiger,
die Zahl der Gametocyten häufiger, die Anämie immer ausgesprochener und die Dispo-
sition zu dem, was gerade vermieden werden sollte, zum Schwarzwasserfieber, wird
jetzt erst geschaffen.
Doch betrachten wir zunächst die Wirkung des in starken Dosen von 1 — 1,5 g
gegebenen Chinins auf die Perniciosaparasiten in mittelschweren Fällen und während
der endoglobulären Entwicklung derselben.
Die jungen endoglobulären Perniciosaparasiten werden bei , starker thera-
peutischer Cliinindosis zunächst womöghch noch etwas lebhafter amöboid beweghch,
um dann Scheibenform anzunehmen und zum Teil die roten Blutkörper zu verlassen
und in das Plasma des Blutes überzutreten, wo sie zugrunde gehen. Jedenfalls
nimmt ihre Zahl, wie schon erwähnt, bei fortdauerndem Chiningebrauch immer mehr
ab, um schließlich ganz zu verschwinden.
"Während Marchiafäva und Bignajii an gefärbten Präparaten von jungen endo-
globulären chininisierten Formen der italienischen Perniciosa keine morphologische Ver-
änderung sehen konnten, glaubt Verf. bei westafrikanischer Malaria in solchen Fällen
mehrfach eine äußerst feine Körnelung und Ausfransung des Plasmarandes der Parasiten
gesehen zu haben, bei den allerjüngsten endoglobulären Ringen auch eine Verzerrung des
Plasmas, sowie Abnahme der Färbbarkeit desselben. Das Chromatin dagegen zeigte
keine Veränderung. Die größeren Siegelringformen werden durch 1,0 — 1,5 g Chinin
zweifellos öfter in ihrem Wachstum gehindert, ohne daß Verf. morphologisch Verände-
rungen infolge der Chininwirkung feststellen konnte. Leider sind die betr. morphologi-
schen Vorgänge nicht gut zu verfolgen, da die weitere Entwicklung der Parasiten in
inneren Organen stattfindet. Bei Parasiten, bei denen bereits die Chromatinteilung be-
gonnen, bewirkt das Chinin nach gefärbten Präparaten von Sektionsfällen keine morpho-
logische Veränderung, ebensowenig bei reifen Sporulationsformen. Und doch muß eine ge-
wisse Schädigung dieser Formen durch das Chinin eingetreten sein, indem die Sporulation
mehrfach später eintritt, und die jungen Merozoiten verspätet bzw. bei wiederholter
Ohinindosis öfters gar nicht mehr in die roten Blutzellen eindringen.
In diesem Zusammenhange sei noch erwähnt, daß die roten Blut-
körper, aus denen infolge der Chiningabe die Perniciosaparasiten
verschwunden sind, scheinbar weiter leben können. Voraussetzung
dürfte sein, daß noch keine Schrumpfung oder deutliche Punktierung (ScHÜFFNEß'sche
Flecke) eingetreten ist. Wenn also die jüngsten endoglobulären Perniciosaparasiten
■durch kräftige wiederholte Chinindosen, von wenigstens 1 g, z. T. zum Schwinden
gebracht werden können (mindestens ein Teil der Schizonten), sei es durch Aus-
tritt aus den roten Blutzellen, sei es durch direkte Vernichtung des Parasiten-
plasmas, so bedeutet das einen großen Gewinn für den Patienten. Es können
ihm dadurch eine Menge roter Blutkörper gerettet werden. Diese Erwägung wird
.also auch bei der Therapie zu berücksichtigen sein.
Chinin, unrichtig nach Zeit und Menge gegeben, soll auch das Fieber unregel-
mäßiger und hartnäckiger machen, indem man die Schizonten gewissermaßen zu den
die Rezidive veranlassenden Grametocyten umwandle. Indeß die Gametocyten ent-
wickeln sich nach unseren modernen Anschauungen nicht aus den endoglobulären
Schizonten, sondern sind schon präformiert in den Sporulationsformen. Das Vor-
kommen von Gametocyten in dem ersten Anfall der Perniciosa, bei der nicht
schon ein langes Latenzstadium vorausgegangen, konnte Verf. bisher mikroskopisch
noch nicht feststellen. Die Möglichkeit ihres Vorkommens schon während des
ersten Fiebers muß aber bei der relativen Häufigkeit der Rezidive gerade der Perni-
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 31
482 •IJr. Hans Ziemann.
ciösen offengelassen werden. Schon daraus ergibt sicll die NotAvendigkeit
einer energischen, längere Zeit dauernden Nachbehandlung, um
die aus clen Makrogameten sich allmählich umwandelnden Schi-
zonten abzutöten.
Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Eegelmäßigkeit der Entwicklung gerade
der Perniciosaparasiten nicht entfernt dieselbe ist, wie bei der Tertiana und Quar-
tana, auch nicht in den Fällen von ganz regelmäßiger Tertiana tropica bzw. tertiana,
aestiyo-autumnalis Italiens.
Chinin, 4 — 5 Stunden gegeben vor dem Anfall zu einer Zeit der Apyrexie, wo die
groUen Ringformen mit Pigment aus der Zirkulation des peripheren Blutes verschwinden,,
um- in inneren Organen die Schizogonie zu beendigen, trifft also nicht nur diese vor,
sondern auch noch jüngere, noch in Entwicklung zurückgebliebene Formen, bzw. schon,
ältere mit bereits beginnender Chromatinteilung.
Aus allen diesen Beobachtungen heraus und aus hundertfacher
Erfahrung in den gefährlichsten Malariagegenden der Tropen und
Italiens lassen sich daher einige Hauptregeln der Chinintherapie
bei Perniciosa aufstellen unter Berü_cksj_chtigung der Individuali-
sierung der Behandlung. Di^^-^l^^^il^CT&dosa noch viel notwendiger
wie bei der Tertiana und Quartana, je''B^liaem es sich ilm j!feuerkrankungen handelt,,
oder um Eezidive, um schwächlicMeöJoder kräftige Individ^eV ferner um Schwarz-
wasserfieberkandidaten oder nicht.| MAY 26 lö 08 1
1. Bei denjenigen P e n n i c i o s a, r ^i„d i v e n . b^i welchen es zu:
tieferen und regelmäßigen InH,er»iissioneEukommt, gibt man Chinin
in Dosis von mindestens 1 g n'i*^,^^_i^^r„J^iftermission, wenn die
großen Perniciosaringe mit Pigment im peripheren Blute sich
finden und- gibt nach 8 — 4 Stunden ein weiteres Gramm, falls die Temperatur
dann noch nicht gestiegen. Während des Fieberanfalls gibt man bei leichtem und
mittelstarkem Verlaufe kein Chinin, da wir durchschoittlich nach 12 — 20 Stunden
eine- neue Intermissibn zu erwarten haben. In dieser wird wiederum 1 — 2 g ge-
geben und so lange fortgefahren, als sich noch Schizonten im Blute nachweisen lassen.
Die Nachbehandlung wird später im Zusammenhange besprochen. Bei dieser Be-
handlung haben wir zweifellos die Aussicht, die Kegelmäßigkeit der Fieberkurve am
wenigsten zu stören. Ist das Rezidiv ein schweres mit mangelnder Intermission,.
also verlaufend wie ein Erstlingsfieber, wird wie bei einem solchen verfahren.
2. Handelt es sich um ein Perniciosaerstlingsfieber, bei dem be^
kanntlich der Eintritt der Remission oder Intermission sich bis 48 Stunden und
länger hinausziehen kann, müßte man nach Koch die Intermissionen bzw. Remission
abwarten, um dann jedenfalls energisch Chinin, mindestens 1 g zu geben, wenn die
großen Perniciosaringe im Blute erschienen sind, im übrigen verfahren wie ad 1.
Nach den früheren Darlegungen ist es aber durchaus nicht irrationell, sondern im
Gregenteü dringend zu empfehlen, schon im Fieberanfall, also im
Schweißstadium, wenn die kleinen Ringelchen im Blute erscheinen,,
1 g zu geben, um bei endlichem Eintritt der Remission oder Inter-
mission ein zweites Gramm zu geben. Ebenso verfahren wir nach dem
zweiten Fieberanfalle usw. Wie schon erwähnt, sind ja die jüngsten endoglobulären.
Formen noch sehr wohl durch Chinin beeinflußbar.
3. Handelt es sich um schwere remittierende Fieber, bei denen
nicht wie bei ad 1 und 2 die Parasitengeneration wenigstens
annähernd auf derselben Stufe der Entwicklung stehen, sondern in
verscliiedenster Entwicklung begriffen das periphere Blut und die inneren Organe
Malaria. 483
überschwemmen , wii-d man bei der klinisch festgestellten Gefährhchkeit gerade
dieser Fieber unabhängig von dem Schema nach stattgefundener Blutuntersuchung
sofort Chinin geben, und zwar am besten gleich 1^/2 g, ganz gleich
gültig, welche Temperatur gerade ist. l^ach 4 — 5 Stunden ist bei ab-
normer Resistenz der Schizonten wieder ^1-2 — 1 g usw. zur Not bis 3 g an einem
Tage im ganzen zu geben. Man erzielt dann eine fraktionierte Sterilisation
des Blutes. Noch höhere Dosen scheinen nicht nur nicht nützlich, sondern wegen
der schweren Chininwirkung direkt schädlich zu wirken. In der übergroßen Mehr-
zahl der Fälle genügen durchaus 2 g von sicher zur Resorption gebrachtem Chinin.,
Als goldene Regel muß gelten, in allen Fällen von Perniciosa, mag der Yer-
lauf auch noch so leicht gewesen sein, die energischste Nachbehandlung einzuleiten^
Die Lehren Toeti's schienen in bezug auf die Nachbehandlung der Perniciosa,
wenigstens in den Tropen, früher keine Beobachtung gefunden zu haben, da sie den
meisten unbekannt waren. Als Yerf. 1894/5 in Afrika zum erstenmal diese energische
Nachbehandlung durch Chinin bei einem einheitlichen großen Menschenmaterial
durchführte, bei gleichzeitig äußerst energischer Behandlung der Neuerkrankungen,
waren die Resultate geradezu glänzend gegenüber den früheren, die Zahl der
Rezidive eine außerordentlich kleine. Dies in einem außerordentlich schweren Fieber-
jahre Westafrikas. Fisch in Aburi berichtet auch sehr günstig darüber. Weiteres
vgl. bei Prophylaxe.
4. Bei Fällen chronischer Art, in denen neben Schizonten
Gameten im Blut auftreten, verweise ich auf den betreffenden Ab-
schnitt bei Tertiana und Quartana. Der Parasitenbefund ist dann oft ein
äußerst spärlicher.
Verf. empfahl und übte schon 1894 in solchen Fällen die energische
wiederholte Anwendung von Schwitzbädern, 1. c. »1896. Centralbl. f.
Bakt. Bd. XX S. 669. Dm-ch Hyperämie der Hautgefäße sollte eine Blutentlastung
der inneren Organe stattfinden und auf diese Weise die ruhenden Parasiten dem
Einfluß des Chinins zugänglicher gemacht werden.
Durch eine gewisse Eindickung des Blutes infolge des Wasserverlustes des Körpers
während des Schwitzbades erkläre ich es, wenn das spezifische Gewicht des Blutes nach
prolongierten Schwitzbädern etwas vermehrt erscheint, dito der Hömoglobingehalt und die
Zahl der roten Blutkörper.
Am besten sind die QuiNCKE'schen Heißluftbäder, kombiniert mit der Wirkung
des Chinins. In Kamerun haben sich auf meine Veranlassung bereits mehrere
größere Haushaltungen die betr. einfachen Vorrichtungen improvisiert.
Ich gebe das Chinin stets etwa '/4 — 1 Stunde vor Beginn des Schwitzbades, damit
das Chinin seine Hauptwirksamkeit noch während des Schwitzens entfalten kann. Der
Apparat besteht aus einem Drahtgestell von Gestalt einer ßeifenbahre, der über den auf
einer wasserdichten Unterlage im Bett liegenden entkleideten Patienten gestülpt wird.
Durch übergelegte Decken wird möglichster Luftabschluß erzielt. Dann leitet man das
eine Ende eines knieförmig gebogenen Ofenrohres unter den abgeschlossenen Raum der
Reifenbahre und stellt unter das andere Ende des Ofenrohres eine kleine brennende
Spirituslampe. Die erwärmte Luft strömt durch das Ofenrohr nach dem Patienten zu,
der in kurzem in stärksten Schweiß gerät. Durch Regulierung der Elamme kann die
Hitze gemindert werden. Starke Plethora und Kongestionen zum Kopf bilden Kontra-
indikation. Der Puls ist natürlich zu kontrollieren. Das Schwitzbad dauert durch-,
schnittlich zirka 1^/2—2 Stunden.
Die Erklärung von der zweifellos außerordentlichen Wirksamkeit der Heißluft-
bäder in solchen Fällen liegt außer in der Blutentlastung der inneren Organe wohl
auch darin , daß infolge der künstlich geschaffenen abnormen Temperatur und
31*
484 Dr. Hans Ziemann.
Zirkulationsverhältuisse des Blutes die Makrogameten unter Kernreduktion zur
Schizogonie schreiten und nun dem. Einfluß des Chinins zugänglicher gemacht
werden können. Aber auch bei Neuerkrankungen von Perniciosa machte ich von
diesen Schwitzbädern schon 1894/95 den ausgedehntesten Grebrauch.
Nachbehandlung der Perniciosa. Fast alle Ärzte dürften heute darin
einig sein, daß man bei Perniciosa noch 2 — 3 Tage nach stattgehabter Entfieberung
1 g Chinin zu geben hat, normale Verhältnisse vorausgesetzt. Koch und Ollwig
geben noch etwa 2 Monate an jedem 9. — 10. Tag Chinin, was in Ländern mit
schwerster Malaria jedenfalls zu wenig ist. Die Yorschriften der einzelnen Autoren
sind da sehr verschieden. Prinzip muß unbedingt bleiben, das Chinin dann in
Zwischenräumen eine Zeitlang regelmäßig zu geben.
Eoss empfiehlt ebenfalls, sofort mit der Chininbehandlung zu beginnen, wenn
es sich um Neuerkrankungen in den Tropen handelt, und ohne abzuwarten, bis das
Fieber nachläßt.
Eoss' Methode der Malariabehandlung. Er gibt eine Woche lang täglich etwa alle
12 Stunden % g. Wenn man glaubt, daß der Patient stärkere Dosen vertragen kann,
empfiehlt er sogar ein ganzes Gramm und schlägt in seinem bekannten Werke „das
Malariafieber, dessen Ursachen, Verhütung und Behandlung" S. 50 folgendes Kegime vor.
1. Während der ersten 14 Tage nach der Entfieberung täglich 17s g; 2. während der
folgenden 14 Tage 1 g täglich; 3. während des 2. Monats % g täghch; 4. während des
3. Monats Va S täglich und zwar zuerst ''/s statt Ya wenigstens zweimal, und dann einmal
wöchentlich; 5. während des 4. Monats % g einmal wöchentlich und 1 — 2 Dosen von 7s g
dazwischen. Mir kommt das doch etwas reichlich vor, und soll das Gute nie der Feind
des Besseren sein.
Vielfach wird Chinin an 2 Tagen hintereinander gegeben, nicht vertragen, da
sich die Wirkungen des Chinins am 2. Tage sehr bemerkbar machen, möglicher-
weise durch Kumulierung der Chininwirkung. Man gibt dann in bestimmten
Zwischenräumen nur an einem Tage Chinin. Diese Frage der Nachbehand-
lung der Fieber trifft in schweren Malarialändern mit der Chinin-
prophylaxe zusammen. Verf. gibt drei Tage nach Entfieberung
täglich 1 g Chinin, dann 14 Tage jeden 2. Tag, dann mehrere Monate
jeden 4. Tag, so daß 3 chininfreie Tage dazwischen liegen. Entsprechend der
Idiosynkrasie gegen Chinin, der Konstitution und Beschäftigung des betreffenden
Patienten, Gefährlichkeit der voraufgegangenen Fieber, wird man die Dosen kleiner
wählen können (vgl. Prophylaxe S. 515.)
5. Bei Perniciosakranken, welche früher bereits einmal an
Schwarz Wasserfieber erkrankt waren, wird man auf das strengste
individualisieren müssen.
Ein Patient, der früher bereits mehrfach nach 1,0 g Chinin Schwarzwasserfieber
bekommen, wird bei Malaria nicht gleich 1,0 g Chinin, auch nicht in der Inter-
mission erhalten. Man wü-d mit höchstens 0,5 g beginnen und allmählich während
der eintretenden Eemission die Dosen pro Tag steigern, bis 1,0 g Chinin erreicht
ist. Diese Dose ist dann noch 3 Tage hintereinander nach Verschwinden der Para-
siten zu geben. Hatte ein Malariakranker bereits einmal nach 0,5 g Chinin Schwarz-
wasserfieber bekommen, lassen \dr bei Malaria mit 0,1 g beginnen und steigern
dann die Dosen um täglich 0,1 bis ev. 1,0 erreicht ist.
Wir beginnen mit 0,1 g Chinin als Tagesdosis in allen Fällen
von Malaria, bei denen sich zahlreiche basophile und polychromato-
phile rote Blutkörper finden, ganz besonders, wenn schon früher
mal Schwarzwasserfieber aufgetreten vor. (Das gehäufte Auftreten von
Malaria. 485
Basophilie und Polychromatophilie der roten Blutkörper ist oft ein Zeichen für
Disposition zu Hämolyse.)
Sowie während der Steigerung der Cliinindosis der Urin sich dunkler färbt,
Albumen oder Urobüin bzw. Hämoglobin auftritt, gehen wir zurück bis zu der Dosis
Chinin, die keine Albuminurie oder ürobilinurie auslöst, geben diese Dosis 2 — 3 Tage
und steigern dann die Dosis wieder, tägKcli um je 0,1 g, Ygl. wie oben.
6. Ist das Malariafieber von vornherein mit Schwarzwasser-
fieber kompliziert, so rate ich für die nächsten 8 Tage während
des Schwarzwasserfiebers überhaupt kein Chinin zu geben, auch
nach dem Schwinden des Schwarz Wasserfiebers nicht, falls die
Parasiten aus demBlute spontan verschwinden. Meistens verschwinden
nämlich die etwa noch vorhandenen Parasiten schon am 1. bzw. 2. Fiebertage. Man
wird daher dieses Verschwinden ev. 1 — 2 bzw. sogar 3 Tage abwarten müssen. Wir
geben kein Chinin in diesem Falle, um jede neue Zerstörung von roten Blutkörpern
zu vermeiden und um dem Organismus zu der meist schnell eintretenden Blut-
erneuerung Zeit zu lassen. Außerdem sind ja Parasiten im peripheren Blute dann
gar nicht mehr vorhanden. Dann beginnt man mit Chinin 0,1, um allmählich pro
Tag um 0,1 zu steigern, so lange, bis eine therapeutische Dosis vertragen wird.
Droht aufs neue Schwarzwasserfieber einzusetzen, d. h. erscheint Albumen, Urobilin
oder Hämoglobin im Urin, wie ad 5.
7. Bleibt die Malaria bestehen, nachdem bereits das Schwarz-
wasserfieber verschwunden, wie in mehreren Fällen vom Yerf. be-
obachtet wurde, so wartet man noch 1 — 2 Tage auf das spontane
Verschwinden der Parasiten. Verschwinden dieselben nicht, beginnt man
mit Chinin 0,1, dann wie ad 5.
Nachbehandlung der Fälle ad 5, 6 und 7. Die höchst erreichte und
ohne Schaden ertragene Dosis Chinin wird 3 Tage hintereinander noch nach dem
Schwinden der Parasiten gegeben, dann 14 Tage jeden 2. Tag und dann wieder mit
gewohnter Prophylaxe (vgl. diese) begonnen.
Glaubt man ganz besonders vorsichtig sein zu müssen, gebt man nach Erreichung
der größten ertragenen Dosis, also ev, 1 g, um täglich 0,1 zurück bis auf 0,5, steigt
wieder täglich um 0,1 bis 1,0 erreicht ist. Dann läßt man 2 Monate prophylaktisch jeden
4. Tag 0,5, jeden 5. Tag 0,75, jeden 6. Tag je 1 g nehmen. Man gestattet dann 3 chinin-
freie Tage, darauf von neuem den Turnus beginnen. Nach 2 Monaten gewöhnliche
4tägige bzw. die für den Ort erprobte Prophylaxe (vgl. später sub Chininprophylaxe).
Falls Chinin in so hohen Dosen nicht vertragen wird, gebe man Euchinin oder Chinin
in kleineren Dosen, je nach dem Falle. Stets ist dabei das Blut bez. stärkeren Auftretens
von Basophilie und Polychromatophilie zu kontrollieren.
Einige Autoren empfehlen in solchen Fällen eine Methylenblaukur (vgl. diese)
5. 497) zur Nachbehandlung. Ich habe davon keine Erfolge gesehen. In Praxi dürfte es
nicht viele Schwarzwasserfieber-Üekonvaleszenten geben, deren geschwächter, und doch
mit allen Mitteln zu stärkender Magen nicht gegen Methylenblau rebellieren würde.
8. Besteht Scliwarzwasserfieber und Malaria weiter, so
richtet sich unser Verhalten nach der Schwere des Schwarz-
wasserfiebers und der Schwere der Malariasymptome, der Menge
und Art der Parasiten und auch nach der Entstehungsart des
Schwarzwasserfiebers, je nachdem dasselbe spontan, oder auf
Chiningabe entstandenist. Bei letzterer Entstehung ist doppelte Vorsicht
in unserem Handeln nötig.
Ist die Hämoglobinurie vorläufig relativ leicht, was wir durch Messen des
Hämoglobins und Zählen der roten Blutkörper kontrollieren können, so verfahren wir
486 Dr- Hans Ziemänn.
vorläufig weiter abwartend und symptomatisch, oline Chinin zu geben. Zeigt das
Blut neben wenigen Schizonten hauptsächlich Gametocyten, offenbart sich also ev, eine
gewisse Neigung zur Spontanheilung, wenigstens der Malaria, wird man ebenfalls
mit dem Chinin vorläufig warten, da das Chinin ja doch machtlos gegen die
Oametocyten ist. In solchen Fällen haben die Malariaparasiten sich schnell quasi
akkomodiert an das als Nährmedium so verschlechterte Blut des Schwarzwasser-
fieberkranken.
Verschlechtert sich der Zustand des Patienten infolge Fortbestehens oder
sogar Zunahme des Blutzerfalls (Hämoglobinurie) und Fortbestehens der Malaria-
infektion, so kommen wir in eine der schwierigsten Lagen, die sich der Arzt denken
karm. Auf der einen Seite die Malaria, welche wegen der fortschreitenden Anämie
Chininbehandlung erfordert, auf der anderen das Schwarz Wasserfieber, welches
Chinin kontraindiziert.
Wir müssen dann Chinin geben, beginnend mit Dosen von 0,1, und in der
Weise die Dosen steigern, daß man am selben Tage 0,2, am anderen Morgen 0,3,
am anderen Abend 0,4, dann weiter 0,5 etc. gibt, bis 1,0 pro die erreicht ist. Bei
starker Chininidiosynkrasie wird man sogar jede Dose nur um 0,05 steigern.
Ist das Schwarz Wasserfieber ein sehr stürmisches und spontan ohne Chinin
entstanden, besteht aber die Malaria weiter, beginnt man mit 0,5 Chinin und steigt
schnell auf 1,0 intramuskulär. Man spielt dann eben va banque.
Bei Fällen von akutestem Schwarzwasserfieber, ausgelöst durch Chinin,
scheinen die Parasiten rapide schnell aus der Zirkulation zu schwinden.
Nocht's Chinintherapie.
Neuerdings veröffentlichten Nocht und Ufer die außerordentlich günstigen
Erfahrungen, die ersterer in Hamburg mit kleinen aber häufigen Chinindosen ge-
macht. Nocht läßt 0,2 Chinin innerhalb 8 Stunden in 2 stündigen Zwischenräumen
fünf^nal geben und zwar um 7, 9, 11, 1 und 3 Uhr, ohne Rücksicht auf das
jeweilige Fieberstadium. Erbricht der Patient eine Dosis, so bekommt er sofort noch
einmal die gleiche; so wurde täglich niemals weniger als 1,0 gegeben. In den
ersten 8 Tagen gab man 0,2 g Chinin fünfmal täglich, dann in Pausen von 3,
4, 5,- 6, 7 und 8 Tagen an 3 aufeinanderfolgenden Tagen wiederum. Zuletzt wird
in 8tägigen Zwischenräumen in erwähnter Weise das Cliinin noch wochenlang
weiter gegeben. Die Erfolge waren sehr gute, die Behandlungsdauer nicht länger
als bei großen Clunindosen.
Während in 26,4 ^/o der mit großen Dosen behandelten Fälle nach einmaliger
Chininverabreichung kein Fieber mehr auftrat, blieben bei denen mit kleinen Dosen
behandelten die Anfälle in 41,8 °/o aus. Auch die Rezidive waren weniger zahlreich.
Als weitere Vorteile werden gerühmt der Mangel an Nebenerscheinungen, die den Ge-
brauch des Chinins in großen Dosen so unangenehm machen, die verringerte Gefahr
des Eintritts von Schwarzwasseiiieber und die Möglichkeit, sofort mit der Therapie
zu beginnen, nachdem die Diagnose auf Malaria gestellt ist.
Bei näherer Betrachtung widersprechen diese hochinteressanten Resultate
unseren früheren Ausführungen nicht. Das innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums
(8 Stunden) eingeführte Chinin muß sich nach den Untersuchungen von Mariani
in der Blutflüssigkeit akkumulieren, so daß de facto auch bei diesem Modus eine
relativ große Chininmenge auf die Parasiten einwirkt. Vor allem ist bemerkens-
wert, daß nicht die ängstliche Rücksichtnahme auf die Intermission genommen-
Avird, wie es Koch vorschreibt.
So außerordentlich wichtig und schön diese Resultate bei Hospitalbehandlung
Malaria.: ^87
Verden können, rate ich doch dringend, bei allen schweren Neuerkrankuiigen an
Perniciosa vorläufig bei den großen Dosen zu verharren und bei den intramuskulären
Injektionen des Chinins, die uns von der fast stets vorhandenen Gastritis unabhängig
machen. Selbstverständüch muß die NocHT'sche Chinintherapie auch bei Neu-
erkrankungen in den Tropen noch erprobt werden.
"Wirkungen des Chinin auf den menschlichen Organismus.
Dieselben sind individuell sehr verschieden. Bei einigen äußert sich wenig
"Wirkung des Chinin, auch wenn zweifellos völlige Besorption stattgefunden hat. Bei
anderen machen sich die Chininwirkungen sclion bei therapeutischen Dosen in
Ohrensausen und Verringerung des Gehörs bemerkbar, weniger häufig
in Übelsein, Zittern der Hände, bitterem Geschmack im Munde,
schwacher Herztätigkeit, Herzklopfen und Erweiterung der
Pupille ev. in Schwindel, Ohnmacht, Angstzuständen, Urticaria
und Erythemen. Diese Symptome können sich in sehr seltenen Fällen schon
hei therapeutischen Dosen, häufiger bei hohen Dosen, zu 6 — 8 g und mehr, unter
Umständen zu Taubheit, Blindheit, psychischen Erregungszu-
ständen steigern. Ferner werden beobachtet Kollapszustände, sowie
auch schmerzhafte uterine Koliken des Uterus und Metrorrhagien.
Trousseau sah bei einer Nonne nach 1,2 Chinin einen Tag währende Geistesstörung',
E,izu bei einer Frau nach 0,1 Chinin Schwellung des Gesichts, Tränenfluß, Niesen und
an allen mit kaltem Wasser benetzten Stellen Urticaria, was sich nach jeder Chinindosis
wiederholte.
KüLZ berichtet von sehr starken parenchymatösen Blutungen aus Magen, Darm,
Mund und Nase, besonders aus dem Zahnfleisch und Blutungen in der Haut und den Kon-
junktiven, welche bei einem an Perniciosa auch schon früher oft erkrankten alten Afrikaner
nach 1 g Chinin auftraten. Es war also das Zusammenwirken zweier Faktoren nötig, um
jenen an Hämophilie erinnernden Prozeß hervorzurufen. Bereits 0,05 Chinin per os vermochte
«inen, wenn auch schwächeren Anfall von akuter Hämophilie hervorzubringer. Außerdem
kam es bei jenem Patienten nach einer späteren Chinindose zu Schwarzwasserfieber. Verf.
behandelte vor wenigen Monaten einen in Deutschland auf Urlaub befindlichen Kaufmann
aus Kamerun, der früher Bluter gewesen war und jetzt an schwerer Hämophilie aufs neue
mit Blutungen unter die Haut, die Konjunktiven, die Meningen usw. erkrankte. Der
Betreffende hatte Chinin, das er wegen tropischer Malaria nahm, gut vertragen, auch
während des neuen Ausbruches der Hämophilie. In diesem Falle hatte also zweifellos
der Tropenaufenthalt bzw. die Malaria allein die hämorrhagische Diathese aufs neue in
Erscheinung gebracht.
Plehn beobachtete einen Fall von Idiosynkrasie bei einer noch nie an Malaria
■erkrankten Dame, bei der es wenige Minuten nach Einnahme von V2 S Chinin zu leb-
haftem Hautjucken, erythematöser Rötung von Hals und Brust und zu Schüttelfrost mit
Temperatur bis 38,7 kam. Nach 1 g Chinin, intramuskulär stieg die Temperatur sogar
auf 40° C. Der Urin blieb indes normal und nach wenigen Stunden kehrte die Temperatur
zur Norm zurück, ohne daß sonstige krankhafte Spuren zurückblieben.
Solche Personen sind selbstverständlich gänzlich tropendienstunfähig, und
muß eine Untersuchung vor der Ausreise in die Tropen auf etwaige
Idiosynkrasie gegen Chinin angestellt werden.
NocHT sah in einigen Fällen bei seinen Rezidiven jedesmal nach dem Ein-
nehmen von Chinin Albuminui'ie auftreten.
In der Regel verschwinden die Erscheinungen der Idiosynkrasie nach späte-
stens 48 Stunden wieder. Die Amaurose aber kann unter Umständen noch mehrere
Monate bestehen und eine Einschränkung des Gesichtsfeldes verbunden mit Seh-
nervenatrophie zurückbleiben. Die Pupillen sind bei dieser Chininamaurose gegen
488 Dr. Hans Ziemann.
Licht unempfindlich und dilatiert. Das Chinin muß natürlich bei solch starken
Intoxikationserscheinungen sofort ausgesetzt werden und für völlige Bettruhe in
dunklem, stillem Zimmer gesorgt werden.
GuDDEN beobachtete neuerdings an der Westküste Afrikas ebenfalls Temperatur-
steigerungen nach prophylaktischen Chinindosen, ohne daß ein anderer Grund als das
Chinin dafür hätte gefunden werden können. (Vgl. frühere j^litteilung F. Plehn's.)
um das speziell so überaus lästige Ohrensausen zu mildern,
empfahl ich schon vor einigen Jahren, den gegen das Spezifikum
empfindlichen Personen Bromkalium in derselben Dosis wie das
Chinin selber zu geben.
In Kamerun hatten wir damit in mindestens 75% ^^^ Fälle gute Resultate.
Wendland berichtet aus Neu Guinea ebenfalls darüber günstig ; Maass sah keine Erfolge
davon, ^isch in Aburi empfiehlt gegen Ohrensausen Bromwasserstoifsäure, 10 — 20 Tropfen
in Zuckerwasser. Auch Urethan wurde gegeben, um die unangenehmen Wirkungen des
Chinin abzuschwächen.
Die Wirkung des Chinin auf den Organismus ist in den Tropen nicht immer
die gleiche trotz gleicher Resorption, indem die Chininbeschwerden bald etwas
stärker, bald etwas schwächer empfunden werden. Die Meinung ist ziemlich ver-
breitet, daß Chinin bei latenter Malaria direkt wie ein Reagenz durch Auslösen
stärkerer Wirkung auf den Organismus sich verhielte. Celli nimmt bei fortgesetztem
Grebrauche kleinerer Dosen eine kumulative Wirkung des Chinin an.
Yon den furchtbaren Intoxikationserscheinungen des Chinins bei Schwarz-
wasserfieber sprechen wir in dem betreifenden Kapitel.
Den gewöhnlichen eben erwähnten Intoxikationserscheinungen nach Chinin, wie
Ohrensausen, Zittern usw., unterliegen die farbigen Rassen genau so wie die weißen.
Die hypnotische Wirkung des Chinins, die dasselbe, abends genommen, in
leichtem Grade ausübt, ist auf die Chinintaubheit zurückzuführen, welche schlaf-
stöfende Oeräusche nicht zum Bewußtsein kommen läßt.
Auch eine leicht diuretische Wirkung wird dem Chinin nachgerühmt. Be-
züglich Albuminurie nach Chinin vgl. Schwarzwasserfieber.
Art der Chinineinnahme.
Per OS ist die gewöhnliche Art der Einnahme. Man wird bei gewöhnlichen
einfachen Fiebern mit dieser Anwendungsart auch durchaus auskommen. Man darf
aber nicht vergessen, daß das Chinin nur dann wirksam ist, wenn es gänzlich vom
Magen resorbiert wdrd. Man gebraucht innerlich nur die relativ leicht
in Wasser löslichen Salze des Alkaloids, besonders das Chininum
hydrochloricum und bisulf uricum. Nur auf diese beziehen sich die folgenden
Angaben. Es darf bei interner Anwendung nie auf vollen Magen genommen werden,
sondern entweder nüchtern oder wenigstens 3 Stunden nach dem Essen, stets in
Verbindung mit etwas Salzsäure, 2 Tropfen auf 1 Weinglas voU Wasser, am besten
bei therapeutischen Dosen vormittags, nachdem man in der Frühe eine Kleinigkeit
gegessen. Da der Beginn der Fieber in der übergroßen Mehrzahl der Fälle in die
Zeit zwischen 10 a. m. bis 5 p. m. in den Tropen fällt, auch in unseren Breiten, wird
das Chinin schon deshalb meist vormittags genommen werden müssen. Jede Störung
der Magensekretion verhindert auch die Sicherheit in der Chinin Wirkung. Man wird
daher, falls man nicht zur Einspritzung des CMnins greifen wül, bei Erbrechen
dasselbe zu stOlen suchen und. die Chiningabe, falls erbrochen, wiederholen müssen.
Chinin in Zigarettenpapier zu nehmen, ist mit Recht schon lange verpönt.
Theoretisch wäre die richtigste Methode:
Malaria. 489
a) Chinin in wässriger Lösung mit etwas Salzsäure zu geben Es ist
auch früher viel und wird auch jetzt noch in dieser Form gegeben worden, nament-
lich bei eingeborenen Arbeitern und Kindern. Der furchtbar bittere Geschmack ist
aber oft sogar den Negern unangenehm. Man muß sich daher ev. persönlich von
dem Herunterschlucken überzeugen. R. Koch emiDfahl diese Anwendungsart aufs
wärmste.
Eine praktische ausgedehnte Verwendung ist aber, jedenfalls bei AVeißen, aus-
geschlossen. Als Geschmackskorrigens kann man gesüßten starken Kaffee nehmen, oder
Bier, speziell Weißbier. Man nimmt es auch so, daß man eine Tasse Kaffee, oder ein
Glas Bier stark mit dem Löffel umrührt, in die in der Mitte entstehende Vertiefung das
Chininpulver hineinschüttet und dann das Ganze mit einem Male austrinkt.
b) Chinin in Oblaten läßt sich sehr gut nehmen, wenn die Oblaten in luft-
trockenem Gefäße aufbewahrt, und vor dem Gebrauch, über einen großen Löffel aus-
gebreitet, gleichmäßig aber nicht zu stark befeuchtet werden. Man schüttet dann das
Chininpulver auf die Mitte der Oblate, rollt die Kanten der Oblaten über dem Chinin-
pulver zusammen, sodaß dasselbe gleichmäßig umhüllt ist und schluckt das Ganze mit
einem Glas Wasser, das durch einige Tropfen Salzsäure angesäuert ist, hinunter. Diese
Methode ist, wo sie sich durchführen läßt, allen anderen vorzuziehen und in der deutschen
Marine vor vielen Jahren mit ausgezeichnetem Erfolge erprobt worden. Die ßesorption
ist bei gesundem Magen eine gute. Wenn der Patient gerade gegessen haben sollte, also
einen vollen Magen hat, und doch die mikroskopische Untersuchung die Notwendigkeit
einer sofortigen Chinindose ergibt, wird man das Chinin intramuskulär einspritzen.
Chinin in Tabletten zu nehmen war früher verpönt, da sie sich unverdaut
oft wieder im Stuhle gefunden hätten. Die von der Firma Dr. Kade in Berlin her-
gestellten Tabletten von Chinin hydrochloric. zu 0,5 g lösen sich in frischem Zustande
gut. Man kann sich davon bequem durch einen Versuch im Wasserglase überzeugen,
namentlich, wenn man einige Tropfen Salzsäure hinzufügt. Die außerordentliche
Bequemlichkeit der Handhabung und leichte Verpackung machen Tabletten für die
Tropen, speziell auf Expeditionen und an Bord von Schiffen zu einem selir schätzens-
werten Mittel. Stets überzeuge man sich aber bei Eintreffen einer Sendung durch
Versuch in einem Wasserglase von der Löslichkeit der Tabletten. Zweckmäßiger-
weise schlage man Chinintabletten stets diu-ch einen leichten Schlag in 3 — 4 Teile
und trinke ein Wein- oder Wasserglas angesäuerten Wassers hinterher. Man spürt
auch dann keinen Chiningeschmack und erhöht noch die Schnelligkeit der Lösung.
Der kranke Magendarmkanal wird natürlich auch die Chinintabletten unverändert
passieren lassen. Kindern gebe man das Mittel in Schokoladetabletten mit 0,1 g Chinin,
MARiAm sah auch bei den in Italien amtlich gelieferten Chinintabletten gute Lös-
lichkeit und Resorption.
Chinin in Gelatinekapseln ist ebenfalls empfehlenswert zu nehmen, voraus-
gesetzt, daß die Kapseln sich in angesäuertem Wasser schnell lösen, wie es die Kapseln
der Fabrik von Zimmer & Co. in Frankfurt a. M. tun. Alte eingetrocknete Kapseln
gewinnen eine guttaperchaähnliche Beschaffenheit und sind völlig nutzlos.
Lösen sich die Kapseln nicht fast momentan im Wasser, schneide man die
äußersten Pole der Kapseln mit der Schere ab oder läßt sie am besten ganz
unberührt.
Chinin subkutan wird gegeben bei Erbrechen, bzw., wenn bei schweren
Magenstörungen nicht die Sicherheit für Resorption des Chinins gewährleistet war.
In Anwendung kommt hauptsächlich Chinin bimuriaticum bzw. bhnuriat. carbamidatum,
welches im Verhältnis von 1 : 2 bzw. 1 : 4 (Wasser) eingespritzt wird. In deutschen
Kolonien sind zugeschmolzene kleine Glastuben üblich, welche sterilisierte Chinin
bimuriat.-Lösung im Verhältnis von 1 : 2 enthalten. Es gibt Tuben zu 1,1 und 0,6 g
490 Dr. Hans Ziemänn.
Chinin bimuriat. Inhalt. Die Spitze dieser Tube wird abgebrochen und der steri-
lisiei-te Inhalt aufgesogen in die peinlich genau sterilisierte, am besten 4 ccm haltende
Spritze. Natürlich muß die Einstichstelle der Kanüle desinfiziert werden. Zweck-
mäßigerweise zieht man in die Spritze noch so viel von dem abgekochten, also
sterilisiertem Wasser, in dem die Spritze gekocht hatte, bis es eine Chininlösung
von 1 : 4 mit Temperatur von 38 <^ C wird. Durch Heben und Senken der Spritze
sorgt man für Yerteilung des Inhalts.
LiEHM sah bei lege artis ausgeführten Injektionen keine Abszesse, zog aber bei
Perniciosa interne Dosierung als wirksamer und schneller zum Ziele führend vor.
Gros dagegen sah oft Verdickungen nach subkutanen Injektionen und gibt daher
Chinin nur per os.
Blümchen löst 1 g Chinin muriaticum in 2 ccm kochenden Wassers, fügt einige
Tropfen Normalnatronlauge hinzu und spritzt mit einer sterilisierten Spritze die auf 38 ° C
abgekühlte Lösung an 2 verschiedenen Körperstellen ein. Er rühmt diese Methode als
absolut schmerzlos und sicher wirkend, außerdem als sehr billig. Früher, bis 1894, waren
auch in Westafrika ähnliche, meist ebenfalls schmerzlos wirkende, Lösungen üblich, aller-
dings ohne Zusatz von Normalnatronlauge, jedoch wurden damit keine günstigen Erfah-
rungen gemacht. Es entstand im Laufe der nächsten Wochen über der Injektionsstelle
«ine dunkelbläuliche Verfärbung der pergamentartig werdenden Haut. Nach Abstoßung
der nekrotischen, 1- bis 2-markstückgroßen Hautstücke zeigten sich tiefe, bis auf die
Fascie reichende, wie mit dem Locheisen ausgeschlagene, sehr schwer zu heilende Wunden.
Aus der großen Hartnäckigkeit der Rezidive in jenen Fällen muß man einen hohen
Mangel an ßesorptionsfähigkeit der damals zuerst verwandten Lösungen bei subkutaner
Anwendung annehmen.
Die er%v ahnten unangenehmen Komplikationen veranlaßten
Verf. schon damals, 1894, Chinin nach Art der LEWiN'scheu Spritz-
kur bei Syphilis intramuskulär in die Glutäen anzuwenden.
Chinin intramuskulär.
Diese in allen damaligen Lehrbüchern noch nicht erwähnte Anwendungsart hat
Verbreitung gefunden. Die Wirkung ist eine äußerst schnell eintretende und in-
tensive. Die weitverbreitete, früher auch von Koch geteilte Auffassung, daß bei
subkutaner oder intramuskulärer Injektion des Chinins nur die Hälfte der Dosis
wie bei inneren Darreichungen zu geben sei, konnte Verf. indeß schon früher nicht
teilen. 1 g mindestens ist notwendig, um Schizonten bei ISTeuerkrankungen sofort
zu zerstören. Das Blut stellt dann bei normalen Menschen eine Chininlösung
1 : 10 000 dar. A. Plehn rühmt die Methode ebenfalls.
Infiltrationen werden bei intramuskulärer Anwendung bedeutend seltener beobachtet,
wie bei subkutaner. Dieselben werden stets ein Zeichen sein, daß die Resorption des.
Chinins momentan keine vollständige gewesen ist, was wichtig sein muß zur Beurteilung
der zur Behandlung der Perniciosa und ihrer Rezidive nötigen Chininmengen.
Maurer und Schüffner injizieren 1 g Chin. muriat. aufgelöst in je lg Aq. destillat.
und Glyzerin.
Intravenöse Injektion des Chinins wandte zuerst Baccelli an in
Gestalt einer sterilisierten Lösung von 1 g Chinin mit 10 g Wasser und 7 cg Koch-
salz. Es soUten diese Injektionen besonders bei schwerster Perniciosa Anwendung
finden. Trotz dieser heroischen Applikation sind Todesfälle beobachtet worden,
da das Chinin gegen die Toxine der Perniciosa eben machtlos ist.
Für den Tropenarzt dürfte die allgemeine Anwendung der intravenösen Injektion
äußerst bedenklich und nur aufzusparen sein für verzweifelte Fälle mit drohender Lebens-
gefahr und großem Reichtum an Parasiten. .
Malaria.
491
KutaneAnwendung in Form von Spirituosen Einreibungen bzw. von Salben
wird von einigen, wie Rasch, bei Kindern empfohlen. Bei der empfindlichen, stark
schwitzenden Haut des Tropenbewohners ist diese Anwendung nicht ratsam.
Chinin per rectum kann infolge der neuerdings festgestellten starken E,e-
sorption (vgl. unten) in Frage kommen, besonders bei Kindern, falls den anderen Appli-
kationen Widerstand entgegengesetzt wird, jedoch nicht bei Erbrechen. Vorher Reinigungs-
klystier, dann 1 g Chinin in 100 g Mucilago Gummi Arab. mit 12 Tropfen Tinctur. Opii
versetzen und in 2 Absätzen einführen. Zusatz von Opium ist erforderlich, da sonst oft
kaum zu ertragender Tenesmus entsteht.
Resorption des Chinins.
Die Lösliclikeit und Resorption des Chinins ist außer an die Acidität des Magen-
saftes an die Aktion des Körpereiweißes und der Kohlensäure gebunden, welche mit
•dem Chinin, nachdem es dem Einflüsse des Pankreas- und Darmsaftes unter-
worfen, Verbindungen eingehen. Die Frage über den weiteren Verbleib
•dieser Stoffe bedarf noch dringend der weiteren Untersuchung.
■Sie ist meines Erachtens noch viel wichtiger als der chemische
Nachweis des Chinins luden Körpersekreten, um einen Maßstab
iür die Höhe der Wechselwirkung zwischen Chinin und den Körper-
säften, besonders dem Blute, zu gewinnen. Nach Mariani entgehen nur
•etwa 33,23 "/o des Chinins der Zerstörung durch den Körper, bei Anwendung eines
iast unlöslichen Clüninpräparates 68,4%. Die Zerstörung findet hauptsächlich in
•der Leber statt. Nach Welitschowski wird dm-ch den Harn fast das gesamte
•eingeführte Chinin ^^'ieder ausgeschieden , nach Persoxne nur 16 ^lo (innerhalb
2 Tagen), nach Byasson 75% in 72 Stunden. Das überhaupt zur Aus-
scheidung gelangende Chinin wird jedenlalls fast nur durch den
Urin entfernt, durch die Fäces nur zu sehr geringem Teile. In den
Trans- und Exsudaten, in der Amnionflüssigkeit und in dem ersten Urin der Neu-
geborenen von chininisierten Müttern, wm-de Chinin ebenfalls nur in äußerst ge-
ringen Mengen gefunden.
Verf. konnte bei wiederholten Versuchen in dem gesammelten massenhaften
Schweiße von 2 stark (2 g pro Dosis) chininisierten Malarikern überhaupt kein Chinin
nachweisen. ^)
Die Unterschiede in den Angaben der Autoren über die Menge der Chinin-
ausscheidung sind groß und die daraus gezogenen, z. T. nicht gerechtfertigten
Schlußfolgerungen sind daher außerordentlich verschieden.
Chininpräparat
Beginn der
Chinin-Eliminierung
Nach Keener
Ende der
Chinin-Elimmierung
Chin. hydr.
„ sulfur. (sauer)
15 Min. 48 Std.
30 „ 48 ,.
Chin. sulf. (bas.)
45 Min.
60 Std.
Nach Gaeofalo dauert die Eliminierung des Chinins 1 V2 — 7 ^/i Stunden, ?
„ DiETL „ „ „ „ ,, 48 Stunden
„ Byasson ,. ,, „ „ „ 62 „
„ Peesonne „ „ „ ,, „ 8 Tage.
1) Zum Nachweis des Chinins dient recht zweckmäßig die Pikrinsäure. Dieselbe,
gibt in Lösungen von Chinin 1 auf 40000 noch deutliche Reaktion. Man säuert den Urin
492 I^r, Hans Ziemakn.
Der Höhepunkt der Chininausscheidung ist nach Thatj und Kebner nach den ersten
6 Stunden, nach Gakofalo zwischen den ersten 1 ^/g bis 4 Stunden. Nach Gaeofalo ist
die Eliminierung bei subkutaner Anwendung eine schnelle.
Von neueren Autoren über diesen Gegenstand nenne ich unter anderen Kleine,
JocoANGELi und Mariani.
Kleine sah bei Yersuchspersonen , die morgens früh, nachdem sie auf
nüchternen Magen 1 Brötchen gegessen, 2,0 g Chinin nahmen und 2 Stunden
später Nahrung, daß in 24 Stunden 25 ^/o des Chinin zur Ausscheidung gelangte.
War nur 1 g Chinin gegeben, so kamen durchschnittlich 29 % zur Ausscheidung. 2 — 6
Stunden nach der Einnahme war die Ausscheidung auf der Höhe, nach 24 Stunden
durchschnittlich vollendet.
Von Chinin, hydrochloricum, 3 — 4 Stunden nach dem ]\Iittagessen gegeben^
wurden nur 10 "/o ausgeschieden,
bei Anwendung per clysma 17 '^h
,, „ subkuta,n ll^lo.
Bei Dosen von je 1 g Chinin an 2 Tagen hintereinander war die Ausscheidung
am 2. Tage relativ beträchtlicher.
Gregen die endgültige Festlegung von Kleine's sehr sorgfältigen Untersuchungen
ist geltend zu machen, daß nicht auch die intramuskulären Chinininjektionen zum
Vergleich herangezogen wurden, die ich wegen Promptheit des therapeutischen
Effektes vor allem rühme.
Kleine untersuchte ferner den Urin nvu- 24 Stunden nach Chinineinnahme,
da am 2, Tage die Chininmengen im Urin zu Idein, die Fehlerquellen in der Unter-
suchung daher zu groß wurden. Makiani konnte noch am 4. Tage nach der Chinin-
gabe, auf welche Weise Chinin auch gegeben sein mochte, Chinin nachweisen, mit
Hilfe der Talläochinreaktion sogar noch am 9. Tage. Im Glegensatz zu Kleine glaubt
Makiani, daß die Gregenwart von Speisen dem Chinin gestatte, im allgemeinen Stoff-
wechsel in höherer Proportion zu zirkulieren, auch noch am 2. und 3. Tage, als wenn
Chinin auf nüchternen Magen gegeben sei, vgl. Fig. 50. Die Absorbierung der
weniger löslichen Chininpräparate finde schließlich ebenso vollständig statt, wie die
der löslichen. Vor allem habe die Wiederholung derselben täglichen Dosis des
Chinin eine kumulierende Wirkung, woher Mariani die Berechtigung der täglichen
Chininisierung in Ideineren Dosen (nach Celli) herleitet.
Mariani konnte ferner zeigen, daß nach intramuskulärer Chinininjektion ungefähr
24 Stunden später noch etwa die Hälfte des Chinin aus den betr. Muskeln extrahiert
werden konnte.
Ich kann trotz der sorgfältigen Untersuchungen Makiani's, Jocoangeli's und
Kleine's noch nicht den strikten Beweis erbracht sehen, daß ein proportionales
Verhältnis zwischen der EKminierung des Chinins durch den Urin, der Resorp-
tion im Körper und der Wirkung des Cliinins im Körper auf die Malaria-
parasiten besteht. Wir müssen uns meines Erachtens vorstellen,
daß nicht das wieder eliminierte, sondern das im Körper quasi
verbrauchte (an Zellprotoplasma verankerte!) Chinin den Haupt-
anteil der therapeutischen Wirksamkeit gegen die Parasiten
trägt. Zugegeben auch, daß bei subkutaner bzw. intramuskulärer Anwen-
dung die etwaigen subjektiven Chininbeschwerden weniger ausgesprochen sind.
mit Schwefelsäure, versetzt ihn mit Pikrinsäure, filtriert am folgenden Tage und läßt das
riltrat trocknen, fügt öO ccm 3%ige Kalilauge hinzu, läßt die Mischung % Stunde im
Warmwasserbade und kühlt ab. Dann mit Chloroform umschütteln, Chloroform abheben,
wieder filtrieren und wieder mit Chloroform extrahieren. Der das Chinin darstellende
Rückstand wird in der Trockenschale getrocknet und dann gewogen
Malaria,
493
daß auch, die plötzliche Elimiaierung durch den Urin geringer ist, so ist die letztere
doch verlängert, die Wirkung des Chinin daher eine nachhaltigere. Auf Grund der
Versuche Kleine 's und Mariani's müßte man auch mindestens um die Hälfte mehr
€hinin einspritzen, als per os gegeben wird, um dieselben momentanen therapeuti-
schen Wirkungen zu erlangen. Yerf. sah indeß bei den von ihm empfolilenen intra-
muskulären Injektionen von Chinin, bimuriat. 1,0 g im Yerhältnis von 1 : 4 prompten
Erfolg auf die Malariaparasiten und keine bemerkenswerte Abnahme der Chininwir-
kung auf das Nervensystem (Ohrensausen). Chinin war bereits 25 Minuten und
noch am 4. Tage nach der Injektion im Urin nachweisbar. Mengenbestimmungen
des ausgeschiedenen Chinins und Untersuchungen des Kots auf Chiningehalt konnten
leider nicht stattfinden.
Kontraindikationen gegen die Chiningabe sind außer bei hoch-
gradiger Chininidiosynkrasie (vgl, Schwarzwasserfieber) nicht vorhanden. Fkederici ^)
gibt an, daß Chinin in Italien als wehenbeförderndes Mittel gilt, hält aber doch
Fis. 50.
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mit derNahrung
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Mittelwerte der Chininmengen im Urin an 3 auf Einnahme von 1 g Chinin folgenden
Tagen. (Nach. Maeiani.)
mit Eecht die bei Malaria gebrauchten Chinindosen für ungeeignet, Aborte zu er-
zielen. Nicht das Chinin, sondern die Malaria, wegen deren das Chinin gegeben
wird, vermag die Aborte zu bedingen.
FiENSE heilte durch Chinin sogar eine an quotidianen Malariaanfällen leidende Frau,
welche während der Anfälle schmerzhafte Wehen und blutige Abgänge hatte. Auch
nach einer kürzlich erschienenen Arbeit von Bäcker wirkt Chinin zwar wehenbefördernd,
aber in medizinalen Dosen nicht Geburt einleitend. Es soll ferner zuweilen nach großen
Dosen Albuminurie bewirken. (Vgl. Nocht's Befunde.) Trotzdem gibt Osler den
Malarikern auch bei hämorrhagischer Nephritis Chinin,
p. 301
^) Clinica obstetrica (April 1903) Referat i. Arch. f. Schiffs- und Tropenhyg. Bd. 7.
494 Dr. Hans Ziemann.
II. Dem Chinin chemisch näher stehende Ersatzmittel.
Die erwähnten unangenehmen Nebenwirkungen des Chinins waren Yeranlassung,
nach Chininsalzen mit weniger Nebenwirkungen zu suchen. Gkös empfahl Chininum
hydrobromicum bei Ohrenleidenden und vaterianicum bei Nervösen.
Euchinin, der Äthylkohlensäureester des Chinin, ein weißes, sehr volu-
minöses, in feinen kristallinischen Nadeln vorkommendes Pulver, in Wasser schwer
löslich, ebenfalls in angesäuertem Wasser zu nehmen, wird weitaus am häufigsten
als Ersatzmittel des Chinins genommen, da es weniger bitter schmeckt und weniger
schädliche Nebenwirkungen auf den Magen imd das Nervensystem haben soll. Dem
Euchinin sind eine ganze Reihe begeisterter Verehrer entstanden, wie Nikastro,
Gree , BuDBERG , Sylvain und viele andere. Letzterer stellt es sogar über das
Chinin. Loi sagt ihm gleiche Wirksamkeit wie dem Chinin nach und zieht es bei
Kindern vor, gibt jedoch Chininum bimuriaticum bei Perniciosa. Celli und di Mattei
schätzen es sehr bei der Anwendung als Prophylaktikum. Zweifellos ist die Wirkung
um ^/s bis die Hälfte schwächer, als die des Chinin. Schwarzwasserfieber vermag
es ebenso auszulösen, wie das Chinin, wie Verf. u. a. mehrfach beobachteten.
Es ist zweifellos ein ausgezeichnetes, wenn auch teures Ersatzmittel des
Chinins, um chinin scheue' Personen, bei denen auch Bromkali die Nebenwirkungen
des Chinin nicht herabsetzt, für Chiningenuß zugänglicher zu machen, dürfte also
vielfach bei einer lange [dauernden Ohininprophyl^xe eine Rolle spielen können.
Bei der Behandlung der schwereren Fieber muß es gegenüber dem salzsauren oder
doppeltsalzsauren Chinin Zurücktreten. •
Andeife Ersatzmittel des Chinins, Salochinin, Neochinin,
Aristochih sind von Mühlens einer Nachprüf uüg unterworfen. Keines der an-
geführten Mittel kann naclj. ihm als vollwertiger Ersatz für Chmin gelten, und es ist
und bleibt nach den Erfahrungen des Hamburger Tropeninstituts das salzsaure
Chinin in Objaten mit sal^saurem Getränk hinterher das beste Fiebermittel.
Kunst! rühmte die i Wirkung des Aristochin. Indeß vermisse ich die so
wichtige früher erwähntö kritische Würdigung bei der Auswahl der Fälle betr.
Neigung zu Spontanheilung. Das Aristochin, der neutrale Kolilensäureester des
Chinins, soll geschmackfrei sein, einen hohen Gehalt. an Chininbasen besitzen und
die bekannten Symptome der Chininvergiftung nicht aufweisen. Auch Baum konnte
in 7 Fällen die spezifische Wirkung auf die Malariaparasiten feststellen, ferner
Korteweg in l^/a so großer Dosis als Chinin.
Kolosvary will mit dem Salochinin, dem Salicylsäureester des .Chinin,
welches ein geruch- und geschmackloses Pulver ist, in den üblichen medizinalen
Dosen des Chinins bei allen Fieberarten Heilung erzielt haben. Nur den Gameto-
cyten gegenüber blieb das Mittel wirkungslos.
Mögen alle diese Ersatzmittel in europäischen Malarialändern weiter erprobt
werden. In tropischen Gegenden mit gefährlicher Malaria, wo alles auf schnellste
Heilung ankommt, sind solche ersten Versuche mit neuen Ersatzmitteln des Chinin
direkt zu widerraten.
Chinophenin, ebenfalls ein Chininkohlensäureester, von Kionka als ev.
Ersatz des Chinin verwandt. Größere Erfahruügen liegen noch nicht vor.
Cup rein, Chinäthylin, Chinopropylin aus der China cuprea hergestellt,
wurden ebenfalls als nahe chemische Verwandte des Chinin erprobt, und es soll Cuprein
schwächer wirken als Chinin, Chinäthylin und Chinopropylin aber stärker. Chinin ist
der Methyläther des Cuprein. Insbesondere sollte auch das Chinäthylin nur schwach
toxisch wirken.
Weitere Verwendung haben diese Präparate neuerdings nicht gewonnen. Phenyl- .
Malaria. 495
chinaldin, ein ChininderiTat, welches Tappeiner empfahl, konnte bei Gaben von 0,8 bzw.
1,5 g pro die die Parasiten nicht dauernd aus dem Blute entfernen.
Chinopyrin wurde von Lewkowicz aiif Veranlassung Tappeiner's in 4
Fällen angeblich mit gutem Erfolge subkutan versucht. Das sog. Quinquina, bzw.
Quinium, ein Compositum, welches Chinin in kleinen Mengen enthält, ist gänzlich
aufgegeben.
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III. Methylenblau, Nenmethylenblau, Anilinblau, Acethylleukomethylenblau.
Methylenblau wurde von Ehelich und Guttmann in die Malariatherapie ein-
geführt, in der Hoffnung, daß durch diesen Farbstoff die Parasiten im Körper ge-
schädigt würden. Sie gaben es in Dosen von 0,1 in Gelatinekapseln täglich 5 — 7 mal.
Die Ansichten über die Wirkung sind sehr verschieden. Eöttkek, Kettli,
DuBKOWSKi und Ollwig nalimen Veränderungen der Malariaparasiten an. Nach
Xunst wirkt es gut bei Tertiana simplex in Fällen, wo Chinin nicht wii'kt, weniger
hei anderen Parasiten. Die Parasiten verschwänden zwar nicht so schnell wie bei
Chinintherapie, aber das Fieber hörte bald auf.
Rose sah eine Supraorbital-Neuralgie durch Methylenblau heilen, wo Chinin ver-
geblich gegeben.
Atkinson sah bei 2 g rein. Methylenblau, dreimal täglich, 1 Woche hindurch gegeben,
Oametocyten der Perniciosa schwinden, mußte es aber wegen Beschwerden des Patienten
in Gestalt von Erbrechen und Magenkatarrh aussetzen.
IwANOFF fand bei 0,3 Methylenblau pro die am Ende des 2. oder Anfang des 3. Tages
eine wesentliche Verminderung der amöboiden Beweglichkeit der Tertianaparasiten und
eine Zerreißung des Plasma in mehrere Kügelchen. Bei den Gametocyten der Perniciosa
bemerkte er Schrumpfung des Plasma, eine weniger intensive Färbung der Peripherie-
bezirke und eine mehr gleichmäßige Färbung der ganzen Parasiten. Eine oder die andere
Hälfte der Gametocyten dehnte sich mehr aus, nahm verschiedene Formen an, oder ver-
schwand auch gänzlich ! Die Perniciosaparasiten wurden nicht beeinflußt. Nach Iwanopf
wirkte das Methylenblau auf das Plasma der Parasiten, nicht auf das Chromatin im
■Gegensatz zum Chinin. (Vgl. frühere Ausführungen.) Derselbe Autor erzielte in 7 von
15 Fällen von Perniciosa mit Anilin blau und in 15 von 20 Tertianafällen Heilung also in
50 bzw. Iö^Iq bei dreimal täglich 0,1—0,4 g. Nun, mit Chinin haben wir bei richtiger
Therapie von Beginn an nahezu 100% Heilungen.
Rüge (1. c.) schreibt ihm eine Wirkung bei Quartana zu. Er scheint denselben Fall
zu. meinen, eine Quartana triplicata, die ich früher beobachtete, den einzigen Fall, wo ich
ein allmähliches Abklingen der Infektion als möglicherweise bedingt durch die energische
Methylenblautherapie nicht abläugnen will.
Andere Autoren wie auch A. Plehn, Grawitz und F. Plehn hatten keine Erfolge
mit Methylenblau.
Verf. prüfte, einem Ersuchen Ehklich's entsprechend, während einer
Malariaexpedition nach Italien 1897 Methylenblau medicinale und Neumethylenblau
in je drei Fällen von Perniciosa, Tertiana und Quartana bei Anwendung von Einzel-
dosen von 0,1 — 0,3 g und von Tagesdosen von 0,9 steigend bis 2,0 g. Er bemerkte
bei sorgsamstem mikroskopischen Verfolg der Behandlung nicht den geringsten Ein-
üuß auf die Parasiten. Länger als 3 Tage haben es wegen der unangenehmen
Nebenwirkungen wenige ausgehalten. Allerdings wurden nur Fälle von Neu-
erkrankung, also ohne ■ geringste Neigung zur Spontanheilung, ausgesucht.
Diese auf vorheriger Blutuntersuchung beruhende kritische
Auswahl der Fälle ist bei Versuchen mit Methylenblau früher
vielfach durchaus nicht geübt worden.
Auch darf nicht vergessen werden, daß ein seit Wochen und Monaten an
Malaria leidender Malariker, der unter ärmlichsten Verhältnissen lebt, nach der
Überführung ins Krankenhaus plötzlich eine bis dahin nicht vorhandene Neigung
zur Spontanheilung zeigen kann, die unter Umständen ganz mit Unrecht einer
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 32
498 Dr. Hans Ziemann. ■
etwaigen Methylenblautherapie zugeschrieben wird. Die bessere Verpflegung kana
da unter Umständen denselben therapeutischen Effekt haben wie einige Gramm
Chinin. Auf Schizonten ist daher meines Erachtens Methylenblau wirkungslos. Die
Möglichkeit einer Einwirkung auf gewisse Formen der Gametocyten und damit auf
hartnäckig rezidivierende Fieber soll nicht abgestritten werden. Es käme seine An-
wendung daher in gewissen Fällen in Frage, nachdem alle anderen Mittel, Luftver-
änderung und Kombination von Chinin, Eisen und Arseniktherapie auch versagt.
Zweifellos färben sich, wie man besonders bei Plasmodium vivax sehen kann, die
Grametocyten im Präparat des hängenden Tropfens fast sofort bei Methylenblauzusatz. Die-
vorher lebhaft hin- und herzuckenden Mikrogametocyten sterben momentan, die Mikro-
gameten legen sich an. Nicht viel langsamer färben sich die Makrogameten. Die endo-
globulären Parasiten färben sich erst sekundär, wenn der Tod der roten Blutzellen ein-
getreten. Im Blute des lebenden Menschen konnte ich selbst bei der zum Teil intra-
muskulär zum Teil per os erfolgten enormen Gabe von 2,5 g Methylenblau pro die
weder Blaiifärbung der endoglobulären Schizonten, noch der Gametocyten erzielen. Es
handelte sich um 2 Neger aus Oberguinea mit Quartana bzw. Perniciosa und Milztumor,,
bei denen die Parasiten nach 2 Tagen spontan verschwanden, um nach 10 — 14 Tagen
wieder zu erscheinen und dann einer energischen Chinintherapie zu weichen. In der
großen Mehrzahl der Fälle tritt bald große Übelkeit, Neigung zu Erbrechen und Strangurie-
ein, welch letztere durch zerriebene Muskatnuß, einen halben Theelöffel voll, gemildert
werden kann. Man wandte es daher auch subkutan an.
Neuere Versuche vom Verf. mit Methylenblau 0,1 pro dosi, 0,6 pro die 8 Tag&
gegeben, speziell in 2 Fällen von hartnäckiger Malaria perniciosa nach Schwarzwasser-
fiebern blieben wieder resultatlos.
Der Urin färbt sich nach Methylenblau erst grün und dann blau, man muß'
deshalb vorher darauf aufmerksam machen. Schon dieses bewirkt manchmal einen
großen "Widerwillen gegen Methylenblau und nicht nur bei ungebildeten Bevölkerungs-
klassen. Die Neger betrachteten ihren blauen Urin zuweilen mit Entsetzen und
den Arzt als bösen Zauberer. Panse sah auch bei Methylenblau Auslösung eines.
Schwarzwasserfieberanfalles.
Methylphosphin und Dimethylphosphin zeigten bei Tagesdosen voß
1 — 1,2 g nur vorübergehende Wirkung (Tappeiner).
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nismen. Deutsches Archiv f. klin. Medizin. 56.
B. Präparate, deren Wirkung auf die Parasiten der Malaria mehr oder
weniger eine indirekte, bzw. unsichere ist.
Das Gemeinsame bei allen diesen Mitteln ist, daß systematische mikroskopische
Blutuntersnchimgen bei Erprobung der oft recht problematischen Mittel fehlen, und
daß etwaige Erfolge bei kritischer Sichtung der beschriebenen Fälle fast nur bei
älteren chronischen Malariafällen berichtet werden.
Neuerkrankungen sind und bleiben vorläufig die Domäne der Chinintherapie.
Arsenik wurde früher viel verwandt, therapeutisch und prophylaktisch. Die
prophylaktische Verwendung und die therapeutische bei Neuerkrankungen scheint
im allgemeinen mit Recht gänzlich aufgegeben. Dagegen Avirkt es in Form von
Solutio Fowleri oft ausgezeichnet bei chronischer Malaria als Unterstützung für
eine Chininkur. Man gibt es, beginnend mit 3 mal täglich 4 Tropfen oder Grranules,
steigend nach je 3 Tagen um je 1 Tropfen, bis 3 mal täglich 12 bzw. 15 Tropfen,
dann zur Anfangsdosis zurückgehen. Bei Eintritt von Magen- oder Augenstörungen
soll das Abbrechen der Kur nicht ganz plötzlich, sondern innerhalb von 2 — 3 Tagen
erfolgen, indem man bei jeder neuen Dosis um 1 Tropfen zurückgeht. Arsenik soll
nach DuRHAM auf die Gametocyten wirken. Man schreibt bekanntlich dem Arsenik eine
reizende Wirkimg auf das Protoplasma zu, welche je nach den Umständen entweder
zu vermehrter und verbesserter Ernährung, oder toxisch zu Schwellung, Trübung
und nachfolgender Degeneration führen kann. Es ist nicht zu vergessen, daß nur
solche Gewebe, die bereits den Keim des Verfalles oder quasi abnorme Lebensbe-
dingungen in sich haben, unter Arsenikeinfluß absterben. Darauf stützt sich ja die
Arseniktherapie bei malignen Tumoren. Die Gametocyten aber, die ilire natürlichen
Entwicklungsbedingungen nur im Anopheles finden, dürften ev. im gewissen Sinne
trotz ihres oft langen Verweilens im menschlichen Organismus als solche Fremd-
körper zu betrachten sein. Ich habe indeß niemals eine Zerreißung des Plasma der
Gametocyten gesehen, wie sie Gautier beschreibt, auch nie einen Einfluß auf die
Fieber und die etwaige Verzögerung der Rezidive.
GijfiRiN gibt in Madagaskar 6—8 Tropfen Solutio Fowleri gemischt mit 1 ccm
10 %iger Antipyrinlösung subkutan, angeblich mit bestem Erfolge. G. hatte vorher 6 bis
7 Tropfen Solutio Fowleri gelöst mit V2 ccm sterilisierten Wassers direkt in die Milz
mehrere Tage hintereinander injiziert, ohne Erfolg gesehen zu haben.
Gautier und Billet berichten über gute Wirkung eines Arsenikpräparates, des
Natrium-Methylarsinat-(Arrhenal) — (CB[3)03Na2, welches nach 5—6 subkutanen
Injektionen von 0,05—0,1 pro die die hartnäckigsten, gegen Chinin resistenten Fieber zum
Schwinden brachte und gleichzeitig die Anämie hob. Billet sah dabei Vermehrung der
großen mononukleären Leukocyten. Goldsohmidt gibt Arsen und Chinin, sulfuricum ab-
wechselnd mit Erfolg. Fontoynont sah bei 4 malariakranken Haussafrauen mit drohen-
dem Abort und Fieber nach Natrium-Methylarsinat-(Arrhenal) beste Wirkung, empfiehlt
aber auch, bei eigentlicher Perniciosa Chinin zu geben. Chochez hatte im Gegensatz
32*
500 ^^- Hans Ziemann.
zu Gautiee und Billet mit dem Arrhenal keine guten Erfolge, auch nicht bei wieder-
holter Anwendung der subkutanen Injektion in Dosen von 0,05 — 0,2 pro die.
Masücci hat auch nie einen direkten Einfluß auf den Milztumor bei Arrhenal
gesehen, hält es aber auch für ein gutes, unschädliches Mittel zur Aufbesserung der hämo-
poetischen Organe.
Ferrum. Mit Ferrum will Naam:^ bei subkutaner Anwendung in Fällen von
Kachexie gute Erfolge gesehen haben. Cota und Bond empfahlen es bei latenter Malaria.
Esanophele, bestehend aus Chinin, bimuriaticum, Acid. arsenicosnm, Ferrum
citricum, Extract. amar., wurde von Gtkassi (La Malaria 1. c.) in die Behandlung
eingeführt, da manche eingewurzelte Fälle der Malaria der kombinierten Wirkung
von Chinin, Eisen und Arsen eher weichen als allein dem Chinin. Grassi AvilL da-
mit in Italien bei der systematischen Prophylaxe gute Erfolge erzielt haben. Celli
bestreitet die Wirksamkeit. Schaudikn hat damit bei der antimalarischen Aktion
zur Bekämpfung der Rezidive in dem Dorfe Leme sehr gute Erfolge erzielt, indem
1. Rezidive ausblieben, 2. keine Parasiten im Blut mehr nachzuweisen waren, 3. bei
sämtlichen Patienten Besserung des Aussehens in verschiedenen Grraden, besonders
bei Kindern, 4. freudigere Stimmung und unbedingtes Vertrauen zum Arzt und zu
der Kur eintrat. Einige besonders hartnäckige Fälle, besonders der Tertiana, wider-
stehen auch der Esanophele.
Nach ScHATJDiNN wirkt Esanophele als Antiparasitikum nicht mehr und weniger als
Chinin allein, wird aber leichter vertragen und macht weniger Beschwerden. Er empfiehlt
daher das Mittel für Orte init endemischer Malaria, wo chronische Fälle mit Kachexie
vorhanden sind. In manchen Gegenden wäre der Anteil des Chinins in der Mischung ev.
höher zu wählen.
Jede Pille von Esanophele enthält
Chinin, bimuriaticum 0,1
Acid. arsenicosum 0,001
Ferrum citricum 0,3
Extraeta amara 0,15.
Kinder von .3—6 Jahren erhalten um 6 und 9 a. m. je eine Pille ; von 7 — 14 Jahren,
je 2 Pillen 6 a. m. und 9 a. m; Erwachsene 6 Pillen, je 2 Pillen 5 a. m., 8 a. m., 11 a. m.
Für Kinder unter 2 Jahren gibt man eine Lösung Esanophelina Nr. 1. 15 Tage dreimal
täglich 5 g, 6 a. m., 9 a. m., 12 a. m. Je eine Dosis davon enthält
Chinin, bimuriaticum 0,12
Acid. arsenicosum 0,0003
Ferrum citricum 0,03
Extraeta amara 0,1.
Esanopheüua Nr. 2 für Kinder von 7—12 Monaten 15 Tage täglich je 4 g, 7 a. m.,
10 a. m. Eine Dosis enthält
Chinin, bimuriaticum 0,1
Acid. arsenicosum 0,0002
Ferrum citricum 0,013
Extraeta amara 0,1.
Meloni Satta berichtet ebenfalls über günstige Versuche mit Esanophele auf Sardi-
nischen Eisenbahnen.
Masucci spricht sich abfällig über Esanophele aus, ebenso Verfasser.
Für Gregenden mit schwerer Malaria, insbesondere in den Tropen dürfte es für all-
gemeine Zwecke der Therapie und Prophylaxe unter den Eingeborenen absolut nicht
in Frage kommen, schon da eine richtige Kontrolle der Kur schwer durchzuführen
ist, und wir prinzipiell so energisch wie möglich gegen die ersten Stadien
der Malariainfektion vorgehen müssen. Gegen diese aber ist Esano-
phele jedenfalls bei Malaria perniciosa (tropica) bei Neuerkran-
kungen wirkungslos. Eine zweite Kombination von Chinin, Arsenik und Eisen ist
i
Malaria. " ^ 501
Tinctura Baccelli, zusammengesetzt aus Chinin, sulfuric. 40,0, Kalium
ferro-tartaricum 10,0, Acidum arsenicosum pm\ 0,1, Aqua 300. Man nimmt nach
Aufhören der Fieber am 1. Tage stündlich, am 2. Tage 2 stündlich, am 3. Tage
3 stündlich einen Eßlöffel voll, bis man schließlich morgens und abends einen Eß-
löffel voll einnimmt. Kontraindikationen bilden Idiosynkrasie gegen Arsenik, Er-
krankungen des Magendarnikanals, Augenerkrankuugen und hohes Alter.
Warb ueg' sehe Tinktur, ein Gemisch von Chinin, Angelica, Cubeben, Kampfer,
Fenchel, Rhabarber, Myrrhen und Safran. Die Tinktur zeigte sich Caster wirksam in
Fällen, wo Chinin ohne Erfolg war (?)
Kreosot von Fitzgerald empfohlen. Er läßt einjährigen Kindern 15 — 20 Tropfen,
mit Olivenöl zu gleichen Teilen gemischt, einreiben, Erwachsenen 30 — 60 Tropfen.
Thiocol wurde von Polidoro empfohlen, in Dosen von 2 g pro die. Verf. und
Bentman^st sahen keinen Erfolg.
Antipyrin, Phenacetin haben nur symptomatischen Wert. Verf. möchte vor
Antipyrin in den Tropen wegen der scheinbar gesteigerten schädlichen Einwirkung auf
das Herz sogar dringend warnen.
Phenocoll ist mehrfach empfohlen. Das PhenocoU hat bekanntlich enge Be-
ziehungen zum Phenacetin und an Stelle des ßadikals Acetyl COCH3 die Gruppe
CüCHo NH2. Schon bei den Untersuchungen Mosso's und Faggioli's über Paramaecium
aurelia und Euglena viridis zeigte Phenocoll eine geringere Wirkung als Protoplasmagiffc
als das Chinin.
Pucci gibt 0,15—0,2 g 4 — 5 Stunden vor dem Anfall pro die 0,5 — 1,0, Kindern ent-
sprechend weniger, und zwar 4 — 6 Tage hindurch. Namentlich in Italien sind früher
günstige Wirkungen gerühmt worden, aber scheinbarj ohne daß die so nötigen Blut-
untersuchungen dabei angestellt wurden. Eine kritische Analyse ist also völlig unmöglich,
^erf. hat im ganzen in je 5 Fällen von mikroskopisch gut verfolgter Tertiana wie
Quartana und Perniciosa, bei denen Neigung zur Spontanheilung ausgeschlossen war,
Phenocoll erprobt, aber gänzlich wirkungslos gefunden.
Anaigen, von Moncorvo bei Kindern in Dosen von 0,2 bis 0,3 bzw. bei Erwachsenen
von 0,5 bis 2,0 angewandt, hat keine Verbreitung gefunden. Lewkowicz hat dieses Mittel
auch unwirksam gefunden.
Salicylsäure bzw. Natr. salicylic. soll in Dosen von 2 — 3 g pro die in hartnäckigen
Fällen wirken können, wie ich von einigen praktischen Ärzten in Westindien hörte. Die
reiche Produktion von Schweiß scheint wohl dabei einen Einfluß zu haben.
Kennard will mit einem Präparat „Jodium salicilate" in kleinen Dosen in 3 Fällen
Erfolg gehabt haben, wo Chinin vollkommen versagte, Hegnaflt mit einer Jodjod-
kalium-Lösung.
Tinctura Eucalypti globuli wurde gegeben bei chronischen Infektionen in
Tagesdosen von 2 — 4 Theelöffel, Acidum tannicum von Alix, angewandt in absteigen-
der Dosis von 1 — 1 g pro die in wäßriger Lösung. Es soll geholfen haben, wo Chinin
nicht wirkte (?)
Pambotano (Calliandria Houstoni Bentham), gewonnen aus der Rinde einer in
Mexiko vorkommenden Leguminose, wurde in Form eines wäßrigen oder alkoholischen
Extraktes angewandt, und soll nach Dxincan vielfach besser wirken als Chinin. Auch
Valtjde und Crepsin empfahlen es. Valude kocht 70 g der Rinde mit einem Liter
Wasser auf 500 g ein und gab das Filtrat in 4 Teilen während 24 Stunden warm und
gezuckert. Bei Kindern unter 12 Jahren kann man mit dem doppelten Quantum Wasser
verdünnen.
Calaya, ebenfalls eine Leguminose wie Pambotano, ist von Maueage in Madagaskar
angeblich mit gutem Erfolge angewandt. Verf. hat Calayatinktur, ein französisches Präparat
ohne den geringsten Erfolg versucht, auch bei 6 mal täglicher Dosierung ä 1 Eßlöffel.
(Vgl. Schwarzwasserfieber.)
Ficus Ribes Reinward soll bei den Malayen als Fiebermittel in Gebrauch
sein. Kohlbrügge verwandte es angeblich mit Vorteil in Form eines Dekokts von 20 bis
502 Dr. Hans Ziemann.
30 g der Rinde, an 1 Tage getrunken. Des Interesses halber erwähne ich noch von
angeblich indischen Fiebermitteln:
1. Siounea. Patentmedizin einer Kalkuttafirma, welche angeblich von einer Pflanze
aus Malariadistrikten gewonnen wird.
2. Neembark, die Rinde von Azadirachta indica, als Pulver oder in Dekokt.
3. Kreat, eine Tinktur von Kreat halviva.
4. Inderjao.
5. Coutea, eine Mischung von Chinin und Grlaubersalz.
MoNCORVO lobte selir die
Tiüctiira heliantki, hergestellt aus den Blättern der Sonnenblume, mit
denen sich in Rußland die Malariakranken zudecken. Er erprobte dieselbe an
61 Fällen Kindermalaria in Tagesdosen von 1,0 — 20,0 und als Extrakt von 1,0
und 6,0. Die Wirkung soll beinahe der des Chinins gleichen. Andere sahen keinen
Erfolg.
Crede 'sehe Salbe, ebenso f r i s c h e K o 1 a n ü s s e , die gleichfalls empfohlen
wurden, fand Mühlens gänzlich wirkungslos.
Cassia beareana. Der Extrakt soll nach Beaee eine direkte Wirkung auf
die Malariaparasiten üben.
Die Wurzel der Cassia beareana ist angeblich auch ein Heilmittel gegen Schwarz-
wasserfieber und wird als solches von den Eingeborenen Ostafrikas verwandt. Man kocht
12 Zoll lange Stücke dieser Wurzel in 4 Liter Wasser und gibt von dem Aufguß alle
Stunden einen Tassenkopf voll.
C. Serumtherapie.
Bereits Celli und Santori versuchten die Inkubationszeit des Malariafiebers
durch die Behandlung mit Blutserum von immunen Tieren abzukürzen (vgl.
Immunität).
Kuhn empfahl in mehreren Yeröffentlichungen eine Serumtherapie der Malaria
von folgenden Erwägungen ausgehend. Er fand in Deutschsüdwestafrika bei der
afrikanischen Pferdesterbe, daß dieselbe hauptsächlich an den Orten und in den
Monaten auftrat, in denen die Malaria vorkam, und als Krankheitserreger einen den
Malariaparasiten des Menschen ähnlichen Parasiten. Er stellte ein Serum her, das
gesunde Pferde sicher vor der Krankheit schützen und bei kranken Tieren zur
Heilung führen soUte. Durch subkutane Impfung von 1 bis einigen ccm dieses
durch 3 "/o Karbolsäure für längere Zeit haltbar gemachten Serums will er gute Er-
folge erzielt haben, indem das Fieber bei allen Geimpften beeinflußt wäre, bei
Quartana weniger als bei Quotidiana oder Tropica. Üble Folgen, abgesehen von zu-
weilen einige Tage nach der Impfung auftretender unschuldiger Urticaria, sah er nicht.
Je mehr Fieberanfälle der Kranke schon überstanden hatte, um so ausgesprochener
war nach Kuhn die Wirkung. Das Serum wirkte während des Anfalls und in
großen Dosen am besten. Bei alten Afrikanern und bei erwachsenen Eingeborenen
trat angeblich oft sofort Heilung ein, während bei Kindern und bei Eingewanderten
das Fieber allmählich innerhalb einiger Tage abfiel. Indeß sind Eückfälle nach
3 — 4 Wochen häufig. Es soll die Impfung mit dem Serum durch Yermehrung
der natürlichen Schutzstoffe wirken.
HovoEKA prüfte in Bosnien das Kuhn'scIic Pferdesterbe-Serum in Gremein-
schaft mit Kuhn bei 13 Tertiana-, 16 Quartana- und 14 Perniciosafällen mit dem
Resultat, daß das Serum bei Quartana so gut wie unwirksam war, bei Tertiana und
Perniciosaneuerkrankungen nur schwache Wirkungen erzielte. Weitere Versuche
scheinen nicht gemacht zu sein. Nocht sprach sich gegen das Verfahi-en aus.
Malaria. ' 503
FoKD impfte weiße Kaninclien mit undefibriniertem Malariablut und spritzte
dann das steril aufgefangene, defibrinierte Blut der Kaninchen den Malarikern
■(Tertiankranken) ein, derart, daß er entweder nur das defibrinierte Blut in natura
injizierte, bzw. das bei 47 — 53*^ C getrocknete Serum oder die ebenfalls getrockneten
roten Blutkörper. Das getrocknete Antitoxin (?) wurde in steriler Aufschwemmung
injiziert, mit dem Resultate, daß die angeblich malaria-antitoxisch wirkenden roten
Blutkörper der weißen Kaninchen lokale Abszesse an den Injektionsstellen bedingten.
Um hämolytische Wirkungen des mit Menschenblut vorbehandelten Kaninchen-
blutes auf das Blut des zu behandelnden Malarikers zu vermeiden, wurden nur kleine
Dosen ,,Antitoxin" injiziert, höchstens 1,5 g und in 2 Portionen.
Ford versichert, daß von seinen damals beobachteten 31 KontroUfäUen nur 4 Neigung
zur Spontanheilung zeigten, während von seinen 9 mit Antitoxin behandelten Fällen 6
geheilt wurden, 1 außerdem zeitweise. Leider erfahren wir nichts Genaueres über den
Parasitenbefund bzw. Schizonten, Gametocyten und späteren Verlauf. Eine Nachprüfung
■der Befunde ist noch nicht erfolgt.
Lichttherapie bei Malaria, von dem Amerikaner King vorgeschlagen,
der zur Begründung folgende Momente anführt : Die Sporulation der Malariaparasiten
Mnne nicht im Dunklen stattfinden, sondern niu^ im Licht, besonders in rotem
Licht. Man möge daher die Patienten im Dunklen behandeln oder im Raum mit
violettem Licht.
KiNa bezieht sich dabei auf Untersuchungen von Haerington und Leaning be-
treffend den Einfluß des Lichtes auf Amoeha proteus und zieht daraus den Schluß, daß
xotes Licht die vitalen Prozesse der Amöba begünstigt, violettes aber verzögert.
BusK macht dagegen den Einwand geltend, daß bei den Folgerungen aus diesen
Versuchen auch der plötzliche Lichtwechsel zwischen hell und dunkel, welcher als Reiz
auf Protozoen wirkt, nicht außer acht zu lassen sei.
Nach KiKG beeinflußt nicht sowohl die Wärme die Häufigkeit der Malaria-
fälle, sondern auch das Licht. King erinnert auch an das bekannte Faktum, daß
die Fieberparoxysmen bei allen Fiebern in der überwiegenden Mehrzalü in die
helle Tageszeit fielen. Ferner wären die Neger immun gegen die Malaria wegen
ihrer dunklen Haut, welche das Licht hindert, die die Sporulation begünstigende
Aktion auszuüben! Man bedenke demgegenüber, daß gerade in den schwersten
Malarialändern die Europäer sich intensiver durch Sonnenschirme, Tropenhelme,
Kleidung usw. gegen die Sonne zu schützen pflegen, als die oft wenig bekleideten
Neger. Wenn ferner King sagt, die Malariafieber nehmen in der sonnenlosen
Regenzeit ab, so trifft das für die Tropen und wohl auch für die meisten anderen
Malarialänder durchaus nicht zu. Nach KinG üben diejenigen Medikamente, welche
mit Erfolg gegen Malaria gebraucht werden, wie Methylenblau (!), eine Wirkung, in-
dem sie die roten Strahlen im Blute paralysierten. Andere Mittel, wie das Chinin,
bewirken nach King Fluoreszenz des Blutes und accentuieren die violetten Strahlen
im Blutspektrum. Nun, wenn es bloß auf Fluoreszenz des Blutes ankäme, möchte
ich empfehlen, einfach eine kleine, ganz unschädliche Dosis Fluoreszein subkutan
■einzuspritzen, was ja noch viel größere Fluoreszenz bedingt. Der Mechanismus des
vorzugsweisen Zustandekommens der Malariaanfälle während der Stunden zwischen
9 a. m. bis 4 p. m. , auch bei Neuerkrankungen verdient allerdings weitere Unter-
suchungen.
X-Strahlen und die Protozoen. In diesem Zusammenhange
seien aus vorläufig nur wissenschaftlichem Interesse einige Versuche Schaudinn's
erwähnt mit Durchleuchtung von Rhizopoden, Sporozoen, Flagellaten und
Infusorien durch Röntgenstrahlen, nachdem bereits Lopkioke den Einfluß dieser
Strahlen auf Zellen höherer Pflanzen, z. B. Vallisneria spiralis beschrieben hatte.
504 -Dr. Hans Ziemann.
Die betreffenden Organismen verhielten sich verschieden. Einige starben bereits;
nach einigen Stunden, nachdem der Periode der Lähmung eine kurze Periode einer
scheinbar erhöhten Beweglichkeit voraufgegangen. Andere wurden überhaupt nicht durch
die Strahlen beeinflußt, während der Rest sich nach anfänglicher Lähmung und nach
Aussetzen des Versuchs wieder erholte. Zellschmarotzer wie Coccidium scimeideri
BüTSCHLi und Adelea ovata Schneider wurden im Darm des LitJiobius forficatus (Tausend-
fuß) trotz 14 stündiger Exponierung nicht beeinflußt, auch nicht der in den roten Blut-
körpern schmarotzende Karyolysus lacertarum Labb]&. Man wird keinen Malariker
14 Stunden Röntgenstrahlen exponieren können, wie es Schaudinn mit seinen Versuchs-
objekten getan. Entsprechend modifizierte Versuche dürften aber doch Wert haben.
Über die Behandlung der Leukämie und der perniziösen
Anämie durch Röntgenstrahlen hat sich bereits eine ganze-
Literatur entwickelt, die unmöglich hier aufgeführt werden
kann. Eine große Anzahl von Angaben finden sich notiert in Folia haematologica
1905 Nr. 4. So viel scheint mir aus den bisherigen Resultaten hervorzugehen ^
daß durch die Röntgenstrahlen auf ein wichtiges Blutelement, nämlich die Leuko-
cyten, scheinbar eine gewisse deietäre Wirkung ausgeübt wird. Vgl. auch Verhand-
lungen des letzten deutschen Kongresses für innere Medizin 1905. Es wäre immer-
hin möglich, daß, wenn sich die Lichttherapie bei gewissen Blutkrankheiten
bewälu-t, sie auch bei den schweifen anämisclien Zu&tänden infolge von Malaria in
den Bereicli der Versuche gezogen werden wird.
Literatur über Malariamittel außer Chinin und Methylenblau etc.
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Die Behandlung der akuten Anfälle bei gewöhnlicher Tertiana' und Quartana,
auch der sog. Perniciosa leichterer Art bietet keine Schwierigkeiten.^ Im Frost-
stadium hüllt man den Kranken in eine Anzahl wollener Decken, gibt ihm heißen
Tee mit Zitronen- oder Limonensaft versetzt, bzAV. in Ermangelung der frischea
Früchte mit etwas Zitronensäure. Gegen Kopfschmerz dienen Eisblase, oder wenn
möghch LEiTEK'sche ßöhren, in Ermangelung von Eis und LEiTEE'schen Eöhren,
506 -Dr. Hans Ziemann.
häufig zu wechselnde kühle Umschläge. Yiel praktischer zur Schweißerzeugung
als die namentlich in den Tropen äußerst lästigen schweren woUenen Decken, sind
die von mir immer aufs neue empfohlenen und schon erwähnten Heißluftbäder. .
Mit dem Verabfolgen von Phenacetin u. dgl. gegen Kopfschmerz sei man im
allgemeinen äußerst zurückhaltend, da dadurch nur die Temperaturkurve gestört
wird, und man sich, falls nicht ständige mikroskopische Kontrolle geübt wird, der
Möglichkeit beraubt, das Fieber mit Chinin zur richtigen Zeit zu behandeln. Das
Hitzestadium wird durch die Sch\Ndtzbäder abgekürzt. In schweren Fällen, wenn
■die Temperatur selbst nach 12 — 18 Stunden nicht heruntergehen will, trockene
Hitze weiterbesteht und die Gefahren der Hyperthermie sich einstellen, gebe man
kühle Bäder, guten Kräftezustand und Puls vorausgesetzt.
Kontraindikation bietet jede Merenreizung. Sckwache Patienten mit mäßigem
Pulse erhalten kühle Abreibungen. Im Hitzestadium wirken kühlende Limonaden,
vor allem Zitroneulimonade in größeren Mengen genommen äußerst wohltuend.
Das Schweißstadium darf nicht unterdrückt werden, da es einen Akt der Selbst-
heilung des Organismus darstellt. Wenn das Schweißstadium vorüber ist, gebe
man ein warmes bzw. lauwarmes Bad, welches den massenhaft auf der Körper-
oberfläche haftenden Schweiß entfernt, die Hautzirkulation dadurch verbessert, und
vor allem das subjektive Befinden hebt. Bereits die alten Ärzte verordneten mit
Eecht während der Fieber Abführmittel, spez. Kalomel und Rizinusöl.
Jeder Praktiker in Malarialändern weiß, daß Fälle von hohem Fieber, die bis dahin
hartnäckig verliefen, sich oft viel leichter heilen lassen, wenn eine bis dahin bestehende
hartnäckige Verstopfung gehoben wird. Man berücksichtige aber, daß wenn Chinin
gleichzeitig mit Kalomel oder einem anderen Abführmittel gegeben wird, die Resorptions-
möglichkeit des Chinins erheblich beeinträchtigt werden kann. Verf. hat diesbezügliche
Versuche angestellt und das erste Chinin nach einer Chiningabe von 1,0 g, das mit
Kalomel 0,3 gleichzeitig per os gegeben war, durchschnittlich erst ^j.y — 1 Stunde später
als gewöhnlich im Urin nachweisen können.
Viel empfehlenswerter sind bei allen Fiebern, mögen sie leicht oder schwer
sein, die systematischen, morgens und abends wiederholten, mindestens aber einmal
am Tage erfolgenden, je nach Erfordern hohen Einlaufe mit sterilisierter physio-
logischer Kochsalzlösung von 38 ^/o C. Im Hitzestadium kann man kühlere Ein-
laufe machen und dadurch das subjektive Hitzegefühl zeitweise sehr herabmindern.
Man hört oft den Einwurf von Kranken, daß sie ja seit Tagen wegen ihrer Übelkeit,
Erbrechen usw. nichts gegessen, daher auch nichts im Leibe hätten. Verf. empfiehlt
diese systematisch während der akuten Infektion wiederholten Einlaufe nicht so
wohl wegen der Evakuation der Fäces aus dem Darm, als in erster Linie, um
die auf der Darmschleimhaut sich niederschlagenden hypothetischen Stoffwechsel-
produkte der Parasiten mit dem Darmschleim mechanisch wegzuspülen.
Tatsache ist, daß diese systematischen Einlaufe bei allen Fiebern aufs äußerste
wohltätig empfunden werden, auch von anfangs widerwdlligen Kranken. Bei Neigung
zu Verstopfung und Kongestionen nach Müz und Leber werden kräftige Dosen
Rizinusöl, Karlsbader Salz, Fruchtsaft empfohlen, aber nicht gleichzeitig mit
dem Chinin.
Pewnitzki empfiehlt, um die Malariatoxine aus dem Körper auszuscheiden, in
schweren Fällen die subkutane Injektion von physiologischer Kochsalzlösung, welcher
Chinin beigegeben wäre, kombiniert mit der Anwendung herzstärkender Mittel. Verf.
hält dieses für zu umständlich und unnütz.
Bei leichter heimischer und tropischer Malaria, wenn die Beschwerden schon
während des Anfalles gering waren, wird es nicht immer leicht, ja oft unmöglich
Malaria. 507
sein, die Kranken während der Apyrexie bei Wohlbefinden im Bett zu behalten.
Unter allen Umständen verordne man Bettruhe, wenn nach klinischem und mikro-
skopischem Befunde der neue Anfall in einigen Stunden zu erwarten ist.
Die Diät sei während der Dauer der Infektion eine leichte. Bezüglich der
Frage der Verabreichung von Alkohol wird man von Fall zu Fall entscheiden. Einen
schweren Alkoholiker wird man nicht plötzHch zum unfreiwilligen Abstinenzler machen.
Auch Leuten, die, ohne Trinker zu sein, an ein gewisses Maß täglichen Alkohol-
konsums gewöhnt sind, wird man ein Grlas Sekt oder Wein auf Ersuchen unbedenk-
lich gestatten können und sie damit sehr erquicken. Wie so oft, Hegt die Wahrheit
in der Mitte zwischen den extremen Anschauungen der absoluten Abstinenzler und
der liberalen Alkoholfreunde bei der Fieberbehandlung. Manchen, die sonst auch
an AUvohol gewöhnt sind, widersteht während des Fiebers jeder Alkohol, scheinbar
besonders häufig jeder Weißwein. Bei jedem Fall von Nierenreizuug, die durch
tägliche Urinuntersuchung auszuschließen ^st, ist Alkohol in jeglicher Form kontra-
indiziert. Am zweckmäßigsten wird man Alkohol, speziell in den Tropen, wenn
überhaupt, nur in geringem Maße geben, und, falls eine Stärkung der Herztätigkeit
sich nötig erweist, durch Strophantus- oder Digitalistinktur je 10 Tropfen, ferner
durch Kampfer und Benzoepulver den gewünschten Effekt erzielen. Ausgezeichnet
wirksam fand Verf. bei Herzkollaps Digalen, 1 ccm per os oder subkutan.
Bei schweren akuten Fiebern gibt man, falls das Hitzestadium selu' lange
dauert, prolongierte kühle Bäder und, wenn allzu bohrende, nicht zu ertragende
Kopfschmerzen vorhanden, bei Mangel an Eis und sonst kräftiger Herztätigkeit ein
Antipyretikum, besonders Phenacetin. Morphium, am besten 0,01 bis 0,02
subkutan gegeben, wirkt auf der Akme desFiebers namentlich bei
einem schweren Erstlingsfieber äußerst wohltuend zur Beruhi-
gung. Nur sage man dem Patienten nicht, um ihn nicht Morphium liebgewinnen
zu lassen, daß man Morphium gegeben hat, sondern im allgemeinen ein beruhigendes
Fiebermittel. Falls Chinin bei drohenden Symptomen gegeben werden mußte, läßt
das Morphium die Cliininwärkungen auch nicht recht zum Bewußtsein kommen.
Der Kranke bekommt dann weniger die besonders in den Tropen bei Erstliugsfiebern
so verderbliche Chininscheu.
Bei starken Schmerzen infolge akuten Milztumors gebe man Schröpfköpfe an
die Milzgegend oder hydropathische Umschläge. Häufig werden die Diarrhöen nicht
genügend beachtet. Mancher Fall einer hartnäckigen tropischen Malaria ist dadurch
zu erklären, daß Chinin per os trotz bestehender Diarrhöe weiter gegeben wurde.
Wenn man nicht Chinin intramuskulär oder subkutan einspritzen kann, muß man
durch Tannineinläufe 7,5/1000 oder Wißmutklistier die Ausscheidung des Chinins
zu verhindern suchen. Bei choleriformen schweren Fiebern wird man
symptomatisch verfahren, ebenso bei parenchymatösen Darm-
blutungen. Bei den algiden Fiebern sind heiße Bäder indiziert, denen
man etwas Essig hinzufügt, und gleichzeitig kräftiges Frottieren des Körpers. Bei
starker innerer Unruhe wirken, abgesehen von Morphium, Chloralhydrat oder
Brompräparate sehr günstig. Empfehlenswert ist von letzteren in den Tropen wegen
der relativen Leichtigkeit des Einnehmens und des augenehmen Gleschmacks das
brausende Bromsalz von Dr. Sandow in Hamburg. Gregen Schlaflosigkeit
wirken in leichten Fällen Sulfonal oder noch besser Veronal bzw. Trional zu 0,5
bis 1,0 g, sonst Morphium. Äußerst quälend und schwer zu beseitigen ist oft das
Erbrechen, welches jede Nahrung, jede Flüssigkeit sofort wieder aus dem Körper
entfernt.
Man empfahl dagegen einen Tropfen Tinctura Jodi auf ein Weinglas voll
Wasser, Schlucken von Eisstückchen, geeisten Champagner und Senfpapier auf die
508 Dr. Hans Ziemann.
Magengrube. Das sicherste Mittel ist und bleibt das Chloroform. Empfohlen sei
folgende Mischung:
Chloroform 10,0
Gummi arabicum 10,0
Zucker 20,0 in einem Mörser zerrieben und versetzt mit
Aquae ad 200,0
vor dem Gebrauche tüchtig umschütteln. Von der Mischung gibt man einen Tee-
löffel bis einen Eßlöffel voll in 1 — 2 stündigen Pausen, 2— 3 mal wiederholen, bis
Erfolg erzielt ist. In 90 ^/o der Fälle wird eine außerordentlich wohltätige Be-
ruhigung empfunden, und oft tritt Schlaf ein, eine Wirkung des in Chlorai um-
gewandelten Chloroforms.
Diese Medikation hat sich nunmehr an vielen Teilen der Westküste Afrikas
eingeführt.
In einem Ende 1903 behandelten Falle' von akutester perniciöser Malaria bei einem
schon über 20 Jahr in Kamerun befindlichen Schweden, der bis dahin abgesehen von
kleineren Fiebern gesund war, kam es zu so furchtbarem, Tag und Nacht währendem,
jeder Behandlung spottendem Erbrechen, daß ich mich zu der gewaltsamen Magenaus-
spülung entschloß. Der schon halb in der Agone befindliche Patient wurde gerettet,
nachdem geradezu unglaubliche Mengen zähesten Schleims zutage gefördert waren. Seitdem
wurde dasselbe Verfahren schon häufiger mit bestem Erfolge in anderen Fällen erprobt.
Singultus kann äußerst quälend sein und tagelang die Kräfte des Kranken
aufs äußerste erschöpfen, fast jeder Tlierapie widerstehend. Hohe Dosen Morphium
und Opium, sowie Senfteig auf die Magengrube bringen noch am ersten Linderung.
Singultus ist meist ein Signum malum. Gegen den von Verf. erwähnten sehr
typischen trockenen und quälenden Malariahusten, der sich während der Anfälle
der Tertiana simpl. oft, der Perniciosa nicht selten findet, gibt man zuerst Codein.
phosphor. 0,1/50 2 mal stündlich einen Teelöffel; wenn dies ohne Wirkung, Morphium.
Bei pneumonischen und pleuritischen Erscheinungen der Malariker wird rein sympto-
matisch verfahren. Bei den furchtbaren Schmerzanfällen der Malaria
cardialgica fand Verf. in einem Falle selbst Morphium wirkungslos, und es zeigte
sich erst nach im ganzen 80 Tropfen Tinctura opii simpl. Naclilaß der Schmerzen.
Bei starker Hyperämie des Gehirns mit Kongestionserschei-
nungen hat man fi'üher durch Blutegel hiater den Warzenfortsätzen Blut ent-
ziehen lassen, was bei Besinnung befindliche Kranke bloß beunruhigt. Durch Eis
oder LEiTEK'sche Röhren auf den Kopf und durch Einpackungen der Extremitäten
in warme Tücher, welche in heißes Essigwasser getaucht sind, muß eine Ableitung
der Kongestion erstrebt werden.
Selbstverständlich müssen delirierende oder bewußtlose Kranke
stets unter Aufsicht bleiben, auch wenn die äußeren Verhältnisse die denkbar
primitivsten sind und die stärksten Anforderungen an die Pfleger gestellt werden.
Eine Nacht entscheidet hierbei oft über ein Menschenleben. Bei den schweren
tropischen Fiebern kann es zu plötzlichen Geistesstörungen und Tobsuchtsanfäüen,
Selbstmordversuchen usw. kommen, wie in Kamerun mehrfach beobachtet wurde.
Überwachung ist also doppelt erforderlich. Unzuverlässige eingeborene AVärter müssen
ständig kontrolliert werden. Bei Bewußtlosen ist sorgfältig auf die
Füllung der Harnblase zu achten und mindestens zweimal täglich
zu katheterisieren. Es wird das leider nicht immer beachtet. Sehr unruMge,
benommene Kranke werden dadurch oft viel ruliiger.
Bei Sauerstoffhunger infolge von schwerer akut eingetretener
Anämie wirken protahierte Inhalationen von komprimiertem
Sauerstoff gut. Betr. Transfusionen vgl. Schwarzwasserfieber.
Malaria. 509
Bei den schwereren Formen der Perniciosa, wo schnell tiefste
Entkräftung eintritt und Nahrungsmittel per os nicht angenommen werden, rate
ich dringend zu möglichst frühzeitiger künstlicher Ernährung,
unter Benutzung der Mittel, welche die moderne Therapie und Industrie auch
dem Arzte in den Tropen gibt. LEUBE-RosENTHAL'sche Fleischsolution, Beeftea,
Fleischsaft, Furo, und vor allem Sanatogen, Plasmon, Tropon, die etwas teure
Somatose und viele andere recht brauchbare, luftdicht aufbewahrte, möghchst frische
Präparate sind nicht nur als Zutaten zu stärkenden Suppen, sondern auch für Er-
nährungsklistiere gut zu verwenden. Bei besinnlichen Kranken, die Widerstand
leisten,, muß der Arzt seine ganze suggerierende Kraft aufwenden, um dieses Regime
durchzuführen.
Ein vorhergehendes ßeinigungsklistier ist notwendig. In Ermangelung der er-
wähnten Präparate gibt man Milch mit gequirltem Ei oder Bouillon mit Ei unter Zufügen
von etwas Salz und 8 Tropfen Tinct. üpii. Mehr als 120 ccm darf das Klistier nicht
enthalten. Der Arzt kontrolliere die Ausführung am besten selbst.
Man gibt in schweren Fällen täglich mindestens zweimal Ernährungsklistiere.
Die Heilungsfäliigkeit, Rekonvaleszenz und Resistenz gegen etwaige spätere Rezidive
wird durch diese nicht dringend genug zu empfehlende, möglichst frühzeitig ein-
setzende, künstliche Ernährung aufs günstigste beeinflußt. Wenn es aus äußeren
Gründen nicht möglich ist, solche Ernährungsklystiere zu geben, kann man die
künstlichen Nährpräparate ev. in Form eines geeisten Cocktails versetzt mit Port-
oder Rotwein, Zucker, einem Eigelb und etwas Angostura-Bitter geben.
Wo eine Presse vorhanden ist, bzw. eine solche, wie an Bord von Schiffen, improvisiert
werden kann , kann man sich das Nährpräparat selber herstellen. Man hackt etwa
2 Kilo bestes Hühner- oder Rindfleisch, schlägt es in ein Tuch und setzt es in einem
ausgehöhlten Holzblocke, der mit einem fest passenden Holzstempel verschlossen werden
kann, einem hohen Drucke aus. Der ausfließende Fleischsaft wird durch Röhrchen am
Boden des Holzblockes, dessen innere Oberfläche ebenso wie die Oberfläche des dazu
passenden Stempels mit Zink ausgeschlagen wird, in eine untergehaltene Flasche geleitet.
Man gewinnt so aus etw^a 2 Kilo Fleisch ^/j — Y2 Weinflasche voll frischen Fleischsaft, der
entweder mit Bouillon oder als Cocktail geeist ausgezeichnete Dienste tut. Verf. erzielte
vor Einführung der modernen Nährpräparate in Afrika mit solchem Fleischsafte in ver-
zweifelten Fällen sehr gute Resultate.
Nach dem Aufhören des Fiebers wird die Chininnachbehand-
lung, wie schon erwähnt, fortgesetzt, der Kranke unter BlutkontroUe
gehalten und während der nächsten Zeit von allen anstrengenden Arbeiten körper-
licher und geistiger Art und Gelegenheiten zu Erkältung ferngehalten. Die Diät muß
zunächst eine leichte bleiben.
Vor allem ist jede Störung des Darms zu meiden, um die Resorp-
tion des Chinins nicht zu gefährden. Eine etwa einsetzende Neigung zu Obstipa-
tion darf man nicht, wie so oft in den Tropen von Laien geschieht, durch immer steigende
Dosen von Abführmitteln, besonders des so beliebten Fruchtsalzes, bekämpfen. Leichte,
aber geregelte Bewegung, Reiten, Sport in mäßigen Grenzen, schwedische Heügymnastik,
Mäßigkeit im Essen und Trinken, Genuß von Früchten auf nüchternen Magen, muß die
Neigung zur Obstipation beseitigen. In vorgeschritteneren Fällen verordne man Anwen-
dung einer nicht zu schweren hölzernen Massierkugel, welche morgens und abends um die
Nabelgegend gerollt wird oder vorsichtige Anwendung von Klystieren mit dem Irrigator.
Die Entwöhnung kann durch allmähliches Herabgehen in dem Quantum der Irrigator-
Flüssigkeit erzielt werden.
510 Dr. Hans Ziemakn.
Behandlung der perniciösen chronischen Malaria und Malariakachexie.
Bei diesen Folgezuständen wird das Chinin entsprechend den schon früher
erwähnten Grundsätzen mit bestimmten Zwischenräumen prophylaktisch gegeben,
um Rückfälle zu vermeiden. Wir sahen aber schon, daß in verschleppten Fällen
durch Chinin allein dieser Effekt nicht immer erzielt werden kann, und daß eine
sinnlose Steigerung der Chinindosen den Kranken unter Umständen erst recht elend
machen kann. Alles kommt darauf an, den Organismus selbst in
seiner Widerstandsfähigkeit zu heben, besonders auch die durch
die Malaria bedingte Anämie zu beseitigen. Cxerade in diesen
Fällen wirkt die kombinierte Anwendung von Chinin und Arsenik
bzw. Chinin, Arsenik und Eisen ausgezeichnet. Bei den larvierten
Formen, z. B. Neuralgien des Quintus, steht Arsenik schon seit langem in gutem
Rufe. Als Präparate kommen bei chronischer Malaria neben den bereits erwähnten
die bekannten Pillulae Blaudii in Frage, ferner die verschiedenen Fabrikate
des Liquor ferri-albuminati. Auch Hämatogen (Hommel) wirkt oft ausgezeichnet,
bzw. das gewöhnliche Ferrum carbonicum saccharatum. Der Erfolg der Kur muß
genau überwacht werden, damit nicht das Arsenik oder Eisen durch schädliche
Wirkungen auf den Magendarmkanal sogar versclilimmernd auf den Zustand wirkt.
In Fällen von spärlichem Parasitenbefunde und unregelmäßigem Fieber sind
kalte Duschen und TuberkuHninjektionen empfohlen, um dadurch die Parasiten einer
energischen Therapie in der peripheren Blutbahn zugänglich zu machen (Bassenge)
ev. nach Umwandlung der Makrogameten in Schizonten. Man wird natürlich mit
diesen Prozeduren bei schwachen anämischen Personen und vor allem bei Schwarz-
wasserfieberkandidaten, d. h. solchen, die eben einen Anfall von Schwarzwasserfieber
überstanden haben oder schon mehrere Male an Schwarzwasserfieber erkrankt waren,
sehr vorsichtig sein müssen und streng individualisierend vorgehen.
LiiMOiNE gab in einem Falle mit starken Fieberparoxysmen, die alle 7 — 8 Tage
auftraten, und in denen es trotz aller Anwendung von Medikamenten zur Kachexie
gekommen, kalte Duschen von anfangs 10° C mit vollem Druck gegen die Beine und abge-
schwächtem Druck auf Brust und ßücken, die später bis zu einer Minute Dauer ver-
längert wurden. Unter gleichzeitiger medikamentöser Chinin- und Arsenbehandlung er-
folgte völlige Heilung.
Was in diesem Falle vorzüglich gewirkt, wäre bei Schwarz wasserkandidaten der
helle Wahnsinn gewesen.
Die Hydrotherapie kann und darf meines Erachtens nur in gut geleiteten
Anstalten, die am besten 300 — 500 m über dem Meere liegen, bei chronisch Malaria-
kranken oder Kachektischen zur Anwendung gelangen, z, B, in BadenweUer im
Schwarzwald (Deutschland). Dann allerdings oft mit glänzendsten Resultaten, vor-
ausgesetzt, daß die Hydrotherapie mit einem streng individualisierenden, vorsichtig
beginnenden und mit Chiningaben verbundenen Regime kombiniert wird. Mäßige
Höhenlagen verbessern die Aussichten der Behandlung.
Bekanntlich kommt es bei chronischer Malaria und Kachexie oft zu einer außer-
ordentlichen Schlafsucht, nicht ganz selten aber auch bei nervös Veranlagten zu einer
Schlaflosigkeit, die die Genesung sehr hindert, und sich beim Tropenbewohner
schon vor dem Auftreten akuter Fieber zeigen kann. Eine medikamentöse Behand-
lung durch Narkotika ist da sehr bedenklich, indem man den Teufel durch Beelzebub
austreibt. Y. verordnet in solchen FäUen in den Tropen kühle Vollbäder von Luft-
temperatur statt der meist üblichen Duschen, die mehr excitierend wirken und
abends vor dem Schlafengehen Einhüllen des nackten Körpers in ein feuchtes,
I
Malaria. 511
ausgerungenes Laken, Verweilen in diesem Zustande bei geschlossenen Fenstern
(kein Zug) während 10 Minuten. Dann Abtupfen, nicht Frottieren, und zur Nacht-
ruhe ins Bett gehen.
Kachexie muß durch sorgfältigste Hebung des allgemeinen Zustandes beeinflußt
werden. Tonische Mittel, wie Tinctura Chinae, Strychnin usw. wirken zuweilen
günstig auf die Ernährung. Gerade in diesen Fällen von Kachexie wird die Tinctura
Baccelh sehr gerühmt.
Gegen die Kachexie sind auch Knochenmarktabletten von Rogers gegeben worden,
ohne daß der Vorschlag weitere Nachahmung gefunden zu haben scheint. Critzmann gab
rohe Milz und Knochenmark mit Eigelb vermischt. In den Tropen ist diese Behandlung
schon aus äußeren Gründen ausgeschlossen. Von französischer Seite soll geraten sein^
hämolytische Sera in geringsten Dosen anzuwenden, um dadurch die blutbildende Tätig-
keit des Knochenmarks anzuregen.
Bei den früher erwähnten cirkumskripten Ödemen, die entweder hauptsächlich die^
Schienbeine oder die Knöchelgegend oder auch andere Körperteile, besonders Vorderarme
oder Hände treffen können, ohne daß Albuminurie vorhanden (Hydrämie), verordne man.
neben einer allgemein kräftigenden Diät, Massage und Eisenpräparate und beruhige
den Kranken über die relative Ungefährlichkeit des Zustandes.
M i 1 z t u m 0 r. Zur Verkleinerung der Milz sind Elektrisierung der Milzgegend,,
kalte Douchen auf dieselbe, ferner parenchymatöse Einspritzungen von Chinin,.
Solutio Fowleri. Ergotin, Phenocoll und sterilisiertem "Wasser empfohlen Avorden.
Mannabekg macht mit Recht auf die Gefahren einer solchen Einspritzung aufmerksam..
Meistens bildet sich mit dem Schwinden der Malaria der Milztumor zurück.
In alten Fällen aber bleibt, wie schon angedeutet, der Tumor bestehen und kann,
schwere Erscheinungen bedingen, namentlich bei Drehungen des Milzstiels, und
durch Druck auf den Magen Erbrechen verursachen; Unvorsichtige Massage ist
dringend zu widerraten, da dadurch möglicherweise Milzruptur erfolgen könnte,,
bzw. kurze Zeit danach ein heftiger Fieberanfall.
Pakona führte bei einem enormen, gelappten inoperablen Milztumor, bei dem
es schon zur Probelaparatomie gekommen war, relative Heilung herbei durch 2 — 3 mal
in der "Woche erfolgende Injektionen von Jod (0,25 g Kaliima jodatum und Guajocol
ää 2,5 g, Glycerinum sterilisatum 25,0 g).
Aeellä, Tenka, Montini, Scaravelli, Montabetti u. a. erprobten angeblich di&
Methode nach Parona auch mit bestem Erfolge. Auch Nanotti und Makiani empfahlen
dieselbe auf dem 14. italienischen Chirurgenkongreß.
Neuerdings ist auch ziemlich oft die Exstirpation der Milz empfohlen und
ausgeführt worden, z. B. von Tkicomi, Carint, Laccetti, Bragagnolo, Schwarz,
Nanotti, bzw. die Anheftung des MUzstils (Splenopexie) von Rydygier (Virchow's
Jahresber. 1896). Die Sterblichkeit ist nach Fevrier auf 17 — 18 ^lo herabgegangen.
Man will danach früher melirfach Schwellung der Lymphdrüsen, welche die Funk-
tionen der exstirpierten Milz übernommea hätten, beobachtet haben, was nach
unseren neuen Anschauungen nicht zutreffen dürfte. Natürlich ist eine so schwere-
Operation nur indiziert, wenn der Kräftezustand sie noch gestattet. Man kann den
günstigen Erfolg der Milzexstirpation, der zweifellos in manchem Falle von Malaria-
kachexie erzielt ist, damit erklären, daß ganz abgesehen von der Entfernung eines
Verstecks der MaJariaparasiten auch eine Bildungsstätte von Toxinen entfernt ist.
Leider können trotz der Splenektomien die Operierten an neuen Malariaanfällen
erkranken. 3 der 17 splenektomierten Patienten Trisomi's bekamen einige Monate nach
der Operation deutliche Malariaanfälle.
Nach Stachelin's Beobachtungen fand sich, daß hei den Splenektomierten ein Ein-
fluß auf die Bildung der roten Blutkörper nicht erfolgt war, und daß nur Lymphocyten:
512 Dl"- Hans Ziemann.
vermehrt auftraten. Nach Joedan sind im Anschluß an die Operation die roten Blut-
körper bald vermindert, bald vermehrt, die Leukocyten vorübergehend vermehrt.
Cetnarowski sah nach Entfernung einer 3,7 kg schweren Malariamilz geringe
Steigerung der Zahl der roten Blutkörper und des Hämoglobiagehalts und ti'otzdem
4 "Wochen später l^ereits wieder Malariaparasiten im Blute ohne Gametocyten.
Lebertumor. Kohlbkugc4e empfiehlt gegen die Yergrößerung bzw. Ver-
härtung der Malarialeber nicht nur die bekannten Mittel Kalomel, Karlsbader-,
Marienbader-, Kissinger-, Yichy-Salz, Jodkali, äußerlich Jodtinktur, sondern vor allem
•die Toemoe Lawak Knollen von Curcuma Zerumbet Roxb. Am besten wirkt inner-
lich der aus den Knollen frisch ausgepreßte Saft, weniger gut das Dekokt. Außer-
dem empfiehlt Kohlbrugge Kombination tiefer Atemzüge des Patienten, welche
viel Blut aus der Leber zum Herzen führen müssen, mit gleichzeitigem Druck auf
•den Bauch. Gerade bei Lebervergrößerung ist die Diät besonders milde und ein-
fach zu gestatten, Alkohol in jeder Form aufs strengste zu verbieten, leichte Be-
wegung, wie nicht anstrengendes Reiten, aber zu empfehlen. Dem geschwächten
Magen des Tropenbewohners werden oft so wie so schon zu viel scharfe Gewürze zu-
geführt. Besonders in englischen Kolonien wird mit scharfen Saucen ein direkter
Mißbrauch getrieben. Der möglichst reichliche Genuß frischer Gemüse und Früchte
ist dagegen dringend zu empfehlen.
"Wenn aufs neue akute Fieberanfälle während der chronischen Infektion ent-
stehen, gebe man Chinin nur in großen Dosen von 1 — 2 g pro Tag tagelang hinter-
einander bis 3 Tage nach völliger Entfieberung bzw. A^erschwinden der Parasiten,
dann Nachbehandlung, wie erwähnt, und Prophylaxe. Jeder Fall von Malaria-
kachexie in den Tropen bedarf, wenn es sich um "Weiße handelt,
selbstverständlich der sofortigen Heimsendung nach Europa. Bei
chronischer Malaria, insbesondere auch bei Lebervergrößerung,
ebenso bei Schwarzwasserfieberkandidaten, bei denen noch kein
gehäuftes Auftreten schwerer Schwarz Wasserfieber zu bemerken
War, wird erst noch ein letzter Yersuch mit Klimaveränderung
zu machen sein. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß Malariker, deren
Fieber hartnäckig jeder Behandlung bis dahin getrotzt, bei Veränderung des "Wohn-
ortes oft erstaunlich schnell zur Rekonvaleszenz kommen, mag auch der neue "Wohn-
ort unter Umständen ebenfalls ein Malariaort sein.
In den Tropen schafft oft eine Seereise von 10 — 14tägiger Dauer bei guter
Verpflegung einer energischen Chinintherapie die günstigen Bedingungen, nachdem
vorher jede Therapie ohne Erfolg gewesen war.
Sanatorien im Gebirge und an der See. Nach R. Koch's ersten Mt-
leilungen über die Malaria wären die Sanatorien in den Tropen in ihrem Werte pro-
iDlematisch, da es Tatsache wäre, daß Malariker dort ebenso ihre Rezidive bekommen
könnten, wie in dem Malarialande selber.
Gewiß, die Parasiten werden in der neuen Umgebung nicht direkt geändert,
wohl aber wird die "Widerstandsfähigkeit des Körpers gestärkt und damit die Neigung
7.ur Spontanheilung befördert. Vor allem werden Nervosität und Blutarmut günstig durch
Gebirgssauatorien beeinflußt. Da erfahrungsgemäß nach der ersten Zeit des Gebirgs-
aufenthaltes öfter Malariarezidive erfolgen können, muß auch in Gebirgssauatorien die
Chininnachbehandlung fortgesetzt werden. Die Lebensbedingungen können sonst für die
Parasiten nach stattgehabter Akklimatisation des Organismus \^äeder günstiger werden,
und es genügt dann ev. eine anstrengendere Bergpartie, um entweder durch verstärkten
Blutdruck (vermehrte Herzarbeit und Muskeltätigkeit) oder durch Insolation das Blut
aus den inneren Organen zur Pripherie strömen zu lassen, damit aber auch die Para-
Malaria. 513
siten. Die Folge ist, wie man auch im Kamerungebirge sehea konnte, oft ein bald
folgender Fieberanfall.
Erstaunlich ist, Avie trotzdem, besonders nach dem Ueberstehen weniger Fieber,
der Ajjpetit häufig in kurzer Zeit sich regt.
Die Sanatorien liegen in den Tropen zweckmäßigerweise durchschnittlich
nicht höher als 1000 Meter, da der durch Fieber geschwächte Bewohner der malaria-
infizierten Ebene größere Höhenlagen meist unangenehm empfindet.
Sehr empfehlenswert ist das Vorgehen der Holländer in Mederländisch - Indien,
welche in der Nähe von Batavia als Sanatorium das 265 m hohe Buitenzorg, das 601 m
iohe Sukabumi und das 1078 m hohe Sindanglaja wählten, so daß jede Dosierung und
Steigerung in der Höhe des Aufenthalts gewählt werden kann. Außerdem besteht in
Ost-Java in Tosari ein Sanatorium in ca. 6000 Fuß Höhe, in Poespo in ca. 2000 Fuß Höhe.
JEs gibt so hartnäckige Malariafieber, daß sie erst in Höhen von ca. 6000 Fuß über dem
Meere zur Heilung gelangen, sachgemäße Behandlung vorausgesetzt. Verf. kannte 2 Damen,
die an der Nordseeküste (Jahdebusen) eine Tertiana simplex acquirierten, wegen deren sie
jedes Jahr monatelang im Hochgebirge der Schweiz weilen mußten, um dann monatelang
einigermaßen von ßecidiven befreit zu sein.
KoELBKUGGE sah in Tosari bis auf 3 "/o sämtlicher Fieberanfälle, auch die
hartnäckigsten, irregulär verlaufenden, bei Vermeiden körperlicher Anstrengungen und
Erkältungen in Heilung übergehen.
K. sah nach Bergpartien so oft Fieber neu aufflackern, ferner nach kalten Über-
gießungen, daß er diese Beobachtung direkt als Diagnostikum bei zweifelhaften Malarikern
gebraucht. Er ging dabei von der ganz richtigen Vorstellung aus, daß im allgemeinen ein
akuter Fieberanfall weniger schädUch wirkt wie ein chronisches bzw. latentes Fieber.
SelbstverständUch darf man solch heroische Mittel nur mit größter Vorsicht und nie bei
Schwarzwasserfieberkandidaten anwenden.
Grute Erfolge kann man bei hartnäckigen Fiebern durch mehrfachen Klima-
wechsel der Patienten zwischen höher und niedriger gelegenen Gebirgsstationen erzielen.
Xommt nämlich ein Patient aus dem sauerstoffarmen Hochgebirge, in dem sich die
Parasiten gerade an das veränderte Medium schon gewöhnt hatten, plötzlich wieder
in eine sauerstoffreichere, also niedriger gelegene Gregend, so bedeutet das eine neue
Schädigung der Entwicldungsbedingungen der Parasiten. Indem man je nach Er-
fordern dies Verfahren auch wiederholt, kann man bei individualisierender Behand-
lung die für jeden Kranken passende Höhenlage ausfindig machen und die Parasiten
allmählich abtöten.
Über die physiologischen Wirkungen des tropischen Höhenklimas auf den ge-
sunden, d. h. noch nicht von Malaria infizierten Menschen liegen größere Unter-
suchungen in Malarialändern meines Wissens noch nicht vor. Jedenfalls dürfen die
Ergebnisse der Untersuchungen in europäischen G-ebirgen nicht ohne weiteres auf
tropische Gebirge übertragen werden.
Verf. fand bei 10 kräftigen gesunden Bakwirinegern in Viktoria am Fuße des
.Kamerungebirges,, die vor Jahren angeblich an Malaria gelitten, für den Hämoglobin-
gehalt und die Zahl der roten Blutkörper dieselben Durchschnittswerte wie bei 10 eben-
falls kräftigen gesunden erwachsenen Bakwirinegern, die zwar in der Jugend in Viktoria
ebenfalls Malaria angeblich acquiriert hatten, aber schon seit vielen Jahren sich bei Buea
in ca. 1000 m Höhe aufhielten. Die von von Jaeuntowsky, Schröder, ScHÖNBüRa,
BöRNiscH, ZuNTZ Und anderen angestellten Untersuchungen in europäischen Gebirgen
ergaben in den Höhenlagen von 1000 m über dem Meere eine Zunahme der roten Blut-
körper, was von Grawitz einfach mit Eindickung des Blutes infolge von Wasserverlust
erklärt wurde. Das ebenso plötzliche Sinken der Zahl der roten Blutkörper im Zähl-
apparat, welches man beim Heruntersteigen vom Gebirge in die Ebene findet, spricht
ev. für diese Erklärung.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 33
514 Dr. Hans Ziemänn.
Neuerdings zeigte Gottstein, daß in Höhenlagen durch den veränderten barome-
trischen Druck auf die deckende Glasplatte des Zählapparates Änderungen im Volumen,
der Zählkammer entstehen können, wodurch die Zahl der roten Blutkörper auch rein
mechanisch Schwankungen unterliegt. Jedenfalls werden künftig die betreffenden Unter-
suchungen, um zu brauchbaren Resultaten zu führen, auch die übrigen Eigenschaften de»
Blutes, wie spezifisches Gewicht, Resistenz der i'oten Blutkörper etc. zu berücksichtigen,
haben. Auch sind Untersuchungen bei einem Menschenmaterial, das dauernd unter den-
selben Bedingungen lebt, instruktiver für Vergleichungszwecke als Untersuchungen bei
Menschen, die nur für kurze Zeit ins Gebirge gehen. Es wären also noch weitere Unter-
suchungen nötig über die entsprechenden Verhältnisse bei Europäern mit langem Aufent-
halt an der tropischen Küste und im tropischen Gebirge.
A. Plehn sah bei Leuten, die nach Buea geschickt wurden, dort keine Erhöhung
des Hb. (wie in Europa), vielmehr nach Rückkehr in die Ebene eine Verminderung.
Nach, den Kameruner Erfahrungen ist dringend jedem Transporte von Darm-
kranken, speziell dysenteriekranken Malarikern, auch von Rheumatikern ins Grebirge
zu widerraten.
Küstensanatorien. Ausgezeichnete Resultate kann, wie das Küsten-
sanatorium Suellaba ia Kamerun beweist, ein Küstensanatorium ergeben.
Dasselbe liegt in gänzlich malariafreier Umgebung, ist leicht zu erreichen und
führt bei regelmäßiger, sehr frischer Seebrise und Gelegenheit zu Seebädern in kurzer
Zeit durchschnittlich zu einer Steigerung des Hämoglobingehaltes, der Zahl der rotea
Blntkörper und des Appetits. Ich schicke allerdings dorthin nur Patienten, deren Nach-
behandlung mindestens 8 — 10 Tage nach der Entfieberung von mir noch mikroskopisch
und klinisch kontrolliert war, und die bereits wieder mindestens 50% Hg. aufweisen.
Die Schaffung eines zweiten Sanatoriums im Gebirge in ca. 8£0 m Höhe ist projektiert.
Heimsendung aus den Tropen.
Alle Fieberkranke, deren Herstellung mit den vorhandenen Hilfsmitteln in
den Tropen nicht möglich ist, bei denen die Anämie der Behandlung spottet, müssen;
nach Europa zurückgesandt werden. Das Klima des tropischen Hochgebirges er-
setzt nie und nimmer das der gemäßigten Breiten, vgl. Assmann, „Das Klima" in
Weyl's Handbuch der Hygiene oder das bekannte Werk von Hann „Klimatologie".
Zweckmäßigerweise machen die Heimzusendenden, um nicht einen zu plötzlichen
Unterschied des Klimas ertragen zu müssen, bei der Rückkehr aus den Tropen, in
einem gesunden subtropischen Hafenorte Station, falls nicht die Rückkehr im Sommer
erfolgen kann. Die Heimsendung muß unter allen Umständen in Frage kommen bei
immer wiederkelirender Neigung zu Schwarzwasserfieber bzw. Chininidiosynkrasie
und schweren Schädigungen des Nervensystems und der blutbereitenden Organe,,
die durch Sanatorienaufenthalt nicht beseitigt werden konnten, ferner bei Neigung
zu Albuminurie im Verlauf von Malariaanfällen. In der warmen Jahreszeit ist der
Aufenthalt in den Gebirgen der subtropischen und gemäßigten Breiten in Höhen-
lagen bis zu 600—1000 m am empfehlenswertesten. Am besten wähle man warme-
windgeschützte Orte erst in 400 — 500 m Höhe, um die Kranken dann in Höhen-
lagen von. 1000 m zu senden. An Badeorten kommen für Malariker mit Milz und
Leberkongestionen in Frage Karlsbad, Marienbad, Kissingen, "Wiesbaden, in Frank-
reich Vichy, in Italien Cliianciano und Montecatini, welch letzteres Verf. aus eigener-
Anschauung empfehlen kann. Eine strenge Individualisierung und äußerst vorsichtige
Steigerung der Badekur ist dringend erforderlich. Verf. hat speziell von den müden
Bädern Kissingens sehr gute Resultate gesehen. Bei Anämie empfiehlt man die Bäder
von Levico und Roncegno, Franzensbad, St. Moritz, Elster, Schwalbach und La.
Bourboule.
Malaria. 515
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Prophylaxe.
Unsere heutige Kenntnis der Malaria-Ätiologie gestattet uns ein prophylaktisches
Vorgehen in ganz anderem Maße wie früher. Wir wissen jetzt, daß die Entwicklung
der Malariaparasiten an den Menschen und an bestimmte Anophelinen, sowie viel-
leicht auch an die Nachkommen der letzteren gebunden ist Wir Avissen ferner, daß
33*
516 Dl"- Hans Ziemann.
die Anoplieliuen im allgemeinen Haustiere sind, wenigstens Nachts, die sich meist
nur in Tümpeln in der Nähe menscliHcher Ansiedlungen entwickeln. Sodann er-
fuhren wir, daß der Mensch das ganze Jahr hindurch Träger der Malariainfektion sein
kann, da die Gameten sich lange Zeit in seinem Blute aufhalten können, daß aber
in den gemäßigten Breiten die Anophelinen die Malaria nur in bestimmten Perioden
des Jahres übertragen können, wenn im Sommer und Herbst eine Zeitlang eine be-
stimmte Temi^eratur geherrscht hat. In den Tropen können die Anox^helinen die
Malaria das ganze Jahr hindurch übertragen, da die für die Entwicklung der Para-
siten im Anopheles nötige Temperatur stets vorhanden ist. Da aber auch in den
Tropen die Yermehrung der Anophelinen an das Vorhandensein von Tümpeln ge-
bunden ist, diese Tümpelbildung aber vielfach abhängt von den zu bestimmter Zeit
wiederkehrenden Regenzeiten, haben wir auch dort in Wirklichkeit vielfach ähnliche
epidemiologische Yerhältnisse, wie in den gemäßigten Breiten (vgl. Epidemiologie).
Wir haben also theoretisch die Möglichkeit, die Malaria auszu-
rotten:
1. indem wir die Malariaparasiten im Mensclien ausrotten.
A) durch systematische Chininbehandlung der Malaria-
krauken, da dann die Anophelinen sich nicht mehr an dem Blute der Exanken
infizieren und so die Erankheit von Mensch zu Mensch weiter übertragen können;
B) indem wir die in den Eörper ev. eindringenden Malaria-
parasiten gleich im Beginn ihrer Entwicklung abtöten, noch be-
vor es zum Eieberanfall gekommen. • — Eigentliche Cliiniuprophylaxe ;
2. indem wir die die Malaria übertragenden Anophelinen ausrotten,
3. indem wir den Menschen gegen den Stich der Anophelinen schützen.
Theoretisch müßten dann die Malariakeime in den infizierten Anophelinen allmäh-
lich absterben, wenn ilmen keine Gelegenheit gegeben wird, gesunde Menschen zu
infizieren ;
4. indem wii* durch soziale Prophylaxe, d. h. durch Hebung des
sozialen Elends, Sorge für bessere Ernährung, Wohnung, Kleidung. Auf-
klärung über das Wesen der Malaria usw. die Widerstandskraft der malai'ia-
verseuchten Bevölkerung zu heben suchen.
Wir teilen ferner die Prophylaxe, je nach der Ausdehnung unserer Ziele, ein in
A) allgemeine Prophylaxe, welche die Ausrottung der Malaria im ganzen
bezweckt,
B) persönliche Prophylaxe, welche den Schutz des einzelnen Individuums
gegen die Malaria erstrebt.
1. Ausrotten der Malariaparasiten im Menschen.
A) Durch systematische Behandlung der Malariakranken mit Chinin.
Für die alleinige Ausübung der Methode 1 ad A) hat sich in entschiedenster
Weise R. Eocri ausgesprochen. Nach ihm muß in dem Gebiete, in welchem der Eampf
gegen die Malaria beschlossen ist. während der dem Ausbruch der Malaria vorher-
gehenden Zeit das Blut aller Malariaverdächtigeu auf Malariaparasiten untersucht
werden. Am besten würden überhaupt aUe Einwohner untersucht, vor aUem auch die
Kinder, welche das größte Kontingent der Malariakranken stellen, ferner auch die
zugereisten Personen aus einer Malariagegend. Diese müßten bei Erkrankung an
Malaria. . 517
Malaria gi'ündlicli auskuriert werden, damit die Anoplielinen nicht mehr Malaria-
keime aus dem Blute derselben aufnehmen und auf andere übertragen könnten.
Koch empfahl zunächst allen von Malaria Greheilten alle 7 Tage 1 g Chinin
zu geben, später, als dies nicht genügte, jeden 10. und 11. Tag beziehungsweise
jeden 9. und 10. Tag und dieses 2 bzw. 3 Monate durchzuführen. Als auch diese
Dosis sich als zu gering erwies, gaben Koch's Schüler jeden 8. und 9. Tag bzw.
sogar jeden 7. und 8. Tag je 1 g. Nach Koch kann man am Abschluß der Be-
handlung fast mit Sicherheit auf eine Heilung rechnen. Bei Kindern unter 10 Jahren
beträgt die Dosis nur 0,1 für jedes Lebensjahr. (Vgl. indeß Epidemiologie.)
Koch gibt an, in Neuguinea ausgezeichnete Resultate mit seiner Methode
erzielt zu haben, indem die Malaria nach einer intensiven Antimalariakampagne in
Stephansort völlig verschwunden sei. — Nach mündlichen Nachrichten soll aller-
dings die Malaria im nächsten Jahre wieder aufgetreten sein. (Vgl. Hintze weiter
unten, ferner Kapitel über Schwinden der Malaria in früheren Malariagegenden.)
Von Koch's Schülern arbeitete Fkosch im Dezember 1900 auf der malariaberüchtigten
Insel Brioni Grande in der Nähe von Pola in Istrien. Von 407 Einwohnern fand er
16% malariainfiziert. Er gab das Chinin an 3 aufeinanderfolgenden Tagen in Stägigem
Abstände ä 1 g, ohne daß sämtliche Tertianarezidive selbst durch diese energische Be-
handlung beseitigt wurden. Es kam daher im Sommer 1901 doch noch zu 17 Neuinfek-
tionen. Im Sommer 1902 aber ist angeblich keine Neuinfektion mehr erfolgt. Der Ver-
such ist dadurch getrübt, daß im Frühjahr 1902 auch Petroleum zur Mückenvertilgung
verwandt wurde.
Bludaü versuchte auf der Insel Cherso den Ort Punta croce (wenig fluktuierende
Bevölkerung von 287 Personen) zu assanieren. Die Kinder zeigten eine Morbidität von
64°/o. Nachdem im März nach Koch Chinin gegeben war, war im Sommer nur eine
Neuinfektion und ein Rezidiv vorgekommen. Trotzdem kam es nach Lenz im Jahr
darauf zu starkem Neuausbruch der Malaria.
Gosio assanierte mit 15 Assistenten bei Grosseto in Toskana im April 1901, wo
von 3518 Einwohnern sich 1566 als malariainfiziert erwiesen. Während im Jahre 1900
55,88 "/o der Bevölkerung infiziert waren, gab es im Jahre 1901 bloß 24,53% infizierte.
Im Jahre 1902 erzielte Gosio unter Assistenz von 15 Hilfskräften und Assistenten in der
ferneren Umgebung Grossetos ein Sinken der Malariamorbidität von 47,43 auf 12,17 %.
Trotzdem Gosio Sonnabends und Sonntags 1 g Chinin gab, rezidivierte eine nicht unbe-
trächtliche Zahl alter Tertianafälle, die nur zum Teil der Behandlung mit Tinctura Baccelli
zugänglich waren. Celli glaubt auch die Resultate Gosio's an der Hand der Kranken-
statistik des Hospitals in Grosseto erschüttern zu können.
Wie man sieht, ist also bei größeren Malariagebieten ein nicht unbeträchtliches
Aufgebot von Ärzten und sonstigem Hilfspersonal für Koch's Assanienmgsmethode
notwendig. Nun, bei der enormen Wichtigkeit des Gregenstandes dürfte das keine
Rolle spielen. In den unkultivierten Tropengegenden aber sind die Schwierigkeiten,
geeignetes Personal zur Malariabekämpfung zu gewinnen, schon weit größere, da es
dabei nicht nur auf wissenschaftliche, sondern auch hohe moralische Fähigkeiten an-
kommt.
Vagedes begann die Assanierung nach Koch im Bezirk von Franzfontein (Deutsch-
Südwestafrika) im Sommer 1901. Der Sommer ist in jener Gegend die fieberfreie Zeit. Er
fand in Tsumamas, das bei der ersten Untersuchung noch 57 Infektionen aufgewiesen,
keine einzige Infektion, in Tutara nur noch 7,5% Malariakranke, im Vorjahre 75%, in
Kauas keine Infektion, im Vorjahre 29,6%, in Franzfontain 9%, im Vorjahi^e 75%.
Alle diese Versuche sind entweder in einem kultivierten Lande (Italien) oder
auf abgeschlossenen Inseln oder in einem wüstenähnHehen Lande mit äußerst
dünner Bevölkerung angestellt. Bedeutend instruktiver für die spezielle Tropen-
518 ■ -Dr- -Hans Ziemann.
forschung ist schon der Assanierungsversuch, den Ollwig mit größter Tatkraft und
Fleiß in einer echten Tropengegend, in Dar-es-Salam in Deutschostafrika, unter-
nahm. Daselbst war nach Ollwig jede Anophelesvertilgung ausgeschlossen. Der
Yersuch wurde von Ende Juli 1901 bis Ende 1903 fortgesetzt. Ollwig verzichtete
ebenfalls auf jede Unterstützung seiner Methode durch andere Mittel wie z. B.
mechanischen Schutz usw. Vor allem suchte er den Einwurf zu entkräften, daß
die Methode Koch's bei einer fluktuierenden Bevölkerung nicht anwendbar wäre.
Er teilte sich die Stadt in verschiedene Blocks und nahm einen Block nach dem
anderen mit Hilfe seiner Hilfskräfte systematisch in Behandlung. Die bei den
Negerkindern erzielten Resultate sind auf seinen Tabellen nicht im entferntesten so
in die Augen springend wie bei den intelhgenten Asiaten. Ollwig macht selber
auf die Schwierigkeiten bei den indolenten Negern aufmerksam.
Wir dürfen bei der Beurteilung der Eesultate auch nicht ver-
gessen, daß die Morbidität an Malaria in allen Malarialändern
jahrelang hintereinander außerordentlich schwanken kann, indem
auf ein oder mehrere Jahre mit ungünstiger Statistik mehrere mit
recht günstigen folgen können. Ja, wie die Beobachtungen Schoo's und
Gkober's, Celli's, A. und F. Plehn's, Ziemann's und anderer beweisen, kann es
nach jahrelangem Erloschensein aufs neue zu epidemieartigem Ausbruch der Malaria
kommen.
Sodann ist in fast allen emporstrebenden tropischen Malaria-
ländern eine zunehmende Besserung der Malariamorbidität vor-
handen (Java, Indien). Die Malaria ist cum grano salis eine Krank-
heit der Unkultur. Seit der vermehrten Kenntnis der Malaria-
ätiologie und vor allem seit Kenntnis der Rolle der Anopheles
wird namentlich in den letzten Jahren eine Fülle unbewußter
Prophylaxe seitens der Europäer getrieben, wo eine offizielle
systematische Prophylaxe noch gar nicht eingeführt ist.
Ollwig machte ferner die Assanierung an einem Sitze des Gouvernements,
wo der ganze offizielle Apparat mit allem Nachdruck in den Dienst der Sache
gestellt werden konnte, unter den Augen eines sehr interessierten Gouverneurs, in
einer Stadt mit ausgezeichneter Verwaltung, mit unbedingter Disziplin der Einge-
borenen, die eine für Tropenverhältnisse schärfste Kontrolle möglich machte,
zum Teil mit Bevölkerungselementen wie Indern, Goanesen, Arabern, die weit
über dem Durchschnitt des ungebildeten Buschnegers standen, also unter Voraus-
setzungen, die für die unkultivierteren Malariagegenden durchaus nicht zutreffen.
Theoretisch muß von vornherein zugegeben werden, daß ein mit Begeistermig
für die Sache erfüllter und mit genügenden Hilfskräften und Vollmachten ausge-
rüsteter Arzt mit dieser Methode günstige Resultate erzielen kann in besonders
dafür geeigneten, von anderen Malariaorten abgesclilossenen Gegenden und mit
disziplinierter Bevölkerung. Ja, es könnten die Resultate auch bleibende werden,
immer vorausgesetzt, daß dieselbe ständige Kontrolle auch später weitergeübt wird
und jeder Zuzug von Malariaüberträgern vermieden wird. Auch das Entstehen von
Malariaepidemien an Orten, wo solche noch gar nicht vorhanden, die Bedingungen
zum Zustandekommen durch Einwandern malariainflzierter Menschen aber ge-
geben sind, kann nach dieser Methode zweifellos verhütet werden. Vgl. Hafen- und
Eisenbahnbauten in Malarialändern.
Ich hatte, von diesen Gesichtspunkten ausgehend, auch bereits den Plan festgestellt,
wie einem etwaigen Neuausbruche der Malaria bei den neuen Hafenbauten in Wilhelms-
haven 1903/04 zu begegnen wäre, nachdem bekanntlich in den 60 er Jahren des letzten
«Jahrhunderts die Malaria dort so sehr gewütet.
Malaria. . 519
Alles hängt eben von der gerade in den Tropen so wichtigen und häufig so
überaus schwierigen Personenfrage ab. Läßt man nur wenige Monate mit dieser
ständigen Überwachung der Behandelten und der Neueinwandernden nach, so können
die Früchte jahrelanger Arbeit verloren gehen, vorausgesetzt, daß einige der so
■chininresistenten Gameten bei den Blutuntersuchungen übersehen sind, gleich-
mäßige hohe Temperatur herrscht und viel Anophelinen in dem betreifenden Jahre
vorhanden sind.
Wir sahen auch bereits, daß in den häufiger rezidivierenden Malariafällen
nicht nur Gameten der Wirkung des Chinins sich entziehen, sondern auch in der
Milz versteckt gebliebene Schizonten. Um aber chronische Fälle zur Hei-
lung bringen zu können, ist eine so langwierige, individuelle
Behandlung notwendig, wie sie bei einer intensiven Massen-
iDehandlung der Malaria nur äußerst schwer geleistetwerden kann.
Lenz prüfte das KocH'sche Verfahren bei der Assanierung der Seefestung- Pola nach
^and fand im März nur äußerst wenige Parasiten bei einer Bevölkerung, die zweifellos stark
malariainfiziert war und zu 50 "/o Milztumor zeigte, während es ihm in der Fieberzeit
fast stets gelang, die Parasiten nachzuweisen. Lenz gab den Erkrankten 3 Tage, zum
Teil sogar 5 Tage hindurch 1 — 1^2 g Chinin, später jeden 8. und 10. Tag. Trotz 3mona-
iiger Chininkur kam es zu Rezidiven. Lenz glaubt, daß er wohl bei seinen militärischen
Xranken, nie aber bei der Zivilbevölkerung der Malaria Herr geworden wäre. Er be-
kehrte sich daher zur Methode 2 der Malariabekämpfung, zur Mückenbekämpfung,
und glaubt, daß das Begießen der Sümpfe mit Petroleum durch Rivas hauptsächlich zur
Assanierung beigetragen habe.
fioETEWEG in Holland prüfte in der wasserreichen Zaangegend bei Amsterdam das
Kocn'sche Verfahren, bei einem Material von 5800 Einwohnern, von denen 1902 17 "/q
■erkrankt waren. Die Malaria hatte sich erst seit 1897 wieder rapide ausgebreitet. Es
handelte sich also meist um nicht sehr eingewurzelte Fälle. Die äußeren Umstände
waren für die Durchführung des Kocn'schen Verfahrens äußerst günstige, da die Be-
völkerung wohlhabend war, allen Kranken reichlich Chinin gegeben wurde und ferner
fast alle sich der Behandlung freiwillig und gewissenhaft unterzogen. Obgleich die
Kranken den ganzen Fiühling, Sommer und Herbst Chinin erhielten, nahm die Epidemie
doch ihren ungestörten Verlauf. Im November und Dezember erkrankten fast gleich-
zeitig von 991 Malariapatienten 150 an Rezidiven. Die Parasiten waren durch die
Kocn'sche Chininkur also nur verhindert worden, einen Anfall auszulösen, waren aber
nicht abgetötet.
Ed. und Et. Sergent versuchten ebenfalls, nach Koch an einem sumpfigen Malariaort
in Frankreich zu assanieren, aber ohne den gewünschten Erfolg, erzielten aber in Algier
durch Vernichtung der Moskitos und mechanischen Schutz gegen dieselben um so bessere
Resultate.
HiNTZE behandelte 1901 in Friedrichs-Wilhelmhaven in Neuguinea 198 südchinesi-
sche Kulis an jedem 6. und 7. Tage, dann an jedem 9. und 10. Tage mit je 1 g flüssigen
Chinins um 5 pm, nachdem um 12 Uhr die letzte Mahlzeit eingenommen war. Die Ver-
abreichung geschah in seiner Gegenwart. Wer Chinin erbrach, bekam eine neue Dosis.
Das Verfahren wurde bis März 1902 fori gesetzt. Schon im Mai stieg die Zahl der Er-
krankungen an Fieber rapide an und hielt sich etwa bis September auf gleicher Höhe,
um dann abzufallen. Verschont blieb keiner. Bei einem Arbeiterstamm von durch-
schnittlich 700 Mann wurden vom 1. Mai bis 31. Dezember 1901 882 Kranke mit 13199
Verpflegungstagen behandelt. Die Fiebernden erhielten noch ebenfalls reichliche Dosen
Chinin , stets in flüssiger Form , also ganz Koch's Vorschlag entsprechend. Am
31. Dezember 1901 waren 27,3% tot, ein erheblicher Prozentsatz allerdings auch infolge
anderer Krankheiten, wie Dysenterie und Beriberi. Dies in einer Gegend, welche ganz
ähnliche klimatische Bedingungen bot, wie das abgeschlossene Operationsfeld R. Koch's
in derselben Kolonie.
520 -Dr. Hans Ziemann.
Ferner sind, wie Verfasser schon 1900 auf Grund seiner in "Westafrika und
später auf den Cap Verdischen Inseln erhobenen Befunde gegen Koch geltend machte^
die Kinder der Eingeborenen, wenn auch vorwiegend, dennoch durchaus nicht überall
die alleinigen Träger der Malariainfektion.
In solchen Fällen ist also die ganze Bevölkerung als malariainfiziert zu_
betrachten. Es wäre jedenfalls weitaus das Einfachste und viel-
leicht auch das Sicherste, wenn möglich, die ganze Bevölkerung,,
wenigstens bis zum 15. Lebensjahre zu chininisieren, wenn man
schon die Malaria im großen und durch Chinin allein ausrotten will,,
und von den älteren Leuten die mit Milztumor behafteten eben-
falls mit Chinin zu behandeln..
Will man allein auf Grrund von Blutuntersuchungen die Malariaparasiten in
den Menschen ausrotten, müßten diese Untersuchungen, um brauchbare Eesultate
zu ergeben, mindestens alle 3 — 4 3Ionate stattfinden, da das Yorkommen der Para-
siten im Blute oft ein äußerst Avechselndes ist (Schaudinn).
Die massenweise Chininisierung der Bevölkerung dürfte ferner, wie ein ein-
faches Eechenexempel ergibt, nicht ganz billig sein, wenn dieselbe energisck
längere Zeit durchgeführt werden soll. In Lagos z. B. würde sie, auf die ganze-
Bevölkerung ausgedehnt, pro Jahr 220000 Pfund Sterling kosten. Aber selbst^
wenn bloß die durch vorherige Blutuntersuchung Ausgewählten zu chininisieren
wären, ist die ständige Blutkontrolle bei einer scheuen, fluktuierenden, abergläubischen
Bevölkerung ungemein schAvierig, wenn noch keine geregelte Verwaltung besteht.
Jedenfalls ist es in den meisten Gegenden "Westafrikas unmöglich
mit dieser Methode allein zu assanieren. Boss, A. Plehn, Stephens und
Christophers verneinten ebenfalls diese Möglichkeit. Auch Manson sprach sich
gegen die allgemeine Dm^chführbarkeit der Kocn'schen Prophylaxe aus.
Theoretisch müßten sodann sämtliche Patienten, bei denen chronische Malaria fest-
gestellt ist, isoliert werden, um den Anophelinen die Möglichkeit za nehmen, mit dem
Bliite jener Malariakranken andere zu infizieren. Bei den Eingeborenen einer ausge-
sprochenen Malariagegend ist das natürlich unmöglich, da man dann die erste Zeit hin-
durch mindestens 50 ^o der Bevölkerung hinter Moskitogaze pp. internieren müßte. Es-
ist praktisch auch ganz unmöglich, Europäer so lange zu isolieren, als sie noch Gameten
in ihrem Blute haben. Wie wir sahen, können sich die Gameten nach Schwinden des
Fiebers nach Wochen und Monaten bei vollkommenem Wohlbefinden noch im Blute des
Patienten finden. Es wäre daher eine durch nichts zu rechtfertigende Härte, diese Leute
zu Gefangenen zu machen. Etwas anderes ist es , wenn Leute mit Gameten im
Blute in malariafreie Gegenden einwandern, in denen die Bedingungen zur Ausbreitung
der Malaria gegeben sind — Anopheles, Sümpfe, gleichmäßig hohe Temperatur. Es isfc
dann im Interesse der Gesamtheit notw^endig, eine Isolierung und möglichst intensive
Behandlung der Einwanderer zu erzielen, bis die Gameten verschwunden sind. Gerade
in solchen Fällen wird man durch äußere Reize wie Douchen, Schwitz- und Lichtbäder usw.
die Gameten zum Absterben bzw. zur Umwandlung in Schizonten unter Parthenogenese-
zu bringen suchen. Wenn irgend möglich, wird man aber diese Patienten in malaria-
freie Gegenden senden, wo keine Anopheles sich finden (Seereise, Gebirge usw'.).
F. Plehn ist überhaupt gegen eine Chininisierung der eingeborenen Bevölkerung,,
da dadurch nur der Immunisierungsprozeß der Negerrasse gestört werde und eine Krank-
heit, die die Eingeborenen bis daiiin kaum bemerkt haben, zu einer unter Umständen
erst gefahr-drohenden gemacht werde. Verf. hat indeß schon früher dargetan, daß.
ein hoher Prozentsatz der Negerkinder zweifellos an Malaria stirbt, was von Ollwig,,
Panse und anderen bestätigt ist. Aus prinzipiellen Gründen muß man
den Kampf gegen die Malaria nicht nur bei den Weißen, sondern
auch bei den Negern auf der ganzen Linie eröffnen. Und da führen
Malaria. 521
viele Wege nach Rom. Celli sprach sich in Italien ebenfalls gegen die alleinige
Ausübung der Malariabekämpfung nach Methode 1 ad A aus.
Esanophele-Prophylaxe. Grassi gab, von denselben Gesichtspunkten.
Avie Koch ausgehend, Chinin ebenfalls prophylaktisch in der präepidemischen
Periode, empfahl aber später warm Esanophele, (vgl. unter Therapie die Befunde
Schaudestn's mit dieser Methode), und erprobte auch die anderen Methoden der
Prophylaxe (mechanischen Schutz).
ß) Ausrottung der in den Körper ev. eindringenden Malariaparasiten gleich
im Beginn ihrer Entwicklung durch Chinin usw. (Eigentliche Chinin-
Prophylaxe.)
Man gab vereinzelt schon früher Chinin prophylaktisch, um den Ausbrucli
des Malariafiebers zu verhüten, aber in sehr verschiedener Dosis.
Laborde gab 0,1 bis 0,3 g täglich, Laverän 0,4 bis 0,6 jeden 2. Tag, A. Plehn und
ScHELLONG 1,0 wöchentlich einmal, Buwalda 1 g dreimal wöchentlich.
Studien über eine mit systematischer Bhituntersuchung kombinierte Prophylaxe
fehlten aber noch vollständig. Durchschnittlich war auch das beobachtete Kranken-
material, bei dem die einfache Chininprophylaxe geübt wurde, ein viel zu kleines,,
um zu endgültigen Kesultaten zu kommen.
1894/95 machte Yerf. zum erstenmal den Versuch an Bord S. M. S. „Hyäne"-
an der westafiikanischen Küste in einem der schwersten Fieberjahre, von denen
Westafrika betroffen Avurde, eine neue Art der Prophj^laxe einzuführen. Ausgehend
von der Erfahrung, daß die tropischen Erstlingsfieber -sehr häufig prodromale Symp-
tome zeigen, bestehend in Ziehen in den Gliedern, Kopfschmerzen, ev. auch leichte
Temperatursteigerungen, war die 86 Mann starke Besatzung angewiesen, sich bei
jedem Unwohlsein sofort zur Blutuntersuchung zu melden. In einem erheblichen
Prozentsatze der überhaupt beobachteten Malariafälle, und zwar in 15 Fällen, Avurden
auf diese Weise noch vor dem Fieberanfalle die Malariaparasiten festgestellt und
durch äußerst energische Therapie, Schwitzbäder, Chinin bis 2,0, selten bis 3,0 pro die,,
der Fieberausbruch koupiert. Daß die mikroskopische Frühdiagnose der Malaria
überhaupt möglich, hat noch Schaudinn kürzlich wieder gezeigt.
Wenn sich bei relativem Wohlbefinden Parasiten fanden, so wurde dasselbe energische
Verfahren eingeleitet und unbedingte Schonung des Körpers gefordert.
Handelte es sich um unberechtigte Klagen, so hatte die Anfertigung des Blut-
präparates die Leute dem Dienste nur wenige Minuten entzogen. Alle Leute bis auf 4
wurden im Laufe des Jahres durchschnittlich einige dutzend Male untersucht.
Es wurde durchschnittlich alle 4 Tage 1 g Chinin gegeben, bei mehrtägigem Besuche
hintereinander in schwer verseuchter Malariagegend jeden 3. Tag. In den nächstea
14 Tagen, manchmal noch länger, durfte Patient nicht an Land gehen und blieb auch
später unter ständiger ärztlicher Blutkontrolle. Von anstrengendem Dienste in der Sonne
wurde er befreit. Waren Gameten zu sehen, so wurde meist jeden 3. Tag abends Chinin
gegeben, oft ziemlich lange. Wenn ich auch schon damals die Gameten nicht als aktive
Parasiten auffaßte, so war ihre Gegenwart meiner Meinung nach öfter der Ausdruck einer
latenten Infektion. Einige Male bestanden übrigens auch deutliche Störungen des Allge-
meinbefindens, wenn sie den einzigen Befund bildeten.
Bei dieser Behandlungsweise gingen in Kamerun selbst zu 20 Neuerkrankungen =
23,49% der Besatzung, 7 Rezidive = 8,14%, darunter 7 Fälle mit nur einem Tag Fieber,
die ohne Blutuntersuchung gar nicht als Malaria bezeichnet wären. In 2 Fällen bestand
nur Temperaturerhöhung auf 37,8 bzw. starke Störung des Allgemeinbefindens und
Diarrhöe. In früheren Jahren war das 15— 20fache an Erkrankungen in Zugang ge-
522 Dr. Hans Ziemann.
kommen, insbesondere die Zahl der Rezidive im Verhältnis zu meinen Fällen unvergleich-
lich höher gewesen.
Es war also schon damals 1894:95 der Beweis erbracht, daß
1. bei einer energischen Chinintherapie, energischer Chininnachbehandlung und
energischer Chininprophvlaxe die Erkrankungszahl äußerst gering sein kann,
2. daß die prophylaktischen Blutuntersuchungen den Ausbruch des Fieljers
bei rechtzeitig gegebenem Chinin oft verhüten halfen.
Ich habe selber später hervorgehoben, daß diese Methode der Prophylaxe, soweit
prophylaktische Blutuntersuchungen in Frage kommen, nur unter besonders günstigen Ver-
hältnissen praktische Nachahmung finden würde, wie an Bord von Schiffen und bei erheb-
licher mikroskopischer Übung, habe aber den außerordentlichen Wert einer
energischen, möglichst frühzeitigen Chininbehandlung und Nachbe-
handlung, sowie strengen Chininprophylaxe schon damals aufs schärfste
betont. Dabei waren die Unterkunfts- und Verpflegungsverhältnisse die denkbar kläg-
lichsten, wie sie uns heute geradezu unglaublich vorkommen würden, und die Infektions-
möglichkeiten in Kamerun täglich gegeben, da viele schwere Arbeiten an Land zu erledigen
waren. -Keiner meiner Leute starb, keiner brauchte zurückgesandt zu werden. Alle sahen
bei der Rückkehr blühend aus, die meisten hatten an Gewicht zugenommen.
Dieser Erfolg erregte damals allgemeines Erstaunen.
Von 1896/97 ab führte auch A. Plehn in Kamerun an Land seine bekannte
5 lägige Proph3'laxe zu 0,5 ein, mit dem Resultat, daß gegen früher bei regel-
mäßiger Prophylaxe die Zahl der Fieber und der Schwarzwasserfieber erheblich sank.
Namentlich französische und englische Arzte gaben Chinin auch in kleineren
Dosen.
BucHANAN gab Cinchonidin täglich 0,36 mit dem Resultat, daß die Prophylaktiker
nur halb soviel wie die Xichtprophylaktiker an Malaria erkrankten.
1 EAENSiDE gab 25 Kranken einen um den anderen Tag 0,3 Chinin und Cinchonidin
mil gutem Erfolge. Gameten traten nicht auf.
Im allgemeinen sind aber die kleineren täglichen Dosen von 0,1, 0,2 bzw. 0,5
Terlassen.
GuEREA sah von Chinin, 0,2 an dem einen und 0,4 an dem anderen Tage gegeben,
keinen Erfolg.
MoEi gab dagegen in Italien in der Malariasaison den über 16 Jahre alten Personen
0,5 Euchinin in 2 Einzeldosen, morgens und mittags vor dem Essen, Kindern nur 0,25
Euchinin. mit dem Erfolge, daß nur 6,25% der Geschützten erkrankten, von den Nicht-
prophylaktikern 81 *'/o.
An einer zweiten Stelle, wo die Euchininprophylaktiker nicht so gut überwacht
werden konnten, erkrankten 28,57 "/o der Prophylaktiker, von Kontrollpersonen 81,7%.
An einem 3. Orte blieben die Euchininprophylaktiker alle gesund, von den Kontroll-
personen 75%.
Celli gibt wälu'end der Epidemiezeit (d. h. von Mitte Juni an) in Italien
allen an einem Malariaorte Ansässigen täglich durchschnittlich 0,4 Chininum hydro-
chloricum oder bisulfuricum, Kindern unter 10 Jahren die Hälfte, oder ausnahms-
weise, wenn es nicht anders möglich ist, Sonnabends und Sonntags Erwachsenen
je 1,0 Kindern 0,5 bei Fiebern 7 — 8 Tage lang 1,2 bis 1,6 g Chinin täglich, Kindern
die Hälfte. Darauf wieder tägliche Behandlung mit 0,4 g Chinin. Er rühmt diese
Methode als einfach und jedem zugänglich. Sie hätte außerdem nach Mariaxi den
Vorteil, daß das täglich bei vollem Magen eingenommene Chinin sich im Blute zum
Doppelten der ersten Dosis anhäuft und so immer einen genügenden Vorrat bildet.
Malaria. 523
Der Erfolg war, daß an Orten mit schwerer Malaria 1903 bei 19021 Personen die
Zahl der frischen Infektionen und Rezidive auf 5,6 »/o sich beschränkte. In der römischen
Oampagna gelang es, die frischen Infektionen von 17 7o auf 2 «/q herabzumildern, und es sank
die Zahl der Malariakranken in dem bekannten Hospital Santo Spirito in Eom von 6186
auf 2461 herab. An Orten mit schwerer Malaria läßt Celli um die Hälfte stärkere Dosen
Chinin geben. Jedenfalls ist nach ihm die Prophylaxe mittels Chinin bis jetzt die einzig
praktische, um die in ungeschützten Häusern wohnenden Leute und die Nachtarbeiter vor
Pieber zu schützen. Die Methode ist nach Celli um so empfehlenswerter, als sich auch
1903 in Italien erwiesen hat, daß die erst einmal eingewurzelten Malariainfektionen jeder
noch so energischen und langdauernden Chininkur widerstehen.
Nach den Veröffentlichungen R. Koch's erprobten auch eine Anzahl von
Kolonialärzten die zweitägige Chininprophylaxe (jeden 9. und 10. bzw. jeden 8. und
«. Tag 1 g).
HiNTZE, der selber trotz 9—10 tägiger Prophylaxe von lg bereits Malaria und nach
76 g Chinin Schwarzwasserfieber bekam, empfiehlt für Togo, je nach der Beschäftigung
der Betrefi'enden, bei Männern jeden 6. und 7. Tag, bzw. 7. und 8. Tag 1 g Chinin, beob-
achtete aber auch Fälle von Malaria nach 6- und 7 tägiger 1 g-Prophylaxe.
Nach HiNTZE erfordert die Chininprophylaxe, wenn sie wirksam sein soll, in stark
infizierten Malarialändern so hohe Dosen und bringt so viel Unannehmlichkeiten mit sich,
daß sie auf die Dauer stets nur von wenigen durchgeführt wird und selbst dann mit
zweifelhaften Erfolgen.
Beyer hält in Togo im allgemeinen 1 g Chinin jeden 8. und 9. Tag für ausreichend,
glaubt aber eine mit der Zeit stärker werdende Wirkung des Chinins konstatieren zu
können, was ich nicht allgemein bestätigen konnte. Nach Fortlassen der prophylaktischen
Dosis beobachtete er sehr bald einen neuen Ausbruch der Malaria. Es würde das beweisen,
daß das Chinin die Malariaparasiten bei jener Dosierung -doch nicht abtötete, sondern nur
in der Entwicklung hemmte.
KüLZ empfiehlt, nachdem er die 9- und lOtägige Prophylaxe in Togo nicht wirksam
genug gefunden, Euchinin, jeden 8. und 9. Tag abends 1 g, zu nehmen, welches stets gut
vertragen wurde und in Togo während seiner ßeobachtungszeit absoluten Schutz gegen
Schwarzwasserfieber zu erzielen schien. Külz beobachtete bei gewissenhafter Ausübung
dieser ]\lethode bisher auch keinen Malariaanfall. In Kamerun behandelte ich mehrfach
aus Togo kommende Europäer, die trotz jener Prophylaxe an intensiver Malaria erkrankt
waren, und wahrscheinlich schon in Togo sich infiziert hatten. In einem Nachtrage
empfiehlt Külz weiter die 8 und 9tägige Prophylaxe ä 1 g Chinin, berichtet aber auch bei
Frauen von günstigen Erfolgen mit 0,5 g Chinin jeden 5. und 6. Tag, da der Organismus
der Frau etwas stärker auf Chinin zu reagieren schiene. Jedoch wäre die Gravidität kein
Hinderungsgrund für eine regelmäßige Prophylaxe für Frauen.
Krüger in Togo empfiehlt in den moskitoreichen Gegenden, wo eine allgemeine
Assanierung nicht durchgeführt werden kann, 1 g Chinin jeden 7. und und 8. Tag, sonst
jeden 8. und 9. Tag. Die Assanierung müsse aber doch das Ziel unserer Bestrebungen sein.
Wendland sagt, daß zu einer ganz strengen Prophylaxe nach Koch im Bismarck-
archipel nicht viele Menschen zu bringen wären. W. empfiehlt aber auch 1 g Chinin,
eine Stunde vor dem Essen, jeden 9. und 10. Tag, in schwer verseuchten Gegenden jeden
8. und 9. Tag. Einen Versuch, wie Koch ihn in Stephansort in einer geschlossenen Pflanzung
durchführte, konnte W. beim besten Willen nicht durchsetzen, da % der betrefienden
Kranken bzw. der zu Überwachenden gar nicht zur Kontrolle erschienen.
Maass gab in Südwestafrika 130 Weißen, jeden 8. und 9. Tag morgens 1 g. Die
Folgen des Chinins beim Schießdienst waren deutlich hemmende. Von .den Weißen
erkrankten trotz der Prophylaxe 52 7o? mehrere mit Rückfällen.
Berg gab in Südwestafrika anfangs 1 g Chinin jeden 8. und 9. Tag, später, da
trotzdem Malaria mit Rückfällen eintrat, jeden 7. und 8. Tag abends.
Morgenroth fand die Kocn'sche Prophylaxe in Südwestafrika ebenfalls wirksam.
524 Dr. Hans Ziemann.
Aus dem A^orstehenden ergibt sich eine Fülle scheiübarer Widersprüche.
Die "Widersprüclie lösen sich, wenn man die Yerschiedenheit in der Yirulenz^
der Malariaparasiten in den einzelnen Malarialändern berücksichtigt, ferner die Yer-
schiedenheit des beobachteten Menschenmaterials und aller der Faktoren, welche
modifizierend auf die Epidemiologie der Malaria einwirken. Auch die Energie und
Ausdauer der einzelnen Ärzte dürfte zum Teil bei der Beurteilung der geübten
Prophylaxe eine Rolle spielen können.
Soviel läßt sich aus den mitgeteilten Tatsachen ohne weiteres
entnehmen, daß
1. in den Gegenden mit milder Malaria die Prophylaxe nur
eine mildere zu sein braucht, als in den schwereren,
2. jede regelmäßige Chininprophylaxe günstig die Malaria be-
einflußt, in welcher Form das Chinin auch gegeben wird, voraus-
gesetzt, daß nicht allzu kleine Dosen, unter 0,5, und nicht in zu
seltenen Zwischenräumen gegeben werden,
3. jede energische Chininprophylaxe die Grefahr des Ein-
tritts von Schwarz Wasserfieber sehr beschränkt, bzw. aufhebt,
4. in Gregenden mit schwerer Malaria die ursprüngliche Pro-
phylaxe nach Koch, jeden 9. und 10. Tag lg, durchaus nicht immer
genügend ist.
Jede überhaupt ausgeübte Chininprophylaxe muß
1. unschädlich für den betreffenden Prophylaktiker sein, damit keine Chinin-
scheu eintritt und
2. wirksam sein.
Betreffs des Begriffs „wirksam" muß mau sich, um das gleich
vorweg zu nehmen, darüber klar sein, was man mit einer Chinin-
prophj^laxe erreichen will. Will man mit wenigstens annähernder Sicher-
heit die etwa eingedrungenen Parasiten gleich im Entstehen vernichten, so muß man
von vornherein sich für 1 g-Dosen pro die entscheiden. Will man die zu Schützen-
den möglichst wenig den unangenehmen Wirkungen des Chinin aussetzen, und
will man es zur Not auf den Ausbruch eines Fiebers ankommen lassen, wenn nur
die Parasiten durch das Chinin noch abgeschwächt werden können, dann gibt man
kleinere Chinindosen. Zwischen diesen Möglichkeiten muß man Avählen.
Yon vielen wird ferner das Chinin bei 2 tägiger Prophylaxe am 2. Tage durch-
aus nicht gut vertragen, wenigstens nicht auf die Dauer. Wenn nach Celli schon
nach 0,4 Chinin eine Kumulation der Wirkung eintritt, wie viel mehr ist die Kumu-
lation nach 2 tägiger Chinindosis von 1,0 zu erwarten. Die Wirkung des Chinins macht
sich eben bei den einzelnen Individuen wue auch in den einzelnen Ländern ver-
schieden bemerkbar. Z. B. in einem Klima wie dem Kameruns mit seiner Treib-
hausatmosphäre, die oft den Schlaf mindert, wirkt es bei manchen unangenehmer^
als in einem trockenen Klima mit kühleren Nächten und erfrischenden AYinden
wie z. B. in D.-S.-W.-Afrika usw.
Aus diesen ErAvägungen heraus versuchte Yerf. eine Art
4tägige „Universalprophylaxe" für alle Malariagegenden auszu-
bilden, welche jedoch eine weitgehende Individualisierung je
nach den einzelnen Malarialändern, Konstitution der Menschen
und Schwere der Fieber gestattet.
Die Notwendigkeit einer Individualisierung der Prophylaxe ist vom Verf. gegen
die Vertreter einer schematisierenden Prophylaxe stets scharf betont worden. Nur wo
große Volksmassen, wie in Italien oder in tropischen Gegenden, durch Chinin allein
assaniert werden sollen, braucht man ein allgemeines gleichförmiges Schema. Und für
Malaria. 525
diese Fälle scheint mir aus äußeren Gründen auch, die Methode Celli's praktisch, jeden
Sonnabend und Sonntag abends 1 g Chinin zu geben. Diese Tage prägen sich als Termin
leicht dem Gedächtnisse ein.
Zur Begründung der oben erwähnten 4tägigen „üniversalprophylaxe" sei
einiges vorausgeschickt.
Wir sahen schon, daß auch bei den Schülern Koch's die Chinintermine immer
näher aneinanderrückten, so daß einige schon jeden 7. und 8. Tag Chinin gaben, und
daß selbst dann noch nicht mit absoluter Sicherheit eine Infektion vermieden wurde.
Der Grund ist meines Erachtens, daß bei dieser Prophylaxe das Chinin aus dem Menschen
schon völlig eliminiert sein kann, wenn eine neue Infektion erfolgte, und daß dann die
ev. schon in der Teilung begriffenen Parasiten nicht mehr von prophylaktisch gegebenem
Chinin getötet wurden. Es muß also immer eine bestimmte Menge Chinin im Körper
kreisen, um prophylaktisch wirken zu können. Kleine tägliche Dosen sind aber, wie wir
sahen, oft unwirksam zur Verhütung schwerer Malaria. Durch Mariani wissen wir
andererseits, daß Chinin noch am dritten Tage nach der Chiningabe im Urin nachweisbar
ist, am vierten Tage nur noch in Spuren. Ergo liegt der Gedanke nahe, Chinin
in größeren therapeutischen Dosen jeden vierten Tag zu geben.
Das jeden vierten Tag gegebene Chinin tötet dann die in jenem Zeitpunkte ev.
vorhandenen extraglobulären oder jüngsten endoglobulären Parasiten, und schwächt
wenigstens die anderen Entwicklungsstufen. So kann also allmähliche Desinfektion des
Plutes stattfinden, falls keine Gameten vorhanden sind.
Aus disziplinaren Gründen mußte ferner dieselbe Prophylaxe, welche Rezidive
verhüten soll, auch diejenige sein, welche Neuerkrankungen verhütet.
Im EaUe einer wirklichen Erkrankung an Malaria wurden, wie schon erwähnt,
noch 3 Tage hintereinander nach dem Eieberanfall je~ 1 g Chinin gegeben, dann noch
14 Tage hintereinander 1 Tag um den anderen 1 g. Es war das die verschärfte Prophy-
laxe, an welche sich dann erst meine gewöhnliche Prophylaxe anschloß. Gerade dieser
verschärften Prophylaxe schreibe ich mit der im Anschluß an jene durchgeführten
4 tägigen gewöhnlichen Prophylaxe die relative Seltenheit von Rezidiven bei meinen
Patienten zu.
An der Westküste Afrikas würden aber manche Leute sogar nur 1 g Chinin
alle 4 Tage unangenehm empfinden.
Diese nehmen vielfach alle fünf Tage (nach A. Plehn) 0,5 mit dem segensreichsten
Erfolge, so daß die früheren häufigen Fieber, auch Schwarzwasserfieber, schwanden
oder seltener und leichter wurden. Die Parasiten sind bei Anhängern dieser Methode,
die sich des blühendsten Wohlseins erfreuen können, oft in einem latenten Stadium, in
dem es bei Aufgabe dieser Prophylaxe zu neuen Fiebern kommt. Viele wiederum, die
bei 0,5 alle fünf Tage weiter Fieber bekamen, steigerten von selbst die Dosen auf 1,0.
Soll nun ein Mann, nachdem er mit Erfolg, aber vielleicht mit größtem Wider-
willen, in malariaverseuchter Gegend jeden 7. und 8. Tag 1 g Chinin genommen, diese
Prophylaxe beibehalten, nachdem er an einen gesundheitlich günstigen Ort gesandt ist,
wenn er selber merkt, daß die Malariainfektion scheinbar im Schwinden begriffen ist?
Würde man den Mann veranlassen, noch weiter jeden 7. und 8. Tag 1 g Chinin zu
nehmen, so kann bald völlige Chininscheu und Aufgabe der Prophylaxe erfolgen und
dann ein Rezidiv oder Neuinfektion ein erst recht sich einstellen. Oder soll ein
nervöser, überarbeiteter "Bureaumensch, der vielleicht noch gar kein Fieber gehabt,
sich zwingen, trotz des Widerwillens jeden 7. und 8. Tag 1 g Chinin weiter zu nehmen?
Gewiß nicht.
Die Zahl der Möglichkeiten, warum eine bisher geübte Methode der Prophy-
laxe infolge Änderung der klimatischen, körperlichen und geistigen Lebensbedingungen
des Betreffenden geändert werden könnte, ließe sich noch vermehren.
526 Dr. Hans Ziemann.
"Warum also nicht das instinktive Gefühl des Laien hinsichtlich Individuali-
sierung der Selbstbehandlung und der Prophylaxe in richtige gemäßigte Bahnen
lenken! So mancher in den Tropen ganz auf sich angewiesene und einsam in
der Wildnis lebende Laie ist ja so wie so sein eigener Arzt. Darum eine Prophj^laxe,
welche unbedingte Regelmäßigkeit hinsichtlich der Zeit der Chinindosen fordert, aber
dem Laien selber eine Individualisierung hinsichtlich des Chininquantums gestattet.
Darum eine Prophylaxe, welche im Bedarfsfalle verstärkt und modifiziert werden
kann, welche deshalb wirksam ist, keine Belästigungen und keiaen Widerwillen
schafft, und bei der doch Cliinin in genau abgemessenen Zeiträumen, aber ev. in
wechselndem Quantum im Körper zirkuliert!
Spezielles über die 4tägige üniversalprophylaxe.
Ich verordne daher zunächst
1. 1 g Chinin alle 4 Tage, so daß 3 chininfreie Tage dazwischen
liegen, zusammen mit etwas Salzsäure (vgl. Therapie), tritt
stärkeres Ohrensausen und Zittern ein, zusammen mit 1 g
B r 0 m k a 1 i.
2. 1 g Euc hinin, wenn die Wirkung von 1 g Chinin zu stark,
ev. mit IgBromkali. Wenn auch nach IgEuchinin zu starke Chinin-
wirkung auftritt, dann
3. V2 g Chinin, sonst ganz wie ad 1 mit etwas Salzsäure (vöUig
ausreichend für mildere Malariagegenden).
4. V2gEuchinin, wenn auch V2 g Chinin nicht vertragen wird,
sonst Avie oben.
Das Chinin wird zunächst Morgens verordnet, da die Fieber meist zwischen
10 a. m. und 5 p. m. einsetzen und Chinin bekanntlich 4 — 5 Stunden vor dem An-
falle am besten wirkt.
Wird die Prophylaxe morgens nicht vertragen, so wird dieselbe Chinindosis
abends IV2 — 2 Stunden nach Tisch genommen.
Wer die Chinintage nicht im Kalender vermerkt, nehme das
Chinin am 1, des Monats und an allen durch 4 teilbaren Daten, also
1.,'4., 8., 12., 16. etc.
Jedenfalls soll man nach Möglichkeit bei dem einmal eingeschlagenen und
als nicht lästig empfundenen Modus bleiben. Wie man sieht, gestattet diese
Methode unter Berücksichtigung von Alter und Konstitution bei zeitlicher Regel-
mäßigkeit eine weitgehende Individualisierung hinsichtlich des zu nehmenden Chinin-
quantums in allen beliebigen Malarialändern. Bei strikter Befolgung kann man
unbedingt aUe schweren Fieber verhüten und, wenn doch ein milderes Malariafieber
auftreten sollte, durch meine erwähnte verschärfte Prophylaxe gefolgt von der ge-
wöhnlichen 4 tägigen die Rezidive allermindestens sehr reduzieren. Der Schutz
gegen Schwarzwasserfieber ist scheinbar ein absoluter, falls gleich nach der Ankunft
in der malariaverdächtigen Gegend mit der Prophylaxe begonnen wird. Die Pro-
phylaxe beginnt bei der ersten Ausfahrt am besten schon, wenn der Wendekreis
erreicht wird, da es Tatsache ist, daß bereits auf den Dampfern die Infektion erfolgen
kann. Jedenfalls fand ich bereits öfter Anophelinen an Bord der westafrikanischen
Dampfer. Die Prophylaxe ist während der Heimreise und noch 2 — 3 Monate in
der Heimat fortzusetzen; bei denen, die nur auf wenige Monate auf Urlaub gehen,
während des ganzen Urlaubs.
Zur Illustrierung der enormen Wichtigkeit einer regelmäßigen Chininprophylaxe
überhaupt, speziell für Länder mit intensivster Malaria, füge ich untenstehende Tabellen
Malaria.
527
bei. Dieselben sind um so lehrreicher, als es sich vielfach um Leute handelt, die z. T. in
den aller primitivsten Verhältnissen lebten, und Moskitoschutz z. T. recht nachlässig übten.
Ich bemerke dabei, daß als regelmäßige Prophylaktiker daselbst alle diejenigen auf-
geführt sind, welche Chinin in irgend einer Form regelmäßig genommen haben, sei es
1,0 g alle 4 bzw. 5, sei es 1,0 g jeden 8. und 9. bzw. 9. und 10. Tag. sei es in kleinen
Dosen bis zu 0,5 alle 5 ja alle 7 Tage. Wären nur die Prophylaktiker be-
rücksichtigt, die von Anfang an 1,0 alle 4 Tage nahmen, die Zahlen
wären noch unendlich viel günstiger (vgl. Tabellen in der Arbeit Z.'s
über Chininprophylaxe). Wie die betr. Tabellen ergeben, genügte es auch in,
Kamerun nicht, Chinin 1,0 alle 9. und 10. Tage zu nehmen. -
Allgemeine Übersicht über die Resultate der Chininpropliylaxe
in Kamerun.
Beobachtete Fälle im
ganzen
.rt o
a> >
ii <^
"S ö
cä s>
.0
-i a
Ol (0
a.o
.2.2 g
Es starben be-
sonders an
Schwarz-
wasserfieber u.
anderen Folge-
krankheiten
Krankheits-
halber lieim-
gesandt davon
Es erkrankten
an Schwarz-
wasserfieber
davon
Es starben an
Schwarz-
wasserfleber
allein
abso-
lut
^'o
abso-
lut
/o
abso-
lut
/o
abso- 0/
lut 1 /o
abso-
lut
0/
/o
abso-
lut
/o
Nichtprophylaktiker . .
Unregelmäßige Prophy-
laktiker
Angeblich regelmäßige
Prophylaktiker . .
25
70
69
0^)
1^)
11^)
0,0
1,43
16
3 2)
47
62
12
67,14
89,8
9
6
. 3
36
8,57
4,35
8
6
2
32
8,57
2,89
15
35
12
60
50
17,4
7
6
3
28
8,57
4,35
Summe :
164
12
7,32
112
68,3
18
10,97
17
10,36|
62
57,8
16
9,76
Si^ezielle Übersicht über die Resultate der Chininprophylaxe bei
Schwarz wasserfieberkranken allein (Kamerun).
Unter den Schwarzwasser-
fleberkranken waren
"ce
Zahl der den
Schwarz-
wasserflebern
voraufge-
gangenen
Malariafieber
Zahl der
Schwarz-
wasserfieber
überhaupt
Tropendienst-
fähig blieben
Es starben an
Schwarz-
wasserfieber
allein
Das fernere
Schicksal
blieb unbe-
kannt
ah«nintlo/ Pabso-j pro abso-l o/ 1
absoxut, /o|| j^^ |j,^pf j^^ 1 /(, 1
abso-l 0/
lut 1 /o
abso-
lut
0/ ilabso-
/o ll lut
/o
Nichtprophylaktiker . .
Unregelmäßige Prophy-
laktiker ....
Angeblich regelmäßige
Prophylaktiker . .
15
35
12
sehr
viele
viele
eine
Anzahl
—
35
83
19
2,33
2,37
1,5
0(?)
19
8
0(?)
54,3
66,66
7
6
3
46,66
17,14
25,0
5
5
1
33,33
14,29
8,33
3
5
20
14.2&
Summe:
62
—
—
137
2,2
27
41,93
16
25,8
11
17,74
8
12,9
^) Der eine, welcher selbst angab, ohne Prophylaxe gesund geblieben zu sein, hatte-
nach Angabe seiner sämtlichen Kollegen ganz zv^^eifellos latente Malaria.
^) Diese drei behandelten wenigstens ihre Fieber mit Chinin.
^) In weiteren 37,14 °/o der unregelmäßigen Prophylaktiker hörten die Fieber nach
Einfährung der regelmäßigen Prophylaxe auf, in weiteren 30 "/o ließen sie erheblich nach.
*) Es erkrankten noch weitere 16 = 23 % der regelmäßigen Prophylaktiker nur an-
einem noch dazu leichten Fieber und 17 = 24,64 °/o verloren die Fieber nach Einführung
einer schärferen Prophylaxe gänzlich. b—l,2b\ der regelmäßigen Prophylaktiker bekamen
nach Einführung einer noch schärferen regelmäßigen Prophylaxe viel weniger Fieber
als vorher.
o28 I^i'- Hans Zibmann.
Beide Tabellen bedürfen keines weiteren Kommentars, besonders auch nicht hin-
sichtlich des Schwarzwasserfiebers.
Ein absolut sicherer Schutz gegen Malarianeuinfektion durch
Chinin allein ist indeß bei einer jeden, ohne Schaden für den
Körper überhaupt durchführbaren Prophylaxe nicht möglich, wenn
z.B. auf Expeditionen immer und immer wieder der Körper schutz-
los den Sti-chen infizierter Anophelinen in den Hütten der Ein-
geborenen ausgesetzt wird. Dann versagt, wie die Anamnese vieler Reisenden
in Kamerun ergibt, die schärfste Chininprophylaxe. Da sind eben außergewöhnliche
Yerhältnisse, wo Entbehrungen an jeden Komfort usw. die Widerstandskraft mindern.
Wenn Verf. selber, der bei experimentellen Arbeiten in Victoria 1900 durch künst-
lich infizierte Anophelinen im Moskitozimmer gegen seinen Willen oft genug gestochen
wurde, bei regelmäßiger 4 tägiger 1 g-Prophylaxe malariafrei blieb, so beweist ein einzelner
Fall immerhin noch nichts. Außerdem wurde bei ganz besonders intensiver Infektions-
gefahr sogar mehrere Tage hintereinander 1 g genommen, wie z. B. bei Studien in der
äußerst malariaverseuchten, sehr auophelesreichen Wurigegend (Kamerun). Aus äußeren
Gründen konnte damals ein Moskitoschutz nicht erzielt werden. Auf die Dauer ist eine
solche Gewaltkur für die meisten ausgeschlossen.
Freuen wir uns trotzdem dieses unschätzbaren Hilfsmittels im Kampfe gegen
■die Malaria, dessen Wirksamkeit an einem der schlimmsten Malariaherde der Erde
sich in so \delen Fällen und so glänzend bewiesen. Die ideale Forderung
ist und bleibt aber der Malaria zu begegnen durch Koinbination
aller Hilfsmittel, die die moderne Tropenhj^giene ergibt.
Die außerordentlich günstigen Resultate von Nocht's Ghinintherapie bei Rezidiven
fordern auch zu einer Prüfung der prophylaktischen Wirksamkeit von auf den Tag ver-
teilten Chinindosen von in Summa 1 g auf.
Nach neueren Mitteilungen sind bei Ausübung meiner 4tägigen Prophylaxe und
Anwendung der sonstigen üblichen Vorsichtsmaßregeln, nicht zu nahes Ankern an Land
etc., an Bord des Kanonenbootes „Habicht" an der westafrikanischen Küste unter 126
JMann keine Fieber aufgetreten, an Bord des Kanonenbootes „Wolf"' bei 86 Mann nur
vier Fälle, nachdem das Schiff 14 Tage dicht in der Nähe von Malaria-infizierten Gegenden
im Flußgebiet des Rio del Rey (Kamerun) gelegen, an Bord des „Sperber" 1903/04 kein
Fall, 1904/05 bis jetzt nur 2 leichte Fälle. Auch Gudden hatte auf dem großen Kreuzer
„Vineta" damit sehr günstige Resultate.
Weitere Versuche mit der sogenannten ,, Universal prophy laxe" sind jedenfalls zu
■empfehlen. Aber ob man nur jeden 8. und 9. Tag 1 g Chinin (Koch) oder alle
5 Tage 0,5 (A. Plehn) oder nach Celli 0,4 täglich, oder nach Verf. alle 4 Tage
1 g gibt usw., stets muß die betreffende Methode erst auf ihre Wirksamkeit
in der betreffenden Gegend ausprobiert und im Falle des Erfolges dann unbedingt
Tegelmäßig geübt werden. Vergessen wir vor allem nicht das eine, die beste
Prophylaxe, nicht gegen Neuerkrankungen, aber gegen Rezidive ist und bleibt die
energisch ausgeführte Chininbehandlung des ersten Fiebers und
•eine energische Nachbehandlung.
Von anderen Mitteln kommen außer dem Chinin bisher nur das teurere,
schon erwähnte Euchinin in Frage.
Das Methjdenblau, das nach Celli prophylaktische Wirksamkeit entfalten
kann, dürfte als Prophylaktikum selu^ wenig Anhänger finden schon wegen der un-
angenehmen Nebenwirkungen.
Malaria. 529
2. Ausrottung der Anophelinen. (Mechanische Prophylaxe.)
Nach Koch ist die Ausrottung der Moskitos in tropischen Mälariagegenden
unausfülirbar. Dieselben fänden in der tropischen Regenzeit eine solche Fülle von
Entwicklnngsbedingungen, z. B. auch in den wassergefüllten Hölilungen von Blättern
usw., daß ein Erfolg von einer Beliämpfang des Anopheles nicht zn erwarten wäre.
In dieser Allgemeinheit ausgesprochen, dürfte dieser Satz aber durchaus nicht für
alle Tropengegenden zutreffen. Z. B. in Kamerun war es mir bisher nicht möglich,
Anopheleslarven in wassergefüllten Blatthöhlungen zu finden, wolil aber Culexlarven.
Mit jedem Tage vermelu-t sich unsere Kenntnis in der -pathologischen Be-
deutung der Moskitos als Krankheitsüberträger überhaupt. Ich erinnere nur an die
ebenfalls durch Moskitos übertragene Filariakrankheit der Menschen und Tiere, die
viel verbreiteter und zum Teil gefährlicher zu sein scheint, als man früher an-
nehmen konnte.^) Und haben nicht andere Insekten, die für die Tropenpathologie
so außerordentlich wichtigen Stechfliegen (Glossinen) nicht auch, zum Teil wenig-
stens, ähnliche Entwicklungsbedingungen wie die Moskitos ! Die möglichst radikale
Bekämpfung aller dieser ungebetenen Gäste ist dringend zu wünschen.
Wir erfuhren ferner, daß die Moskitofauna in den Malarialändern sehr verschie-
den ist, daß einige Anophehnen fast als unschädlich zu bezeichnen sind, z. B. der in
Indien weit verbreitete Anopheles rossii, scheinbar auch Anopheles 2>haroensis
Theobakl in Afrika und andere.
Mit jedem Tage lernen wir besser die Entwicklungsbedingungen jeder Spezies
kennen. Nur auf dem systematischen Studium dieser fi'üher ausschließlich den
Entomologen interessierenden Beobachtungen kann sich ein System der Moskito-
Bekämpfung überhaiipt aufbauen.
A) Vernichtung der Eier, Larven und Nymplien der Moskitos
kann erfolgen diu'ch Zuschütten der Moskitobrutstätten oder auf chemischem und
mechanischem Wege.
Man weiß, daß in Wasseransammlungen, in denen Fische und Frösche sich be-
finden, die Anophelinen sich im allgemeinen nicht entwickeln, da sie von den Fischen auf-
gefressen werden und auch die durch jene Tiere bewirkte Bewegung des Wassers schäd-
lich wirkt. Man müßte also eigentlich Fische und Frösche, wo angängig, in alle ver-
dächtigen Wasseransammlungen einsetzen. Verf. sah aber in Westafrika Larven von Ano-
2)heles costalis auch in sumpfigen Wiesen, die von Fröschen wimmelten.
Celli und Casagrandi haben mit zahlreichen mineralischen und vegetabili-
schen Stoffen Versuche gemacht, um in den Tümpeln die Anophelesentwicklung zu
hemmen, z. B. mit Kaliumpermanganat, Salmiakgeist, Chlorkalk, Sublimat, Eisen-
sulfat, Kalium bichromicum, Tabaksblättern, Petroleum, Formalin, Kresol und einigen
Anilinfarben usw. Am besten bewährten sich in Eücksicht auf den Preis Petroleum,
Larvizid und Chrysanthemumblüten (Chiysanthemum cinerariaefolium). Auch Saprol
und Maschinenöl ist empfohlen. Unter der dünnen Schicht von Petroleum bzw.
Saprol ersticken die Larven in kurzem.
üsach fiiVAS ist Petroleum wirksamer zur Larvenvernichtung als Maschinenöl, unter
welch letzterem die Larven zum Teil weiterleben konnten.
Laveran fand Petroleum ebenfalls bedeutend wirksamer als Maschinenöl, wenn
■') Ziemann: Beitrag zur Filariakrankheit der Menschen und Tiere in den Tropen.
D. med. Wochenschr. 1905 Nr. 21.
M e n s e , Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 34
530 I^i'- Hans Ziemann.
auch das Ol in den Tracheen der Larven sich festsetzte, wie er durch Osmiumreaktion
zeigen konnte.
Feemi und LuMBÄO erzielten sehr gute Resultate in der Zerstörung der Larven bei
Gebrauch von Chrysanthemumblütenpulver (Insektenpulver) und Petroleum in einer Dosis
von 5 ccm per qm.
Nach HowABD kann man mit einem Petroleumquantum von 4 ^2 Dollar Wert
96 000 Quadratfuß Wasser bedecken. Derselbe empfahl, das Petroleum im Frühlings-
anfange auf die Tümpel zu gießen, wenn die Zahl der Larven noch gering ist.
Ausgehend von der Biologie der Anophelinen, wonach die Entwicklung vom
eben abgelegten Ei bis zum erwachsenen Moskito je nach der Außentemperatur in
ca. 12 — 24 Tagen erfolgt, wird man die als Malariasümpfe erkannten
Tümpel mindesten alle 10 Tage mit Petroleum bzw. Saprol über-
gießen müssen. Am meisten zu empfehlen ist Saprol zur Larven Vertilgung von
Dr. NöKDLiNGER in Flörsheim. Nur muß man berücksichtigen, daß durch AVind
und Platzregen das Saprol bzw. Petroleum zum Teil verdunsten und Aveggespült
Averden kann. Bedingung ist, daß bei größeren Malariatümpeln durch eine Spritze,
wie sie Sergent oder Valley und Rochaz de Jong benutzten, bzw. durch einen
Wischer für genügende Verteilung des Petroleums oder Saprols gesorgt wird. Stets
wird man, wo irgend möglich, die mechanische Entfernung der betreffenden Sümpfe
durch Aufschütten bzw. Drainage mit der Petrolisierung oder Saprolisierung zu
kombinieren suchen.
Leider ist bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Malariagegenden ein
Vorgehen in diesem Sinne völlig unmöglich, z. B. am Wuristrome in Kamerun, w^o
mächtige unpassierbare Sümpfe eine geradezu fürchterliche Anophelesplage bedingen.
Man wird künftig Ansiedlungen gar nicht in der ISTähe solcher Sümpfe anlegen.
Nach Ollwig ist es, wie erwähnt, auch ganz unmöglich, z. B. Dar-es-Salam nach
diesem Prinzip zu assanieren.
In den Malariagegenden Hollands ist die Petrolisierung des ausgedehnten Kanal-
systems unmöglich, da das dort massenhaft auf den Wiesen befindliche Vieh aus den
Wassergräben saufen muß, und die Viehzucht zu den Hauptquellen des Erwerbs der Be-
völkerung gehört.
In anderen Gegenden besteht diese Möglichkeit der Petroli-
sierung oder Saprolisierung sehr wohl. Die Verhältnisse ge-
stalten sich in jedem Falle eben außerordentlich verschieden.
Z. B. war in dem Ort Lome iii der Kolonie Togo die sogenannte mechanische
Assanierung außerordentlich leicht, da gar keine größeren Tümpel in der Nähe sind, schon
schwerer in dem Orte Anecho in Togo. Verf. konnte aber 1900 zeigen, daß die Ano-
jjhelinen sich auch dort niemals in der Lagune entwickelten, sondern nur in kleinsten
Tümpelchen am Rande dieser Lagune, die sehr wohl durch Auffüllen bzw. Petrolisierung
unschädlich zu machen waren.
In Victoria in der Kolonie Kamerun waren 1900 in der Hauptsache nur kleine
Tümpel längs eines neugeschaftenen Weges Brutstätten der Anophelinen. Der betreffende
Weg führte durch einen mit dem Meer in Verbindung stehenden Sumpf, der mit
Brackwasser gefüllt war und im allgemeinen bis dahin als äußerst gefährlicher
Malariaherd galt. In Wirklichkeit gelang es nur in einem abgeschlossenen Abteil dieses
Sumpfes zeitweise erhebliche Mengen von Larven des Änopheles costalis und funestus bei
Beginn der Regenzeit zu finden, wenn der Salzgehalt nicht über 1,1 ^/^ gestiegen
war. Der ganze übrige Sumpf, der über 1,1 ^Jq Kochsalzgehalt des Wassers zeigte, blieb
damals ständig anophelesfrei. Die erwähnten zum Teil von Meteor-, zum Teil von
Grundwasser gefüllten, abgeschlossenen Tümpel wimmelten dagegen stets von Anopheles-
larven, ebenso die dicht neben diesen Tümpeln befindlichen elenden Hütten der Bak-
wirineger von erwachsenen Anophelinen. Es gelang schon damals sehr leicht, diese so
Malaria. 531
ungemein gefährlichen Malariabrutstätten durch eine alle 10 Tage wiederholte Petroli-
sierung anophelesfrei zu machen.
Verfasser konnte in Duala eine scheinbar erhebliche Abnahme der Anophelinen
auch in den Eingeborenenhütten auf der Höhe der Regenzeit 1903 feststellen, nach-
dem in der vorhergehenden Trockenheit sorgfältig sämtliche Anophelesbrutstätten
festgestellt und durch wöchentliches Begießen mit Saprol unschädlich gemacht waren.
Selbstverständlich muß man mit der Beurteilung der Resultate eines Jahres äußerst
vorsichtig sein. Um dauernden Erfolg zu haben, ist die ununterbrochene Arbeit
von Jalu-en notwendig. (Eine eigentliche Moskitoplage hatte in Duala selbst auch
nie bestanden, wie auch schon A. Plehn betont.) Sodann wurde auch für all-
gemeine Bodensanierung und Freischlagen unnützer Vegetation gesorgt.
Glänzend sind bekanntlich die Resultate von Ross hinsichtlich des mit großen
Mitteln durchgeführten direkten Kampfes gegen die Anophelinen in Ismaila, Lagos
und Sierra Leone. R. hält Mißerfolge wie bei den von James in Miam-mir in
Ost-Indien angestellten Maßnahmen für bedingt dm^ch ungenügende Ausdehnung des
Versuches.
Barkley Dick berichtet aus Acrokerry (Aschantiland, Westafrika), daß vor der
Zerstörung aller Anof)helesbrutplätze 55 Männer seiner Kompagnie malariakrank waren,
aber nach Durchführung des 18 monatlichen Malariafeldzuges nur noch eine Neuerkrankung
mit einem Erkrankungstage auftrat. Kein Europäer starb und unter 1000 Eingeborenen
nur zwei. Allerdings wurde auch streng auf Gebrauch von .Moskitonetzen gesehen und
für tägliche Chininprophylaxe agitiert.
Jajies allerdings sah bei seinem Kampfe gegen die Auopheles in Miam-mir (Indien)
keine deutliche Verringerung der Moskitos, da immer neue Anophelinen in die assanierte
Zone aus der Umgebung hineinflogen (vgl. indeß die Einwände von Ross).
Taylor plädiert für Westafrika ebenfalls für Bekämpfung der Malaria durch Unschäd-
lichmachen der Anophelesbrutstätten (Aufschütten bzw. Petrolisierung im Sinne Boss')
wie auch MacGeegoe in Lagos sich diesem Vorgehen auf Boss' Empfehlen anschloß.
Travers gelang es in Selaugor, einem Orte, wo ein epidemieartiges Aufflackern
der Malaria, infolge plötzlicher Bildung neuer Sümpfe zu bemerken war, die Malaria-
morbidität um 67,37 "/q herabzudrücken nach voraufgegangeuer Drainage und Petrolisierung
der Anophelesbrutstätten. Die Kosten in dem ziemlich umfangreichen Malariaterrain be-
trugen nur 57 000 Mark.
Chase, welcher Anopheles in Brooklyn in allen Wasserpfützen, auch in allen mit
Wasser gefüllten Konservenbüchsen fand, reduzierte bei demselben Vorgehen die Malaria
erheblich, auf den 4. Teil der früheren Zugänge. Eine Schädigung der Fische durch das
Aufgießen von Petroleum beobachtete er nicht. Seine Aufwendungen betrugen nur
2800 Mark pro anno.
Auch Chaedoye und Billet bemerkten in Touggurt in Algier infolge der mechani-
schen Prophylaxe deutliche Verringerung der Anophelinen (Ch. und B. gaben außerdem
noch Chinin prophylaktisch 0,3 — 0,4 je 8 Tage hintereinander).
Auch die Brüder Sergent berichteten aus Algier sehr günstige Besultate.
Ferjii und Tonsini gelang es durch monatlich zweimalige Petrolisierung der Ano-
phelestümpei und durch Räucherungen mit Chlor die Insel Asinara fast vollkommen
moskitofrei zu machen. Das großartigste Resultat aber wurde nach Gorgas in Havanna
erzielt, wo mit der den Amerikanern eigenen Energie eine Moskitobrigade in 7 Ab-
teilungen formiert wurde, welche den systematischen Kampf gegen die Moskitobrut-
stätten aufnahm — 3 Räucherungsbrigaden töteten die Moskitos in den Häusern.
Der Erfolg des Kampfes war, daß 1901 von 26000 Grundstücken nur 200 mit Moskitos
behaftet gefunden wurden. Das Gelbfieber war damit ausgerottet, die Malaria außer-
ordentlich reduziert. Es ist dies eines der glänzendsten Beispiele von der Wirksamkeit
der Methode.
34*
532 Dl"- Hans Ziemann.
B) Vernichtung der erwachsenen Moskitos
spielt als allgemeine Maßnahme für die Malariaausrottung nur eine relativ geringe Rolle.
Gewiß, der Anopheles ist ein Haustier. Man muß daher erwarten, ihn auch im Hause und
in den Tierställen vernichten zu können. Man kann in den Malariagegenden Deutsch-
lands, z. B. im Budjadingerlande am Jadebusen, Hunderte von Anopheles maculijjenis im
Keller und in dunklen Wohnräumen im Spätherbst hängen sehen. Ein systematischer
Kampf ist also in Kulturländern zweifellos möglich, am besten gegen die überwinternden
Weibchen. Die undichte Hütte der Eingeborenen tropischer Gegenden beherbergt den
Anopheles aber vorzugsweise nur zur Nachtzeit. Fortwährend fliegen neue von außen zu
und wieder fort, trotz des meist die ganze Nacht qualmenden Bauches des Herdfeuers.
Eine systematische Bekämpfung derMalariadurch Vorgehen gegen er-
wachsene Moskitos ist also namentlich in den Tropen ausgeschlossen.
Zur Vertreibung der erwähnten Moskitos aus den Wohnungen wurden versucht
Terpentinöl, Jodoform, Mentol, Muskatnuß, Kampfer, Knoblauch, ferner Räucherungen
mit Tabak, Insektenpulver, fi-ischen Eukalyptusblättern von betäubend oder ätzend wirken-
den Riechstoffen. Auch Räucherungen mit Quassiaholz, Chrysanthemumblättern, Pyrethrum,
Schwefel und Chlor wurden versucht. Insbesondere Schwefeldioxyd, gewonnen durch
Verbrennen von reinem Schwefel, wirkte sehr moskitovertreibeud und tötend, ist daher
in Malariagegenden in verschmutzten winkeligen Häusern, die viele Anophelinen beher-
bergen, unter gewissen Umständen sicher zu empfehlen.
Celli und Casagrandi empfahlen einen Eßlöffel voll Zauzolina, bestehend aus einer
Mischung von Chrysanthemumblüten, Valerianawurzel und Larvizid, zu verbrennen, welches
in einem Raum von 30—40 cbm die Moskitos einschläfert.
Feemi und LuMBAO fanden zur Vertreibung der erwachsenen Anopheles wirksam
ein Pulver, bestehend aus einer Mischung von Baldrianwurzel, Pyrethum, Chrysanthemum-
blütenpulver, Salpeter und Calamus aromaticus.
Des wissenschaftlichen Interesses halber erwähne ich noch einen Versuch Galli-
Valerios und Rochaz de Jonges, welche durch künstliche Infektion mit einem Pilze
(Aspergillus niger) eine oft tödliche Erkrankung der Culex- und Anopheleslarven erzielen
konnten.
3. Hydraulische und agrarische Assanierung.
Außer zur direkten Vernichtung der Anopliehnen, sei es als Larven
oder als erwachsene Moskitos, müssen wir nach Möglichkeit dafür sorgen, daß die
Anophehnen überhaupt keine Entwicklungsbedingungen finden. Dazu ist die Be-
seitigung aller Sümpfe und stagnierenden Wassermassen im großen notwendig.
Dieselbe kann natürlich nur dort in Frage kommen, wo finanziell und hygienisch
ein Grewinn zu erwarten ist, also in Ländern mit etwas vorgeschrittener Xultur.
Man bewirkt diese Assanierung durch Trockenlegung der Sümpfe, Korrektion
der Flüsse usw. Die erstere kann erfolgen entweder durch Aufschütten von Erde
usw. oder durch Drainierung und zweckentsprechende Kanalisation. Welche Maß-
nahmen man Avählen wird, muß stets von Fall zu Fall entschieden werden.
In Italien sah Verf. z. B. in den „Valle di Comachio" südlich von Venedig, früher
einem berüchtigten Fieberorte, wie durch Dampfmaschinen das Wasser von den Sümpfen
angesogen und durch einen Kanal dem Adriatischen Meere zugeführt wurde. Man ge-
wann so fruchtbarstes Ackerland. Ahnlich geht man bei den Sümpfen von Makkarese
und von Ostia im Tiberdelta vor.
In den Marschen Deutschlands hat die zunehmende Kanalisation außerordent-
lich zur Bekämpfung der Malaria beigetragen.
Speziell hat im Budjadiuger Lande die Erbauung eines das Land quer durch-
setzenden Kanals den Abfluß allzu stagnierender Wassermassen gestattet, ebenso in Olden-
burs: die Erbauung: des Ems- Jade-Kanals.
Malaria. 533
Bei Grosseto in Toskana sah ich, daß die Schutt mit sich führenden Bergflüsse in
die Sümpfe geleitet wurden, um dadurch eine erhebliche Erhöhung des Niveaus der
Sümpfe zu erzielen. Natürlich dauert dieser Prozeß ziemlich lange, hat aber dafür mehr
dauernden Effekt, als die durch Dampfmaschinen bewirkte Ansaugang der Sumpf-
wässer. Allerdings muß man damit rechnen, daß bei Beginn dieser Arbeiten die gesund-
heitlichen Resultate schlechter werden wie vorher, da ja künstliche Sümpfe zunächst erst
neu geschaffen werden.
Es ist erstaunlich, mit wie geringer Mühe man häufig eine Assanierung der ge-
fährlichsten Anophelesbrutstätten bewirken kann. Z. B. genügte 1900 in der Kakao-
pflanzung Bibundi im Kamerungebirge die mehrstündige Arbeit einiger Neger, um
Quellen mit stagnierendem Grundwasser und einer sehr reichen Anophelesfauna einen
Abfluß in die Täler zu verschaffen. Die in der Nähe befindlichen Weißen hatten unter
den schwersten Fiebern und Schwarzwasserfieber zu leiden gehabt. In der malaria-
berüchtigten Pflanzung „Moliwe" genügte die Kanalisierung des in kleinen Tümpeln am
Fuße der erhöhten Ansiedlung zutage tretenden Grundwassers und Ableitung desselben
in einen nahen reißenden Fluß, um die Anophelesplage ganz außerordentlich zu ver-
mindern. In einer ähnlichen Weise hat Verf. 1900 in allen übrigen Pflanzungen des
Kamerungebirges die Assanierung begonnen, unter Kombination der mechanischen allge-
meinen Prophylaxe mit der medikamentösen Prophylaxe der Europäer. Gänzlich unab-
hängig voneinander kamen Verf. und die englische ebenfalls in Westafrika arbeitende
Malariakommission zu denselben Resultaten bez. der zu ergreifenden Maßnahmen, da sich
diese aus der Natur des Landes und der Bevölkerung ganz von selbst ergaben.
Auf einen weiteren Modus der Assanierung von gewissen Sümpfen, welche in
der Nähe des Meeres liegen, machte Yerf. 1900 aufmerksam. Er schlug auf Grrund
der Tatsache, daß die Anopheleslarven sicli nicht in Salz- oder Brackwasser von
einem bestimmten Kochsalzgehalt entwickeln, vor, das Meer, wo es möglich wäre, in
solche Sümpfe hineinzuleiten.
An der westafrikanischen Küste finden sich mehrfach Sümpfe in der Nähe euro-
päischer Niederlassungen, die nach jener Methode leicht zu assanieren wären. Bei sehr
allmählichem Zusatz stärkerer Salzlösungen können sich allerdings die Anophelinen allmäh-
lich an das neue Medium akkomodieren, wie auch Thayer in Baltimore im Brackwassser
von 2 % Kochsalzgehalt noch Anopheleslarven fand.
Ein kleiner Bezirk der Stadt Senigallia, welcher infolge Versumpfung und Stag-
nierung eines Kanals außerordentlich unter Anophelinen und Malaria zu leiden hatte, wurde
nach Makchiapava und Bignami ebenfalls assaniert, als das Meer einen Durchbruch machte
und den Kanal mit Salzwasser überschwemmte.
Ein anderer Modus der Assanierung wäre, daß man, avo angängig, reißende
Bergflüsse in stagnierende Sümpfe leitet, mn die Eierablegung der Anophelinen in
das nunmehr bewegte Wasser zu verhindern.
(Merkwürdige Ausnahmen kommen allerdings vor. Z. B. fand Z. 1900 in Togo in
einem kleinen auszementierten Entenpfuhl in der Nähe des Nachtigalkrankenhauses außer-
ordentliche Mengen von Larven des Anopheles costalis. Dies trotz der durch die Enten
bewirkten häufigen Wasserbew'egung. Es schien also auch dort eine allmähliche Akko-
modation der Anophelinen an veränderte Lebensbedingungen stattgefunden zu haben.)
Im Laboratorium gelang es indeß, durch einen kleinen Windmotor die Entwicklung
der Anopheleslarven zu hemmen.
Der hydraulischen oder mechanischen Entfernung der Ano-
plielesbrutstätten liat nach Möglichkeit die agrarische Sanierung
zu folgen.
Die blühenden Stätten des Altertums in Italien wurden Stätten schwerster
Malaria, als die sorgende Hand des Menschen nicht mehr den Pflug durch jene
berüchtigten Malariaherde der Campagna und der Maremmen von Toskana führte.
534 Dr- -Hans Ziejiann.
Um dem Boden Feuchtigkeit zu entziehen und Versumpfung zu verhüten, hat man
auch vielfach Anpflanzungen gemacht von Sonnenblumen (Helianthus annuus), Eucalyptus
(Eucalyptus rostrata und globulus), Kalmus (Calamus aromaticus), Papaja (Carica papaja),
Wasserreis (Zizania aquatica), Casuarina equiseti und andere. Bekannt geworden sind
die großen Eucalyptusanpflanzungen bei dem Kloster Tre Fontane bei Eom, die zu Sa-
nierungszwecken unternommen wurden. Indeß wurde, wie Marchiafava mitteilt, nur eine
Verbesserung, keine Beseitigung der Malariamorbidität erzielt, abgesehen davon, daß
neben den Eucalyptusanpflanzungen auch Bodendrainage usw. stattfand.
Insbesondere verdient die Anpflanzung der Papaja, t\" eiche eine der ge-
sundesten Tropenfrüchte liefert, die allerwärmste Empfehlung. Außerdem nimmt
der Baum mit seinem gering entwickelten Laube nicht viel Brise fort. Pflanzen,
wie Bananen (Musa paradisiaca und sapientium) und Mangobäume, die ebenfalls
viel Feuchtigkeit absorbieren, dürfen wegen ihres dichten Laubes in zu assanieren-
den Orten auf keinen Fall in der Nähe der "Wohnungen stehen. Auch An-
pflanzungen von Plectogyne aspidistra sind nach dem Vorgange des Congostaates
zu versuchen.
Erwägung möge verdienen, daß ich in den Marschen Norddeutschlands viel-
fach die Meinung hörte, daß erst seit Erscheinen der "Wasserpest (Anacharis alsi-
nastrum) in den Gräben und Kanälen eine Abnahnie der Malaria erfolgt wäre.
Die Erklärung dürfte die sein, daß die Wasserpest rein mechanisch wie das Pe-
troleum die Anopheleslarven an der freien Bewegung und Atmung hindert, da sie wie
ein dichter Filz die Wasseroberfläche iiberspinnt. Ahnliche Erfahrungen mit Tropen-
pflanzen scheinen noch nicht vorzuliegen.
Eine schwierige Frage ist, ob man wichtige Kulturen, die an sich günstige Be-
dingungen für Malariaausbreitung schaffen, wie z. B. Reiskultur, abschaffen, bzw\
nicht erst neu einführen soll. Marchiafava empfahl die Eeiskultur in Malaria-
gegenden nicht, da nach den Untersuchungen Celli's und Casagrandi's die Larven
und Nymphen in einem mehr oder weniger feuchten Boden auch nach der Entfernung
des Wassers überleben können, die Nymphen auch in ausgetrocknetem Boden, und
da die Eier nach den Untersuchungen von Ross und Geassi in einem ausgetrockneten
Terrain auch für Tage am Leben bleiben könnten.
"über die Reiskultur haben die „Atti della Societä per gli studi della malaria"
in Italien wertvolle Aufschlüsse gegeben.
Danach nimmt die Malaria mit dem Aufhören der Jieiskultur im allgemeinen er-
heblich ab, ja hörte beinahe auf, wie in dem Gebiet von Parma und Vicenza, manchmal
auch trotz des fortdauernden Anophelismus.
Qnsere neuen Kenntnisse über den Infektionsmodus der Malaria werden uns ge-
statten, derartige Kulturen, falls sie wirklich gewinnbringend sind und von einer intelli-
genten und disziplinierten Arbeiterschaft geübt werden, ruhig fortzusetzen bzw. zu be-
ginnen, unter Kombination aller Hilfsmittel im Kampf gegen die Malaria (räumliche Ent-
fernung der Wohnungen von den AVasserstellen, Moskitoschutz der Häuser, prophylak-
tischer Chiningenuß während der Malariasaison usw.).
Außerdem haben sich die Anophelinen, wie schon erwähnt, in manchen Tropen-
gegenden derart an das feuchte Klima gewöhnt, daß sie während aller Entwicklungs-
stadien keine nennenswerte Austrocknung vertragen. Diese Tatsache ist natürlich eben-
falls wichtig für die agrarische Sanierung der betreffenden Gegenden.
Den Wäldern wurde früher ein günstiger Einfluß gegen die Verbreitung der
Malaria zugesclirieben, indem sie die Malariakeime gewissermaßen filtrieren sollten.
Wir kennen heute Wälder mit Sümpfen, die reiche Mengen Anopheleslarv^en be-
herbergen. (Schaudinn's Beobachtimgen in Leme.)
i
Malaria.
535
Auch das sog. Bosco bei Comachio wurde mir 1897 als sehr gefährlicher Malariaort
bezeichnet, denn es sollte das Betreten desselben fast immer Fieber erzeugen. Ganz
zweifellos sind Wälder und Dickicht, die in den Tälern direkt die Verdunstung des
Wassers hindern und damit Sumpfbildung befördern, schädlich.
Dagegen wird man Wälder an den Abhängen der Berge und Hügel in den
Malariagegenden erhalten, da sie durch Absorbierung enormer Mengen von Wasser,
welches sonst als Quellwasser zutage träte, sehr nützHch für die Entsumpfung
einer Malarias-es-end wirken können.
4. Schutz des menschlichen Körpers gegen die Stiche der Anophelinen.
(Mechanische Prophylaxe.)
A) Schutz des Körpers durch Schleier, Handschuhe, starke
Stiefel, Tragen nicht zu dünnen Zeuges, Bewohnen moskito-
sicherer Häuser.
Bekanntlich haben sich einige energische Reisende
dui'cli diese einfachen Mittel in den schlimmsten Malaria-
gegenden gegen Malaria geschützt (vgl. Fig. 51). Diese
Mittel sind an und für sich in Moskitogegenden auch
wegen der anderen blutsaugenden Insekten angebracht.
Insbesondere werden in den Tropen noch vielfach zu
niedrige Schuhe getragen, Avelche die Knöchelgegend
nicht genügend schützen. Gerade dort sticht der Ano-
pheles abends am liebsten, wenn die Beine unter dem
erleuchteten Tische im Dunkeln ruhen. Man trage
daher stets bis über die Knöchel reichende Lederstiefel
oder Gramaschen. Auch eine Kleidung, welche den
Hals bis zur Brust ungeschützt läßt, ist wenig em-
pfehlenswert. Aufs schärfste zu verurteilen ist die Un-
sitte so vieler Tropenbewohner, in ihrem gegen Mos-
kitos nicht geschützten Hause halb unbekleidet herum-
zulaufen.
Fig. 51.
Moskitoschleier zum Schutz
von Gresicht und Nacken.
Meistens sind dies gerade die den niederen Ständen angehörenden Europäer, die
durch Unmäßigkeit in Essen und Trinken mehr an innerer Hitze leiden und deswegen
sich gehen lassen. Schon im Interesse der in den Tropen doppelt notwendigen Selbst-
disziplin muß diese Unsitte aufs schärfste bekämpft werden.
Andererseits ist es in den Tropen aber wegen der Hitze vielfach unmöglich,
zur Flugzeit der Anophehnen verschleiert und behandschuht zu gehen. Gerade in
den gefährlichen Malariagegenden, wo auffallend wenige, aber in hohem Prozentsatz
inüzierte Anopheles vorkommen, ist die Moskitoplage oft so gering, wie z. B. in
Kamerun, daß schon deswegen keine Handschuhe und Schleier getragen werden.
•Jedenfalls würde dazu eine nicht unbeträchtliche Menge von Ausdauer gehören.
Von den systematischenVersuchen, durch mechanischen Schutz gegen die Anophelinen
Leute malariafrei zu erhalten, seien folgende erwähnt. Bei 16 Versuchspersonen Eermi's
und Cano Brusko's erkrankte niemand, von Nichtgeschützten erkrankten 5 an Malaria.
Bei einem ähnlichen Versuche, bei welchem die Autoren vom 1. Juli bis 10. November
streng den mechanischen Schutz der Eisenbahnangestellten durchführten, ohne Chinin
zu geben, blieben die Leute von der Malaria verschont.
Peoccacini erzielte an der Küste von Nordsardinien in einem Garnisonorte von
90-130 Köpfen daß, während in den Jahren 1895 bis 1900 700%, 538%, 348%, 394%,
536 Dl". Hans Ziemann.
571 % Erkrankungen vorkamen, nach Einführung des mechanischen Schutzes, moskito-
sicherer Häuser, Tragen von Handschuhen etc. kein Zugang mehr erfolgte.
Gbassi, Maetieano und Celli hatten ebenfalls sehr gute Resultate mit dem mecha-
nischen Schutze.
Di Mattei schützte in Valsavoia in Sizilien 5 gesunde Individuen durch streng
mechanischen Schutz mit unbedingter Sicherheit gegen Malaria, während Kontrollpersonen
erkrankten.
Geassi gab seinen Versuchspersonen in Paestum bei Neapel in malariaverseuchter
Gegend jeden 7. Tag 1 g Chinin und zwar vom 25. März bis 25. Juni, verordnete dann
streng mechanischen Schutz, Aufenthalt in einem moskitosicheren Hause, bei Nachtdienst
Schleier und Handschuhtragen. So geschützte 104 Individuen blieben gesund, während
in der Umgebung 300 nichtgeschützte sämtlich erkrankten.
TzuzuKi hatte in Kyarun in Formosa bei 115 Soldaten, welche er vom 21. Sep-
tember bis 8. Dezember mechanisch gegen Moskitos schützte, keinen Malariafall, unter
707 Nichtgeschützten dagegen 251 Malariafälle.
Bei der bewunderungswürdigen Disziplin der Japaner überraschen diese glänzenden
Resultate weniger. Bei vielen anderen Truppen hätte man solche Resultate vielleicht
nicht erreicht.
Auf der Insel Eormosa wurde 1 japanisches Bataillon Soldaten gegen Moskitos
geschützt. Während der Malariasaison konstatierte man an 61 Tagen keinen einzigen
Fall von Malaria, während in derselben Zeit und . in derselben Lokalität bei einem
anderen Bataillon 259 Fälle vorkamen.
Malariamorbidität und Mortalität der japanischen Truppen auf Formosa (nach Ein-
führung des mechanischen Schutzes) :
Morbidität Mortalität
1900 2224.14 o/o 20,020/0
1901 1732,1 % 11,19%
1902 1132 % 7,32 7o
1903 256,5 % 0,7 %
(im ersten Halbjahr)
Vgl. außerdem den bekannten Versuch von Sambon und Low in der Campagna Roms.
Um die Malariamoskitos wirklich von der Behausung fern zu halten ist es Be-
dingung, daß man die Fenster, Türen, kurz alle Öffnungen mit Drahtgaze versieht und
vor jeder nach außen führenden Tür einen Ideinen mit Drahlgaze versehenen und
durch eine Doppeltür abzuscliließendeu Vorraum erbaut. Die ins Freie führende
Tür muß einen selbsttätig wirkenden mechanischen Abschluß gewähren (vgl. Fig. 52).
Man hat in Italien damit zum Teil ausgezeichneten Erfolg gehabt.
Der mechanische Schutz wird nach Celli am besten da angewandt, wo er
am nötigsten ist, in den Wohnungen der Eisenbahnbeamten, der Straßen- und Assa-
nierungswächter usw.
Bei 8230 so mechanisch geschützten Eisenbahnbeamten kamen 1,03 bis 7,1 "/o frische
Infektionen vor und rezidivierten 2,05 bis 42,5%. Die Resultate sind also ohne weiteres
weniger günstig als die bei der medikamentösen Prophylaxe mit Chinin. Die Eisenbahn-
gesellschaften entschlossen sich daher, die Chininprophylaxe mit der mechanischen Pro-
phylaxe zu kombinieren. Schoo bewies die Vorzüglichkeit des mechanischen Moskito-
schutzes auch in Holland, wo der Wasserreichtum eine Vernichtung der Moskitos außer-
ordentlich erschwert. Auch Fe. Plehn befürwortete dringend die Einführung des mecha-
nischen Schutzes in den Tropen.
Leider ist die allgeineine Durchführung des Moskitoschutzes auf diese Weise
bei der ganzen Malariabevölkerung einschließlich der Eingeborenen aus finanziellen und
anderen Gründen ausgeschlossen. Die Sorglosigkeit des Eingeborenen wml es bald
zu einem Verfall der schützenden Einrichtungen kommen lassen, selbst wenn das
tropische Klima nicht ständige Eeparaturen erforderte.
I
Malaria.
537
Moskitosichere Häuser werden aber trotzdem bei großer iloskitoplage eia ans-
gezeicbnetes Schutzmittel für die Europäer sein.
Dringend ist Moskitoschutz der Häuser in allen Gegenden zu fordern, wo die
Trennung der em^opäischen Wohnungen von den Eingeborenen nicht durchzuführen
ist. Auch Schutz der tropischen Krankenhäuser durch 3Iosldtogaze ist, wo nötig,
zu erstreben, besonders wie in Kamerun bei den Eingeborenen -Krankenhäusern,
ferner bei allen Massenquartieren, wie Gefängnissen, Kasernen, Schlafräumen für
Schüler der Missionen usw. Die außerordentliche Morbidität und Mortalität unter
manchen Missionen, besonders vor Einführung der Chininprophylaxe, führt Yerf. auf
das enge Zusammenwohnen der Missionare mit ihren Zöglingen zurück.
Auch Hotels und Untej'kunftshäuser, in denen der Europäer bei Reisen im
Innern übernachten muß, sind mit Moskitogazeschutz zu versehen.
Gewöhnlicher Eisendraht rostet in den Tropen sehr bald. In trocknen
Gegenden nimmt man stark verzinkten Eisendraht. Am besten ist Messingdraht.
Tis. 52.
Moskitosicheres Hans in Cline-Town-Station, West-Afrika (nach Pöch).
Mindestens muß in Malariagegenden der Arbeitsraum und der Schlafraum des
Europäers, Avenn irgend möglich, durch Moskitodraht geschützt sein.
Schwieriger liegt die Frage in Gegenden, wo trotz schwerer Malaria nur wenig
Anophelinen vorkommen.
Die Menschen sind in solchen Fällen nur zu leicht geneigt, es auf einen Moskito-
stich. ankommen zu lassen, um nur nicht die frische Luft entbehren zu müssen. Ross
behauptet zwar, daß durch eine gute Moskitodrahtgaze genügend Luft hindurch kommt,
indeß die Ansprüche an frische Luft sind in dieser Beziehung subjektiv verschieden.
Nach Glätärd ist ein gutes Mittel gegen die lokalen Folgen der Mückenstiche 4 g Jod
in 10 g Aceton gelöst und auf die Stichstellen aufgepinselt, und ev. nach 5—6 Stunden
wiederholt.
Moskitonetze. Bei Ermangelung von Moskitodrahtschutz muß j^rinzipiell
in jeder Malainagegend der ständige Gebi'auch des Moskitonetzes für alle Europäer
empfohlen werden. Leider wird dasselbe häufig unpraktisch angebracht.
Dasselbe darf nicht zum Boden herunterschleppen, sondern muß unter der Matratze
eingeschlagen sein. Noch vor Einbruch der Dunkelheit suche man mit einem Licht das
Netz nach etwa eingedrungenen Moskitos ab und schließe dasselbe wieder persönlich,
überlasse es ja nicht den eingeborenen Boys.
Das Bett muß breit sein, und man darf nicht mit dem Körper dem Netz anliegen.
538 Dr. Hans Ziemann.
In der Breite, in der der Körper dem Netze anliegt, lasse man das Netz mit dickerem
Stoffe benähen, damit nicht die Moskitos durch die Maschen hindurch den entblößten
Körper stechen. Wer gewohnt ist, selbst in den Tropen Federkopfkissen zu benutzen,
■wird natürlich die Hitze unter einem Moskitonetz unangenehm empfinden. Der im
Alkoholgenuf] Mäßige und nicht nervös Veranlagte wird sich bald an das Schlafen unter
dem Moskitonetze gewöhnen.
Die Maschenweite des gut gespannten Netzes muß etwa Stecknadelknopfgröße
haben. Wenn dasselbe gut gespannt ist, kommt genügend Luft hindurch.
Man erträgt die Hitze unter dem Moskitonetz in den Troj)en nachts besser, wenn
man eine dickere Lederrolle zwischen die gespreizten Beine legt.
Die Mitnahme eines Moskitonetzes ist daher bei jeder Reise in Malariagegendeii
die Haupt- und Grundbedingung. Vor allem hüte man sich, die Hütte
der Eingeborenen nach Dunkelheit zu betreten, falls nicht
dringende Notwendigkeit d a z u v o r 1 i e g t.
Die Nützlichkeit des persönlichen Schutzes gegen Anophelesstiche ergibt sich aus
folgender Berechnung Manson's. Angenommen jeder 1000 ste Moskito in einer Malaria-
gegend wäre infiziert, so würde ein Mensch, der täglich von zehn Mücken gestochen
wird, also im Jahre 3650 Stiche erhält, etwa 3,6 mal im Jahre der Infektionsgefahr aus-
gesetzt sein. Würde er sich schützen, daß er nur einmal in der Woche gestochen wird,
d.h. 52 mal im Jahre, so könnten schon 20 Jahre vergehen, ehe er infiziert wird.
Schon aus dem Früheren ergibt sich, daß man in der Nähe eines tropischen
Haushaltes peinlichst für Sauberkeit und Beseitigung sämtlicher Tümpel sorgt, alle
Zisternen mit Drahtgaze verschließt, die Vegetation kurz hält, um möglichst wenige
Anziehungspunkte für die Anopheles zu bieten. Die Lage des Hauses muß daher
frei sein, allen Windrichtungen ausgesetzt, da alle Anophelinen starken Zug nicht
vertragen.
Ausnahmen kommen gelegentlich vor, so z. B. beobachtete Verf. in den nach der
nahen See zu liegenden Schlafräumen einiger Kaufleute in Togo (Anecho) 1900 trotz der
starken Brise innerhalb der Moskitonetze Anophelinen. Dieselben waren mit der Land-
brise nachts in die schlecht geschlossenen Moskitonetze eiugedrungen.
Es muß jedem einzelnen überlassen bleiben, wieweit er in dem Kampfe
gegen die Malaria gegen all und jede Vegetation in der Umgebung seines Hauses
wird vorgehen wollen.
Die Theorie des grünen Tisches sagt, „fort mit aller und jeder Vegetation, nur kurz
gehaltene Kasenflächen um das Haus." Wenn nicht genügend Dienerschaft zum Kurz-
halten der Rasenflächen vorhanden, sorgt das tropische Klima bald für immer höheres
Wachstum des Grases, welches, ungepflegt, bald einen buschähnlichen Charakter annimmt.
Das Streben, einige frische Früchte in der Nähe des Hauses zu haben, die man nicht
von Eingeborenen gestohlen sehen will, wird manchen veranlassen, die unentbehrlichsten
Nutzpflaczen doch stehen zu lassen. Das Prinzip muß bleiben, jede unnütze Vegetation
unbedingt zu entfernen.
B) Absolute Trennung von den Eingeborenen
Verfasser machte schon 19 00 in Paris für tropische Malaria-
gegenden den Vorschlag, eine möglichst räumliche Trennung der
Europäer von den malariainfizierten Eingeborenen zu erzielen
und die An Siedlung der Europäer V2 — 1 km entfernt von den Ein-
geborenen zu errichten, entsprechend der Flugweite der Anopheles
(Deutsch, med. Wochenschr. 1900 Nr. 49 p. 771.)
Stephens und Christophers plädierten ebenfalls energisch für Trennung der
Europäer von den Eingeborenen. Sie fanden in einem Zelt, in welchem ein Europäer
Malaria. ' 539
schlief, gewöhnlich nur 1 — 2 Anopheles am Morgen. Am 2. Morgen stieg die Zahl auf
62, als es 2 Eingeborenen gestattet wurde, in demselben Zelt zu schlafen. Stephens und
Cheistophees forderten als Entfernung eine englische Meile, was sich aus finanziellen
Gründen leider praktisch nicht überall durchführen läßt. Auch, die Dienerschaft sollte
^/o Meile vom Hause entfernt schlafen und im Hause nur ein einziger Diener bleiben.
Leider ist gerade ia Westafrika mit Ausnahme von den englischen Orten
Accra und Old-Calabar diese Trennung im Gegensatz zu Ostindien und Westindien
fast gar nicht durchgeführt. Man kann sehr wohl für die Assanierung der Ein-
geborenen sorgen und trotzdem den durch das Klima besonders gefährdeten Europäer
von den Eingeborenen trennen. Geschäfthche Schwierigkeiten können sich bei einer
räumlichen Trennung der Eingeborenen und der Europäer nicht ergeben, da, wie
schon erwähnt, die Flugweite der Anophelinen allerhöchstens 1^/2 km beträgt, unter
normalen Umständen viel weniger.
Bei Neuanlagen von Handelsplätzen dürfte überhaupt nicht ohne Zuziehung
eines tropenhygienisch vorgebildeten Arztes vorgegangen werden, um die Schaffmig
von Malariaherden in der Nähe von Eingeborenen-Niederlassungen und von Sümpfen
zu bewirken, deren Assanierung von vornherein zu große Schwierigkeiten be-
reiten würde.
C) "Wo keine moskitosicheren Häuser vorhanden, sorge man
wenigstens nach Eintritt der Dunkelheit während der Abendluft
durch fleißigen Grebrauch derPunkah bzAv. womöglich elektrischer
Fächer für Luftbewegung in dem betreffenden Zimmer, um die
Anophelinen zu verscheuchen. Prinzipiell sind alle Räume des
Wohnhauses in den Tropen in hellen Farben zu halten und alle
toten Winkel, auch in der Umgebung, zu -vermeiden, kurz so viel
Licht und Luft als nur irgend möglich in die Behausung hinein-
zulassen.
D) Mittel zum Fernhalten der Moskitos durch Einreibungen
usw. in die Haut bzw. Erzielen bestimmter Ausdünstungen infolge
Einnehmens von Medikamenten.
Man suchte eine Zeitlang nach Salben und riechenden Tinkturen, welche auf
die Körperoberfläche gestrichen, die Moskitos abhalten sollten. Forel erstrebte
dieses Ziel durch Einreiben mit Perubalsam, jedoch gelang es nicht, die Moskitos
dadurch dauernd fern zu halten.
Feeeeeo empfahl als Einreibungen Xaphtalin 10,0, Kampher 1,0, Oleum caryo
phylli, Acidi acetici ää gtt. 20,0, Oleum anisi gtt. 40,0, Vaseline 100,0.
AVegg suchte durch Aufgießen von Petroleum auf sein Kopfkissen und Einreiben
des Körpers mit Petroleum sich gegen Moskitos zu schützen, was in den Tropen aus-
geschlossen sein dürfte.
Mense empfiehlt Chininglyzerin im Verhältnis von 1 : 1000.
Ferner ist folgendes Rezept empfohlen: Ätlier, Alkohol ää 5,0, Aqua coloniensis,
Oleum eucalypti 10,0, Tinctura pyrethri 15,0. Diese Medizin mit 4 — 5 Teilen Wasser
mischen und damit die Haut waschen.
Nach RosENBEEG, zitiert nach von Bassewitz, soll Quassiaholzauszug, auf die Haut
eingerieben, schützend wirken, was von Eassewitz bestreitet. Letzterer empfiehlt Chry-
santliemumpulver, resp. dessen wirksame Bestandteile, ätherisches Ol und Harze, auf die
Haut einzureiben. Die Indianer in Zentralbrasilien bemalen sich mit einem^ roten Farb-
stoff, Uruku, den sie aus dem Samen der Bixa orellana gewinnen, und mit Fischöl ver-
mengt, auf die Haut einreiben.
Nach d'Abbadie sind Schwefelräucherungen, bei entblößtem Körper vorgenommen,
ebenfalls wirksam.
540 Dl'. -Bans Ziemann.
Alle solche Einreibungen, auch mit der sogenannten Langheldschen Salbe usw.,
können in Gegenden mit intensiver Moskitoplage höchstens momentan einen Erfolg
haben. Sie können daher speziell nur für Reisende, welche Gegenden mit starker
Moskitoplage flüchtig berühren, in Frage kommen. Jede systematische längere
Anwendung ist nach dem bisherigen Stande der Kenntnisse unmöglich.
Martin will bei den Tamils als bei starken Curryessern ebenfalls ein
relatives Yerschontsein der Malaria gegenüber beobachtet haben, von Bassewitz
erklärt die AVirkung damit, daß der überreiche Genuß dieses Gewürzes sich durch
eine Geruchsveränderung der Hautperspiration kund gibt, die ihrerseits abstoßend
auf Stechmücken einzuwirken vermag. Curry ist bekanntlich ein Gemenge von
Koriander, Kardamom, Curcuma, Ingwer, Senf, weißem und spanischem Pfeffer usw.
VON Bassewitz führt auch die Beobachtung von Mattei und Fontana an, wonach
der Genuß eines Zitronendekoktes mit ungefähr 10 ^/o Glyzerin zusatz, von dem Er-
wachsene einen, Kinder sinen halben Kaffelöffel morgens nüchtern mit Wasser be-
kommen, prophylaktisch w;irken soll. Die Moskitos sollen durch den eigentümlichen,
keineswegs unangenehmen Geruch, den die Haut dabei annimmt, verscheucht werden.
Nach VON DüEiNG (Deutsch, med. Wochenschrift 1902 jd. 418) soll ein alkoholischer
Auszug aus Meerrettigwurzeln (Armoracia rusticana) gegen Malaria schützen. Ich selbst
habe unter meinen Fieberkranken in Italien häufig genug solche getroffen mit einem
Säckchen Knoblauch auf der bloßen Brust, das sie angeblich immer getragen hatten.
Trotz des für Nordeuropäer unerträglichen Knoblauchduftes hatten die Anopheles jene
doch infiziert. Fekmi fand Knoblauch ebenfalls unwirksam.
V. Bassewitz schlägt vor, Kaliumtellurat, welches einen 4 — 8 Wochen dauernden^
auf 1 m Entfernung sich bemerkbar machenden Knoblauchgeruch absondert, in Dosen,
von 0,01 — 0,05 zu nehmen. Es wird Geschmacksache des einzelnen sein, welcher sich vor-
übergehend in abnorm gefährlichen Gegenden aufhält, ob er dieses Mittel gebrauchen
wird. Ich glaube, nur wenige dürften bereit sein, sich dieser Prozedur zu unterziehen.
5. Soziale Prophylaxe.
Wir werden hierbei auch einige tropenhygienische Punkte zu erörtern haben,
die, wenn sie auch keinen direkten Zusammenhang mit der Malaria haben, so doch
einen weitgehenden indirekten und daher in keinem modernen Lehrbuch der Tropen-
krankheiten fehlen dürfen. In allen Malarialändern sind die armen Klassen der Be-
völkerung bei w^eitem am meisten von der Malaria betroffen.
Während in den Marschen Budjadingens in Norddeutschland die reichen Landwirte in
ihren neuen, dem Licht und der Luft zugänglichen Gehöften an Malaria neuerdings fast gar
nicht mehr leiden, ist die Arbeiterbevölkerung nach meinen Untersuchungen in ihren
dumpfen, zum Teil der Hygiene geradezu hohnsprechenden Wohnungen noch sehr heim-
gesucht. Das soziale Elend ist ein ziemlich großes. Die Leute schlafen in Kojen, die
in die Wand des Wohnzimmers eingebaut sind und außerdem noch durch Gardinen von
der Luftzirkulation abgeschlossen sind. Es können dort wahre Brutstätten der Malaria
entstehen. Diese Unsitte müßte direkt polizeilich verboten werden.
In Italien fand ich 1897 die Verhältnisse noch unendlich viel schlimmer.
Auch in den Tropen sind erfahrungsgemäß diejenigen Europäer am meisten
und schwersten betroffen, deren soziale Lebenshaltung die schlechteste ist, und es sind
auch diejenigen Malarialänder am meisten heimgesucht, die in der allgemeinen
Entwicklung zurückgeblieben sind. Man vergleiche die blühenden Kolonien Eng-
lands in West- und Ostindien, ja auch Holländisch-Indien, avo zum Teil dm-chaus
dieselben Idimatischen Verhältnisse herrschen, mit Afrika. Man ist erstaunt über
den geradezu enormen Abstand, über den auch schon Ross Avarnend berichtet hat.
Malaria. 541
Ich sah in Afrilca von Europiiern vcrwalioto Faktoreien, wo eine im Freien stehende
Kegentonne den Baderaurn dos Europäers darsicllte, eine oif-entlichn Küche gar niclii
existierte. Mosl<;itosclmtz des Hausos war ausgesclih>ssen, Schlafraum und Vericaiifsrauni
von Waren öftei- derscUx'. Die Ernährung ist eine unglaublich einfönnigo, fast nui* aus
Huhn und Präserven, selten aus Fischen bestehend, da in ganz Westafrika die Vieharmut
im allgemeinen groß, die Fleischpreise daher stellenweise sinidos hohe sind. Frisches
(iemüso war zum Teil fast unbekannt.
Es ist ganz klar, daß bei dem Alangel alles dessen, was dem Knlturinenschcn das
Leben erst behaglich macht, auch die Widerstandskraft des Einzeliiidividuums gegen die
Einwirkung eines ungesunden Klimas und gegen eine schwere Malaria nachläßt. Es ist
also wahrlich nicht nur eine etwaige stärkere Virulenz der Parasiten allein, sondern es ist
ein Zusammenwirken der verschiedensten Faktoren, welches das Leben in Westafrika
so ungesund erscheinen läßt.
Ein Beweis für die außerordentliche Jlückständigkoit Westafrikas war •/,. B. auch,
daß bis vor kurzem in ganz Westafrika noch keine Fabrik künstlicher ti'inkbarer Mineral-
wässer und Jjimonaden bcst;and. Verf. konnte, nachdem er die Errichtung einer solchen
in Kamerun erwirkt, den Konsum an Alkohol, besonders an Bier, auf über die Hälfte
fallen sehen (vgl. die ausgezeichneten Untersuchungen Fikbigh über Alkohol in den
Tropen). Der Alkohol ist für viele Europäer in den Tropen ein noch
schlimmerer Feind als die Malaria. Beide vereint, würden sie stets die Akkli-
matisation der weißen Kasse in den Tro[)en verhindern.
Die Zeit ist noch nicht lange verflossen, wo das Wort „li Zoll Alkohol im IFagen,
ist das beste Projdiyluktikuni gegen die Malaria" allgemein geglaubt wurde. Die Worte
aus dem Briefe eines englischen Soldaten in ^\^-i\ 1'ropen trelTeii auch noch honte vielfach
in tropischen Kolonien zu! „Sic essen und t)'iid<eii hici- und trinken und essen, bis sie
.sterben, und wenn sie dann gestorben sind, dann sagt man, sie sind getötet durch das
Klima."
In Italien wirkten sanitäre Gesetze, die aus (loa crwillmten Gesichtspunkten
heraus zum Kanii^fe gegen die Malaria erlassen wurden, auch äulJerst segensreich.
„Sämtliche Gemeindeärzte müssen den Arbeitern und Bauern in Malariagegenden
gratis Chinin als Präventiv- und Kurativmittel auf Kosten der Arbeitgeber verabreichen.
Alle Arbeiter, die direkt oder indirekt vom Staate abhängen, haben das .Hecht, daß ihre
Wohnung in Malariagegenden mit Drahtgaze versehen wird/'
In Newyork ist, wie in Italien, auch die Anzeigepflicht für Neuerkrankungen
der Malaria oingefüli7't. So sogonsreicli eine derartige Mafinahinc wirken Icann füi-
assanierte Orte, die alle klimatischen und teliurisclum Entwickliüigsbedingungon für
Malaria aufweisen, falls alte Malariker doi'thin gelangen, so unnütz wäre sie bei
ti-opischen Malariaoiien. Nicht der Eurojjäei', in dessen perijjherem Blut es wegen
der Chinindosinfektion wenig oder gar niclit zu Gametenbildung kommt, ist der
Malariaübcrti'agcndf;, in fü-stoi- Linie ist es der scheinbai' ganz gesunde N(3ger. Das
muf) df!r Anfangs- und Ausgangspunkt unsercir Ijetj'at^htungon sein und bleiben.
Auch Favhk befürwortete für llnlilaiid f:inc pro[)hylfd<ti!;chc Geseizgebung nach ilrm
Jluster Italiens.
BiKOWoon war für geHctzlicIie Best iinnnirigcn und Malinahmen. verschieden je nach
der Gegend, („i^ie Bildung von Tümpeln soll gesetzlich verboten werden und keine ober-
llächlichon Kanäle, sondern Drainröhren und gemauerte Kanäle errichtet werden! Ein
Sanitätsbearatcr hätte darüber die Aufsicht zu führen bei der Sanierung, Die Wohnungs-
frage müsse gesetzli(;h geregelt werden, die Moskitos durch Drahtnetze und Schwefel-
räiichcrung ferngehalten und durch populäre Belehrung der Bevölkerung der Yerbreitung
der Malaria entgegengetreten werden.") Leider hieilien solche Vorschläge meist nf)eh auf
dem Pafiier.
p]s ist jedenfalls Zeit, dali auls f;nci'gisehste von sämtlichen K'nIturnalionfMi in
tropischen Gegenden der möglichsto Schutz des Individuiuns gegen die Clefalirnn
542 üi". Hans Ziemann,
der Malaria gesetzlich durchgeführt wird, und daß die Auffassung, Avonach das Be-
lieben des einzelnen durch den Staat nicht gestört werden dürfe, aufhört. In den
neuen Ländern, die der Kulturarbeit im Kampfe mit der wilden Natur, der Malaria,
und ungeberdigen Eingeborenen erst erschlossen werden, gehört der einzelne nicht
sich selbst, sondern den allgemeinen Aufgaben der Menschheit, in deren Dienst er
sich gestellt. Der nachhaltige Schutz des Staates muß daher auch für jeden Kultur-
pionier aufs strengste gefordert werden.
Id den groUen Städten, namentlich in Deutschland, bestehen eine fülle baupolizei-
licher und allgemein hygienischer Verordnungen zum Schutze des einzelnen und der
Gesamtheit. Warum man da sich vielfach noch scheut, die für die Tropen doppelt not-
wendigen Konsequenzen zu ziehen, ist unerfindlich. Selbstverständlich muß entsprechend
den nach Klima, ßodenbeschaffenheit und Bevölkerung wechselnden Eigenarten der be-
treffenden Malariagegend Rechnung getragen werden.
In Kamerun dürfen laut Erlaß des Gouverneurs die einzelnen Eegierungsstationen
Verbandmittel und Medizin, insbesondere Chinin, kostenfrei an Bedürftige abgeben.
Jede Eirma und Pflanzung ist verpflichtet, in ihren isolierten Zweig - Eaktoreien und
Pflanzungen stets einen Vorrat der notwendigsten Medikamente, speziell von Chinin, in
ausreichender Menge vorrätig zu halten.
Jeder Beamte bekommt bei seiner Ankunft eine kurze, vervielfältigte Anleitung
des Verf. betreffend die Hygiene der Tropen, die ihm als Wegweiser dient. Alle Beamte
und auf Einladung auch die neuangekommenen Kaufleute und Missionare, wohnen außer-
dem den alle 3 — 4 Monate stattfindenden Gesundheitsbelehrungen über Tropen-
hygiene bei. Dieselben müssen auch für die Eingeborenen in leicht faßlicher Eorm statt-
finden, speziell für die Schuljugend.
Es genügt durchaus nicht, zu sagen, das und jenes muß getan, das und jenes
muß unterlassen werden, sondern, warum es geschieht. Nur dann kann der Arzt
die in den Tropen so notwendige moralische Disziplin seiner Klienten zu ihrem
eigenen Nutzen und zum Wohl des Ganzen ausnutzen. Rede und Antwort muß er
auf jede tropenhygienische Frage stehen können,
Eoss macht daher mit Recht auf die Notwendigkeit aufmerksam , nur tropen-
hygienisch geschulte Ärzte in die Tropen zu senden. Die Errichtung der tropen-
hygienischen Institute wie der trefflich eingerichteten und geleiteten zu Hamburg, Liver-
pool, London, Marseille, Weltevreden, Habana und Berlin etc. war daher eine Not-
wendigkeit.
Verf. schlug auch die halbjährliche sanitätspolizeiliche Besichtigung der euro-
päischen Haushaltungen durch den Hegierungsarzt, begleitet von der Sanitätskolonne vor
und zwar für die Hohe der Regenzeit und nach derselben.
Es ist dringend zu hoffen, daß in allen tropischen Malarialändern, die der
Kultiu: erst erschlossen w^erden, auch weitere gesetzliche Bestimmungen getroffen
werden, welche das Erbauen malariageschützter und liygienischer Häuser erwirken
und das Minimum der dem einzelnen Europäer zustehenden Rationen an frischem
Gemüse und Fleisch bestimmen.
Gewiß kann bei primitiven Verhältnissen nicht wie in Europa alles geschaffen
werden, was Gaumen und Auge begehrt, aber die Möglichkeit zur Besserung der Ver-
hältnisse muß geschaffen werden durch Förderung des Gemüsebaues, der Viehzucht usw.
Unablässig müssen die Tropenärzte dahin zu wirken streben,
daß ihnen auf die Maßnahmen der Verwaltung, soweit hygienische
Interessen in Frage kommen, der gebührende Einfluß eingeräumt
w i r d.
Ebenso wie der Marinearzt hinzugezogen wird bei Erbauung eines Kriegsschiffes,
um die hygienischen Interessen der später das Schiff bewohnenden Mannschaft zu ver-
Malaria. 543
treten, muß aucli der Tropenarzt um sein Gutachten bei Bauten und sonstigen Anlagen,
bei denen irgendwie liygienisclie Interessen in Frage kommen, ersucht werden.
Mindestens ebenso wichtig für die Malariabekämpfung wie
die soziale Fürsorge für die europäische Bevölkerung ist auch
die für die Eingeborenen. Verf. spricht sich entschieden gegen jedes Streben
aus, die Eingeborenen sich zunächst selbst zu überlassen und zunächst nur für.
den Europäer zu sorgen. Die Gebote walu-er Humanität und vor allem des eigenen
Interesses müssen die weiße Easse veranlassen, für stete Hebung der Eingeborenen
in sozialer und hygienischer Beziehung zu sorgen, da dadurch die Kaufkraft des
fremden Landes enorm gesteigert wird.
Ross und Mac Gregor gehen, wie gelegentlich einer Studienreise nach dem
bekannten englischen Handelsplatze Lagos in Westafrika zu entnehmen war, von denselben
Gesichtspunkten aus. Mit halbverhungerten, unmssenden, abergläubischen, wenig zahl-
reichen Eingeborenen ist ein blühender Handel, eine Entwicklung der Tropen, unmöglich.
Was wir den Eingeborenen gutes erweisen, erweisen wir uns selbst. Die
Eegierung wie Mission und Kaufmann müssen sich da zu demselben schönen Zwecke
zusammenfinden. "Wohl gibt es eine Fülle von fleißigen Beobachtungen über die
Pathologie der Eingeborenen. Indeß, was viel wichtiger ist, das systematische
Studium der allgemeinen hygienischen Lebensbedingungen der Eingeborenen, be-
sonders der tropischen Malarialänder, scheint noch sehr vernachlässigt.
Verf. hat zum ersten Male in AVestafrika, von einheitlichen Gesichtspunkten aus-
gehend, die Gründe zu erörtern versucht, für die stellenweise außerordentlich große Armut
an Bevölkerung und Vieh. Es ergaben sich zum Teil geradezu entsetzliche Mißstände
unter der Bevölkerung (frühzeitige Heiraten (Mädchen zum Teil im Alter von 7 Jahren
verheiratet), Inzucht, finsterer Aberglaube, daß natürlicher Tod nicht möglich, äußerste
Verbreitung künstlichen Aborts, denkbar törichte Kinderernährung etc.), Mißstände, die
zum Teil sehr wohl auf dem Verwaltungswege bei zäher Geduld iind Liebe zur Sache
sich beseitigen lassen. Ich verweise in der Beziehung auf das Literaturverzeichnis. Stoff-
wechseluntersuchungen über den Nährwert der Nahrungsmittel der Eingeborenen müssen
angestellt werden und Kulturversuche mit neuen Frucht- und Gemüsearten, wo solche
noch nicht vorhanden. In Afrika stehen wir damit erst im allerersten Anfange der Ent-
wicklung. Für Veredelung mancher Früchte, mit der in Indien so schöne ßesultate
erzielt, ist noch viel zu geschehen. Die lächerlichsten Vorurteile, gerade bei unge-
bildeten Europäern, kann man finden, bzw. des Genusses einheimischer Früchte und
Gemüse. Sehr verbreitet z. B. findet man in den Tropen die Anschauung, daß Ananas
Fieber mache. Die Ananas macht natürlich kein Fieber (Verf. hat in der letzten Dienst-
periode viele Tausende anpflanzen lassen), indeß die Unmäßigkeit des Europäers, der
maßlos große Mengen nicht gut geschälter und bekanntlich mit feinen Haaren versehener
Ananas vertilgt, kann infolge des verdorbenen Magens ein Malariarezidiv auslösen. Wer
angeschnittene oder faulende Ananas neben seinem Küchenraum oder Schlafraum auf-
hängt, wird außerdem auch die Anophelinen anziehen, die, wenn infiziert, natürlich Malaria
übertragen können. Nichts ist gesünder im übrigen, als der reichliche Genuß guter
reifer Früchte.
Die Wohnungsfrage der Eingeborenen erfordert in allen zu assanierenden Ländern
die dringendste Aufnaerksamkeit. Mit Geduld und immer erneuter Belehrung, warum
dies und das gemacht werden muß, läßt sich in kurzem vieles erreichen.
In Duala sind ganze Dorfteile niedergelegt, der dichte Busch gelichtet und breite,
gerade, der Seebrise zugängliche Straßen erheben sich im Eingeborenenviertel mit Ab-
flußkanälen an den Seiten, wo früher ein Durcheinander von Bäumen, Sträüchern und
Hütten war. Jedes Haus ist von einer kleinen Fenze umgeben. Innerhalb von 1 ^2
Jahren entstand dadurch, daß die Eitelkeit des Negers angespannt wurde, ein erheb-
licher Prozentsatz neuer massiver Häuser, statt der alten Mattenhütten. Durch immer
wiederholte Belehrung gelang es Verf., ohne geringsten Zwang zu erzielen, daß tat-
544 l^i"- Haks Ziemann.
sächlich beinahe 50*^/o der Hütten eines beinahe 15000 Seelen zählenden Dorfes mit
Fenstern versehen wurden, so daß Licht und Luft in die dunklen Hütten hineinströmt,
die Feinde der Anophelinen. Bezüglich der Kinderernährung der Eingeborenen ist in
den meisten unkultivierteren Tropengegenden noch fast alles zu reformieren. Das Voll-
stopfen kleiner Kinder mit sinnlosen Massen von Vegetabilien dürfte disponierend wirken
für die Malariainfektion wegen der Schwächung der Verdauungsorgane.
Dringend ist die Schaffung von Greburts- und Sterbelisten in jedem Malariaorte,
auch für die Eingeborenen, zu fordern, da nur auf diese Weise ein Überblick über
die Notwendigkeit und den Erfolg sanitärer Maßnahmen gegen die Malaria etc. ge-
wonnen werden kann.
In manchen Malarialändern ist die Bevölkerung so stupide, daß sie durch sanften Druck
selber zur Ausführung der hygienisch erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der
Malaria geführt werden muß. In der sogenannten hygienischen Erschließung der Tropen
steht auch den Missionen ein schönes Feld der Tätigkeit noch offen durch allmähliche
systematische hygienische Erziehung der Eingeborenen.
Wichtig ist es, um dies zum Schluß noch einmal aufs schärfste zu betonen,
bei Aufstellung eines Planes zur Assanierung sich nicht von vornherein auf eine
bestimmte Methode festzulegen, sondern erst nach genauem Studium der bestehenden
örtlichen, oft so verschiedenen Verhältnisse, und, wenn möglich, eine Kombination
aller der erwähnten Methoden zu wählen. Vergessen wir nicht, „die Prophy-
laxe der Malaria, ist fast gleichbedeutend mit der Hygiene der
Tropen".
Persöuiiclie Prophylaxe.
Kann es sich aus äußeren Gründen nicht sowohl um die Bekämpfung der
Malaria im großen handeln, und hat sich nur der einzelne Europäer gegen Malaria
_zu schützen, so ergibt sich aus dem Vorhergehenden sein Verhalten ganz von selbst.
Wer nur vorübergehend sich in Gregenden mit schwerer Malaria begibt, wird
1. Chinin prophylaktisch nehmen nach einer der erwähnten Methoden,
2. nicht in oder in der Nähe von Eingeborenenhütten übernachten, überhaupt
eine möglichste Trennung von den Eingeborenen erstreben,
3. einen intensiven Schutz gegen • die Moskitos erzielen , besonders durch
ständige Mitnahme eines sorgfältig instand gehaltenen und praktisch brauchbar
gehaltenen Mosldtonetzes,
4. durch Massigkeit, Schutz gegen Sonne und Eegeu und sonstiges vernünftiges
Verhalten seine Widerstandskraft gegen die Malaria nicht schwächen.
Wenn Schiffe mit europäischer Besatzung in der Nähe von malariaverseuchten
Ortschaften ruhen, ist dringend der Moskitoschutz sämtlicher Mannschaften durch
Gaze oder Drahtgazeverscliluß der Bulleis zu fordern und im Schiff durch möglichst
ausgiebige Benutzung elektrischer Windfächer und Ventilatoren für genügende Luft-
zirkulation zu sorgen. Die Nachts auf Wache befindlichen Mannschaften, wie Steuer-
mannspersonal, Posten, müssen durch Handschuhe und Gazeschleier geschützt werden,
das Schlafen ohne Moskitonetze auf Oberdeck in der Nacht verboten werden, falls
Eingeborenenhäuser in der Nähe. Vgl. Fig. 53 und Fig. 54 aus der fleißigen
Arbeit E. Pöch's.
Der geradezu sträfliche Leichtsinn der jungen Seeleute der Handelsnaarine, welche
mit dünnen leichten Leinenmützen sich den glühenden Strahlen der tropischen Sonne
aussetzen, ist aufs energischste zu bekämpfen, ein prophylaktischer Chiningenuß der Mann-
schaften dringend zu empfehlen.
Malaria.
545
Gerade an Bord der Schiffe würde das Chinin nur Abends gegeben werden
können, damit die Leute Nachts ihren Chininrausch ausschlafen können.
Die außerordentlich ungünstigen Folgen, welche manche Schiffe z. B. bei
Fahrten auf dem Kongo dm^ch das Auß erachtlassen dieser Maßnahmen erlitten,
sind bekannt. Es kam vor, daß über 50 % der Mannschaft an schwerster Malaria
auf diese Weise erkrankten.
Verf. behandelte 1899 die Besatzung eines englischen Darnj^fers, der, von dem Oil-
ßiver Protektorate kommend, mit Mühe und Not den Hafen von Kamerun erreichte, da
Fig. 53.
Xetz über einer Hängematte (nach R. Pöch).
Fig. 54.
Ventilator mit eingesetztem Moskitonetz (nach E,. Pöch).
fast die ganze Mannschaft und der größte Teil der Offiziere an den schwersten zerebralen
Formen der tropischen Malaria erkrankt Vv^ar. Das Schifi' hatte wochenlahg in der
Nähe von Negerdörfern zur Löschung der Ladung gelegen.
Wo nur irgend möglich, müssen in bewohnten Fiebergegenden die Schiffe
mindestens 500 Meter vom Land entfernt liegen (Mühlexs) und Nachts für das
Auslöschen jedes unnützen Lichtes gesorgt werden.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 35
546 Dr. Hans Ziejiänn.
Diese letztere Maßnahme führte Verf. 1894 in Kamerun instinktiv durch, um nach
Möglichkeit Moskitos, deren ätiologische Bedeutung ja damals noch nicht erwiesen und
nur von einigen gemutmaßt war, fernzuhalten.
Bei Expeditionen ist prinzipiell nur die günstige, moskitoarme und weniger
durch Malaria gekennzeichnete Jahreszeit auszusuchen und für genügend Proviant
und frisches Wasser zu sorgen. Bekannt sind die glänzenden Erfolge der Ashanti-
expedition der Engländer im Jahre 1895, bei der die 3000 Mann starken Expeditions-
truppen im März, dem dort gesundesten Monat, ausgeschifft wurden, und sofort
auf vorher gebauten Wegen ins Innere aufbrachen, unter Benutzung geeigneter
ünterkunftsstätten.
Andererseits müssen uns die schrecklichen Verluste beim Bau der Panama- und
Kongobahn eine Lehre sein, in der Sorge für Verpflegung, gutes Wasser, moskitosichere
Unterkunft, Beseitigen der Anophelesbrutstätte etc.
Ganz gewiß werden bei der immer weiteren Befolgung der dargelegten Grrund-
sätze die Tropen mehr und mehr ihre Schrecken verlieren. Bedingung ist nur,
daß bestes Menschenmaterial hinausgesandt wird, stark an Seele und Leib, welches
sich fernhält von der Vermischung mit der minderwertigen Rasse der Eingeborenen
und die Segnungen der Kultur, nicht einer Pseudokultur, dem fremden Lande über-
bringt. Dann erst können wir dem schönen Ziel näher kommen,
der hygienischen, wirtschaftlichen und moralischen Eroberung
der Tropen.
Literatur über Prophylaxe.
Anlagen zu den Jahresberichten über die Entwicklung der deutschen Schutzgebiete
in Afrika und in der Südsee 1899—1904.
Annual reports of the Sanitary Commissioner to the Government of India for the
years 1899—1902.
1901 Antoniotti, J. P., Le paludisme; prophylaxie individuelle. (These.) Paris.
Atti della societä per gli studi della malaria. Vol. 1899 — 1904.
1901 Baccelli, Guido, Procedimenti legislativi contro la Malaria. Discorsi. Roma.
1900 Baldi, I primi sperimenti di protezione del personale ferroviario della malaria.
Supp. al Policlinico. 24. Febr. p. 536.
1903 Baeclay, Dick, Prevention of Malaria in Akrokerry (Ashanti) Mines. The Lancet.
March 28. p. 909.
1905 VON Bassewitz, Dr. E., Wie schützen wir uns gegen Malaria, Gelbfieber, Filariose etc.
Archiv für Schifi's- und Tropenhygiene. Bd. IX. Heft 5. p. 219.
1904 Beeg, Über Chininprophylaxe in Südwest- Afrika. Areh. f. Schiffs- u. Tropenhyg.
Bd. 8. Nr. 9. p. 377—409.
1900 Beenegatt, L., Zur Bekämpfung der Mosquitos. Ber. d. Deutsch, pharm. Ges. p. 210.
1903 Beyee, Beobachtungen über Chininprophylaxe. Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. H. 6.
1902 ßiEDWooD, G. T., Some Practical suggestions for the Prevention of Malarial fevers.
Read before the Malarial Conference on 4. January. Indian Medical Record. 5. Eebr.
1901 BiSLEEi, F., Esperimenti di profilassi malarica coli' Esanofele (Giugno-Ottbr.) nella
Colonia Agricola di Surigheddu etc. Milano. Suppl. Rivista med.
1903 Bludau, Dr., Die Bekämpfung der Malaria in Puntacroce. Zeitschr. f. Hygiene u.
Infektionskrankh. Bd. 43. p. 67 — 82.
1904 BoYCE, The efi'ects of the anti-malarial campaign at Ismailia. Journ. trop. med.
V. 7. Nr. 5. p. 75.
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1905 Peinhaed, Die Malaria und deren Bekämpfung nach den Ergebnissen der neuesten
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Literatur. Zusammenfassende Ü b e r s i c li t e n über Malaria und
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Atti della societa per gli studi della malaria. Jahresberichte aus den Jahren 1899
bis 1904, enthaltend eine Fülle von Original-Aufsätzen über Malaria etc., heraus-
gegeben unter der hauptsächlichen Aegide von A. Celli, Roma. Socielä j)er gli
studi della malaria.
1903 Berestneff, Kurze historische Übersicht über den Entwickelungscyklus des Malaria-
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für Bakteriologie der kaiserl. Gesellschaft für Naturkunde etc. 1. November.
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1899/1900 Derselbe, Neuere Forschungen über die Rolle der Mosquitos bei der Verbreitung
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Nr. 4^5. p. 140—147. Bd. 27. Nr. 5—9. p. 193—196, 218—225, 260—264, 328—340.
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1905 Derselbe, Das Malariafieber, dessen Ursachen, Verhütung u. Behandl. Süsserott, Berlin.
Zoologische Literatur ' über Protozoen (mit besonderer Berücksichtigung
der Hämosporidieu). (Vgl. bei Luhe.)
Tafelerkläruug.
Die Bilder sind mit Ausnahme von acht nach Originalpräparaten gemalt mit Zeiß
Apochromat 2 mm, Ivompensationsokular 8, Vergrößerung 1000, unter Benutzung des
Beruhardt'schen Zeichentisches und nicht schematisch gehalten. Mit Abbicht wurde
keine stärkere Vergrößerung gewählt, da den meisten Ärzten keine stärkeren Vergröße-
rungen zur Verfügung stehen und sie daher die vorliegenden Bilder in guten Präparaten
stets werden wiederfinden .können. Sämtliche Feinheiten können, mit unwichtigen und
wenigen Ausnahmen, auch bei dieser Vergrößerung zum Ausdruck gebracht werden.
554 -t)r. Hans Ziemann.
Tafel IX.
Nr. 1 — 20. SchizogoniedesTertianparasiten.
Nr. 1. Junger randständiger Tertianaschizont, achromatische helle Zone deutlich,
noch keine Nahrungsvakuole.
„ 2. Ringform. In der sogen. Nahrungsvakuole schimmert die Substanz des
roten Blutkörpers durch.
„ 3. Amöboide Form, im oberen Teile des blauen Plasmas zwei feine Pigment-
körnchen, achromatische Zone angedeutet.
„ 4. Ungewöhnlich große, extraglobuläre, unpigmentierte Porm. Makrogamet?
„ 5. Ungewöhnliche Formen, vorzeitige Kernteilung oben, der untere Parasit
scheint selbständig zu sein.
„ 6. Amöboide Form. Beginn der Tüpfelung des roten Blutkörpers (nach
Schüffnee). Beginnende Pigmentierung.
„ 7. Schleifenform. Der infizierte rote Blutkörper beginnt von jetzt ab abzublassen.
„ 8. Wie Nr. 7, stärker gefärbt, so daß Tüpfelung erscheint.
„ 9 u. 10. Pigmentierung nimmt zu, Chromatin wächst ebenfalls und lockert sich
deutlich auf, achromatische Zone deutlich.
„ 11. Kernteilung (primitive Mitose).
„ 12. Dieselbe Form stärker gefärbt. Die Kernteilungsfigur erscheint als plumper
roter Strich.
„ 13. Kernhälften rücken weiter auseinander. Rote Blutkörper vergrößert und
abgeblaßt.
„ 14 u. 15. Dieselbe Figur. Die Chromatinkörper, die in Nr. 14 getrennt sind, er-
scheinen in Nr. 15 miteinander verbunden. Nr. 15 muß um 180 7o gedreht
gedacht werden, um Nr. 14 zu entsprechen.
„ 16. Direkte Kernzerschnürung. Achromatische helle Zone um das Chromatin
sichtbar. Der abgeblaßte, vergrößerte rote Blutkörper nur noch schatten-
haft angedeutet.
„ 17, Ungewöhnliche Form, Kernteilung vorgeschritten, Pigment nicht vorhanden
(trotz vorsichtiger Präparation abgestreift?).
_ „ 18. Etwas ungewöhnlich kleine Teilungsfigur.
„ 19 u. 20. Typische Teilungsfiguren. Achromatische Zonen um das Chromatin
der Merozoiten deutlich.
Nr. 21—26. Tertiana- Mikrogametocyten (männliche Gameten), kenntlich
an hellem Plasmaleibe, reichlichem, frühzeitig aufgelockertem
Chromatin (Mangel der Nahrungsvakuole).
Nr. 22. Doppelinfektion durch einen oben liegenden Tertiana-Mikrogametocyten und
einen unten liegenden, kleineren, dunkler gefärbten Tertiana-Makrogameten.
(Äußerst seltenes Bild,)
„ 24, Heller Kern, der fast die Hälfte des Parasiten einnimmt, mit reichlich auf-
gelockertem Chromatin,
„ 25, Teilung des Chromatins.
„ 26, Bildung der Geißeln (Mikrogameten). Das Chromatin hat sich in acht Teile
geteilt, von denen der achte schwächer entwickelte etwas oberhalb der Mitte]
liegt. Sechs Mikrogameten.
Nr, 27 — 29, Tertiana-Makrogameten (weibliche Gameten), kenntlich an
dunkelblauem Plasma, reichlichem dunklen Pigment, wenig aufgelockertem,
peripher gelegenem Chromatin in relativ schwach entwickelter, achromatischer
Zone. (Mangel der Nahrungsvakuole.)
Nr, 28. Freier Makrogamet,
„ 29. Großer freier Makrogamet.
„ 30. Verkümmerte Kernteilung (Fieberform bei einem Rezidiv).
Nr. 31 — 33. Absterbende Gameten ohne Chromatin.
Nr. 33. Deutlicher Zerfall des ehemaligen Plasmakörpers.
1
i!>iiK!l)udi (.lei-Tro])eitkranldieiteii. Kd.HI. 'ZüZieiiiaim.Halariai T«fel IX.
1 — 20 Schizogonie des Tertiana-Parasiten. ' ^' ^
fr.^ ft^ */^ ^'Ä ^ 4it* «VV
21—26 Männliclie Gameten' des Tertiana-Parasiten.
27—30 Weibliche Gametea des Tertianarir; 31-7-33 Absterbende Tertiana-
Parasiten. ' Gameteff.
34 — 36 Chinin Formen des Tertiana-Parasiten.
37 — 46 Schizogonie des Quartana-Parasiten. "^
47—51 Gameten des Quartana-P'ärasiten (47—48 weibh'che, 49—51 männliche).
».
554 i-'T. Hans Zibjiann.
Tafel IX.
Nr. 1 — 20. ScLizogonie des Tertianparasiten.
Nr, 1. Junger randständiger TertianaM^Ä'^ä^ßFiMis?!! ^'eT^I^^Ä^ cfek,
rjfich keine Nahrungsvakuole.
ivirigrorm. In der sogen. Ivabrungsvakuole schimmert die Substanz des
roten Blutkörpers durch.
,5 3. Amöboide Form, im oberen Teile des blauen Plasmas zwei feine Pigment-
kornchen, achromatische ^one angedeutet,
,, 4. Ungewöhnlich große, extraglobuläre, unpigmentierte Form. Makrogamet?
,, 5. Ungewöhnliche Formen, vorzeitige Kernteilung oben, der untere Parasit
scheint selbständig zu sein.
,, 6. Araöboidc Form. Beginn der Tüpfelung des roten Blutkörpers (nach
ScHrifXKRj. Beginnende Pigmentierung.
„ 7. Schieifenform. Der infizierte rote Blutkörper beginnt von jetzt ab abzublassen.
„ 8. Wie Nr. 7, stärker gefärbt, so daß Tüpfelung erscheint.
., 9 u. 10. Pigmentierung nimmt zu, Chromatin wächst ebenfalls und lockert sich
deutlich auf, achromatische Zone deutlich.
„. 11. Kernteilung (primitive Mitose).
„ 12. Dieselbe Form stärker gefärbt. Die Kernteilungsfigur erseheint als plumper
röter Strich.
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scheinen in Nr. 15 miteinandör verbanden. Nr. 15 muß um 180% gedreht
gedacht werden, um Nr. 14 zu entsprechen.
Direkte K8rn5:er.'!chnürung. Achromatische helle Zone um das Chromatin
■ichtl^Ri. Der abgeblaßte, vergrößerte rote Blutkörper nur noch schatten-
-ßnßiti9f'''äfcn"9t}'iS#cf>f%E— 16 -ßnßihsT esh nsJsmßO sriDildiaW DE— VS
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Nr. 28. Freier Makrogamet..
„ 29. Großer freier Makrogamet.
„ 30. Verkümmerte Kernteilung {lit-hv ...■, -u ..ei einem Rezidiv).
Nr. .31—33. Absterbende Gameten ohne ('hroinatin.
Nr. 33. Deutlicher Zerfall des ehemaligen PJa.'^makörpers.
Hantlbiuii der Tropenkranldieiten, Bd. III. (ZuZieinann, MalariiV
Tafel IX.
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Handbuch derTropenkimikheiteii, Bd.lll. IZuZiemauii, Mal;in;!i
1—24 Sqhizogonie der Perniciosa-Parasiten.
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25 — 32 Männliche .Gameten der, Perniciosa-Parasiten.
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33—39 Weibliche Gameten der Perniciosa-Parasiten.
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40 Copulation. 41—44 Ookineten.
45 — 47 Sporozoiten,
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Handbuch derTropenkrankheiteii, Bd.III. (ZuZiemanii, Malaria)
Tafel X.
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Malaria. 555
Nr. 34 — 36. Chinin formen des Tertiana-Schizonten. Plasma etwas abgeblaßt,
zum Teil in einzelne Stücke zersprengt. Färbbarkeit des Chromatins nimmt erst
ab, nachdem primär der Plasmaleib zerrissen.
Nr. 37 — 46. SchizogoniedesQuartanparasiten.
Nr. 37. Ringformen.
„ 38. Nahrungsvakuole noch vorhanden, Beginn der Pigmentierung.
„ 39. Junge Bandform.
„ 41. Sehr typische Bandform. Pigment etwas dunkler wie beim Tertianaparasiten.
„ 42 — 46. Kernteilung.
Nr. 47 — 51. Quartana-Gameten.
Nr. 47. Freier Makrogamet, größer wie der erwachsene Schizont (vgl. Fig. 44).
„ 48. Sehr seltene Mischinfektion durch Ys erwachsenen Quartanaschizonten (oben)
und einen gleichaltrigen, blasser gefärbten Mikrogametocyten (unten liegend).
„ 49. Kernteilung des Quartana-Mikrogametocyten. In dem hellen bläschenförmigen
Kerne außer den beiden stärker gefärbten Chromatinkörpern schwach röt-
lich gefärbte Vorstufen des Chromatins leicht angedeutet.
„ 50. Geißelkörper. Vier Mikrogameten.
„ 51. Das Plasma des Geißelkörpers hat sich durchschnürt, ein Teil des Chromatins
liegt außerhalb des Plasmas , unten zwei entwickelte Mikrogameten , zwei
Geißelfäden noch blau gefärbt.
Tafel X.
Nr. 1 — 17. Schizogonie des gewöhnlichen Perniciosa parasiten (malignen
Tertianparasiten).
Nr. 1. Jüngste Formen, achromatische Zone schwach angedeutet, noch keine Nah-
rungsvakuole.
„ 2. Extraglobuläre, randständige Parasiten.
„ 3. Eventueller Gamet (ungewöhnlich große helle achromatische Zone).
„ 4. Bildung der typischen ßingform (Nahrungsvakuolen). Das Rot der roten
Blutkörper schimmert durch.
„ 5. Basophile Körnelung eines vierfach infizierten roten Blutkörpers.
„ 6. Chromatin streckt sich in die Länge, um sich später zu teilen (vgl. Fig. 7, 8, 9).
Von Nr. 11 an verschwinden in Westafrika die Parasiten aus dem peripheren Blute.
Typischer Siegelring. Plasma an der verdickten Stelle leicht vakuolisiert.
Drei feine dunkle Pigmentkörnchen.
Nr. 12—16. Kernteilung, in ItaUen nicht selten auch im peripheren Blute zu sehen.
„ 17. Ausgebildete Teilungsform. Plasma der Merozoiten nur schwach angedeutet.
Nr. 18 — 20. Tüpfelung der von Perniciosaparasiten infizierten roten
Blutkörper.
Nr. 21 — 23. Typus der Kameruner Perniciosaparasiten. Pigmententwicklung
bedeutend geringer wie bei italienischer Perniciosa. Pigment auch etwas heller.
Nr. 22 u. 23. Kernteilung. Die Merozoiten noch etwas zierlicher, kleiner wie in
Italien, meist nur bis 12 an der Zahl.
„ 24. Teilungsformen eines Perniciosaparasiten ohne Pigment. Aus den Hirn-
kapillaren eines Falles von Perniciosa aus Grosseto in Italien.
Nr. 25 — 32. Perniciosa- Mikrogametocyten (männliche Gameten). Kenntlich an
reichlicher Chromatinentwicklung im blassen Plasma.
Nr. 25 — 27. Jugendformen eines männlichen Gameten. Aus dem Knochenmark eines
Falles von Perniciosa in Grosseto.
„ 26, Wallartiger Rand um den jungen Gameten bei starker RoMANOwsKY-Färbung
nach Maurer; infizierter roter Blutkörper zeigt keine Tüpfelung.
„ 28. Männlicher Gamet mit Tüpfelung der infizierten roten Blutkörper (Argutinskt).
„ 29. Männlicher Gamet, kenntUch an blassem Plasma und reichlich aufgelockertem
zerstreutem Chromatin.
556 Dl'. Hans Ziejiann.
Nr. 31. Kernteilung des männlichen Gameten,
„ 32. Geißeln-(Mikrogameten)bildung.
Nr. 33^ — 37. Perniciosa- Makrogameten. (Weibliche Gameten) kenntlich an
einer spärlichen Entwicklung des Chromatins im blau sich färbenden Plasma.
Die helle Zone in Nr. 33 — 34 entspricht der achromatischen Zone.
Nr. 37. Erwachsener weiblicher Gamet, gefärbt nach Maurer.
Nr. 38— 39. Schizogonie des Perniciosa- Makrogameten. In Nr. 39 schnürt
sich unten ein Teil des Plasmas mit sehr blaßgefärbtem Chromatin und Pigment
ab. In dem runden oberen Körper Kernteilung.
Nr. 40 — 44. Bildung der Ookineten im Anophelesleibe.
Nr. 40. Der Makrogamet nimmt einen Mikrogameteu auf.
„ 41. 4 Stunden nach dem Saugen des Perniciosagameten haltenden Blutes durch
einen AnopJieles funestus. Kopulation der männlichen und weiblichen
Gameten hat stattgefunden.
„ 42 u. 43. 8 — 10 Stunden nach dem Saugen. Die dicht zusammenliegenden weib-
lichen und männlichen Kerne sind an der verschiedenen Dichte noch von-
einander zu untei'scheiden. Unten der männliche Kern, oben der aufge-
lockerte weibliche Kern (Schaudinn). Vgl. die nicht unbeträchtlichen Größen-
unterschiede.
„ 44. Am hinteren Ende des Ookineten Absonderung von etwas Plasma u. Pigment.
Nr. 45 — 47. Sporozoiten derPerniciosaparasiten mit verschiedener Entwicklung
des Chromatins. Aus einer geplatzten Oocj'ste im Darm von Anopheles funesUis
(Kamerun).
Tafel XI.
Nr. 1- — 7. Schizogonie des Tertianaparasiten.
Nr. 6. Der reife Schizont gewinnt etwas buckeliges Aussehen, Pigment konzentriert
sich. Im Plasma beginnen einige stärker lichtbrechende Stellen aufzutauchen,
die Kerne der künftigen Merozoiten.
Nr. 8. Tertiana-Mikrogametocyt (männlicher Gamet) kenntlich an dem hyalinen Plasma,
Mangel der Nahrungsvakuole, Beweglichkeit und reichlicher Entwicklung des
Pigments schon im ungefärbten Präparat.
Nr. 9—14. Schizogonie des Quartanaparasiten, rote Blutkörper nicht ver-
größert und abgeblaßt.
Nr. 15. Quartana-Mikrogametocyt. Vgl. ad 8.
Nr. 16 — 21. Schizogonie der gewöhnlichen Perniciosaparasiten.
Nr. 22 — 27. Perniciosa- Makrogameten (weibliche Gameten).
Nr. 22. Sichelform, bisher in Westafrika nicht beobachtet. Achterform des zentral-
gelegenen, braunschwarzen Pigments.
„ 23. Durchschnürung eines weiblichen Gameten (Halbmondes). Teilungserscheinung.
„ 24. Etwas größerer Halbmond mit abgerundeten Polen.
„ 25. Weiblicher Gamet mit zentralem Pigmentkranz und noch anhaftendem, ent-
färbtem roten Blutkörper. Italienische Perniciosa.
„ 26. Weiblicher Perniciosagamet. Zwischen dem Rand des entfärbten roten Blut-
körpers und des Parasiten zwei sogen. Polkörperchen. Beduktionserschei-
nungen. Italienische Perniciosa.
„ 27. Der Rand des roten Blutkörperchens ist verschwunden, die beiden Pol-
körperchen im Begriff sich zu entfernen.
Nr. 28 — 30. Perniciosa- Mikrogametocyten mit zerstreutem Pigment und hyalinem
Plasma.
Nr. 31—32. Gametocyten der Kameruner Perniciosa. Pigment nicht so dunkel
wie bei italienischer Perniciosa. Gameten selbst meist etwas kleiner ; Seltenheit
der Halbmondbildung. NB. Kleiner männlicher Gamet aus dem peripheren
Blut. Das feine randständis'e Pigment ist deutlich beweglich.
I,iii(il)iicli dei-Tropeiikiviiikiieitcii. Bd. 111. fZuZicinniiii. M;il,i'-i.!i
.1 — 7 Schizogonie des Tertian-Parasiten.
Tinel Xl.
8 Endoglobulärer
Gamet.
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9 — 14 Schizogonie des Quartan-Parasiten.
15 Endoglobulärer
Gamet.
-r^.
Ä
16 — 21 Schizogonie der Perniciosa-Parasiten.
22 — 27 Weibliche Gameten der Perniciosa-Parasiten.
O
28 — 30 Männliche Gameten des Perniciosa-
Parasiten.
31 — 32 Endoglobuläre Gameten
(westafrikan. Perniciosa).
33—46 Verschiedene formen d'^r roten und weissen Blutkörperchen (Blutplättchen).
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556 1^1. Hans Zieman>\
Nr. 31. Kernte'! liDg des lüäualichen Gaiuetec,
isißludol^oßi^a §"-i^^el^^-(^lik''ogameten)bildimg. najjgßißq.nßijigT aab 3inososiri32 Y— r
Nr. oä^föKD P e rniciosa • Maki'ogameten. (Weibliche Gameten) kenntlich an
einer spärlichen Entwicklung des Chroraatins im blau sich färbenden Plasma.
Die belle Zone in Nr. 33 — 34 entspricht der achromatischen Zone.
Nr. 37. Erwachsener weiblicher Gamet, gefärbt nach Maurer.
Nr. 38— 39. Schizogonie des Perniciosa- Makrogameten. In Nr. 39 schnürt
sich unten ein Teil des Plasmas mit sehr blaßgefärbtem Chromatin und Pigment
isißludplaobrih- li"" ^^"^ ™°'^^'' °^^''^'^ ^öri^gjjg^gdie.^glp^uQ 295 3ino§osiri32 ^1—9
Nr, 4Q^9f^40 Bildung der Ookineten im Anophelesleibe.
Nr, 40. Der Makrogamet nimmt einen Mikrogameteu auf.
„ 41. 4 Stünden nach dem Saugen des Perniciosagameten haltenden Blutes durch
einen Anoi)heles f'unestus. Kopulation der männlichen und . weiblichen
Gameten hat stattgefunden.
., 42 u. 43. 8 — 10 Stunden nach dem Saugen. Die dicht zusammenliegenden weib-
lichen und männlichen Kerj^j^g^c^^g^^inYfl^cJgfedsnfijgd^dBß t&ehöt'on-
einander zu unterscheiden. Unten der männliche Kern, oben der aufge-
lockerte weibliche Kern (Schaudinn). Vgl. die nicht unbeträchtlichen Größen-
unterschiede.
„ 44. Am hinteren Ende des Ookineten Absonderung von etwas Plasma u. Pigment.
Nr. 45 — 47. S p o r o z o i t e n d e r P e r n i c i o s a p a r a s it e n mit verschiedener Entwicklung
des Chromatins. Aus einer q-eiijatzten Oocv?-.?, im X'"■^"■^■r~}■"■'■^i^--li'Jy'Vl^'/'"^n^'''■^^^^*•5
(Kamerun) .naügßißq-ßzoioima«? lab nslsmßO srioiIdfeW V2— SS
Tafel XI.
Nr. 1- — 7. Schizogonie des Ter tianapara Site n,
Nr. 6. Der reife Schizont gewinnt etwas buclceliges Aussehen, Pigment konzentriert
sich. Im Plasma beginnen einige stärker lichtbrechende Stellen aufzutauchen,
die Kerne der künftigen Merozoiten.
Nr, S. Tertiana-Mikrogametoeyt (männlicher Gamet) kenntlich an dem hyalinen Plasma,
Mangel der Nahningsrakuole, Beweglichkeit ii:.'J ipiclilicher Entwicklung des
naJsrnßO 3i§hjdelä-©Ea!iao£6mrgngefärbten ^^spfifts^ sab naJamßO sfiDilnnSM 0£— 8S
.(ß^J3im394;nß^nte||T^^^i3 des Quartanapar. . . rote Bl{/tkö^f nicht ver-
größert und abgeblaßt.
Nr. 15. Quartana-Mikrogametocyt, Vgl. ad 8.
Nr. 16 — 21. Schizogonie der gewöhnlichen Per uiciosaparasiten.
Nr. 22— 27. Perniciosa-Makrogameten (weibliche Gameten).
Nr. 22. Sichell'orm, bisher in Westafrika nicht beobachtet. Aehterform des zentral-
^■elegenen, braunschwarzen Pioments, f., a r ■■• \r ^k cc
.(n9riDij%ju©;)i,.efi£tagsw^H8i'ß^iiß^ciM%Si^^^^^^^^
., 24. Etwas größerer Halbmond mit abgerundeten Polen.
?'■. Weiblicher Gamet mit zentralem Pigmentkrauz und noch anhaftendem, ent-
Tärbtem roten Blutkörper. Italienische Perniciosa.
,. 2(>. Weiblicher Perniciosagamet. Zwischen dem Rand des entfärbten roten Blut-
körper.s und des Parasiten zwei sogen. Polkörperchen. . Keduktionserschei-
nuftgen. Italienische Perniciosa.
„ 27. Der Rand des roten Blutkörperchens ist verschwunden, die beiden Pol-
körperchen im Begriff sich zu entfernen.
Nr. 28 — 30. Pernio iosa-Mikrogaraetocyten rnit zerstreutem Pigment und hyalinem
Plasma.
x\r. 31—32. Gametocyten der Ivame runer Perniciosa. Pi_gment nicht so dunkel
wie bei italienischer Perniciosa. Gameten selbst meist etwas kleiner ; Seltenheit
der Halbmondbildung. NP. Kleiner männlicher Ganäet aus dem peripheren
Blut. Das feine randständige Pigment ist deutlich beweglich.
HaiullHicli der TropeMkraiiklieiteii. Bd. 111. 'ZuZienianii. Mninria)
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Malaria. 557
Nr. 32. Etwas größerer Makrogamet der Kameruner Perniciosa , kenntlich an der
zentralen Lage des Pigmentkranzes. Wenige Pigmeutkörnchen unter wackeln-
der Bewegung bis zu der Peripherie und zurückgehend.
Erythrocyt (normaler großer Blutkörper).
Normoblast (kernhaltiger roter Blutkörper).
Megaloblast (größerer kernhaltiger roter Blutkörper).
Megalocyt (großer kernloser roter Blutkörper).
Poikylocyten (hantel- und birnenförmige, kleinere rote ßlutkörper).
Feine basophile Körnelung des roten Blutkörpers.
Stärkere basophile Körnelung.
Polychromatophilie der roten Blutkörper.
Blutplättchen.
Kleiner Lymphocyt.
Größerer Lymphocyt.
Pigmenthaltiger mononukleärer Leukocyt, in diesem Falle etwas klein.
Neutrophiler Leukocyt.
Eosinophiler Leukocyt.
Nachtrag zur Malarialiteratiir.
1906 MüHLENS, P., Neuere Literatur über Malaria. Hygienisches Centralblatt.- Bd. I.
1906 Rüge, R., Einführung in das Studium der Malariakrankheiten.
Das Schwarzwasserfleber.
Von
Marineoberstabsarzt Dr. Haus Ziemauu, Eegierungsarzt in Kamerun.
Synonyme. Pebris biliosa haemoglobinurica, Blackwater fever, bilious baemo-
globinuric fever, Fievre bilieuse hematurique, oder besser hemoglobinurique, auch Cxallen-
fieber (Fievre icterobemorrhagique, Fievre bilieuse grave). Am richtigsten wäre, wie wir
noch sehen w^erden, der Name „akute Frythrocytolyse bei oder nach Malaria".
NacMem wir nunmelir das klinische Bild der Malaria selbst kenneu gelernt
haben, sei noch einer Folgekrankheit ^) derselben gedacht, welche speziell für den
Tropenarzt von der allergrößten Bedeutung ist, des sogenannten Schwarzwasserfiebers.
Dasselbe ist bedingt durch einen akuten Zerfall einer mehr oder weniger
großen Anzahl roter Blutkörper. Das Hämoglobin geht infolgedessen im Blutserum
in Lösung über und gelangt, wenn die Leber das Hämoglobin nicht mehr in Gallen-
farbstoff umwandeln kann, durch die Nieren im blutig gefärbten Urin zur Aus-
scheidung. Klinisch erinnert das ScliAvarzwasserfieber daher auch in vielen Punkten
an die gewöhnliche paroxysmale Hämoglobinurie; das heißt, es kommt zu der
Hämoglobinurie unter mehr oder weniger plötzlichem Anstieg der Temperatur, be-
gleitet fast stets von Schüttelfrost und Erbrechen und gefolgt von Ikterus. Die
Unterschiede werden wir noch weiter unten kennen lernen. Wie "VAär ebenfalls
noch sehen werden, kommt es in manchen Fällen gar nicht zur Ausscheidung des
im Serum gelösten Hämoglobins durch die Nieren, sondern es bleibt bei einer
Hämoglobinämie.
Es dürfte zum Verständnis des Folgenden dienen, wenn ich daran erinnere, daß
bekanntlich auch in nicht malarischen Gegenden durch eine Reihe von Giften wie chlor-
saures Ivali, Pyrogallussäure, Naphtol, Schwefelsäure, Glyzerin, Toluylendiamin, Pyrodin,
Phenylhydrazin, Amylnitrit etc. Hämoglobinurie hervorgerufen werden kann. Auch
frische Morcheln (Helvella esculenta) vermögen, wie Bosteöm gefunden, eine intensive
Hämoglobinurie mit Ikterus, Delirien, Krämpfen und Sopor, ja selbst den Tod herbeizu-
führen, ebenso Extractum fihcis maris, Schlangengift, Guyacol Vergiftung, Winkeische
Krankheit. Ahnliche Wirkungen schreibt man in Kamerun dem Spirituosen Extrakte der
Blätter und Stengel von Ophiocaulon cissampeloides Planch. (Hoock) zu. Ferner sieht
man auch im Verlaufe mancher schweren Infektionskrankheiten wie Scharlach, schwerem
Typhus abdominalis, mancher Streptokokken-Infektionen Hämoglobinurie auftreten, ße-
sorption größerer abdominaler Ergüsse infolge Graviditas extrauterina, Verbrennungen,
^) Mit Absicht vermeiden wir den Ausdruck „Komplikation".
Das Schwarzwasserfieber. 559
ebenso bei Überimpfung von Blut einer Tierspezies auf eine andere. Auch infolge von
Kälte und großen Anstrengungen kann es bekanntlich zu Hämoglobinurie kommen.
Von allen diesen Hämoglobinurien unterscheidet sich aber
das Schwarzwasserfieber stricto sensu ätiologisch schon dadurch,
daß es nur bei Leuten auftritt, welche bereits an Malaria gelitten
haben oder noch leiden.
Meines "Wissens hat Beeengek-Feraud 1874 als erster das Schwarzwasser-
fieber als eine Krankheit erkannt, die in ätiologischer Beziehung zur Malaria steht.
In gleichem Sinne arbeiteten Pellaein, Coree und andere Franzosen. Yor diesen
Forschern war das Schwarzwasserfieber wohl allgemein mit Gelbfieber verwechselt
worden, um so mehr, da Schwarzwasserfieber auch in Gelbfiebergegenden, wie z. B.
in Oberguinea und "Westindieu, vorkommen kann.
Noch 1895 betonte Below die Gelbfiebernatur des Schwarzwasserfiebers, bis
F. Plehn und Koklstock endgültig diese Meinung widerlegten (vgl. Differential-
diagnose und die Arbeit über Gelbfieber in diesem Handbuche).
Um die Kenntnis des Schwarzwasserfiebers machten sich außer den genannten
Autoren noch besonders verdient auf itahenischer Seite Tomaselli, Geocco, Mueri
und Bastianelli, Maechiafava und Bignami, auf griechischer Karamitsas und
Caedamatis, auf deutscher vor allem Schellong, Steudel und besonders A. und
F. Plehn, R. Koch, ferner Panse und Nocht, auf englischer Stephens und
Christophees.
Geographische Yerhreitung.
Schwarz Wasserfieber findet sich am häufigsten und inten-
sivsten in Gegenden mit schwerer Malaria, besonders in manchen
Tropengegenden. Hauptsächlich scheinen Gegenden befallen zu sein, wo
der Unterscliied zwischen den einzelnen Malariasaisons ziemlich verwischt ist, und
wo ständig neue Malaria-Infektionsgefahr besteht, der Organismus sich also nicht
in fieberfreier Jahreszeit von den Folgen der Malaria erholen kann. Wenn in manchen
tropischen Gegenden wenig oder kein Schwarz Wasserfieber vorkommt, z. B. in West-
iudien, obgleich die klimatischen Bedingungen ähnlich sind wie in berüchtigten
Schwarzwasserfiebergegenden, so liegt das nach A. Plehn daran, daß die ersteren
Gegenden kiütivierter sind, durchschnittlich mehr Komfort bieten und häufiger Ge-
legenheit zu Erholungsreisen.
Wie Avir später sehen werden, spielt dabei möglicherweise auch noch ein
anderer Grund mit. (Verschiedene Virulenz der Malariaparasiten in den betreffenden
Gegenden.)
Auch würde, wenn A. Plehn's Erklärung die einzige wäre, nicht recht er-
sichtlich sein, warum Schwarz Wasserfieber z. B. in Griechenland relativ häufig, in
Algier und in der römischen Campagna so selten ist.
Die Häufigkeit und Intensität kann sehr wechseln.
In Europa ist es, wie oben erwähnt, relativ häufig in Griechenland, wo es
während der Erdarbeiten am Kanal von Korinth starke Verheerungen unter den
Arbeitern anrichtete. Pampoukis will in Athen unter 300 FäUen von Perniciosa
156 SchwarzwasserfieberfäUe gesehen haben. Nicht ganz selten ist es auch in Süd-
italien und Sardinien.
Während der schweren Malariaepidemie in Wilhelmshaven, gelegentlich der
Hafenbauten in den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts, soll es auch dort ganz
vereinzelt vorgekommen sein. Daß sporadische Fälle noch jetzt in Nordeuropa ent-
560 Dl"- Hans Ziejiantst.
stehen können, beweist der bekannte Fall von Otto in Hamburg, ferner der Fall
von VAN DER Horst. ^)
In Afrika ist es am häufigsten besonders an den Küsten von Unterguinea' (im
Gebiet der englischen Ölflüsse und in Kamerun), nach Bianchini und Mense auch
im Kongogebiet.
In AVestai'rika sollte es nach F. Plehn, der sogar auf 12 Slalariafälle 1 Schwarz-
wasserfieber sah, immer mehr zunehmec. Es traf dies indeß nur für diejenige Zeit zu,
als die Kaufleute, die früher ihren Handel auf den verankerten Schiffen getrieben, diese
relativ malariaf'reien Wohnsitze verUeßen und sich unter den malariainfizierten Einge-
borenen niederließen.
Hänfiger findet es sich auch in einigen Gegenden Madagaskars, wie z. B. auf
der Insel Nossibe, wo nach Davidson auf ca. 14 MalariafäUe schon ein Schwarz-
wasserfieber kommt, etwas seltener schon an der Ostküste des tropischen Afrika.
Auch im Shirehochland, in den Hochländern am Nyassasee und in Mashona-
land wurde Schwarz Wasserfieber beobachtet. Daniels fand dort vom Juni 1899
bis Juni 1900 unter den Europäern einen Prozentsatz von 8 ^/o, bei den Indern von
1% erkrankt. Balfour fand es auch in den Regionen des Aveißen Ml, südlich
von Faschoda. Auf der Insel Eeunion soU es nach Merveilleux noch milder als
an der Ostküste Afrikas auftreten.
Recht selten scheint es auch in Algier zu sein, trotzdem dort schwerste
Malaria vorkommt. Brauet beobachtete dort nur einen Fall, etwas häufiger die
Gebrüder Sergent.
In Asien ist es äußerst selten in Kleinasien und in Syrien, häufiger schon
in den schweren Fiebergegenden der Duars in Ostindien und im Terai, der Sumpf-
landschaft am Fuße des Himalaya, ferner in einigen Gegenden Hinterindiens,
besonders in Assam, ferner nicht ganz selten auch in Tonking. Nach den
schönen Untersuchungen von Stephens scheint es in Ostindien teil-
weise viel verbreiteter zu sein, als man früher annahm. (Vgl. auch
Castellani und Low.)
Selten ist es in Holländiseh-Indien, häufiger in ISTeuguinea, wo es von Schel-
LONG studiert wurde. Maurer und Schüffner haben es in HoUändisck-Indien
überhaupt noch nicht gesehen, auch Zellweger nicht auf Sumatra, wenigstens
nicht bei Europäern. Der letztere sah es bei einem durch Malaria geschwächten
Javanen. Fiebig sah dort im ganzen 30, van der Scbdeer 7 Fälle, darunter einen
bei einem 4 jährigen Kinde, das angeblich früher nie an Malaria gelitten und nie
Chinin genommen hatte, de Haan sah in Java von 1901 — 1903 nur 7 Fälle.
In Amerika ist es etwas häufiger in den Niederungen des Orinokko und
seiner Nebenflüsse, wo es auch bei Eingeborenen, z. T. in schwerster Form, vor-
kommen soll, ferner nicht selten in den Niederungen des Mississippi und über-
haupt im Süden der Vereinigten Staaten (Alabama, Georgia, Mississippi, Texas, Loui-
siana, Florida). In Guadeloupe ist es nach Greven relativ selten und findet sich
nur in einer bestimmten Gegend (Grande Terre). Auf den westindischen Inseln
Trinidad und Tobacco sah de "Wolf es unter 12051 Fällen gutartiger und
119 Fällen perniciöser Malaria im ganzen nur 4 mal. Ich selbst beobachtete es
einmal in Trinidad.
"Weitere geographische Details finden sich in der iuteressanten Arbeit von
Stephens über Schwarzwasserfieber.
^) VAN DER Horst, Waarmeningen in de pralitijk over Malaria. Weekhl. Nederl.
Tijdschr. v. Geneesk. 1903. Nr. 6.
Das Schwarzwasserfieber. 561
Aus dem Vorstellenden ergibt sich mit unzweifelhafter Sicher-
heit die für die Ätiologie interessante Tatsache, daß das Klima
an und für sich und direkt jedenfalls keine ätiologische Bedeu-
tung hat. Die Krankheit kommt doch nicht selten erst in Europa zum Ausbruch
bei Leuten, die längere Zeit in tropischen Schwarzwasserfiebergegenden sich auf-
gehalten haben!
In manchen tropischen Schwarzwasserfiebergegenden tritt ferner eine Zunahme
der Krankheit auf, wenn während der Übergangszeiten zwischen Regen- und
Trockenzeit gleichzeitig eine Zunahme der Malariafieber bemerkbar Avird.
Beteiligung der einzelnen Eassen.
Absolute Immunität gegen Schwarzwasserfieber findet sich bei keiner Rasse,
wenn auch die europäische am meisten, die Negerrasse bei weitem am wenigsten
disponiert erscheint. Panse scheint das Yorkommen von Schwarz Wasserfieber bei
Negern zu bezweifeln imd Verwechslung mit Hämatochylurie anzunehmen. Indeß
sah ich selbst einen Fall bei einem Neger aus Togo, ebenso Henley, A. Plehn,
ViEDTH und Mekse. Auch Moffat bemerkte in . Uganda (Ostafrika) bei Negern,
die aus malariafreien in Malariagegenden kamen, Schwarzwasserfieber. Fisch und
Wicke beobachteten ebenfalls, wenn auch selten, Fälle von Schwarzwasserfieber bei
Negern in Westafrika. Ein von Caere beobachteter Neger hatte Aviederholt Schwarz-
wasserfieber. Indeß kam es stets ohne Fiebersteigerung zu rascher Grenesung, Nach
Vortisch hätte auch in Oberguinea ein Europäer bei einem älteren Neger, der an
Malaria erkrankt war, nach Chinineinnehmeu Schwarzwasserfieber auftreten sehen.
Dasselbe wurde mir von zwei zuverlässigen Faktorist en iii Kamerun erzählt hin-
sichtlich ihrer Neger dien er.
Nach DE Grevy wären sogar 20 von den Antillen eingeführte Neger im
Kongogebiet an Schwarzwasserfieber erkrankt. Auch Moncorvo jr. sah zwei Fälle
bei Negern in Rio.
Chinesen erkranken in Gegenden mit schwerer Malaria nicht selten tödlich,
wie sich besonders im Kongogebiet und auf der Insel Fernando Po zeigte (Hagge
und Dempwolff). In Gabun (Westafrika) sollen gefangene Tonkinesen früher zu
vielen Dutzenden dem Schwarzwasserfieber erlegen sein.
I n d i e r w^erden nach englischen und deutschen Berichten sowohl in ilu-er
Heimat wie auch in anderen Schwarzwasserfiebergegenden (Ostafrika) betroffen.
PowEL hatte unter seinen 11 Fällen 8 Eingeborene Indiens.
Malayen und Indianer sind ebenfalls nicht immun. Rotschüh sah
Schwarzwasserfieber in Managua bei Indianern, welche sich im Tieflande mit Malaria
infiziert und noch nie Chinin genommen hatten.
Aus allen Berichten geht aber unzweifelhaft hervor, daß in
den von Schwarzwasserfieber heimgesuchten Malariagegenden die
eingeborene Bevölkerung, welche relative Resistenz gegen die
Malaria gewonnen hat, mehr oder Aveniger immun gegen das
Schwarzwasserfieber ist.
So sah ich z. B. auch in dem wegen des SchwarzAvasserfiebers berüchtigten
Kamerun bisher noch keinen Fall von Schwarzwasserfieber unter der eingeborenen
Negerbevölkerung.
Es ist das für die ätiologische Bedeutung der Malaria für das Schwarzwasser-
fieber von Wichtigkeit.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 36
562 1^1'- Hans Ziemann.
Beziehungen zur Dauer des Aufenthalts in Schwarzwasserfieher-
gegenclen und zur Häufigkeit der Malaria.
Bern eikens werterweise tritt Schwarz Wasserfieber meist erst nach längerem
Aufenthalte in Schwarzwasserfiebergegenden auf, um nach eingetretener relativer
Malariaresistenz immer seltener zu werden. Besonders während des 2. — 3. Jahres
wächst die Disposition zu Schwarzwasserfieber.
Unter den 158 Fällen von Berengee-F^raud trat 1 nach dreimonatlichem Aufenthalt
in einer Schwarzwasserfiebergegend auf, 10 während der ersten 12 Monate, 42 während
des 2., 79 während des 3., 37 während des 4., 9 während des 5. Jahres und 8 während
der folgenden. A. Plehn und ich selbst kamen in Kamerun zu ähnlichen Resultaten.
BiANCHiNi sah am Kongo während des ersten Jahres die Europäer nur selten erkranken.
98% der Fälle entfielen auf das 2. und 3. Jahr.
In Senegambien wurden von 100 Schwarzwasserfieberkranken 6 im ersten Jahre
des Aufenthalts betroffen, 22 im 2., 43 im 3., 20 im 4. und 9 nach länger als 4jährigem
Aufenthalt.
In einem Falle sah ich bereits nach 6 wöchigem Aufenthalt in Kamerun Schwarz-
wasserfieber bei einem Kaufmanne, der seit Ankunft ständig an nicht sachgemäß be-
handelter Malaria gelitten und unier trostlosen äußeren Verhältnissen gelebt hatte. In
einem Falle soll sogar unmittelbar nach Ankunft im Kongogebiet, ca. 27 Tage nach dem Ver-
lassen einer malariafreien Gegend Belgiens, Schwarzwasserfieber gleichzeitig mit dem ersten
Malariafieber aufgetreten sein (Mense). Auch Schlayer sah Schwarzwasserfieber bereits
im Anschluß an die erste Malaria auftreten. Solche Fälle sind aber große Ausnahmen.
Im übrigen sind diese Zahlen, wie auch speziell das Zahlenverhältnis der Schwarz-
wasserfieber- zu den Malariaerkrankungen einer Gegend, sehr abhängig von der in den
einzelnen Jahren schwankenden Intensität der Malaria, vielfach auch von der Art der
Malariaprophylaxe, Therapie und dem allgemeinen Komfort, sowie von der Beobachtungs-
gabe der Arzte. Sie sind daher meist etwas cum grano salis zu verstehen. Während
z. B. nach Burot und Legrand am Senegal und am Sudan 1 Fall Schwarzwasserfieber auf
5 Malariafiiber kam, in Benin 1 auf 21.2, in Cochinchioa 1 auf 66,4. kam in Kamerun
-nach F. Plehn 1 auf 12, nach meinen Erfahrungen 1 auf 18 Fälle. (Vgl, auch die An-
gaben von Stephens und Christophers in Ostindien mit denen ihrer Vorgänger etc.)
Beziehungen zu den Lebensaltern und Geschlechter n.
Relativ verschont sind Kinder und Greise, letztere, wenn sie sich vorher in
der betr. Malaria- und Schwarzwasserfiebergegend akklimatisiert haben.
In einem Falle Vincenzi's rief Chinin bei einem an Malaria erkrankten Kinde Schwarz-
wasserfieber schon bei der ersten Verabreichung hervor, und es verschwand diese Idiosyn-
krasie auch später nicht.
Frauen sind durchaus nicht immun.
Individuelle Disposition
ist zweifellos vorhanden und es scheint ein einmaliges überstehen von Schwarzwasser-
fieber keine Immunität zu hinterlassen. Im Gegenteil zeigt sich eine Neigung zu
wiederholtem Auftreten des Schwarzwasserfiebers, wenn die Malaria nicht gründlich
beseitigt wird. Eine gewisse hereditäre Disposition wurde von Tomaselli ange-
nommen. In der Tat kenne ich mehrere Familien, deren sämtliche Mitglieder in
Afrika (Kamerun) unter schweren und wiederholten Schwarzwasserfieberanfällen zu
leiden hatten. Gichtische Diathese (Cardamatis), Hämophilie und voraufgegangene
Syphilis, die früher als disponierendes Moment z. T. angesehen wurden, sind wohl
ohne Einfluß, jedenfalls ohne direkten.
Das Schwarzwasserfieber, 553
Ätiologie des Scliwarzwasserfleljers und Pathogenese.
Betreffs der Ätiologie herrschte früher größte Verwirrung
der Anschauungen, indem man das Schwarzwasserfieber entweder
a) als Krankheit sui generis oder
b) als schwerste Form der Malaria, oder mehr oder weniger
c) als einfache Chininintoxikation ansah.
Die früheren Verwechslungen mit Grelbfieber haben wir schon erwähnt.
Ad a) Jersin nahm einen besonderen feinen Bazillus als Erreger der Krankheit
an, was sich nicht im geringsten bestätigte, ebensowenig wie die Angabe Douny's und
Vedy's über eine besondere causa morbi. F. Plehn beschrieb einen Blutparasiten als
Erreger, der sich nach seiner Beschreibung ganz zweifellos von den gewöhnlichen
Perniciosaparasiten unterscheiden würde, den er aber später mit den Perniciosaparasiten
identifizierte. Auch die Mitteilung Fisch's über die ätiologische Bedeutung eines doppelt-
konturierten, schwer farbbaren Parasiten bestätigte sich nicht.
Auf die neuerdings aufgestellte Hypothese, wonach Schwarzwasserfieber auf
eine Mischinfektion von Malaria und Piroplasmose zurückzuführen sei, brauchen wir
nicht näher einzugehen, da sich Piroplasmen im Blute der Schwarzwasserfieber-
kranken bei KoutrolluntersuchuDgen nie nachweisen ließen.
Jetzt kann definitiv die Anschauung, wonach das Schwarz-
wasserfieber als Krankheit sui generis aufzufassen sei, als wider-
legt gelten.
Ad b) Die Fr anzosen,ScHELLONGundSTEUDEL, auch der Japaner
Jada betrachteten dagegen das Schwarzwasserfieber früher als
die schwerste Erscheinungsform der Malaria und verordneten da-
her Chinin und zwar in sehr hohen Dosen, Steudel zu 6 — 8 g pro die.
Speziell die sorgfältige Monographie Steudel's, die auch klinisch und thera-
peutisch das Thema ausführlich behandelt war, geeignet, diese Anschauung zu
stützen, da Steudel bei seiner Behandlung einen äußerst günstigen Prozentsatz an
Mortalität (nur 16 — 17 %) gegen früher 50 % und mehr erzielte. Wir werden
später noch sehen, daß nicht die Chininbehandlung, sondern die gute klinische und
symptomatische Behandlung des geschickten Arztes dieses günstige Eesultat veranlaßte.
Ade) Der Anschauung, wonach Schwarzwasserfieber die
schwerste Form der Malaria sei und mit kräftigen Chinindosen zu
behandeln wäre, traten die Gebrüder Plehn und R. Koch energisch
entgegen.
Schon vorher hatte der ausgezeichnete Forscher Tomaselli Schwarzwasser-
fieber nur eintreten sehen bei Malarikern bzw. früheren Malarikern, die der Chinin-
therapie unterworfen wurden und im Chinin das ätiologische Moment erbhckt.
(Nach Caedamatis hätte der griechische Militärarzt Beeettas schon 1890 und
Caedamatis selber 1878 auf die ätiologische Bedeutung des Chinin aufmerksam
gemacht.)
Koch, der dieselbe Erfahrung machte, faßte daher das Schwarz-
wasserfieber als Chininintoxikation bei Leuten auf, bei denen sich
die Disposition zu Schwarzwasserfieber durch die Kombination
der Wirkung von Malaria und Klima herausgebildet. Unter seinen
Schülern betonte besonders Kleine die ätiologische Bedeutung des Chinins.
Leider wurden die Worte R. Koch's fast allgemein so aufge-
faßt, daß das Chinin die eigentliche causa nocens des Schwarz-
36*
564 Dl"- -Hans Ziehann.
Wasserfiebers sei, und es riß eine allgemeine, ungemein verderb-
liche Cliininsclieu ein. Verl hat in Kamerun nur durch immer wiederholte
Hinweise diese Furcht bannen können.
Jedenfalls hat Koch's Arbeit in erheblichster Weise dazu beigetragen, die
chininlose Behandlung des Schwarzwasserfiebers zu verbreiten. Schon vor E. Koch
hatte aber A. Plekn die außerordentliche Neigung des Schwarzwasserfiebers zur
Spontanheilung und damit die Nutzlosigkeit des Chinins erwiesen, auch mit F. Plehn
bereits die Schädlichkeit der Chininbehandlung im Schwarzwasserfieberanfall betont.
Gegen beide Anschauungen, sowohl daß Schwarzwasserfieber
nichts weiter sei als Malaria und daher mit Chinin zu behandeln
wäre, als auch, daß das Schwarzwasserfieber mehr oder weniger
nur einfache Chinin- oder Euchininintoxikation (bei für Schwarz-
wasserfieber Disponierten) sei, machte sich bald eine Keaktion
geltend.
Die Plehns, Ziemann und andere wiesen darauf hin, daß Schwarzwasser-
fieber zwar in der Melirzahl der Fälle einträte, wenn bei gewissen Malarikern, bei
denen sich die Disposition zu Schwarzwasserfieber herausgebildet, die Wirkung des
Chinins oder Euchinins mit der Wirkung der Malariaparasiten zusammenträfe, nament-
lich im Moment der Schizogonie.
Man sah aber auch nicht so sehr selten Schwarz Wasserfieber
eintreten beiMalarikern, ohne daß irgendeinMedikament gegeben
war (Cross).
A. Plehn hatte unter 168 Fällen von Scliwarzwasserfieber 24, bei denen Chinin-
Ätiologie auszuschließen und spontane Entstehung anzunehmen war.
Ich selbst sah einen Fall in Kamerun, bei dem es 5 Tage hindurch täglich mittags
zu einem mikroskopisch nachweisbaren Perniciosaanfalle kam, und gleichzeitig stets zu
einem wenn auch leichten und nur ca. 3 — 4 Stunden dauernden Schwarzwasserfieber-
anfalle.
Man sah ferner Schwarz Wasserfieber bei Malai*ikern auch
eintreten nach Einnehmen anderer Medikamente als nach Chinin,
z. B. nach Einnehmen von Euchinin, Methylenblau (Panse) ferner
nachSalip3^rin,Antipyrin,Phenacetin(ScHLAYER,KLEiNE,NocHT),
Tuberkulin (F. Plehn).
Alle diese Beobachtungen machten daher eine neue Definition des Begriffs
Schwarzwasserfieber nötig.
Neuerdings scheinen A. Plehn, Panse und Stephens zum Zu-
standekommen des Schwarzwasserfieberanfalles das vorherige,
mikroskopisch nachweisbare Auftreten von Malariainfektion für
nötig zu erachten.
A. Plehn konnte in allen Fällen, in denen vor dem Ausbruch des Schwarzwasser-
fiebers die mikroskopische ßlutuntersuchung möglich war, Jüalariaparasiten feststellen.
Stephens wies ebenfalls in einer Zusammenstellung von Fällen verschiedener
Autoren nach, daß dem Schwarzwasserfieber fast stets Malariafieber voraufgegangen
war. Er schloß das aus dem gelungenen Parasitennachweise, ferner aus dem ev. Auf- L
treten melaniferer Leukocyten oder aus dem numerischen Verhalten der großen mono- p
nuklearen Leukocyten. Indeß ist nach meinen Erfahrungen das Auftreten pigmentierter
Leukocyten nur äußerst selten zur Diagnose der voraufgegangenen Malaria zu verwerten,
wenigstens bei perniciöser afrikanischer Malaria der Europäer (vgl. Abschnitt Diagnose). I|
Auch das Verhalten der großen mononukleären Leukocyten kann bei perniciöser Malaria
zuweilen ziemlich erheblichen Schwankungen unterliegen.
Nach der Zusammenstellung von Stephens, die sich auf die Fälle von A, und
F. Plehn, Koch, Daniels, Stephens und Christopheks stützt, war der Befund von
Das Schwarzwasserfieber. 565
Malariaparasiten bei Schwarzwasserfieber am Tage vor dem Ausbruch in 95,6%, am Tage
des Ausbruchs in 61,9%, am Tage nach dem Ausbruch in 17,1% der fälle zu erbringen.
3Iit Recht wies A. Plehn im übrigen darauf hin, daß aus dem etwaigen Mangel
an Malariaparasiten nach Ausbruch des Schwarzwasserfiebers nicht auf das J^ehlen der
vorausgegangenen Malariainfektion geschlossen werden könnte.
Die vorher beim Ausbruch des Schwarzwasserfiebers im Blute vorhandenen Malaria-
parasiten müßten, auch wenn kein Chinin vorher gegeben sei, schnell zugrunde gehen
infolge des massigen Zerfalls roter Blutkörper, von denen die infizierten roten ßlut-
körper in erster Linie betrofi'en würden.
In der Tat verschwinden die Parasiten, falls sie bei Ausbruch des Schwarzwasser-
fiebers im Blute noch vorhanden waren, fast immer sehr schnell aus dem Blute. Für die
freiwerdenden Parasiten ist das Blutserum eben ein ungewohntes Nährmedium.
Nur in Ausnahmefällen sind die Parasiten noch am 3. und folgenden Tage nach
Ausbruch des Schwarzwasserfiebers im Blute nachweisbar. In einem JFalle fand ich sie
noch am 5. Tage der Krankheit in den roten Blutkörpern eines Anämikers mit chroni-
scher Malaria, in -dessen Blut sich die Parasiten langsam an die immer schlechter
werdende Blutkonstitution gewöhnt hatten.
Nach meinen Erfahrungen verschwinden aber bei Schwarzwasserfieber meist nur
die Schizonten schneller aus dem Blute, nicht auch die Gametocyten, die ja bekanntlich
die Malariarezidive bedingen. Jedenfalls blieben in einigen meiner leichteren Pälle von
Schwarzwasserfieber eine Anzahl Malariaparasiten von der Hämocytolyse verschont, da
es bereits 8 — 14 Tage nach dem Schwarzwasserfieber zu Malariarückfällen kam.
In vielen Fällen ist natürlich auch das vorher gegebene Chinin für das schnelle
Verschwinden der Parasiten aus dem Blute der Schwarzwasserfieberkranken mit verant-
wortlich zu machen. (Bignami, Bastianelli, Stephens.)
Incleß spricht eine Anzahl von Fällen gegen die Anschauung,
daß dem SchwarzAvasserfieber manifeste Malaria stets unmittelbar
vor aufgegangen sein müßte. jSTocht bestätigte das.
1. In R. MußEi's bekannt gewordenem Falle hatte die betr. Patientin längere Zeit
an Malaria gelitten, bis eines Tages Chinin im Anschluß an voraufgegangene und mikro-
skopisch nachgewiesene Malaria einen Schwarzwasserfieberanfall auslöste. In der Folge
gelang es, durch Chinin jedesmal nach Belieben bei der Patientin einen Schwarzwasser-
fieberanfall auszulösen, ohne daß trotz sorgsamster vorheriger Untersuchung Parasiten
nachweisbar waren.
2. R. Koch hatte ebenfalls mehrfach Malariaparasiten bei alten Malarikern vor
Ausbruch des Schwarzwasserfiebers und vor der Chiningabe vermißt. Ziejiann vermißte
bei im ganzen 82 Fällen die Parasiten in 3 von 9 Fällen, wo Blutuntersuchung vor Aus-
bruch des Schwarzwasserfiebers möglich war, ebenso in 10 von 44 Fällen, wo Blutunter-
suchung wenige Stunden nach Ausbruch des Schwarzwasserfiebers stattfand.
3. Außerdem ist auch die Zahl derjenigen Fälle, wo Monate nach dem letzten
Malariaanfalle und nach Monaten völligen Wohlbefindens der Schwarzwasserfieberanfall
nach Chinin wie ein Blitz aus heiterem Himmel einsetzte, zu groß, um jedesmal das
Vorhandensein einer manifesten Malariainfektion trotz des negativen Blutbefundes an-
nehmen zu müssen. Ziemann beobachtete noch kürzlich einen Fall von
mikroskopisch nachgewiesener Perniciosa in Kamerun, wo die Para-
siten nach kräftiger Ohinindose schon am 1. Tage gänzlich aus dem
peripheren Blute schwanden, und wo am 3. Tage nach Eintritt der
gänzlichen Entfieberung, nachdem bis dahin weiter täglich je 1 g
Chinin gegeben war, Schwarzwasserfieber auftrat. Das Chinin war sowohl
per OS (bei ganz gesundem Magen) als auch intramuskulär gegeben worden.
An allen 3 Tagen vor Ausbruch des Schwarzwasserfiebers war die Blutuhtersuchung
gänzlich negativ geblieben, trotzdem täglich 4 Blutpräparate angefertigt wurden. Man
kann in solchem Falle ganz unmöglich die voraufgegangene, aber für den betr. Moment
schon gründlich beseitigte Malariainfektion für den Schwarzwasserfieberausbruch direkt
verantwortlich machen.
566 Dr. Hans Ziemann.
4. Ferner wies bereits E.. Koch auf das auffällige Fehlen von Melanin in den
inneren Organen zweier Leichen von seinen Schwarzwasserfieberkranken hin. Hätten die
Betreffenden vorher Parasiten im Blute gehabt, so hätte man das Melanin wenigstens in
den inneren Organen nachweisen müssen.
5. Ziemann machte dieselbe Erfahrung in Kamerun bei 2 Fällen, wo die gleich bei
Ausbruch des Schwarzwasserfiebers angestellte Blutuntersuchung zu Lebzeiten der Be-
treffenden ebenfalls negativ gewesen war.
Wie aus dem weiteren Verlaufe des oben zitierten Falles von
MuRRi hervorgeht, kann es ferner zu Schwarz Wasserfieber kom-
men bei alten Malarikern, bei denen anfangs Chinin Schwarz-
wasserfieber hervorrief, bei denen aber diese Anfälle später auch
ausbrachen, ohne daß Parasiten vorher nachweisbar waren, und
ohne daß Chinin oder ein anderes Medikament gegeben war.
Die betreffende Patientin Murri's bekam jene Anfälle bei völliger Betlrulie-
Wenn auch solche Fälle scheinbar ungemein selten sind, so ändert das nichts an
der prinzipiellen Wichtigkeit derselben.
Auf die Erklärung von Schwarzwasserfiebern, bei denen eine starke Inter-
mittenz der einzelnen Anfälle auftritt, trotzdem die direkte Wirkung von etwa ge-
gebenem Chinin oder anfangs etwa vorhanden gewesenen Malariaparasiten schon
längst verklungen sein muß, werden wir noch unten zurückkommen.
Rekapitulieren wir nunmehr kurz, so sehen wir, daß die kurze
Formel: Malaria -\- Chinin = Schwarz Wasserfieber bei dafür Dis-
ponierten, den Gegenstand durchaus nicht erschöpft.
Schwarz Wasserfieber ist vielmehreineakuteErythrocytolyse,
für deren Zustandekommen das Yorhandensein von zwei Kompo-
nenten notwendig ist:
1. Das Yorhandensein der Disposition, av eiche sich nach einer
jnehr oder Aveniger langdauernden Malariainfektion (meist in den
dafür berüchtigten Schwär zwasserfiebergegenden) entwickelt, be-
sonders nach Nicht- oder mangelhafter Chinin-Behandlung. Diese
Disposition beginnt zuweilen auch, wenn die manifeste Malariainfektion geschwunden.
Begünstigt wird das Zustandekommen dieser Disposition ganz zweifellos durch
Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit des Organismus infolge von Entbehrungen
aller Art, Yerwundungen, Erkältungen , Ausschweifungen aller Art, seelische Er-
regungen usw.
2. Das Yorhandensein einer Gelegenheitsursache.
Als solche können in Frage kommen:
a) ein Malariaanfall allein, besonders während der Scliizo-
gonie (relativ selten);
b) die Kombination der Wirkung von manifester Malaria -{-
Chinin (in der übergroßen Mehrzahl der Fälle in Frage kommend) bzw.
von Euchinin oder eines anderen Heilmittels wie Sahpyrin, Antipyrin
oder Methylenblau usw.
c) die Wirkung von Chinin (oder eines anderen Heilmittels)
allein. Das trifft zu für die von Tomaselli als Chininintoxikation be-
schriebenen Fälle, bei denen im Moment des Schwarzwasserfieberausbruchs
keine Parasiten nachweisbar waren, wenigstens nicht im peripheren Blute ;
d) alle möglichen Schädigungen der Widerstandskraft des
Körpers (vgL unter Nr, 1, bzw. ganz unbekannte Ursachen
wie in dem Falle Murri's).
Das Scliwarzwasserfieber. 567
Wie der ganz vereinzelt gebliebene Fall Murki's beweist, scheinen die unter
d erwähnten Momente für sich allein nur äußerst selten als Grelegenheitsursachen
wirken zu können.
In dieses einfache Schema, AA^ie ich es schon 1900 aufstellte,
lassen sich sämtliche bekannte Formen von Schwarzwasserfieber
einfügen.
Wir brauchen dann auch nicht besonders zu unterscheiden zAvischen infektiöser
und postinfektiöser Malariahämoglobinurie Avie Murri, oder malarischer und iDost-
malarischer (Mannaberg) oder accessualer und postaccessualer (Bastianelli), auch
nicht zwischen Malaria- und Chinin-Hämoglobinime. Das klinische Gesamt-
bild ist für alle Fälle ein durchaus einheitliches.
Die Annahme Vincent's, welcher jeden Zusarmmenliang zwischen Malaria und
Schwarzwasserfieber leugnet, dürfte nach dem Vorhergehenden wohl widerlegt sein.
Man glaubte früher ferner, daß die Disposition zum Schwarz-
wasserfieber allein erzeugt würde durch Infektion mit Parasiten
der Perniciosa.
Das hat sich nicht bestätigt.
R. Koch, Ziemann, Panse und andere sahen Schwarzwasserfieber auch eintreten im
Anschluß an Tertiana simplex, Grogco, Vincenzi und Kleine an Quartana. In einigen
dieser Fälle aber ist A^orherige Infektion mit Perniciosaparasiten nicht auszuschließen,
wenn auch gerade zur Zeit des Schwarzwasserfiebers gewöhnliche Tertianaparasiten allein
nachweisbar waren.
Verf. möchte in seinem Falle diese Möglichkeit durchaus betonen, um so mehr, da
in Kamerun gewöhnliche Tertiana ungemein selten ist, und der Betreffende später auch
an Perniciosa litt. In 2 von R. Koch's Fällen von Schwarzwasserfieber bei Tertiana-
kranken wird das Vorhandensein von Halbmonden erwähnt, und damit ist das Vorhanden-
sein einer früheren Perniciosainfektion erwiesen.
Vor allem aber ist, Avie schon 1900 betont, zu erwägen, ob
nicht die Parasiten der besonders berüchtigten Schwarzwasser-
gegenden sich durch ganz besondere Virulenz gegenüber denen
der geAvöhnlichen Malariagegenden auszeichnen und damit eine
spezielle Disposition zu SchAvarzAvasserfieber schaffen können.
Für Kamerun war dies schon bei Beschreibung der Perniciosaparasiten erAvähnt,
auch morphologische Unterscheidungen gegenüber den geAvöhnlichen Perniciosa-
parasiten angegeben, und der Unterschied betont zwischen der enormen Schwere
der klinischen Malariasj'-mptome und der oft so geringen Menge der Kameruner
Malariaparasiten im peripheren Blute. Halten Avir uns immer Avieder gegenwärtig,
daß Schwarzwasserfieber in nennenswerter Verbreitung sich nur in berüchtigten
Fiebergegenden und nie in gemäßigten Breiten findet.
Bei dieser Betrachtung wären Fälle wie der Otto's mehr als Ausnahmen zu be-
trachten.
Otto sah Schwarzwasserfieber eintreten nach. Chinintherapie bei einem vorher nicht
sachgemäß behandelten Quartanakranken, der seit 18 Jahren in Hamburg lebte. Der
Kranke hatte 2i Jahre vorher wegen „Fleckfieber" in Krakau, wo damals auch viel Fieber
herrschte viel Chinin erhalten. Es wäre mehr als gezwungen, anzunehmen, daß nach
so langem Zeitraum eine in der Jugend ev. erworbene Perniciosainfektion noch gewisser-
maßen eine Wirkung ausgeübt haben sollte, ohne sich vorher durch KezidivQ bemerkbar
gemacht zu haben.
Dagegen besteht kein bestimmtes A^erhältnis zAvischen der Intensität des
Blutzerfalls und der Zahl der etwa vorhanden gewesenen Malariaparasiten. Ein
solch proportionales Verhältnis besteht bekanntlich beim Texasfieber der Rinder.
568 ür. Hans Ziemann.
Worin bestellt denn nun aber das eigentliche Wesen des Schwarz-
wasserfiebers?
Da es sieh dabei um akute Erythrocytolyse handelt, war es anfangs nur
natürlich, in den roten Blutkörperchen auch die Angriffspunkte für die hämocyto-
lytisch wirkende causa des ScliAvarzwasserfiebers zu suchen und bei Schwarzwasser-
fieberkandidaten eine abnorme Blutbeschaffenheit vorauszusetzen.
Leider führten die darüber angestellten Untersuchungen bis jetzt zu keinem
eindeutigen Resultate.
BiGNAMi und Bastianelli führten die Verminderung der Widerstandskraft
der roten Blutkörperchen gegen die hämocytolytisch wirkende 'Noxe auf die ana-
tomischen Veränderungen der li^mopoetischen Organe zurück. Bei BesprechuDg der
anatomischen Veränderungen des Knochenmarks werde ich darauf zurückzukommen
haben. A. Plehn machte dagegen geltend, daß dann Schwarzwasserfieber doch
viel häufiger sein müßte in Gegenden mit häufiger chronischer Malaria (wo es zu
Milztumoren kommt, wie z. B. in Italien). Auch sah ich, im Gregensatz zu Nocht,
schwerstes Schwarzwasserfieber selbst bei kaum nachweisbarem Milztumor und bei
kräftigsten Leuten eintreten, die, äußerlich wenigstens, keine Zeichen einer Blut-
dissolution aufwiesen.
A. Plehn führte die Verringerung der ßesistenz der roten Blutkörper (und
damit die Disposition zur Hämocytolyse) darauf zurück, daß die blutbildenden Organe
durch die fortgesetzt hohen Anforderungen, welche die anämisierende Wirkung der
latenten Malariainfektionen an ihre Leistungen stellt, zeitweise funktionell erschöpft
würden. Dieselben könnten dann, insbesondere nach gehäuften akuten Fieberanfällen,
nach Ernährungsstörungen und Entbehrungen den gesteigerten Bedarf des Organis-
mus nur noch mit einem qualitativ minderwertigen Material decken.
In der Tat kann man nun im Blute von Schwarzwasserfieberkandidaten vor dem
Anfalle beobachten:
1. öfter das gehäufte Auftreten von basophilen und polychromatophilen roten Blut-
körpern, welche während des Anfalls meist mehr oder weniger völlig verschwinden,
da sie als wenig resistente Gebilde zuerst zugrunde gehen;
2. öfter eine schnelle Auflösung der roten Blutkörper in Kochsalzlösungen, in denen
normale rote Blutkörper sich noch nicht auflösen (vgl. Abschnitt über allgemeine Patho-
logie der Malariahypotonie). Die bezüglichen Beobachtungen sind aber noch nicht zahl-
reich genug, um Gesetze daraus ableiten zu können ;
3. eine, oft sehr ausgesprochene, Verminderung der Gerinnungs-
fähigkeit des Blutes. Diese habe ich, im Gegensatz zu Mxjeri, in allen von
mir darauf untersuchten Fällen feststellen können.
(Ich möchte diesen Befund zur ev. Erklärung für die nicht selten nach Eintritt
von Schwarzwasserfieber einsetzende hämorrhagische Diathese mit heranziehen.)
In manchen Fällen waren aber diese Merkmale (mit Ausnahme des unter 3
erwähnten): auch nicht festzustellen, speziell auch nicht immer in solchen, bei
denen es kurz nach dem Überstehen des einen Schwarzwasserfiebers zu einem
Eückfall kam.
Hinsichtlich Volumen, Form und Farbe der roten Blut-
körper und des spezifischen Gewichts verhielt sich das Blut der
Schwarz Wasserfieberkandidaten genau wie das normaler Menschen,
um erst nach Ausbruch des Schwarzwasserfiebers (aber nicht immer) deutlich eine
Neigung zu Deformationen der roten Blutkörper aufzuweisen.
MuRKi speziell versuchte auch das Medium, in dem sich die
roten Blutkörper seiner mit so enormer Neigung zur Hämocytolyse
Das Schwarzwasserfieber. 569
begabten Patientin befanden, zu ändern, und so in den Mechanis-
mus der Hämocytolyse einzudringen.
Er verabreichte seiner Patientin bis 40 g basisches Natrinmphosphat, Natriumbicar-
bonat und Magnesiumcarbonat, am anderen Tage 60 Troj)fen Salzsäure, gab auch 60 — 80 g
Harnsäure, da Haig angegeben hatte, daß Hämoglobinurie durch einen Überschuß von
Harnsäure im Blut bedingt sei und ließ ferner stark schwitzen. In der Tat erzielte er da-
durch im Blute nach Belieben Veränderungen der Alkaleszenz und des spezifischen Ge-
wichtes etc., aber nie Hämocytolyse.
Alles dieses drängt zu der Vermutung, daß in den roten
Blutkörpern des peripheren Blutes wohl kaum der direkte und
wenigstens nicht der einzige An griffspunktd er häm 00 ytoly tischen
Noxe zu suchen ist. Auch der Umstand, daß nur im Anfange der Hämo-
globinurie und ganz vorübergehend Schatten (d. h. enthämoglobinisierte rote Blut-
körper) im peripheren Blute zu sehen sind , während die Hämocytolyse noch Tage
lang weiter dauern kann, könnte schließen lassen, daß der hämocytolytische Prozeß
sich nicht, mindestens nicht in der Hauptsache, im peripheren Blute abspielt. Auch
A. Plehn verlegt den Ort des Blutzerfalls in Milz und Leber.
Doch untersuchen Avir weiter. Es könnte sein, daß die nähere Analyse der
oben erwähnten Grelegenheitsursachen uns weiterhilft.
Wir sahen schon, daß in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle irgend
ein Medikament, speziell das Chinin, das die Hämocytolyse auslösende Moment bei
den Schwarzwasserfiebei-kandidaten darstellt. "Wir wissen ferner, daß bei einigen
■derselben schon kleinste Mengen Chinin zur Hämocytolyse führen können. In dem
ausgesprochensten Fall von Chininidiosynkrasie , der in der Literatur bisher be-
schrieben ist (von ZiEMA]snsr beschrieben), erzeugte 0,004 g Chinin bereits Albuminurie,
0,005 g Hämoglobinämie, 0,01 deutliche Hämoglobinurie. Müßte man da nicht
eine direkte Wirkung des Chinin als hämocytolytisch wirkenden
Blutgiftes annehmen?
Das Experiment spricht direkt gegen diese Annahme.
1. Versetzt man je das Blut eines Schwarzwasserfieberkandidaten und eines völlig
Cresunden im gleichen und steigenden Verhältnis mit einer Chininlösung von 1:10000
(0,9 % Kochsalzlösung), so tritt kein Unterschied in der Hämocytolyse auf.
2. Dasselbe Hesultat trat ein, als Ziemann statt der Chininlösung von 1:10000
(0,9^0 Kochsalzlösung) das chininisierte Blut gesunder Kegerkinder (in dem Chinin auch
im Verhältnis von 1 : 10000 vorhanden war) auf das Blut eines Schwarzwasserfieber-
kandidaten, eines Schwarzwasserfieberkranken und eines völlig Gesunden einwirken ließ.
(Auch die Herabsetzung des Oxydationsprozesses, die das Chinin auf das ZeU-
protoplasma auszuüben vermag, kann hier nicht zur Erklärung herangezogen werden.)
Alles läßt vielmehr darauf schließen, was übrigens ebenfalls
MuKKi schon ausgesprochen, daß Chinin nicht direkt, sondern in-
direkt wirkt, indem es Anlaß gibt zur Produktion hämocytolytisch
Avirkender Stoffe unter Mitwirkung innerer Organe wie Leber,
Milz, Nieren usw.
Eine Stütze findet diese Vermutung in der Beobachtung Nocht's, wonach die
autohämocytolytische Wirkung von Milzsaft, Leber- und Merensaft durch Chinin erheb-
lich gesteigert werden könnte.
Wenn er z. B. Hunden den Milzsaft anderer Hunde intravenös einspritzte und
Chinin subkutan gab, so kam es bei den Versuchshunden zu Hämoglobinurie. Chinin
allein hatte nie diesen Effekt. (Ziemann konnte sogar durch Kolossaldosen von 30 g
Chinin bei piroplasmakranken Hunden und Eseln keine Hämoglobinurie erzeugen.)
570 I^i*- Hans Ziemann.
NocHT glaubt daher auch, daß es bei gewissen Fällen von Malaria mit subakuter
Blutdissolution (Anämie und Mülztumor) zu einer Vermehrung der autohämocytolytischen
Kräfte der Leber, Milz und Nieren käme, so daß das Hinzukommen von geringen
Chininmengen genügte, um eine akute Steigerung der fiämocytolyse herbeizuführen. Es
handelte sich also nicht um eigentliche, im Blute zirkulierende Hämocytolysine. Auch
Ziemann konnte im peripheren Blute von Schwarzwasserfieberkranken und Schwarzwasser-
fieberkandidaten bisher keine Stoffe nachweisen, die hämocytolytisch auf das Blut Gesunder
und malariakranker Europäer gewirkt hätten. Die Versuche sind aber noch nicht ab-
geschlossen.
Landsteineb und Donath, haben bekanntlich schon den Nachweis von Hämocyto-
lysinen im Serum von Leuten mit paroxysmaler Hämoglobinurie erbracht. *
MuEEi gibt auch schon an, im Harn seiner Schw'arzwasserfieberpatienten vorüber-
gehend solche Stoffe gefunden zu haben, die deutlich hämocytolytisch auf das Blut der
betr. Kranken und eines völlig Gesunden einwirkten.
Wenn also der Nachweis von Hämocytolysinen bei Schwarzwasserfieberkranken bisher
noch nicht geglückt ist, braucht die Hoffnung auf den späteren Nachweis noch nicht
aufgegeben zu werden.
Meines Er achtens sprechen für das Bestehen von Autohämo-
cytolysinen die schon erwähnten, bis jetzt leider noch gar nicht
genügend berücksichtigten Fälle, bei denen es zu immer erneutem,
schubweisem Auftreten von Hämocytolyse unter Schüttelfrost und
rapidem Anstieg der Temperatur kommt, ev. sogar 2mal an einem
Tage, bei denen jede Wirkung der schon längst abgestorbenen
Parasiten und des längst ausgeschiedenen Chinins auszu-
schließen ist.
Mit Trauer sieht in solchen Fällen der Arzt hilflos dem Wüten der sich immer
erneuernden, fermentartig wirkenden Hämocytolysine zu. Gerade solche Fälle, die
Verfasser in letzter Zeit nicht zur Verfügung standen, müßten zum Studium der
Hämocytolyse beim Schwarz Wasserfieber herangezogen werden.
- Nach LüBBEET soll es bei Leberaffektionen zu Hämoglobinurie auch kommen
können infolge klimatischer Einflüsse, bzw. infolge von Chinin, ohne daß Malaria vorauf-
gegangen sei. Der eine von ihm mitgeteilte Fall dürfte nicht beweisend sein, da der
Betreffende in der Nacht vor der Chiningabe Temperatursteigerung hatte.
Erwähnt sei noch die Ansicht TEorssAiN's, wonach sich im Blute Schwarzwasser-
fiebei'kranker Urin- und Gallenbestandteile anhäuften, welche das Blut demineralisierten.
Dadurch würden die roten ßlutkörper hypotonisch, und veranlaßte dieses den Austritt
des Hämoglobin in das Blutserum. Ursache und Wirkung wird hierbei miteinander ver-
wechselt. Warum häuft sich denn Urin und Galle im Blute dieser Kranken an? Doch
wohl wegen der Hämocytolyse.
Auch die hypothetischen Toxine der durch Chinin abgetöteten Malariaparasiten
sollten die Hämocytolj^se bedingen ! Wir sahen aber schon, daß nicht immer Parasiten
im Blute vor dem Anfalle zu finden waren.
NissLE nimmt an, daß das Schwarzwasserfieber hinsichtlich der Hämocytolyse sich
nur graduell vom gewöhnlichen Malariaanfalle unterschiede. Schon beim gewöhnlichen
Malariaanfalle zerfielen nicht nur die infizierten, sondern auch eine große Anzahl nicht
infizierter roter Blutkörper. Wir haben darauf schon selber im Kapitel „Allgemeine
Pathologie" aufmerksam gemacht. Es fände also nicht nur mikrobicide (besser parasiti-
cide), sondern auch hämocytolytische Wirkung statt, die an ein und dasselbe Agens
(Antikörper) gebunden seien. Beim Schwarzwasserfieber, bei dem ja, wie wir schon eben-
falls sahen, die parasiticide Wii-kung meistens eine ganz besonders auffällige ist (vgl. auch
A. Plehn), käme es zur akuten Hämocytolyse, wenn das eben erwähnte Agens einen ge-
wissen Konzentrationsgrad erreicht hätte.
Das Seh. Warzwasserfieber. 571
Die Voraussetzung für Nissle's Schlüsse ist, daß dem Schwarzwasserfieberanfalle
immer manifeste Malaria voraufgeht, was meines Erachtens durchaus noch nicht für alle
Fälle erwiesen. Die Schwierigkeiten der Betrachtung wachsen dadurch noch.
Ein weiteres Eingehen auf die Frage der Hämocytolysine verbietet die Enge
des Eaumes.
Wie kommt es mm von der Hämocytolyse zur Hämoglobinurie?
(Pathogenese.)
Nach PoxFiCK häuft sich bei joaroxysmaler Hämoglobinurie das
Hämoglobin der aufgelösten roten Blutkörper in der Leber an, um
dort in Bilirubin umgewandelt zu werden. Im Harn tritt das Hämo-
globin erst auf, wenn der Hämoglobingehalt im Blut einen Konzentrationsgrad von
1,3 pro Mille des KörjDergewichts erreicht hat. Es wäre immerliin noch zu be-
weisen, ob dasselbe auch bei Schwarzwasserfieber eintritt.
Eine zweite Möglichkeit des Auftretens von Hämoglobin im Harn tritt dann
auf, wenn die Leber nicht imstande ist, eine selbst noch unter 1,2 pro Mille des
Körpergewichts bleibende Quantität Hämoglobin zu Bilirubin zu verarbeiten. In
letzterem Falle müssen also alle schädigenden Einflüsse, die un-
günstig auf dieLeberfunktion einwirken, dasAuftreten der Hämo-
globinurie befördern (de Haan). In diesem Zusammenhange erfährt
also auch die klinische Erfahrung, wonach Alkoholiker beson-
ders zu Schwarz Wasserfieber disponiert sind, eine neue Beleuch-
tung, indem die durch Alkohol geschädigte Leber nicht wie eine
normale funktioniert. Als ähnliche Schädigungen wirken nach
DE Haan lange dauernder Aufenthalt in den Tropen und häufige
Malariaanfälle (vgL Lübbekt).
Wie aus dem Vorstehenden schon theoretisch hervorgeht, und wie von anderen
Autoren und vom Verfasser schon wiederholt auch klinisch festgestellt ist, kann Hämo-
globinämie stunden- und tagelang bestehen, ohne daß Hämoglobinurie folgt, und
ebenso kann Hämogiobinämie sich noch finden, wenn die Hämoglobinurie schon
verschwunden ist. M anhatau changegeben, daßvondenBestand teilen,
die sich im Harn der Schwarzwasserfieberkranken finden, zu-
nächst Albumen, dann Pepton, dann Urobilin, dann zuletzt erst
Methämoglobin bzw. Hämoglobin zur Ausscheidung gelangte.
Nach meinen Erfahrungen kann aber die Hämocytol^^'se sich
auch zuerst als ürobilinurie äußern, ohne daß Albuminurie bzw.
Peptonurie vorhergegangen ist. Die Tatsache steht jedoch fest, daß Met-
hämoglobinurie und Hämoglobinurie zuletzt auftreten und nur dann,
wenn es sich um stärkere Hämocytolyse handelt, bei der die Leber unfähig ge-
worden, das gesamte gelöste Hämoglobin zu verarbeiten.
Das ist von großer diagnostischer und therapeutischer Wichtigkeit, indem
man bei Schwarz wasserfieberkandidaten aus vorhergehender ürobilinurie bzw. Al-
buminurie auf Hämocytolyse schheßen kann.
Bemerken s^verter weise fehlt im ürin der Schwarz wasserfieberkranken meist
Bilirubin, auch wenn im Blutplasma gleichzeitig Urobilin und Bilirubin sich finden.
Dies alles spricht dafür, daß es bei der Hämoglobinurie sich
zunächst nicht um eine einfache Filtration des hämoglobinhal-
tigen Serums in den Nieren handelt, sondern daß die Epithelzellen
der Niere dabei eine aktive Rolle spielen, indem sie das Hämo-
572 l^i"- Hans Ziejiann.
globin in leichten Fällen der Hämocytolyse auch zurückhalten
können.
Nach DE Haan findet die Ausscheidung des freien Hämoglobin hauptsächlich
durch das Epithel der (gewundenen) Harnkanälchen statt, wenig oder gar nicht
durch die Grlomeruli.
Erwähnt sei dabei folgendes Experiment:
Wenn man 0,4 ^/q Indigo-Karmin-Lösung Tieren in die Vena jugularis externa,
einspritzt, findet man den Farbstoff in erster Linie auch iu den gewundenen Harn-
kanälchen, in den Schaltstücken und in aufsteigenden Teilen der ÜENLE'schen Schleifen.
Das Epithel und die Gefäße einzelner Glomeruli finden sich erst später blaugefärbt.
Hiernach ist es nach de Haan auch zu erklären, warum man in manchen Fällen von
Schwarzwasserfieber auch keine Spur von Hämoglobin innerhalb der Glomeruli findet.
Die Aufgabe, das nicht in Gallenfarbstoff umgewandelte Hämoglobin aus-
zuscheiden, kann das Epithel nach Mukri nicht erfüllen, ohne selber Schaden zu
erleiden und die Eigenschaft zu verlieren, Eiweiß zurückzulialten, und schließlich
fettig zu entarten. Unter diesen Bedingungen müßte nach de Haan auch die Aus-
scheidung der für den Organismus giftigen Stoff Wechselprodukte leiden, und er
führt hierauf die Somnolenz bzw. die Reiz- und Depressionszustände der Schwarz-
wasserfieberkranken als schon urämischer Symptome zurück. A. Plehn hingegen,
der eine Nephritis erst als sekundäre Folge der Hämoglobinurie entstehen läJ3t,
urämische Symptome auch stets vermißte, faßt die Hämoglobinurie zunächst nur
als eine funktionelle Störung der Merentätigkeit auf und will von einer sogenannten
Nephritis der Schwarz wasserfieberkranken, die ev. in wenigen Stunden kommen
und gehen könnte, nichts wissen.
In diesem Zusammenhange sei anhangsweise noch einer früheren, aber schon ver-
lassenen Theorie gedacht, wonach die Hämoglobinurie die Folge eines sekundären Aus-
laugens der in das Nierenparenchym ausgetretenen roten Blutkörper wäre. Gewiß kann
iia manchem Falle von Hämoglobinurie auch ein gewisser Grad von Hämaturie bestehen.
In diesen relativ seltenen Fällen handelt es sich aber fast immer um kleine Hämorrhagien
per diapedesin in den Nieren, die für die Gesamtauffassung unseres Krankheitsbildes
ohne Bedeutung sind.
Am Schluß des Kapitels „Pathogenese" seien ferner noch diejenigen Fälle
erwähnt, bei denen es anfangs nach Chinin zu Schwarz Wasserfieber kam, während
wenige Tage später dieselbe oder eine noch größere Dosis Chinin kein Schwarz Wasser-
fieber auslöste. R. Koch erklärt dieselben so, daß bei dem ersten Anfalle alle
widerstandsfähigeren Blutelemente zerstört worden seien, so daß das später ge-
gebene Chinin keine hämocytolytische Wirkung mehr ausüben könnte. Meines Er-
achtens liegen die Yerhältnisse ev. doch etwas komplizierter, wenn der Sitz des
Blutzerfalls nicht ins periphere Blut, sondern in die inneren Organe zu verlegen ist.
Auch kommen andererseits Fälle vor, wo Chinin, selbst wälu-end des Malaria-
anfalls genommen, keinen Schwarzwasserfieberanfall auslöste, und wo wenige Tage
später dasselbe Chininquantum nach eingetretener Entfieberung, nach vorherigem
völligem Wohlbefinden, Schwarzwasserfieber auslöste. Ich selber beschrieb bereits
früher (unter Ätiologie des Schwarzwasserfiebers S. 565) einen solchen Fall, bei
dem der Befund des peripheren Blutes vor dem Ausbruch des Schwarzwasserfiebers
völlig normal gewesen war.
Das Schwarzwasserfiebei'. 573
Symptome des SchAvarzwasserflel)ers.
Je nachdem es sicli um ein Zusammentreffen mit einer akuten oder chro-
nischen Malaria handelt, bzw. um eine Intoxikation im Sinne Tomasellis, wird der
Kranke entweder nach einem Prodromalstadium oder in vollem Wohlsein von
starkem Kopfschmerz, Unwohlsein, Schmerzen in allen Gliedern, Abgeschlagenheit
und meist sehr starkem Schüttelfrost befallen. Grleichzeitig steigt die Temperatur
schnell bis auf 40 — 41*^ C an, um in schwereren Fällen von jetzt an in der Regel
entweder intermittierenden oder remittierenden Fiebertypus zu zeigen. Die definitive
Entfieberung kann in leichten Fällen schon in wenigen Stunden erfolgen, in schwereren
manchmal erst nach 10 und mehr Tagen.
Bald nach dem Schüttelfrost, gewöhnlich nicht später als nach 2 Stunden,
wird der dunkel gefärbte Schwarzwasserfieberurin entleert, oft unter starkem Brennen
in der Uretlu-a. Das Hämoglobin scheint also einen starkeu Reiz auf die Harn-
röhrenschleimhaut auszuüben. Die Reizung des Blasenhalses kann sogar zur Urin-
retention führen durch Spasmus des Schließmuskels. (Betr. der Farbe des Urins
vgl. weiter unten.)
Sehr charakteristisch ist das meist sehr schnell einsetzende, starke Unruhe-
Tind Angst- sowie Druckgefülil in Brust- und Magengegend, nicht selten besteht auch
Atemnot. Fast immer gleichzeitig mit dem Schüttelfrost tritt heftiges Erbrechen
von Galle und Schleim ein, verbunden mit starkem Durst. Oft trinken solche
Kranke in 24 Stunden 20 Flaschen kohlensauren Wassers und mehr. Mcht selten
sind auch Diarrhöen mit stark gallig gefärbten Stühlen.
Das Seusorium kann während des ganzen Anfalls durchaus erhalten sein, auch
bei den zum Exitus führenden Fällen. In manchen Fällen tritt aber schon nach
10 — 12 Stunden bzw. schon f runer Trübung des Bewußtseins ein. Meist wenige
Stunden nach dem Anfall tritt ein allmählich zunehmender Ikterus auf.
Dieser erreicht bereits nach 15 — 20 Stunden das Maximum und kann öfter
noch einige Tage nach dem Anfalle bestehen bleiben, um dann schnell zu ver-
schwinden. Zuweilen ist er überhaupt nur wenige Stunden sichtbar. Die Inten-
sität desselben ist sehr verschieden und kann von einem leichten Gelb bis zu tiefer
Bronzefarbe schwanken.
Zuweilen sah ich infolge des Ikterus hochgradiges Hautjucken entstehen.
Infolge Anhäufung der Galle ist die Leber in der Mehrzahl der Fälle leicht
vergrößert und etwas druckempfindlich. Auch die Milz kann infolge der Aufnahme
von Blutkörpertrümmern Yolumzunahme aufweisen.
In manchen Fällen kann übrigens Erbrechen von Galle und Ikterus auch
fehlen, ebenso nachweisbare Leber- und Milzschwellung.
Nach Grawitz sind die oben erwähnten schweren Intoxi-
kationserscheinungen nicht allein auf die Wirkung des gelösten
Hämoglobins zurückzuführen, da reines Hämoglobin auch in großen
Mengen in die Blutbahn eingeführt werden kann, ohne deletär zu
wirken. Grawitz führt daher die toxischen Erscheinungen bei
akuter Hämocytolyse in erster Linie auf die im Stroma der unter-
gegangenen Erythrocyten und Leukocyten enthaltenen Stoffe
zurück.
Selbstverständlich sind bei gleichzeitig bestehender Malaria auch die Parasiten für
die schweren Erkrankungen Doit verantwortlich zu machen, sicher aber nicht ausschließlich
Vwie A. Plehn anzunehmen scheint).
574 •^^- Hans Ziemann.
Man hat auch, wie Boye, versucht, einen Unterschied aufzustellen in der
Schwere des Verlaufs von Schwarzwasserfiebern, die ohne Chinin und durch Chinin-
therapie entstanden seien.
Erstere Fälle sollten leichter und zum Teü ohne fieberhafte Reaktion ver-
laufen. Das trifft als ßegel absolut nicht zu (vgl. unter Prognose des Schwarz-
wasserfiebers S. 581).
Ziemann sah auch bei fällen ohne Chininätiologie zuweilen keine fieberhafte'
Eeaktion. Allerdings handelte es sich dann stets nur um Urobilinurie. Andererseits
können auch Fälle mit Chininätiologie einen ungünstigen Verlauf nehmen.
Verhalten des Blutes.
Der Blutzerfall ist in akuten Fällen ein ganz enormer, es können während
24 Stunden weit über 1 Million roter Blutkörper zerstört werden. Man hört dann
oft systolisches Blasen über der Herzspitze.
Verf. sah einen Fall, wo bei einem jungen kräftigen Kaufmanne im Verlaufe von
2 Tagen die Zahl der roten Blutkörper von 4,310000 auf 1,110000, das Hämoglobin von
80% auf 20 "/o herabsank. Der betreffende, früher ein Typus von Gesundheit, machte
bereits am Abend des 2. Tages den Eindruck eines sterbenden Greises von 80 Jahren.
Ohne die oft schon am 2. Tage einsetzende Regeneration des Blutes, welche
sich in dem Auftreten von Megalocyten und Normoblasten, polychromatophilen imd
basophilen roten Blutkörpern äußern kann, und ohne die relative Eindickung, welche
das Blut durch das profuse Erbrechen und die starken Diarrhöen zeigt, würde die
Zahl der roten Blutkörper noch geringer erscheinen.
In den Fällen, wo Malaria und Schwarzwasserfieber zusammen auftreten, zeigen
sich auch, wie bei gewöhnlicher Malaria, die großen mononukleären Leukocyten
relativ vermehrt. Aber auch die neutrophilen Leukocyten und die Blutplättchen
sind meist vermehrt.
Betr. Serum vgl. 1. c.
Die Alkaleszenz des Blutes wird in der Folge der Hämocytolyse herab-
gesetzt, da nach Kobert infolge Übergehens des Oxyhämoglobins in den gelösten
Zustand Phosphorsäure und Grlyzerinphosphorsäure frei werden.
Das spezifische Gewicht und der Hämoglobingehalt des Blutes
sind anfangs trotz der sinkenden Zahl der roten Blutkörper relativ hoch, da noch
eine Menge Substanz der zerstörten roten Blutkörper und damit auch Hämoglobin
in der Blutflüssigkeit kreist.
Nach Eintritt der Rekonvaleszenz, wenn die Neubildung des Blutes beginnt, wird
das spezifische Gewicht wieder niedriger, und das Verhältnis der roten Blutkörper zur
Menge des Hämoglobins steigt wieder.
Zuweilen ist der Hämoglobingehalt mit dem FnEiscHL'schen Hämometer überhaupt
nicht festzustellen, da man in der Mischkammer nur eine trübe, braunrötliche Flüssig-
keit erhält, welche infolge der Anwesenheit von Urobilin, Bilirubin (Methämoglobin)
keinen Vergleich mit der Farbenskala des Glaskeils zuläßt.
Trotz der enormen Reduzierung des Hämoglobins (in einem Falle bis auf 12
bzw. 14 ^^/o) kann die Atmung verlangsamt sein. In der Mehrzahl der Fälle tritt
aber deutlicher Luflhunger infolge der Hämoglobinverarmung ein.
Betr. der spektroskopischen Untersuchung des Blutes vgl. S. 575.
Das Schwarzwasserfieber. 575
Yerli alten des Urins.
Farbe: wechselnd je nach der Beimengung von Urobilin (bzw. Bilirubin) und
Metbämoglobin von einem mehr oder weniger tiefen Braunrot, Kaffeebraun, Hellrot
bzw. Schwarzrot. Zuweilen hat er die Farbe von mehr oder weniger dünnflüssigem
Teer (besonders in den Fällen mit folgender Nierenverstopfung). Zuweilen gewinnt
der gekochte ITrin nach A. Plehn nach längerem Stehen eine leuchtend pm^pur-
rote Farbe, was ich in 2 Fällen bestätigen konnte.
Im Urinsediment findet man in schwereren Fällen vereinzelte Blasen-
epithelien, Detritus von roten Blutkörpern, einige Merenepithelien, selten Blut-
schatten-, hyaline und Epithelzylinder. Selir selten sind rote Blutkörper. In leichten
FäUen findet man überhaupt kein Sediment.
Bestimmungen des . Gefrierpunktes konnten in Kamerun bisher nicht gemacht
werden.
Reaktion: meist neutral oder schwach alkalisch (infolge der vermehrten
Alkaleszenz des Blutes).
Spezifisches Gre wicht: oft ziemlich niedrig (trotz des meist ziemlich
hohen Eiweißgehalts).
a) Nachweis des Hämoglobins.
«) Durch das Spektroskop: Hämoglobin kenntlich an dem Bande zwischen
C und D.
ß) Durch die Helle E'sche Probe: Man versetzt den Urin im E.eagensg-lase mit
'/g Volumen 10 % Kalilauge. Ausfallender Niederschlag bei Gegenwart von Hämoglobin
rot gefärbt.
y) Durch die Gruajakprobe: Man versetzt den Urin mit gleichen Teilen von
Guajaktinktur und altem verharzten Terpentinöl. Bei Gegenwart von Hämoglobin tritt
dann blaue Färbung ein, manchmal auch nur blaugraue.
b) Des Methämoglobins, spektroskopisch : durch Nachweis bestimmter Absorptions-
streifen, je nachdem es sich um sauren, neutralen oder um alkalischen Urin handelt, bzw.
um gleichzeitige Gegenwart von Urobilin oder Bilirubin (vgl. v. Jaksch, Klinische Dia-
gnostik).
c) Des Urobilins, spektroskopisch: vgl. wie unter b) bei stärkerer Verdünnung
Absorptionsstreifen zwischen grün und blau. Ferner, indem man den Urin im Beagens-
glase stark alkalisch macht, 8 — 10 Tropfen alkoholischammoniakalischer 10 7o Lösung von
Zinkchlorid zufügt und schnell filtriert. Ist viel Urobilin da, schimmert das Filtrat, gegen
dunklen Hintergrund betrachtet, grün, im durchfallenden Lichte rosenrot. Nach Geehakdt
versetzt man den Chloroformauszug des urobilinh altigen Harnes mit Jodlösung. Auf
Zusatz von Kalilauge tritt dann prachtvolle Fluoreszenz in Grün auf.
d) Bilirubin findet sich, wie erwähnt, selten. Nachweis durch GjiELiN'sche Probe-
Betr. der Bedeutung des Hämatoporphyrin für Schwarzwasserfieberurin liegen noch
keine abschließenden Untersuchungen vor.
e) Yon Eiweiß (Albumen). Die Quantität ist größten Schwankungen unterworfen.
Bei der Kochprobe erstarrt zuweilen die ganze Urinsäule im Reagensglase. Charakte-
ristisch ist dabei das starke Stoßen der kochenden Flüssigkeit, auf deren Oberfläche sich
oft eine dicke Kruste zusammengesinterter Blutasche bildet.
Serumalb umin nachzuweisen
a) durch die allgemein bekannte Salpetersäurekochprobe,
ß) durch die Essigsäure-Ferrozyankaliumprobe,
/) durch die Biuretprobe,
§) durch die HELLER'sche Probe. Letztere ist eine sehr empfindliche Probe.
Nur muß man den filtrierten Urin um das dreifache verdünnen. Wenn man dann
den Harn mit Salpetersäure unterschichtet, bildet sich an der Berührungsfläche eine
weiße ringförmige Trübung.
576 Dl"- Hans Ziemann.
i
Wegen derFelilerquellenbeiAnwesenheitvonHarnsäure^Copaiva- "
baisam usw. verweise ich dringend auf die Spezialliandbüclier.
(jlobulio, im Urin meist mit Albumin zusammen vorkommend.
Durch dieselben Reaktionen nachweisbar und von derselben klinischen Bedeutung:
Will man Globulin allein nachweisen, macht man den Urin mit Ammoniak alkalisch,
filtriert nach einstündigem Stehen und versetzt das Filtrat mit dem gleichen Volumen
einer gesättigten Lösung von schwefelsaurem Ammoniak. Ist viel Grlobulin da, entsteht
flockiger Niederschlag.
f) Albumose und Pepton. Der etwaige Nachweis scheint mir für Schwarzwasser-
fieberurin bis jetzt keine oder geringe klinische Bedeutung zu haben.
g) Nukleoalbumin : zuweilen in größeren Mengen nachweisbar bei schweren Fällen
mit geringer Urinabsonderung. Es bedeckt dann als zähes, gallertartiges Sediment den
Boden des Uringlases.
Da bei Schwarzwasser sich fast immer gleichzeitig Serumalbumin (Grlobulin) finden
wird, entfernt man die Hauptmenge des Albumin zunächst durch Kochen. Dann versetzt
man das erkaltete Filtrat mit Essigsäure, worauf sich der Urin bei Gegenwart von
Nukleoalbumin trübt. War der Urin sehr konzentriert, verdünnt man das erwähnte
Filtrat zuvor mit Wasser.
Die Phosphate sollen nach Grocco vermindert sein.
Weiterer Verlauf des Schwärzwasserfiebers.
Im allgemeinen hat das Schwarzwasserfieber, wie auch schon A. Plehn her-
vorgehoben hat, eine Neigung zur Spontanheilung, vorausgesetzt, daß man den
natürlichen Verlauf der Krankheit unbeeinflußt läßt durch Chinin. Es tritt dann
mit dem Herabgelien der Temperatur auch ein Nachlassen der klinischen Erschei-
nungen ein. Auch der Urin hellt sich auf. Erneutes Auftreten von Hämoglobinurie
ist meist von neuen Temperatursteigerungen begleitet. In manchen dieser Fälle ist
dann Malaria nachzuweisen. Zuweilen kommt es aber auch nach völligem Schwinden
der Malariaparasiten zu intermittierenden Fiebersteigerungen ev. mit Hämoglobin-
urie (vgl. 1. c). Meist bleibt es bei dem einzigen Schwarzwasserfieberanfall.
Wenn die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt, wird das Erbrechen
immer stärker. Nicht selten tritt Schluchzen auf, welches in letalen Fällen jeder
Behandlung spottet. Der Appetit geht völlig verloren. In solchen schweren Fällen
kann es auch zu Blutungen des Zahnfleisches, ferner zu Blutungen in die Muskeln,
die Pleura, das Perikardium und den Magen kommen. Ziemann beobachtete auch
Eetinalblutungen, Skorbut und Gangrän der oberflächlichen Vorderarmstrecker eines
Armes, ferner Paraplegie beider Beine.
Zuweilen bildet sich ein Stadium algidum aus. In anderen Fällen entwickeln
sich nervöse Symptome mit starker Unruhe, Delirien und Konvulsionen, Avährend
deren Stuhl und Urin unwillkürlich entleert werden.
Selbst in diesen schweren Fällen gelingt es oft, den Kranken, falls die Herz-
schwäche beseitigt wird, zu retten. In anderen Fällen bleibt das Bewußtsein er-
halten, indes ergreift die Kranken eine furchtbare Angst und Unruhe mit Todes-
ahnungen. Der Puls, der im Anfange oft von guter Spannung, ja infolge der im
Blute kreisenden Gallenfarbstoffe zuweilen sogar verlangsamt ist, wird beschleunigt
und klein. Gerade in solchen Fällen können Injektionen vonDigalen
noch direkt lebens rettend wirken.
Bei Beendigung des Schwarzwasserfiebers ist, da die nicht resistenten Blut-
elemente alle zugrunde gegangen sind, ein relativ normaler Blutbefund anzutreffen.
Hierauf beginnt in günstiger verlaufenden Fällen oft erstaunlich schnell die Blut-
regeneration, wie wir es bereits beim Abschnitt Anämie kennen gelernt haben. In
anderen Fällen zieht sich die Rekonvaleszenz oft wochenlang hin.
Das Schwarzwasserfieber. 577
Bei ungünstigem Yerlaufe tritt der Tod entweder ein
a) durch hochgradige Herzschwäche infolge des akuten Blutzer-
falls oder
b) durch Nierenverstopfung oder
c) durch akute Insuffizienz der hämopoetischen Organe,
welche trotz Aufhörens der Hämoglobinurie keine neuen oder nur un-
fertige Blutelemente produzieren, vgl. weiter unten.
Häufig sah ich in der Agonie dann das CnEYNE-STOKES-Atmen eintreten.
Nicht selten kann es schon während der ersten 24 bzw. 48 Stunden zum Tode
kommen.
Die Anurie bei Scliwarzwasserfleber.
Die Anurie entsteht nach der einen Annahme durch Gerinnung des sehr
eiweißreichen Urins in den Harnkanälchen , die durch die entstehenden Pfropfe
mechanisch verstopft würden.
A. Plebd^, der die Möglichkeit einer sekundär entstehenden Nephritis
nicht leugnet, führt dagegen die Anurie auf eine primäre Yerringerung des Filtra-
tionsprozesses in den Glomerulis infolge nervöser Einflüsse zurück.
Er stellt den Vorgang in Parallele zu der manchmal bei Nierensteinkolik auf-
tretenden Anurie. Die Stagnation und Gerinnung des Harns in den Harnkanälchen
wäre demnach erst ein sekundäres Symptom.
Die Anurie könnte nach A . Plehn auch nicht durch Verstopfen der Nierenkanälchen
bedingt sein, da dann die Harnkanälchen ausgedehnt sein müßten und Nierenkolik-
symptome auftreten würden, was er stets vermißte.
Indeß fanden Maechiäfa und Bignami bei Anurie auch erhebliche Dilatation der
Harnkanälchen.
Auch die plötzliche Herabsetzung des Blutdrucks (vgl. den Aveichen kleinen,
meist dikroten, schnellen Puls) infolge der rapiden Zerstörung der roten Blutkörper
und der Flüssigkeitsverarmung des Blutes durch Diarrhöen und Erbrechen könnte
zur Erklärung der Sistierung in der Urinsekretion bei Anurie herangezogen werden.
Indeß sah ich auch Fälle, wo von einer Verminderung des Blutdrucks nicht im
geringsten die Rede sein konnte (Puls voll und kräftig auch bei schon eingetretener
Anurie), und wo die Sektion, falls der Tod im ersten Stadium der Anurie erfolgte,
eine kolossale Hyperämie der Nieren und eine akute Nephritis aufdeckte mit
Schwellung und Trübung des Epithels der Harnkanälchen. Man könnte sich vor-
stellen, daß in solchen Fällen zwar der arterielle Zufluß nicht gehemmt war, wohl
aber infolge des anatomischen, hierbei ventilartig wirkenden Baues des Nieren-
beckens der venöse Rückfluß. Hierdurch würde ebenfalls eine Stagnation bedingt.
Jedenfalls habe ich im Gegensatz zu A. Plehn mehrfach das Auftreten
schwerer Nierenkoliken bei Anurie gesehen, die nach den Ergebnissen der Sektionen
nur durch starke Hyperämie und Erhöhung des intrarenalen Drucks zu erklären
waren (siehe unten).
Öfters findet man wie auch zuweilen bei Perniciosa (vgl. diese) starken
trockenen Husten!
Das von A. Plehn betonte und von mir meist bestätigte Ausbleiben ernsterer
urämischer Symptome bei Schwarzwasserfieberanurie erklärte de Haan .durch die
bedeutende Herabsetzung des Stoffwechsels infolge der eintretenden Sauerstoffarmut
des Blutes.
Übrigens sah ich in 2 Fällen auch leichte Krämpfe bei Anurie auftreten, die
wohl nur als urämische zu deuten waren. Sodann kann es auch noch nach
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. IIL 37
'578 I^i*- Hans Ziemann.
Schwinden der Hämoglobinurie zu Nephritis kommen, welche ebenfalls zu Anurie
und zum Tode führen kann.
Im allgemeinen gibt jede länger als 24 Stunden dauernde Schwarzwasserfieberanurie
fast absolut ungünstige Prognose, und sind die 4 Fälle A. Plehn's, bei denen es trotz mehr-
tägiger Anurie wieder zu mehr oder weniger normaler Punktion der Nieren kam, als
Ausnahmen zu betrachten. 3 seiner Fälle kamen nachher doch zum Exitus.
Einer seiner Schwarzwasserfieberkrauken gab auch mit Bestimmtheit an , früher
einmal 4 tägige Anurie gehabt zu haben. Ein anderer Patient mit 9 tägiger Anurie blieb
bis wenige Stunden vor dem Tode bei voller Besinnung und, abgesehen von den 2 letzten
Tagen, in erstaunlich gutem Kräftezustande. Nur der Arzt konnte die verzweifelte
Schwere des Zustandes ermessen.
Trotz mehrtägiger Anurie kann die Temperatur ganz fieberlos
bleiben.
Die während der mehr oder weniger kompleten Anurie abgesonderte Harn-
flüssigkeit war in meinen Fällen von einer trüben gelben bzw. braungrauen, manchmal
ins Grünliche schillernden Farbe mit wenig oder keinem Gehalt an Albumin. In
wenigen FäUen sah ich dann auch sehr reichen Gehalt an Albumen, reichliche
Zylinder und verfettete Nierenepithelien. Nach mehrtägigem Bestehen der Anurie
trat fast bei allen meinen Kranken intensiver Harngeruch der Haut auf. Ödeme
habe ich bei Anurie auffallenderweise bisher stets vermii3t.
Eine ebenso ungünstige Prognose wie die Fälle mit Anurie er-
gebe nsolcliemitaku teintreten der Insuffizienzderhämopoetischen
Organe (vgl. unter pathologisch-anatomischer Befund).
Es kann in diesen Fällen nach Schwinden der Hämoglobinurie
und der etwa vorhanden gewesenen Malaria ganz normaler, heller Urin,
ja sogar in abnormer Menge entleert werden. Trotzdem hält das remit-
tierende bzw. interemittierende Fieber an.
Die roten Blutkörperelemente sind hochgradig verändert (fast nur aus Makro-
Mikro-, Poikilocyten bestehend), Basophihe und Polychromatophilie ausgesprochen, die
Gerinnungsfähigkeit minimal. Hämoglobin und Zahl der roten Blutkörper können nach
dem Schwarzwasserfieberanfalle weitere Abnahme zeigen, da kein Ersatz für die unter-
gehenden Blutelemante geleistet wird.
Auffallend ist, daß in solchen Fällen, selbst wenn der weitere Blutzerfall
ein rapider wird, bis jetzt nicht Hämoglobinämie gefunden wurde, und der Urin seine
helle klare Farbe behielt. Wie ein Licht langsam aushscht, dämmern solche Kranke
meist ohne Bewußtsein und Schmerzen hinüber. Derartige Fälle scheinen mir mehr als
bisher der klinischen Beachtung wert.
Pathologlsch-anatomisclier Befund bei Schwarzwasserfleber.
Derselbe wird etwas verseil ie den sein, je nachdem das Schwarz-
Avasserfieber sich anschloß an eine manifeste Malaria oder nicht
(Fälle MuRKi's oder Tomaselli's). Im ersteren Falle kommt eben zu dem patho-
logischen Malariabefunde derjenige des Scliwarzwasserfiebers liinzu. Der Befund
wird ferner verschieden sein, je nachdem der Tod auf der Akme
des Blutzerfalls erfolgte, oder erst so und soviel Tage später,
nachdem hochgradigste Anämie, auch der inneren Organe, ein-
getreten, bzw. die Funktion der Nieren schon völlig normal ge-
worden war.
Bei Zusammenfassung zahlreicher Sektionsprotokolle ergibt sich als Schema
für den mikroskopischen Befund bei frischen Fällen folgendes :
Das Scliwarzwasserfieber. 579
Tief zitronengelbe Leiche. Starker Ikterus des Unterliautzellgewebes. Bei Durch-
schneiden der Haut ziemlich reichliches , dunkles , flüssiges Blut. Ikterus der inneren
Organe.
Auf dem Herzbeutel gelblich verfärbtes Fett. Im Herzbeutel ein gewisses
Quantum gelber seröser Flüssigkeit. Herz meist vergrößert und diktiert. In Kammern
und Vorkammern dunkelrotes, flüssiges Blut mit Speckgerinnseln. Klappen gelblich
verfärbt.
Lungen nicht kollabiert. Zwischen den Lungenlappen oft eine gelbliche, gallertige
Masse. Lungen zuweilen durch fibrinöse Auflagerungen mit der Pleura costalis verklebt.
Lungen ziemlich blutreich. Oft beginnendes Lungenödem.
Milz stark vergrößert, von derber Konsistenz (bei gleichzeitiger akuter Malaria
weich), sehr pigmentreich. Malpighi'sche Körper sehr deutlich.
Nieren oft sehr blutreich, aber durchaus nicht immer vergrößert (wenigstens
nicht in meinen Fällen). Kapsel meist gut abzuziehen. (Nephritis interstitialis incip.
meist nur bei länger dauernder Anurie.) Auf dem Durchschnitt Nieren hyperämisch,
oder nach länger dauernder Krankheit blaß, fast immer deutlich getrübt.
In den Pyramiden , besonders in der Nähe der Papillen , zeigt sich schon makro-
skopisch eine feine, schwarzbraune Streifung, welche den von Hämoglobinschollen und
Zylindern erfüllten geraden Harnkanälchen entspricht.
Leber etwas vergrößert, hart. Gallenblase strotzend erfüllt von grüner, oft dick-
flüssiger Galle. Leber auf dem Durchschnitt von schmutzig-gelbgrüner bzw. gelbbrauner
(Schokoladen-) Farbe, von gekörntem Aussehen, letzteres infolge Einsinkens des verfetteten
Zentrums der Acini). Messer beim Durchschneiden zuweilen knirschend. Pfortader
strotzend mit Blut gefüllt, Gallenkapillaren deutlich als grünliche, feinste Stränge wahr-
nehmbar.
Darm: Im Jejunum und Ileum zuweilen Hyperämie in wechselndem Grade.
Magen: Mucosa oft mit reichlichem grüngelben Schleim bedeckt. Gastritis paren-
chymatosa haemorrhagica recens.
Knochenmark: gelblich, gallertig, manchmal halbflüssig, in 2 meiner Fälle
in eine dicke, ölige Flüssigkeit verwandelt. Daher die völlige Unmöglichkeit
einer Blutregeneration. In einem Falle sah ich im Knochenmark Bündel strahlenförmig
angeordneter feiner Nadeln (Tyrosinkristalle !).
Gehirn: In den Blutleitern dunkelrotes, flüssiges Blut, Gefäße der Hirnoberfläche
stark blutgefüllt. Dura mater meist leicht abzuziehen (Arachnitis haemorrhagica recens).
Tela chorioidea mit kleinen, gelblichen, gallertigen Auflagerungen. In den Seitenventrikeln
meist etwas seröse, gelbliche Flüssigkeit.
Mikroskopischer Befund.
Bezüglich der Veränderungen, die auf voraufgegangene Malaria zurückzuführen
sind, sei auf Kapitel „Patholog. Anatomie", S. 359 I. Halbband, verwiesen. Hier
interessiert uns vor allem der Befund bei Leber und Meren.
Leber: Wie schon früher erwähnt, können sich die Kapillarendothelien in Leber
und Milz vergrößern, loslösen und Phagocyteueigenschaft gewinnen, indem sie Hämo-
siderin, Melanin und Parasitentrümmer aufnehmen. (Betr. der chemischen Reaktion
beider Pigmente vgl. ebenfalls S. 386 T. Halbband.)
Diese Kapillarendothelien können sich bei der Sektion im Lumen der Lebervenen
bzw. der Leberkapillaren als spindelförmige oder mehr rundliche Zellen mit großem
Kerne finden. Blutkapillaren oft diktiert. Die Leberzellen selbst oft hochgradig ver-
fettet, enthalten meist größere Mengen von Hämosiderin (leicht nachweisbar durch die
Eisenreaktion, S. 388), aber nie Melanin. Diese fettige Degeneration kann zuweilen
in bestimmten Bezirken der Leber besonders stark und schon makroskopisch nachweisbar
auftreten. Nicht selten sieht man Übergänge von der Verfettung der Leberzellen in
Nekrose.
37*
580 ^^- Hans Ziemann.
Nieren: Epithel der Grlomeruli oft nicht sichtbar verändert. Dagegen kann auch
hier Hämosiderineinlagerung sich finden bzw. Imprägnierung durch Hämoglobinepithel
der Harnkanälchen , in den tötlich endenden Fällen verfettet, z. T. nekrotisch und oft
mit Hämosiderinkörnchen bzw. Hämoglobin imprägniert. Bei Anurie finden sich in den
zuweilen erweiterten, geraden Harnkanälchen Hämoglobinzylinder (die A. Plehn in den
gewundenen Harnkanälchen stets vermii3te, und) die als feste Pfropfe den Verschluß be-
dingen können. In älteren Fällen von Anurie verlieren diese Pfropfe wieder ihre Hämo-
globinfarbe.
Diagnose des Schwarzwasserflebers.
Da es sich, wie wir sahen, wm. einen einheitlichen Krankheitsprozeß handelt
prinzipielle Unterschiede zwischen sogenannter Chininvergiftung und eigentlichem
Schwarzwasserfieber nicht existieren, dürfte die Diagnose leicht sein. Halten wir
nur daran fest, daß zum Entstehen des Schwarz Wasserfiebers nötig ist:
1. meist wiederholtes Überstehen von Malaria,
2. eine Gelegenheitsursache — also gewöhnlich Chinin oder ein anderes
Medikament, bzw. manifeste Malaria.
Wenn dann die frülier deutlich geschilderten Symptome (speziell Hämo-
globinurie, Schüttelfrost, Ikterus, heftiges Erbrechen) auftreten, wenn dann noch
Malariaparasiten bzw. melanifere Leukocyten (oder Vermehrung der großen mono-
nukleären Leukocyten) nachweisbar sind, ist jeder Zweifel ausgeschlossen. Letzteres
ganz besonders, wenn es sich um eine sogenannte Schwarzwasserfiebergegend handelt.
Von größtem Wert wäre aber auch die Diagnose der Schwarz-
wasserfieberdisposition.
Leider läßt uns bekanntlich die prophylaktische Untersuchung des Blutes im
Stiche, da wir vor dem Schwarzwasserfieberausbruche zuweilen auch ganz normale
Blutbefunde haben können.
Immerhin haben wir, falls bei einem chronisch Malaria-
kranken (noch dazu etwas kachektischem) nach Chiningenuß Ei-
weiß bzw. Urobilin im Harn auftritt, wenn ferner Temperatur-
steigerung sich einstellt, mit der Seh warzwasserfieberdisposition,
ja schon eingetretener leichter Hämocytolyse zu rechnen. Besonders
trifft das zu für Leute, die früher schon ein- oder mehrmal Schwarzwasserfieber
überstanden. Ich möchte dringend empfehlen, in Fällen mit ver-
muteter Schwarzwasserfieberdisposition die Toleranz gegen
Chinin künftig auch durch ständige Kontrolle des Blutes festzu-
stellen (durchzählen der roten Blutkörper jedesmal 12 — 18 Stunden
nach erfolgter Chiningabe, ferner durch Feststellen des Hämo-
globin g e h a 1 1 s). Ist ein Sinken der betr. Zahlen festzustellen, ist mit den Chinin-
dosen auszusetzen.
Ebenso werden wir nur mit kleinsten Chinindoseu beginnen können, wenn sich
starke Basophilie, Potychromatophilie , Verringerung der Isotonie der roten Blutkörper
und Verringerung der Gerinnbarkeit des Blutes findet.
DiflFerentialdiagnose des Scliwarzwasserflelbers gegenüber
1. paroxysmaler Hämoglobinurie. Letztere zwar klinisch dieselben
Symptome zeigend, aber in den Tropen mindestens viel seltener wie Schwarzwasser-
fieber und nie zum Tode führend.
2. Gelbfieber. Es kommt bei demselben im Gegensatz zum Schwarzwasser-
Das Schwarzwasserfieber. 581
fieber niemals zur Hämoglobinurie, selir selten zu Hämaturie. Auch ist das bei
Gelbfieber häufige Blutbreclien bei Schwarzwasserfieber sehr selten und niemals
profus. Ferner tritt bei Grelbfieber der Ikterus erst am 2. — 3. Krankheitstage auf,
und kann der Puls sogar 'auf 40 in 1 Minute herabsinken. Schließlich läßt das
Gelbfieber, welches eine ziemlich hochgradige Immunität hinterläßt, im Gegensatz
zum Schwarzwasserfieber, stets das Vorhandensein von Blutparasiten vermissen.
Auch fehlen Milz- und Leberschwellung. Weiteres vgl. den Abschnitt über Gelb-
fieber von Caeroll in Bd. II.
3. Morbus Weili, Icterus gravis, Phosphorvergiftung und
Yergiftung durch Morcheln usw., akute gelbe Leberatrophie, dürften
ebenfalls leicht von Schwarz Wasserfieber zu trennen sein, schon durch Fehlen der
Malariaparasiten und Maugel der für Schwarz wasserfieberausbruch nötigen Ge-
legenheitsursachen (Cliiningaben usw.).
Prognose des Schwarzwasserflebers.
Sie hängt ab von dem Zustande des Herzens, Beschaffenheit des Blutes (ob vor-
her anämisch), Regenerationsfähigkeit der hämopoetischen Organe und dem ev. Zustande-
kommen einer Nierenverstopfung. Ungünstig wird die Prognose, wenn es sich um
Eezidive des Schwarzwasserfiebers bei Nephritis handelt. Auch ein Transport des
Kranken nach dem Krankenhause wirkt nach A. Plehn ungünstig wegen dadurch
begünstigten Zustandekommens von Anurie. Ferner sahen wir schon, daß, wenn
der Urin teerfarbene Beschaffenheit gewinnt, es besonders leicht zu Anurie zu
kommen scheint.
Ungünstiger wird die Prognose natürlich auch noch, wenn es sich um Kom-
plikationen mit anderen Krankheiten me z. B. mit Dysenterie, Ankylostomiasis usw.
handelt.
Im allgemeinen scheinen diejenigen Fälle, wo es sich nicht um manifeste
Malaria handelt, und wo Chinin den Anfall auslöste, quoad vitam eine etwas günstigere
Prognose zu geben , ebenso die Fälle ohne Chininbehandlung. Jedenfalls hatten die
meisten Autoren (außer Steudel, Mense, Deyepondt usw.) bei Chininbehandlung un-
günstige Resultate, manchmal bis zu 80 "/o Mortalität. Im übrigen sind die
Mortalitätsziffern je nach den einzelnen Schwarzwasser fieber gegen den
und je nach der Behandlungsart verschieden.
BiANCHiNi sah am Kongo bei einem großen Materiale eine Mortalität von nicht
weniger als 40 "/o der Erkrankten. (Verlauf stets sehr schwer.) Mense hatte dort keinen
Todesfall unter 22 Erkrankungen.
A. Plehn hatte ohne Chininbehandlung 10 % ; ™it Chininbehandlung 24,6 %
Mortalität.
Schellong verlor 3 von 7 Fällen, Macey 50 %, Mueatte und Michel, zitiert nach
F. Plehn, 30—50 »/q, ich selber 15 «/g.
Auch können nur größere Zahlenreihen brauchbare, vergleichende Übersichten geben.
Therapie des Scliwarzwasserflebers.
Gerade diese stellt der Kunst des Tropenarztes die schwersten Aufgaben.
In bezug auf Details verweise ich auf das Kapitel „Therapie der Malaria".
Wir haben zunächst symptomatisch zu verfahren und
1. die Herzkraft zu erhalten und überhaupt den Kräftezustand des Pa-
tienten,
2. die Nierenverstopfung,
582 ßr. Hans Ziemann.
3. die weitere Hämocytolyse zu verhindern zu suchen und jedenfalls das
Agens auszuschalten, das die Hämocytolyse unterhält
(Malaria, Chinin etc.).
Der Kranke kommt sofort ins Bett und wird mit wollenen Decken zugedeckt.
Bei starkem Schüttelfrost Wärmflaschen ins Bett oder Anwendung des QuiNCKE'schen
Schwitzapparates. Bei starken Kopfschmerzen lege man Eisblase auf den Kopf und
vermeide nach Möglichkeit Phenacetin oder Antipyrin (ev. sonst hämocytoly tisch
wirkend). Gegen das starke Erbrechen gibt man Chloroformmischung (vgl. dt. unter
Malariatherapie).
Wird die Mischung ausnahmsweise nicht vertragen, gebe man Eisstückchen zu
schlucken, ferner Kataplasmen von warmen Semen sinapis bzw. Charta sinapisata auf die
Magengrube. Auch Cocain 0,1 : Aqua 50,0, 3 mal täglich 1 Teelöffel , kann man gegen
das Erbrechen geben. Bertkand empfiehlt gegen das Erbrechen Laudanum.
Sehr zu empfehlen ist nach Mei^se's Vorgang, daß man nicht aus Gefäßen,
sondern mit dem Saugrohr oder mit Schnabeltassen die flüssige Nahrung oder die
Getränke aufsaugen läßt. Die Neigung zum Erbrechen wird dadurch geringer vne
bei dem komplizierten Akte des Trinkens aus einem Glase in aufgestützter Haltung.
In Fällen mit unstillbarem Erbrechen habe ich,, wenn die Urinsekretion und der
sonstige Kräftezustand gut waren, aber nur dann, und wenn es sich um
nicht ängstliche Personen handelte, Magenspülung mit warmer Lösung von
Natr. chlorat.
Natr. carbonic.
Magnesium sulfuricum aa. 20/1000
gemacht.
Man ist erstaunt, welche Fülle von zähem glasigen Schleim man dadurch entfernt
und welche große subjektive Erleichterung der Kranke dadurch empfindet.
Gegen die starke Unruhe und trüben Stimmungen sowie
Schmerzen in den Nierengegenden (infolge Hyperämie) empfehle
ich dringend Morphiuminjektionen ä 0,02. Man verschafft dadurch dem
Kranken die so dringend nötige Eube und vor allem Euphorie, beeinflußt auch
etwas das Erbrechen.
Sind die Nierenschmerzen wie in einigen Fällen so stark, daß Morphium nur
momentane Linderung bringt, so sind trockene Schröpfköpfe auf die Nierengegend zu
empfehlen, und heiße verlängerte Bäder, um Hyperämie der Haut zu erzielen und
damit Ableitung der Hyperämie von inneren Organen.
Im übrigen sei man vorsichtig mit heißen Bädern, da man
dabei den Körper bewegt, was nach Möglichkeit zu vermeiden ist,
und beschränke sich lieber auf heiße Abreibungen unter der
Decke.
Vor allem sorge man für möglichst intensive Durchspülung
der Nieren durch reichlichste Getränkezufuhr unter strenger Mei-
dung aller Alkoholika. Man reiche daher größte Mengen warmen oder kalten
Tee bzw. Sauerbrunnen, Zitronen oder Limonenlimonade nicht oder wenig gesüßt,
Reiswasser oder Kinkel ibahtee. Der Geschmack der Kranken ist dabei entscheidend.
Ich empfehle dringend außerdem
Cal. carbonic.
Natr. chlorat.
Magnes. sulfur. aa. 30/1000,
aUe Stunden 1 Weinglas.
Das Schwarzwasserfieber. 583
Wird es nicht gern genommen, gebe man es gekühlt. Der Durst der Kranken
steigt dadurch meist rapide, und wird das Blutserum salzreicher, die Disposition zur
Hämocytolyse also yerringert. Auch Matthew, Cameon und Blair empfehlen auf Grund
des Umstandes, daß die Eingeborenen im Sudan regelmäßig Pottasche verzehien und
Kali zum Aufbau der roten Blutkörper nötig ist, Kalisalze (und Sonnenlicht).
Die Diurese steigere man außerdem durch Yerabreichen von
Liqu. Kali acet.
Tinctur. Scillae aa. 10,0/200,0,
2 stündlich einen Eßlöffel.
Diurin fand ich meist unwirksam.
Außerdem gebe man bei jedem Nachlassen des Pulses sofort Tinct. Strophant.
3 mal täglich 10 Tropfen oder, bei momentaner Herzschwäche Digalen intramuslvulär
oder per os 15 — 20 Tropfen, um den arteriellen Druck auf die Nieren nicht sinken
zu lassen und dort nicht eine Stagnation herbeizuführen. Bei Stuhlverlialtnng gebe
man hohe Einlaufe mit w^armer, abgekochter physiologischer Kochsalzlösung, die
äußerst wohltuend wirken, außerdem zur Entlastung der Leber Calomel 0,3 g bzw.
Apenta oder Karlsbader Salz oder nach Beetkajsid PodophyUin.
Bei Atemnot infolge der Sauerstoff Verarmung des Blutes gebe
man Sau er Stoffinhalationen nach dem Yor gange von Kohlstock.
Jedes tropische Krankenhaus sollte die dazu nötigen Stahlzylinder mit koprimiertem
Sauerstoff und Gummiballons mit Ansatzstück vorrätig halten, erhältlich durch die
Kade'scbe Apotheke, Berlin, Elisabethufer. Die Wirkung auf Puls und Allgemeinbefinden
der anämischen Kranken ist oft eine frappante.
Betreffs der Entleerung der Blase bei Benommenen vgl. unter Malariatherapie.
Nebenher geht die genaueste Kontrolle des Blutes (auch des Hämoglobingehalts)
und des Urins, welche täglich zu untersuchen . sind.
Der Aderlaß, den Rotschuh neben den zu erwähnenden Kochsalzinfusionen empfiehlt,
dürfte wohl heute allgemein als irrationell verlassen sein.
Vor allem ist die fast ständige Anwesenheit des Arztes und
die liebevollste Pflege nötig.
Während der akuten Hämocytolyse soll man nach Bowel absehen von der
Ernährung mit künstlichen Eiweißpräparaten, Fieischextrakten etc., um die Über-
lastung der Leber und Nieren durch stickstoffhaltige Substanzen nicht noch zu
steigern.
Verhinderung der weiteren Hämoeytolyse.
Koch Salzinfusionen.
Auf Grund der günstigen Erfahrungen, die man mit Infusionen physiologischer
Kochsalzlösungen bei Cholera erzielte, empfählen Ziemann, Gouzien und Andere dieselben
auch bei Hämocytolyse. Schon früher hatte Steudel mit den jetzt verlassenen Blut-
transfusionen ausgezeichnete Erfolge erzielt. Nach unseren neuen Kenntnissen über die
Isotonie müßte man dazu 0,9 % Kochsalzlösung für die Infusionen verwenden.
Goüzien gibt 100 ^'/o Heilungen an!
Man spritzt in schweren Fällen, entweder gleich im Beginn des Schwarzwasser-
fiebers, unter allen Umständen aber bei einer Verringerung der Harnmenge unter 600 ccm
in 24 Stunden, 1000 ccm des künstlichen Serums ein. Man wählt als Einstichstelle die
Eossae infraclaviculares und die Gegenden an der Außenseite der Oberschenkel und
Unterschenkel. Länger als 2 Tage wird die sehr schmerzhafte Prozedur nicht ausgehalten.
Andererseits fand ich sie in 6 Fällen von eingetretener Nierenver-
584 Dr. Hans Ziemann.
stopfung, völlig wirkungslos, da die Harnkanälchen dann schon fest verstopft
sind. Peinlichste Asepsis ist selbstverständliche Voraussetzung, um keine Phlegmonen usw.
zu bewirken.
Pur gelegentliches Zurück- und Vorwärtsschieben der Kanüle, um der einströmenden
Kochsalzlösung neue Wege im subkutanen Bindegewebe zu schaffen, erleichtert sehr das
Einströmen größerer Flüssigkeitsmengen. Vorsichtiges, leichtes Massieren während der
Infusion befördert weiter die Verteilung. Mehr als 250 com sollten an einer Stelle nicht
infundiert werden.
Bei Leuten, deren Schwarzwasserfieber schon früher relativ
günstig verlief, wird man auf jeden Fall versuchen können, ohne
dieses heroische Mittel auszukommen, welches den meist schon sehr
nervösen Schwarz wasserfieb erkranken starke Schmerzen bereitet.
Von demselben Effekt und viel schonender fand ich später die
hohen Darmeingießungen mit 0,9 % physiologischer Kochsalzlösung.
Man muß dann den After ca. 20 Minuten durch "Wattebausch verschließen , um die
Resorption zu ermöglichen.
Tee Ton Folia combreti alti oder Kinkelibahtee wurde sehr empfohlen, und zwar
in Form eines Dekokts von 50 g Folia auf '"^/^ Liter Wasser. Er hatte nicht den ge-
ringsten Erfolg.
Tinctura Calajae (aus Ostafrika), durch die katholischen Missionen empfohlen und
erhalten, wurde ebenfalls ohne Erfolg erprobt.
Opium sollte nach Tomasselli die Hämocytolyse günstig beeinflussen. Eine Be-
stätigung dieses Resultats wurde nicht gefunden.
Calciumclilorid : Vincent,^) der mit Doptee die antihämocytolitische Wirkung des
Calciumchlorid untersuchte, empfahl, bis 4,0 g Calciumchlorid per os am Tage zu geben,
oder 1 — 2 subkutan mit physiologischer Kochsalzlösung. Verf. hat über das Verfahren
noch keine eigenen Erfahrungen.
Handeltes sichumMalaria + Schwarzwasserfieber, wirkt also
die Malaria als das hämocytolytisoh wirkende Agens, so werden
wir uns zunächst expektativ verhalten und überhaupt kein Chinin
ge^ben.
Wir sahen ja, daß in der großen Mehrzalil der Fälle die Malariaparasiten^
infolge der Hämocytolyse schnell von selbst verschwinden.
Wenn die Parasiten ausnahmsweise ihr Zerstörungswerk weiter verrichten,!
sei auf Abschnitt „Chuiintherapie der Malaria" verwiesen.
A. Plehn plädiert in solchen Fällen dafür, Chinin gleich in therapeutischen
Dosen zu geben , also 0 : 5 — 1,0 g, um nicht erst das weitere Fortschreiten der Malaria-
anämie abzuw^arten.
In seinen Fällen wurde das Chinin dann unerwartet gut vertragen, und kam es zu
keinem neuen Anfalle von Hämocytolyse.
Ziemann empfahl in den oben erwähnten Fällen, da er Chinin mehrfach auch in
kleinen Dosen Hämocytolyse hervorrufen sah, eine Gewöhnung an das Chinin, be-
ginnend mit kleinen täglich steigenden Dosen von 0,01 — 0,1, bis die therapeutische Dosis
von 1,0 g erreicht wurde. Ein allgemein gültiges Schema läßt sich hier nicht geben.
Es ist die Aufgabe des denkenden Arztes, hier zu individualisieren.
Näheres vergleiche unter Chinintherapie bei Malaria, woselbst auch die Chiningewöhnungs-
kur bei Schwarzwasserfieberdisposition geschildert ist.
Auch NocHT tritt warm für die Chiningewöhnungskur, beginnend mit kleinen
Dosen ä 0,01 g, ein.
I
^) Vincent, H., Pathogenie de la fien-e bilieuse hemoglobinurique, son traitement
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chlor, de Calcium. Ebenda.
Das Schwarzwasserfieber. 585
ZrEMANN mußte in seinem schon erwähnten Falle von extremster Idiosynkrasie die
Chinindosen sogar stets um ein halbes Milligramm steigern.
Sind im Blute des Schwarzwasserfieberkranken überhaupt
keine Parasiten zu entdecken, wird man auf Grrund der früheren
Darlegungen überhaupt kein Chinin geben, und erst nach Be-
endigung der Hämocytolyse mit einer vorsichtigen Chininge-
wöhnungskur beginnen.
Wegen der Hämocytolyse auslösenden Wirkung des per os genommenen Chinins
empfahl Kleine die Anwendung des Chinins im Klysma in steigernder Dosis,
falls Chininindikation vorhanden war. Verf. sah davon keinen Vorteil.
Kohlbrügge empfahl zur Vermeidung der Hämocytolyse gerbsaures Chinin.
Weitere Anwendung hat dasselbe nicht gefunden.
Ollwig und Kaedamatis empfahlen als Ersatzmittel des Chinin das Methylen-
blau. Ich habe nicht den geringsten Erfolg davon gesehen und kann wegen der den
Appetit völlig verderbenden Wirkung nur dringend davon abraten, um so mehr, da Methylen-
blau gelegentlich selber Hämocytolyse hervorrufen kann.
Behandlung der Scliwarzwasserflelberamirie.
Ist es trotz der erwähnten Behandlung zur Anurie gekommen, wird man wie
oben weiter symptomatisch verfahren (Erhaltung der Herzkraft, reiche Zufuhr von
Gretränken, Schwitzen usw.).
Gerade bei Anurie werden hohe Darmeingießungen mit physiologischer Koch-
salzlösung, ev. zweimal am Tage, sehr angenehm empfunden. Der auf der großen
Oberfläche des Darms sich niedersclilagende Harnstoff wird dadurch entfernt.
Werden pro Tag wenigstens noch 100 — 150 ccm Urin entleert,
darf man die Hoffnung auf Genesung nie ganz aufgeben (vgl. Fälle
A. Plehn's).
Wegen der fast absolut infausten Prognose bei kompleter
Anurie, die 24 Stunden dauerte, griff ich auf eine Anregung
Weknek's zurück, durch Nephrotomie die Anurie operativ zu be-
seitigen. Meines Wissens war das bisher noch nie geschehen.
Eine junge Lehrerin mit zweitem Schwarzwasserfieberrezidiv bekam komplete
Anurie. Während der ersten 2 Tage ungemein heftige Merenschmerzen. Am Abend
des 3. Tages Operation bei befriedigendem Kräftezustande der Patientin. Lumbaischnitt
am lateralen Rande des rechten M. sacrolumbal. Spaltung der Nierenkapsel und Ab-
tragen derselben bis zum Hilus und Nephrotomie durch die Konvexität der Nieren.
Operation gut überstanden. Es entleerten sich danach ca. 200 ccm trüben, gelbgrauen,
sehr eiweißhaltigen Qrins. In den folgenden Tagen wieder komplete Anurie. Exitus.
Bei Sektion komplete Verstopfang der Harnkanälchen.
In einem 2. Falle, wo ich ebenfalls zur Nephrotomie schreiten wollte, kam es vor-
zeitig zum Exitus durch Herzkollaps, und fand sich Hufeisenniere bei der Sektion, was
immerhin nicht gerade zu weiteren operativen Versuchen ermunterte.
Als Indikation käme die Nephrotomie nach dem Bisherigen
nur in Frage:
1. wenn die komplete Anurie nach 24 Stunden noch nicht beseitigt ist,
2. wenn der Kräftezustand und Puls gut ist,
3. wenn ausgesprocheneNierenkolik besteht, als Zeichen eines erhöhten,
intrarenalen Druckes, der dringend zu beseitigen wäre.
Je mehr die intrarenale Hyperämie nachläßt, je mehr die
586 • -Ui'. Hans Ziemann.
Konsolidierung der den Verschluß der Harnkanälchen bedingen-
den Massen fortschreitet, desto mehr dürften die Aussichten für
die Operation schwinden. Demnach wäre 24—36 Stunden nach Eintritt der
kompleten Anurie der geeignetste Zeitpunkt für die Operation. Betr. Technik vgl,
das klassische Werk des Franzosen Lejars „Technik dringlicher Operationen"
(Jena, 0. Fischer, 1902).
Prophylaxe des Schwarzwasserflelbers.
Die Prophylaxe des Schwarzwasserfiebers ist auch die der Malaria. Ich ver-
weise daher auf den betr. Abschnitt bei Malaria.
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Vortrag auf dem internationalen medizinischen Kongreß zu Paris im Inst. Pasteur.
I
Anmerkung. Verf. konnte wegen der räumlichen Entfernung die Revision der Korrektur-
bogen nicht selber vornehmen !
Kala Azar.
Von
Lieut. Col. W. B. Leishman, R. A. M. C.
Deutsch von C. Mense.
(Mit Tafel XII.)
Deflnition.
Kala Azar ist eine chromsche, fast immer unheilbare fieberhafte Krankheit,
welche in endenaischer und epidemischer Form in tropischen und subtropischen
Gegenden auftritt, sich durch eine progressive Yergrößerung der Milz und häufig
auch der Leber, starke Abmagerung und Neigung zu Blutungen und hydropischen
Ergüssen auszeichnet, in der Regel durch Kräfteverfail und bestimmte Kom-
plikationen, wie Ruhr, Lungenentzündung und Noma zum Tode fülirt und mit dem
Auftreten von zu den Protozoen gehörenden Mikroorganismen in Milz und Leber in
Verbindung steht, deren biologische Stellung noch nicht exakt bestimmt ist.
Bezeiclmungen der Kranklieit.
Die wörtliche Übersetzung von Kala Azar ist : Schwarze Krankheit.
Kaladukh, Kalajwar, Dum-Dum-Fieber (Leishman).
Non malarial remittent fever (Ceombie).
Tropische Splenomegalie — Kachektisches Fieber (Rogees).
Viele Fälle von sogenannter Malaria-Kachexie sind ebenfalls dazu zu rechnen.
Geschichte und geographische Yerhreitung.
Eine endemische, in einigen Teilen Assams herrschende Krankheit ist unter
dem Namen Kala Azar schon seit 1869 und wahrscheinhch schon früher bekannt
gewesen, hat aber bis 1882 wenig Beachtung gefunden. lu diesem Jahre fing sie
an, sich dem Bramaputratale folgend in epidemischer Form zu verbreiten und rief
unter den Eingeborenen eine so große Sterblichkeit hervor, daß ganze Dörfer ent-
völkert wurden und weite Landstriche verödeten. Vom Garo Hills District aus-
gehend griff die Seuche allmähHch auf den benachbarten Goalpara District über
und faßte, allmählich den gewöhnlichen Verkehrs- imd Handelswegen talaufwärts
folgend, in den Dörfern und Landschaften am Bramaputra festen Fuß.
592 W. B. Leishman.
Das Südufer des Flusses wurde am schwersten heimgesucht, aber häufig auch
Ortschaften und Gegenden am Nordufer ergriffen, welche in lebhaftem Verkehr mit
ersterem standen. Die Epidemie machte nur langsame Fortschritte, sie gebrauchte
z. B. sieben Jahre, um vom Garo Hills District bis nach dem 100 Meilen entfernten
Gauhati vorzudringen. Nach und nach rückte die Krankheit bis in den Nowgong
District vor und von dort nach Tezpur und Mangaldai. Nachdem sie in den
einzelnen Bezirken einige Jahre geherrscht hatte, verlor die Seuche dort ihren
epidemischen Charakter und erlosch bis auf einzelne endemisch immer noch vor-
kommende Fälle.
Die hohe Mortalität der Epidemie erweckte bald das öffentliche Interesse und
veranlaßte die Entsenduag von drei verschiedenen Kommissionen zu ihrer Er-
forschung und Bekämpfung. Die über ihr Wesen zutage tretenden bedeutenden
Meinungsverschiedenheiten lenkten die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die Krank-
heit und werden bei Besprechung der Ätiologie erörtert werden.
Durch die Entdeckung des Parasiten, welcher konstant mit der Krankheit
verbunden zu sein scheint, ist die wissenschaftliche "Welt zum Studium der Käla-
Äzar au£s Neue angespornt worden und zu gleicher Zeit hat der Nachweis desselben
Mikroorganismus bei Erkrankungen mit ähnlichen klinischen Symptomen in anderen
Teilen Indiens und der übrigen Tropenwelt seine Bedeutung bedeutend gesteigert.
Es waren dieses Fälle, welche den Forschern auf dem Gebiete der Tropenkrank-
heiten schon viel Kopfzerbrechen gemacht hatten imd unter verschiedenen Namen
wie Malaria-Kachexie, tropische Splenomegalie u. a. beschrieben worden waren.
Im folgenden wird neben der epidemischen in A s s a m auftretenden Form der
Kala Äzar auch die endemische Form der Krankheit besprochen werden, welche in
vielen Teilen Indiens, in China, Nordafrika und Arabien vorkommt.
Die eigentliche Kala Azar im engeren Sinne, d. h. die epidemische Form der
Krankheit, scheint auf das Nordostgebiet von Britisch Indien, besonders auf
das große Gebiet von Assam beschränkt zu sein, es ist jedoch nicht möglich, die
Grenzen des Vorkommens der endemischen Form festzustellen, da ihr Zusammen-
hang mit Kala Äzar erst in neuester Zeit erkannt worden ist und systematische
Forschungen über die Verbreitung des Krankheitserregers in den Tropen noch niclit
angestellt werden konnten. Bis zum Tage, wo diese Zeilen niedergeschrieben
worden, sind Fälle aus den verschiedensten räumlich weit voneinander getrennten
Gegenden Vorderindiens, Calcutta, Madras, Ceylon, ferner aus Birma,
Peking, Arabien, Ägypten, Tunis und Algerien berichtet worden, aber
erst mit der Vervollkommnung unserer Kenntnisse über den Parasiten und die not-
wendigen Untersuchungsmethoden wird es möglich sein, alle endemischen Herde
der Krankheit zu entdecken und ihr Verbreitungsgebiet genauer abzugrenzen. Heute
steht nur die Tatsache fest, daß alle beobachteten I alle ihren Ursprung in tropischen
oder subtropischen Ländern südlich vom 49. Grad nördlicher Breite haben.
Ätiologie.
Nur wenige Tropenkrankheiten haben der Spekulation und dem Aufbau von
Hypothesen ein günstigeres Feld geboten als Kala Äzar. Bei dem ersten Bekannt-
werden der epidemischen Form im Berglande von Garo nahm man allgemein an,
daß es sich um Malaria handle, bis die hohe Sterbliclikeit und die offenbare
Kontagiosität diese Erklärung als unzureichend erscheinen ließ.
GiLES fand 1890 bei seinen Beobachtungen eine große Anzahl von Kranken
mit Ancylostomum duodenale behaftet und kam in einem sorgfältig ausgearbeiteten
Kala Azar. 593
Berichte über die Seuche zu dem Ergebnis, daß die gesteigerte Mortalität in den heim-
gesuchten Distrikten auf die durch diese Schmarotzer hervorgerufene schwere Anämie
bei ohnehin schon durch Malaria geschwächten Menschen zurückzuführen sei. Dobson
Terwies schon bald nachher auf die allgemeine Verbreitung dieser Parasiten unter den
Eingeborenen, ohne daß ein Verdacht auf Kala Azar bestünde, und auch bei anderen mit
■der Krankheit vertrauten Autoren fanden die GiLEs'schen Hypothesen keine Unter-
stützung.
EoGERS, welcher 1896 mit Untersuchungen über das Wesen der Krankheit betraut
■wurde, erschütterte in seinem Berichte die GiLEs'sche Annahme über die ätiologische
Bedeutung der Ankylostomen vollständig und kehrte zu der Auffassung zurück, daß
Kala Azar nur eine bösartige Malariaform sei. Die hohe Sterblichkeit, Übertragbarkeit
und das epidemische Auftreten erklärte er durch eine Steigerung der Virulenz der
Malariaerreger bei ihrem Übergang von einem Menschen zum anderen, ähnlich der
Virulenzzunahme, welche bei gewissen Bakterien bei der Passage des Krankheitsgiftes
■durch die Körper empfindlicher Tiere eintritt. R. hielt ferner eine in Niederbengalen
1869 unter dem Namen Burdwan-Fieber beobachtete schwere Epidemie für Kala
Azar, d. h. Malaria.
Nach Rogers wurde die Krankheit von Ross studiert, welcher in seinem 1899 ver-
-öffentlichten Berichte der Annahme beipflichtete, daß Kala Azar nur eine schwere Form
von Malaria wäre.
Beide aber wiesen schon darauf hin, daß eine von Kala Azar nicht zu unter-
scheidende endemische Krankheit in vielen anderen Teilen Indiens vorkäme.
Obschon die Veröffentlichungen von Giles, Rogers und Ross reiches Material über
•das Wesen, den Verlauf und die Epidemiologie der Kala Azar enthielten, blieben manche
Tatsachen durch die Maiariahypothese unerklärt, nämlich die hohe Sterblichkeit, die
offenbare Kontagiosität, der häufig negative Ausfall der Untersuchung des Blutes oder
der Milz auf Malariaparasiten, das nicht selten beobachtete Fehlen schwarzen Pigments
in den Organen und das Ausbleiben der Chininwirkung.
Von Bentley wurde dann 1902 Kala Azar für Mittelmeerfieber erklärt und
der Infektion mit dem Micrococcus melitensis zugeschrieben. Die lange Dauer des
Fiebers, die häufigen Remissionen und die von ihm gefundene Agglutinationswirkung
•des Serums solcher Fälle auf die Erreger des Mittelmeerfiebers waren für B. hinreichende
Beweise für die Identität beider Krankheiten.
Weitere Versuche ergaben jedoch neben deutlichen Unterschieden in der Sympto-
matologie, daß die von B. erhaltenen positiven Ergebnisse der Agglutinationsversuche
zweifellos der Anwendung von zu konzentriertem Serum zuzuschreiben waren und daß
■der Nachweis des Micrococcus melitensis in der Milz weder intra vitam noch post mortem
gelang. Bentley hat seine Annahme zugunsten des neuen Parasiten zurückgezogen.
Im November 1900 fand ich den unten beschriebenen Parasiten in der Milz
•eines aus Indien invalide zurückgekehrten, im Militärhospital zu JSTetley verstorbenen
englischen Soldaten. Als die Beschreibung kaum im Mai 1903 veröffentlicht war,
traten Donovan, Makchand und Ledingham, Manson und Low mit Berichten über
Fälle hervor, welche sämtlich den Charakter tropischer Kachexie verbunden mit be-
deutender Milzvergrößerung zeigten. Bald darauf wurde derselbe Parasit bei Kala
Azar-Kranken von Bentley nachgewiesen, was Eogers und andere bestätigten,
so daß es heute kaum zweifelhaft ist, daß der neue Krankheitserreger sich in der
Milz und Leber aller Käla-Azar-Kranken vorfindet und die Ursache dieses Leidens
sowohl wie von zahlreichen Fällen von Tropenkachexie und Splenomegalie ist, wobei
er ja zuerst entdeckt wurde.
Hiernach erscheint es wahrscheinlich, daß die als Kala Azar
bezeichnete Affektion nicht eine verhältnismäßig seltene und
lokalisierte Tropenkrankheit ist, sondern nur eine außergewöhn-
lich schwere epidemische Form einer weit verbreiteten endemi-
schen Krankheit, welche unter den verschiedenen Namen Malaria-
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 38
594 W. B. Leishman.
Kachexie, nicht malarisches - remittierendes Fieber, tropische-
Splenomegalie bekannt war. Zahlreiche Beobachter haben den neuen Para-
siten intra vitam oder am Obduktionstisch studiert. Seine äußere Erscheinung ist
zweifellos eine auffallend einheitliche und beständige, und zwischen den bei ende-
mischer Kala Äzar und anderen Fällen von Tropenkachexie vorgefundenen Mikro-
organismen besteht kein morphologischer Unterscliied.
Beschreibung des Parasiten. Id einem Ausstrichpräparat aus Milz;
oder Leber betrachtet erscheinen die Parasiten oval oder kreisrund mit einem
mittleren Durchmesser von etwa 3 i^ (vgl. Taf. XII Fig. 1). Sie sind farblos, unbe-
weglich und zeigen mit den gewöhnlichen basischen Farbstoffen behandelt nur eine-
geringe Differenzierung ihrer Struktur. Nach Eomanowsky gefärbt läßt jedes-
Körperchen zwei kleine Chromatinmassen von sehr scharfer und regelmäßiger Form-
erkennen. Die größere derselben ist entweder eine einzelne dichte kuglige ovale-
Masse von 1,5 — 2 ^ Durchmesser oder ringförmig mit einer heileren Zone im
Zentrum, die kleinere Masse hat gewöhnlich die Form eines kurzen, oft gekrümmten
Stäbchens, manchmal auch eines Pünktchens, färbt sich intensiv, fast schwarz, und
ist entweder senkrecht oder tangential zu der größeren Chromatinmasse gelagert,,
ohne sie jedoch unmittelbar zu berühren. Der übrige Körper des Parasiten nimmt,
bei Rom ANOWSKY- Färbung einen blaßblauen Farbenton an und scheint aus einem
klaren hyalinen Protoplasma mit scharf abgegrenztem Rande zu bestehen. An-
deutung von Vakuolenbildung in diesem blaugefärbten Protoplasma ist nicht selten.
Formen mit zwei größeren Chromatinmassen oder manchmal auch zwei kleineren
in einem .Körperchen werden gelegentlich angetroffen und deuten darauf hin, daß
in diesem Entwicklungsstadium die Yermehrung durch einfache Teilung vor sich
geht (Taf. XH Fig. 2).
Die Körperchen treten entweder einzeln oder in Klümpchen von mehreren
auf, bei letzterer Anordnung sind sie für gewöhnlich in eine sich blaufärbende
Grundsubstanz eingebettet, welche das Aussehen von körnigem Protoplasma hat
(J'af. XII Fig. 4). Der großen Meinungsverschiedenheit, welche über die Natur dieser
Matrix herrscht, ist es zum Ted. zuzuschreiben, daß die Ansichten über das Wesen
und die biologische Stellung dieser Parasiten so sehr auseinandergehen, wie weiter
unten erörtert werden wird.
Die einzelnen freien Parasiten oder die in die Grundsubstanz eingelagerten
Parasitenhaufen werden in Präparaten angetroffen, welche man durch Punktion der
Milz oder Leber intra vitam erhält, sowie in Ausstrichen aus diesen Organen nach
dem Tode. In Schnitten von diesen Organen werden die Parasiten fast ausnahmslos-
intrazellulär und zwar in dem Protoplasma großer mononukleärer Zeilen einge-
schlossen gefunden, welche endothelialen Ursprung erkennen lassen (Fig. 1 und 2)^
In solchen Schnitten sieht man nur sehr wenige freie Parasiten, und es scheint
sicher festzustehen, daß die in Ausstrich-Präparaten vorkommenden durch die Zer-
trümmerung der Zellen bei der Herstellung der Präparate mechanisch frei ge-
macht sind.
Man hat ferner beobachtet, daß bei der Milzpunktion während des Lebens nur
sehr wenig Parasiten gefunden werden, falls das Blut reichlich in die Spritze
strömt, selbst wenn sie in der Milz massenhaft vorhanden sind. Nur wenn die
Milzpulpe von der Nadelspitze oder durch die Saugkraft der Spritze gelockert wird
und einige der Milzzellen mit fortgerissen werden, ist der Nachweis der Para-
siten leicht.
In Schnittpräparaten, welche zur Demonstration des Chromatins gefärbt sind,,
fällt die intrazelluläre Lagerung der Mikroorganismen sehr deutlich in die Augen„
Kala Äzar. ' 595
SO daß das Studium des Yerlialtens derselben zu dem sie umgebenden Gewebe
möglich, ist.
Fig. 1 und 2 geben Schnitte aus Milz und Leber wieder, welche nach meiner
Chromatinmethode gefärbt und mit dem Abbe'schen Apparat gezeichnet sind. In der
Milz werden die Parasiten fast ausnahmslos in dem Protoplasma großer Zellen von
stark wechselnder Größe und Gestalt gefunden, deren Kerne oft unregelmäßig sind, wenig
Chromatin enthalten und vielfach seitlich gelagert sind. Diese Zellen messen 10 — 35 ,«
in der Länge und 8 — 15 ^ in der Breite (Taf. XII Fig. 3). Sie werden besonders in der
Milzpulpa angetroffen und nur selten in den Follikeln dort, wo diese in die Pulpa selbst
vorgeschoben sind.
Die Parasiten kommen in den Zellen oft in enormen Mengen vor, es sind 100 — 200
in einer einzigen Zelle gezählt worden. Ihr Chromatin ist scharf und klar gefärbt und
zeigt keine Spur von Zerfall oder intrazellulärer Verdauung.
Außer in diesen besonderen Zellen werden die Mikroorganismen gelegentlich in
polynukleären und mononukleären Leukocyten angetroffen (Taf. XII Fig. 5).
In der Leber kann man die Parasiten in ähnlichen großen einkernigen Zellen,
welche im Lumen der intralobulären KapiEaren liegeu, finden. In den Leber-
zellen sind sie in der Eegel nicht nachweisbar.
Im Knochenmark, in den Lymphdrüsen und anderswo treten sie eben-
falls im Protoplasma ähnlicher großer Zellen oder in Leukocj^en, selten aber frei
in den Geweben auf.
Die Natur der Zellen, welche die Parasiten beherbergen, verdient große Be-
achtung. Die Forschungen von Marchand und Ledingham und von Cheistophers
haben ergeben, daß wenigstens die Mehrzahl derselben Endothelzellen der kleineren
Kapillaren sind, welche die Parasiten aufnehmen und dabei stark an Umfang zu-
nehmen, manchmal sich von der Gefäßwand ablösen und in das Lumen frei werden.
Marchaxd und Ledingham nehmen jedoch an, daß nm- einige Zellen endothelialen
Ursprungs sind, und daß die meisten in der Milz vorkommenden in Wirklichkeit
vergrößerte Milzzellen sind, von denen eine Anzahl mit dem Blutstrom in die Leber
gelangen, wo sie in den intralobulären Kapillären angetroffen werden. Christophers
ist wiederum der Ansicht, daß sie sämtlich endothelialer Natur sind.
"Wie dem auch sei, sicher geht seitens dieser Zellen die Phagocytose der Para-
siten in großem Umfange vor sich, und wahrscheinlich findet auch die Yermehrung
ersterer zum großen Teile innerhalb dieser Zellen statt, und wenn die Zellen zer-
fallen oder durch die Tätigkeit der Parasiten zerstört werden, so dringen letztere
prompt in andere Zellen ein oder werden von solchen aufgenommen.
Vorkommen der Parasiten im Blute. Der großen Melu^zahl der
Autoren ist es nicht gelungen die Parasiten im peripheren Blute nachzuweisen.
In sehr schweren Fällen jedoch, wo diese in ungeheurer Zahl in Milz und
Leber vorhanden sind, hat man sie vereinzelt in den polynukleären und großen
mononukleären Leukocyten gefunden.
Der Ansicht, daß sie Schmarotzer der roten Blutkörperchen seien, wird bei
Besprechung ihrer biologischen Natur gedacht werden.
Verbreitung der Parasiten im Körper.
Milz. Wie schon gesagt, sind sie in diesem Organ fast in jedem darauf
untersuchten Falle von Kala Azar gefunden worden und zwar in bedeutender
Menge, wobei ihre Zahl der Schwere und Dauer der Erkrankung einigermaßen
entsprach. Dieses konstante Vorkommen ist für die Diagnose von größter Bedeu-
tung, indem die Milzpunktion die einzige zuverlässige Methode zur Auffindung der
Parasiten bildet.
38*
596 W. B. Leishman.
Leber. Wenn die Körperchen in der Milz vorhanden sind, so können sie
fast mit Sicherheit auch in der Leber nachgewiesen werden. In einigen Fällen
sind sie dort sogar zahlreicher als in der Milz.
Knochenmark. Besonders das rote Mark birgt oft die Mikroorganismen
in großen Zellen wahrscheinlich endothelialen Ursprungs.
Mesenterialdrüsen. Das Vorkommen in den Lymphdrüsen des Mesen-
teriums ist von großer Wichtigkeit und wird zwar nicht immer, aber doch bei
mehreren Fällen erwähnt.
Darmschleimhaut. Wie bei Besprechung der Symptome erwähnt werden
wird, wird Greschwürsbildung im Dickdarm häufig beobachtet. In der Nachbar-
schaft der Geschwüre sind die Parasiten entweder im Kapillarendothel oder in
Makroj)hagen gefunden worden. Ihr Vorkommen an dieser Stelle gibt einen deut-
lichen Fingerzeig für die Möglichkeit der Ausscheidung aus dem Körper.
Nieren. Man hat die Körperchen in einigen Fällen in den Gefäß schiin gen
der Nierenglomeruli nachgewiesen, in anderen blieb auch die sorgfältigste Unter-
suchung ohne Ergebnis.
Hoden. Das Vorkommen der erwähnten großen ZeEen mit einer wechselnden
Zahl von Parasiten in den Hodenkapillaren ist berichtet worden.
Arachnoidea. Im Blut kleiner punktförmiger Hämorrhagieen dieser Hirn-
haut sind die Parasiten beobachtet worden.
Lungen. In mehreren Fällen sind sie in Schnitten in geringer Zahl nach-
gewiesen worden, sie sind jedoch selten und scheinen in manchen Fällen ganz zu
felilen.
Haut. Bei der endemischen Form der Kranken wiu-den in Madras Haut-
geschwüre beobachtet, in deren Nachbarschaft die Körperchen gefunden wurden.
Christophees sah letztere in nicht ulzerierten Papeln der Haut und in größeren
und kleineren Hautgeschwüren in den Endothelzellen der Kapillaren und hält sie
für identisch mit den von Weight bei Orientbeule gefundenen Parasiten. (Vgl.
Bd. I S. 54 und Bd. III S. 203.)
Lymphdrüsen. Chsistophees erwähnt einen Fall, wo er sie in einer
Leistendrüse fand, in deren Gebiet ein Parasiten enthaltendes Geschwür saß.
Biologische Natur des Parasiten. Über diesen Punkt herrschte und
herrscht noch große Meinungsverschiedenheit. (Vgl. die Ausführungen Lühe's
Bd. III S. 202.) Vier Annahmen sind aufgestellt worden:
1. In meiner ersten Beschreibung über die in der Milz gefundenen Körpercheu
war ich auf Grund der großen Ähnlichkeit derselben mit gewissen Degenerations-
oder Involutionsformen von Trypanosoma brucei der Ansicht, daß es veränderte
Trypanosomen seien.
Später modifizierte ich meine Auffassung daliin, daß sie keine degenerierten
Trypanosomen aber möglicherweise Involutions- oder encystierte Formen entweder
von Trypanosomen oder eines anderen nahe verwandten Protozoen aus der Gruppe
der Flagellaten seien. Nach der neuesten Arbeit von Rogees, Statham und mir,
woraus hervorgeht, daß die Parasiten sich in Kulturen zu Flagellaten entwickelt
haben, dürfte diese Annahme richtig sein.
2. Laveean und Mesnil studierten von Donovan eingesandte Präparate, sahen
die Körperchen als zu Piroplasmen gehörig an und gaben ihnen den Namen Piro-
plasma donovani.
Auf diesem Standpunkte stehen diese Autoren noch heute, ohne daß sie noch
weitere Anhänger mit Ausnahme Donovan's gefunden haben. Sie stützen sich
auf folgende Punkte : a) Die schon erwähnte „Matrix", welche die Parasiten umgibt
ist nach ihrer Auffassung das Zerfallsprodukt roter Blutkörperchen, welche das
Kala Äzar. 597
Piroplasma enthielten, b) Die Birnenform der Parasiten spricht dafür, c) Spätere
Präparate Donovan's bestätigen die Annahme, daß gewisse, innerhalb der Erythro-
cyten des peripheren Bhites während des Fiebers von D. gefundene Körperchen
Jugendformen des Parasiten sind.
Trotz sorgsamer Untersuchung hat kein anderer Beobachter die Parasiten in
den roten Blutkörperchen zu finden vermocht. Überdies ist in den von Donovan
und von Lavekan und Mesnil veröffentlichten Abbildungen die Anordnung des
Chromatins in diesen angeblichen intrakorpuskulären Formen ganz verschieden von
der Anordnung in den in Milz und Leber gefundenen Parasiten. Die Birnenform
rührt, wie Christopheks bemerkt, von der elliptischen Form der Parasiten her,
welche im Profil gesehen der Schale der Herzmuschel (Cardium edule) gleicht.
Endlich ist die Deutung der Matrix als Teil des Protoplasmas der Makro-
phagen, in welchen die Parasiten gelagert waren, viel annehmbarer.
3. Boss kam bei der Durchsuchung der Donovan sehen Präparate zu einer
anderen Ansicht als Laveran imd der Verfasser und betrachtete die Mikroorganismen
als eine ganz neue Sporozoenart, für welche er den Namen Leishmania donovani
in Yorschlag brachte. Die Körperchen sah R. als Sporen an und die Matrix
als den Rest des Mikroorganismus. Dementsprechend faßt R. die von Wright in
Orientbeulen gefundenen Parasiten, welche von den hier in Frage kommenden nicht
unterschieden werden können , deren Identität mit den Kala Äzar-Parasiten jedoch
noch nicht erwiesen ist , ebenfalls als neue Art auf , für welche Wright den
Namen Eelcosoma tropicmn vorsclilug.
4. Christophers hält die Organismen für die Sporen eines Mikrospori-
diums, teilt aber in einer späteren Veröffentlichung mit, daß es ihm nicht ge-
lungen ist, durch Zusatz von Äther, Säuren oder Ammoniak die Bildung eines Pol-
fadens hervorzurufen.
Teilweise scheint die Frage durch eine neuere Angabe von Rogers geklärt
zu sein, daß es ihn gelungen sei, diuch ein Kulturverfahren die Parasiten zur Ent-
wicklung in Flagellaten zu bringen, welche er als Trypanosomen ansieht. Diese
Entwicklung konnte R. sowohl bei der endemischen Form der Krankheit in Cal-
cutta als auch bei der epidemischen echten Kala Azar in Assam erzielen, indem
er dem durch J^ülzpunktion gewonnenen Blute, um die Gerinnung zu verhindern,
etwas Natrium citricum zusetzte und die Röhrchen mit den Kulturen in einer
Temperatur von 22 o C hielt.
Unter solchen Verhältnissen entwickelten sich die Milzparasiten allmählich zu
geißeltragenden Organismen von großer Ähnlichkeit mit Trypanosomen. Diese
wichtige Beobachtung ist später von Statham und mir sowie von Chatterjee be-
stätigt worden. In ersterem Falle war das Material post mortem einem Falle der
endemischen Form, nämlich einem von Dum-Dum invalide nach Netley geschickten
Soldaten entnommen worden.
Entwicklung der Milzparasiten in den geißeltragenden
Organismus.
Wenn parasitenhaltiges, mit Zitronensäure versetztes Blut aus Milz oder Leber
l^i niedriger Temperatur (17 — 22 ^ C) gehalten wird, so treten folgende Verände-
rungen ein : In zwei Tagen fangen die kleinen ovalen Parasiten an, zu wachsen, ihr
Protoplasma färbt sich nach Romanowsky tiefer blau und erscheint stärker granu-
liert (Taf. XII Fig. 6 u. 7). Bei den vom Verfasser von dem STATHAM'sche Falle
angelegten Kulturen fiel auch die Vakuolisation des Protoplasmas auf. Dann ge-
winnt der Makronukleus bedeutend an Umfang, wird lockerer und unregelmäßiger
598 W. B. Leishman.
und weniger intensiv gefärbt. Der Mikronukleus erscheint in den meisten Fällen
ebenfalls vergrößert, hat oft die Form eines gekrümmten Stäbchens und färbt sich
beinahe schwarz. Auf dieser und allen folgenden Stufen der Entwicklung ist Yer-
mehrung durch Teilung erkennbar, indem sich erst der Mikronukleus, dann der
Makronukleus spaltet und die Trennung in zwei selbständige Parasiten vor sich
geht, deren jeder einen Mikro- und Makronukleus und ein vakuolisiertes stark färb-
bares Protoplasma besitzt (Tai XII Fig. 8). Da diese Teilungsformen oft nahe bei-
einander liegen, so bekommen sie das Aussehen einer Zoogloea-Masse, welche ent-
weder frei oder seltener in dem Protoplasma einer großen Milzzelle liegt, worin die
Körperchen früher eingeschlossen waren. Yierundzwanzig oder achtundvierzig
Stunden später beginnen die Parasiten eine ei- oder birniörmige Gestalt anzunehmen
und werden 7 — 10 .« lang, 2 — 6^ breit. Dann erscheint von der Nachbarschaft des
Mikronukleus ausgehend eine Geißel imd hebt sich plötzlich von dem Körper des
Parasiten deutlich ab (Taf. XII Fig. 9 u. 10). Anfangs ist diese Geißel kurz, 5—10 ^,
später kann sie eine Länge von 22 ^ erreichen ; sie ist stets gleichmäßig dick mit
Ausnahme des frühesten Stadiums, in welchem sie an der Ansatzstelle dicker er-
scheint, und färbt sich nach Romanowsky rot.
Die mit Geißeln ausgerüsteten Körperchen zeigen die charakteristische Eigen-
bewegung der Trypanosomen, indem sie sich mit dem Geißelende vorwärts bewegen.
Mit der Weiterentwicklung des Parasiten streckt sich der Körper und wird
in seiner ganzen Erscheinung einem Trypanosoma ähnlicher (Taf. XII Fig. 12).
Die Formen können eine Länge von 20—22 y. erreichen bei einer durchschnittlichen
Breite von 3 — 4 fi. Yon einer undulierenden Membran habe ich noch keine sichere
Andeutung finden können. Hierin und in dem Verlaufe der Geißel liegt ein Unter-
schied mit den echten Trypanosomen. Es ist jedoch möglich, daß die typische
Trypanosomenform in einem späteren EntwicklungsstadiTun erreicht wird, zumal
auch It-yp. leivisi einer undulierenden Membran entbehrt und eine fi^ei verlaufende
Geißel trägt, wenn es auf künstlichen Nährböden gezüchtet worden ist.
In den Kultiiren, welche ich von Statham empfing, bewahrten die Parasiten
ihre Beweglichkeit vier "Wochen lang, Avorauf sie abstarben. Es gelang mir wieder-
holt, ihre Yermehrung und Entwicklung in einer ersten und zweiten Abimpfung zu
beobachten, welche durch Zusatz einer Spur der Originalkultur zu frisch mit
Zitronensäure versetztem Menschenblut angelegt Avurdeu. Absterben und Yer-
schwinden der Parasiten erfolgte jedoch in den Subkulturen rascher als in den
Originalkulturen.
Tierversuche. Experimeiite und Übertragungsversuche an Tieren sind bis
jetzt völlig ergebnislos geblieben. Die Milzparasiten sind auf Affen und zahkeiche
andere Tiere subkutan, intravenös, intraperitoneal oder per os erfolglos überimpft
worden. AUe Yersuche, Tiere mit Kulturen, in denen die Geißelformen der Para-
siten enthalten waren, zu infizieren, sind ebenfalls fehlgeschlagen.
Die Kultur versuche zeigen deutlich, daß die Milzparasiten ein Entwick-
lungsstadium eines dem Trypanosoma sehr ähnlichen, wenn nicht zu demselben
Genus gehörigen Flagellaten sind. Es muß jedoch noch das Resultat weiterer
experimenteller Arbeiten abgewartet werden, ehe unsere Kenntnisse über den Ent-
A\ücklungsgang und den etwaigen Zwischenwirt der Parasiten und die Wege der
Übertragung auf den Menschen vollständig sind. ^
Die niedere Temperatur, bei welcher die Fortentwicldung zur Trypanosoma-
form vor sich geht, könnte auf einen kaltblütigen Zwischenwirt, etwa
einen Fisch oder ein Reptil hindeuten. Ein Beweis hierfür fehlt noch, wenn auch
folgende Beobachtungen von Bedeutung sind.
Zuerst hat Bentley festgestellt, daß eine Art Schlammfisch, welche in den
Kala Azar. 599
Tümijeln und Sümpfen in der Nähe von Dörfern, in welchen Kala Äzar herrscht,
vorkommt, Trypanosomen im Blute hat, während derselbe Fisch in anderen von der
Seuche verschonten Teilen Assams frei davon ist. (Vgl. hierzu die in Bd. III S. 88
•erwähnten, mit den Kala Äzar-Parasiten keinen Zusammenhang besitzenden Try-
panosomen südasiatischer Welse.)
Ferner hat Mackenzie darauf hingewiesen, daß die endemische Form der
Krankheit unter den Eingeborenen von Dum-Dum nur bei solchen Menschen auf-
tritt, welche gewohnheitsmäßig das unsaubere Wasser aus den Pfützen in der Nähe
ihrer Dörfer zum Trinken und Kochen benutzen, obschon sie selbst darin baden und
es auf die verschiedenste Weise verunreinigen. Unter den Eingeborenen dagegen,
welche ihr Wasser aus der Leitung des Miiitärkantonnements beziehen, ist die Krank-
heit selten. Beide Beobachtungen legen die Vermutung nahe, daß die Verunreinigung
•des Trink- und Nutzwassers durch Fäkalien in der Kette der zur Infektion von
Menschen führenden Umstände eine Rolle spielen.
Bis auf den heutigen Tag hegt kein Anzeichen vor, daß blutsaugende In-
sekten, Stechfliegen, Stechmücken usw. die Ansteckung vermitteln; die Möglichkeit
kann allerdings nicht von der Hand gewiesen werden.
Das Vorkommen eines von dem Kala Äzar-Parasiten nicht zu unterscheidenden
Mikroorganismus in der als Orientbeule, Delhibeule, Aleppobeule
lusw. bekannten Hauterkrankung (vgl. Bd. I S. 54) läßt die Identität beider mög-
lich erscheinen. Christophers und Donovan sehen in dem Nachweis der Kala
Äzar-Parasiten in Hautgeschwüren und Papeln einen Beleg für diese Annahme.
Ersterer findet auch in dem histologischen Charakter der Veränderungen im Dick-
darm eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit dem Bau der Orientbeule und hält es für
möglich, daß der Parasit bald die Bildung chronischer geschwüriger Grranulome,
hald eine schwere Allgemeininfektion hervorrufen kann. Zu beweisen ist diese
Annahme an der Hand des zurzeit vorliegenden Materials nicht.
Die Orientbeule kommt in manchen Gegenden Indiens vor, wo der Kala Äzar-
Parasit noch nicht gefunden worden ist. Es ist aber noch nie beobachtet worden,
<daß sie den Ausgangspunkt von Kala Äzar bzw. der sog. Malariakachexie bildete.
Bentley gibt an, daß er in der epidemischen Form von Kala Äzar den Para-
siten nie in den Hautläsionen habe finden können, obschon Geschwüre ähnlich der
'Orientbeule in Assam etwas ganz Gewöhnliches seien.
Es scheint demnach, daß wir es hier mit zwei verschiedenen Arten derselben
<jattung von Mikroorganismen zu tun haben.
Modus der Infektion. Es ist zurzeit noch völlig unbekannt, wie die An-
steckung vor sich geht. Wir wissen noch nichts Bestimmtes über den Entwick-
lungsgang des Parasiten, über etwaige Z wischen wirte oder Wirte und über den
Weg, welchen er einschlägt, um in den Körper und weiter in die Milz, die Leber
und die sonstigen Stellen, an denen er gefunden worden ist, zu gelangen.
Der ausgesprochen chronische Verlauf der Krankheit und die Schwierigkeiten
«einer Frühdiagnose erhöhen die Hindernisse und verwirren das Problem noch mehr.
Es ist also eine bloße Vermutung, wenn wir annehmen, daß die Übertragung des
Krankheitserregers durch den Mund stattfindet und zwar entweder durch Trink-
wasser, welches durch die Entleerungen von Menschen, deren Darmkanal Sitz der
Krankheit ist, verunreinigt ist, oder durch den Genuß infizierter Nahrung, wie
schlecht gekochte Fische, welche vielleicht die Zwischenwirte des Parasiten sind.
Blutsaugende Insekten könnten ja auch die Vermittlerrolle spielen, und es ist
möglich, daß sie wie die Anophelesmücken bei Malaria die wirklichen Wirte des
Parasiten sind. Vielleicht sind es Wanzen (Patton) oder Zecken.
Auch über die Wege der Ausscheidung aus dem Körper besitzen
600 W. B. Leishman.
wir keinerlei positive Kenntnisse, da der Parasit bis jetzt in keinem der Se- und
Exkrete gefunden werden konnte. Nur seine Verteilung in den Geweben gibt einen
Fingerzeig über die Kanäle, auf denen er in die Außenwelt gelangen könnte.
So macht der Nachweis der Mikroorganismen in den Geweben in der Umgebung
der Darmgeschwüre es fast sicher, daß sie mit den Fäces entleert werden können. Ferner
läßt ihr Auftreten in den Nieren, wenn auch nur in den Kapillaren und in geringer
Zahl, darauf schließen, daß sie zuzeiten in den Urin übergehen können. In ähnlicher
Weise macht ihr gelegentliches Vorkommen in den Lungen eine sorgfältige Untersuchung-
des Auswurfs notwendig, zumal im späteren Stadium der Krankheit Komplikationen von.
Seiten der Lungen nichts Seltenes sind.
Da endlich die Parasiten in gewissen Hautpapeln und -Geschwüren, wenn auch
selten, gefunden worden sind, so ist auch die Möglichkeit einer Elimination von der Haut
aus nicht von der Hand zu weisen, wobei Wasser oder Erdboden verunreinigt oder blut-
saugende Insekten infiziert werden könnten.
Eassen-Immunität. Solange man nur die epidemische Form der Kala
Azar kannte, galten Weiße als so gut wie immun, obschon einzelne Fälle einer Er-
krankung von Europäern berichtet wurden. Seitdem aber die Identität der epide-
mischen und endemischen Form erkannt worden ist, steht es fest, daß Weiße keines-
wegs vor einer Infektion sicher sind. Verfasser hat guten Grund zu der Annahme,,
daß die Ki-ankheit unter den britischen Soldaten in Indien keineswegs selten ist
und daß zahlreiche bisher auf Malariakachexie, chronische Dysenterie usw. zurückge-
führte Todesfälle auf ihr Konto zu setzen sind.
Einfluß von Alter und Geschlecht. Sowohl die endemische wie die
epidemische Form befällt von ein Jahr alten Kindern bis zu alten Leuten alle Alters-
stufen und beide Geschlechter, vorzugsweise jedoch jugendhche Erwachsene. Es-
ist vielfach beobachtet worden, daß zahlreiche Mitglieder derselben Familie, Eltern
und Kinder, in gleicher Weise erkrankten.
Einfluß von Jahreszeit und Klima. Da der Verlauf der Krankheit
^ein so langwieriger und die Länge der Inkubationsperiode gänzlich unbekannt ist,,
so ist es schwierig, etwas über den Einfluß von Jahreszeit, Klima, Feuchtigkeit usw,
auf die Verbreitung der Krankheit zu sagen.
Es scheint, daß in Assam die Neuerkrankungen vorwiegend während der voa
AprU bis Juni dauernden Eegeuzeit auftreten und die Todesfälle sich am Ende der
Regenzeit oder zu Beginn der Regenperiode häufen, wenn die Kranken, welche
glücklich durch die kältere Jahreszeit gekommen sind, Rückfälle bekommen, denen
sie erliegen (Rogers).
Ferner können schlechte hygienische Verhältnisse, Armut, Überfüllung der
Wohnungen u. dgl. das Auftreten der Seuche begünstigen und den Verlauf ungünstig
gestalten. Opiumesser sollen weniger von der Krankheit befallen werden als andere
Menschen. Langer Aufenthalt in verseuchten Gegenden scheint keine Immunität
zu verleihen. Die ältesten Einwohner erkranken oft beim Ausbruche einer Epidemie
in einem Dorfe zuerst, ein bemerkenswerter Gegensatz zum Auftreten der Malaria,
Übertragung der Krankheit. Solange die epidemische Form von Kala
Azar bekannt ist, herrscht bei den Ärzten sowohl wie bei den Eingeborenen die An-
sicht, daß die Krankheit ansteckend sei. Es ist sicher, daß Menschen die Ver-
schleppung von Ort zu Ort vermitteln, und daß die Seuche sich selten mit einem
Opfer in einer Familie begnügt. Die sorgfältigen Untersuchungen von Rogers-
und anderen lassen über diesen Punkt keinen Zweifel. Daß aber die Krankheit
kontagiös oder infektiös ist, im Sinne einer direkten Übertragung von einem Indi»
viduum zum anderen, ist unwahrscheinlich. Klarheit über diese Fragen kann erst
durch Erweiterung unserer Kenntnisse über die Entwicklung des neuen Parasitea
Kala Azar. 601
außerhalb des Körpers geschaffen werden. Die bis jetzt vorliegenden epidemiologi-
schen Erfahrungen lassen deutlich erkennen, daß eine an der epidemischen Form
leidende Person das Krankheitsgift bei der Übersiedelung in einen anderen Ort oder
Bezirk mit sich führt, und daß seine Hausgenossen zuerst erkranken. Ferner bleibt
die Infektionsgefahr an einem bestimmten Hause oder einer bestimmten Örtlichkeit
lange bestehen. Manche Tatsachen erinnern lebhaft an die Art und Weise, wie
Ancylostomiim duodenale yerbreitet wird und legen die Vermutung nahe, daß die
bei den meisten orientalischen Yölkern so häufige Verunreinigung des Fußbodens
der Häuser oder des Erdbodens der nächsten Umgebung das erste Glied in der
Kette der Infektion darstellt.
In Assam ist der Boden selten trocken, dasselbe gut von den übrigen Herden
der Krankheit. Bodenverunreinigung und Ansammlung von stehendem "Wasser, wie
sie in der Nachbarschaft der meisten Eingeborenhütten gefunden wird, schafft wahr-
scheinlich für die Weiterentwicklung des aus dem Körper des Kranken ausgeschie-
denen Parasiten günstige Bedingungen, und wenn, wie wir annehmen müssen, ein
Zwischenwirt bei der Infektion eine Rolle spielt, so wird dieser in der nächsten
Umgebung der Wohnungen, sei es im Wasser, im Boden oder in der Luft zu
suchen sein.
Eine lange Reihe von Forschungen hat schon der Auffindung von Trypano-
somen in den verschiedenen Tieren der Kala Azar-Gegenden gegolten, mit Ausnahme
des schon erwähnten Nachweises dieser Protozoen in Fischen (Bentley) bheben
sie ohne Erfolg.
Es ist jedoch die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß mit den in
menschlichen Organen gefundenen ovalen Parasiten und den aus denselben in
Kulturen gezüchteten Flagellaten nicht alle Formen, welche sie annehmen können,,
erschöpft sind, und es können noch andere unbekannte Formen existieren, in welchen
die Schädlinge in dem supponierten Zwischenvdrt vorkommen.
Unwahrscheinlich ist es dagegen, daß zwischen der Übertragung der epidemi-
schen und der endemischen Form wesentliche Unterschiede bestehen, und es ist
oft genug beobachtet worden, daß in Gegenden, über welche eine Kala Azar-Epidemio'
hinweggezogen ist, endemische Fälle noch viele Jahre hindurch auftreten.
Pathologische Anatomie.
Äußeres. Im vorgeschrittenen Stadium der Krankheit ist der Körper stark
abgemagert. Der Bauch ist wegen der bedeutenden Vergrößerung der Leber und
Müz aufgetrieben.
Die Haut erscheint oft dunkler als normal.
Zirkulationssystem. Das Herz ist meistens klein und kann Zeichen
von fettiger Degeneration aufweisen. Die Hirnarterien können ebenfalls fettige
Veränderungen erkennen lassen. Bei mikroskopischer Untersuchung findet man oft
die EndothelzeLlen der Kapillaren der Milz, Leber, des Knochenmarks usw. stark
vergrößert und von der Wandung der Gefäße gelöst. In diesen vergrößerten Endo-
thelzellen werden hauptsächlich die Parasiten angetroffen.
Respirationssystem. Der Tod wird oft durch terminale Pneumonie oder
Pleuritis herbeigeführt, da Komplikationen von selten der Lungen besonders in der
kalten Jahreszeit sehr häufig sind. Kongestion der Lungenbasis wird in den meisten
Fällen gefunden.
Mikroskopisch sind die Parasiten in den Lungen nur in geringer Zahl nach-
gewiesen worden. In einem neueren Falle von der endemischen Form war der
602 W. B. Leishmän.
Tod die Folge einer krupösen. zu Pneumokokkeii-Septikämie führenden Pneumonie.
Schnitte des Lungengewebes zeigten die Alveolen mit polynukleären Leukocyten
erfüllt und mit Pneumokokken infiltriert, während einzelne Xäla Äzar-Parasiten in
der ISTachbarschaft der kleinsten Arterien freiliegend und nicht in Zellen einge-
schlossen gefunden wurden.
M a g e n d a r m k a n a 1. Die wichtigsten Veränderungen sind Zeichen von
früherer oder frischer Ulzeration des Dickdarms. Vor der Entdeckung der Para-
siten wurde Dysenterie als eine häufige und oft tödliche Komplikation der Ej:ank-
heit, besonders der endemischen Form betrachtet. Jetzt aber müssen wir an-
nehmen, daß die so häufig gefundenen Ulzerationen spezifischer Natur sind und
mit der Anwesenheit der Parasiten in dem die Greschwüre umgebenden Gewebe
zusammenhängen.
Pigmentierung des Darmes ist eine häufige Erscheinung und kann von der
Ablagerung von Melanin infolge gleichzeitiger Malaria herrühren oder eine Folge
von Verletzungen der Schleimhaut durch Ancylostomum duodenale sein. Die
bedeutende Verdünnung der Darmwand ist wahrscheinlich nur eine Teilerscheinung
•der allgemeinen Abmagerung infolge der langen Dauer der erschöpfenden Krankheit.
Für die mikroskopische Untersuchung sind besonders die an Umfang sehr
wechselnden Geschwüre im Dickdarm von Bedeutung. Christophees fand, daß
■der Geschwürsbildung die Entwicklung von Granulationsgewebe vorausgeht, welches
allmählich die Krypten und die oberflächlichen Epithelschichten der ScUeimhaut
ergreift und zerstört und entweder wuchernde Granulationen bildet oder zu Ge-
schwüren führt, welche sich bis in die Muscularis erstrecken und manchmal den
Tod durch Darmperforation herbeiführen können. J
Diese Ulzerationen scheinen bei der endemischen Form in Madras häufiger zu '
sein als bei der epidemischen Form in Assam.
Milz. Die Milz ist stets geschwollen und kann einen enormen Umfang er-
reichen, so daß sie sich bis zum Nabel und zur Crista anterior superior ossis ilei er-
streckt. Bald nach dem Tode untersucht, ist sie von fester Konsistenz und dunkelroter
Farbe. Häufig, jedoch nicht immer, enthält sie schwarzes Pigment, wodurch haupt-
sächlich Ross und Bogers zu ihrer ursprünglichen Auffassung von der Malarianatur
der Krankheit verleitet wurden. In vielen Fällen wird gleichwohl jede Spiu: von
Malaria vermißt, — Verfasser hat in vier nacheinander zur Beobachtung kommen-
den Fällen keine Pigmentablagerung gefunden — und es ist klar, daß der Befund
von schwarzem Farbstoff nur für interkurrierende Malaria spricht und mit Kala
Azar nichts zu tun hat.
Die Kapsel kann verdickt sein, eine Verdickung der Trabekeln ist jedoch
für gewöhnlich nicht bemerkbar.
Mikroskopisch ist am auffallendsten das oft massenhafte Auftreten der
Parasiten in Zellen von mononukleärem Typus. Es ist noch nicht möglich, die
Natur dieser Zellen genau zu bestimmen, aber nach meinen eigenen Beobachtungen
bin ich mit Marchand und Ledingham und Christophers der Ansicht, daß diese
Zellen von endothelialem Ursprung und als Phagocyten tätig sind. Die beigefügte
Skizze (Fig. 1) gibt eine Vorstellung von der Zahl und Lagerung dieser Mikro-
organismen in der Milz in einem tödlich verlaufenden Falle. Es handelte sich um
einen von Dum-Dum als dienstuntauglich entlassenen britischen Soldaten.
Die Malpighischen Follikel erscheinen in der Regel nicht stark verändert. Sie
enthalten die Parasiten bergenden Zellen nicht, diese sind vielmehr auf die Milz-
pulpa beschränkt. In Schnitten findet man die Parasiten manchmal frei in dem
Gewebe, wahrscheinlich sind diese jedoch bei der Anfertigung des Präparats ge-
waltsam aus ihren ZeDen beft-eit worden.
Kala Äzar.
603
Leber. Sie ist gewöhnlich vergrößert, wenn auch nicht so konstant und in
demselben Maße wie die Milz, schneidet sich fest und erscheint meistens auf dem
Durchschnitt gelb oder rot marmoriert. Cirrhose ist kein regelmäßiger Befund, es
kann jedoch das interlobuläre Gewebe etwas vermehrt sein (Rogers).
Fi?. 1.
Kala Äzar. Schnittpräparat aus der Milz mit zahlreichen Parasiten in den großen
endothelialen (?) Zellen „Makrophagen". Einige freie Parasiten. Gezeichnet mit Zeiß
Camera lucida. Zeiß 2 mm apochromatisches Obj. Ocul. 6, Tubuslänge 154 mm.
Fig. 2.
Kala Azar. Schnittpräparat aus der Leber mit großen endothelialen (?) „Makrophagen",
in den Kapillaren, welche zahlreiche Parasiten enthalten. Grezeichnet mit Zeiß Camera
lucida. Zeiß 2 mm Obj. Ocul. 6, Tubuslänge 154 mm.
Mikroskopisch erweist sich in vorgeschrittenen Fällen das Lebergewebe
stark krankhaft verändert. Die intralobulären Kapillaren sind dilatiert, und in ihnen
können ähnliche Zellen wie in der Milz mit Parasiten angefüllt in großer Zahl ge-
^04 W, B. Leishman.
fanden werden. Das Verhalten dieser großen Zellen zu den Wandungen der
Kapillaren kann ausgezeichnet studiert werden, wenn ziu' Demonstration des Chxo-
matins der Parasiten gefärbte Schnitte angefertigt werden. Die auf diese Weise
von mir erhaltenen Bilder sind geeignet, die Annahme des endothelialen Ursprungs
dieser Zellen zu stützen.
In manchen Präparaten sieht man mit Parasiten vollgepfropfte Zellen der
KapiUarwand unmittelbar anliegen, während andere nur durch einen oder zwei
Ausläufer ihres Protoplasmas noch mit ihr zusammenhängen und aussehen, als ob
sie sich bald loslösen wollten, um frei in das Gefäßlumen zu gelangen.
Trotzdem sind Makchand und Ledingham der Ansicht, daß die Mehrzah',
dieser Zellen innerhalb der Leberkapillaren aus der Milz eingewanderte Piiago-
cyten sind.
Die Größe der Zeilen ist sehr verschieden und schwankt zwischen 9 — 50 fi
Längen durchmesser. In meinen Fällen waren sie in allen Teilen des Leber läppchens
zu finden, Makchand und Ledigham wollen sie am zahlreichsten in den mittleren
und äußeren Partien derselben angetroffen haben.
Die Leberzellen selbst sind oft, abgesehen von einigen Anzeichen von Atrophie
und Kerndegeneration, verhältnismäßig wenig verändert, manchmal aber haben sie
eine ausgedehnte fettige Degeneration erfahren, wobei manche Zellen ganz zerfallen
sind. Dieses war in zwei der vier von mir untersuchten Lebern der Fall, es stand
jedoch der Grad der Zerstörung der Leberzellen in keinem erkennbaren Verhältnis
zu der Menge der vorgefundenen Parasiten.
Schwarzes und gelbes Pigment wird oft angetroffen, manchmal in Zellen,
welche auch Parasiten enthalten, dieses spricht jedoch, wie schon bei Besprechung
des Milzbefundes erwähnt wurde, nur für ausgedehnte Blut Zersetzung oder inter-
kurrierende Malaria.
Pankreas. Ohne sonstige Gewebsveränderungen sind die Parasiten auch
in dieser Drüse in geringer Zahl in mononukleären Zellen von ähnlichem Typus
wie in der Leber und Milz nachgewiesen worden, ebenso in einigen
Mesenterialdrüsen, wo ihre Anwesenheit wahrscheinlich auf die spezi-
fischen Ulzerationen im Darmkanal zurückzuführen ist. Auch in den
Nieren wurden sie in den Kapillaren der Glomeruli in spärlicher Menge
von Makchand und Ledigham gesehen, ebenso in den Nebennieren.
Knochenmark. Das gelbe Mark des Schaftes der langen Eöhrenknochen
wird in Fällen der epidemischen Kala Äzar-Form in rotes Mark verwandelt ge-
funden (Rogers). Da die vermutlichen Krankheitserreger fast in jedem Falle, wo
das Knochenmark untersucht wurde, dort nachgewiesen werden konnten, so ist
diese Tatsache von großer Bedeutung. Wie in den anderen Organen so liegen auch
Mer die Parasiten stets im Protoplasma großer mononukleärer Zellen, Makchand
und Ledingham fanden aber, daß das KapiUarendothel des Knochenmarks unver-
ändert und frei von Parasiten war.
Außer in den obengenannten Teilen der Körper sind die Mikroorganismen in
vereinzelten Fällen in den Hoden, in den schon erwähnten Papeln und Ulzera-
tionen der Haut und in kleinen petechialen Ekchymosen der Arachnoidea
angetroffen worden.
Im Cerebrospinalsystem konnten sonst keine konstanten Veränderungen
entdeckt werden, auch in den Muskeln vermochte Chkistophers trotz sorg-
fältigen Suchens keine Parasiten zu finden.
Hieraus ist ersichtlich, daß in allen Organen oder Geweben, welche mehr
oder weniger konstante pathologisch-anatomische Veränderungen zeigen, die Para-
Kala Äzar. 605
siten nachgewiesen werden können, und daß sie dort fast ausnahmslos im Proto-
XDlasma großer als Makrophagen anzusprechender "Wanderzellen liegen.
Es wäre von großer "Wichtigkeit, die genaue pathologische Natur dieser Zellen
festzustellen. Gegenwärtig scheint die Annahme von Mäechand und Ledingham und
von Christophees am zutreffendsten, daß es vergrößerte Endothelzellen sind, welche sich
von der Kapillarwand losgelöst haben. Wahrscheinlich werden durch diese Wanderzellen
die Krankheitserreger im Körper verschleppt. Letztere sind jedoch auch in den Leuko-
cj-ten des Blutes, sowohl in den Organen als auch gelegentUch im peripheren Blute ge-
funden worden. Auf diesen Punkt kommen wir bei Besprechung der im Blute statt-
findenden Veränderungen noch zurück.
Verlauf und Krankheitserscheinungen.
Es ist nicht leicht die Initialerscheinungen von Kala Äzar zu be-
schreiben, weil die wahre Natur der Erkrankung erst erkennbar wird, wenn alle
Symptome ausgebildet sind. Im Frühstadium ist eine Verwechslung mit anderen
Krankheiten, besonders mit Malaria sehr leicht möglich. Auch sind erst wenige Fälle
von Ärzten von Anfang an beobachtet worden. Meistens ist man ausschließlich
auf die Angaben des Kranken angewiesen.
Die Inkubationszeit ist noch nicht genau bestimmt. Aus einigen in den
Beobachtungen von Rogeks mitgeteilten Einzelheiten läßt sich der Schluß ziehen,
daß sie von drei Wochen bis zu mehreren Monaten, von der ersten Ansteckungs-
möglichkeit gerechnet, schwankt.
Die Krankheit setzt meistens mit einem oft sehr schweren Fieberanfall ein,
welcher entweder remittierend oder intermittierend ist und manchmal von Schüttel-
frost begleitet wird. Bentlby gibt jedoch an, daß andere Fälle unter den Erschei-
nungen eines Magendarmkatarrhs oder von Dysenterie beginnen, vielleicht auch von
Pneumonie. Vielfach tritt nur eine allmählich zunehmende Schwäche ein, welcher
sich die MilzschweUung und die anderen Krankheitserscheinungen anschließen.
Das initiale Fieber kann zwei bis sechs Wochen oder länger dauern und
wälirend dieses Zeitraums fangen Milz und Leber gewöhnlich an anzuschwellen
imd zu schmerzen.
Dann folgt eine fieberfreie Periode, aber nach längerer oder kürzerer Pause
kehrt das Fieber wieder, zeigt denselben unregelmäßigen Typus wie zu Beginn der
Krankheit und hört wiederum nach einiger Zeit auf.
Ähnliche Anfälle folgen sich in kürzeren Zwischenräumen bis sich ein
zweites Stadium mit konstantem mäßigen Fieber ausbildet.
Während all dieser Anfälle nimmt die Anschwellung von Milz und Leber
2U, so daß diese Organe enorme Dimensionen annehmen. Gleichzeitig tritt eine
fortschreitende Anämie auf.
Die durchschnittliche Dauer des ersten Stadiums ist bei der epidemischen
Form 1—3 Monate.
Das zweite Stadium, konstantes mäßiges Fieber mit starker Milz- und Leber-
schwellung, wachsender Blutarmut und Schwäche ist durch das Eintreten der Mehr-
zahl der unten näher beschriebenen Symptome charakterisiert. Seine Dauer ist sehr
verschieden, Boss bemißt sie im Durchschnitt auf 7—12 Monate. Allmählich geht
es in das dritte oder das Endstadium der Kachexie über, in welchem
■das Fieber ganz unregelmäßig werden und für längere Zeit ganz verschwinden und
<lie Temperatur sogar unter die Norm sinken kann.
606 W. B. Leishman.
Symptomatologie.
Das kliuische Bild des Einzelfalles ist in den einzelnen Stadien der Krank-
heit sehr verschieden. Die Mehrzahl der unten genauer beschriebenen Krankheits-
erscheinungen kann man mit großer Wahrscheinlichkeit im zweiten oder dritten
Stadium, wenn die Krankheit auf der Höhe steht, erwarten. Im ersten Stadium (s. u.) ist
es oft schwer, wenn nicht unmöghch den Zustand von anderen fieberhaften Er-
krankungen, besonders Malaria, zu unterscheiden, welche einen ähnlichen Symptom-
komplex bieten. Nur der Nachweis der Parasiten im Milz- oder Leberblute sichert
hier die Diagnose,
Der zwischen der epidemischen Form, wie sie in Assam beobachtet wird, und der in
Calcutta, Madras und wahrscheinlich der übrigen Tropenwelt vorkommenden endemischen
Form hervortretende unterschied in den Symptomen ist nur graduell und nicht wesent-
lich. Die Epidemie, welche über Assam im Laufe der letzten zwanzig Jahre hinweg-
gezogen ist, hat die endemische Form zurückgelassen. Sporadische Erkrankungen
kommen noch in Gregenden vor, welche längst von der epidemischen Form frei sind und
unterscheiden sich in keinem wichtigen Punkt von der gewöhnlichen endemischen Form.
Auch die Sterblichkeit ist bei beiden Formen nicht sehr verschieden, bei
beiden ist Genesung leider ein seltenes Vorkommnis.
Allgemeinbefinden und äußere Erscheinung.
"Während anfänglich das Krankheitsbild nur wenige charakteristische Züge
aufweist, treten diese im weiteren Verlaufe immer deutlicher hervor. Die fort-
schreitende Blutarmut und Schwäche prägen sich schon bald in dem Aussehen der
Haut und dem Schwund der Gewebe aus.
Die Haut fühlt sich hart und trocken an und soll bei Eingeborenen einen
dunkleren Farbenton annehmen. Von anderen Beobachtern wird diese Verände-
rung jedoch geleugnet. Wenn sie vorhanden ist, rührt sie nicht von der Ablage-
rung melanotischen Pigments wie bei Malaria her, sondern von trophischen Ver-
änderungen.
Das Haar verliert seinen natürlichen Grlanz und seine Geschmeidigkeit, wird
trocken und brüchig und fällt stark aus.
Bei Europäern ist die Färbung der Haut im vorgeschrittenen Stadium der
Krankheit ganz charakteristisch, die bleiche Erdfarbe erinnert mehr an Leichen auf
dem Sektionstische als an einen lebenden Menschen. Wie' beim Farbigen fühlt sich
die Haut hart an, ohne jedoch dunkler oder stärker pigmentiert zu sein.
Während des zweiten und dritten Stadiums (s. u.) treten die Kachexie und Ab-
magerung immer mehr hervor, die Kranken gleichen oft wandelnden Skeletten, deren
dürre Gliedmaßen auffallend von dem durch die Milz- und Leberschwellung aufge-
triebenen Bauche abstehen. Ausnahmslos tritt diese Abmagerung allerdings nicht
ein. Einige Kranke zeigen noch bei weitvorgeschrittener Erkrankung einen leid-
lichen Ernährungszustand.
Die auf den Hautdecken auftretenden Papeln und Geschwüre Uefern ünter-
suchungsmaterial für das Studium der Krankheitserreger.
Purpura und hämorrhagische Petechien werden in dem Krankheitsbilde selten
vermißt. In allen mir bekannten Fällen waren sie in dem einen oder anderen
Stadium der Krankheit stets vorhanden.
Fieber. Der Verlauf des Fiebers ist, wie oben schon angedeutet, in den
einzelnen Stadien der Krankheit verschieden.
Im ersten Stadium wechseln Fieberanfälle mit Perioden völliger Apyrexie
unter großen unregelmäßigen Schwankungen. Manchmal kann die Temperaturkurve
Kala Azar. 607
einen intermittierenden Typus zeigen und Malaria vortäuschen, manchmal findet man
kontinuierliches remittierendes Fieber.
Die Temperatur kann sich bis zu 39,4—40 ^ C (etwa 103—104 ^ F) erheben, und die
einzelnen Anfälle können von Frösteln oder von einem ausgesprochenen Schüttelfrost
eingeleitet werden. Allmählich nimmt die Zahl der Fieberaufälle zu, die fieberfreien
Zwischenräume werden kürzer, bis die Krankheit in das zweite Stadium mit
kontinuierlichem niedrigen Fieber tritt. Auch in dieser Periode zeigt die
Temperaturbewegung, wie ein Blick auf die bisher veröffentlichten Fieberkurven
zeigt, keinen völlig einheitlichen Charakter. Die Kurven können eine gewisse
Gleichmäßigkeit zeigen (Ross), einzelne dazwischen tretende AnfäUe von hohem
Fieber wie im ersten Stadium sind jedoch nichts Seltenes, anderseits können auch
Litervalle von relativer oder gänzlicher Apyrexie vorkommen. Die Tempei^atur
steigt selten über 39 <^ C (etwa 102 ^ F), die täglichen Exazerbationen werden in der
Eegel nicht von Schüttelfrost eingeleitet, reichlicher Schweißausbruch ist jedoch eine
alltäghche Erscheinung. So kann sich die Krankheit monatelang hinziehen und es
ist dabei eine merkwürdige Erscheinung, daß die Ki-anken auch bei einer Temperatur
von 38,5 — 39 ^ (etwa 101 — 102 ° F) ihres Fiebers sich gar nicht bewußt werden, also
eine gewisse Toleranz gegen den Krankheitsprozeß erlangt haben.
Durch Messungen in vierstündigen Zwischenräumen gelang es Rogers, bei
der endemischen Form der Krankheit einen doppelten und selbst einen drei-
fachen Anstieg der Temperatur innerhalb 24 Stunden nachzuweisen, besonders in
den frühesten und Endstadien, was nach seiner Ansicht vielleicht von differential-
diagnostischer Bedeutung ist.
Im dritten oder kachektischen Stadium ist der Fiebertypus noch
weniger einheitlich. Die Temperaturbewegung kann _ remittierenden oder inter-
mittierenden Charakter mit Steigerungen auf 38,5 — 40^ C (etwa 103 bis 104*^ F}
oder eine ausgesprochene Tendenz zeigen, unter die 'Norm zu sinken, manchmal für
mehrere Tage.
Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die einzig regelmäßige Eigentum-
hchkeit des Fiebers bei Kala Äzar die Unregelmäßigkeit ist, welche noch dadurch
erhöht wird, daß die Krankheit fast ausschließlich in Malariagegenden vorkommt
und die Temperaturkurve durch gelegentliche Malariaanfälle gestört wird. Deswegen
ist der Befund von Melanin in den Organen bei der Obduktion und von Malaria-
parasiten im peripheren oder durch Milzpunktion entnommenen Blute intra
vitam etwas Alltägliches.
Die bei Leukämie, hämorrhagisclier Diathese und akutem Milztumor zu vermeidend©
Milzpunktion wird unter Beobachtung der Vorschriften der Asepsis derart ausgeführt,,
daß eine Hohlnadel rasch und tief in der Gegend deutlicher Milzdämpfung eingestochen
wird, während der Kranke den Atem anhält, um eine gefährliche größere Verletzung
der Milzkapsel zu vermeiden.
Bei den nun folgenden Atemzügen darf man die Nadel nicht festhalten, sondern-
läßt sie den Bewegungen des Organs folgen, zieht vorsichtig den Stempel der autgesetzten
Spritze an, um sich zu überzeugen, daß die Spitze der Nadel sich nicht in einem Blut-
gefäß befindet, aspiriert, falls kein Blut, sondern Milzsaft erscheint rasch einige Tropfea
desselben und entfernt dann die Nadel wieder während einer Atmungspause. Die so ge-
wonnene Flüssigkeit wird frisch und gefärbt untersucht.
Milzschwellung. Die Anschwellung der Milz ist eine der konstantesten
Erscheinungen bei Kala Äzar imd wird kaum in irgend einem Stadium oder Falle
vermißt. Mit dem Beginn der Erkrankung fängt das Organ an sich zu vergrößern,
wird für gewöhnlich druckempfindlich oder verursacht auch spontan dem Kranken
Schmerzen, was auf einen gewissen Grad von Perisplenitis schließen läßt. Die
(ßOg "W. B. Leishman.
Volumzunahme hält mit der "Weiterentwicklung des Leidens gleichen Schritt, bis
im zweiten Stadium die Milz als ein deutlicher, manchmal bis zu den Pubes und
über die Mittellinie des Bauches hinausreichender Tumor gefühlt und selbst ge-
sehen werden kann. Nach einiger Zeit lassen die spontanen Schmerzen nach,
während die Druckempfindlichkeit bestehen bleibt.
Die Mächtigkeit der Milzschwellung scheint in keinem direkten Verhältnis
zur Schwere der Erkrankung zu stehen, die Drüse kann vielmehr große und rasche
Schwankungen an Umfang durchmachen, so daß sie z. B. drei oder vier Tage, nach-
dem es bis zum Nabel nachweisbar war, bis zum Verschwinden unter dem Eippen-
rande einschrumpft. Vielleicht hängen diese Veränderungen mit dem Auftreten
von Durchfällen zusammen, welchen die Krauken ausgesetzt sind.
Leberschwellung. Die Milzschwellung geht fast immer mit einer ähn-
lichen Anschwellung der Leber einher, welche in der Regel etwas später einsetzt
und im Verhältnis zum normalen Umfange des Organs nicht so hochgradig ist.
Schmerz und Druckempfindlichkeit sind eine gewöhnliche Erscheinung der ersten
Krankheitsperiode und lassen später nach. In einem Falle, wo ich nach dem Tode
die Parasiten in der Leber fand, ergab die Anamnese einen vor nicht langer Zeit
erfolgTcich mit Punktion und Aspiration behandelten Leberabszeß.
Ödeme. In einem hohen Prozentsatz der Fälle wird in dem einen oder
anderen Stadium der Krankheit eine hydropisehe Infiltration in irgend einer Form
gefunden. Vor dem zweiten Stadium findet man sie zwar selten, Boss hat sie
jedoch am Ende des ersten beobachtet. In der Regel sind die Ödeme geringgradig
und auf die Füße beschränkt, oft tritt jedoch ein deutlicher Hydrops der Beine oder
anderer Stellen am Rumpfe oder an den Extremitäten auf. Diese lokalen Ödeme
sind oft sehr flüchtig und kommen und gehen in eigenartiger Weise. Ascites
und wässerige Ergüsse in den Brustfellraum oder den Herzbeutel findet
man später nicht selten, L u n g e n ö d e m ist manchmal die unmittelbare Todesursache.
Zirkulationsapparat. Das Herz ist in vielen Fällen auffallend klein,
^hne daß irgendwelche Störungen der Herztätigkeit zutage träten; Herzgeräusche
werden trotz der häufig vorkommenden hochgradigen Anämie selten gefunden
.(RoGEKs). Herzklopfen ist dagegen vielfach ein quälendes Symptom.
Der Puls ist meistens klein und im letzten Stadium nur wenig gespannt.
Nach Bentley ist die Zahl der Pulsschläge selbst bei recht starkem Fieber an-
nähernd normal.
Blutungen kommen häufig vor. Beim Erheben der Anamnese wissen die
Xranken fast immer von Nasenbluten oder Blutungen aus dem Zahnfleich zu be-
Tichten. Auch aus dem Magen und Darm können Blutergüsse stattfinden und an
•den verschiedensten Stellen des Rumpfes oder der Extremitäten können subkutane
Hämorrhagien erfolgen, wozu auch die Purpura -Eruptionen, besonders in der
Achselhöhle und deren Nachbarschaft, auf der Brust, an den Knöcheln usw. zu
xechnen sind. '
Gehirnhämorrhagien, Hämatemesis oder Darmblutungen setzen oft der letzten
Krankheitsperiode ein Ende. Diese Neigung zu Blutungen hängt offenbar mit der
iür das letzte Stadium nachgewiesenen verminderten Koagulierbarkeit des Blutes
zusammen.
Veränderungen im Blut. Der erschöpfende und zehrende Einfluß des
Fiebers kommt schon frühzeitig in der Form und der Hochgradigkeit der eintreten-
den Anämie zum Ausdruck, welche meistens der Heftigkeit und Dauer des Fiebers
entspi-icht. Die Oligocythämie ist trotzdem nicht sehr ausgesprochen. Die Zahl
der roten Blutkörperchen beti-ägt selbst in sehr schweren Fällen im Mittel 2 — 3
Millionen im KubikmiUimeter, selbst höhere Ziffern kommen gelegentlich vor.
Kala Äzar. 609
Der Hämo globin gell alt ist der Abnahme der roten Blutkörperchen ent-
sprechend herabgesetzt, der Earbenindex etwa derselbe wie beim gesunden Einge-
borenen, wo er normalerweise schon niedriger ist als beim gesunden Europäer.
EoGEKS findet hierin ein unterscheidendes Merkmal gegenüber der Anämie
bei Ankylostomiasis. Es ist jedoch nicht außer acht zu lassen , daß zahlreiche
Kala Azar-Kranke mit Ancylostomum duodenale behaftet sind, wodurch das reine
Bild der Kala Azar-Anämie verdeckt werden kann. Die Erythrocyten selbst sind
weder der Form noch der Größe nach verändert, kernhaltige werden selten ange-
troffen.
Wichtiger sind die Veränderungen in der Zahl und im Charakter der L e u k o -
•cyten. Zu Beginn der Krankheit kann während der Fieberanfälle eine mäßige
Leukocytose gefunden werden. Mit den weiteren Fortschritten des Leidens bildet
.sich eine deutliche Leukopenie heraus, eine äußerst konstante Erscheinung von
großer diagnostischer und prognostischer Bedeutung.
Bei hohem Fieber kann die Zahl der Leukocyten vorübergehend zunehmen,
bei mäßigem Fieber oder bei normaler Temperatur werden aber für gewöhnlich
nur 1000 — 2000 pr. Kubikmillimeter gefunden gegenüber 8000 beim gesunden Einge-
borenen, v^^as einem Verhältnis von 1 weißen zu 625 roten Blutkörperchen ent-
spricht (ROGEKS).
In schweren und weit vorgeschrittenen FäUen ergaben sich oft noch niedrigere
Ziffern, wie 700 — 800 Leukocyten pr. Kubikmillimeter.
Bei Betrachtung der verschiedenen Arten von Leukocyten fällt zweierlei auf:
1. eine sehr deutliche, relative und absolute Abnahme der polynukleären Leuko-r
cyten, 2. eine verhältnismäßig starke Zunahme der großen hyalinen mononukleären
Leukocyten.
Rogers, welcher in seiner Arbeit über die Blütveränderungen bei Kala Äzar
alle Einzelheiten mitteilt, betont besonders die Abnahme der polynukleären Leuko-
cyten, welche nach seiner Ansicht der Schwere der Erkrankung entspricht und
«inen Fingerzeig für die Prognose gibt.
Die Vermehrung der großen mononukleären Zellen, welche für gewöhnlich
■etwa 20 °/o der Gesamtzahl der Leukocyten ausmachen, ist kaum von geringerer Be-
deutung, wenn man bedenkt, daß Vermehrung dieser Elemente des Blutes in
der neuesten Zeit als ein Beweis für bestehende Malaria angesehen wird. Diese
Annahme ist insofern nicht mehr haltbar, als die Zunahme im allgemeinen als ein
Anzeichen einer Protozoen-Invasion überhaupt im Gegensatz zu einer bakteriellen
Infektion betrachtet werden muß.
Das Auftreten der Parasiten in den roten Blutkörperchen des peripheren
Blutes, welches Donovan feststellte und Laveran bei Durchsicht der Donovan-
schen Präparate bestätigte, ist trotz eifrigsten Studiums von keinem späteren Be-
obachter wieder gesehen worden.
Nur Teeutlein will in Präparaten von Eogees eine Stelle gefunden haben, wo die
IjEishman - DoNOVAN - Körperchen in einem unzweifelhaften roten Blutkörperchen lagen.
Wahrscheinlich handelte es sich um ein bei der Präparation entstandenes Kunstprodukt.
Andererseits gelingt es manchmal in polynukleären oder mononuklären Leuko-
cyten des peripheren Blutes die Parasiten zu finden. Man muß jedoch meistens
mehrere hundert Leukocyten durchmustern, ehe man einen einzigen Parasiten findet,
meistens bleibt auch das sorgfältigste Suchen fruchtlos.
Auch die von den genannten Forschern veröffentlichten Abbildungen wirken
keineswegs überzeugend, denn die Anordnung und Form des Chromatins in den
dort dargestellten endoglobulären Formen ist eine andere als bei den Milzparasiten
und erinnert mehr an junge Malariaparasiten.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiteu. III. 39
610 W. B. Leishman.
Seil merzen in den Extremitäten wurden verschiedentlich, beobachtet;
sie können sehr heftig sein und haben besonders in den Beinen und zwar im Schaft
und in den Enden der Röhrenknochen ihren Sitz. Diese Lokalisierung ist auf die
durch die Parasiten hervorgerufenen krankhaften Veränderungen im Knochenmark
zurückzuführen (Rogers).
Nervensystem. Das Nervensystem zeigt so gut wie keine Krankheits-
erscheinungen, über Sensibilitäts- oder Mobilitätsstörungen oder Veränderungen der
Reflexe ist bisher nichts bekannt geworden. Nur eine gewisse Schwäche und Ein-
engung des Gesichtsfeldes sollen bei der epidemischen Form häufig und auf die
Kontraktion der Netzhautarterien zurückzuführen sein, während die Venen der Netz-
haut ihr normales Kaliber behalten.
Respirationssystem. Wie unter den Komplikationen noch erwähnt
werden wird, treten in der letzten Periode von Kala Äzar vielfach Lungenaffek-
tionen auf. Phthisis, Pneumonie, Pleuritis oder bei ödematösen Kranken Lungen-
ödem können zur unmittelbaren Todesursache werden. Zu den konstanten Symptomen
des primären Krankheitsbildes gehören Erkrankungen der Luftwege und Lungen
jedoch nicht. Wenn die Parasiten in den Lungen auftreten, was ich in drei Fällen
beobachtete, so können sie möglicherweise im Sputum entdeckt werden.
Verdauungskanal. Störungen der Magentätigkeit wie Appetitlosigkeit, Übel-
keit und Neigung zum Erbrechen nach der Nahrungsaufnahme sind nichts Seltenes,
zum Erbrechen selbst kommt es jedoch meistens nicht. In manchen Fällen ist der
Appetit sogar bei weit vorgeschrittener Erkrankung außergewöhnlich gut und wü-d
oft zu einer auffallenden Sucht nach außergewöhnlichen Speisen, z. B. nach Fleisch
bei Eingeborenen, denen ihre Kastenvorschriften animalische Nahrung verbieten.
Viel häufiger sind Darmkatarrhe, Diarrhöe ist ein alltägliches Symptom;
besonders im späteren Stadium trotzen die Durchfälle oft jeder Behandlung,
steigern die Erschöpfung und Schwäche und führen den tödlichen Ausgang herbei.
Verstopfung soll dagegen selten sein. Das Auftreten von Blut in den Stühlen ist
eine gewöhnliche Erscheinung bei beiden 'Formen und wii'd meistens als das Zeichen
einer Komplikation mit Dysenterie angesehen. Die spezifische Natur der Darm-
geschwüre, welche als Sitz der Parasiten erkannt worden sind, macht es aber
wahrscheinlich, daß die dysenterischen Erscheinungen in Wirklichkeit einen Bestand-
teil des Allgemeinleidens darstellen und weder durch die Entamoeba histolytica noch
den Bacillus dysenteriae von Shiga und Flexner bedingt sind. Da die Parasiten
in den Darmgeschwüren mancher Fälle nachgewiesen sind, so durfte man erwarten,
durch die Untersuchung der Exkremente weitere Aufschlüsse über diese Frage zu
gewinnen. In diesen konnten jedoch trotz eifrigen Suchens die Krankheitserreger
noch nicht entdeckt werden. Wahrscheinlich haben sie sich zu einer anderen Form
entwickelt und sind auf dieser Zwischenstufe zu ihrer Ausbildung als Flagellaten
der Aufmerksamkeit entgangen.
Zahlreiche andere Protozoen, darunter Cercomonaden sind in den Stühlen ge-
funden worden, vielleicht ergeben weitere Nachforschungen unter diesen die Ent-
wicklungsformen der Parasiten. Einige der jüngeren auf Taf. XII wiedergegebenen
Formen zeigen eine auffallende Ähnlichkeit mit Cercomonas hominis und können
ungefärbt leicht mit diesen verwechselt werden.
In Assam und anderen Teilen Indiens leidet ein großer Bruchteil der einge-
borenen Bevölkerung an Ankylostomiasis und anderen durch Darmschmarotzer
hervorgerufenen Erkrankungen. Es ist weiteren Forschungen vorbehalten, festzu-
stellen, ob und in welchem Grade das Bild der unkomplizierten Krankheit dadurch
verdeckt oder verändert Avird.
Urogenitalapparat. Im Urin, dessen Aussehen und Zusammensetzung
Kala Äzar. 611
vom Auftreten oder Felilen von Fieber abhängt, kamen keine konstanten Verände-
rungen vor. Im späteren Stadium tritt bei den meisten, insbesondere bei hydro-
pischen Kranken, Eiweiß auf (Rogers).
Komplikationen und terminale Affektionen.
Es kann zwar in jeder Krankheitsperiode der Tod in einem Fieberanfall ein-
treten, die meisten Kranken erleben jedoch das Ende des zweiten oder des
dritten Stadiums, um dann an Erschöpfung zugrimde zu gehen, oder, was noch
häufiger ist, einer anderen hinzutretenden Krankheit, welche sie nicht mehr zu
überstehen vermögen, zu erliegen. Wahrscheinlich bedingt die bedeutende Ver-
minderung der Zahl der polynukleären Leukocyten die Widerstandsunfähigkeit
gegenüber bakterieller Infektion, welche im Endstadium deutlicher zutage tritt. Als
unmittelbare Todesursache werden vorzugsweise folgende Komplikationen genannt:
Durchfall, Ruhr, Noma, Lungenkrankheiten besonders Pneumonie,
Phthisis und Lungenödem, Magenblutungen, Darmblutungen oder
meningeale Blutergüsse. Seltener sind Peritonitis infolge der Perfora-
tion eines Darmgeschwürs, Grlottisödem und Meningitis. In einigen Fällen
wurde Otitis media beobachtet.
Prognose.
Es ist sehr schwer, über die Möglichkeit der Heilung von Kala Äzar ein ent-
scheidendes Urteil zu fällen. Wenn auch von allen Seiten angegeben wird, daß die
Krankheit äußerst mörderisch ist, so läßt die Schwierigkeit der Erkennung des
frühesten Stadiums der Erkrankung die Möglichkeit offen, daß leichte Fälle vor-
kommen, welche zur Heilung gelangen. Wie schon erwähnt, ist das einzige zuver-
lässige diagnostische Hilfsmittel in dem ÜSTachweis der Parasiten in dem durch Punk-
tion gewonnenen Blute aus der Leber oder Milz gegeben. Wenn auch dieser kleine
Eingriff in der Regel keinerlei üble Folgen nach sich zieht, so ist er doch nicht ganz
gefahrlos. Mehrere Todesfälle durch Milzblutung stehen sicher fest, so daß die Aus-
führung der Operation blos zu diagnostischen Zwecken bei jeder fieberhaften Er-
krankung zweifelhafter JSTatur doch nicht gerechtfertigt werden kann. Immerliin ist
es möghch, daß besonders bei der endemischen Form, welche als ein müderer
Typus anzusehen ist, eine gewisse Anzahl leichter Fälle vorkommt, deren Wesen
unerkannt bleibt. Könnten diese mitgezählt werden, so würde vielleicht die extrem
hohe Mortalitätsziffer herabgesetzt und die Prpgnose etwas günstiger gestellt werden
können. Augenblicklich gibt es allerdings nur wenige sicherer zum Tode führende
Tropenkrankheiten als Kala Äzar.
Beider epidemischen Form wird die Sterblichkeit verschieden angegeben
und soll zwischen 70 und 96 "/o schwanken, während nach der geringen Zahl der
in der Literatur verzeichneten Fälle der endemischen Form zu urteilen die
Prognose, wenn überhaupt, dann doch nur wenig besser sich zu stellen scheint.
DoNOVAN bekam in Madras 72 Fälle in Hospitalbehandlung, bei denen die
Parasiten nachgewiesen wurden. Bis jetzt starben liiervon 22 und von den übrigen
besteht nur bei einem eine geringe Hoffnung auf Genesung.
Möglich ist die Heilung selbst bei sehr schwerer Erkrankung, das Ver-
schwinden der Parasiten aus der Milz ist in einzelnen Fällen durch die Punktion
sichergestellt worden, worauf die allmähliche Besserung aller Erscheinungen folgte
und schließlich völlige Wiederherstellung eintrat.
Am besten sind die Aussichten auf Genesung selbstverständlich im ersten
39*
;612 W. B. Letshman.
Stadium, sie verschlechtern sich im zweiten bedeutend, während im dritten oder
kachektischen Stadium der tödliche Ausgang so gut wie unabwendbar ist.
Als ein böses Omen gelten besonders das Eintreten von Ruhr oder Durch-
fällen oder schweren Blutungen. Auch ist es als ungünstiges Vorzeichen anzusehen,
wenn die Milzpunktion einen außergewöhnlich reichen Glehalt des Blutes an Para-
siten ergibt.
Günstig ist es, wenn das Fieber längere Zeit aussetzt, Komplikationen fehlen
und die Anämie nur einen mäßigen Grrad erreicht. Den besten Anhaltspunkt für
die Prognose liefert der Blutbefund.
Wenn die Zahl der Leukocyten im Blute unter 2000 pr. Kubikmillimeter
sinkt, so ist der Ki-ankheitsprozeß im raschen Yorschreiten begriffen und die Aus-
sicht auf Genesung gering. Steigt dagegen die Zahl der Leukocyten über diese
Zahl und wächst sie allmählich nach der normalen Ziffer hin an, so ist Heilung oder
Besserung wahrscheinlich (Rogers). Die Verminderung der weißen Blutkörperchen
ist, wie schon gesagt, hauptsächlich bedingt durch die starke Abnahme der poly-
nukleären, wobei der Prozentsatz der Lymphocyten, besonders der großen mononu-
kleären Zellen verhältnismäßig steigt.
Die polynukleären sinken in einzelnen Fällen auf den außerordentlichen Satz
von 62 auf den Kubikmillimeter. Unter den, von Rogers beobachteten Fällen
zeigten nur die eine Neigung zum Stillstand der Krankheit oder zur Besserung, bei
welchen die Zahl der polynukleären Zellen 2000 pro Kubikmillimeter überschritt.
Sollten sich diese Angaben bestätigen, so wäre in der Leukocj^ten Zählung nicht nur
ein höchst wichtiges prognostisches Hilfsmittel gewonnen, sondern darin auch ein
Weg gefunden, den Verlauf der Krankheit zu beurteilen und die Wirksamkeit der
verschiedenen therajjeutischen Maßnahmen zu prüfen.
Behandlung;.
Bislang hat die Therapie bei Kala Äzar nur unbedeutende Erfolge erzielt.
Wenn wir auch von den Fortschritten unserer Kenntnisse über die Pathologie und
Ätiologie bessere Erfolge erhoffen dürfen, so ist bis jetzt noch keine befriedigende
.Methode bekannt, durch welche wir dem Vorschreiten der mörderischen Krankheit
Halt gebieten könnten. Früher ergab sich die Behandlung aus den herrschenden
Anschauungen, daß der Krankheitserreger Ancylostomum duodenale, Plasmodium
malariae oder Micrococcus melitensis sei. Abgesehen vielleicht von Chinin, hat
keine auf dieser Annahme beruhende Medikation irgend welche Dienste bei der epi-
demischen Form geleistet. Und die Erfolglosigkeit jeder Behandlung bei der ende-
mischen, früher als „Malariakachexie", „nicht malarisches remittierendes Fieber" be-
zeichneten Form ist jedem mit dieser Tropenkrankheit vertrauten Beobachter be-
kannt. Zurzeit stimmen die Beobachter darin überein, daß eine möglichst frühzeitige ■
Behandlung im ersten Stadium die beste, ja vielleicht die einzige Aussicht auf Erfolg .
bietet. Später, besonders nach Entwicklung der schweren Kachexie des dritten i
Stadiums scheint, jede Therapie nutzlos zu sein, und wenn auch der Anwendung
gewisser Medikamente eine vorübergehende Besserung folgt, so eilt doch die Krank-
heit unaufhaltsam dem durch das Allgemeinleiden oder eine der genannten Komplika-
tionen herbeigeführten tödlichen Ausgange zu.
Da jedoch auch in schweren Fällen spontane Heilung zweifellos erfolgt ist, so
kann möglicherweise ein sorgfältiges Studium solcher Fälle ein besseres Resultat ergeben.
Auch in den Fällen aus dem Frühstadium, wo man durch eine besondere Behand-
lung Ei-folge erzielt haben will, bleiben Zweifel bestehen, ob es sich wirklich um eine
Xäla Azar. ' 613
Infektion mit diesen neuen pathogenen Mikroorganismen gehandelt hat. Der Schwierig-
keit einer Diagnose in der frühesten Periode der Krankheit ist bereits gedacht worden.
Nur durch den Nachweis der Parasiten im Milzblut kann die Grewißheit erlangt werden,
daß es sich in günstig verlaufenden Fällen wirklich um Kala Azar gehandelt hat.
Das einzige Medikament, dem Erfolge nachgerühmt werden, ist Chinin, aber
auch über seinen therapeutischen Wert sind die Meinungen sehr verschieden. Nach
RoGEKS vermag es in der Prühperiode in großen Dosen innerlich oder subkutan
gegeben das JTieber zum Verschwinden zu bringen, die Zwischenräume zwischen
den Fieberanfällen zu verlängern und, selbst Avenn es das Fieber nicht völlig be-
seitigt, die Temperatur bedeutend herabzusetzen und die Aveitere Zerstörung von'
Blutkörperchen zu verhindern. Auch nachdem derselbe von der Auffassung,
die Krankheit sei eine Malariaform, zurückgekommen ist, hält er Chinin im Früh-
stadium für nützlich, solange die Zahl der Leukocyten 2000 pr. Kubikmillimeter
übertrifft. Sobald diese Ziffer nicht mehr erreicht wird, hat Chinin nach Rogers
und anderen keinerlei günstigen Einfluß melir auf den Verlauf des Leidens, wenn
es auch die Höhe des Fiebers herabsetzt. Andere Beobachter, darunter Donovan,
betrachten Chinin überhaupt selbst in heroischen Dosen als nutzlos.
Die Anwendung von Arsenik, Eisen, Nux vomica usw. hatte keinen besseren
Erfolg. Diese und andere Medikamente vermögen wohl bei Behandlung einzelner
Symptome und Komplikationen Dienste zu leisten, den Fortschritten der Krankheit
selbst jedoch nicht Einhalt zu tun. Wenn es irgendwie möglich ist, muß der Kranke
aus der G-egend, wo er sich die Infektion zugezogen hat, entfernt werden. In einigen
Fällen folgte offenbar dem Ortswechsel Heilung und in jedem Falle ist diese weise
Vorsicht, weitere Infektion zu vermeiden, geboten.
Im späteren Stadium vermag auch ein Klimawechsel höchstens das tödliche
Ende etwas hinauszuschieben, nicht aber den Kranken zu retten.
G-ute Pflege und sorgfältige Ernährung sind von großer Bedeutung. Die Kost
soU leicht verdaulich aber möglichst nahrhaft sein, Verdauungsstörungen sind auf
das Sorgfältigste zu verhüten.
Da mit dem Auftreten von Dysenterie Heilung zur Unmöglichkeit wird, so
muß durch Adstringentien, Bismuth, Salol u. a. die geringste Neigung dazu be-
kämpft werden.
Aussichtsvoller erscheint eine Therapie, welche auf die Wiederherstellung des
normalen Verhältnisses der Leukocyten besonders der mononukleären abzielt. Durch
Behandlung mit Tabletten von rotem Knochenmark oder frischem ungekochten
Knochenmark suchte Rogers mit anfangs ermutigendem Erfolge diese Indikation
zu erfüllen. In vielen Fällen konnte man jedoch in Calcutta auch durch eine lange
fortgesetzte Knochenmarkbehandlung keine Besserung erzielen. Wenn es gelänge,
auch die Zalil der poly nuklearen Leukocyten zu vermehren, so würde zum minde-
sten die Widerstandsfähigkeit des Kranken gegenüber den sekundären, so oft den
Tod herbeiführenden Affektionen und Komplikationen, wachsen.
Prophylaxe.
Da wirksame Maßregeln zur Verhütung einer Krankheit von der Kenntnis der
Ätiologie der Krankheit abhängig sind, so bewegen wir uns bei der Prophylaxe
von Kala Azar noch fast ganz im Dunkeln. Wir wissen nichts von dem Jjeben des
Parasiten außerhalb des mensclüichen Wirtes und über die Wege, auf welchen er
in den Körper eindringt oder ihn verläßt. Es wird aber kaum noch lange dauern,
bis diese Lücken in unseren Kenntnissen ausgefüllt sein werden, und alsdann können
Avir mit mehr Aussicht auf Erfolg prophylaktische Vorschriften aufstellen.
614 "W. B. Leishman.
Gewisse Maßregeln scheinen schon heute gegenüber der epidemischen Form
gute Dienste zu leisten und sind während der letzten Seuche in Assam bei den
Kulis auf den Pflanzungen nach Rogers Yorschrift mit offenbarem Mitzen durch-
geführt worden, obschon sie noch auf der alten Anschauung beruhen, daß Kala Äzar
eine schwere und übertragbare Form von Malaria sei. Man ging in folgender
"Weise vor:
1. Alle frisch eingeführten Arbeiter wurden in einem neuen Lager unterge-
bracht und der Besuch der alten Niederlassung streng untersagt.
2. Aus einer nur leicht infizierten Niederlassung wurden alle Kranken mit
ihren Familien in ein abgesperrtes Lager (segregation camp) gebracht, ihre Hütten
verbrannt und nicht wieder aufgebaut.
3. Aus schwer verseuchten Niederlassungen wurden alle Kranken mit ihren
Angehörigen entfernt und wie oben isoliert, in der kalten Jahreszeit aber, wo Neu-
erkrankungen als ein seltenes Yorkommnis zu betrachten sind, wiu^den auch die
Gesunden in frische Quartiere überführt, die alten Hütten aber verbrannt und
gänzlich verlassen.
Nach Price ist auf diese "Weise der Ausbreitung der Epidemie in befriedigen-
der Weise Einhalt getan worden. Außerdem soll nach Price und Eogers Chinin
prophylaktisch von Nutzen sein.
Die Yerhütung der sporadischen und endemischen Erkrankungen ist naturgemäß
eine noch schwierigere Aufgabe. Prophylaktische Yorschriften zu diesem Zwecke
beruhen, ehe wir die Ätiologie der Krankheit kennen, nur auf vagen Yermutungen
und Hypothesen.
Erklärung der Tafel XII.
Kala Azar-Para sit en.
Isolierte Parasiten von verschiedener Form aus Milz und Leber in Ausstrich-
präparaten aus den Geweben.
Teilungsformen der Parasiten aus Leber und Knochenmark.
Große mononukleäre Zellen aus der Milzpulpa mit in dem Protoplasma einge-
betteten Parasiten.
Gruppen von Parasiten.
Phagocytosis eines Parasiten durch eine polynukleäre Zelle.
YermutlicheFormenvonKälaAzar-ParasitenauseinerKultur
von mit Zitronensäure versetztem Milzblut bei 20® C.
Früheste Yeränderungen der Parasiten: Yergrößerung und dunldere Färbung
des Protoplasmas, Makronukleus vergrößert und weniger dicht gefärbt.
Weitere Vergrößerung. Vakuolisierung des Protoplasmas.
Teilung der vergrößerten, keine Geißel zeigenden Parasiten.
Entwicklungsstufen der Geißel.
Kleine birnförmige mit einer Geißel versehene Parasiten.
Weitere Entwicklungs- und Teilungsformen der mit einer Geißel versehenen
Parasiten.
„ 12. Trypanosomenartige Formen der mit einer Geißel versehenen Parasiten.
,, 13. u. 14. Geißelformen mit deutlich erkennbarer Bildung neuer Parasiten durch
Abtrennung eines Teiles des Parasiten.
„ 15. Kleine geißelti-agende Parasiten, welche offenbar durch den Teilungsvorgang
(Fig. 13 u. 14) entstanden sind.
Färbung nach der von Leishman angegebenen Modifikation der RoMANOWSKY-Färbung.
F
Fig
-5.
1.
^-
2.
3.
4.
5.
F
ig. 6-
-15
Fig
6.
7.
8.
9.
10.
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Die menschliche Trypanosomenkrankheit
und afrikanische Schlafkrankheit.
Von
Dr. C. Mense.
(Mit einer Karte auf Tafel XIII.)
Deflnition.
Die menschliche Trypanosonienkrankheit , nach einem ihrer auffallendsten
Symptome im letzten Stadium afrikanische Schlafkrankheit genannt, ist eine im
tropischen Afrika beständig an Verbreitung zunehmende, chronisch, seltener akut
verlaufende, besonders das Centralnervensystem schädigende Infektionskrankheit,
deren Erreger durch den Stich einer bestimmten Art von Tsetsefliege, Glossina jxd-
palis^ auf den Menschen übertragene Trypanosomen sind, welche hauptsächlich in
den Lymphdrüsen, dem Blute und der Cerebrospinalflüssigkeit gefunden Averden.
Bezeichnungen der Krankheit.
Deutsch: Afrikanische Schlafkrankheit, Schlafsucht der Neger,
Menschliches Trypanosomenfieber.
Lateinisch: Lethargus, Morbus dormitivus, Trypanosomiasis, Try-
panosis, Hydropisia narcotica.
Englisch: Sleeping sickness, Sleeping dropsy, Negro letharg y.
Französisch: Maladie du sommeil oder des dormeurs, Lethargie
d'Afrique, Hypnosie, Hypnose, Trypanosomiase oder Trypanose humaine.
Italienisch: Letargia dei negri, Ipnosi, Malattia del sonno, Som-
nolenza, Tripanosomiasi umana.
Spanisch: Enfermedad s. mal del sueiio, Piebre de tripanosomas.
Portugiesisch: DoenQa do somno, Fahre de trypanosomas.
In afrikanischen Sprachen: Kikongo und verwandten ßantusprachen : Lala-
ngolo, Lääla-negulo , Bei i tulotulo, Ntansi oder Ntonsi.
Kiganda: Kibongoya. In Kisiba und Bugabu (Deutschostafrika): Mongota.
Wolofsprache: Nelavane. Sererersprache : Dadane. Bei den Stämmen im Kamerun-
gebiete: Oding, Clinda, Kuso, Atü. Käne, Dipapugombe. Am Rio del Key:
Epokimbe, Djio-do-edi, in Sierra Leone : Tori, in Lagos: Quälagwa, im Hinter-
lande von Togo: Djidjidji, Bidi-bidi, Sususu, Dadäfi, in der Tschisprache
Atonkun, bei den Haussa: Bedidyji, in Liberia: Kon je, in Französisch-ljruinea:
Kikolocondi, Niaouda nisfol.
618 Dr. C. Mense.
Geschiclite und geographische Yerhreitung.
Die ersten Mitteilungen über die afrikanische Sclilafkrankheit erschienen in
der Literatur zu Anfang des vorigen Jahrhunderts. Der englische Arzt Winter-
BOTTOM beobachtete sie um 1800 herum unter den Eingeborenen der Küstenländer
am Busen von Benin und nannte die Krankheit Lethargus. Sein Bericht erschien
1803 in London. 1808—1809 beobachtete Moreau de Jonnes eine ähnliche Affek-
tion unter Negersklaven auf den Antillen. Erst 40 Jahre später lieferte der
Missionar Clarke eine eingehende, Beschreibung der' unter den Negern an der
Ooldküste und in Sierra Leone vorkommenden Hydropisia narcotica oder
Schlafkrankheit, von welcher besonders junge Mädchen befallen werden sollten, bei
denen die Menstruation noch nicht eingetreten oder unterdrückt worden war. Auch
das Hauchen des indischen Hanfes wurde von Clarke als Krankheitsursache ange-
sehen. Bald darauf teilte der englische Marinearzt Davis mit, daß Daniele 1849
die Schlafsucht der Neger am Busen von Guinea endemisch herrschend gefunden
habe ; fast gleichzeitig beschrieb sie Ferreira auf St. Thomas. Auch eine englische
Nigerexpedition hat 1857 ihr Wüten unter der einheimischen Bevölkerung beobachtet.
Yon 1861 an, in welchem Jahre Dechambre, Dangoix und Nicolas ihre
Beobachtungen veröffentlichten, lenkte die Krankheit die Aufmerksamkeit der fran-
zösischen Kolonialärzte auf sich, ebenso der Marineärzte, welche nach der Unter-
drückung des Sklavenhandels die Überführung der „freien" Arbeiter von der afri-
kanischen Westküste nach den Antillen gesundheitlich zu überwachen hatten.
Gaigneron, angeführt von Dutrouleau, gibt an, daß die Seuche sich vom Norden
der afrikanischen Westküste südwärts und am Kongo landeinwärts ausbreite und
von den Negern auf die Mißernten der letzten Jahre zurückgeführt werde.
Auch auf Gruadeloupe hat Gaigneron Fälle konstatieren und eine Obduk-
tion vornehmen können. Auch Carles (1863), in der Literatur auch Karl ge-
schrieben, und Griffon du Bellay (1864) bekamen am Kongo, Santelli an der
Kruküste Fälle zu Gesicht.
Daß die Schlafkrankheit durch den Sklavenhandel bzw. die Arbeitereinfuhr
massenhaft nach Westindien verschleppt worden ist, beweist das Riesenmaterial
Ouerin's 1869, welcher auf Martinique 148 Fälle sah und neben klinischen auch
pathologisch-anatomische Studien machte.
Über das Auftreten der Krankheit am Senegal in Joal und Portudal machten
1873 Carbonel und 1876 Corre, auf den Inseln San Thome und Principe
Ferreira Ribeiro 1871 interessante Mitteilungen.
Landeinwärts von der westafrikanischen Küste fand sie Verfasser am schiff-
baren Unterlauf des Kongo und in der Kataraktenstrecke bis zum Stanley Pool
1885 — 87 als weitverbreitete Endemie. Die Krankheit hat sich dort keineswegs, wie
Kermorgant meint, erst seit 1893 verbreitet. Am unteren Ubanghi soll sie nach
Aussagen der Eingeborenen altansässig sein (Rodhain). Mit der Steigerung des
Verkehrs und der Einrichtung der Dampfschiffahrt drang die Krankheit in den
folgenden Jahren rasch stromaufwärts vor.
Die große Zahl der Opfer, welche die Krankheit in den portugiesischen Be-
sitzungen an der Westküste, besonders in Angola in den neunziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts forderte (Gleim), bewog die portugiesische Regierung zur Ent-
sendung einer aus Annibal Bettencourt, Ayres Kopke, Gomes de Rezende
und CoRREA Mendes bestehenden ärztlichen Expedition, mit welcher die streng
wissenschaftliche Erforschung des Leidens mit allen modernen Hilfsmitteln ihren
Anfang genommen hat.
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 619
Ein neuer, um die Wende des Jalirhunderts zuerst von Cook erwähnter
Herd in Uganda nahm in den letzten Jahren rasch an Umfang zu, seine Be-
schränkung und Ausrottung ist bis heute den dort tätigen englischen Ärzten noch
nicht gelungen. Die dort gemachten Beobachtungen und Arbeiten von Castellani,
Bruce u. a. haben aber zu der Entdeckung geführt, daß die Schlafkrankheit das
zweite Stadium einer durch Trypanosomen hervorgerufenen Infektionskrankheit ist,
und damit eine neue Epoche unserer Erkenntnis eröffnet.
Das heutige Grebiet der Krankheit reicht an der "Westküste Afrikas
vom Senegal bis zum mittleren Teü der ]3ortugiesischen Kolonie Angola, wo im
Distrikt Benguella noch zahlreiche Fälle gefunden werden, während der südlichste
Distrikt Mossamedes wahrscheinlich nur eingeschleppte Erkrankungen aufweist.
Jenseits des Grenzflusses Kunene, welcher Angola von Deutsch-Süd-
west-Afrika trennt, ist bis jetzt kein Fall beobachtet worden. Als südlichste
Orenze des endemischen Vorkommens kann etwa der 14.*^ s. B. angesehen werden.
Sporadische Erkrankungen treten je nach den Verkehrsverhältnissen bald hier
bald dort auf. Ilir Vorkommen mahnt zur Untersuchung der verdächtigen Personen
(vgl. unter Diagnose), worauf oft zahlreiche Kranke entdeckt werden. (Auf der beiliegen-
den Karte konnte zwischen sporadischem Auftreten und endemischer oder epidemi-
scher Verbreitung innerhalb des von Gl. paljjalis heimgesuchten Grebietes kein Unter-
scMed gemacht werden, weil ein großer Teil der Angaben über die Verbreitung der
Krankheit auf Erkundigung und auf der Beobachtung von Durchreisenden beruht.)
Innerhalb dieser fast das ganze tropische Westafrika umfassenden Grrenz-
linien herrscht die Seuche jedoch keineswegs gleichmäßig, sondern bevorzugt ge-
wisse oft scharf abgrenzbare, meist niedriggelegene, feuchte, dicht mit Pflanzungen
und Buschwerk bedeckte Landstriche an Wasserläufen und Seen mit kleinen
Dörfern oder einzelnen Niederlassungen, während sie volkreiche Städte meidet.
An der Nordgrenze ihres Herrschaftsgebiets sind in Senegambien die
südüch des grünen Vorgebirges (Cap Verde) in der Nähe der Insel und Hafenstadt
(joree gelegenen Orte Portudal und Joal altbekannte Brutstätten der Krankheit.
Außer diesen sind nach dem Ergebnisse einer im Jahre 1903 von der französischen
Kolonialregierung vorgenommenen Umfrage zurzeit am meisten verseucht die Be-
zhke Casamance und Lobi, der größte Teil von Oberguinea im Quellgebiet des
Niger, das Hinterland von Liberia und der Elfenbeinküste. Ferner gibt es
noch zahlreiche Gegenden, wo die Krankheit dauernd in einzelnen Fällen angetroffen
wird, wie Baoul, Sine-Saloum und Cayor in Senegambien, Baoule im Hinterland der
Goldküste und das Gebiet der Bobos. Außerdem treten im französischen Sudan
eingeschleppte Erkrankungen bald hier bald dort an den Mittelpunkten des Verkehrs,
den Handelswegen und Etappenlinien auf, ohne sekundäre Fälle nach sich zu ziehen.
Am Mittellauf des Niger hat die Krankheit noch keine große Verbreitung gefunden.
Als nördlichster Punkt ihres Auftretens kann Timbuktu angesehen werden, wo die
trockene Wüste ihr unübersteigbare Schranken errichtet. Manche Punkte dieser Gebiete
sind jedoch ganz frei von der Krankheit, so konnten Dutton und Todd in Maka bei
der Untersuchung von hundert Eingeborenen bei keinem Trypanosomen nachweisen.
Die von diesem französischen Kolonialgebiete eingeschlossene englische Kolonie
am Gambia teilt dessen Pathologie und hat dem Krankheitserreger den Namen
gegeben. Dasselbe gilt von den spanischen Besitzungen am Rio Grande mit den
vorgelagerten Inseln.
Auch in der Nachbarschaft von Sierra Leone ist die Schlafkrankheit ver-
breitet und gefürchtet.
Die Küstenorte der Eej)ublik Liberia sind ebenfalls nicht frei von der
Krankheit, ihre Bewohner werden als Arbeiter an der .eranzen Westküste angetroffen
620 l^i'- ^- Mense.
und können zur Verbreitung beilragen. Über das Binnenland ist wegen der politi-
schen Yerliältnisse nichts bekannt.
Auch an der Elf enbein-, Grold- und Sklavenküste und in deren Hinter-
land sind zahlreiche zerstreute endemische Herde der Krankheit vorhanden.
Aus dem deutschen Togo- Grebiete wurden bis zum Jahre 1.902 nur einzelne
Erkrankungen gemeldet (Kküger). Hintze hat dann festgestellt, daß in den Land-:
schatten Bueme und Tapä .die Krankheit schon seit langer Zeit heimisch ist und:
seit 1896 in Worawora und Umgebung ihren Hauptherd hat. Grrößere Verbreitung
hat die Endemie jedoch nicht gewonnen, sondern ist anscheinend im Niedergänge'
begriffen. In Sansanne-Mangu würd die Schlafkrankheit nach den Erkundigungen
Ziemann's ebenfalls beobachtet.
Auch in Dahomey sind Erkrankungen im Küstenbezirk beobachtet worden^
ebenso in Nigeria in der Umgebung von Lagos, jedoch nicht in der Stadt selbst.
In Kamerun blieben die Küste und das Kamerungebirge bisher von der
Krankheit verschont (Ziemann), sie soll jedoch mit einzelnen eingeschleppten
Fällen allmählich sich dem Meere zu nähern. Im Inneren ist sie im Norden bei
den Fellani von Grarua bekannt, ebenso bei den Bafut im östlichen Hinterlande, im
Süden bei den Jaunde, Jelingera und Etün, während sie am Sanaga wenig oder
gar nicht vorzukommen scheint. Im Südosten der Kolonie soll sie bei den Bertua-
leuten verbreitet sein.
Das schon teilweise zum Kongobecken gehörige Grabungebiet Aveist be-
sonders in den Bezirken Loango und Mayomba zahlreiche Fälle auf. Auch am
Ogowe dringt die Krankheit stromaufwärts vor.
Im Kongostaate ist das Gebiet am schiffbaren Unterlauf des Flusses und
in der Kataraktenstrecke sehr stark verseucht, nicht weniger das Flußgebiet des-
Kassai mit dem Lac Leopold IL und den Nebenflüssen Luken je , Sankuru.
und Kwango, dessen Oberlauf in das Hinterland von Angola hineingreift. Dann
begleitet die Krankheit den Hauptstrom und fordert an der Ubanghimündung, in'
Üoquilhatville und Nouvelle Anvers zalilreiche Opfer. Auf der Höhe des Kongo-
bogens vermindert sich dann nach Osten zu die Zalil der Fälle von der Itimbiri-
und Aruwimi - Mündung bis zu den Stanley - Fällen allmählich, in Pothierville
0^ 30' s. B. 25^ 30' ö. L. konnte bisher keine Erkrankung festgestellt werden,,
wohl aber in dem noch südlicher gelegenen Verkehrszentrum Nyangwe und in
üviza an der Nordspitze des Tanganyikasees, hart an der Grenze von Deutsch-
Ostafrika, und in der neuesten Zeit an verschiedenen Stellen des Westufers des-
Moero- und Tanganyikasees.
Die Dörfer am Ufer des mit dem Kongobogen fast parallelfließenden Lelongo
bergen noch zahlreiche Kranke, auch am Unterlauf des nördlichen Zuflusses
Ubangi kommen noch Fälle vor bis Ekuta und in Bangi. Am oberen Ubangi
dagegen, am Uelle und seinen Zuflüssen, in der Enklave von Lado, am oberen
Itimbiri und Ituri hatten im Jahre 1905 ärztlicherseits angestellte Untersuchungen
das Fehlen der Schlafkrankheit ergeben (van Campenhout), in der neuesten
Zeit werden auch von dort stromaufwärts bis Yakoma eingeschleppte Fälle gemeldet
(Rodhain).
Daß die Zöglinge der Missionare am Kongo in so starkem Maße an der
Krankheit leiden, ist nach meiner Ansicht zum Teil darauf zurückzuführen, daß die
Eingeborenen die Kinder, bei welchen die ersten Anzeichen bemerkbar sind, gern
den Missionaren überlassen. Auf solchen Stationen ist dann die Infektionsgefahr
groß, zumal die Kinder auch zu leichten Gartenarbeiten, zum Wasserholen usw.
herangezogen werden und selbst gern baden. Die Missionsstation in Kimpese in
der Nähe von Leopoldville und Berghe Ste Marie an der Kwangomündung
]TandöurJi'derTropeiikrankheÜen^,Bd..JII (ziL CMcnse. >.
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Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 623
haben aufgegeben werden müssen, nachdem sie 300 bzw. 600 Todesfälle unter ihren
Zöglingen zu verzeichnen hatten. Im gesamten Kongogebiete wird der Verlust von
Menschenleben durch die Schlafkrankheit innerhalb der letzten zehn Jahre auf etwa
eine halbe Million geschätzt.
Die portugiesische Provinz Angola ist einer der schwersten endemischen
Herde der Schlafkrankheit. Die Bezirke Congo, Loanda und Benguella sind
stark verseucht. Besonders an den Ufern des Quanza, wo sich Pflanzung an
Pflanzung reiht, fordert die Ki^ankheit Tausende von Opfern und manche früher
blühenden Dörfer sind entvölkert und verödet, seitdem im Jahre 1871 die ersten
Fälle in Muxima auf dem linken und im Quissanabezirk auf dem rechten Ufer des
Quanza aufgetreten Avaren. Nach Osten zu in Malange und im Lundareiche sind
die FäUe schon dünner gesät, nach Süden bildet im allgemeinen der 14.*^ s. B., welcher
annähernd mit der Grenze zwischen dem Bezirke Benguella und Mossamedes zu-
sammenfällt, die Grenze der endemischen Verbreitung. In dem letztgenannten Orte,
-welcher mit seiner Umgebung sich schon des trockenen südafrikanischen Klimas
erfreut, bleibt die bodenständige Bevölkerung von der Krankheit verschont. Von
1800 — 1901 haben im dortigen Hospital nur 14 Schlafkranke Aufnahme gefunden,
welche alle aus nördlicher gelegenen Landstrichen gekommen waren. Die klimatische
Schranke schützt auch Südwest- und Südafrika vor dem Eindringen der Seuche.
In Britisch- Ostafrika stellt nach Chkisty (1902) die Infektionszone, von
wo die Verbreitung über die Nachbarländer auszugehen scheint, am Nordufer des
Viktoria-Nyanzasees einen schmalen Küsten streifen dar, welcher sich von der Mün-
dung des Katonga am Westufer, der Nordgrenze der Landschaft Budu, sich durch
Uganda, Busoga und Kavirondo bis zur Kavirondobucht und noch am Ostufer über
diese Bucht hinaus bis zum Gariflusse und zur Grenze zwischen Britisch- und
Deutschostafrika erstreckt. Die Ufer der Inseln im nördlichen Teile des Sees
sind diesem Gebiete zuzurechnen. An diese Zone stößt im Innern der Inseln und
nördlich und landeinwärts vom See ein breiter Landgürtel, wo zwar zahlreiche ver-
einzelte Fälle vorkommen, Neuerkrankungen und besonders Erkrankungen ganzer
Familien nicht mehr einzutreten scheinen, sondern die Krankheit fast immer auf
den Aufenthalt des Erkrankten am See zurückgeführt werden kann.
Südwärts in Deutsch-Ostafrika und ostwärts nach der Meeresküste zu
sind bis jetzt mit Ausnahme der kleinen Insel Kome im Viktoria -Nyanzasee nur
• einige ofl'enbar eingeschleppte Fälle aufgetreten. So beobachtete Feldmann Schlaf-
krankheit in Bukoba und stellte ihr Vorkommen in Schirati, Bugabu und Kisiba
fest, fand jedoch in letztgenanntem Bezirke auch bei Leuten, Avelche bis auf
Schwellung der Nackendrüsen und Parotis gesund zu sein schienen, Trypanosomen
im peripheren Blute. Ein Kind wurde von demselben an Trypanosomenfieber be-
handelt. Alle diese Menschen waren in Uganda gewesen. In Dar-es-Salaam wurden
ebenfalls Trypanosomen nur bei aus dem Inneren stammenden Eingeborenen im
Sewa-Hadji-Hospital gefunden (Glatzel).
Ein gleiches glaubte man bis vor kurzem vom nördlich angrenzenden Niltale
annehmen zu müssen. Im Jahre 1904 jedoch ist von Greig ein endemischer Herd
am Nordostufer des Albertsees in Bugunga nachgewiesen worden, von welchem
schwache Ausläufer am Viktorianil entlang sich nordwärts bis Wadelai erstrecken.
Erst in Nimuli fand Greig nur mehr einen geringen Prozentsatz geschwollener Nacken-
drüsen bei der Bevölkerung imd konnte in diesen Drüsen durch Punktion keine
Trypanosomen mehr nachweisen.
Sowohl in Deutsch-Ostafrika wie im Niltale ist die Entstehung neuer endemi-
scher Herde zu befürchten.
622 Dr. C. Mense.
Pathologische Anatomie.
Leichen von im ersten Stadium verstorbenen Menschen zeigen keine anderen
Erscheinungen, als die der interkurrenten Krankheit, welche zum Tode geführt hat.
Obduktionsbefunde von den wenigen bisher beobachteten Fällen, in welchen
bald nach der Infektion die Erkrankung rasch einen tödlichen Ausgang nahm, liegen
noch nicht vor.
Das äußere Ansehen der Leichen aus dem zweiten Stadium, besonders der
Hautdecken, bietet das Bild einer schweren allgemeinen Kachexie und keine
anderen charakteristischen Erscheinungen als eine Steigerung der auch bei den
meisten an anderen chronischen Krankheiten gestorbenen Negern gefundenen Ver-
änderungen, welche eine Folge von schlechter Hautpflege, Kratzekzemen, zahlreichen
kleinen Yerletzungen, Insektenstichen, Sandflohgeschwüi-en und langem Krankenlager
sind. Leichen von Weißen zeigen wegen der besseren Pflege oft ganz normale Haut-
decken. Dekubitus wurde von der portugiesischenKommissionin der Hälfte
ihrer Fälle und auch von anderen Beobachtern häufig vorgefunden. Die Pakete der
angeschwollenen oberflächlichen Lymphdrüsen treten oft sichtbar unter der mageren
Haut hervor. Die Totenstarre war bei den vom Verf. beobachteten FäUen
stets vorhanden.
Die Kopfschwarte ist oft ödematös infiltriert, sei es infolge der veränderten
Kopfhaltung durch Kontraktur der Nackenmuskeln, sei es infolge von Bindegewebs-
entzündung nach Hautverletzungen,
Nach Eröffnung der Schädelhöhle wird in vielen Fällen die Innenseite des
Schädeldaches, besonders über der Konvexität an verschiedenen Stellen dem Ver-
laufe der Grefäße entsprechend arrodiert gefunden. Dort zeigt dann die Dura mater
einen rötlichen leicht abspülbaren Belag, nach dessen Entfernung die Hirnhaut ver-
dickt und mit rötlichen warzenartigen Erhebungen besetzt erscheint (Portugiesi-
s^che Kommission). Die Arterien und Sinus der Dura sind in solchen Fällen
stark mit Blut überfüllt. Es können jedoch auch Schädeldach und Dura ganz normal
erscheinen oder die obigen Veränderungen nur auf umschriebene Stellen, z. B. die
Schläfengegend, beschränkt sein. Nicht selten wird auch Pachymeningitis interna
beobachtet, welche akut oder unter dem Bilde der P. int. haemorrhagica chronischer
verlaufen, die ganze Konvexität einnehmen und auf die Basis übergreifen oder nur
umschriebene Herde bilden kann.
Die Arachnoidea erscheint häufig milchig getrübt und verdickt, die fein inji-
zierte Pia zeigt meistens fleckenhaft zerstreute Ekchymosen und erweiterte Venen.
Alle diese Veränderungen sind auf der Konvexität, besonders über den Paracentral-
lappen, am meisten ausgeprägt und von zahlreichen Verwachsungen begleitet.
Die subarachnoideale Kammer enthält fast immer ein trübes, leicht gelbliches^
selten grünliches, noch seltener eitriges Exsudat. Bei einer Europäerin wurden die
Sulci mit klarer Flüssigkeit gefüllt gefunden (Low und Mott).
Am Kleinhirn ist die Glegend über dem Vermis superior am häufigsten in
dieser Weise verändert.
Die Pia läßt sich fast immer von der Hirnsubstanz leicht abziehen.
Die Rückenmarkshäute lassen ähnliche entzündliche Erscheinungen ebenfalls
erkennen, jedoch nicht so hochgradig wie die Hirnhäute, am stärksten im CerWkalteile.
Hämorrhagien der Dura mater spinalis fanden die Portugiesen nur zweimal
Die Konsistenz der Hirn- und Rückenmarkssubstanz ist meistens normal ge-
blieben, selten vermehrt. (4 von 56 Fällen der portugiesischen Kommission.)
Allgemeine oder lokalisierte Erweichung fand dieselbe in 8 FäUen.
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 62jJ
Die Cerebrospinalflüssigkeit ist meistens vermehrt, jedoch bei weitem nicht so
stark wie bei anderen Meningitiden, die Yentrikel sind mäßig erweitert.
Auf dem Durchschnitt zeigt die Hirnsubstanz häufig, jedoch bei weitem nicht
immer, zahlreiche Bhitpunkte, vorzugsweise in den Hinterlappen; punktförmige Hämor-
K?. 1.
.€
ß^
Perivaskuläre Infiltration im Gehirn.
Schnitt durch die linke erste Hirnwindung. 50 : 1. ^ (Nach Bettencourt.)
Fig. 2.
Schnitt durch den linken Praecuneus. 10 : 1. (Nach Bettencourt.)
rhagien sind selten. Bei starker Gefäßinjektion der Hirnhäute werden auch die
Plexus choreoidei und die Gefäße des Corpus striatum mit Blut überfüllt gefunden.
Herderkrankungen sind bisher nicht nachgewiesen worden. Die Glandula pinealis
war in einzelnen Fällen etwas vergrößert oder verkleinert, die Hypophysis cerebri
:624
Dr. 0. Mense.
stets normal, nur.MANSON fand sie einmal vergrößert iind cystiscli entartet, und
WuRTZ, Brumpt und Bauer sahen einmal einen Meinen Abszeß derselben. Die
Seltenheit krankhafter Veränderungen dieses Organes spricht gegen die Annahme
. von Salmon, daß Erkrankung desselben Schlafsucht oder Schlaflosigkeit hervorrufe.
Fig. 3.
Fig. 3 u. 4.
Diplokokken in Hirnkapillaren
(rechter Praecuneus).
1000 : 1.
(Nach Bettencourt.)
Fig. 6.
Fio-. 4.
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-<•-*»
Exsudat auf der Hirnhaut.
Ausstrich. 1000 : 1.
(Nach Bettencourt.)
Bei sechs Leichen, einem Mulatten und fünf Negern, stellte die portugiesi-
sche Kommission ein Fehlen der grauen Kommissur fest. (Vielleicht eine
Rasseneigentümlichkeit oder ein Fehler bei der Präparation?)
Die der Schwere des Krankheitsbildes gegenüber verhältnismäßig unbedeuten-
den makroskopischen Veränderungen lassen sich als eine chronische diffuse
Meningoencephalitis und Meningoraj^elitis zusammenfassen.
Mikroskopisch ist die pathologiscli-anatomische Untersuchung des Central-
nervensystems ergiebiger.
Die menschliche Trypanosomenlirankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 625
Die auffälligste Erscheinung ist eine starke und allgemeine Leukocyten-
infiltration der weichen Hirnhäute, der von ihnen ausgehenden Septen, besonders
aber der Blutgefäße und perivaskulären Lymphräume auch der grauen und weißen
Substanz. Die von Mott zuerst beschriebene Anhäufung von Rundzellen in der
Umgebung der Gefäße, welche besonders in gefärbten Querschnitten deutlich hervor-
tritt, kann geradezu als pathognomonisch für die Krankheit angesehen werden. (Vgl.
Fig. 1 — 2.) Hierbei sind die kleinen Blutgefäße, besonders die Kapillaren, erweitert
und ihre Endothelkerne vermehrt. Die Infiltrate bestehen vorwiegend aus einkernigen
Leukocyten, Lymphocyten, Übergangsformen und Plasmazellen (portugiesische
Kommission).
In vielen Fällen finden sich in ähnlicher "Weise im Zentralnervensystem, be-
sonders in den kleinsten Arterien und Venen, den Kapillaren und Lymphspalten
und dem Exsudat auf den Hirnhäuten zalilreiche Diplostreptokokken, von denen
noch weiter unten die Rede sein wird. (Vgl. Fig. 3 — 5). Diese Veränderungen sind
am deuthchsten an der Basis des Gehirns, im Kleinhirn und im verlängerten Mark,
werden jedoch auch in der grauen Substanz zerstreut, besonders um Nervenzellen
herum, angetroffen, wo sie sich in Vertiefungen derselben hineinzudrängen scheinen.
Die Ganglienzellen selbst zeigen in der Hirnrinde und im verlängerten Mark,
weniger im Rückenmark, vielfach akute Veränderungen, welche als Koagulations-
nekrose aufzufassen sind.
Im Kleinhirn sind die Purkinje'schen Zellen oft, die bulbären Kerne fast
immer krankhaft verändert, aber selbst bei ausgesprochenen Zerstörungen findet
man hier wie im ganzen Centralnervensystem dicht nebeneinanderliegende Gewebs-
elemente, besonders Ganglienzellen, in ganz verschiedenem Grade von dem Kj-ank-
lieitsprozeß beeinflußt.
Gewöhnlich besteht, z. B. in den Pyramidenzellen des Parazentrallappens im
Protoplasma deutliche Chromatolyse, welche zuerst in der Umgebung des Kernes
ihren Anfang nimmt, während in der Peripherie und an der Basis der dendritischen
Verzweigung die chromophile Substanz noch erhalten bleibt. Mit dem Fortschreiten
der Zerstörung wird die chromophile Substanz in einen feinen Staub verwandelt
und kann ganz verschwinden, so daß das Protoplasma ganz homogen und blaß
erscheinen kann. In seltenen Fällen kommt es sogar zur Vakuolenbildung (portu-
giesische Kommission, Valente), häufiger zur Ansammlung von Lipochrom
an der Peripherie.
In der Hinrinde kann durch Färbung nach Weigert-Pal meistens eine Ver-
minderung oder völliges Verschwinden der Tangentialfasern und eine ausgesprochene
Veränderung der an ihre Stelle tretenden Zellen nachgewiesen werden (Wurtz,
Brumpt und Bauer). Die sogenannten Nissl'schen Körnchen fehlen meistens an
den abgebrochenen oder verunstalteten Verzweigungen. Schließlich werden auch
Nucleus und später der Nucleolus vom Zerfall ergriffen.
Im Rückenmark sind diese Veränderungen in den Zeilen weniger ausgeprägt,
jedoch an verschiedenen Stellen, z. B. den Clarke'schen Säulen und im Lendenmark
in gewissem Grade erkennbar.
Das Epithel des Rückenmarkskanals ist häufig proliferiert, manchmal bis zum
vöUigen Verschlusse seines meistens vergrößerten Lumens. Nicht selten ist der
Kanal von Fibrin und Leukoz}i;enhaufen verstopft. (Fig. 6.)
Die Nervenfasern sind mehr oder weniger degeneriert und erscheinen oft
varikös. Die peripheren Nerven sind, abgesehen von einer deutlichen perivaskulären
Infiltration an einzelnen Stellen besonders im perifasciculären und manchmal auch
im intrafasciculären Gewebe normal.
Trypanosomen werden in den Präparaten des Centralnervensystems selten
Mense, Handbucli der Tropenkrankteiten. III. '*0
626 -Dl"- C. Mense.
gefunden. Mott sah in Leukocytenherden in den oberflächlichen Schichten der Grroß-
hirnrinde einer Europäerin keine Diplokokken, sondern rundliche, körnige Grebüde
von verschiedener Größe, welche er für Zerfallsformen von Trypanosomen und für
die Ursache der entzündlichen Reaktion zu halten geneigt ist.
Mauthnek vergleicht die Sclilafkrankheit mit der Poliencephalitis superior
acuta Wekotcke's, bei welcher einige ähnhche Symptome vorkommen. Die bei
letzterer beobachtete Hyperämie der centralen Höhlungen ist aber bis jetzt von
keinem Beobachter bei ersterer Krankheit beobachtet worden.
Die Yeränderungen der Organe in der Brusthöhle sind weder konstant noch
besonders charakteristisch. Die Lungen sind oft vollkommen normal. Bei dem
langen erschöpfenden Krankenlager ist die häufig vorgefundene Lungenhypostase leicht
erklärlich. Pneumonische Herde sind nichts Seltenes. Verwachsungen der Pleuren
werden bei fast der Hälfte der Leichen angetroffen, die portugiesische Kommission
Fm. 6.
1
I
Epithelwucherung des Rückenmarkskanals (Lendenmark). 170 : 1.
(Nach Eettencoubt.)
beobachtete sie 38 mal bei 56 Obduktionen. Auch pneumonische Herde stellten
dieselbe und andere Beobachter häufig fest, Gkeig und Gkay verloren zwei der in
Beobachtung befindlichen Kranken durch akute Pneumonie. Seltener sind pleuriti-
sche Ergüsse.
Anthracosis wird häufiger gefunden als man bei dem Krankenmaterial, vor-
wiegend tropische Landarbeiter, erwarten sollte.
Das Herz zeigt oft keinerlei pathologische Veränderung, oft ist der Herz-
muskel sehr schlaff und blaß; konzentrische Hypertrophie des linken Ventrikels ist
nichts Seltenes und erklärt sich aus der schweren körperlichen Arbeit, welche viele
der Kranken als Plantagenarbeiter, Karawanenträger usw. zu leisten hatten. Frische
und alte Endokarditis sowie Perikarditis wird nicht selten angetroffen. Aus dem
Herzblute konnten G-reig und Gray wiederholt Diplostreptokokken und Bac. coh
commune züchten, auch Trypanosomen kommen darin vor.
. Die Bronchialdrüsen sind fast immer geschwollen.
Von den Organen in der Bauchhöhle ist die Milz am häufigsten Ver-
änderungen unterworfen und nur in einer Minderzahl von Fällen ganz normal. Sie
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 627
ist meistens, bei Europäern stets, geschwollen, derb, selten erweicht, von schieferigem
Aussehen, nicht selten mit der Kapsel verwachsen, auf dem Durchschnitt braunrot,
stark pigmentiert, mit deutlich sichtbaren Trabekeln.
Die Leber ist sehr häufig ganz normal, in vielen Fällen, besonders bei
Europäern, etwas vergrößert und hyperämisch, ohne irgend welche typischen Ver-
änderungen, auch die Nieren zeigen, abgesehen von gelegentlicher aktiver oder
passiver Hyperämie nichts Besonderes. Das Pankreas ist stets normal.
Die Mesenterial- und sonstigen Drüsen werden von den meisten Be-
obachtern als geschwollen bezeichnet, die portugiesische Kommission fand sie
manchmal unverändert.
Im Magen entdeckten GtREIG und G-ray bei fünf von ihnen obduzierten
Leichen eigenartige Veränderungen der Schleimhaut, nämlich kleine Hämorrhagien
von wechselnder Größe in der Magenschleimhaut, welche zum Teil durch die
Selbstverdauung in oberflächliche Geschwüre umgewandelt worden waren. Die
Flecken bestanden aus einem dunklen Zentrum, welches von einem hellroten Hofe
umgeben war, und traten nach dem Pylorus zu zahlreicher auf. Bilharziaeier waren
nicht zu finden.
Über das fiu- dergleichen Krankheiten so wichtige Verhalten des Knochen-
marks wissen wir fast noch nichts. Greig und Gray fanden es in einem Falle
etwas dunkler rot als normal und stellten eine starke Zunahme der kernhaltigen
roten Blutkörperchen fest, unter denen sich viele Normoblasten, jedoch auch
Megaloblasten befanden.
Verlauf und Krankheitserscheinungen.
A) Das allgemeine Krankheitsbild.
Die einzelnen Phasen der Krankheit können nicht scharf voneinander abge-
grenzt werden; immerhin ist es praktisch den Verlauf nach den Symptomen einzu-
teilen in: 1. das Vorstadium der Inkubation oder Latenz, 2. das I. Krank-
heitsstadium, Trypanosomenfieber, Trypanosomiasis oder Trypanoseder
Lymphdrüsen und des Blutes, und 3. das IL Krankheitsstadium der In-
fektion des Centralnervensystems mit schweren Allgemeinerscheinungen,
unter denen besonders die Schlafsucht auffällig ist, und 4. einer terminalen
Diplokokkeninfektion in vielen Fällen.
Im Vorstadium sind keinerlei Krankheitserscheinungen vorhanden, wenn
nicht eine Untersuchung der Drüsen oder des Blutes zufällig das Vorhandensein
von Trypanosomen enthüllt. Es reicht von dem infizierenden Stiche einer Tsetsefliege
bis zum Eintritt des Fiebers und Exanthems, seine Dauer ist unbekannt, kann aber
mehrere Jahre umfassen.
Die Trennung der beiden eigentlichen Krankheitsstadien ist nur im all-
gemeinen Krankheitsbilde möglich, denn die einzelnen Symptome überspringen die
Grenzen beider Stadien, und es können gelegentlich schon einzelne Trypanosomen
in der Cerebrospinalflüssigkeit gefunden werden, wenn schwere nervöse Störungen
noch nicht erkennbar sind.
Unbestimmte Zeit nach dem Fliegenstiche, dessen sich manche der erkrankten
Europäer noch zu erinnern glaubten, treten von heftigem Kopfschmerz begleitete
Fieberanfälle auf, welche anfänglich meistens für Malaria gehalten und dement-
sprechend behandelt werden. Nach jedem der ganz unregelmäßig auftretenden
FieberanfäUe bleibt eine größere Schwäche, besonders in den Beinen, zurück als es
nach einem gleich heftigen Malariafieber der Fall zu sein pflegt. Mit dem Fieber, oft
40*
628 ^^- ^- ^^ENSE.
aber aucli unabhängig davon, erscheinen auf der Haut des ganzen Körpers, bei
Europäern am auffälhgsten im Gesicht, und besonders stark an den Unterschenkeln
und Knöcheln flüchtige Ödeme, wechselnde Erytheme sowie urtikariaähn-
liche und erysipeloide Exantheme. Puls und Atmung sind stark be-
schleunigt, ohne daß, von einer mehr oder weniger starken Milzschwellung
abgesehen, eine organische Veränderung nachweisbar wäre.
Monatelang können dann wieder alle Krankheitserscheinungen ausbleiben und
die Kranken sich eines völligen, höchstens durch ein leichtes Schwächegefülil ge-
trübten Wohlbefindens erfreuen.
Nur bei einem Fall, merkwürdigerweise dem ersten, in welchem bei einem
Europäer Trypanosomen nachgewiesen wurden, kam es schon auf dieser Stufe der
Erkrankung in einem schweren Fieberanfall von dreitägiger Dauer zum tödlichen
Ausgange (Forde, Button, Annett).
Vielleicht tritt in diesem Stadium der Krankheit in einigen Fällen Heilung
ein, soweit aber bis jetzt unsere Kenntnisse reichen, beginnen, nachdem es Monate
oder Jahre lang gedauert hat, allmählich die Erscheinungen der Erkrankung des
Zentralnervensystems sich einzustellen.
Beim Schwarzen unterscheiden sich, falls die Symptome des ersten Stadiums
der Beachtung entgangen sind, die ersten Anfänge derselben so wenig von den all-
täglichen Schwankungen im Wohlbefinden, in der geistigen Regsamkeit und Arbeits-
lust, daß nur ein aufmerksamer und man darf wohl sagen argwöhnischer, Beobachter
sie erkennt. Ärztliche Hilfe wird nur sehr selten in Ans^Druch genommen, so daß
eine genaue Feststellung des Beginnes dieses Stadiums fast nie möglich ist.
Auch bei den unter ärztlicher Obhut befindlichen Eingeborenen ist die Ab-
grenzung des ersten vom zweiten Stadium nicht nach den Symptomen, sondern nur
durch den mikroskopischen Befund angängig.
Die vom Verfasser am Kongo festgestellte Tatsache, daß unter den den Missionaren
als Zöglinge oder sonstigen Europäern als jugendliche Diener übergebenen Negerkindern
zahlreiche Fälle vorkommen, berechtigt zu der Annahme, daß der mißtrauisch seine
Kinder, Sklaven und sonstigen Untergebenen überwachende Vater oder Dorfliäuptling
oft schon lange vor dem deutlichen Ausbruche die Krankheit herannahen sieht und die Be-
drohten gern den Weißen überläßt. In den letzten Jahren hat sich diese scheue Furcht
vor der unheimlichen Seuche in manchen Gegenden zu einer Panik gesteigert.
Stanley's Emin Pascha-Expedition, welche 1897 vom Congo zum Nil zog und am
unteren und mittleren Congo Träger anwarb, hat gewiß manche Infizierte nach dem Seen-
gebiet mitgeführt und vielleicht die Seuche dorthin eingeschleppt. Rücksichtslos ver-
lassene Kranke, Sterbende und Tode bezeichneten, wie Verf. sich überzeugen konnte,
schon in der Kataraktenstrecke ihren Weg.
Ein gewisses mürrisches Wesen, dessen Eindruck durch das Auftreten der
ersten leichten Ödeme im Gesicht noch erhöht wird, Unlust zur Arbeit und rasche
Ermüdung fallen schon früh auf. Auch früher fleißige und anstellige Neger ver-'
lieren ihre bisherigen guten Eigenschaften, so daß leicht unverdient Tadel odeii
Strafe über sie ergeht. Allmählich beschleichen die nervösen Veränderungen ihr!
Opfer, welches sich selbst des nahenden Unheils kaum bewußt ist. Die deri
Rasse im Kreise ihrer Gefährten eigene Schwatzhaftigkeit und Laclilust ver-
schwindet, wälirend die auch beim Gesunden vorhandene Neigung, sich selbst über-
lassen, vor sich hinzuträumen und leicht einzuschlafen, verstärkt auftritt. Der
Kranke hält sich abseits von seiner Umgebung, führt seine Arbeit lässig aus, ver-
nachlässigt Körperpflege und Reinlichkeit. So kann es denn kommen, daß eines
Tages ein Arbeitsgenosse auf die Frage nach dem A^erbleiben des Säumigen mü'
vielsagendem Blick die ominöse Antwort gibt „er schläft". Und man findet danc
Die menschliche TrypanosomeDkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 629
den Gesuchten in sclilaf trunkenem Zustande, vielleicht auch mit offenen Augen vor
sich hinstierend in einem Winkel hocken. Daß Fieber und Kopfschmerzen auch
auf dieser Stufe des Leidens den Kranken nicht verschonen, beweist vielfach ein
fest um die Stirn geschnürtes Tuch oder eine enge um den Hals gebundene Schnur
aus den Schwanzhaaren des Elefanten (Stauungstherapie, auch sonst bei schmerz-
haften Gliedmaßen angewandt!).
Das schon im ersten Stadium auftretende, auf der dunklen Haut aber wenig
auffallende Exanthem bleibt den Ort wechselnd und an Intensität schwankend
Fiff. 7.
Schlafkranker mit unsicherem Giiügu bei uoch gutem Ernährungszustande.
(Nach einer Photographie von Ziemann.)
auch jetzt nicht aus. Teils als Krankheitssymptom, teils als Folge der Unreinlich-
keit kann ein heftiger Juckreiz zum Kratzen verleiten, so daß ein Kratzekzem über
den ganzen Körper zur Entwicklung gelangt, welches den erythematösen Charakter
der Hauteruption mehr oder weniger verdeckt und vielfach unter dem Sammelnamen
Cro-Cro bezeichnet wird. Die Kratzeffekte stellen zahlreiche Infektionspforten
dar imd würden oft allein schon zur Erklärung der Schwellung der oberflächlichen
Lymphdrüsen, besonders der Nackendrüsen ausreichen, wenn wir jetzt nicht
630
Dr. C. Mense.
wüßten, daß die Schwellung schon als Frühsymptom des Eindringens der Try-
panosomen in die Zirkulation erscheint.
Allmählich wird es deutlicher, daß die eigentümlichen Gresichtszüge nicht nur
der Ausdruck des stumpfsinnigen und mürrischen Wesens der Kranken sind, son-
dern daß Ödeme im Gesicht ihre greifbare Unterlage bilden.
Die Schläfrigkeit des Kranken nimmt langsam, aber stetig, zu. Kurze Inter-
valle größerer Frische sind nur eine vorübergehende Erscheinung. Bei der Arbeit,
bei einem Botengange, während der Mahlzeit und Unterhaltung übermannt ihn der
Fig. 8.
Schlafkranker mit hochgradiger Schwäche und Abmagerung
(Nach einer Photographie der portugiesischen Kommission.)
Schlaf. Schon sucht er keine schützende Hütte oder Baumgruppe mehr auf, um
zu schlummern, sondern mitten im brennenden Sonnenschein kauert er nieder und
scheint die Sonnenglut als eine "Wohltat zu empfinden, da seine Körpertemperatur
subnormal wird. Angerufen erwidern die Kranken prompt aber kurz, wie ein
normaler Schlaftrunkener, erheben sich der Aufforderung folgend; ein anfangs
leichter, bei längerem Bestände der Krankheit zunehmender Tremor macht die
Köiperhaltimg und den Gang unsicher. Nicht selten gibt der Kranke an, an
Schwindelgefühl zu leiden. (Vgl. Fig. 7 und 8.)
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 631
Der Körper erscheint noch wohlgenährt, Ödeme im Gesicht, an den Knöcheln
oder allgemein verbreitet vermögen diesen Eindruck noch zu verstärken.
Besonders deutlich ist schon frühzeitig der Tremor der auf Verlangen vor-
gestreckten Zunge, die Sprache wird stockend und stotternd, kurz und abge-
Fig. 9.
y^lt^^SlK^^
-.<_V--
Schlafkranker im Endstadium mitDekubitus.
(Nach einer Photographie von Ziemann.)
Fig. 10.
^Sm
A
Schlafkranker im Endstadium mit dem Bissen im Munde eingeschlafen.
(Nach einer Photographie von Ziemann.)
stoßen. Mehrsilbige Worte werden von den Kranken vermieden, weil ihre Aus-
sprache ihm schwer fällt. Der Inhalt der Antworten ist aber vollkommen klar
und richtig. Die Zunge selbst ist nicht mehr weich und saftig, sondern trocken,
rauh und glanzlos.
632 ^^- ^- Mense.
Die Gleichförmigkeit des Krankheitsbildes, welche beim jugendlichen Kranken
größer ist als beim Erwachsenen, beim Neger größer als beim Weisen, kann nicht
nur durch Tage und Wochen anscheinender, oft den Erfolg eines Medikamentes
vortäuschender Besserung unterbrochen werden, sondern auch durch epileptiforme
Anfälle, durch krampfhaftes Lachen und Weinen und durch Anwandlungen von auf-
fallender Greschwätzigkeit. Halluzinationen verschiedener Art können zu Wahnideen,
impulsiven Handlungen, zu Mord- und Selbstmordversuchen führen und den Kranken
vor den Richter bringen.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle geht der Lauf der Krankheit jedoch
ziemlich gleichmäßig dem unvermeidlichen Ende zu. Nach und nach beginnt auch
die Ernährung zu leiden, der anfangs gute Appetit läßt nach, die Verdauung mrd
unregelmäßig. Die spontane Nahrungsaufnahme wird infolge der immer seltener
ununterbrochenen Somnolenz schlechter. Nur auf Anruf oder Rütteln erwacht der
Kranke, stiert glotzäugig den Störer an, wobei die beginnende Ptosis der oberen
Augenlider auffällt, öffnet den Mund, um die dargereichte Speise entgegenzunehmen
aber mit dem Bissen im Munde hört er bereits wieder auf zu kauen. (Vgl. Fig. 10.)
Starke Abmagerung bleibt nicht aus, zum Tremor gesellt sich eine zunehmende
Muskelschwäche, manchmal auch Kontrakturen einzelner Muskeln, so daß der
Gang und selbst aufrechtes Stehen ohne Unterstützung unmöglich wird. Auch der
in tiefem Schlafe liegende Körper kann klonische und tonische Krämpfe, choreaartige
Zuckungen zeigen.
Die Sensibilität ist herabgesetzt, aber nicht erloschen, aber die Abwehr-
bewegungen gegen Fliegen und Mücken und die Kratzbewegungen werden immer
weniger, bis endlich im Endstadium der Kranke fast regungslos in äußerster Hilf-
losigkeit auf dem Bauch oder auf der Seite liegt, knieend oder hockend den Kopf
vornüberhängen läßt oder seitlich an die Hüttenwand stützt.
Die große Mehrzahl der Kranken, Avelche nicht iu europäische Wartung und
Pflege kommt, gewährt, sich selbst überlassen und von der Umgebung gemieden,
in diesem Zustand ein jammervolles Bild. Die Augen sind fast völlig verklebt, die
Nasenlöcher durch ausfließenden und angetrockneten Schleim verschlossen, die Um-
gebung des Mundes mit Speichel besudelt, welcher dem übelriechenden unsauberen
Munde entströmt, alle diese Stellen sind mit zahlreichen, längst nicht mehr fort-
gescheuchten Fliegen besetzt. Harn wird in jeder Haltung, der Stuhl nur mehr
selten entleert. Die Haut des ganzen Körpers starrt von Schmutz, und Schmutz-
ekzem. Der bald am Kreuzbein, bald an den Trochanteren oder Knien sichtbare
Dekubitus läßt auf die meistens eingenommene Lage schließen. (Vgl. Fig. 9.)
Unter solchen Verhältnissen ist das Endstadium nur von kurzer Dauer, es be-
darf kaum einer interkurrenten Krankheit, wie stärkere Durchfälle, Pneumonie, Ruhr,
um den Leidenden den letzten Stoß zu geben. Bei in guter Pflege befindlichen
Kranken fehlen alle durch Verwahrlosung hervorgerufenen Nebenerscheinungen,
und kleine Schwankungen im günstigen Sinne sind häufiger, so daß der tödhche
Ausgang um Wochen oder Monate hinausgeschoben werden kann.
B) Die einzelnen Krankheitserscheinungen.
Das allgemeine Aussehen der Kranken schwankt von der Erscheinung
eines niu- an leichtem fieberhaften Unbehagen und unbedeutenden Hautaffektionen
leidenden Menschen bis zum Bilde einer völlig verblödeten und gelähmten, mit
Schmutz und Schmutzexanthemen bedeckten Jammergestalt.
Die Hautveränderungen sind eines der frühesten Symptome, welches
nur selten vermißt, aber bei den farbigen Kranken leicht übersehen wird. Anfangs
l I
Die menschliclie Trj'panosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 633
erscheinen mir bald im Zusammenhang mit den ersten Fieberbewegungen, bald in
der fieberfreien Zeit auf dem Körper zerstreut erythematöse Flecke von
wechselnder Größe, Form und Lage. Die auf Fingerdruck abblassenden Stellen
jucken lebhaft, auf der braunschwarzen Negerhaut sind sie kaum sichtbar und er-
scheinen nur als etwas dunklere Flecken, so daß manche Beobachter nur von einem
Pruritus berichten.
Das reine Erythem kann anfangs ganz flüchtig auftreten, geht aber bald,
wahrscheinlich nur unter dem Einflüsse des Kratzens, in ein vesiko-papulöses
Exanthem über, welches bei den vorübergehenden günstigen Schwankungen im Be-
finden des Kranken spontan oder unter geeigneter Behandlung wieder verschwinden
kann oder im weiteren Verlaufe des Leidens von einem Kratzekzem mit allen
seinen Komplikationen verdeckt wird.
Der Dekubitus kann durch sorgfältige Pflege auch in den schwersten Fällen
vermieden werden und bleibt auch bei sich selbst überlassenen Kranken nicht
selten aus. Oft beruht er aber auf zentralen trophischen Störungen und ist dann
unabwendbar.
In allen Fällen hat die im gesunden Zustande fast sammetweiche Negerhaut
ihre Frische und Geschmeidigkeit verloren und ist rauh und trocken geworden, die
zahlreichen Schuppen der chronisch ekzematösen Stellen bedecken wie ein grau-
weißer, grober, krümliger Staub die Hautoberfläche zwischen den frischeren, dunkler
erscheinenden Erythem- oder Ekzemstellen.
Auf weißer Haut sind die Farbenunterschiede deutlicher, das Erythem tritt
stärker hervor und kann leicht mit Arznei-, besonders Chininexanthem, verwechselt
werden, zumal es während der fieberfreien Zeit ganz verschwinden kann. Im Ge-
sicht kann das Erythem in Verbindung mit leichten Ödem im ersten Krankheits-
stadium dem Kranken vorübergehend ein blühendes Aussehen verleihen. Das nach
seinem Abblassen auf dem Körper zurückbleibende papulöse Ekzem kann zur Ver-
wechslung mit rotem Hund führen.
Pruritus ohne sichtbare Hautveränderung kommt bei beiden Rassen vor.
Ödeme können sich schon während der ersten Anfälle von Trypanosomen-
fieber mit dem Erscheinen der Parasiten im Blute zeigen, gehören aber zu den
konstantesten Symptomen der eigentlichen Schlafkrankheit. Ihr Sitz ist zwar vor-
wiegend das Gesicht, zu dessen eigentümlichem Ausdruck sie beitragen, die unteren
Extremitäten, besonders die Knöchel und die Vorderseite der Tibia, das Brustbein
und die Unterbauchgegend, sie können aber allenthalben am Körper in allgemeiner
Ausdehnung oder lokalisiert erscheinen. Sie sind eher hart als weich zu nennen,
nicht selten hinterläßt aber auch der Fingerdruck für kürzere Zeit einen tiefen Ein-
druck. Manchmal haben die Anschwellungen einen angiospastischen Charakter oder
machen den Eindruck einer beginnenden Phlegmone.
Die Schwellung der oberflächlichen Lymphdrüsen, besonders der
Cervikaldrüsen, ist von jeher den Beobachtern aufgefallen, aber früher von den
meisten — auch vom Verfasser — als eine Folge der zahlreichen Hautexkoriationen
angesehen worden, welche beim Neger schon in gesunden Tagen und erst recht
während einer langwierigen Krankheit fast immer zu finden sind. Seitdem den
Aufangserscheinungen der Trypanose mehr Beachtung geschenkt wird, hat es sich
gezeigt, daß diese Lymphadenitis fast in jedem Falle als ein Initialsymptom auf-
tritt (portugiesische Kommission). In der aUerneuesten Zeit haben be-
sonders die englischen Forscher in Uganda auf diese Erscheinung Gewicht gelegt
und bezeichnen das Anfangsstadium geradezu als eine spezifische durch Tryp. gam-
biense hervorgerufene Polyadenitis (Gkeig und Gray).
Intra vitam ist Schwellung der Femoral-, Inguinal-, AxiUar-, besonders aber
634 Dr. 0. Mense.
der oberüäclilicliea Cervical- und Myloliyoidaldrüsen leicht nachweisbar und oft
schon durch bloße Inspektion erkennbar, während die gleiche Yeränderung für die
Abdominal-, Thorakal- und tiefen Cervikaldrüsen durch die Obduktion festgestellt
werden kann. Die leicht auszuführende Palpation der Nackendrüsen gibt dem
Untersucher den ersten Anhaltspunkt für den Verdacht auf Trj^panose, und eine
Probepunktion mittelst einer Pravazspritze fördert in dem aspirierten Drüsensafte
die Parasiten zutage.
Bei einigen Kranken geht die Lymphdrüsenschwellung im weiteren Yerlaufe
wieder zurück. Vielleicht erklärt sich hierdurch die Angabe in einigen Kranken-
geschichten, daß Lymphadenitis nicht vorhanden sei. ,
Die Drüsen sind fast immer indolent, hart und verschiebbar, ihre Umgebung
ist nicht entzündlich infiltriert, nur ausnahmsweise kommt es zur Vereiterung, wozu
zweifellos auch die Exkoriationen der äußeren Haut beitragen. Dementsprechend
werden auch in den intra vitam punktierten oder exzidierten Drüsen regelmäßig
Trypanosomen, aber seltener und dann fast immer, nur im letzten Stadium Diplo-
strej)tokokken gefunden, oft erst wenn der Kranke moribund ist. In einigen Fällen
konnte durch wiederholte Untersuchung des Drüsensaftes während des Lebens und
durch die kurz nach dem Tode vorgenommene Obduktion das gänzliche Fehlen
dieser Bakterien zweifellos festgestellt werden (Greig und Gkay).
Parotisschwellung ist ebenfalls nicht selten, diese tritt jedoch auch als
Komplikation einer in manchen Gregenden Aveit verbreiteten Stomatitis auf von welcher
nach Feldmann besonders die Bananen essende Bevölkerung in einzelnen Gegenden
des Bezirks Bukoba befallen wird.
An dieser allgemeinen Drüsenschwellung nehmen die Tonsillen in der Regel
nicht teil.
Zirkulationsorgane. Die Herztätigkeit läßt schon früh den Einfluß der
Erkrankung erkennen. Bei Europäern wie bei Eingeborenen fanden die Beobachter
mit wenigen Ausnahmen (van den Campenhout, Dryepondt) eine auffallende Be-
schleunigung der Pulsfrequenz, welche in einzelnen Krankheitsgeschichten schon
vor anderen deutlichen Symptomen in einer Höhe bis zu 144 Schlägen (GtReig und
Gray) erwähnt wird. Da die Zahl der Pulsschläge auch außerhalb der Fieber-
anfälle erhöht ist, so steht sie in einem deutlichen Mißverhältnis zur Körpertempe-
ratur. Nur während der subnormalen Temperaturen im Endstadium sinkt manchmal
die Zahl der Pulsschläge ebenfalls, Verfasser sah sie bis auf 40 herabgehen.
Die Schwäche des Herzmuskels kommt auch in der schon zu Beginn des
zweiten Stadiums, oft noch früher, beobachteten verminderten arteriellen Spannung
zum Ausdruck. Mit dem Potain'schen Sphygmomanometer erhielt die portu-
giesische Kommission an der Eadialis Zahlen von 6 — 8, oft von 5 und 4,
manchmal war der Puls so erbärmlich, daß der an gesunden Personen auf seinen
Gang geprüfte Apparat bei den Kranken überhaupt keine Werte ergab.
Der Schwäche der quergestreiften willkürlichen Muskeln scheint demnach
eine Myasthenie mit Tachykardie und Embryokardie des Herzens zu entsprechen.
Die gewöhnlichen schweren terminalen Begleiterscheinungen von Myokarditis wie
Dyspnoe und Cyanose treten jedoch nicht auf. Der erste Ton über der Herzspitze
ist abgeschwächt, die zweiten Töne an der Herzbasis dagegen verstärkt (portu-
giesische Kommission).
Die Zusammensetzung des Blutes ist bei allen darauf untersuchten Fällen
keineswegs gleichmäßig, zumal die Kranken gleichzeitig auch aus anderen Ursachen
eine veränderte Blutbeschaffenheit zeigen können.
Bei allen Kranken kommt es im Laufe der Krankheit zu einer gewissen
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 635
Anämie, welche jedoch weniger ein wesentHches Symptom des krankhaften Vor-
ganges selbst, als eine Folge der schlechten Ernährung usw. ist.
Die Zahl der roten Blutkörperchen und der Hämoglobingehalt ist
in den meisten Fällen nachweisbar herabgesetzt, jedoch nicht bei jedem Kranken
in jeder Phase der Erkrankung.
Bei einzelnen Kranken kommen innerhalb weniger Wochen Schwankungen von
^2 — 1 Million Erythrocyten im Kubikmillimeter vor, bei der Mehrzahl hält sich jedoch
die Zahl anfangs zwischen 4 und 6 Millionen, um später auf S^/g Millionen im Mittel zu
sinken. Die portugiesische Kommission fand als höchste Ziffer 6700000 als
niedrigste 2900000, Greig und Gray 6020000 bzw. 2600000, Willems fand in einem
Falle nur 2230000. Eine Zunahme der roten Blutkörperchen kann durch gute Ernährung
und Arsenikbehandlung (post hoc oder propter hoc?) erreicht werden, jedoch auch trotz
fortschreitender Erkrankung erfolgen, manchmal wird sogar in den letzten Lebenstagen
eine Zunahme der färbenden Bestandteile des Blutes bis über die Norm beobachtet, ohne
daß Cyanose eintritt.
Der Hämoglobingehalt des Blutes unterliegt ähnlichen Schwankungen. Bei
einer jahrelang beobachteten Europäerin war der niedrigste Wert 36^0 (Gowers) bei einer
Zahl von 2825000 Erythrocyten.
Abnorme Formen der roten Blutkörperchen werden selten gefunden. Low und
MoTT fanden im Herzen und in der Milz, Greig und Gray im Knochenmark bei einem
Falle mit abnormer Vermehrung der Erythrocyten kernhaltige Formen.
Auch das Verhalten der Leukocyten im Blute ist kein ganz konstantes. Eine
Fehlerquelle bei der Beurteilung der von den verschiedenen Beobachtern mitgeteilten
Werte liegt darin, daß bei den meisten Angaben nicht gesagt wird, zu welcher Tageszeit
die Zählung vorgenommen wurde, daß anscheinend die Abgrenzung des Begriffs Lympho-
cyten und mononukleäre Leukocyten nicht gleichmäßig erfolgt und die Methoden der
Zählung verschieden sind. Der hervorstechendste einheitliche Zug des Blutbildes ist eine
starke Zunahme der mononukleär en Leukocyten. Diese im normalen Blute im
Prozentsatz von 25 — 30 %, darunter B — 5 7o große mononukleäre, der Gesamtzahl der
weißen Blutkörperchen vorkommenden Zellen sind von Greig und Gray bis zu 43 7o ge-
zählt worden. Ahnliche hohe Zahlen gibt die portugiesische Kommission an,
Willems, sowie Manson und Daniels beobachteten dieselbe Erscheinung bei kranken
Europäern.
Bei beiden Kassen ist aber die Leukocytenformel auch in dieser Hinsicht starken
Schwankungen unterworfen, wie aus folgender Übersicht hervorgeht :
Prozentuales Verhältnis
der Leukocytenarten:
Poly-
morph-
kernige
Große
mononu-
kleäre
Lympho-
cyten
Eosino-
phile
Mast-
zellen
Abnorme
mononu-
kleäre
Fall: Europäerin.
Xov.-Dez. 1902
(Zählung Duncan-Whyte)
Ifov.-Dez. 1902
(Zählung Daniels)
Febr.-März 1903
(Zählung Low)
51.5
55,2
53,7
29,75
22,7
19.65
16
18,4
24,0
1
1,8
2,5
0,25
0,48
0,15
Fall: Ugandaneger im zweiten Stadium (Greig und Gray).
18./III.
ll./IV.
21./IV.
10./ V.
31./V.
4./VI.
04
50
13
27
22
6
58
29
15
48
24
43
25
35
28
21
32
38
27
10
14
13
8
16
3
1,5
1.3
636
Dr. C. Mense.
Prozentuales Verhältnis
der Leukocytenarten :
Poly-
morpli-
kernige
Große
mononu-
kleäre
Lympho-
cyten
Eosino-
phile
Mast-
zellen
Abnorme
mononu-
kleäre
35
29
34
2
54
9
30
—
46
11
36
7
55
9
33
3
50
5
43
2
Fall: Ugandaneger im dritten Stadium (Geeig und Gbay).
17./V.
14./VII.
15./VII.
19./VII.
2L/VII.
Aus der obigen Tabelle geht gleichzeitig hervor, daß die Zahl der eosinophilen
Zellen stark wechselt, aber oft eine abnorme Höhe erreicht. Ihr Maximum beträgt bei
der portugiesischen Kommission 29 7o, l^ei Greig und Gray 34°/o. Jugendliches Alter
und Fadenwürmer spielen bei dieser Zunahme oft eine begünstigende Rolle.
Der Befund von Mastzellen zeigt keine stärkere Abweichung von der Norm, in
einzelnen Fällen ist ihre Zahl etwas vermehrt.
Die Gesamtzahl der Leukocyten im Blute ist in der Mehrzahl der Fälle vermehrt,
diese Zunahme ist jedoch nicht konstant. Oft ist das Gegenteil der Fall.
Oft ist die Zunahme nur eine relative wegen Abnahme der roten Blutkörperchen.
Abnorme Leukocytenformen kommen nicht selten vor und sind stets von mono-
nukleärem Typus.
Ganz niedrige Leukocytenzahlen können bei Kranken im ersten wie im Endstadium
vorkommen, z. B. 3800 weiße gegenüber 4200000 bzw. 4900000 roten Blutkörperchen, und
bei einem Kranken im Endstadium fanden Greig und Gray innerhalb eines Zeitraumes
von 14 Tagen 8755, 10 000 und 74680 weiße gegenüber 4340000, 4400000 und 3600000
roten Blutkörperchen.
Die Leukocytenformel des Blutes bei der Schlafkrankheit wäre also : Mononukleose
mit mäßiger Hyperleukocytose.
Das Auftreten der Trypanosomen im Blute kann in vielen Fällen schon
mit den ersten Anfängen der spezifischen Polyadenitis zusammenfallen, ist aber bei
weitem nicht so konstant als das Yorkommen dieser Parasiten in den Lymph-
drüsen. Yon 16 durch G-keig und Gray untersuchten Kranken im ersten oder
Frühstadium mit Trypanosomen im Drüsensafte hatten nur 6 die Parasiten im peri-
pheren Blute, unter 12 Kranken mit positivem Drüsenbefunde im „zweiten und dritten
Stadium" waren sie im Blute nur in 4 Fällen nachweisbar. Broden hatte bei 13
von 49 Kranken einen positiven Blutbefund, von diesen waren 33 wiederholt unter-
sucht worden. Bei fortgesetzter Beobachtung wird fast immer ein positives Ergebnis
erzielt. So ergaben 6 Kranke Broden's bei 36, 32, 55, 30, 36 und 51 Untersuchungen
3, 5, 22, 17, 1 und 5 mal Trypanosomen im peripheren Blute. Nachts scheinen sie
zahlreicher zu sein als bei Tage. Häufig, jedoch nicht immer, fällt das Auftreten
der Parasiten mit einem Fieberanfalle zusammen.
Die Zalü der im Blute gefundeneu Trypanosomen ist meistens gering, ein
Befund von einem Parasiten im Gesichtsfelde ist schon hoch. Auch ist sie starken
Schwankungen unterworfen. Der Untersucher, welcher an einem Tage mehrere
Hundert Parasiten unter einem Deckgläschen sah, findet manchmal am folgenden
Tage keinen mehr. Massenhaftes Auftreten der Trypanosomen im peripheren Blute
bedingt keineswegs immer eine Verschlimmerung der Krankheitserscheinungen.
Von anderen Blutschmarotzern bilden den häufigsten Nebenbefund Malaria-
parasiten, besonders bei Angehörigen der weißen Rasse, und Filaria j^erstans besonders
bei farbigen Kranken. Bei 55 Ugandanegern in verschiedenen Stadien der Krankheit
fanden Greig und Gray letztere 11 mal, Malariaparasiten dagegen nur dreimal.
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 637
Fieber. „On clirait que las centres thermiques sout atteints d'une espece
de folie." Dieser Ausspruch Willems' charakterisiert am besten die Fieberbewegung,
bei welcher völlige Regellosigkeit die Regel ist.
Schon bei den wenigen frühzeitig als solchen erkannten Anfällen von Try-
panosomenfieber bei Europäern ist das Fehlen eines bestimmten Fiebertypus aufge-
fallen (DuTTON, FoKDE, Manson, Daniels, Broden). Ein initialer Schüttel-
frost fehlt meistens, auch Schweißausbruch am Ende des Anfalls. Der Fieberanfall
hängt selu' oft mit stärkerem Auftreten von Trypanosomen im Blute
zusammen, die Vermehrung der Parasiten kann aber auch ausbleiben. Bald tritt ein
ein- oder mehrtägiges kontinuierliches Fieber bis zu 40*^ und mehr in Abständen
von 7 — 10 fieberfreien Tagen auf, bald ist die Temperatur wochen- und monatelang
nie ganz normal, ohne sich aber auch nur zu einem Fieber von mittlerer Höhe zu
erheben, noch häufiger besteht lange Zeit hindurch ein unregelmäßiges remittieren-
des Fieber. Nicht selten treten einige Tage lang leichte febrile Bewegungen in
den Abendstunden auf, um während der Nacht zu einer normalen Morgentemperatur
abzufallen, dann folgen wieder vollkommen fieberfreie, aber ganz ungleichmäßig
lange Perioden.
In den letzten Lebenstagen wird nicht selten eine Erhebung der Körper-
temperatur auf 40 ^ und mehr gefunden oder häufiger ein Sinken tief unter die Norm,
meistens zeigt das Thermometer im Augenblicke des Exitus eine Mastdarm temperatur
von etwa 35 '^. Die portugiesische Kommission konnte bei einem Einge-
borenen von Angola ein allmähliches Sinken der Temj)eratur bis auf 25*^ C im
Rektum 48 Stunden vor dem Tode messen.
Im allgemeinen werden vor dem Eindringen der Parasiten in die Cerebro-
spinalflüssigkeit selten Temperaturen von 39 ^^ erreicht, und die Remissionen und
Intermissionen gehen in diesem Stadium tiefer hinab als im zweiten (Dutton und Todd).
Die Atmung ist in der Regel beschleunigt, die Zalil der Atemzüge beträgt
25—30 in der Minute und wird durch die Schwankungen der Temperatur nicht be-
sonders beeinflußt. Das CHETKE-STOKEs'sche Phänomen wird häufig beobachtet.
Die lauge Zeit hindurch intakt bleibenden Lungen sind im Endstadium meistens
infolge der Koklvcninvasion (s. o.) Katarrhen, Ödemen und Pneumonien ausgesetzt.
Die Entstehung von bronchopneumonischen Herden ist nicht immer von Fieber be-
gleitet, sondern nicht selten von Hypothermie.
Nervensystem und Sinneswerkzeuge. Alle Erscheinungen so"v\ae
der Obduktionsbefund Aveisen darauf hin, daß die wichtigsten Yeränderungen im
zweiten Stadium ihren Sitz im Zentralnervensystem haben.
Im Gebiete der Hirnnerven äußern sich die auffälhgsten Störungen in Gestalt
der oft, aber nicht immer und verschieden stark auftretenden Ptosis der oberen
Augenlider, sowie durch den selten vermißten fibrillären Tremor der Zunge.
In einigen Fällen ist im Laufe der Krankheit eine vorübergehende Chorioiditis,
Cyclitis, Iritis und Neuritis optica festgestellt worden, so von Manson, Teeacher
CoLLiNO und TwEEDY bei einer Europäerin, welche leicht auch als Chininwirkung
gedeutet werden könnte. Häufiger kommt es vor, daß intelligente Kranke über Ver-
schleierung des Gesichtsfeldes, leichte Ermüdung der Augen beim Lesen oder Tanzen
der Buchstaben oder sonstiger fixierter kleiner Gegenstände klagen.
Die Pupillen reagieren während des größten Teiles des Krankheitsverlaufes gleich-
mäßig und normal, nur Willems sah schon früh Ungleichheit bei einem Europäer.
Das KEENia'sche und BABiNSKY'sche Phänomen ist bisher nicht beobachtet worden,
das RojiBERa'sche nicht oft, weniger selten das ARGYLL-RoBEETSON'sche.
Geruch und Geschmack leiden erst mit dem Sinken der Empfänglichkeit für
äußere Heize überhaupt, auch das Gehör bleibt bis weit in das Endstadium hinein intakt.
Mir antwortete ein ganz schlummersüchtiger Kranker auf Anruf noch wenige Stunden
638 ^^- C. JVIense.
vor dem Tode. Die von der portugiesischen Kommission berichteten Otorrhöen
beruhen wohl nur auf Eiterinfektion. Coryza und Epistaxis sind eine seltene und zufällige
Erscheinung. Die Untersuchung des Augenhintergrundes ist bei Schwerkranken kaum mög-
lich. Die portugiesischeKommission fand bei ihren ophthalmoskopischen Beobach-
tungen nie eine der Meningitis entsprechende Stauungspapille, sondern nur eine pralle Fül-
lung der Netzhautvenen. Divergenz der Augenachsen kommt im letzten Stadium nicht
selten vor. Erst bei weit vorgeschrittener Krankheit verengt sich die Iris bei Lichteinfall
nicht mehr, sondern bleibt nach einigen Zuckungen erweitert. Selten sind die Pupillen
in den letzten Lebenstagen dauernd kontrahiert. Der Konjunktivalreflex bleibt in den
meisten Fällen bis zum Endstadium erhalten. Die portugiesische Kommission
fand ihn einmal 17 Tage vor dem Tode schon erloschen und eine infolge von Lagoph-
thalmus entstehende Hypopyonkeratitis. Ich sah Konjunktivitis und Keratitis schon
früher und muß annahmen, daß der reflektorische Lidschluß schon früher versagt bzw.
die Empfindlichkeit der Augenbindehaut, ebenso wie die übrigen nervösen Symptome,
Schwankungen unterworfen ist.
Maxwell will schon im frühesten Stadium eine charakteristische Heiserkeit mit
auffallend veränderter Klangfarbe der Stimme wahrgenommen haben.
Das dem Laien am meisten auffallende Symptom von seiten des Zentralnerven-
systems, die allmählich in Lethargie und Coma übergehende Schlafsucht, ist
nicht in allen Fällen gleich ausgeprägt vorhanden, kann sogar ganz fehlen. So be-
obachteten DuTTON, ToDD und Chkisty am Kongo schwere Fälle, welche bis zum
tödlichen Ende ganz ohne Schlafsucht verliefen. Auch der erste von Button am
Grambia beobachtete Fall von tödlicher Trypanose bei einem Europäer ist hierher zu
rechnen.
Besonders Christy sah am Kongo einen außerordentlichen Wechsel des Krankheits-
bildes, in Leopoldville vermißte er sogar in der Mehrzahl der Fälle die ausgeprägte
Schlafsucht und fand an ihrer Stelle oft nur Stumpfsinn und Apathie, in anderen Fällen
ein starkes Hervortreten nervöser Symptome, sehr heftige Kopfschmerzen, Krämpfe und
maniakalische Anfälle, manchmal sogar als einziges Symptom nur Fieber und Abmagerung.
Er stellt nach der Schwere der Krankheitserscheinungen einen Typus A, B und 0 auf
und unterscheidet bei C tödlich verlaufende Fälle mit und ohne Schlafsucht. Verf.
sah in derselben Gegend Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nur
Fälle mit schwerer Schlafsucht. Der Unterschied erklärt sich leicht, wenn man bedenkt,
daß Christy unter der Bevölkerung mit den verschiedensten Krankheiten behaftete und
selbst anscheinend gesunde Menschen auf Trypanosomen untersuchte und nach dem Be-
funde die Diagnose stellte, während früher nur die typischen Fälle dem Arzte zugeführt
bzw. von ihm gefunden wurden.
In einzelnen Fällen, auch bei "Weißen, treten manchmal im Anschluß an die
Fieberanfälle Erregungszustände mit zwei- bis dreitägiger Schlaflosigkeit auf.
Bei der großen Mehrzahl der Fälle jedoch wird die Schlafsucht wenigstens in
den letzten Lebenstagen nicht vermißt. Sie beginnt mit leichter Benommenheit,
welche sich nach und nach zu Schläfrigkeit steigert und anfangs noch durch, die
Willenskraft des Kranken oder den aufmunternden Einfluß seiner Umgebung über-
wunden werden kann. Tage und Wochen größerer Frische können sich dazwischen
schieben, endlich aber wirkt die Schlaftrunkenheit un widerst elüich und der Schlaf
wird nur durch Augenblicke eines traumhaften halbwachen Zustandes unterbrochen.
Im letzten Stadium kommen nicht selten Anfälle von schwerem Coma vor,
welche den nahenden Tod anzukündigen scheinen, aber nach ein- oder mehrtägiger
Dauer einer vorübergehenden Besserung weichen können. Das bei anderen Hirn-
hautentzündungen beobachtete eigentümliche Aufschreien wird bei Schlafkrank-
heit nicht beobachtet.
Das selten fehlende Muskelzittern wird nicht selten von Schwindel-
gefühl eingeleitet, diese Empfindung besonders kann jedoch auch selbständig auf-
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 639
treten, besonders wenn der Kranke geht oder sich bei der Arbeit vornüberbeugt,
und im späteren Stadium beim Stehen ohne Unterstützung.
Die Koordination der Bewegungen ist schon frühzeitig schlecht.
Der Tremor besteht außer an der Zunge auch an anderen Muskelgruppeu
und ist oft so stark ausgeprägt, daß z. B, die Eingeborenen im Binnenlande des Togo-
gebiets danach die Krankheit „Schütteln" benennen (Hintze). Es kann wie bei
Chorea ein allgemeines fortwährendes oder Schwankungen unterworfenes Zittern
bestehen oder nur ein einzelner Körperteil davon befallen sein. Auch kann es die
Form des Intentionszitterns annehmen. Tonische und klonische Krämpfe können
unter völligem Verlust des Bewußtseins und darauffolgender Schlafsucht auftreten,
"Während des Anfalls reagieren die Pupillen normal (portugiesischeKommission).
Nicht selten unterscheidet sich der Krampfanfall in nichts von einem epi-
leptischen.
Die Reflexe am übrigen Körper sind oft normal, meistens jedoch, besonders
im späteren Stadium der Krankheit, vermindert oder erloschen, manchmal nur ein-
seitig, Yerstärkte Reflexe kommen manchmal in Verbindung mit starkem Muskel-
zittern vor, werden aber auch sonst als vorübergehende Erscheinung angetroffen.
Der Patellarreflex kann auf einer Seite vorhanden sein, auf der anderen fehlen.
Die Sensibilität bleibt in fast allen Fällen bis zum Eintritt tiefen Comas
erhalten, noch während anhaltender Schlafsucht kann man die Kranken durch einen
Nadelstich oder dgl. für kurze Zeit erwecken. Nicht selten, besonders bei Europäern,
kommt Hyperästhesie vor, so daß kleine Nadelstiche kindisches Jammern und Klagen
hervorrufen (Willems). Oft wird der Druck des Schuhwerks schmerzlich empfunden.
Auch Parästhesien treten manchmal auf.
Die direkte und indirekte galvanische periodische Erregbarkeit ist,
soweit aus den spärlichen Beobachtungen darüber ersichtlich ist, meistens nicht ge-
stört, vielleicht etwas herabgesetzt.
Die Nervenstämme sind auf Druck nicht empfindlich, nur die Äste des Trigemi-
nus und Occipitalis major wurden an ihren Austrittsstellen in einzelnen Fällen druck-
empfindlich gefunden (Günthek u. Webee u. a.). Druck- und Wärmegefühl sind mei-
stens so lange erhalten, als die Schlafsucht noch eine Untersuchung daraufhin gestattet.
Die bei manchen Kranken beobachteten Muskelkontrakturen sind nicht
so stark wie bei anderen Meningitiden, oft ist nur eine leicht überwindliche Rigidität
einzelner Muskelgruppen, besonders der Flexoren der Extremitäten und des Nackens
vorhanden, welche einseitig auftreten kann. Die starren Muskeln fühlen sich hart
an und führen die aktiven und passiven Bewegungen nur langsam aus.
Lähmung einzelner Körperteile ist eine seltene Erscheinung. Die portu-
giesische Kommission beobachtete die völlige Lähmung eines Armes bei ei-hal-
tener Sensibilität und führt sie nach dem Obduktionsbefunde auf Kompression des
Rückenmarks zurück, Manson, Günther und Weber sahen vorübergehende Läh-
mungen im Gebiete des Facialis und an den Extremitäten,
Urogenitalapparat. Während die portugiesische Kommission bei der
Mehrzahl ihrer Kranken Spuren von Eiweiß im Urin fand, haben andere ebenso
wie Verfasser diese Erscheinung vermißt. Die Zusammensetzung des Urins ist
offenbar je nach den Schwankungen im Krankheitsverlaufe verschieden, ohne tfach
irgend einer Richtung konstante charakteristische Veränderungen aufzuweisen,
MoüNEYRAT und WuRTZ fanden bei einer größeren Zahl von Harnanalysen, daß die
Zusammensetzung- im allgemeinen normal blieb, nur das Verhältnis der Harnsäure zum
Harnstoff war manchmal gesteigert. M. u. W. führen diese Steigerung auf das Fieber
zurück. Verf. möchte eher ein Symptom der Leukozytose darin erblicken.
640 I^r. C. Mense.
Die normale Zusammensetzung des Urins beweist, daß der Stofi'wechsel bis an das
Lebensende ungestört bleiben kann.
Die Blase funktioniert in vielen Fällen bis zum Eintritt allgemeiner Apathie
normal. Yerf. sah bei einem jugendlichen Neger Inkontinenz schon mit den ersten
nervösen Störungen auftreten. Die Potenz pflegt beim männlichen Geschlechte schon
früh zu erlöschen, ebenso beim weiblichen Amenorrhoe aufzutreten. Früh erkrankte
Kinder behalten bei jahrelanger Dauer der Krankheit infantiles Aussehen und bleiben
geschlechtlich manchmal völlig unentwickelt.
Yerdauungskanal. Die Nahrungsaufnahme ist Monate und Jahre hin-
durch trotz sonstiger schwerer Allgemeinerscheinungen ungehindert und regelmäßig,
und die digestive Tätigkeit bleibt bis zum Endstadium normal, so daß der Körper
trotz schwerer Allgemeinerscheinungen nur langsam entkräftet wird. Aus den
Dörfern der Eingeborenen in europäische Pflege kommende Kranke zeigen der un-
gewohnt guten und reichlichen Kost gegenüber sogar oft eine lebhafte Eßlust. Selbst
bei ausgesprochener Somnolenz weckt anfangs das Nahrungsbedürfnis den Kranken
noch aus seinem Sclilummer und erst bei tiefer Schlafsucht läßt der Kranke die
Speisen vor seinem Lager stehen oder nimmt sie nur auf Anruf zu sich.
Verstopfung ist eine häufigere Erscheinung als Durchfälle.
Meistens besteht eine leichte, durch übelriechenden Atem erkennbare Stoma-
titis, welche sich nach und nach steigert, so- daß im vorgeschritteneren Stadium oft
ülzerationen der Wangen Schleimhaut durch den Druck der Zähne, also eine Art
Dekubitus entstehen. Die Zunge trägt schon frühzeitig einen dicken schmierigen
Belag. Starker Speichelfluß wird selten vermißt.
Den von Greig und Gray in sechs Fällen nachgewiesenen ülzerationen im
Magen entspricht kein klinisches Symptom. Erbrechen ist eine seltene Erscheinung.
In einem von Willems mitgeteilten Falle wurde es häufig beobachtet, der Obduk-
tionsbericht erwähnt jedoch nichts von Veränderungen der Magenschleimhaut. Die
portugiesische Kommission fand es nur bei 15 von 70 Kranken und hält es
' für eine meningitische Erscheinung. Verfasser sah es nie.
Ätiologie.
Da vor dem Jahre 1902 nur das letzte Stadium der Krankheit bekannt war,
und nur solche Fälle mit Sicherheit diagnostiziert werden konnten, welche das auf-
fallende Symptom der Schlafsucht zeigten, so beschäftigte sich die ätiologische
Forschung bis dahin nur mit der eigentlichen Schlafkrankheit.
Dem Standpunkte ihrer Zeit entsprechend suchten die Beobachter in den beiden
ersten Dritteln des vorigen Jahrhunderts die Ursache der Krankheit zunächst in einer
Intoxikation, einem Miasma oder dgl.
Das übermäßige Rauchen von indischem Hanf (Beädshaw, Claek u. a.) der Genuß
von verdorbenem Palmwein, von Kolanüssen (Guäein), von schlechtem Heis, Mais, von
den aus der blausäurehaltigen Maniokwurzel bereiteten und in Westafrika weitverbreiteten
Speisen Kassada, Chicoanga usw., sowie von ungenügender oder schlechter Nahrung über-
haupt wurde "für die Entstehung der Krankheit verantwortlich gemacht.
Auch das heiße Klima, ungünstige hygienische Verhältnisse, schlechte Luft,
die tropische Hitze, Sonnenstich und Hitzschlag, Exzesse in Baccho et Venere
sollten das Leiden hervorrufen können.
Da in Amerika die aus Afrika eingeführten Negersklaven schwer von der Schlaf-
krankheit heimgesucht wurden, so hat man sie noch als eine schwere Melancholie, eine
Art Heimweh, gedeutet.
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 641
Die bei den Obduktionen gefundene Entzündung der Hirnhäute ließ in Zusammen-
hang mit der Anschwellung der Lymphdrüsen an Tuberkulose oder Skrofulöse denken.
Dai3 die endemischen Volkskrankheiten Malaria und Beriberi als ätiologische
Faktoren angesehen wurden, ist naheliegend.
Mit der Eatwicklung der Bakteriologie und mikroskopischen Technik trat die
Suche nach abnormen Blutbestandteilen, pathogenen Mikroorganismen und Blut-
parasiten in den Vordergrund.
Von Carvalho de Eigueieedo und Antonio de Azevedo, welche 1891 bei einer
Obduktion besondere Bazillen gefunden haben wollten, bis Oastellani, welcher an die
Stelle des gesuchten bakteriellen Erregers oder Parasiten das krank machende Protozoon
setzte, sind die verschiedensten mikroskopischen Eunde von den Beobachtern ätiologisch
gedeutet worden.
Cagigal und Lepieeee entdeckten im Blute eines Kranken einen an den Enden
verdickten geißeltragenden Bazillus, ähnlich dem Bac. anthracis, legten Kulturen desselben
an und infizierten damit erfolgreich Kaninchen und Meerschweinchen.
Der Bazillus hat der Nachprüfung ebensowenig Stand gehalten, wie der von Broden
am Kongo im Blute und in der Cerebrospinalflüssigkeit angetroffene Diplobazillus, welcher
auch in der Luft, im Wasser und im Boden vorkommen sollte.
Da Pneumonien, Pneumokokken-Meningitiden, -Pleuritiden, -Perikarditiden usw. bei
der schwarzen Hasse sehr verbreitet sind, und leicht zu einer Allgemeininfektion mit
schweren nervösen Erscheinungen führen, so suchte Maechoux auch die Schlafkrankheit
auf das Eindringen des Pneumococcus zurückzuführen. Von dieser Annahme ist nur die
Tatsache übriggeblieben, daß die Opfer der Schlafkrankheit leicht von Pneumonie usw.
befallen werden. Für diesen Erreger der Negerpneumonie ist die Identität mit dem
Diplococcus der kroupösen Pneumonie von Kolle nachgewiesen worden, welcher daneben
noch Pneumonien beobachtete, welche vom Influenzabazillus hervorgerufen werden. Letzterer
kann selbstverständlich die verschiedensten nervösen Störungen bewirken.
Die Nichtigkeit der bakteriologischen Funde und die langsame Entwicklung des
Leidens, sowie die örtliche Abgrenzung seines Vorkommens bewogen Manson auf einen
lebenden, nur langsam seine schädigende Wirkung entfaltenden Krankheitserreger in Ge-
stalt eines Tieres oder einer Pflanze zu fahnden. Diesen glaubte er in Filaria perstans
(vgl. Bd. I S. 168) gefunden zu haben, welche auf ihrer Wanderung mit dem Blut ent-
weder in das Gehirn eindringe oder die Ernährung und Funktion der nervösen Central-
organe indirekt schädige. Diese Hypothese wurde u. a. durch die Beobachtungen
von WiGGiNS, daß die geographische Verbreitung von Fil. perstans und Schlafkrankheit
keineswegs zusammenfallt, und daß bei Schlafkranken sehr oft Fil. perstans vermißt wird,
zu Falle gebracht.
Auch andere als pathogen angesproche Schmarotzer, wie Rhahdonema strongy-
loicles (Le Dantec), Ancylostomiim duodenale (Ferguson) und Filaria demar-
quayi (Rouget) werden nur gelegentlich bei den Kranken gefunden.
Die mikroskopische Untersuchung des Centralnervensystems der Kranken
Maj^son's führten jedoch Mott zu der wichtigen Entdeckung, daß im (rehirn
und Rückenmark, besonders in der Umgebung der Kapillaren eine
Ansammlung mononukleärer Leukocyten stattfindet. Mott ver-
mutete, daß diese zelligen Elemente rein mechanisch durch Druck die Krankheit
hervorrufen könnten.
Neben dieser Beobachtung Mott's haben aus der Zeit vor CASTELLAifi nur
noch die sorgfältigen Untersuchungen der portugiesischen Kommission zur
Erforschung der Schlafkrankheit (Aknibal Bettencourt, Ayees Kopke, Gomes
DE Rezende und Correa Mendes) dauernden Wert behalten.
Diese konnten beim Lebenden und in der Leiche im Centralnervensystem,
seinen Hüllen und den in diesen enthaltenen oder es umspülenden Flüssigkeiten
fast konstant einen Diplostreptococcus nachweisen, welcher seinem Aussehen
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 41
642 Dr. C. Mense.
und seiner Lagerung nach dem Gonococcus Neisser's und dem Diplococcus iatra-
cellularis meniogitidis Weichselbaum 's ähnlich ist.
An anderen Stellen des Organismus, besonders den Lymphdrüsen, kommt dieser
„Hypnococcus", wie sie ihn nannten, häufig-, jedoch nicht beständig vor, kann sich aber
aus noch nicht genau ergründeter Ursache rasch im Körper ausbreiten und vermehren.
Seine Größe ist schwankend, meistens sind die Maße 1:5:2 fi, die Lagerung ist
fast immer extrazellulär. Färbung gelingt leicht mit allen basischen Anilinfarbstoffen.
Dem GRAM'schen Verfahren gegenüber verhalten sich die einzelnen Kokken ungleichmäßig,
erst in Kulturen werden sie gleichmäßig positiv.
Kulturen gelingen am besten bei einer Temperatur von 35 — 37 ° C auf Nährböden,
welche Ascitesflüssigkeit enthalten.
Der Hypnococcus soll für Affen, Kaninchen und weise Mäuse pathogen sein. Die
Ergebnisse der ausgedehnten Kultur -Übertragungs- und Immunisierungsversuche der
portugiesischen Kommission haben jedoch an Bedeutung verloren.
Castellani fand nämlich in Uganda 1902 in der Cerebrospinalüüssigkeit
von Kranken auch einen Diplostreptococcus, den er auf Grund ungenauer Nachrichten
über die Beobachtungen der portugiesischen Kommission für verschieden
von „Hypnococcus" hielt. Es fiel ihm aber auf, daß diese Streptokokken-
infektion nur im letzten Stadium der Krankheit erkennbar war.
ISTach Castellani unterscheidet sicli dieser Diplostreptococcus von Strepto-
coccus lanceolatus (Feänkel's Diplococcus) durch gutes Wachstum auf Gelatine, von
Str. pyogenes durch sein besseres Wachstum auf allen Medien, besonders auf Agar,
durch die ISTeigung seiner Kolonien zusammenzufließen und durch das Unvermögen,
Milch zu koagulieren.
Als Castellani dann die Cerebrospinalflüssigkeit centrif agierte, entdeckte
er im Sediment Trypanosomen und machte damit dem Suchen nach einem
bakteriellen Krankheitserreger ein Ende.
Bruce erkannte sofort mit Castellani die Bedeutung dieser Entdeckung und
-Märte durch weitere in Gemeinschaft mit Nabarro und Greig u. a. vorgenommene
Studien die Ätiologie dahin auf, daß die Krankheit durch die Infektion
mit Trypanosomen hervorgerufen, daß der Vermittler der Infektion
Qlossina palpalis ^ eine Tsetsefliege, ist, und daß das von Button
-am Gambia beobachtete Trypanosomenfieber das erste Stadium der
Schlafkrankheit bildet, welche zur vollen Entwicklung kommt,
wenn die Krankheitserreger in die Cerebrospinalflüssigkeit ein-
dringen.
Diese von Brauet schon 1898 als Vermutung ausgesprochene und auch
von Brumpt 1903 vertretene Auffassung ist durch die neuesten Beobachtungen er-
gänzt und etwas modifiziert worden, in der Hauptsache aber als richtig zu betrachten.
Castellani hielt sein Trypanosoma für eine von dem schon früher beim
Menschen gefundene Tryp. gamhieyise verschiedene Art Tryp. ugcmclense^ und Kruse
bezeichnete es nach Durchsicht der Präparate Castelllani's als Tryp. ca Stel-
la nii. Es hat sich aber gezeigt, daß die von beiden Forschern aufgestellten Unter-
schiede inkonstant sind, von der Verschiedenheit der Nährböden abhängen und
beim Überimpfen auf empfindliche Tiere (Affen) verschwinden.
Die Morphologie dieser Trypanosomen oder Trypanozoen (Luhe) ist an anderer
Stelle eingehend beschrieben worden (Bd. III S. 113 u. f.). Es ist deswegen hier nur
eine Abbildung beigefügt (Fig. 11), welche die Parasiten im Blute wiedergibt.
Beim Menschen treten die Parasiten, nachdem sie durch den Stich der Stech-
fliege in die Blutbahnen der Haut gelangt sind, zuerst in den Lymphdrüsen und
im Blute, erst später im Centralnervensystem , besonders in der Cerebrospinal-
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 643
flüssigkeit auf und können dort mikroskopisch nachgewiesen werden (vgl. S. 650).
Trypanosoma gamhiense ist 17 — 28 ^ lang, 1,4 — 2 /«, im Teilungsstadium oft bis
3 ,« breit.
E. Koch hat im Yerdauungskanal von Glossinen zwei Typen von Try-
panosomen gefunden, welche stets nebeneinander vorkommen, nur in infizierten
Tieren gefunden werden und deswegen von ihm als Abkömmlinge der mit dem Blute
aufgenommenen Trypanosomen und zwar als Geschlechtsformen angesehen werden.
Den breiteren, an nach Giemsa-Romanowsky sich blau färbendem Plasma reichen und
einen rundlichen Kern von lockerem Gefüge tragenden Typus hält er für die weib-
liche, den anderen schlankeren Typus ohne blaufärbbares Plasma mit langgestrecktem,
fast Stab förmigen dichtgefügtem Kern, welcher dunkle gleichförmige Chromatin-
färbung annimmt, für die männliche Form nach Analogie der Geschlechtsunterschiede
anderer Protozoen,
Fig. 11.
Trypanosoma gambiense im Blut. 800 : 1. (Nach Glatzel.)
In diesem Stadium konnte Koch auch Tryp. gamhiense und hriicei nach dem
Yerhalten des Blepharoblasten voneinander unterscheiden, welcher bei letzerem klein
(1 fi im Durchmesser) und rundlich, bei ersterem dagegen 1,5 ^ breit und 2,5 fi lang,
von ovaler fast stäbchenförmiger Gestalt und quer zur Längsachse des Parasiten-
körpers gestellt ist.
Über die Maße beider Trypanosomen in diesem Entwicldungsstadium macht
Koch folgende Angaben:
Tryp. hrucei \
Tryp. gamhiense j
Weibchen
Länge
25 f^
37 fi
Breite
3,6 ^
3,0 fc
Männchen
Länge
40,2^
34 lit
Breite
2,1 /^
0,85 ,«
NovY widerspricht der Annahme von K. Koch, daß die von letzterem in dem Vor-
magen von Tsetsen (Gloss. palpalis und Gloss. morsitans) beobachteten Trypanosomen
Entwicklungs- und Geschlechtsformen von Tryp. gambiense bzw. Tryp. brucei seien und
hält diese Flagellaten für harmlose Darmschmarotzer der betreffenden Stechfliegen, welche
er in frisch aus der Wildnis stammenden Tsetsen ebenfalls nachweisen konnte.
Cazalbou ließ in Garo am Bani, einem Nebenfluß des Niger, wo Schlafkrankheit
selten ist, Hunde und Katzen von frischeingefangenen Tsetsefliegen stechen und fand
41*
644 Dr. C. Mense.
bei einigen derselben einige Tage später Trypanosomen ähnlich dem Tryp. gambiense
im Blute.
Daß das Trypanosomenfieber und die Schlafkrankheit nur verschiedene Stadien
derselben Infektionskrankheit sind, wird durch folgende Tatsachen bewiesen:
1. Das Yorkommen des Parasiten in allen genügend untersuchten Fällen
beider Krankheiten.
2. Die morphologische Grieichheit des Parasiten, welche, soweit es mit unseren
heutigen Untersuchungsmethoden möglich ist, nachgewiesen worden ist. Auch der
Vergleich von Tr3^anosomen aus verschiedenen Gegenden, verschiedenen Krankheits-
stadien und Formen und bei Europäern und Eingeborenen läßt keinerlei Unter-
schiede erkennen. Ebensowenig konnten experimentell wesentliche Unterschiede iu
der Virulenz von Trypanosomen verschiedener Herkunft auf Tiere festgestellt werden
(DuTTON und ToDD, Thomas und Linton, Thomas und Breinl, Laveean).
3. Die Beobachtung, daß wiederholt bei ein und demselben Menschen der ganze
Krankheitsverlauf verfolgt worden ist, nämlich anfangs das Vorstadium der Krank-
heit : Trypanosomen in den Drüsensäften und im Blute ohne Krankheitserscheinungen,
dann das Trypanosomenfieber als erstes Krankheitsstadium, in einzelnen Fällen schon
allein zum Tode führend, endlich das zweite und Endstadium, die Schlafkrankheit.
Die Zahl solcher Fälle ist bei Angehörigen beider Passen jetzt schon eine be-
deutende und wächst beständig.
Die Richtigkeit der Annahme, daß Glossina palpalis die Trypanosomen auf
den Menschen überträgt geht hervor:
1. Aus dem Zusammentreffen des Verbreitungsgebietes der Krankheit mit dem
Vorkommen dieser Stechfliege, welches anfangs für Uganda von Bruce, ISTabaeeo
und Geeig, später auch für andere verseuchte Gegenden nachgewiesen wurde.
Das Verbreitungsgebiet der Glossi?ia palpalis ist zurzeit zwar noch größer als
das der Schlafkrankheit, die Seuche dehnt sich aber in demselben beständig aus.
2. Aus dem Fehlen von Neuinfektionen Gesunder durch Kranke in Gegenden
wo Gloss. palpalis f ehlt, z. B. in dem tropischen Amerika, woMn durch den Sklaven-
handel zahlreiche Kranke übergeführt wurden.
3. Aus dem Tierversuche (vgl. jedoch S. 646) und der Analogie tierischer
Trypanosen (s. diese S. 7 13 f.).
4. Aus der experimentellen Beobachtung, daß die Tiypanosomen sich im Ver-
dauungskanal von Gloss. palpalis vermehren, wobei Formen auftreten, welche auf
geschlechtliche Vermehrung hindeuten (Geay und Tulloch, Koch).
Ganz unwidersprochen ist diese Auffassung von der Identität des Trypanosomen-
fiebers, wie es zuerst von Dutton am Gambia beobachtet wurde, mit der Schlafkrankheit
noch nicht.
Plimmee sah bei Ratten, welche mit den Trypanosomen des Gambiafiebers geimpft
worden waren, den akuten tödlichen Verlauf dieser Krankheit unter Drüsen-, Milz- und
Leberschwellung und massenhaftem Auftreten von Trypanosomen im Blut und in der
Cerebrospinalflüssigkeit, bei anderen, auf welche die Trypanosomen eines mit Cerebro-
spinalflüssigkeit von Schlafkranken infizierten Affen überimpft worden waren, die typischen
Lähmungserscheinungen der Schlafkrankheit und einen langsameren Verlauf bei einem auf
das Rückenmark beschränkten sehr spärlichen Befunde von Trypanosomen. Die Trypano-
somen selbst waren im erster en Falle länger, etwas breiter und leichter färbbar als die
stumpfen große Vakuolen zeigenden Parasiten der Schlafkrankheit.
Laveran fand jedoch nur unbedeutende Unterschiede in der Virulenz der Try-
panosomen von Gambia, Ubangi und aus Uganda und konnte die vom Plimmer gesehenen
Lähmungen, welche er für zufällig entstanden hält, nur bei einer einzigen Ratte unter
seinen zahlreichen mit den Parasiten infizierten Tieren beobachten.
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 645
K. Koch hält die morphologischen Unterschiede der Trypanosomen überhaupt für
noch nicht genügend feststehend, ehe der Entwicklungskreislauf dieser Parasiten wenig-
stens in seinen wesentlichsten Teilen bekannt ist.
Auch P. Manson genügen die bisherigen Aufklärungen über die pathogene Be-
deutung von Tryp. gamhiense noch nicht ganz, er verweist auf seine eigene irrige Hypo-
these über Filaria perstans bei Schlafkrankheit, auf die ungeheure Verbreitung der Try-
panosomen bei scheinbar ganz gesunden Eingeborenen und hält es nicht für unmöglich,
daß fast sämtliche Eingeborenen in den verseuchten Gegenden mit Tryp. gamhiense
behaftet seien, ohne dadurch alle zu erkranken, während die Europäer allerdings diese
Widerstandsfähigkeit nicht besitzen nach Analogie des verschiedenen Verhaltens der
wilden Tiere und Haustiere gegenüber der Infektion mit anderen Trypanosomen.
Außer Glossina palpalis ist Gloss. fusca ebenfalls der Verbreitung der Krankheit
verdächtig, nach Atres Kopke auch Gloss. longipalpis und Gloss. loellmani. Gloss. fusca
kommt im ganzen tropischen Afrika vor, tritt aber nie in solchen ]\Iassen auf, wie Gloss.
palpalis, sondern in geringer Zahl, anscheinend aber auch außerhalb der Nachbarschaft
von Wasserläufen.
E,. Koch konnte Ratten mit Trypanosomen, welche er durch Ausdrücken des Rüssel-
bulbus von Gloss. fusca erhielt, infizieren. Geeig hat Affen den Stichen von infizierten
Gloss. pallipides, Gloss. longipennis und Gloss. fusca ausgesetzt, worauf die Tiere die
Erscheinungen der Schlafsucht zeigten.
Welcher Anteil an dem Krankheitsbilde bleibt nun für die in vielen Fällen
während des Lebens oder auf dem Seziertiscli nachgewiesenen Diplostreptokokken
übrig?
Da es zurzeit nicht möglich ist, die pathologiscli-anatomisclien Veränderungen,
besonders die mikroskopischen, mit Sicherheit auf die Anwesenheit der Trypano-
somen oder ihre Stoffwechsel- oder Zersetzungsprodukte zurückzuführen, so liegt die
Annahme nahe, jene Bakterien für dieselben mit verantwortlich zu machen.
Die Untersuchung von Mayer und Langstein über die Toxinbildung durch Bakterien
und Trypanosomen haben eine große Übereinstimmung zwischen der Naganainfektion und
bakteriellen Infektionen ergeben, indem die Blutglobuline zu-, die Albumine dagegen ab-
nehmen. Eine entscheidende Bedeutung für die Fragen über den Stoffwechsel der Try-
panosomeninfektion, die Wirkung isolierter und in Kochsalzlösung aufgeschwemmter und
weiterhin durch Trypsinzusatz aufgelöster Trypanosomen usw. haben die Arbeiten noch
nicht gewonnen.
Ausschließlich ihren „Hypnococcus" sah die portugiesische Kommis-
sion als den Krankheitserreger an und stützte sich dabei auf den konstanten Be-
fund in der Cerebrospinalflüssigkeit und in dem subarachnoidealen Exsudat, sowie
das häufige Auftreten in den verscMedensten Geweben und Organen.
Selbst Castellani war anfangs derselben Ansicht, wenn er auch die von ihm
gefundenen Bakterien nicht für identisch mit denen der Portugiesen hielt, kam aber
dann nach Auffindung der Trypanosomen zu der auch sofort von Bruce ver-
tretenen Auffassung, daß das Auftreten der Diplostreptokokken nur eine in den
letzten Lebenstagen auftretende Sekundärinfektion sei.
Die Annahme, daß die Bakterien der Portugiesen und Castellaot's verschieden
seien, beruhte auf einem durch die Mitteilungen über die Wachstumsbediugungen
entstandenen Mißverständnis. Als feststehend darf es auch wohl angesehen werden,
daß in den nicht seltenen Fällen, wo akute eitrige Meningitis rasch zum Tode führt,
die Kokkeninfektion an dem fatalen Ende Schuld ist. Auch die oft auftretenden
septikämischen Erscheinungen sind auf die gleiche Ursache zurückzuführen.
Ist aber die Kokkeninvasion ein integrierender Bestandteil des ganzen patho-
logischen Vorgangs oder nur eine sekundäre Erscheinung und nur durch Auftreten
646 Dr. 0. Mense.
von Dekubitus und anderen Hautulzerationen, wie Sandflohgeschwüren, eitriger
Gingivitis usw. ermöglicht?
Für ersteres spriclit nach Ansicht einiger besonders portugiesischer Autoren
die Beobachtung der portugiesischen Kommission, daß auch Kranlve
ohne Dekubitus oder sonstige Hautläsionen, welche als Eingangspforten einer
Sekundärinfektion angesehen werden könnten, die charakteristischen Krankheits-
erscheinungen und post mortem den regelmäßigen Befund, besonders auch die so
häufig gefundene chronische Kokkenmeningitis, zeigten, welche zur Erklärung der
cerebralen Erscheinungen und Veränderungen allein schon genügen würde, wenn
man die Trypanosomen nicht gefunden hätte. Die Lyssa humana bietet ja ein in
mancher Beziehung ähnliches Bild.
Nach dem gelungenen und stets bestätigten Nachweis der Trypanosomen im
Blute, in der Cerebrospinalflüssigkeit und in den Lymphdrüsen mußte man jedoch mit
zwei möglicherweise pathogenen Mikroorganismen rechnen. Je mehr das Beobachtungs-
material anwuchs und je früher und häufiger Untersuchungen an denselben Kranken
vorgenommen wurden, besonders am Kongo und in Uganda, desto klarer wurde es,
daß die Trypanosomen viel früher im kranken Organismus auftreten und die typischen
Symptome schon vorhanden sind, wenn noch keine Diplostreptokokken durch
Lumbalpunktion usw. nachgewiesen werden können. Somit kam man naturgemäß
zu der Deutung, daß die Infektion mit Trypanosomen die Widerstandsfähigkeit des
Menschen gegen Kokkeninvasion herabsetzt und somit zu den durch diese Bakterien
hervorgerufenen Krankheiten, z. B. Meningitis, disponiert. Hierzu stimmt ganz gut
die Beobachtung, daß die Lungen der Leichen so häufig pneumonische Herde bergen.
Aber auch die Auffassung, daß diese Sekundärinfektion eine unausbleibliche
Komplikation sei, ist in der letzten Zeit erschüttert worden. Gkeig und Gkay
beobachteten wiederholt, daß in tödlich verlaufenden Fällen von typischer Schlaf-
krankheit sowohl intra vitam wie post mortem Kokken in den Organen, der
Cerebrospinalflüssigkeit und den Drüsensäften fehlten, und daß in sehr vielen alle
•Symptome zeigenden Fällen die Kokkeninvasion erst kurz vor dem Tode zustande
kam und oft sich nur auf eine Drüse beschränkte, in deren Gebiet Hautgeschwüre,
besonders durch Sandüöhe hervorgerufene, vorhanden waren. Auch beobachteten
sie in gleicher Weise Allgemeininfektion mit Bac. coli.
Ein hervorragendes Mitglied der portugiesischen Kommission, Aykes Kopke,
hat in einer neuen teils in Loanda teils in Lissabon vorgenommenen Versuchsreihe
die s. Z, von der portugiesischen Kommission angestellten Experimente mit Strepto-
kokken wiederholt. Kulturversuche mit Cerebrospinalflüssigkeit und Drüsensaft von
Kranken schlugen fast immer fehl. Züchtungsversuche mit totem Material waren
in über 50 ^/o erfolgreich.
Das Tierexperiment gibt über diese Fragen keine ganz unanfechtbare
Auskunft. Während einige Autoren (Geeig und Gkay), welche schmalnasige Affen
erfolgreich mit Trypanosomen infizierten, den ganzen Symptomkomplex mit tödlichem
Ausgang bei den Tieren verfolgen, dagegen durch Injektion von Kokkenkulturen
Schlafkranker keine Allgemeininfektion erzielen konnten, stellten andere fest, daß
Affen auch bei sonstiger schwerer Infektion oder Erkrankung Mattigkeit, Abnahme
der Freßlust und Schlafsucht zeigten und eingingen.
Überhaupt ist das Verhalten dieser empfindlichsten unter den Versuchstieren
auch bei derselben Art, z. B. Gercopithecus callitrielius, selu' verschieden (Laveban
und Mesnil, Nocht, Bruce, Nabarro und Greig u. a.). Manche überwinden die
Trypanosomen-Infektion ganz leicht, andere kränkeln etwas, befinden sich aber trotz
des Vorhandenseins der Parasiten im Blute ganz Avohl, andere erliegen bei experi-
menteller lüfektion mit Trypanosomen u n d Diplostreptokokken der bakteriellen Ali-
Die menschliclie Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 647
gemeininfektion, ehe die langsam verlaufende schädliche AVirkung der Trypanosomen
bemerkbar wird.
Dasselbe gilt von anderen kleinen Yersuchstieren der Laboratorien, besonders
Eatten und Meerschweinchen. Größere Tiere sind mit Ausnahme von Hunden
(Thomas imd Linton, Bkumpt und Wuktz) ganz oder fast ganz unempfindlich gegen
die natürliche oder künstliche Infektion.
Die typischen Veränderungen im Gehirn werden bei infizierten Tieren nur
selten und zwar dann beobachtet, wenn der Einimpfung eine chronisch verlaufende
Erkrankung folgt. Hakvey ist es gelungen, bei einem Macacus rhesus eine
schleichende Trj^anosomeninfektion von 18 monatiger Dauer experimentell hervor-
zurufen und im Nervensystem des Tieres die typischen perivaskulären Infiltrationen
nachzuweisen bei völligem Fehlen einer Mischinfektion mit anderen Mikroorganismen,
Ayees Kopke konnte sie jedoch auch bei künstlichen Infektionen mit mehrmonatigem
chronischem Verlaufe nicht entdecken.
Jedenfalls kommen wir der Wahrheit am nächsten, wenn wir annehmen, daß
die Trypanosomen allein das ganze Krankheitsbild in seinem Verlaufe durch alle
Stadien hindurch bis zum tödlichen Ausgang hervorzurufen vermögen, daß aber
Diplostreptokokken oder an ihrer Stelle andere Bakterien, besonders im letzten
Stadium durch ihr Eindringen von ülzerationen auf der Haut oder auf Schleimhäuten
aus, Komplikationen und Modifikationen des Verlaufs verursachen können.
Epidemiologisch ist zu bemerken, daß Beruf, Alter, Geschlecht
und Rasse nur insofern eine Rolle spielen, als sie die Gelegenheit zur Infektion
durch Eliegenstich schai3:en oder vermehren.
Diagnose.
Sie ist am leichtesten in den FäUen, wo die charakteristische Schlafsucht früh und
deutlich auftritt. Beim Ausbleiben dieses Symptoms wäi^e im vorgeschrittenen Stadium
eine Verwechslung mit Dementia paralytica möglich. Das Fehlen der psychi-
schen Störungen sichert die Diagnose. Differentialdiagnostisch können ferner Hirn-
tumoren und Lues cerebralis in Betracht kommen. Beiersteren fehlen neben
den Kopfschmerzen selten Erbrechen und allmählich eintretende, stetig fortschreitende
Lähmungen, Neuralgien und Anästhesien, Avelche bei dem Sitze der Geschwulst an
der Basis cranii ungleichseitig sind. Der Puls ist oft verlangsamt, besonders bei
gesteigertem Gehirn druck. Bei Pachymeningitis haemorrhagica ist ein
Erwecken des Kranken aus seiner Somnolenz unmöglich, ebenso bei hysteri-
scher Schlafsucht.
Bei noch wohlgenährten Kranken mit unsicherem Gange kann eine Verwechs-
lung mit der , sensibelmotorischen Form von Beriberi vorkommen, welche in den-
selben afrikanischen Gebieten sporadisch oder epidemisch auftreten kann. Ent-
scheidend ist das Fehlen der Herzaffektion, der Hyperästhesie, der subjektiven Par-
ästhesie und des Muskelschmerzes (vgl. Bd. II S. 161 u. f.). Die Muskelkon-
trakturen kommen bei vorgeschrittenen Fällen beider Krankheiten vor, bevor-
zugen aber bei Beriberi die Wadenmuskulatur, bei Schlafkrankheit die Muskeln
der Wirbelsäule und der Extremitäten.
Bei einzelnen Influenza- Epidemien ist eine unter dem Namen Nona be-
schriebene Schlafsucht beobachtet worden, der Schlaf ist jedoch nur voü acht bis
vier zehntägiger Dauer. Ähnliche Erscheinungen hat Levi bei Leberzirrhose und
anderen Leberkrankheiten beobachtet und als Narcolepsie hepatique be-
schrieben (Le Daxtec).
Hinfälligkeit und Somnolenz bei anderer chronischer Krankheit, z. B. bei Ma-
648 JDr. 0. Mense.
laria -Kachexie ist ein beständiger und gleichmäßiger Schwächezustand, welcher
nicht solchen Schwankungen unterworfen ist, wie sie die Schlafkrankheit zeigt.
Bei Kala Äzar kommt ebenfalls höchst regelloses Fieber vor, die Puls-
frequenz bleibt jedoch selbst bei hohen Temperaturen annähernd normal (Bentley).
In allen zweifelhaften Fällen und besonders zu Beginn der Erkrankung ist
die Diagnose durch den Trypanosomen-Nachweis zu sichern. Derselbe ist
am leichtesten und am frühesten möglich durch die Untersuchung des mit einer
Pravazspritze aus den geschwollenen oberflächlichen Drüsen, besonders den Nacken-
drüsen, aspirierten Drüsensaftes. Die Technik ist so einfach, daß sie keiner be-
sonderen Beschreibung bedarf. Der aufgesogene Tropfen wird bei schwacher Ver-
größerung untersucht, Färbung ist nicht notwendig, läßt aber die Einzelheiten des
Baus der Parasiten und ihre Zerfallsformen besser erkennen (vgl. Bd. III S. 70).
Im peripheren Blute sind die Trypanosomen nicht so früh, nicht so zahlreich
und nicht so beständig zu finden. Man ist oft genötigt, zalilreiche Präparate anzu-
fertigen, ehe man die Parasiten entdeckt. Für die Blutuntersuchung empfielilt es
sich, zehn Kubikcentimeter Blut einer Yene zu entnehmen, unter Zusatz von etwas
Natrium citricum-Lösung (1 °/o) viermal 10 Minuten zu centrifugieren, jedesmal das
Plasma abzugießen und erst dann den Bodensatz unter das Mikroskop zu nehmen.
Nattan-Laerier und Tanon konnten in einem falle in den erythematösen Flecken
der Haut durch Skarifikation Trypanosomen nachweisen, während sie im übrigen peri-
pheren Blute nicht zu finden waren. Ersterer hat in ödematösen Hautstellen eines vom
Kongo kommenden, an Pulsbeschleunigung, Splenomegalie, Exanthemen und Anasarca
und Drüsenschwwellung leidenden Weißen auf dieselbe Weise Gebilde beobachtet, welche
er für Babesien (Piroplasmen) hält. Vielleicht waren es Entwicklungsformen von Try-
panosomen.
Die Auffindung des Krankheitserregers in der Cerebrospinalflüssigkeit
erfolgt durch die Lumbalpunktion.
Die Operation wird am besten in horizontaler Seitenlage des Kranken vorgenommen
schon deswegen, weil dann der hydrostatische Druck der Elüssigkeitssäule bis auf ein
Minimum ausgeschaltet wird und der durch die Spannung der Wandungen des Cerebro-
spinalsackes bedingte elastische Druck gemessen tv erden kann (Quincke). Über letzteren
liegen bei der Schlafkrankheit genaue Messungen noch nicht vor. Auch ist es in dieser
Lage am leichtesten, plötzliche Bewegungen eines unruhigen Kranken zu verhindern.
Ferner ist die Punktion gut ausführbar, wenn man den zu Untersuchenden mit herunter-
hängenden Beinen auf den Bettrand, einen Stuhl oder eine Kiste setzt und den Rumpf
so stark vornüberbeugen läßt, daß die Ellenbogen sich auf die Knie stützen und die
Lendenwirbel möglichst weit auseinanderweichen. In der horizontalen linken Seitenlage
wird dasselbe dadurch erreicht, daß die Lendenwirbelsäule stark gekrümmt und die
Oberschenkel an den Leib gezogen werden.
Bei sehr empfindlichen oder erregten Kranken kann Lokalanästhesie oder Narkose
zur Anwendung gelangen. Letztere ist nicht ungefährlich.
Als Instrument dient eine kräftige Platin-Iridium-Hohlnadel von 8 — 10 cm Länge
und 1 mm Durchmesser. Strenge Asepsis ist zu beobachten.
Die Einstichstelle liegt einen Centimeter links von der Stelle, wo eine die
beiden höchsten Punkte der Cristae ossis ilei verbindende Linie die Wirbelsäule schneidet
neben dem Processus spinosus des vierten Lendenwirbels im Interarkualraum zwischen
dem vierten und fünften Lendenwirbel. Man setzt den Daumen der linken Hand auf
den Dornfortsatz und führt mit der rechten Hand die etwas schräg nach oben und
innen gehaltene Nadel durch die Haut, Muskulatur, die durch ihren Widerstand fühlbaren
Zwischenbogenbänder (Ligamenta flava) und die Dura mater ein, bis die Spitze in einer
Tiefe von 4—6 cm bei Erwachsenen, 2—4 cm bei Kindern, in den Subarachnoidalraum
Die menschliclie Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 649
eingedrungen ist und die Flüssigkeit ausfließt. Das Ansetzen einer Spritze ist nicht not-
wendig, erleichtert aber die Entnahme einer größeren Flüssigkeitsmenge. ^)
Auch die Zwischenräume zwischen 2. und 3., zwischen 3. und 4. Lendenwirbel so-
wie zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem Kreuzbein sind für den Lendenstich
geeignete Stellen. Die Sakrolumbalpunktion geschieht auf der Höhe einer die beiden
Spinae superiores posteriores ossium ilei verbindenden Linie.
Es sollen zu diagnostischen Zwecken beim Erwachsenen höchstens zehn, bei
Kindern höchstens fünf Kubikcentimeter Flüssigkeit entnommen werden. Die Ab-
zapfung größerer Mengen, welche bei anderen Krankheiten in therapeutischer Ab-
sicht gemacht wird, erfordert große Vorsicht und ruft oft Kopfschmerz, Schwindel
und Erbrechen hervor. Die Kranken müssen dann mindestens einen Tag lang nach
der Operation das Bett hüten, Alkoholgenuß und jede Erregung vermeideo.
Nach raschem Herausziehen der Nadel wird die Wunde mit einem Tropfen
Kollodium oder einem leichten Yerbande verschlossen.
Die ausfließende Flüssigkeit wird in einem Eeagenzgläschen aufgefangen,
der Grrad ihrer Trübung durch Hineinsehen von oben nach unten abgeschätzt
dann 10 — 15 Minuten lang centrifugiert und das Sediment mikroskopisch untersucht
und zwar am besten zuerst in frischen und dann in gefärbten Präparaten.
Die Färbung ist wie bei den Malariaparasiten und anderen Protozoen
(Bd. III S. 70). Besonders behebt ist die Färbung nach Eomanov^^sky-Giemsa (S. 347)
und Leishma^ (S. 349) oder nach Levaditi mit Bismarckbraun und Unna's Poly-
chromblau. Trockenpräparate geben leicht verzerrte Bilder, es empfiehlt sich des-
wegen, die Parasiten auch lebend zu untersuchen (vgl. S. 70 und 342).
In zweifelhaften Fällen kann man die Parasiten auf biologischem Wege nach-
weisen, indem man einige Kubikcentimeter des verdächtigen Blutes usw. Affen, Ratten,
Meerschweinchen oder Hunden intraperitoneal injiziert. Vielfach gelingt es dann,
nach etwa 14 Tagen die Trypanosomen im Blute dieser Tiere massenhaft zu finden,
selbst in Fällen, in denen wiederholte mikroskopische Untersuchung von Blut und
Cerehrospinalflüssigkeit fruchtlos war.
Die Cerehrospinalflüssigkeit zeigt keineswegs stets ein gleichmäßiges
Verhalten. Zunächst ist ihre Menge nicht, wie z. B. bei der epidemischen Cere-
brospinalmeningitis, konstant vermehrt. Oft ist sie klar und durchsichtig, wolkig
oder milchig getrübt, manchmal strohgelb. Bei nicht tadellos gelungener Lumbal-
punktion erscheint sie durch Beimengung von Blut rot gefärbt.
Die Trübung der im normalen Zustande und auch in vielen Fällen von Try-
panose und Schlafkrankheit klaren Flüssigkeit rührt vorwiegend von einer mehr oder
weniger starken Zunahme der normal nur spärlich darin vorkommenden weißen
Blutkörperchen und zwar von Lymphocyten her.
Auch andere mit chronischen Gewebsveränderungen im Centralnervensystom ein-
hergehende Krankheiten, wie Syphilis, progressive Paralyse, Tabes, Arteriosklerose,
multiple Sklerose usw. bewirken besonders während akuter Nachschübe eine Zunahme
der Lymphocyten in der Cerehrospinalflüssigkeit.
Das größte üntersuchungsmaterial hat in dieser Hinsicht Cuthbert Christy
von der englischen Trypanosomiasis-Expedition am Kongo gesammelt. Von 54 Fällen
ausgesprochener Schlafkrankheit hat er ein oder mehrere Male den Lendenstich vor-
genommen und 54 mal eine klare, 42 mal eine trübe Flüssigkeit gewonnen. Bei
denselben Kranken kann trotz des Vorschreitens der Krankheit einmal eine trübe,
ein anderes Mal eine klare Flüssigkeit entleert werden. Diese Schwankungen stehen
^) Lumbalpunktionsapparate, in welchen die notwendigen Instrumente und Gläser
in einem handlichen Besteck vereinigt sind, haben Quincke und Koenig angegeben.
650 ßr. C. Mense.
in keinem konstanten Zusammenhang mit den nervösen Störungen der Temperatiir-
bewegung oder dem Befunde an Trypanosomen.
Letztere sind meistens nur in geringer Menge vorhanden und können erst
durch. Centrifugieren nachgewiesen werden (s. S. 649). Ihr Vorkommen ist in ge-
trübter Cerebrospinalflüssigkeit wahrscheinlicher als in klarer. Massenhaftes Auf-
treten dieser Parasiten fällt allerdings meistens mit Fieber zusammen. Im übrigen
kommen und gehen die Parasiten, ohne daß ihr Auftreten im Blute davon erkennbar
beeinflußt wird.
Diplostreptokokken werden in der Cerebrospinalflüssigkeit häufig ge-
funden und sind entweder durch mikroskopische oder bakteriologische Untersuchung
nachweisbar. Die portugiesische Kommission fand sie in 52 ^lo aller Lumbal-
punktionen, spätere Untersucher weniger häufig, oft nie.
Eitrig erscheint die Flüssigkeit nur in Fällen von septischer Meningitis. Blut-
beimengung rührt von Verletzung der Rückenmarkshaut, des periduralen Venen-
plexus her oder kommt aus den beim Vordringen der Nadel durchstochenen Greweben.
Das chemische Verhalten der Cerebrospinalflüssigkeit der Kranken ist noch nicht
untersucht worden.
Behandlung.
Wie bei allen Krankheiten, denen die medizioische "Wissenschaft noch macht-
los gegenüber steht, ist auch bei der Schlafkrankheit die Zahl der angewandten
Medikamente und Heilverfahren zahllos. Fast alle in irgend einer Richtung hin
wirksamen Arzneimittel sind zur Anwendung gelangt, vielen sind vorübergehende
Besserungen und scheinbare Heilungen zugeschrieben worden, aber bis jetzt ist ein
wirklicher Erfolg ausgeblieben.
Die Mittel, w^elche die Eingeborenen gegen die Krankheit zur Anwendung
bringen, sind größtenteils Dekokte der verschiedensten Pflanzen, welche höchstens
einige Symptome zu beeinflussen vermögen.
In einigen Gregenden, wie in Portugiesisch-Guinea, werden von den einge-
borenen Medizinmännern die geschwollenen Lymphdrüsen im Nacken operativ ent-
fernt. Der angeblich gute Erfolg könnte selbstverständlich nur dann auf den
chirurgischen Eingriff zurückzuführen sein, wenn die durch die benachbarte Haut
eingedrungenen Krankheitserreger von dem betreffenden Drüsenpakete aufgehalten
worden wären. Wahrscheinlicher jedoch ist es, daß in den meisten Fällen die An-
gaben über die Exstirpation der Lymphdrüsen mißverstanden sind und ihnen nur
die allgemein üblichen oberflächlichen Einschnitte in die Haut, Blutentziehungen
durch Skarifikationen und improvisierte Schröpfköpfe zugrunde liegen.
Die Organtherapie mit Hodenflüssigkeit von Schafböcken sei als historische
Erinnerung verzeichnet. In einem von Novaes 1901 als dadurch geheilt bezeichnetem
Falle stand die Diagnose keineswegs zweifellos fest und über das weitere Schicksal
der Kranken ist nichts bekannt geworden.
Briquet und später Loeand empfehlen auf Grrund der unbewiesenen B.j\)0-
these, daß bei der Schlafkrankheit die Schilddrüse degeneriert sei, und Avegen
der Ähnlichkeit mancher Sj^mptome mit denen des Myxödems Thyreoidin-Behandlung.
Das Antistreptokokkenserum von Marmokek bewirkte nach den Beobachtungen
der portugiesischen Kommission keine oder nur ganz vorübergehende
Besserung. Auch das Serum von Eseln, welche mit dem Hypnococcus geimpft
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 651
■worden waren, versagte. Yersuche von Nissle mit Prodigiosus-Infektion, sowie
von NocHT und Mayek mit Stapiiylotoxin hatten kein befriedigendes Ergebnis.
Goebbl's Beobachtungen, daß Cobragift in l%iger Lösung bei Körpertemperatur
rote Blutkörperchen und Trypanosomen innerhalb einer Viertelstunde löst, und daß Salz-
lösungen durch Osmose Trypanosomen zerstören, sind noch nicht therapeutisch verwertet
worden.
Erfolge der sich in anderer Eichtung bewegenden Yersuche einer Serum-
therapie sind dagegen nicht ausgeschlossen.
Lavekan konnte experimentell nachweisen, daß das Serum eines für ein be-
stimmtes Trypanosoma unempfindlichen Tieres bei dafür empfindlichen Tieren die
künstlich hervorgerufene Trypanosomeninfektion heilt. Leider gedeiht jedoch Tryp.
gambiense im Blute der Versuchstiere, so daß ihr Serum es nicht zu töten vermag.
Das menschliche Serum selbst scheint normalerweise spezifische Öchutzstoffe zu ent-
halten, welche den Menschen gegen alle Trypanosomen mit Ausnahme von Tryp. gambiense
unempfindlich machen. Kleine Tiere vermag es bis zu einem gewissen Grade von In-
fektion mit Tryp. brucei zu heilen, bzw. davor zu schützen,
Für Tryp. hrucei spezifisches Eselserum vermag nach Kleine und Möllers bei
wiederholter subkutaner Anwendung bei Mäusen die Entwicklung von Tryp. gambiense
zu hemmen. Vielleicht gewinnt diese Tatsache einmal praktische Bedeutung.
Manson's Versuche mit Pferdeserum schlugen fehl.
Da die Züchtung von Tryp. gambiense noch nicht gelungen ist, so ist auch
auf diesem Wege noch kein Schutz- oder Heilmittel zu erlangen.
Es gibt noch eine Möglichkeit der Gewinnung eines brauchbaren Heil- oder
Schutzserums. Falls es sich nämlich bewahi-heitet, daß die Krankheit in einigen
Gegenden, wo sie schon lange Zeit endemisch ist, zurückgeht oder gar erlischt, so
müßte es dort in den Dörfern Menschen geben, welche die Krankheit überstanden
haben oder sonst immun dagegen sind, denn bei den Lebensverhältnissen der Ein-
geborenen ist es nicht anzunehmen, daß die Infektionsgefahr auf irgend eine Weise
geringer geworden sei, falls nicht etwa Glossina pialpalis aus unbekannten Gründen
verschwunden ist.
Wenn also festgestellt werden kann, daß tatsächlich irgendwo, z. B. in Worawora
im Togogebiete oder in einzelnen Teilen Ugandas, die Zahl der Kranken bei gleich-
bleibender Bevölkerungszahl, also nicht etwa durch Aussterben der verseuchten
Dörfer, zurückgeht, obschon die übertragende Stechfliege noch vorkommt, so müssen
dort von der Krankheit genesene Menschen zu finden sein und es dürfen in ihrem
Blute Schutzstoffe vermutet werden.
Auch ToDD nimmt an, daß in Orten, wo, wie er beobachtete, alle Bewohner
mit Trypanosoma infiziert sind, die Krankheit den Charakter äußerster Chronizität
bekommt, welcher einer Toleranz der Giftwirkung gleichkommt.
Quecksilberbehandlung durch Schmierkur oder innerliche Darreichung ist
von der portugiesischen Kommission in mehreren Fällen angewandt worden. Der Erfolg
war, abgesehen von einer lokalen günstigen Einwirkung auf schmerzhafte und geschwollene
Drüsen, gleich Null.
Jod versagt ebenfalls. IMur da Silva Garcia will durch die Jodtherapie in
sechs von neunzehn Fällen Heilung erzielt haben. Seine Vorschrift lautet:
Kp. Jodi pur. 0,02
Natr. jodat. 1,0
Aq. destill. 9,0
Syr. simpl. 100,0
m. d. s. im Laufe eines Tages einzunehmen.
Die Dosis kann gesteigert werden.
652 Dr. C. Mense.
Salicyl-Verbindungen können die Fieberanfälle abkürzen und dadurch vor-
übergehend von guter Wirkung sein.
Antipyrin, Aspirin 'und verwandte Mittel verschaffen Linderung bei den
wütenden Kopfschmerzen.
Ähnliches leistet auch Chinin, in den meisten Fällen wohl durch seine Beein-
flussung gleichzeitig bestehender Malaria.
Tinkturen, Dekokte usw. von Chinarinde, Coca, Kola und dgl. haben erklär-
licherweise nur nebensächliche Bedeutung.
Strychnin- und Coli arg ol-Behandlung war ebenfalls erfolglos.
Digitalin, Coffein und Spartein und dgl. können gegen die Störungen der
Herztätigkeit von Nutzen sein. Subkutane Injektion des letzten Medikaments tat der
portugiesischen Kommission gute Dienste bei den Anfällen von Herzschwäche im End-
stadium. Auch Ergotin-Injektionen vermögen den Blutdruck wieder zu steigern,
ebenso wie Einspritzungen von Kampferöl über einzelne Schwächeanfälle hinwegzuhelfen,
vermögen.
Yorübergehenden, vielleicht auch dauernden Erfolg verspricht bis jetzt nur
die Behandlung mit Arsenik und Farbstoifen.
Das Arsenik, in Gestalt des Acidum oder Natr. arsenicosum, der Eowlek-
schen Lösung, der Kakodyl- Verbindungen oder der asiatischen Pillen vermag bei
innerer bzw. subkutaner Anwendung den Kräfteverfall zu verzögern und den Er-
nährungszustand längere Zeit leidlich zu erhalten, selbst vorübergehend wieder zu
heben, wie Yerf. und die portugiesische Kommission beobachtet haben.
In manchen Fällen entwickelt es sogar nach den Mitteilungen von Bkoden
u. a. eine spezifische Wirkung.
Gkeig und GrKAY beobachteten in mehreren Fällen, daß Arsenik im frühesten
Stadium gegeben die Parasiten in den Drüsen und im Blute zum Verschwinden
bringt, und nehmen an, daß durch die Zerfallsstoffe derselben eine gewisse Immuni-
sierung des Körpers denkbar ist. Bei solchen Kranken erscheinen dann die Try-
panosomen nach einiger Zeit im Blute wieder, nicht aber in den Drüsen, wo wahr-
scheinlich Arsenik aufgespeichert wird.
Die Behandlung mit Trypanrot beruht auf den Beobachtungen von Ehrlich
und Shiga, welche mit diesem der Benzopurpurin-Reihe angehörigen Farbstoif
(Benzidin-o-Monosulfosaure tetraazotiert und gekuppelt mit zwei Molekülen 2.3.6
/J-JSTaphtylamindisulfosaurem Natrium) zuerst an mit Mal de Caderas-Trypanosomen
infizierten Mäusen experimentierten und sowohl Heil- wie Schutzwirkung dm'ch
innerliche und subkutane Einverleibung erzielten.
Weitere Tierversuche von Laveean, Ehrlich, Franke u. a. haben ei-geben, daß
bei diesen Tieren die Trypanosomen aus dem Blute verschwinden und eine Immunität
von etwa 20tägiger Dauer eintritt. Diese Immunität ist spezifisch, d. h. sie gilt nur für
den betreffenden Stamm und beruht auf der Entstehung von Schutzkörpern durch den
Zerfall der Parasiten. Die einzelnen Trypanosomenstämme verhalten sich bei gleicher
Virulenz dem Medikament gegenüber verschieden. Horand und Jabotjlay, welche eine
Frau mit inoperablem Mammakarzinom mit gutem Erfolge mit Trypanrot behandelten,
haben festgestellt, daß das Mittel bei einer Darreichung per os fast vollständig in den
Fäces wieder nachgewiesen werden kann. Für therapeutische Versuche bei Trypanose
und Schlafkrankheit kämen daher nur subkutane Injektionen von 0,5 g in der gleichen
Menge physiologischer Kochsalzlösung gelöst in Betracht, welche nach einiger Zeit zu
einer starken dauernden ßotfärbung der Haut führen.
Subkutan oder intramuskulär injiziert ruft Trypanrot bei vielen Menschen starke
örtliche Entzündung hervor, auch reizt es die Nieren und macht leicht Albuminurie.
Bei einem mit Mal de Caderas-Parasiten infizierten Affen gelang es Ehrlich und
Franke nach wiederholten Rezidiven durch eine kombinierte Trypanrot-Arsenik-Behand-
lung, wie sie auch Laveran und Thomas empfehlen, Heilung zu erzielen und Schutz-
Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 653
Stoffe im Blute dadurch nachzuweisen, daß das Serum Mal de Caderas-Trypanosomen,
nicht aber andere agglutinierte. Einer künstlichen Neuinfektion gegenüber waren die Schutz-
stoffe aber nicht hinreichend wirksam, es traten Eieber und Trypanosomen im Blute auf,
immerhin war nunmehr die Heilung der Neuerkrankung leichter und erfolgte durch eine
einmalige Farbstoffbehandlung. Nissle nimmt an, daß die durch Trypanrot eintretende
Vernichtung der Trypanosomen und die angeblich gleichzeitig beobachtete Haemolyse auf
ein von den Körperzellen als Reaktion auf die Schädigung erzeugtes wirksames Prinzip
zurückzuführen sei, ein Vorgang, den er auch für die Kinderpiroplasmose und Jilalaria
bzw. Schwarzwasserfieber voraussetzt.
Chrysoidin d. i. salzsaures Diamidoazobenzol wird von Balfoür und Ensor
empfohlen, Benzidin d. i. Paradiamidodiphenyl von Nicollb und Mbsnil.
Jüalachitgrün d. i. Tetrametbyldiparaamidotriphenylcarbidrid und das noch
sicherer wirkende ßrillantgrün d. i. Sulfat des Tetraäthyl diparaamidotriphenylcarbi-
drid (Wendelstadt und Fellmbr) vermögen bei mit Nagana infizierten Ratten und Affen
die Trypanosomen zum Verschwinden zu bringen, besonders wenn man die Behandlung
mit Arsenikinjektionen kombiniert. Die Injektionen wurden dreimal jeden zweiten Tag
mit 1 ccm einer 5 "/q wässerigen Lösung gemacht und dann eine mehrwöchige Arsenkur an-
geschlossen. Bei Wiederauftreten von Trypanosomen, wobei Formen beobachtet wurden,
welche vielleicht Entwicklungs- oder Dauerformen von Trypanosomen sind, wird die
ßrillantgrün-Injektion wiederaufgenommen.
Versuche beim Menschen sind noch nicht gemacht.
Die WirkuDgea von Arsenik und von Farbstoffen sind verbunden im Atoxyl
oder Metarsensäureanilid, womit zuerst Thomas und Bbeinl befriedigende Versuclie bei
mit Trypanosomen verschiedener Herkunft, darunter auch Tryp. ganibiense infizierten
Tieren machten. Es enthält etwa 37,6 % Arsenik, ist viel weniger giftig als die
meisten anderen Präparate und kann innerlich und subkutan gegeben werden.
ToDD empfiehlt eine zwanzigprozentige Lösung in "Wasser oder physiologischer
Kochsalzlösung auf Bluttemperatur gebracht in einer Menge von 0,6 ccm 4—6 Tage
lang zu geben, dann gleich lange 0,8 und 1,0 ccm und bei letzterer Dosis bis zum
Eintritt von Intoxikationserscheinungen stehen zu bleiben oder die dem Kranken
bekömmliche Menge auszuprobieren.
Broden und Eodhain gaben 0,2 g täglich subkutan, steigerten die Dosis bis
zum Eintritt von Vergiftungserscheinungen, ließen diese vorübergehen und begannen
dann die gleiche Therapie wieder oder gaben das Mittel per os in Mengen bis
0,3 g täglich. Sie erzielten dadurch das Verschwinden der Parasiten aus dem Blute
und den Drüsensäften, normale Temperaturen, Sinken der Pulsfrequenz, Steigerung
des Hämoglobingehalts des Blutes und Hebung des Allgemeinbefindens bis zu völligem
Wohlbefinden. Bei zwei Kranken hält die Besserung schon fast 2 bzw. 3 Monate bis
zur Niederschrift dieser Zeilen an, bei einem trat nach 3 1/2 Wochen ein Rückfall ein.
Ayres Kopke aber, welcher früher von ähnlichen Erfolgen berichtete, stellte
fest, daß die Trypanosomen bei seinen Patienten aus der Cerebrospinalflüssigkeit
nicht verschwanden, Avas die Rückfälle erklärt. Durch Versuche an Tieren und
Menschen mit Jod und Methylenblau konnte er mit Magalhäes diese Erscheinung
damit erklären, daß die durch den Mund oder das ünterhautbindegewebe einver-
leibten Medikamente nicht in die Cerebrospinalflüssigkeit übergehen,
eine auch für die Therapie der Spätsyphilis beachtenswerte Beobachtung.
Es gilt also jetzt ein die Schädlinge vernichtendes Mittel zu finden, dessen
direkte Einführung in den Subarachnoidealraum unbedenklich ist. Versuche werden
in dieser Richtung besonders von Ayees Kopke angestellt.
Bis dahin bleibt die interne oder besser noch subkutane Atoxyl-Behandlung
die empfehlenswerteste Therapie, deren — vorübergehende oder dauernde — Er-
folge aus den beigefügten Kurven von Broden und Rodhain ersichtlich sind (S. 654.)
654
Dr. C. Mense.
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Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 655
üin die nach Atoxylinjektiouen
auftretenden Schmerzen zu verhin-
dern, spritzt man nach Pikakdt
(Mekcks Jahresberichte 1905) vorher
etwas Eucain ein, indem man in die
Pravazspritze zuerst das nötige Quan-
tum Atoxyllösung und dann 2 — 3
Teilstriche einer 1,5 prozentigen Lö-
sung von Eucainum lacticum auf-
saugt.
Verfasser ist am Kongo trotz
dauernden Zusammenwohnens mit
einem schlafkranken Negerknaben ver-
schont geblieben. Vielleicht hat eine
Monate lang fortgesetzte Kur mit asiati-
schen Pillen bei ihm eine Infektion ver-
hindert, welche er damaligen Anschau-
ungen entsprechend als Malariaprophy-
laxe gebrauchte.
Wegen der günstigen Beein-
flussung der verschiedenen Formen
von Leukämie durch Röntgen-
strahlen und der von verschie-
denen Seiten gemachten Beobach-
tung, daß durch die Bestrahlung
des Hodens die Spermatozoen zum
Verschwinden gebracht werden
können, haben Schmidt und Verf.
vorgeschlagen, auch bei der Try-
panosomen - Inf ektion Versuche mit
der ßadiotherapie zu machen, wo-
bei mit mittelharten Köhren die
blutbildenden Organe (Milz, Brust-
bein,' große Röhrenknochen, Leber),
sowie die oberflächlichen Lymph-
drüsen untfer den üblichen Vorsichts-
maßregeln zu bestrahlen wären. Um
die Haut zu schonen, mußte die Be-
strahlungsfläche recht groß gewählt
werden (Graw^itz, Levy-Dorn). Da
die Röntgenstrahlen besonders auf
lezithinhaltige Organe einwirken, so
gelingt es vielleicht auch, Gehirn und
Rückenmark und die dort befind-
lichen Trypanosomen mit ihnen zu
treffen und durch direkte Beein-
flussung oder durch die bei der
Bestrahlung entstehenden Leuko-
toxine zu schädigen und das Leuko-
cytenverhältnis wieder normal zu
gestalten.
656 Dr. 0. Mense.
R. Ross liat allerdings in vitro einen Einfluß von Röntgen-, Finsen- und
Radiumstrahlen auf lebende Trypanosomen nicht feststellen können, hält aber trotz-
dem Aveitere Experimente in dieser Richtung für angezeigt, ebenso Schaudink.
Die eigentliche Lichtbehandlung hat nach Busck und Tappeiner auf Tryp. brucei
keinen Einfluß.
Gute Ernährung und sorgsame Pflege, besonders Hautpflege, "Wasch-
ungen, Bäder, Reinhaltung von Mund luid Nase vermögen das Leben der Kranken
zu verlängern, sowie Komplikationen und Sekundärinfektionen zu verhüten. Es ist
wiederholt beobachtet worden, daß schon im zweiten Stadium befindliche Eingeborene
nach der Aufnahme in ein Krankenhaus oder eine Missionsanstalt wochen- selbst
monatelang den Eindruck von Grenesenden und Greheilten machten.
Prognose.
Es ist bis jetzt kein Fall von unzweifelhafter, dauernder Heilung eines Krauken
im zweiten Stadium, d. h. nach Erkrankung des Centralnerven Systems, festgestellt
worden.
Auch aus dem ersten Stadium und dem Vorstadium ist noch keine völlige
Grenesung beobachtet worden. Wohl aber gibt es eine Reihe von "Weißen und
Farbigen, welche trotz wiederholtem Nachweis von Trypanosomen im Blute und
nach einem oder mehreren Anfällen von Trypanosomenfieber sich jetzt schon monate-
lang, vielleicht jahrelang eines ungetrübten "Wohlbefindens erfreuen. Die Möglichkeit
einer Heilung solcher Kranker ist deswegen nicht von der Hand zu weisen, weil
bei den Trypanosomenträgern ebenso gut die Entstehung einer gewissen Toleranz
gegenüber den Parasiten denkbar ist wie bei den Avilden Tieren.
Von den bis Mitte 1906 an Trypanosomenfieber erkrankten sieben Europäern eng-
lischer Nationalität sind drei an Schlafkrankheit gestorben, eine Person befindet sich völlig
jwohl, Trypanosomen können zurzeit nicht mehr gefunden werden, zwei erscheinen gesund,
o bschon Trypanosomen mikroskopisch oder biologisch noch nachweisbar sind, die siebente
leidet noch an Anfällen von Trypanosomenfieber und Malaria.
Binnen weniger Wochen tödlich verlaufen ist die Erkrankung von Tulloch, welcher
sich bei der Sektion einer mit Tryp. gambiense geimpften ßatte infizierte.
Prophylaxe.
Bei der Aussichtslosigkeit der therapeutischen Maßnahmen ruht der Schwer-
punkt der ärztlichen Tätigkeit auf der Verhütung der Krankheit.
Zunächst werden Ärzte und Behörden gemeinschaftlich daran arbeiten müssen,
das Gebiet der Seuche einzuschränken, um wenigstens jede Verbreitung zu ver-
hindern. Die furchtbare Gefahr rechtfertigt strenge Absperrungsmaßregeln, be-
sonders auch das Verbot der Abwanderung aus dem verseuchten Gebiete für die
gesamte farbige Bevölkenuig. Heute sind noch Tausende von Quadratkilometern
zwischen den schwersten Krankheitsherden frei, wo Glossina vorhanden und mit der
Zuwanderung eines einzigen Kranken die "Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung
gegeben ist. So stellt z. B. der heute noch in seinem Oberlaufe zum großen Teile
verschont gebliebene Ubangi - üelle eine offene Zugstraße für die Krankheit
dar. Durch die Verseuchung dieses Flußgebietes würden die jetzt noch durch
mehrere Längengrade getrennten Krankheitsherde am Kongo und an den ostafrika-
nischen Seen zu einem riesigen Herde zusammenschmelzen, welcher mit Ausnahme
des schmalen ostafrikanischen Streifens das ganze äquatoriale Afrika umfassen
Die menschliclie Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 657
Avürde. Auch Ost- und Südostafrika ist durch den lebhaften, durch Eisenbahnen noch
gesteigerten Verkehr zwischen dem Seengebiete und der Küste stark bedroht,
denn abgesehen von den Steppengebieten gibt es dort mit Buschwerk be-
standene Örtlichkeiten an Wasserläufen und Seen genug, wo die Tsetse vorkommt
und somit die Krankheit leicht festen Fuß fassen kann. In allen zweifelhaften
Fällen, bei Handelskarawanen aus verdächtigen Gegenden, in der Umgebung einge-
schleppter oder endemischer Fälle ist die in Uganda erj)robte Untersuchung
durch Punktion der Cervikaldrüsen anzuwenden und nicht allzuschwer
durchführbar, wenn nur genügende ärztliche Kräfte vorhanden sind. Innerhalb des
Herrschaftsgebiets der Krankheit sind in den Stationen, Faktoreien, Schulen,
]\Iissionsanstalten usw. alle Menschen mit geschwollenen Nackendrüsen schon als
verdächtig anzusehen und fachmännischer Überwachung zuzuweisen. Ähnlich wie
bei anderen Infektionskrankheiten sind auch hier die noch anscheinend gesunden
Parasitenträger die gefährlichsten Verschlepper der Krankheit.
Das Vorkommen von Glossina palpalis und von menschlicher Trypanose bzw.
Schlafkrankheit müßte, falls die oben wiedergegebene Auffassung richtig ist, derart
zusammenfallen, daß die Krankheit nur dort Verbreitung finden kann, wo diese
Fliegenspezies existiert.
Unsere heutigen Kenntnisse über die Verbreitung von Glossina palpalis sind
aber noch lückenhaft. Vom Senegal bis zum Mger, an dessen Nebenflusse Bani
(Cazalbou), am Schari, weiter bis zur Kongomündung und an diesem Flusse aufwärts
bis zu den Stanleyfällen, ferner am Ubangi-Uelle aufwärts (Bkümpt, Eodhain) und
von dessen Quellgebiet bis Albert Edward-See und in dessen Umgebung, von dort
in östlicher Richtung bis zum Nord- und Ostufer des Victoria-Nyanza und zum Omo
und nordwärts bis etwas nördlich von dem Punkte, wo der 4.*^ n. B. den Nil
schneidet (Gkeig), ist sie an verschiedenen Stellen nachgewiesen worden. Die Süd-
grenze des Vorkommens steht noch nicht fest, aus Katanga liegen Exemplare vor
(LAVERAisr), ebenso aus Benguella vom Flusse Katimibela (AVellman), sowie aus ver-
schiedenen anderen Teilen von Portugiesisch - Westafrika (Aykes Kopkb) und vom
Zambesi. Auch südöstlich von Lutete (Bentley) am unteren Kongo, ist sie gefunden
worden, so daß die allgemeine Verbreitung des Insekts im südlichen Kongobecken
und in Portugiesisch -Westafrika wahrscheinlich ist. Aus dem größten Teile dieser
ausgedehnten Landstriche ebenso wie aus den innerafrikanischen Gebieten nördlich
vom Uelle, des Kongo und dem Nigerbecken fehlen noch Beobachtungen. Es ist
jedoch anzunehmen, daß die Fliege zwischen dem 15. "^ n. B. und 28.° s. B. an ge-
eigneten Stellen angetroffen werden kann, so daß dieses ganze Gebiet als bedroht
anzusehen ist. Auch die nicht unverdächtige Gloss. fusca ist weit verbreitet.
Nach d'Aguiar werden die Zungenüiegen in Angola in einer Höhe von 400
Metern nicht mehr angetroffen, es kommen dort auch nur noch eingeschleppte
Fälle vor. Anderswo werden sie aber über 1000 Meter hoch gefunden.
Die persönliche Prophylaxe muß in Schutzmaßregeln gegen den Stich
der Fliegen bestehen und fällt teilweise mit den entsprechenden Schutzmaßregeln
gegen die Stechmücken und Malariainfektion zusammen (vgl. Bd. II S. 78 und Bd. III
S. 544).
Vielleicht gewährt auch eine fortgesetzte Arsenikkur persönlichen Schutz,
Eine große Ansteckungsgefahr liegt darin, daß im tropischen Afrika auf
Reisen in Dampfern oder Booten fast immer am Flußufer im Freien übernachtet
wird. Zweifellos ist dadurch die rasch vorschreitende Verseuchung z. B, des
Kongobeckens außerordentlich begünstigt worden. Durch Ausroden oder Abbrennen
des Ufergestrüpps oder Verlegung des Schlafplatzes für die Mannschaft aus dem
Bereiche des Gebüsches am Wasser kann manche Ansteckung vermieden werden,
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 42
658 Dr. C. Mense.
(Vgl. auch die zur Yeruiclitung der Tsetsefliegen von Sandek vorgeschlagenen Maß-
regeln S. 715.)
In gleicher Weise sind die Wasserplätze an den Quellen, Bächen und Flüssen,
die Boots- und Dampferhäfen, die Lagerplätze an zum Fischfang besuchten Ufer-
stellen zu säubern.
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Rückfallfleber.')
(Eelbris oder Typhus recurrens, relapsing bzw. bilious relapsing fever ;
flevre ä rechute.)
Von
Dr. C. Schilling.
Recurrens in der gemäfsigten Klimazone.
Greschiclite und geographische Yerbreitung. Das Eückfallfieber
ist in Europa zuerst zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Schottlaud und England
als scharf abgegrenztes Krankheitsbild beschrieben worden. Voa Odessa (1833) aus
verbreitete sich dann die Seuche über ganz Rußland und die westlich angrenzenden
Länder. Zur Zeit herrscht sie noch in Rußland und in der Herzegowina. Spanien,
Frankreich und Italien blieben bisher verschont.
Nach Nordamerika wurden gelegentlich Fälle aus Irland, Mittelamerika und
CEina eingeschleppt.
Klima, Jahreszeit, Alter und Geschlecht spielen in der Ätiologie und
im Verlauf der Recurrens keine wesentliche Rolle.
Man hielt die Krankheit für exquisit kontagiös. Zwar teilt z. B. Strümpel
mit, daß während der schweren Epidemie in Leipzig 1880 unter dem Pflege-
personal kein Fall von Recurrens vorgekommen sei. Aber die Fälle nachweisbarer
Einsclileppung durch infizierte Personen sprachen doch zu sehr für die Kontagiosität
der Seuche. Ferner wurden Wanzen, Läuse und Flöhe als Überträger beschuldigt,
und TiCTiN und Karlinsky stellten Übertragungsversuche mit Wanzen an. Weiter
unten werden wir sehen, daß in Afrika das Rückfallfieber durch den Stich eiuer be-
stimmten Zeckenart eingeimpft wird. Ob dies der einzige Weg der Übertragung ist,
und ob in der gemäßigten Zone andere blutsaugende Insekten die Vermittler spielen
können, müssen weitere Versuche lehren.
Damit übereinstimmen würde die allgemein anerkannte Tatsache, daß die
Recurrens ganz besonders in Stadtteilen herrscht, wo dicht gedrängt die ärmere,
unsauberere Bevölkerung lebt. In Herbergen, Logierhäusern usw. nistet sich die
Krankheit ein und die unsteten Gäste sclileppen das Virus und wahrscheinhch
auch dessen Überträger mit sich fort.
Verlauf und Krankheitserscheinungen. Die Inkubationszeit beträgt
ca. 7 Tage. Die Erkrankung setzt plötzlich mit Kopfschmerz, heftigem Fieber und
schwerem Krankheitsgefühl ein. In einer großen Zahl von Fällen fehlt ein initialer
^) Siehe auch. Lühe's Artikel in Band IIl, 1. Teil, dieses Handbuchs.
Rückfallfieber. 669
Schüttelfrost. Das Fieber und damit sämtliche Erscheinungen — Erbrechen, Durch-
fall, Herpes labialis, beträchtlicher Milztumor, Schwellung der Leber, beschleunigter
weicher Puls von 120—140 — halten sich 3 — 12 (im Mittel 6^U) Tage auf gleicher
Höhe, die Morgenremissionen der Körperwärme sind gering. Dann folgt ein
kritischer Temperaturabfall oft unter die Norm und schnelles Verschwinden der
Symptome. Dauer der Apyrexie 2—11 Tage, dann folgt in ca. 77 "/o der lalle
ein zweiter AnfaU, ganz ähnlich dem ersten, doch etwas kürzer (im Mittel
4,3 Tage) und weniger schwer. In ca. 37 "/o der Fälle hat es mit zwei An-
fällen sein Bewenden, in 63% der Fälle tritt noch ein dritter Anfall auf; vierte,
fünfte und sechste Paroxysmen sind selten; sie verlaufen leicht. Die Anfälle sind
individuell verschieden schwer, nicht etwa durch ungleich virulente Spirochäten her-
vorgerufen. Die Mortalität ist im Durchschnitt 6 % (0 — 12%). Reinfektionen
kommen vor, sind aber selten.
Das biliöse Typhoid ist eine außerordentlich schwere Form des ßückfall-
fiebers. Seine Zugehörigkeit zur Recurrens ist dadurch erwiesen, daß sich im
Fig. 1.
Spirochaeta Obermeieri (afrikanische Recurrens) Aö'enblut.
Blute der Kranken die ' typische Spirochaeta Obermeieri findet , und daß Über-
impfung solchen Blutes eine Erkrankung an unkomplizierter Recurrens hervorruft.
Die Erscheinungen sind beim Ausbruch die gleichen wie bei Rückfallfieber, nach
einigen Tagen aber steigern sich die Symptome zu denen einer schweren septischen
Erkrankung ; vor allem fällt der intensive Ikterus auf. Manchmal tritt auf der Fieber-
höhe, manchmal noch während der Krisis Kollaps und Tod ein. Folgt ein Rückfall,
so rafft häufig dieser erst den schwer heruntergekommenen Kranken dahin, indem er
einen typhösen Charakter mit tiefem Coma annimmt oder sich mit Nephritis oder
Pneumonie kompliziert. Die Mortalität kann auf_^60 — 70% steigen.
Ätiologie. Der Erreger der Febris recurrens ist die von Obekjieiek 1868
entdeckte Spirochaeta Obermeieri (s, Fig. 1). Ihre ätiologische Bedeutung geht
vor allem aus gelungenen Übertragungsversuchen auf Menschen durch spirochäten-
haltiges Blut hervor, Ihre Länge schwankt zwischen 7 und 40 « (nach NovY 7 — 9 fi), die
Breite ist ca. ^/2 ^. Sie findet sich während des Fiebers in wechselnden Mengen, oft
670 Dr. C. Schilling.
nur sehr spärlich, im peripheren Blut, verschwindet kurz vor der Krisis aus dem Blut,
um aber in irgend einer Form in den inneren Organen sich bis zum Rezidiv zu erhalten.
Die Menge der Spirochäten steht in keinem Yerhältnis zur Schwere des Anfalls. Im
frischen Blutpräparat — ein kleiner Bluttropfen unterm Deckglas ; Ölimmersion ; Ab-
blenden ! — verraten sich die Spirochäten durch ihre lebhaften Bewegungen, nament-
lich wenn sie dadurch rote Blutkörperchen verschieben. Zur Diagnose sind dicke
Blutausstriche nützlich : Fixieren durch mehrmaliges Durchziehen durch die Flamme ;
Ausziehen des Hämoglobins durch Wasser; Nachhärten in absol. Alkohol; Färben mit
Anilinfarben (Anilin wassergen tianaviolett , Giemsa - Lösung). In Trockenpräparaten,
die nicht sehr schnell getrocknet sind, verlieren die Spirochäten leicht ihre Schrauben-
form und werden unregelmäßig fadenförmig. Die Bewegung gleicht der eines
Bohrers ; die Spirochäten bewegen sich nur langsam vom Ort. Manchmal bildet ein
langes Exemplar eine Schleife, dabei pflegen sich die Windungen so aneinander zu
schmiegen, daß die beiden Körper zu verschmelzen scheinen. Das gleiche geschieht,
wenn sich zwei Sx^irochäten aneinanderlegen.
Im frischen Präparat tritt nach einiger Zeit eine Art Agglomeration und
Bildung großer Haufen von Spirochäten ein.
Der Yermehrungsmodus ist noch strittig: nach Schaudinn findet Längs-,
nach Koch und Novy ausschließlich Querteilung statt. Dabei ziehen sich die langen
Exemplare in der Mitte, wie eine Grlasröhre in der Flamme, aus, so daß sie nur
durch einen Faden verbunden bJeiben. Kaklinski hat bei Malariakranken, die
sich mit Eecurrens infizierten, abnorm kleine s-förmige Spirillen gesehen; es ist
ihm in einigen wenigen Fällen gelungen Geißeln zu färben. Zettnow hat ganz
neuerdings anscheinend typische end- und seitenständige Geißeln gefärbt. Novy
konnte nur an einem Ende eine lange Geißel darstellen. Bei Zimmertemperatur
(18 — 21^) sollen sich die Spirochäten mehrere (bis 21) Tage lang in Kapillaren halten.
In defibriniertem Rattenblut, das zur Zeit der Vermehrung der Parasiten entnommen
war, konnten Novy und Knapp noch nach 40 Tagen lebende Spirochäten finden.
In Blut, das von dem Ende des Anfalls stammte, hielten sich die Spirochäten nur
wenige Stunden, i) Kulturen sind bisher immer mißlungen. 2) In Blut, das wenige
Tage vor dem Rezidiv entnommen Avurde, sollen sich zwar Spirochäten entwickeln, aber
langsamer als im Blute des Kranken (Albkecht). Levaditi hat spirochätenhaltiges
AfTenserum mit Gelatine verdünnt in CoUodiumsäckchen eingefüllt und dann in die
Bauchhöhle von Kaninchen eingebracht. Die Spirochäten vermehrten sich dort und
es gelang auf diese Weise, eine Kultivierung in mehreren Generationen zu erzielen.
Für die Infektion mit europäischer Recurrens empfänglich haben sich bisher
nur Affen erwiesen, namentlich Makaken. Die Inkubationszeit beträgt 1 V2 — 4 Tage,
das Fieber steigt jäh an, hält sich nur kurz hoch (IV2 — 4 Tage) und fällt dann
kritisch ab. Relapse sind selten und kurz. Die Affen werden durch einen Anfall
nicht immun, sondern es tritt nur eine Abschwächung der Anfälle bei wieder-
holter Impfung ein. Novy und Knapp gelang es auch Ratten und Mäuse durch
intraperitoneale Injektion zu infizieren.^) Bei Ratten war die Inkubationszeit ur-
^) Novy und Knapp haben zu ihren Versuchen Spirochäten von einem Falle ver-
wendet, der sich in Westindien, Texas oder Florida infiziert haben mußte. Die Annahme,
daß es sich hier um „tropisches" Rückfallfieber handelte, das ebenso wie Schlafkrankheit,
Filaria u. a. von den westafrikanischen Sklaventransporten nach Westindien eingeschleppt
worden sein mag und auf Cuba auch mikroskopisch nachgewiesen ist, wird durch die
Übertragbarkeit auf Ratten eher noch gestützt. Novy und Knapp dagegen betrachten
ihren Spirochätenstamm als identisch mit einem aus europäischem Rückfalliieber gewonnenen.
Deshalb wird diese reichhaltige, jedoch in einigen Verallgemeinerungen zu weit gehende
Arbeit hier besprochen werden.
^) litJHLENS hat neuerdings die Zahnspirochäte in Serumagar und Serumbouillon
anaerob gezüchtet.
Eückfallfieber. 671
sprünglich 40 Stunden, dann sank sie infolge der zahlreichen Passagen auf 15 — -18
Stunden herab. 2^/2 — 3 Tage nach der Infektion sind die Spirochäton für immer
verschwunden, die Eatten sind immun und bleiben frei von Rückfällen, w^eichen
also hierin beträchtlich von dem ab, was, bei echter Eecurrens beim Menschen und
Affen beobachtet ist. Das Blut solcher Ratten ist schon 36 Stunden nach dem
Verschwinden der Spirochäten nicht mehr infektiös. — Bei Mäusen traten die
Spirochäten 24 Stunden nach der Injektion auf, und 80 Stunden darnach waren sie
wieder verschwunden, doch nach Ttägigen Pausen traten Rückfälle, bis zu 4, auf.
Schon nach dem ersten Anfall sind die Mäuse immun. Ob bei diesen geheilten
Tieren Parasiten auf längere Zeit im Blute kreisen, haben Novy und Knapp nicht
geprüft.
Die Periodizität der Recurrens ist nach GtAbritschewsky dadurch zu erklären,
daß sich unter dem Einfluß der Spirochätenentwicklung im Blute des Kranken,
wahrscheinlich aus den multinukleären Leukocyten, baktericide Substanzen bilden,
welche sich kurz vor der Krisis in schnell ansteigender Menge nachweisen lassen
und so die Yernichtung der Spirochäten bewirken. Sobald aber die Krisis einge-
treten, hört auch die Bildung dieser Substanzen auf ; einzelne Spirochäten, die in den
inneren Organen zurückbKeben, vermögen sich wieder zu vermehren, und nun erfolgt
ein Recidiv. Es tritt auch gegen Ende des Anfalls Phagocytose in der Milz (nicht
im Blute) auf, aber die Periodizität der Anfälle ist durch die Phagocytentheorie
allein, wie Metscknikoff und seine Schüler es versucht haben, nicht zu erklären.
Die durch Überstehen eines Anfalles erworbene Immunität ist keine voll-
ständige und dauernde. Neuinfektionen kommen, auch bei schwerer primärer Er-
krankung, schon nach 4 Monaten vor. Namentlich an Ratten haben Novy und
Knapp die Immunität bei Recm-rens studiert; sie ergänzen Gabritschewsky's Be-
obachtungen am Menschen und Affen und weisen parasiticide Stoffe (Ppeiffer-
scher Versuch), Immunkörper und Agglutinin im Recovered - blood und in noch
höherem Grade im Blut von hochimmunisierten Tieren nach. Der Immunkörper be-
sitzt sowohl prophylaktische wie heilende Wirkung: ein Macacus erhielt am 4. Tag
nach der Infektion 10 g Immunblut pro 1000 g Körpergewicht (hochwertiges Blut) ;
innerhalb 2 Stunden waren die Spirochäten verschwunden. Diese Immunität dauert
bei Ratten über 3 Monate ungeschwächt an. Sie geht auch auf die Nachkommen-
schaft über und hält bei den Jungen mindestens 1 Monat an.
Pathologische Anatomie. In der Milz wurde Vergrößerung, manchmal
Degeneration der Follikel, und Infarktbildung beobachtet; Leber und Nieren zeigen
parenchymatöse Trübung, ebenso der Herzmuskel. Im Knochenmark kommen Er-
weichungsherde vor.
Die Prognose ist, da Nachkrankheiten und Komplikationen im allgemeinen
nicht häufig sind, auch in bezug auf die vollkommene WiederhersteEung günstig.
Die Serodiagnostik der Recidive ist von Gabkitschewsky und Loewenthal
ausgebildet worden; sie beruht auf der Prüfung der Lebensdauer von Spirochäten
im Serum des zu Untersuchenden.
Bezüglich der Prophylaxe ist die Ermittlung der ersten FäUe und deren
Unschädlichmachung wie überall so auch hier, von größter Bedeutung. Für em'o-
päische und teilweise auch für tropische Verhältnisse (Hafenplätze, Gefängnisse)
ist denjenigen Orten, wo Neuankömmlinge sich hinzuwenden pflegen (Logierhäusern,
Schlaf Stätten , Herbergen) besondere Beachtung zu schenken. Desinfektion der
"Wäsche und der Lagerstätten ist zur Vernichtung des Ungeziefers notwendig.
Die Therapie ist in erster Linie eine allgemein roborierende und sympto-
matische (kühle Bäder, leichte Diät). Gabeitschewsky und Loewenthal haben
das Serum von Pferden, die mit Recurrensblut behandelt waren, in Dosen von 10 bis
672 ^''- ^- Schilling.
20 com Kranken während der Apyrexie (3. und 5. Tag) eingespritzt. Bei 47 ^/o der
so Behandelten blieben Eezidive aus (gegen 12,8 *^/o der Nichtbehandelten). ISTovY
und Knapp erhoffen auf Grund ihrer Versuche an Ratten, daß es gelingen werde,
ein hochwertiges Heilserum herzustellen, das, in nicht allzu großen Dosen ange-
wendet, die Spirochäten vernichtet. Eine Schutzimpfung würde mit dem gleichen
Serum und nachfolgender Injektion von virulentem Blute zu erzielen sein.
Rückfallfieber in den Tropen und Subtropen.
(Tick fever.)
Die klassischen Beobachtungen von Gtkiesinger über Rückfallfieber, speziell
über das „büiöse Typhoid", sind in Ägypten angestellt worden. Algier, Nubien,
Palästina und wahrscheinlich auch Abessynien sind nicht frei davon. In den
zwei letzten Jahren mehren sich ferner die Mitteilungen über Spirochätenfieber im
tropischen Afrika: Deutsch - Ostafrika (Tabora, Brückner; Dar - es - Salaam,
Werner; Muanza 1902, Koch); Tete am Zambesi (Low); Angola (Wellman);
Oberer Kongo (Dutton u. Todd).
Zahlreich sind seit 1856 die ISTachrichten aus Indien (Vorder- wie Hinter-
indien, Sumatra); in Südchina ist die Krankheit gleichfalls verbreitet. Yon hier
aus wurde im Jahre 1865 die Recurrens durch Kulis nach Eeunion eingeschleppt
(Az]i:ma, Bouvet). Auf Cuba und Panama sind erst in den letzten Jahren
Recurrensfälle auch mikroskopisch festgestellt worden.
Koch meint, man könne höchstens von einer afrikanischen „Varietät" der
Recurrens, nicht aber von einer neuen Krankheit sprechen. JSTovy und Knapp,
und Breinl und Kinghorn dagegen gründen ihre Auffassung, daß Zeckenfieber von
Recurrens zu trennen sei, auf die Unterschiede in der Tierpathogen ität und in der
Morphologie der Spirochäten. Jene Unterschiede aber sind zwar graduelle, die
morphologischen können auf ungleicher Technik beruhen (schnelles oder langsames
Trocknen, Defibrinieren bzw. Versetzen mit Natriumeitrat). Wenn aber, wie es wahr-
scheinlich ist, die europäische Recurrens durch Argas übertragen wird (Versuche
mit Wanzen sind Todd sämtlich mißlungen) so wird dies für die Trennung der
Arten ausschlaggebend sein. Es dürfte empfehlenswert sein, erst vergleichende Serum-
prüfungen, die ISTovy und Knapp selbst vorschlagen, und die Ergebnisse weiterer
Studien über die Übertragung der europäischen Recurrens abzuwarten, ehe neue Krank-
heitstypen und Grattungsnamen (Spiroch. duttoni ?) für die Erreger aufgestellt werden.
Die Eingeborenen am Zambesi erzählten schon Livingstone von einer durch
den Biß von Zecken hervorgerufenen Krankheit. Ebenso war die schädliche Wir-
kung des Bißes von Zecken den Eingeborenen in Deutsch- Ostafrika, in Uganda und
am oberen Kongo bekannt.
Der experimentelle Nachweis, daß das Spirillenfieber durch eine Zecke über-
tragen wird, ist dann zum ersten Male Dutton und Todd an Affen gelungen.
Klima und Jahreszeit sind, wie namentlich die Erfahrungen in Indien
lehi^en, ohne nachweisbaren Einfluß auf die Verbreitung der Krankheit. Die Rasse
spielt keine Rolle.
Nach den Beobachtungen in Indien und auf Reunion haben namentlich die-
jenigen Klassen, welche aus Armut oder Gleichgültigkeit in engen und schmutzigen
Räumen dicht beisammen leben, am meisten unter der Krankheit zu leiden.
In Gegenden, wo die Krankheit überhaupt vorkommt, scheint sie auch ziem-
lich häufig zu sein. So trafen in Entebbe (Uganda) auf 60 Fieberfälle 12 mit Spiro-
chätenbefund. Sowohl die Ortsansässigen als die Zugewanderten leiden darunter.
ßückfallfieber.
673
Y e r 1 a u f und Krankheitserscheinungen.
Die Inkubationszeit betrug in den Fällen, wo sie festgestellt werden
konnte, 3—8 Tage.
Die ersten Krankheitserscheinungen treten, ohne eigentliche Prodrome,
sofort mit großer Heftigkeit ein. Starkes Krankheitsgefühl, intensiver Kopfschmerz,
Schmerzen in allen Grliedern, als sei der Kranke „tüchtig durchgeprügelt Avorden".
Schüttelfrost ist nicht häufig, kommt aber vor. Erbrechen wird von einigen als
sehr häufig geschildert, in anderen Fällen fehlt es sogar; das gleiche gilt von
den Darmsymptomen (Diarrhöe bzw. A^erstopfuug). Während der Dauer des An-
falls widersteht dem Kranken Essen und Trinken.
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I
Fieberkurve von afrikanischem Rückfallfieber (Tick fever) nach Dutton u. Todd.
Charakteristisch ist das Fieber. Innerhalb weniger Stunden erhebt sich die
Körperwärme auf mehr als 39 '^ und hält sich mit morgendlichen Remissionen etwa
auf gleicher Höhe. Die Milz soll nicht immer vergrößert gefunden werden. Als
Komplikationen kommen gelegentlich Herpes labialis et nasalis, Epistaxis und
Singultus vor. Gegen Ende des Anfalles trat bei einigen Patienten auch Ikterus
hinzu („biliöses Fieber"). Nach 2—5 Tagen sinkt die Temperatur bis zur Norm, auch
wohl darunter, meist ohne den bei Malaria fast konstanten starken Schweißausbruch.
Gleichzeitig lassen auch die subjektiven Symptome nach, es bleibt noch eine mäßige
Schwäche zurück. Koch hebt die Kürze der Anfälle hervor: von 24 Anfällen
dauerte keiner länger als 3 Tage; Glatzel sah fünf Anfälle von 4tägiger Dauer.
Nach einem Zeitraum von 1 — 19, durchschnittlich 3V2 Tagen, tritt, unter ganz
denselben Erscheinungen wie beim ersten Male, ein zweiter Anfall auf, der zwar
die gleiche Fieberliöhe erreicht, aber offenbar etwas kürzer dauert als der erste.
Solcher Rückfälle kommen nun manchmal noch mehrere vor, doch sind selten mehr
als vier augegeben. Privater Mitteilung verdankt Verf. einen Fall von afrikanischer
Recurrens, bei dem mindestens 6 Rückfälle auftraten ; und Manson beobachtete bei
einem Kranken aus Gibraltar acht oder neun Rückfälle. Die Kranken nehmen an
Gewicht beträchtlich ab, erholen sich aber schnell wieder.
Bei den Eingeborenen tritt, wenn überhaupt, dann nur ein einziger Rückfall
auf; wohl infolge eines Restes früher erworbener aktiver Immunität. Ph. Ross
beschreibt abortive Anfälle bei Negern mit positivem Parasitenbefund und Kopf-
schmerzen, aber ohne Temperaturerhöhung.
Die Erkrankung geht gewöhnlich in Heilung aus, doch sind mehrere Todes-
fälle beschrieben. Dann steigern sich die Erscheinungen der schweren Infektion
immer mehr; der Kranke wird komatös; kurz vor dem Exitus sinkt die Körper-
wärme unter die Norm, die Spirochäten verschwinden aus dem Blute. — Der
tödliche Ausgang tritt dann häufiger ein, wenn die Kranken sich besonderen An-
Mense, Handbuch der Tropenkranklieiten. IH. 43
574 -Dr- C. Schilling.
strenguugen aussetzen müssen. Dann kann die Mortalität bis zu 50 ^/o der Kranken
steigen.
Die Wirkung des Chinins auf die Anfälle ist gleich Null. Einerseits mag
dieser Umstand häufig dazu beigetragen haben, die wahre Natur des Leidens zu
verdecken: dann nämlich, wenn die scheinbare Chinin Wirkung zufällig mit der
Krisis zusammenfiel. Andererseits mußte doch, abgesehen von der eigentümlichen
Form der Temperaturkurve, das Versagen des Chinins Zweifel an der sehr nahe-
liegenden Diagnose „Malaria" erwecken.
Denn für die Differenzialdiagnose kommt wohl nur M a 1 a r i a in Betracht.
Bei Eecurrens soll der Schüttelfrost, mit dem die meisten Malariaanfälle einsetzen,
ganz fehlen oder nur schwach, das subjektive Krankheitsgefühl dagegen schwerer
als bei Malaria sein. Das Mikroskop dürfte wohl in den meisten Fällen die Ent-
scheidung bringen. Freilich können Malariaparasiten und Spirochäten gleichzeitig-
vorhanden sein, so daß bei kontinuierlichem Fieber mit positivem Malariabefund,
das aber auf Chinin nicht reagiert, ein besonders sorgfältiges Suchen nach Spiro-
chäten angezeigt ist. Denn auch in schweren Fällen von Rückfallfieber und selbst
auf der Fieberhöhe können die Spirillen spärlich sein. In zweifelhaften Fällen
käme die Überimpfung von Blut auf Affen oder Ratten in Frage. Bei Recurrens fand
Ross Vermehrung der polymorph - kernigen Leukocyten, während bei Malaria die
großen mononukleären Lymphocyten an Zahl zunehmen.
Die Schlafkrankheit ist durch den Trypanosomenbefund in aspiriertem Saft
der Cervicaldrüsen unschwer zu erkennen.
Der pathologisch -anatomische Befund ist ziemlich geringfügig: Milz,
Leber und Nieren sind etwas vergrößert, das erstgenannte Organ ist bald derb,
bald sehr weich, zerdrückbar. Die beobachtete Anämie dürfte z. T. auf Anchj^--
lostomiasis zurückzuführen sein. Noch 6 Stunden nach dem Tode sind Spirochäten
im Blute zu finden.
Auch in den Tropen ist der Erreger des echten Rückfallfiebers die Sjnro-
thaeta Obermeieri. Ihre Länge schwankt zwischen 14 und 43,«, doch sind die
langen Formen wohl noch nicht völlig getrennte Teilungsformen ; die Breite ist
etwa = ^/s fi. Beim Menschen sind die Parasiten nur ausnahmsweise sehr zahlreich,
gewöhnlich aber so spärlich vorhanden, daß Koch z. B. bei vier Anfällen trotz sorg-
fältigster Untersuchung nur eine einzige Spirochäte fand. Er hat auch bei der
in Afrika beobachteten Spirochaete Obermeieri keine Längsteilung, keine undulierende
Membran und Kerne, wie sie Schaudinn erwähnt, gesehen, wolil aber Andeutung
von Querteilung.
Kulturen sind "Wellman mißlungen. ™
Die Angaben der Eingeborenen stimmen mit den Beobachtungen der Ärzte
dahin überein, daß das Überstehen eines bzw. mehrerer Anfälle eine vollkommene
aber offenbar nicht sehr lange andauernde Immunität verleihe. Unter den
Trägern Koch's, welche schon zu Aviederholten Malen auf der „Barrabarra" (Straße)
ins Innere Deutsch-Ost- Afrikas marschiert waren, erkrankte keiner, während von
den ihn begleitenden fünf Küstenleuten vier an Recurrens erkrankten.
Dieser Frage bezüglich der Immunität nach überstandener Recurrens ist Koch
experimentell nachgegangen. Vier Affen, welche an Recurrens schwer erkrankt,
aber genesen waren, erwiesen sich als vollkommen immun; vier weitere Affen, die
nur abortive (s. u.) Anfälle durchgemacht hatten, waren ebenso empfindlich wie
frische KontroUtiere.
Die Übertragung kann beim Menschen gelegentlich auch direkt erfolgen,
z. B. bei der Sektion eines an Recurrens Grestorbenen (Dütton).
Die Übertragbarkeit auf Tiere ist sehr beschränkt. Bei Meerschweinchen
jRückfallfieber/ 675
und Eatten, mit beträchtlichen Mengen spirochätenhaltigen Blutes subkutan geimpft,
erscheinen die Parasiten nur auf kurze Zeit im Blute, ohne das Tier merklich krank
zu machen, und verschwinden dann definitiv. Wenn man aber Ratten und Mäuse
intraperitoneal infiziert, so geht die Infektion an (Koch). Bkeinl und King-
HOKN sahen bei Ratten eine enorme Vermehrung der Parasiten, die Tiere hatten
z. T. 3 — 4 Rückfälle, und alle gingen ein. Mäuse sind sehr empfänglich, eben-
so Affen, und zwar besonders (ausschließlich?) die Schmalnasen (Macacus, Cerco-
pithecus). HoDGES impfte einen Cercopitheais mit Recurrensblut ; nach 3 ^h
Tagen kamen, unter gleichzeitiger Temperatursteigerung, zahlreiche Spirochäten im
Blute zum Vorschein ; nach 3 Krankheitstagen kritischer Abfall ; 5 Tage Intermission,
Spirochäten fehlen; 2tägiger Anfall, Spirochäten vorhanden; Itägige Remission;
Itägiges Fieber ohne Spirochäten, 17 Tage Remission ohne Spirochäten, 1 Tag
Fieber, Spirochäten neuerdings vorhanden ; seitdem normal. Dutton und Todd haben
drei Cercopithecus dadurch infiziert, daß sie ihnen Zecken (Ornithodorus mou-
hata), die in den Eiugeborenenhütten gesammelt worden waren, ansetzten; nach
etwa 5 Tagen traten die ersten Spirochäten im Blute auf, dann stieg die Tempe-
ratur, ein unregelmäßiges, nicht charakteristisches Fieber schloß sich an, die Tiere
magerten ab, wurden anämisch und gingen nach 11 bzw. 15 und 29 Tagen ein.
Die Spirochäten fanden sich reichlich im Blute der Tiere. Die Milz war nicht
in allen Fällen vergrößert, das Knochenmark erweicht, dunkelbraun. Ein erwach-
sener Cercoj)ithecus, durch Zecken infiziert, hatte 3 Monate nach der Infektion
einen Rückfall mit positivem Spirochätenbefund, ging nach 6 Monaten an Pneumonie
zugrunde.
ISTeuerdings hat Koch zahlreiche Affen infiziert und ganz regelmäßig Müz-
vergrößerung und fast immer Milzinfarkte gefunden. Auch beobachtete er in
der Milz charakteristische Phagocytose. Beim Affen ist die Kmwe nicht ganz so
regelmäßig wie beim Menschen, dagegen sind die Spirochäten auf der Höhe des
Fiebers in großer Zahl im Blute zu sehen. Die Mehrzahl der Affen erliegt den
Anfällen, doch kommen auch „abortive" Fälle vor, die ohne Temperatursteigerung
verlaufen, bei denen man auch nur ganz Avenige Spirochäten findet und die in
Heilung ausgehen.
Die übertragende Zeckenart ist Ornithodorus mouhata Murkay. (Syn. : Oryii-
thodorus savignyi var. caeca Neumaiot.)
Die Genera „Ornithodorus'-'' und „Argas'-'' bilden zusammen die Gruppe der „Arga-
sinen", welche sich von den übrigen Zecken (Ixodinen) dadurch, unterscheidet, daß bei
ihnen weder beim ©^ noch beim J ein deutliches, derbes Rücke ns child vorhanden ist,
und die beweglichen Mund teile an der unteren Seite des Körpers liegen. Die Haut
von Argas ist gerunzelt, die von Ornithodorus mit Wärzchen besetzt. — Innerhalb des
Genus „Argasinae''' bilden 0. mouhata, Savignyi, pavimentosus und morbillosiis eine
besondere Gruppe, die dadurch charakterisiert ist, daß eine tiefe Furche hinter den
Beinen und vor dem After quer über die Bauchseite des Hinterleibes wegzieht, und daß
der Rand des Körpers seitwärts von der 4. Hüfte scharf eingekerbt ist.
Zur Unterscheidung der vier erwähnten Arten dienen die Wärzchen der Rücken-
und Bauchhaut und die Höcker auf den Tarsen (letzten Gliedern) des 4. Beinpaares.
Bei 0. pavimentosus sind die Wärzchen flach und berühren sich nach der Art von
Pflastersteinen, die anderen drei Arten haben kugelige Wärzchen. — Die Tarsen der
4. Beinpaare sind an der Streckseite mit Höckern besetzt. 0. morhillosus hat nur je
zwei Höcker, je einen am proximalen und distalen Ende des Gliedes. Bei den anderen
drei Arten kommt noch ein dritter Höcker zwischen jenen beiden hinzu. Die Ent-
fernung nun vom 1. (proximalen) zum 2. Höcker verhält sich zu der vom 2. zum 3. bei
0. mouhata ungefähr wie 4:5, bei 0. Savignyi und pavimentosus ungefähr wie 1:8. —
0. mouhata hat keine Augen, die anderen drei Arten haben je zwei Paar Augen, welche
43*
676
Dr. C. Schilling.
als kleine achwarze Punkte auf einem Wulste sitzen, der auf der Unterseite parallel dem
Rande zwischen diesem und den Hüften der Beine verläuft. Das erste Augenpaar liegt
auf der Höhe der ersten Hüfte, das 2. dem Zwischenraum zwischen 2. und 3. Coxa ent-
sprechend. Die Stigmen, welche von einem Unkundigen leicht für Augen gehalten werden
können, weil sie gleichfalls auf jenem Wulste liegen, sind sehr viel größer als die Augen,
deutlich knopfförmig und stehen auf der Höhe etwa der vierten Hüfte. ^)
-Fiff. 3.
Fi.?. 4.
Ornithodorus moubata. Natürliche
(Rückenseite.) Größe.
Ornithodorus moubata.
(Bauchseite.)
Christophees beschreibt die Anatomie des OrnWioäorus sehr genau; hier sei von
seiner Schilderung ein kurzer Auszug zur Orientierung gebracht.
Die Kopf teile bestehen aus:
1. den paarigen drei-gliederigen Palpen (Fig. 4) die zu beiden Seiten der Mittel-
linie auf stumijf-kegelförmigen Vorragungen des Kopfes sitzen ;
2. den paarigen Mandibeln (Fig. IM), langen kolbenförmigen Gebilden, deren
dünneres Ende aus je einem scheidenartigen Fortsatz der Chitinbedeckung des Kopfes
(Fig. 7 MSCH) zu beiden Seiten der Mittellinie zwischen den Palpen hervortritt, am freien
Ende nach außen hin umgeknickt ist und drei Zähne und einen tingerartigen Portsatz
trägt. Das kolbig angeschwollene Ende erstreckt sich bis in die Leibeshöhle hinein
und ruht auf einem chitinösen StützajDparat auf. Kräftige Muskeln ziehen vom distalen
Ende des Kolbens nach der Bückenhaut;
3. dem unpaaren Labium (Hypostom^l (Fig. 1 H), das in der Mittellinie, unter-
halb der Mandibeln als ein löffelartiges, scharf zugespitztes, mit 3 Reihen Zähnen besetztes
Gebilde liegt;
4. einem chitinösen Stützapparat im Inneren des Kopfes (Fig. 7 ChSt). der durch
strebenartige Chitinspangen an die äußere Chitindecke festgeheftet ist, einen platten-
förmigen Teil nach rückwärts als Stütze für die kolbigen Mandibeln aussendet und
ventralwärts mit dem Pumporgan des Pharynx verbunden ist.
Im Grunde des taschenartigen Raumes, den die Scheiden des Mandibeln von oben
und das Labium von unten her bilden, münden dorsalwärts die Ausführungsgänge
^) Obige Schilderung verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Geh. Rat
DöNiTz, welcher binnen kurzem eine genaue Beschreibung der Gruppe der Argasinen
veröffentlichen wird.
Rückfallfiebei*.
677
der Speicheldrüsen, und ventral die V-förmige Mund Öffnung. Sie führt direkt
in den Pharynx (Fig. 5 und 1 Fli). Dies ist ein annähernd spindelförmiger Sack,
in dessen Wandung 3 Chitinplatten eingelagert sind ; die dorsale Platte steht mit dem
erwähnten Stützapparat in Verbindung. Durch Kontraktion seitlicher 3Iuskeln werden
die Platten nach oben und seitwärts bewegt, und so ein negativer Druck geschaffen,
der das Blut durch die Mundöffnung einsaugt.
JV.(?.
Fig. 6.
Sp.Dr.
Verdauungsorgane von Ornithodorus.
Nach Cheistophers.
Weiblicher Gleschlechtsapparat von Ornitho-
dorus. Nach Cheistophers.
Kff. 7.
^MSCM
Schematischer Sagittalschnitt durch den Kopf von Ornithodorus moubata.
Nach Christophers.
Aus dem distalen Ende des Pumpsackes geht der Ösophagus (Fig. 5 und 7 Oe)
hervor, der, das Schlundganglion (Fig. 5, 6 und 7 G) durchbohrend, sich zu einem kleinen
Proventrikulus erweitert und dann in den Magen (Fig. 5Ma) übergeht.
Dieses Organ besteht aus einem zentralen Schlauch, von dem aus eine große Zahl
678 Dr. C.Schilling.
fingerförmiger, an der Peripherie sich gabelnder Blindsäcke entspringen, gebildet von
einer feinen Basalmembran, auf der eine Lage großer Zellen ruht und in welche Längs-
und Quermuskelfasern eingelagert sind. Wenn die peristaltische Bewegung der Divertikel
den Blutbrei überallhin verteilt hat, so beginnen die Epithelzellen das körnig zerfallende
Blut in sich aufzunehmen und in schwarze runde Körper bis zu 5 ^ Grröße zu verwandeln.
Außerdem aber lösen sich solche Epithelzellen auch ab, wandern in den Blutbrei ein und
schwellen, offenbar durch aktive Phagocytose, zu großen, mit den ßesten der Blutkörper-
chen beladenen Xlümpchen an. Das Endresultat der Verdauung sind tintenschwarze
Körnchen, die noch Monate nach der letzten Blutmahlzeit in den Divertikeln und deren
Epithel, nie aber in der Leibeshöhle oder den Geweben zu finden sind.
Der Magen ist ein Blindsack; die einzige Verbindung zwischen ihm und dem
„Rectum" ist ein sehr feiner Faden (Fig. ÖJ), der von dem zentralen Magenschlauch
nach dem Rectum hinzieht (Fig. 5 R), aber keinen Nahrungsbrei befördert.
Das sog. Rectum ist ausschließlich ein Reservoir für das von den beiden Mal-
pighischen Gefäßen (Fig. 5 M.G) gelieferte Sekret. Diese lassen sich als zwei feine
weiße Fäden vom Rectum ausgehend in zahlreichen "Windungen zwischen den Ein-
geweiden und Muskeln hindurch bis in den vordersten Teil des Körpers verfolgen, wo
sie blind enden. Das Epithel besteht aus großen kegelförmigen Zellen in einfacher Lage.
In den Speicheldrüsen (Fig. 6 Sp.Dr) verläuft durch die ganze Länge ein
zentraler Ausführungsgang, dessen Wandung durch einen Spiralfaden gestützt wird;
von ihm zweigen kleine baumförmige Seitenäste ab, an deren feineren Verzweigungen die
kugeligen Drüsenacini sitzen. Mehrere Zellen in verschiedenen Stadien der Sekretion
bilden diese Acini und enthalten helle lichtbrechende Körnchen von 3 — 5 fc Durch-
messer, die sich mit Hämatein dunkel färben und noch ein stark gefärbtes Körnchen
enthalten. Auch degenerierende Zellen sind zu finden.
Das Ovarium (Fig. 60v) ist ein unpaarer spindelförmiger Sack, welcher schräg im
Abdomen, unterhalb des zentralen Magensackes liegt. Nur die dorsale Hälfte des Epithels
dieses Sackes liefert Eier, die ventrale Hälfte bleibt als einfache Zellage membranös.
Die jüngsten Eier haben wenig Protoplasma und große, massige Kerne; je mehr das Ei
reift, desto mehr ändert sich dies Verhältnis zugunsten des Plasmas, so daß schließlich ein
bläschenförmiger Kern in einer großen, ovalen, granulierten Plasmamasse liegt. Das
Teifende Ei drängt sich mehr und mehr nach der Leibeshöhle hin vor und hängt nur
mehr durch einen Stiel mit dem Ovar zusammen, durch den es dann in das Lumen des
Ovariums hineingleitet. Schön dort trifft es Spermatozoen und kann befruchtet werden.
Von den beiden Enden des Ovariums führt beiderseits je ein gewundener Eileiter
(Fig. 6 Ovd) in den Uterus (Fig. 6 U), einen derben Sack, der dann durch den
Genitalporus nach außen mündet. Das Epithel der Eileiter und des Uterus ist zylind-
risch. Im Uterus liegen häufig sog. Spermatophoren, Cysten mit zahlreichen Sper-
matozoen. Dies sind sehr große keulenförmige Gebilde, die sieh langsam gleitend be-
wegen und mit dem nach vorne gerichteten Ende würmchenartige Bewegungen ausführen.
Der männliche Geschlechtsapparat liegt an derselben Stelle wie der des
Weibchens, und besteht aus einem medialen Rohr, von dessen beiden Enden je ein Vas
deferens ausgeht, die sich in der dreilappigen sog. weißen Drüse vereinigen. Die
Spermatogenese kann ohne eine Zahl von Figuren nicht erläutert werden.
Das Herz liegt dorsal, es ist ein feines pulsierendes Rohr mit distaler Anschwellung.
Zu erwähnen sind noch Coxaldrüsen und eine große Kopfdrüse oberhalb der Kopf-
organe, deren Funktion unklar ist, sowie das verzweigte Trachealsystem.
Technik- Cheistophees empfiehlt, die Zecken unter Kochsalzlösung zu öffnen, in-
dem man den Rand des Rückens vorsichtig mit der Schere rundum öffnet und dann
den Rückenteil emporklappt. Nun werden die Organe einzeln herausgenommen, frisch
untersucht, danach eventuell auf dem Objektträger ausgestrichen, getrocknet, fixiert und
gefärbt, oder einzeln in Sublimat fixiert und zu Schnitten verarbeitet.
Ornith. Savignyi bewohnt Nordafrika und ist südlicli bis Britisch Ostafrika
(Wituland) gefunden worden.
Ornith. moiibata lebt in Centralafrika von der Ost- bis zur Westküste.
ßückfallfieber.- 679
Ornith. pcwimentosus ist bis jetzt nur in Namaland (Südafrika) gefunden.
Ornith. morhillosus wurde in einem Exemplar von van der Decken am
Kilimandjaro erbeutet.
Auch für Indien wird ein Ornith. (Savignyi ?}- ax\s Ramnad angegeben. Eine
genaue Abgrenzung der Verbreitungsgebiete ist z. Z. wegen der bisherigen Un-
siclierheit in der Auffassung und Bestimmung der einzelnen Arten noch nicht
durchführbar.
Die Eier werden in Meinen Haufen abgelegt; die größte Zahl eines Geleges
betrug 139, meist sind es viel weniger (nach Koch 40 — 50). Diese Zeckenart ist
also nicht so produktiv wie andere, die regelmäßig hunderte von Eiern ablegen. Die
Eier sind fast rund, 0,8 mm im größten Dm'chmesser. Nicht alle Eier kommen zur
Weiterentwicklung, oft nur die Hälfte eines Gleleges. Nach etwa 7 Tagen beginnen die
Konturen der Larve durch die Eischale durchzuscheinen. Am 13. Tage etwa wird
die Eihaut gesprengt, aber die Larve kriecht nicht heraus, sondern bleibt noch etwa
weitere 7 Tage in der EihüUe liegen und häutet sich in ihr. Erst als achtbeinige
Nymphe, ca. 1 mm lang und ohne Genitalporus, schlüpft das Tier gleichzeitig aus
Eischale und Larvenhaut heraus. Der Kopf ragt bei der Nymphe noch unter dem
vorderen Eande vor. 3 — 4 Tage nach dem Ausschlüpfen vergehen, ehe die Nymphen
sich an einem "Warmblüter festsaugen können. Innerhalb 2 Monaten kann eine
Nymphe 5 mm Länge erreichen. Sie häutet sich dreimal, und erst nach der zweiten
Häutung ist der Genitalporus zu sehen, das Tier also geschlechtsreif. Eine voU-
gesogene Zecke kann 12 X 10 X ''' ^'^i^ g^O-ß werden. Die Befruchtung erfolgt, wie
bei allen Zecken, indem das Männchen sich mit der Bauchüäche an die Unterseite
des Weibchens anlegt und stundenlang dort hängen bleibt.
Alle Beobachter stimmen überein, daß die Zecken in den Furchen und Rissen
des festgestampften Lehmbodens der Eingeborenenhäuser, speziell der Rasthäuser
für Trägerkarawanen, zu finden seien. Auch in anderen Schlupfwinkeln, in den
Schlafmatten, selbst im Stroh des Daches halten sie sich tagsüber versteckt. Da,
wo der Regen hintrifft, findet man keine Zecken (Koch), sie brauchen also absolute
Trockenheit. Sie überfallen nachts die Schlafenden, auch die Haustiere. Nach
einigen Autoren soU der Stich sehr schmerzhaft sein und eine Rötung und geringe
Schwellung der Bißstelle zur Folge haben. Das Saugen geht ziemlich langsam
von statten, so daß eine Zecke ^h — 3 Stunden (an Affen) haftet, ehe sie losläßt.
Während des Saugens entleert sie aus dem Anus eine weißHche Flüssigkeit, das
Sekret der Malpighischen Tuben.
Die Zecke heißt in Kisuaheli: pasi oder kupe; in Kiunyoro und in der
ügandasprache : bibo ; bei Dufile am oberen Nil : kimputu. Die Soldaten in Uganda
nennen sie „Unjoro-dudu". Am Kongo kommen die Namen : „garapato", „bifundikala"
und „bimpusi" vor, am Zambesi (Tete) heißt die Krankheit: „karapati", die Zecke
„moubata", „tampan'' oder „kufu".
DuTTON und ToDD haben im Magen und den Malpighi'schen Gefäßen infi-
zierter Zecken noch 5 Wochen nach dem Blutsaugen bewegliche Spirochäten ge-
funden. Sie empfehlen, den Präparaten ein wenig normales menschliches Serum
zuzusetzen: nach 8 — 24 >i haben sich etwa vorhandene Spirochäten in diesem ange-
reichert. Eine weitere Entwicklung des Spirochäten in der Zecke haben sie nicht
gesehen. — Nach Koch verschwinden 4 Tage nach der Aufnahme die Parasiten
aus dem Magen; sie finden sich jetzt aber an der Oberfläche der Ovarien und
zwar an Zalil deutlich vermehrt. Am besten gelingt dieser Nachweis bei Ovarien
mit unentwickelten Eiern. 5 — 15 — 50 ^/o der an verscMedenen Orten in Deutsch-
Ost- Afrika gesammelten Zecken (im Durchschnitt 11 %) waren infiziert. In den
Gelegen finden sich dann die mit Spirochäten infizierten Eier, — etwa V-i oder
680 I^l"- ^- SCHILLIXG.
1/5 eines Geleges ist infiziert — in denen sich die Parasiten zu dicken Klumpen
vermehren können. Bis zum 20. Tage nach der Eiablage hat Koch die Vermehrung
der Spirochäten in den Eiern bzw. Embryonen verfolgt. Demnach müßte bei
der Spirochäte des afrikanischen Zeckenfiebers eine komplizierte Entwicklung, etwa
ein Generationswechsel, wie ihn Schaudinn für die Sjm'ochaeta Ziemanni des
Steinkauzes beschrieb, wenn überhaupt, dann erst in der Larve und in den ersten
Tagen des ISTymphenstadiums, also mit der neuen Stoffwechselperiode. (Ernährung
durch Blutsaugen) beginnen. Die Entwicklung der Eier wird scheinbar durch die
Parasiten nicht wesentlich gestört.
Nymphen, welche von einem infizierten "Weibchen abstammen, übertragen die
Krankheit (Dutton und Todd drei Yersuche, Koch elf Versuche). Ob geschlechts-
reife Zecken, die als Nymphen spirochätenhaltiges Blut aufgenommen, die Krank-
heit übertragen, kann an der Hand des vorliegenden Materiales noch nicht ent-
schieden werden, da die in Eingeborenenhäusern gefangenen Zecken und deren
Nachkommen wahrscheinlich bereits „a priori" infektionstüchtig sind.
Die Zecken haben zahlreiche natürlichie Feinde. Eine Pilzkrankheit befällt
und tötet sie (Wellman). Enten, Hühner, Ratten stellen ihnen eifrig nach und
ganz besonders die Ameisen zerstören ganze Gelege. Neuerdings hat Wellman eine
Kaubwanze erwähnt (Phonergates hicoloripes)^ welche einerseits die mit Blut voll-
gesogenen Ornithodorus angreift und aussaugt, andererseits aber auch gelegentlich den
Menschen stechen kann.
Hier mag auch auf eine Beobachtung der englischen Forscher Dutton, Todd
und Chkisty hingewiesen werden, welche am Kongo in den Hütten der Einge-
borenen eine Fliegenlarve fanden, welche vom schlafenden Menschen Blut saugt;
sie ist ein Entwicklungsstadium der Auehmeromyia luteola (Fabr.).
Durch den Nachw^eis der Übertragung der Spirochaeta Obermeien durch
Ornithodorus moubaia sind manche Fragen in der Ejoidemiologie der afrikanischen
Recurrens erklärt. Überall da, wo diese Zeckenart vorkommt und Gelegenheit hat,
spirochätenhaltiges Blut aufzunehmen, wird sich ein Herd von Rückfallfleber bilden.
In Inner-Afrika folgt die Krankheit vorzugsweise den großen Handelsstraßen, und hier
sind es namentlich die arabischen Händler, an deren Fersen sich die Krankheit
heftet. In den Warenballen, der Schlaf matte, den Kleidern können die Überträger,
die Zecken, weithin verschleppt werden, und kranke Reisende liinwiederum liefern,
wo sie die Nachtrast halten, den Ansteckungsstoif für die hier heimischen Schma-
rotzer. Diese Art der Verschleppung ist schon sehr lange bekannt z. B. von der
Insel Reunion 1865.
Koch fand in Ostafrika infizierte Zecken auch abseits der Hauptstraßen: den
ausgedehnten Handelsbeziehungen dürfte hier eine weitere Verbreitung der Krank-
heit entsprechen, als dies z. B. am oberen Kongo der Fall sein mag (Dutton
und Todd).
Sowohl die infizierten Zecken selbst, die ja lange hungern können (nach
Koch 6 Monate lang) als auch ihre infizierte Brut können die Infektiosität irgend
eines Ortes auf lange Zeit hin bewahren. Und vielleicht gehen bei der Tochter-
generation der infizirten Zecke die Spirochäten nicht bloß in den Siechapparat
inkl. Speicheldrüse, sondern vielleicht wird hier auch das Ovarium und damit
die Eier infiziert. Koch vermutet, daß auch Ratten und Mäuse, die ja für die
Spirochäteninfektiou empfänglich sind, in der Natur als Z wischen wirte dienen können
und so die Infektion gewissermaßen konservieren. Endlich rechnet er mit der
Wahrscheinlichkeit, daß auch bei Menschen, die Recurrens überstanden haben, die
Spirillen noch ganz vereinzelt lange Zeit im Blute vorhanden sein können.
Koch nimmt an, daß die Eingeborenen schon in früher Kindheit eine Febris
ßückfallfieber. 681
recuiTens dui-climaclien , eine gewisse Grrundimmunität erwerben und dann unter
späteren Infektionen nicht mehr leiden. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den
Karawanen, die auf infizierten Straßen marschieren.
Als Prophylaxe empfehlen Koch und Ph. Ross dem in den Tropen
reisenden Europäer, niemals da 'sein Zelt aufzuschlagen, wo jemand vor ihm ge-
lagert hatte. Ist man gezwungen in Rasthäusern zu übernachten, so wäre vielleicht
Ausgießen von Wasser über den Boden des Wohn- und Schlafraumes, Befeuchten
der Stützen des Feldbettes mit Petroleum, jedenfalls aber das Tragen leichter und
bequemer hoher Schaftstiefel, die ja schon als Schutz gegen Mosquitostiche an den
Beinen sehr zu empfehlen sind, ratsam. Die Verhütung einer Infektion der
farbigen Reisenden, Träger usw. dürfte allerdings auf unüberwindliche Schwierig-
keiten, namentlich die Bequemlichkeit und den Fatalismus der Farbigen stoßen.
Eine Serumtherapie wäre nach Koch nicht aussichtslos, da eine aktive Immu-
nität nach Recurrens eintritt (s. oben).
Die Therapie der Anfälle kann nur eine symptomatische sein. Eine Ver-
hütung der Rezidive ist bisher noch nicht möglich gewesen.
Wenn es also gelungen ist, die Übertragung des afrikanischen Rückfallfiebers
durch Ornitliodorus moubata mit Bestimmtheit nachzuweisen, so kennen wir noch
andere Krankheiten des Menschen, bei denen ebenfalls aller Wahrschein-
lichkeit nach Zecken die Überträger sind.
In Nordpersien, speziell in Miana kommt eine Krankheit — Fieber, das
angeblich zu bestimmten Tageszeiten auftritt, hochgradige Mattigkeit hervorruft und
im ganzen dem „remittent fever" sehr ähnlich ist — vor, welche von den Einge-
borenen und, nach eigener Erfahrung, von europäischen Reisenden mit Bestimmtheit
durch den Biß einer bestimmten Zecke veranlaßt wird. Die Eingeborenen sind im
allgemeinen immun, es scheinen also auch hier wiederum vorwiegend die Reisenden
und Zugewanderten unter der Krankheit zu leiden. Die angeschuldigte Zecke ist
Ar gas persiciis. Sie unterscheidet sich von Ornitliodorus durch die ganze Körper-
form: Argas ist flach gedrückt, hat einen Querschnitt etwa wie eine Linse. Die
Farbe ist ein helles Braun, die Beine sind hellgelb. Der Rand des Rückens
zeigt eine feine Zeichnung, bestehend aus einer oft sehr regelmäßigen Reihe heller
kreisrunder Flecke; solche Flecke, in flachen Vertiefungen liegend, sind in mehr
weniger symmetrischer Zeichnung über den ganzen Rücken verteilt. Der Koi^f
der Zecke liegt wie bei Ornitliodorus auf der Unterseite. Die eben ausgewachsenen
Tiere (9 und o^) sind 6 — 7,5 mm lang. Nach dem Saugen von Blut dehnen sich
die Weibchen bis auf 9 — 12 mm aus. Die Lebensgewohnheiten der Argasiden
decken sich mit denen des Ornühodorus: bei Tage halten sie sich in den Ritzen
des Bodens, der Wände usw. verborgen, um bei Nacht Warmblüter zu überfallen.
Von Argas talaje wird aus Zentral-Amerika nur berichtet, daß diese Zecken
in großen Mengen den Menschen nachts überfallen und durch ihre Stiche heftige
Schmerzen, Schwellung der Stichstelle und im Anschluß daran allgemeines Unwohl-
sein verursachen.
Unklar sind ferner die Erscheinungen, welche auf die Bisse von Argas turi-
cata in Mexiko zurückgeführt werden. Dort wird die Zecke als „Garapato" be-
zeichnet.
Von der gewöhnlichen 'Bettwanze (Acanthialectularia, Oimex leetularius) ist
bisher nicht ermittelt,, ob sie als Krankheitsüberträger in Frage kommt. Sie kann
natüiiich, ähnlich den Flöhen, z. B. Pestbazillen mit dem Blute aufnehmen und ent-
weder unmittelbar von einem Kranken auf einen Gesunden verimpfen, oder in ihren
682 Dr. C. Schilling.
Dejekten uocli lebensfähig ausscheiden. Die Yersuche von Tictin sind schon oben
erwähnt (S. 638).
Als Überträger von Krankheiten der Tiere spielen die Zecken eine
bedeutende Eolle. So wird das Texasfieber oder die Hämoglobinurie der Einder
in Amerika von Boophilus bovis, in Norddeutschland von Ixodes reduvius, in Süd-
afrika von RJiipiceplialus decoloratiis und australis übertragen. Das ,,Küsten-
fieber" Koch's, welches in Ehodesia so schweren Schaden unter den Eindern
anrichtete, geht durch den Stich von Rhijncephalus appe^idioulatus von einem Tier
auf das andere über. Bei der ,,Carceag"- Krankheit der Schafe in Eumänieu,
die ebenso wie die beiden erwähnten Seuchen durch ein Pirojylasma verursacht
wird, spielt Rhip)icep)halus bursa die Eolle des Z wischen wirtes. Die Piroplasmose
der Hunde wird durch HaemophysaMs leackii übertragen.
Spirochaeta auserina.
Sacharoff hat im Jahre 1891 eine Spirillose derGränse beschrieben,
die an einzelnen Stellen der transkaukasischen Eisenbahn auftrat und ca. 80 % der
ergriffenen Herden vernichtete. Nach einer (nicht genau angegebenen) Inkubations-
zeit tritt Fieber (42 — 43^) auf, die Tiere haben Durchfall, fressen nicht; charakte-
ristisch soll Schmerzhaftigkeit der Fußgelenke sein. Die hohe Temperatur sinkt
lytisch ab, das Tier zeigt zunehmende Schwäche und bei subnormaler Eigenwärme
tritt der Tod nach ca. Stägiger Krankheit ein.
•Wird die Krankheit durch spirochätenhaltiges Blut übertragen, so dauert das In-
kubationsstadium nur 2—3 Tage, der Verlauf ist ähnlich dem spontaner FäUe, nur
auf 4 — 5 Tage zusammengedrängt, und die Mortalität steigt auf 90°/o.
Hochempfänglich sind Gänse und ganz junge Hühner; Enten sind weniger
empfindlich, bei älteren Hühnern geht die Infektion meist in Heilung aus. Alle
übrigen Tiere, auch der Mensch, sind immun.
Die Spirochäten vermehren sich zuerst in der Milz und im Knochenmark,
treten noch im Inkubationsstadium in das periphere Blut über, nehmen auch hier
noch an Zahl ungeheuer zu, um kurz vor dem Tode wieder zu verschwinden. Sie
sind nur 10 — 20 fi lang, also etwas kürzer als die Spirochaeia Obermeieri. Die
Windungen der Spirale sind nicht dehnbar, sondern starr; die Bewegung erfolgt
mit Hilfe von Greißeln, die aber sehr zart und leicht zerstörbar sind (Zettnow).
Die Spirochäten bilden, wenn der Tod des infizierten Tieres herannaht, Knäuel.
Über ihre Vermehrung ist nichts genaueres bekannt.
Man färbt die SiDirochäten nach den oben angegebenen Methoden. Cantacu-
ZENE fixiert, um die Spirochäten auch in Schnitten nachzuweisen, die Organe mit
FLEMMiNG'scher Lösung, färbt dann die Schnitte in ZiEHL'scher Lösung, der ^,'3
Glycerin zugesetzt wurde, und benutzt Ätlier (nicht Alkohol!) zum Entwässern der
Schnitte.
Eine Kultivierung der Spirochäten ist bisher nicht gelungen. Doch soUen sie
sich lange (2—3 Wochen) halten, wenn man das Blut mit 20—30 Teilen gewöhn-
licher Bouillon versetzt. Entnimmt man dem kranken Tier Blut im ersten Stadium
der Krankheit, wo also die Spirochäten die höchste Vitalität zu besitzen scheinen,
so leben die Spirochäten bei 16° bis zu 8 Tagen. In demjenigen Stadium der
Krankheit, in welchem die Spirillen sich im peripheren Blute zu Knäueln zusammen-
schlingen, ist ihre Lebensdauer außerlialb des Organismus viel geringer (15 Minuten).
Solche in ihrer Lebenskraft bereits schwer geschädigte Parasiten fallen natürlich
den im Organismus mobil gemachten Phagocyten leicht anheira. Die Versuche
Gabritschewsky's und der Schüler Metschnikoff's (Cantacuzene) über die
Rückfallfieber. 683
Ursachen der Yerminderung der Spirochäten vor der Krisis sind vorwiegend mit
Gänsespirochäten angestellt worden (s. o.).
Der Überträger der Gänsespirillose ist noch nicht bekannt.
Spirochaeta gallinarum.
Anf eine Arbeit von Makchoux und Salimbeni gründet sich unsere Kenntnis
über eine Spirochätenkrankheit der Hühner, welche in der Umgebung
von Rio de Janeiro herrscht und dort die befallenen Züchtereien manchmal
geradezu vernichtet. Über die Verbreitung der Krankheit sind keine Angaben
gemacht. Die akute Form der Krankheit setzt nach 4 — 6 tägiger Inkubation
mit Durchfall ein, gleichzeitig steigt die Temperatur auf 42—43 *^, bleibt 4 — 5 Tage
hoch, um entweder kurz vor dem Tode unter die Norm zu sinken oder, im Falle
der Heilung, nach kurzer Hypothermie zur Norm zurückzukehren. Das kranke
Tier ist äußerst matt, nimmt kein Futter, magert stark ah, der Kamm ist blaß;
der Tod tritt plötzlich unter spastischen Krärnj^fen ein. Heilungen kommen vor,
sind aber offenbar sehr selten. Die Autopsie ergibt: Milz bis aufs dreifache ver-
größert; Leber gleichfalls vergrößert, mehr oder weniger fettig degeneriert; sonst
nichts Charakteristisches. Bei der chronischen Form schließt sich an den
kritischen Umschwung eine kurze Besserung, bald aber folgt Paralyse erst der
hinteren, dann der vorderen Extremitäten, fortschreitende Kachexie und nach etwa
8 — 15 tägiger Krankheit der Tod. Auch bei experimenteller Hervorrufung der
Krankheit kann die akute Form, welche sich nicht wesentlich von der spontan
entstandenen unterscheidet, in die chronische mit typischer Kachexie und Paralysen
übergehen. In solchen Fällen findet man dann hochgradige Atrophie aller Organe,
auch der Milz und Leber.
Die Erreger sind Spirochäten von starrer Form, die in korkzieherartiger Be-
wegung schnell dahingleiten. Bokell und Zettnow haben an ihnen end- und seiten-
ständige Geißeln dargestellt.
Demgegenüber beschreibt von Prowazek die bandförmige Gestalt der
Spirochäten und eine undulierende Membran, die er namentlich nach Maceration
durch 33 "/o Alkohol mit 10 ^lo Acid. carbol. gut färben konnte (nach Giemsa) ; die
Kernsubstanzen sind im Körper der Spirochäte verteilt (nach Art von Chromidien).
Auf Grund seiner Versuche über das Verhalten in 5 — 10^/oiger Kochsalzlösung
(keine „Plasmolj^se"), destilliertem Wasser (keine „Plasmoptyse" Fischers) und ver-
dünnter Kalilauge (Lösung), auf Grund der Beobachtungen von Längsteilung im
frischen Präparat, endlich ihrer Einwanderung in rote Blutkörperchen, stellt
V. Prowazek die Spirochaeta gallinarmn zu den Protozoen und zwar nahe zu den
Trypanosomen.
Die Maximalzahl der Parasiten findet sich beim Eintritt der Krisis ; zu dieser
Zeit kann man an ihnen Krümmungen und Knicl\bewegungen, ähnlich wie bei einer
Peitschensclmur beobachten ; nach der Krisis verschwinden sie für immer aus dem
Blute. 24^1 nach der Injektion findet man sie einzeln, später agglomerieren sie
'ZU dichten und oft umfangreichen Knäueln, in denen sie dann dicht verfilzt liegen.
— Füi' die künstliche Infektion sind empfänglich Gänse, Enten, Turteltauben und
Sperlinge, Tauben dagegen refraktär, ebenso AlTen und der Mensch. Durch Bisse
von infizierten Argas gelang es die Krankheit auf die empfänglichen ^ Arten und
außerdem auch auf Tauben zu übertragen. Küken überstehen die Krankheit leichter
als erwachsene Tiere, aber auch unter diesen finden sich einzelne mehr oder weniger
immune Exemplare.
Spontan geheilte Tiere sind immun. Diese Immunität ist schon zur Zeit der
684 I^i"- C. Schilling.
Krise so deutlich ausgeprägt, daß ein Tier, zu dieser Zeit nachgeimpft, keine Neu-
infeklion entwickelt. Mit Blut, Knochenmark, Milz etc. immuner Hühner kann man
keine Übertragung mehr erzielen. Die Spirochäten lassen sich auch aiif Kaninchen
durch intraperitoneale Impfung übertragen, verschwinden aber schon nach 2 Tagen
aus dem peripheren Blut.
Im Serum, das einem kranken Huhn entnommen ist, sterben die Spirillen
nach 48 ^ vollkommen ab, so daß es nicht mehr infiziert ; aber man kann damit
immunisieren. Bei 55^ werden die Spirochäten getötet; die immunisierenden Kom-
ponenten des Serums widerstehen nur höchstens 10 Minuten einer solchen Temperatur.
Sie gehen auch durch ein Filter hindurch, welches die abgestorbenen Spirochäten
zurückhält. 2 ccm Serum eines geheilten Huhnes schützen, 48 ^ vor der Injektion
virulenten Materials einverleibt, gegen dessen Wirkung und erzeugen Immunität.
Ebenso hat die Einspritzung einer Mischung von Immunserum und spirochäten-
haltigem Serum nicht nur keine Infektion zur Folge, sondern sie wirkt auch im-
munisierend. Eine Heilwirkung hat Immunserum nicht. — Kulturen der Spirochäten
sind auf gewöhnlichen Nährböden mißlungen. Dagegen hat Levaditi in der oben
beschriebenen Weise (in Collodiumsäckchen innerhalb der Bauchhöhle von Kaninchen)
eine Serie von Kulturen erzielt. — Die Übertragung kann direkt erfolgen, wenn
Hühner sich blutende Wunden beibringen, ferner durch frische Dejektionen kranker
Tiere, also vom Verdauungstraktus aus. Ferner ist nach den Versuchen von
Makchoux und Salimbeni ein Argas (reflexus, miniaius?) als ein Überträger zu
betrachten. Diese Zecken leben in den Eissen der Wände und unter den Planken
der Hühnerställe an trockenen Stellen. Sie saugen nur nachts Blut. Sie beher-
bergen den Krankheitskeim noch mindestens 5 Monate, nachdem sie Gelegenheit
zum Saugen an einem kranken Huhn hatten. Wenn vollgesogene Argas bei 35^
gehalten werden, so gehen die meisten Spirochäten im Magen zugrunde, ein Teil
aber dringt durch die Magenwandung in die Leibeshöhle ein und vermehrt sich
dort zu beträchtlicher Zahl. Bokell und Marchoüx haben Spirochäten auch in
d^n Ausführungsgängen der Speicheldrüsen gesehen. Das Eindringen dieser Spiro-
chäten in die Eier ist noch nicht konstatiert.
LouKSBUEY gibt eine brauchbare Beschreibung der südafrikanischen Hühner-
zecke, Argas persicus.
Spirochaeta Theileri.
Es erscheint fraglich, ob das im Blute süd- und ostafrikanischer Rinder vor-
kommende ^ßpiriUiim theileri'-'- wie es Laveran genannt hat, zu den Spirochäten
zu rechnen ist. Denn Theiler berichtet an Laveran, daß ,,die Bewegungen der
Spirillen sehr lebhaft und mannigfaltig" seien, und „nach allen Richtungen hin"
ausgeführt werden. Nun ist aber bei den Spirochäten die Regel, daß sie
sich „schraubend", ohne dabei ihre Schraubenform grob zu verändern, in der Richtung
der Längsachse vorwärts bohren — • eine Bewegungsart, die von Theiler sicher er-
kannt und beschrieben worden wäre, Avenn sie für diese Spirochätenart charakte-
ristisch wäre. Es ist jedoch sicher gerechtfertigt, diesen Parasiten vorläufig zu-
sammen mit den Spirochäten zu besprechen.
Die Spirochäten sind 20 — 30 f- lang, ^/s — Vi, fi breit, haben fein zugespitzte
Enden, an denen Laveran keine Geißeln darstellen konnte. Nach Laveran's Ab-
bildungen sind sie nur selten als typische Spiralen gebaut, häufig in Kreis- und
8 förmige Figuren zusammengerollt. (S. das Mikrophotogramm bei Zettnow.)
Teilungsformen sind nicht erwähnt. Sie sind bald sehr spärlich (2 Fälle), bald in
Mengen vorhanden (2 Fälle).
I
Rückfallfieber. 685
über ihre Pathogenität beim Rinde ist niclits Bestimmtes auszusagen, da sie
mit Piroplasma higeminum und Trypanosoma theüeri zusammen vorkommen. Ein
solclies gleichzeitiges Yorkommen beim selben Tier beweist nichts für einen gene-
tischen Zusammenhang beider Formen.
Die Übertragung erfolgt bei Siyir. theüeri durch Rhipiceplialus deeoloratus ;
infizierte Zecken dieser Art aus Südafrika brachten bei einem Rind, an welches sie
iü Frankreich angesetzt wurden, die Spirochäten in dessen Blut zur Entwicklung.
Koch hat offenbar die gleiche Spirochäte auch in Ostafrika gesehen.
Über Spirochaeta perienuis Castellani s. Lühe's Artikel S. 190.
Spirochäten l)ei riedermäuseii.
NicoLLE und CoMTE haben in Tunis bei Fledermäusen (Vesperülio kuhni)
eine Spirochäte im Blute gefunden, welche 12 — 18 ," lang ist, sehr fein ausgezogene
Enden besitzt und sich quer teilt, wobei die beiden Teilstücke 'eine Zeitlang mit
den Enden verbunden bleiben. — Zwei Fledermäuse, mit spirochätenhaltigem Blute
infiziert, gingen nach 7 Tagen mit zahlreichen Parasiten im Blute zugrunde.
Die beiden Autoren erwähnen, daß die „Spirillose aviaire" auch in Tunis vor-
komme. (Sp. anserina? gallinarumV).
Spirochaeta anodontae Keysselitz.
Im Magen von Anoclonta mutabüis Cless. , unserer Teichmuschel, und
zwar sowohl im Ivristallstiel, als auch in den Magenepithelzellen, findet sich eine
sehr große Spirochäte (Maße?) mit einer undulierenden Membran, die manchmal
sehr weit vorspringt, oft auch dem Körper dicht anliegt. Die Kernsubstaiiz ist in
verscliiedenen Gruppen von Körnchen angeordnet oder auch an einer Stelle in der
Mitte des Körpers vereinigt. Die von Keysselitz gegebenen Figuren, welche die
Längsteilung beweisen sollen, können auch als zusammengeklappte Spirochäten an-
gesehen werden.
Im Bezug auf die
systematische Stellung der Spirochäten
ist noch eine ganze Reihe von Fragen zu lösen.
Was zuerst die Benennung anlangt, so hat Eheenberg die Gattung ^^Spirillum'-'-
von der Gattung ^ßpirochaeta^'' daran unterschieden, daß die erstgenannte „starr",
die zweite „biegsam" sei, und hat als Typus für „Sjnrochaeta^' die Sp. plicatilis
aufgestellt. Nun besitzt aber nach Schaudinn gerade diese Art eine stark ent-
wickelte undulierende Membran und keine Geißeln, dagegen einen in einen vegeta-
tiven und einen lokomotorischen Teil getrennten Kernapparat. Als „Spirochaeten'''
werden demnach nur diejenigen Organismen bezeichnet werden dürfen, die in diesen
morphologischen Charakteren mit dem Typus übereinstimmen. Alle übrigen werden
in eine neu zu benennende Art zusammengefaßt werden müssen.
Eine weitere Frage ist die, ob die Spirochäten Protozoen oder Bakterien sind.
Für ihre Protozoennatur spricht eine Reihe von Analogien. Das Rückfallfieber hat
seinen Namen von den charakteristischen Rezidiven erhalten; einen solchen rezidi-
Tierenden Typus aber finden wir bisher nur bei Krankheiten, deren Erreger Proto-
zoen sind (Malaria, Nagana. Schlafkrankheit). Die Bildung von spezifischen Immun-
körpern ist u. a. bei Piroplasmosen beobachtet, also nichts den Bakterien Eigentüm-
liches. Ein wichtiges biologisches Argument ist ferner die Übertragung der Spiro-
536 -Dl'- C. Schilling.
cliäte des afrilvanisclien Zectenfiebers, der Hühnerspirochäte und der Sjoir. theileri
durch Zecken ; von teinem Bakterium ist diese Übertraguugsweise bisher bekannt ge-
worden. Die lange Lebensdauer der Spirochäten in der hungernden Zecke, das
Einwandern der Parasiten in die Eier, die anscheinend exakte Anpassung an eine
bestimmte Zeckenart sind Momente, wie sie auch bei anderen patliogenen Protozoen
und nur bei diesen vorliegen. Koch's Beobachtungen der Spirochäten in den
Larven von Ornitliodorus mouhata schließt noch nicht aus, daß mit Beginn der
neuen Ernährungsperiode der Larve (durch Blut) auch bei den Parasiten ein neues
Entwicklungsstadium (Generationswechsel) eintrete. Diesen biologischen Gesichts-
punkten gegenüber sind morphologische Charaktere (z. B. Querteilung) nicht aus-
schlaggebend. Denn in der vielgestaltigen Gruppe der Protozoen sind auch bei
nahverwandten Formen (z. B. Trypanosoma leivisü und hrucei) weitgehende Unter-
schiede in der Art der Teilung, der Resistenz gegen ChemikaHen, in der Tierpatho-
genität und der Bildung von Immunkörpern usw. zu beobachten. Die eingehendere
Vergleichung der »patliogenen Spirochäten mit echten Protozoen, wie Sioir. cmodontae,
plicatüis und Spirochaete (Trypanosoma) halbiani., wird in morphologischer und
physiologischer Beziehung treffendere Vergleichspunkte ergeben, als die Yergleichung
mit ferner stehenden Organismen, z. B. Trypanosomen.
Nachtrag während d e r K o r r e k t u r : Bkeinl und Kingiiorn senden dem
Verf. die Druckbogen einer Arbeit „the experimental study of the parasite of the
African tick fever" die als Memoir der Liverpooler „School of Tropical Medicine"-
erscheinen wird. Sie haben die Frage, ob Sjm'ochaeta Obermeieri und die Spirochäte
des Afrikanischen Zeckenfiebers identisch seien, dadurch im negativen Sinne gelöst,
daß sie Affen (Maeacus rhesus) und Ratten, nachdem diese einen Anfall von euro-
päischer Recurrens überstanden hatten, mit afrikanischem Zeckenfieber infizierten:
diese Tiere erkrankten regelrecht. Ebenso schützte die aktive Immunität nach
Zeckenfieberinfektion nicht gegen Recurrens. Die beiden Krankheiten sind also zu
trennen und die Bezeichnung der Spirochaeta des Zeckenfiebers als Spiroehaeta
dutto7ii besteht zu Recht.
Ebenso kann ich hinzufügen, daß das Immunserum, das Novy und Knapp mit
ihrem Spirochätenstamm bei Ratten erzielten, gegen einen Stamm echten afrikani-
schen Zeckenfiebers wirkungslos war, daß jener Stamm also ebenfalls von diesem
verschieden und wahrscheinlich Spirochaeta Obermeie^'i ist (s. o.).
Literatur.
(Siebe auch diesen Band 1. Teil S. 191.)
1905 BoKELL u. Marchoux, Argas et spirilles. Comptes rend. Soc. Biol. 25./II.
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1906 Zettnow, Geißeln bei Hühner- und Recurrens-Spirochäten. Deutsche med. Wchschr.
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1906 Derselbe, Färbung und Teilung bei Spirochäten. Zeitschrift f. H3'giene. 52. Bd.
S. 485.
Tropisclie wßd subtropische Yiehseuclieii.
Von
Marinestabsarzt Dr. L. Sander
und Schlaclithofdirektor Oberveterinär a. D. Dr. Hennig.
Obwohl unter den Yiehseuchen, die den Tropen und Subtropen eigentümlich
sind, bis jetzt nur eine einzige bekannt ist, die mit Sicherheit ihr Homologen unter
den Tropenseuchen des Menschen hat — die Trypanose — , so sind sie doch you so
gi-oßem Einfluß auf die Lebenshaltung des Menschen, daß ihre Besprechung in
diesem Handbuch wohl einen Platz verdient. Sie gerade bestimmen mit in erster
Linie, wie »sich die AVirtschaftsform der Menschen an der gegebenen Örtlichkeit ge-
staltet, d. h. sie bedingen vielfach sowohl die Art der' Ernährung, wie die Art des
Anbaus und Verkehrs. Außerdem bilden diejenigen unter ihnen, bei denen die
Übertragung durch Zwischenwirte ^) stattfindet, die beste Grelegenheit, die Vorgänge
zu studieren, die bei dem Wirtswechsel der Parasiten auftreten. Daher bilden
gerade sie die Brücke, über die wir einst zu einer vollen Einsicht auch in die
Blutparasitenkrankheiten des Menschen gelangen werden.
Dementsprechend werden wir im Nachstehenden mehr diese Seiten der tropi-
schen Viehseuchen berücksichtigen: also Überträger und Übertragungsart, Parasiten
imd deren Verhalten, Schutzimpfungen und Bekämpfung der Überträger; dagegen
werden wir das eigentüche Krankheitsbild und die zumeist ohnehin aussichtslose Be-
handlung der einmal ausgebrochenen Seuche nur kurz skizzieren.
Die wichtigsten dieser Seuchen sind:
1. Die durch Trypanosomen veranlaßten, die Trypanoseu. 2)
2. Die durch Babesien (Piroplasmata) bedingten, vielfach als „Tiermalaria"
bezeichneten.
^) Dieser Ausdruck ist eigentlich unzutreffend und ich. wende ihn hier nur an, weil
diese Bezeichnung durch R. Koch und seine Schule bei uns Deutschen vielfach Eingang-
gefunden hat; in den weiteren Ausführungen werde ich dafür die richtige Bezeichnung
„Wirte der Parasiten" gebrauchen. Denn in den übertragenden Insekten findet sich die
(ieschlechtsform der Parasiten — ■ soweit die Entwicklung bekannt ist — , im Warm-
blüter dagegen nur die ungeschlechtliche Form der Fortpflanzung der Parasiten. Daher
sind die Warmblüter in Wahrheit die Z wische nwirte, die Insekten die eigentlichen Wirte.
^) So sage ich mit Bqigey an Stelle des richtigen, aber nahezu unaussprechlichen.
„Trypanosomiasis bzw. Trypanosomosis".
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 44
690 I^i"- I^- Sander und Dr. Hennig.
3. Einige, bei denen der Erreger noch nicht sichergestellt ist : südafrikanische
Pferdesterbe, Heart- water, Grallseuche ^) und
4. Rinderpest.
I. Trypanoseii.
Von
Dr. L. Sander.
Es kommen davon bei Säugetieren 2) eine ganze Anzalil in den Tropen und
Subtropen vor, deren jede man sich bis vor kurzem als auf einen bestimmten Erd-
teil beschränkt vorstellte ; die neuesten Untersuchungen haben aber sichergestellt, daß
diese Anschauung, für Afrika wenigstens, nicht zutrifft, und. zugleich, daß sich
diese, ich will einmal sagen Lokaltrypanosen, in tropische Gegenden verschleppen
lassen, in denen sie bis dahin unbekannt waren.
Gemeinsam ist ihnen allen, daß sie durch Blutparasiten, Arten -der Familie
Trypanosoma^) Gkuby, aus der Klasse der Flagellaten, bedingt und mit Ausnahme
einer einzigen — diese durch Kontakt — durch lebende Überträger von den
kranken auf gesunde Tiere verbreitet werden. Ferner lassen sich alle durch künst-
liche Überimpfung auf empfängliche Tiere übertragen ; ja die Reihe der für künst-
liche Infektion empfänglichen Warmblüter ist beträchtlich größer als die derer, die
der natürlichen Erkrankung verfallen. Die künstliche Infektion ist wirksam von
der Blut- und Lymphbahn aus: d. h. infektiöses Material auf Wundstellen, in die
Bauchhöhle oder die Blutgefäße eines gesunden empfänglichen Tieres gebracht,
läßt dieses Tier an der entsprechenden Seuche erkranken.
Wenn ich sage, daß mit Ausnahme der einen Form die anderen Trypanosen
sämtlich durch Insekten übertragen werden, so stimmt das nicht in vollem Umfange;
wohl aber kann man behaupten, daß bei den Formen, für die der Überträger noch
.nicht sichergestellt ist, alle anderen Entstehungsursachen aufs äußerste unwahr-
scheinlich sind.
Übersicht über die einzelnen Trypanosen.
Die einzelnen in Betracht kommenden Seuchen sind, nach dem Datum der
Entdeckung ihrer Erreger, für welche in der neuesten Zeit von Luhe (vgl. Bd. III
S. 92 u. ff*) die Bezeichnung Trypanozoon vorgeschlagen worden ist, geordnet, die
folgenden :
1. Surrah,^) Erreger entdeckt 1880 von Gkiffih Evai^s bei Pferden, Maul-
eseln und Kamelen in Indien: Trypanosoma evansi Steel (1895).
2. Dourine, ansteckende oder bösartige Beschälkrankheit; Erreger zuerst
(unklar) beschrieben von Chauvrat 1892; eingehend und genau von Rouget 1896
in Algier: Tryioanosoma equiperdmn Doflein 1901 (== rougeti Lavera^^ et
Mesnil 1901).
•*) Unter diesem Namen werden in Südafrika verschiedenartige Seuchen bezeichnet;
Theiler nennt z. B. die Krankheit der Rinder, bei denen er sein Trypanosoma gefunden
hat, (ralziekte; andererseits bezeichnen Edington und Lotjnsbury eine sicher durch Zecken
von heartwaterkrankem Kleinvieh auf Kinder übertragene Seuche mit diesem Namen.
") ich berücksichtige hier nur die wirklich seuchenhaft auftretenden Trypanosen
der vierfüßigen Haustiere.
'') Vgl. Änderung der Nomenklatur bei Lühe's Beitrag Bd. III S. 92 ff.; ich behalte
hier noch die alte Bezeichnung bei.
*) Ich schreibe Surrah mit einem Schluß h. weil nach mündlicher Mitteilung des
Geh. Reg.-Rats Dr. F. Stuhlmann, Amani, Deutsch-Ostafrika, dies die richtige indische
Schreibweise ist.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 691
3. Nagana, Tsetsek rankheit, Malaclie de Mouche, Erreger entdeckt von
David Bkuce 1895 bei Pferd, Rind, Hund usw. in Zululand: Trypanosoma hriicei
Flimmer u. Bradford 1899.
4. Mal de Caderas, Maladie de la Croupe; Erreger ziemlich gleichzeitig
entdeckt von Elmassian und Voges in Paraguay und Argentinien bei Pferden:
Trypanosoma equinum Voges 1901.
5. Trypanose vom Gambia; Erreger entdeckt von Dutton und Todd
bei Pferden am Gambia 1902: Trypanosoma dimorphon Dutton et Todd 1904.
6. Galziekte, Spezifische Einderseuche in Südafrika; Erreger entdeckt von
Theiler 1902 : Trypanosoma theileri Laveran 1902.
7. — ; Erreger von Theiler unter denselben Umständen 1902 gefunden, wie
Nr. 6: Trypanosoma iransvaaliense Laveraüt et Theiler 1902. (Dürfte wohl mit
6 identisch sein [s. Lühe's Ausführungen über die Trypanosomen in diesem Buch].)
8. — ; Erreger von Lingard 1903 bei Rindern in Indien gefunden, die früher
mit Iryp. evansi (Tryp. leivisi?) geimpft worden und gesundet waren: Trypano-
soma giganteum Lingard 1903. Zweifelhaft ob pathogen.
9. Küstentrypanose von Kamerun; Erreger von Ziemann 1902 bei
Kleinvieh und Rindern an der Küste Kameruns gefunden: Trypanosoma vivax
Zibmann 1902.1)
Yon diesen neun Trypanosen stehen sich die Erreger von 1, 2, 3, 4, 5, 9
morphologisch sehr nahe, so daß sie nach dem bloßen Anblick von ungefärbten
oder selbst gefärbten Präparaten nur schwer oder gar nicht zu unterscheiden sind.
Die Unterschiede in der Erscheinung wechseln nämlich vielfach, und zwar sind die
Verschiedenheiten nach der Herkunft, d. h. je nach dem Warmblüter, dessen Blut
sie entnommen sind, für ein und dieselbe Ai-t oft größer als die für verschiedene
Trypanosomenarten aus derselben "Warmblüterart. Daß es sich aber um wirklich
verschiedene Trypanosomenarten handelt, ist daraus zu entnehmen, daß die Im-
munität eines Warmblüters gegen die eine dieser zehn Arten nicht gegen die Er-
krankung an einer der anderen neun schützt (Laveran u. Mesnil). Freilich lassen
die neuesten Beobachtungen Panse's in Deutsch-Ostafrika über den außerordent-
lich großen Wechsel in der Virulenz selbst der bei genuiner Nagana vorhandenen
Trypanosoina 6r^(ce^- Stämme auch dieses Unterscheidungskriterium nicht mehr als
völlig genügend erscheinen.
Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, daß noch verschiedene dieser
„guten Arten" — speziell der afrikanischen — zusammengelegt werden müssen, wie
es schon bei einigen ursprünglich für verschieden gehaltenen geschehen ist. (Für
alle diese Fragen, sowie für die allgemeine Morphologie usw. verweise ich auf
Lühe's Beitrag und beschränke mich hier nur kurz auf das Bild, das die direkte
Blutuntersuchung des erkrankten Tieres gibt.)
Die Trypanosomen von Nr. 6 und 7, theileri und iransvaaliense dürften
wohl gleichfalls nur eine Art, das letztere nur eine Jugendform des ersteren
darstellen. Beide weichen von der ersten Gruppe am auffälligsten durch ihre
Größenverhältnisse ab : Tryp. theileri ist bedeutend länger und breiter ; Tryp. tratis-
^) Zu diesen Seuchen gehört eigentlich auch die afrikanische Schlafkrankheit, Er-
reger Trypanosoma gambiense Dutton 1902 (gesehen 1901 von Forde, richtig erkannt
Ende 19U1 von Dutton); da diese Krankheit aber von Mense in diesem Buch eine be-
sondere Bearbeitung gefunden hat. übergehe ich sie hier. Auch die Rattentrypanose,
verursacht durch Trypanosoma lewisi Kent 1881 ziehe ich nicht in den Bereich meiner
Besprechung, weil sie nur bei Hatten beobachtet und nicht auf nutzbare Tiere über-
tragbar ist; außerdem dürfte ihr Erreger wohl den seuchenhaften obengenannten Trypa-
nosomen sehr viel ferner stehen als diese untereinander.
44*
692
Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
vaaliense erli.eblich breiter, während die Länge in weitem Umfange schwankt. Bei
transvaaliense liegt außerdem der Blepharoplast dicht hinter dem Kern.
Tryj). giganteum Lingakd ist stets nur einzeln gefunden worden und weicht
in seinem Äußeren wesentlich von allen anderen Arten ab (s. Abbildung 1). Da es
nur bei Tieren gefunden worden ist, die an Surrah krank gewesen waren, sich aber
in deren Blut nie gleichzeitig mit Trijp. evansi fand, liegt wohl die Deutung
nahe, daß es eine Involutions- oder Teratomform dieses Trypanosomas darstellt.
Abbildo-. 1.
Zwei Exemplare von Trypanosoma giganteum.
Aus derselben Kuh am 13. Juni und 2. September 1893 entnommen. Größe 22,24 mal
die eines roten Blutkörperchens. Nach Lingaed, Centralbl. f. Bakter. 35. S. 238.
Erscheinung der Trypanosomen im lebenden Blute.
Im lebenden Blute erscheinen die Trypanosomen der ersten Gruppe als mehr
oder minder lebhaft bewegliche, schlanke, spindelförmige, farblose „Würmchen" vou
etwas stärkerem Lichtbrechungsvermögen als die roten Blutkörperchen. Die Be-
wegungen sind von zweierlei Art : erstens eine schraubenförmige, mit einer Drehung
des ganzen Protozoons um seine Längsachse einhergehende, bei der die Geißel
"peitschende und der Flimmersaum, d. i. die undulierende Membran, wellenförmige
Bewegungen macht, während der Körper Zusammenziehungen ausführt, die in
wechselnden Verdickungen und Streckungen iliren Ausdruck finden und die den
FlageKaten meist mit dem Geißelende voran — aber auch nicht ganz selten in um-
gekehrter Eichtung — vorwärtstreiben. Zweitens eine Bewegung, wie sie eine zu-
sammengebogene und wieder auseinanderschnellende Feder darbietet.
Beide Bewegungen erfolgen mit solcher Kraft, daß die Blutkörperchen im
Wirbel durcheinander und beiseite geworfen werden.
Mit dem Absterben der Trypanosomen werden diese Bewegungen immer
träger, bis sie ganz erlöschen.
Im gefärbten Präparat erscheinen die Trypanosomen meist S-förmig gekrümmt,
so daß Geißel und geißelloses Ende nach entgegengesetzten Seiten zeigen.
Die Parasiten liegen in dieser Form meist frei im Blutplasma. Doch kann
man stets auch eine größere Anzahl von ihnen mit ihren hinteren (= geißellosen)
.Enden an rote Blutkörperchen angeheftet sehen. Im frischen Blut gehen sie oft
an solche heran, pendeln an ihnen hin und her und lassen sie auch wieder frei.
An weißen Blutkörperchen sieht man sie im allgemeinen nicht ; doch ist von ver-
schiedenen Autoren richtige Phagocytose beobachtet worden, wobei der Parasit von
dem geißellosen Ende her aufgenommen wird. In einem meiner Präparate, leider
Tropische und subtropische Viehseuchen. 693
nur einem gefärbten, habe ich aber auch einen Lymphocyten, aus dem nur noch
die hintere Hälfte des ganz blassen Trypanosoma herausragt.
Außer den Flagellaten formen finden sich aber im kreisenden Blut und den
blutbereitenden Organen, wie es scheint bei künstlich infizierten Tieren etwas
häufiger als bei natürlich erkrankten, auch die „amöboiden Formen" (Flimmer und
Bradford) ; ferner stark lichtbrechende Gebilde von rundlichem oder ovalem Umriß
mit ein oder zwei rundlichen oder stäbchenförmigen Chromatinansammlungen ; sie
sind von einer scharf konturierten Hülle umgeben, haben hyalines oder gekörntes
Protoplasma imd nicht selten kernrot gefärbte kurze oder längere von den Chromatin-
haufen ausgehende fädige Anhänge. Diese Formen werden vielfach als Degenerations-
formen (Agglomerationskugeln Laveran und Mesotl's) gedeutet, könnten wohl aber
auch Dauerformen darstellen oder zu der Entwicklung im definitiven Wirt in Be-
ziehung stehen.
Weiter sind zu erwähnen die Rosettenformen, namentlich dann häufig, wenn
die Lebenski^aft der Trypanosomen im Blut, das außerhalb des Körpers aufbewahrt
und mit agglutinierenden Zusätzen versehen wird, schon nachzulassen beginnt. (Das
Nähere s. bei Luhe.)
Für verschiedenen Ursprungs davon halte ich die „Konjugationsformen"
Plimmer's und Bradford 's, bei denen nur zwei Trypanosomen mit ihren Hinter-
enden verbunden sind und die meist geradlinig, eins in der Fortsetzung des anderen,
mit ihren geißellosen Enden so eng miteinander verschmolzen sind, daß auch die
beste Färbung keine Grenzlinie zwischen beiden zeigt. Ich habe sie stets auch bei
genuinen Krankheitsfällen, in ziemhch großer Menge (im Verhältnis zu den Einzel-
formen) dann gefunden, wenn die Trypanosomen neu oder aufs neue im Blut zu
erscheinen begannen, stets mit Teilungsformen zusammen und halte sie für das
letzte Stadium der Längsteilung.
Als sichere Vermehrungsform habe ich bei genuinen Fällen nur Längsteilung
gesehen und zwar eine solche, die ich als eine gleichmäßige oder fast gleichmäßige
bezeichnen muß, so daß die beiden Tochtertrypanosomen einander an Größe ganz
oder nahezu gleich sind.
Von anderen Autoren wird aber auch eine Querteiiung (Flimmer und Brad-
ford u. A.) beschrieben und ferner angegeben, daß zur Zeit reger Vermehrung auch
multiple Längsteilungen vorkämen, d. h. daß die Tochterzellen schon wieder in
Teilung eintraten, ohne daß sie von der Mutterzelle sich völlig abgetrennt hätten.
Die Zahl von drei bis vier bei solcher Teilung noch in Zusammenhang bleibender
Einzelformen soll aber nicht allzu häufig überschritten werden.
Auch die Segmentation, die Bildung einer größeren Anzahl von Kernen und
Blepharoplasten innerhalb des rundlich lappig geformten Plasmaleibes durch fort-
gesetzte Kernteilungen habe ich nicht beobachten können. Es soll hierbei stets ein
Restkörper zurückbleiben, der dem Verfall anheim gegeben ist. i)
Alle diese Beobachtungen, man mag sie deuten, wie man will, beweisen aber,
daß es im Blute des Warmblüters keine geschlechtliche Fortpflanzung der
Trypanosomen gibt, sondern nur eine ungeschlechtliche. Dagegen kann man an
den Trypanosomen verschiedene Typen unterscheiden, die ich mit Ziemann-
ScHAUDiNN als männliche, weibliche und geschlechtlich indifferente deute. Das
wies allein schon dai-auf hin, daß ein ähnlicher Fortpflanzungszyklus wie für die
Malariaprotozoen auch für die Trypanosomen anzunehmen sei. Die Beobachtung,
^) Aus den Beschreibungen der Autoren habe ich nicht immer klar ersehen können,
was unmittelbar nach der Entnahme des Blutes — also gewissermaßen im lebenden
Blute — und was bei längerem Beobachten in der feuchten Kammer von diesen Formen
beobachtet worden ist; meine eigenen Angaben gelten für ganz frisch entnommenes Blut.
694 i^r- L. Sander und Dr. Hennig.
daß die natürliche Verbreitung der (acht) afrikanischen Trypanosen nur durch eine
ganz bestimmte Fliegengattung, die Tsetsen (Glossinae Wiedemannj geschieht, mußte
diese Fliegen als die eigentlichen Wirte, in denen die geschlechtliche Entwicklung
der Trypanosomen vor sich geht, vermuten lassen.
R. Koch gibt in Nr. 47 der Deutschen medizinischen Wochenschrift vom
23. November 1905 an, daß er einen Entwicklungsgang der Trypanosomen in der
Tsetse 1905 beobachtet hat ; doch ist es ihm nach dieser vorläufigen Mitteilung noch
nicht gelungen, dessen voUen Verlauf festzustellen, i) (Vgl. S. 643.)
Damit dürfen Avir voraussetzen, daß es auch für die Trypanosomen im Warm-
blüter nur bis zur Bildung von Makro- und Milirogametocyten kommt, die sich erst
beim Austritt aus dem Warmblüter in den Fliegenleib zu Makro- und Mikrogameten
entwickeln. Der weitere Gang dürfte dann wohl nach Analogie der Schaudinn-
Prowazek' sehen Feststellungen bei Spirochaeta ziemanni und TryiMnoso^na muscae
domesticae: Ooc^^sten-, Sporozoitenbildung , Hineingelangen dieser letzteren beim
Saugen der Fliege in das blutsaugende Tier sein.
Ob in diesem in weiterer Analogie zu den genannten Parasiten auch bei den
uns hier beschäftigenden Trypanosomen ein Wechsel zwischen den an Nährzellen
festhaftenden, „würmchen"- = gregarinenähnhchen Stadien und geißeltragenden,
trypanosomagleichen, beweglichen Formen in Wirt und Zwischenwirt stattfindet,
wäre noch festzustellen. Mir will nach dem, was ich an einigen wenigen eigenen
in Afrika zu sehr früher Morgenstunde entnommenen Blutproben gesehen habe,
nicht unwahrscheinlich erscheinen, daß Entnahme zu noch früherer Stunde ähnlich
wie ScHAUDiKN es bei dem Kauz gesehen hat, auch bei diesen Säugetiertrypanosen
solche gregarinenähnliche Formen uns kennen lehren wird.
Die Entnahme des Blutes zur Untersuchung auf Trypano-
somen und die Behandlung der Präparate geschieht im wesentlichen nach den
für Malaria gültigen Vorschriften, auf die ich hiermit verweise. Als Entnahmestelle
wird bei den Haustieren gewöhnlich das Ohr gewählt; bei Dourine (s. dort) ent-
nimmt man die zu untersuchende Gewebsflüssigkeit besser den Quaddeln. Ich
möchte aber empfehlen, an Stelle des Ohres gelegentlich auch andere Stellen zu
wählen; wenigstens ist es mir so vorgekommen, als ob man mehr Aussicht hätte
Trypanosomen im Blute des Rumpfes — z. B. auf dem Schulterblatt — zu finden,
wenn nur wenig davon im Blute kreisen.-) Größere Blutmengen werden in be-
kannter Weise mit der Kanüle aus den größeren Venen entnommen.
Künstliehe Übertragung.
Die künstliche Übertragung der Trj^panosen auf gesunde Tiere kann
durch Aufbringen des kranken Blutes auf jede Wunde oder oberflächlich wunde
Stelle zustande kommen. Da aber dieser Weg nicht zuverlässig ist, vollzieht man
die Infektion gewöhnlich durch subkutane, oder durch intravenöse, oder durch intra-
peritoneale Einimpfung; am häufigsten kommen subkutane und intraperitoneale
Impfung zur Verwendung. Bei ersterer dauert die Inkubation gewöhnlich länger als
bei der intravenösen, bei dieser wieder etwas länger als bei der intraperitouealen.
Letztere ist auch die sicherste Methode.
^) Schon früher hat Ziemann eine einzelne darauf hinweisende Beobachtung mit-
geteilt.
^) Für die Entnahme der Cerebrospinalflüssigkeit und Untersuchung des Blutes bei
Schlafkrankheit siehe dort. Das Centrifugieren trypanosomenarmen Blutes empfiehlt sich
gelegentlieh auch bei den tierischen Trypanosen. — Färbung, Verhalten der Trypano-
somen in der Leiche, Einwirkung von Zusätzen zum Blut und verschiedeneu Temperaturen
auf die Trypanosomen, Züchtung usw. siehe bei Luhe.
Tropische und subtropische . Viehseuchen. 695
Die Menge der übergeimpften Parasiten scheint für die Schwere der Er-
lo-ankung ohne Bedeutung zu sein, ebenso der Ort und die Art der Impfung; da-
gegen wird die Inkubationsdauer in der Weise beeinflußt, daß sie um so kürzer
wird, je mehr Parasiten übergeimpft werden und je lebenskräftiger diese sind.
Einen noch ausschlaggebenderen Einfluß aber äußert die in ungemein weiten Grenzen
schwankende Virulenz der einzelnen Trypanosomenstämme (natürlich derselben
Trypanose) in dieser Beziehung.
Natürlietie Infektion und Überträger.
"Wie die natürliche Infektion zustande kommt, wissen wir nur für drei Try-
panosen mit Sicherheit: für die menschliche Schlafkrankheit (s. dort), die
N a g a n a oder Tsetsekrankheit und die S u r r a h (auf den Phlippinen und Mauritius,
noch nicht sicher für Indien). Es handelt sich in allen drei lallen um Stechfliegen
und zwar bei den beiden ersten Seuchen um Tsetsen^) ("G/ossmae WiEDEMANisr), im
zweiten Stonioxysa.vten. {= Wadenstecher), also sehr nahe Verwandte der Tsetsen.
Die Tsetsen sind auf Afrika beschränkt, die Wadenstecher aber Weltbürger.
Für die Nagana hat David Bkuce schon 1895 den Nachweis geführt, daß
die Tsetsen der Morsitansgruppe (s. weiter unten) die Üerträger sind. 1905 ist
es R. Koch (Brief vom 3. Juli in der „Köln. Zeitung" veröffentlicht) gelungen
festzustellen, daß der geschlechtliche Entwicklungsgang des Trypanosoma brucei
in diesen Tsetsen Avirklich stattfindet, eine Theorie, die ich auf Grund meiner Be-
obachtungen an genuinen Fällen gegen Koch schon seit Anfang 1902 vertreten habe.
Da in diesen Gegenden der Tsetsekrankheit die menschliche
Schlafkrankheit aber nicht vorkommt, sondern sich nur da findet
wo es (infizierte) Glossinae palpales gibt,^ so muß man annehmen,
daß nicht jede Tsetsenart jede Trypanose übertragen kann, zum;
mindesten nicht auf jeden Warmblüter. Es wird also gerade nach
der jüngsten Kocn'schen Feststellung zu untersuchen sein, welche
Tsetseart den Wirt für die Trypanosomen der verschiedenen
Säugerordnungen, -Familien und -Gattungen darstellt.
Für die Surrah ist auf den Philippinen 1902 durch Curry die Stomoxys
calcitrans (?) L. als Überträger nachgewiesen und von Musgrave und Clegg be-
stätigt; auf Mauritius geschieht die Übertragung dieser Seuche nach Daruty de
Graxdpr:^ durch Stomoxys nigra. In Gegenden des ostlichen Afrikas, die mit
Indien in engem Verkehr stehen, und wohin auch lebendes Vieh von Indien oftmals
eingeführt wird, haben schon Livingstone und Merensky, in neuerer Zeit ich
und dann Brauer Beobachtungen gemacht, die darauf hinweisen, daß auch hier
eine der Stomoxys calcitrans zum mindesten sehr ähnliche Stomoxysart als Über-
trägerin einer Trypanose betrachtet werden muß. Nach meinen Präparaten — leider
nur gefärbten — und dem regen Verkehr dieser Gegenden mit Indien stehe ich
nicht an, diese Trypanose, die stets schleppender verläuft als die Nagana, für indische
^) An Stelle von „Tsetse" „Tsetsefliege" zu sagen, halte ich für einen Pleonasmus.
Denn tse-tse ist wohl nichts anderes als das Bantuwort nsi = Fliege, verdoppelt nach
Bantubrauch, um den Europäer nachdrücklich aufmerksam zu machen, und zwar um die
Lesutoform dieses Wortes „ntsi". Übernommen ist die Bezeichnung tse-tse nach Capt.
Richard Crawshay (bei Aasten, Monograph) von den ßasutodienern der ersten Europäer,
die mit Tsetsen in Berührung kamen. Das (betonte!) Vorschlags n lassen auch heute
noch viele Europäer fort, die anfangen ßantusprachen zu sprechen ; und das e mit accent
aigu ist Livingstone's Schreibweise für das lange Bantu-I am Schluß der Worte. Geradezu
spaßig ist übrigens Stanley's Deutung des Kiseguhawortes für Tsetse kipäänge = kleines
Schwert! Schwert heißt pange, die Fliege in ihrer ursprünglichen Wortform aber
(Ki)palange !
696 d"- ^- Sander und Dr. Hbnnig.
Surrall zu erklären. Eine weitere Stütze erhält diese Ansicht dadurch, daß Yallee
und Paotsset in Alfort festgestellt haben, daß die Mbori Cazalbou's im Sudan
identisch mit Surrah ist. Daß Koch bei seinem ersten Aufenthalt in Deutsch-
Ostafrika die von ihm dort gesehenen Trypanosomen für identisch mit denen
der Surrah — und Koch kam gerade von Indien nach Ostafrika — hielt, kommt
auf dasselbe heraus. Es würde denn also auch in Ostafrika die Surrah durch Sto-
moxiden übertragen.
In Indien selbst werden von den Eingeborenen zwei Bremsenarten, Tabanus
tropicus und lineola,^) beschuldigt, die Surrah zu verbreiten. Rogers gibt an, daß
es ihm gelungen sei, auf diese Weise Hunde und Kaninchen mit Surrah zu infi-
zieren. Dies gelang aber nur, wenn die Bremsen unmittelbar nach dem Saugen
auf einem kranken Tier ein gesundes angingen. Und damit halte ich die Rolle der
Bremsen als natürliche und allgemeine Verbreiter einer Trypanose für ausge-
schaltet. Solch unmittelbares Nacheinandersaugen auf krankem und gesundem
Tier stellt eben nur eine mechanische Übertragung vor und kann gelegentlich
wohl von jedem stechenden Insekt besorgt werden. Im natürlichen Verlauf wird
aber ein Angehen eines zweiten Tieres, nachdem das Insekt einmal auf dem ersten
zu saugen begonnen hat, die Ausnahme bilden imd nicht die Regel; denn in der
Regel saugt sich eben der Blutsauger an einem Tier bis zur Sättigung voll. Aus
diesem Grunde halte ich auch alle bisherigen Versuche, die alle — auch die klassi-
schen Bruce's — in der Weise angestellt wurden, daß man entweder die Fliegen
vor voller Sättigung abnahm und gleich auf ein anderes Tier setzte oder ohne sie
inzwischen, nach dem infizierenden Saugakt, wieder saugen zu lassen, aufs neue
ansetzte, für verfehlt. Es kam stets nur die Wirkung eines einzigen Saugens ziu*
Geltung, während die Trypanosomen zu ihrer Entwicklung zweifellos ebenso wie
die Fliege in bestimmten Zwischenräumen die Zufuhr neuen Blutes zu ihrer Er-
nährung bedürfen. Und weil dies nicht beachtet wurde, konnte auch, wie es ge-
schehen, aus den früheren Versuchen der Schluß gezogen werden, daß in den
Fliegen keine Weiterentwicklung der Trypanosomen vor sich gehe,
sondern daß die Übertragung nur eine mechanische sei; und das trotz aller
zwingenden Hinweise, daß es anders sich verhalten müsse.
Bei den Bremsen ist übrigens die Möglichkeit einer mechanischen Übertragung-
größer, als bei anderen Stechfliegen: sie brauchen entsprechend ihrer Größe sehr viel
mehr Blut zur Sättigung und ihr Stich schmerzt infolge des starken Rüssels viel stärker ;
sie werden also eher vor voller Sättigung verjagt werden, als andere Stechfliegen.
Jedenfalls wird man aber nicht fehlgehen, wenn man den Schluß zieht, daß
auch in Indien eine Stechfliege die Surrah verbreite, weil dies auf den Philippinen,
auf Mauritius und höchstwahrscheinlich auch in Afrika geschieht. Lingard's Be-
hauptung, daß die Verbreitung der Surrah in Indien durch Futter und Wasser ge-
schehe, wird man dagegen, vor allem nach Koch's Feststellung von einer Entwick-
lung des Trypanosomas im • Fliegenleibe, nunmehr als abgetan ansehen dürfen.
Beim Mal de Caderas ist ein Überträger noch nicht sicher bekannt. Da
aber die Seuche nach guten Beobachtungen mit einem großen Sterben unter den
Capybaras (Wasserschweinen) vergesellschaftet zu sein pflegt, wird man wohl auch
hier einen belebten Überträger voraussetzen dürfen. Voges beschuldigt die „Mosca
brava", eine Stomoxysart, Lignieres, Elmassian und Migone haben „Garräpatos"
= Zecken in Verdacht.
^) Von den Bremsen saugen nur die Weibchen Blut; von den Tsetsen und Waden-
stechern beide Geschlechter.
Tropische und subtropische Viehseuchen.
697
Die Dourine soll, wie ihr deutscher Name „bösartige Beschälkrankheit" an-
deutet, nach EouGET ausschließlich durch den Zeuguagsakt übertragen werden.
Es würde sich also um eine mechanische Übertragung, Infektion der beim
Zeugungsakt eintretenden Schleimhautrisse handeln.
Ähnliche mechanische Übertragungen durch Wundsekret, Blut usw. auf Wund-
stellen gesunder Tiere sind, wie schon gesagt, natürlich auch bei den anderen Try-
panosen möglich.
Für das Trypanosoma theileri nimmt Theilek Verbreitung durch die „Pferde-
fliege", die in Südafrika sehr häufig ist, Hippobosca rubropunctata, an. Für Tryp.
transvaaliense und giganteum sind noch keine Überträger bekannt (falls transvaaliense
nicht mit theileri identisch ist).
Das Wahrscheinlichste dürfte Avohl sein, daß alle Trypanosen ihre natürliche
Verbreitung durch Fliegen finden, und zwar am wahrscheinlichsten durch solche
der Unterabteilung Stomoxys Bkauek u. v. Bergenstamm der Muscinae. Denn die
Genera Stomoxys und Glossina gehören beide zu ihr.
Abbildg. 2.
^^>^
Glossina morsitans Westw. in Ruhestellung. Nach der Natur.
A. 6:1. B. Natürliche Größe.
Glossinae Wied. (Tsetsen).
Die Unterabteilung Ä^omoa^^/^^ae der Abteilung Muscinae {nach Musca domesticah.
die Stubenfliege) gehört zu der jüngeren und höher entwickelten Unterordnung der
Insektenordnung der Zweiflügler (Diptera), die als Schizophora schizometopa (Beauer
698
Dr. L. Sandee und Dr. Hennig.
und V. Bergenstamm) ., Stirnspaltfliegen" bezeichnet werden, i) Sie besitzen als
solche nur ein Paar Flügel, die Vorderflügel, während die Hinterflügel zu den so-
genannten „Schwingkölbchen", Kälteres, zurückgebildet sind. Ihr Brustteil (Thorax)
ist in seinen drei Teilen miteinander verschmolzen, die ursprünglichen Trennungs-
linien sind als ,,Mhte'\ Suturae, angedeutet. Die Mundteile der Unterabteilung
Stomoxys sind zum Stechen eingerichtet. Diese Fliegen machen eine vollkommene
Kopf
Squama
fil
Abbildg. 3.
Proboscis (von den Palpen umscMosseu)
' Arista
'. I r Stirn
/ / Vorder
,,„// beim .^
m.J Auge ^,
Neben- /
äugen
r—Mittleres (2.) Bein
Hinteres (3.) Bein
Tarsus
(5 gliedrig)
Schema und Bezeichnung der äußeren Gliederung von Glossina.
Adern und Felder der Flügel.
Nach AusTEN.
Längsader: la. Stützader; I. Erste, II. Zweite, III. Dritte, IV. Vierte, V. Fünfte. VI.
Sechste Längsader. Queradern: A.Vordere, ß. Hintere Querader; C. Vordere, D Hintere
Wurzelquerader. F.elder: la, Ib, Ic Erstes, zweites, drittes Costalfeld. 2. Eandfeld
(Marginal-). 3. Nebenrandfeld (Submarginal-J. 4. Discoidalfeld. 5. 6. 7. Erstes, zweites,
drittes Hinterfeld. 8. Vorderes Wurzelfeld. 9. Hinteres Wurzelfeld. 10. Analfeld.
Umwandlung durch in den drei Ständen : 1. Fußlose Larve oder „Made". 2. Töan-
chenpuppe (d. h. eine Puppe, bei der die erhärtete Madenhaut als Puppenhülle dient,
pupa coarctata) und 3, Fertige Fliege.
Zu dieser Unterabteilung gehören noch einige andere Grattungen, von denen
^) Sie sprengen die Puppenhülle durch eine Blase, die sie aus einem Stirnspalt
heraustreten lassen.
Tropische und subtropische Viehseuchen.
699
vielleicht noch die eine oder die andere als Seiichenüberträger in Betracht kommen
könnte. Sie werden heute fast allgemein folgendermaßen gruppiert:
1. Beecarhnyia Eond. ; 2. Stomoxys Geoffr. ; 3. Haemcäobia Rob.-Desv. ;
4. Lyperosia Rond. ; 5. Glossina "Wied.
Die Glossinen (Zungenfliegen, Tsetsen) unterscheiden sich von diesen ihren
Verwandten 1. durch die doppelte Fiederung der Arista des Fühlers (Ä.ntenna);
2. durch die Bildung der Mundteüe; 3. durch die Äderung der Flügel; 4. dui-ch
die BUdung der Geschlechtsteile des o^; 5. dadurch, daß sie lebendig gebären,
während die anderen Eier legen.
Sie sind von ziemlich langem und schmalem Körperbau, haben dunkel graubraune
oder gelbbraune Farbe von eigentümlich trübem Aussehen und wechseln in der Länge ')
von 7,3 bis 13 mm. Charakteristisch ist die flach wagerechte Haltung ihrer Flügel in
der Ruhestellung. Diese überragen die Hinterleibsspitze etwa um die Länge des ganzen
Hinterleibes (Abbild. 2) und decken sich dabei in ganzer Länge. Die sitzende
Fliege erscheint dadurch auffallend lang. Bei den in Alkohol eingelegten Tsetsen nehmen
die Flügel die Stellung ein, wie sie bei der (lebenden) Stubenfliege zu sehen ist. Die
Stomoxiden dagegen tragen die Flügel auch im Leben in dieser Weise.
Die Flügel der Glossinen sind stärker oder schwächer rauchgrau, aber durch-
sichtig; charakteristisch ist der Verlauf der 4. Längsader (Abbild. 3). (Die Flügel der
Stomoxiden dagegen sind glashell, der Aderverlauf ähnlich dem der Stubenfliege.)
Abbildg. 4.
Linke Antenne von Glossina pallidipes, (/, von der Innenseite gesehen.
p. Ofi"nung des Sinnesorgans am 3. Gliede.
Etwa 45 : 1. Nach Austen.
Der Kopf der Glossinen ist im Verhältnis breiter als bei der Stubenfliege, aber
schmäler als der Thorax. Die Aug-en sind groß, graubraun, oben einander etwas mehr
genähert als unten, beim o^ etwas näher aneinander als beim 9- Auf dem Scheitel stehen
drei kleine Nebenaugen (ocelli) in Kleeblattanordnung. Die Fühler sind nach unten
gerichtet und bestehen aus zwei sehr kurzen Grundgliedern und einem langen keulen-
^) Von der Stirn bis zur Hinterleibsspitze gemessen.
700 Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
förmigen Endgliede, das, wie bei den Verwandten, eine zweigliedrige starke Borste, arista,
trägt. Deren zweites längeres plattes Griied ist bei den Tsetsen, wie erwähnt, mit Doppel-
fiedern besetzt. Die Fiedern stehen nur an der Vorderseite der Arista und sind glashell
oder horngelb (Abbild. 4).
Die Mundteile bestehen bei ihnen aus drei Teilen: dem horngelben, haarfeinen,
röhrenförmigen, ungeknickten E,üssel, der an seiner Wurzel ziemlich unvermittelt in
eine zwiebeiförmige Anschwellung übergeht, die nur den Glossinen eignet, und 2. und
3. den ihn als Scheide umschließenden, flachen, an der Innenseite rinnenförmig ausge-
höhlten Palpen, die die Spitze des JRüssels noch eben überragen. Der Rüssel besteht,
wie bei allen Museiden, aus der Ober- und der Unterlippe, beide halbröhrenförmig; die
erstere zum Teil von den Wänden der letzteren umschlossen. An der Spitze beider ist
ein Schneideapparat angebracht. Der ganze Stechapparat wird in der Ruhe so eng ge-
schlossen getragen, daß die Dreiteilung nicht sichtbar ist.')
Die Haltung des ganzen Apparates ist nach den Autoren in der Ruhe wagerecht
nach vorn; ich habe ihn jedoch nur im Fluge, oder wenn die Fliegen zum Auffliegen
sich anschickten, so gesehen; bei der ruhig sitzenden Fliege dagegen stets senkrecht nach
unten gestellt.^) In der Stechstellung soll der Rüssel senkrecht, die Palpen dagegen
wagerecht stehen.
Beide Geschlechter saugen Blut (bei der ganzen Unterabteilung der Stomoxiden).
Der Thoraxrücken ist flach oder nur wenig gewölbt uud zeigt eine Quernaht
und durch eine zweite Quernaht ist ein dreieckiges „Schildchen", scutellum, von der eigent-
lichen Brust geschieden (die Hinterbrust). Der Rücken trägt eine aus vier mehr oder weniger
verwaschenen und in Flecken aufgelösten dunkel- bis schwarzbraunen Längsstreifen be-
stehende Zeichnung auf graubraunem Grunde. Die Mittellinie ist durch eine seichte
Furche ausgezeichnet, die auch das Schildchen teilt. Dieses trägt jederseits von ihr
einen dreieckigen verwaschenen braunen Fleck in der Farbe der Rückenzeichnung.
Der Hinterleib besteht aus sieben Leibesringen, ist gedrungen eiförmig und
nach vorne abgestutzt, nicht viel länger als breit und beim nüchternen Tier auf-
fallend flach gedrückt; nach dem Saugen dagegen schwillt er unförm-
lich kugelig an. Er trägt auf hellerem Grunde dunkelbraune Flecken, die im allge-
meinen so angeordnet sind, daß auf den V'orderwinkeln des zweiten Ringes je ein rund-
licher steht, während auf den folgenden vier Ringen bogenförmig je ein Paar so an-
geordnet ist, daß ein mehr oder weniger lichter Mittelstreif bleibt und die Hinterränder
der Ringe gleichfalls heller sind. Diese Zeichnung macht den Eindruck einer dunklen
Bänderung auf hellem Grunde. Die Färbung des Hinterleibes dient wesentlich mit zur
Unterscheidung der Arten, wechselt aber auch bei den einzelnen Stücken derselben
Art in recht weiten Grenzen. Der siebente Ring zeigt keine Fleckung und trägt an
seiner Unterseite beim« d^ das große Hypopygium von ovalem Umriß , das mit einer
Haftzange versehen ist und bei Ansicht von der Seite als Knöpfchen deutlich hervortritt.
Die Unterseite der Brust ist braun, stark schwarz behaart; die des Hinterleibes
braungrau mit verwaschenen dunkleren Flecken. Feine Haare stehen auch am Thorax-
und Hiaterleibsrücken. Außerdem finden sich Reihen und Gruppen von stärkeren und
schwächeren Borsten, die nach den Arten und den Geschlechtern etwas verschieden sind.
Die Beine sind ziemlich lang, die mittleren fast ebenso lang als die hinteren.
Deren Färbung ist horngelb bis ockerbraun. Die Tarsen zeigen entweder die Grund-
farbe oder sind in verschiedener Zahl und Ausdehnung dunkel- bis schwarzbraun gefärbt.
Diese Unterschiede dienen gleichfalls zur Artbestimmung.
Die Fortpflanzung geschieht nicht wie bei den anderen Verwandten durch
Eier, sondern die Tsetsen gebären lebendig. Die Larven werden normalerweise bei allen
Arten bis nahezu zur vollen Reife ausgetragen. Die Larve steht, wenn sie geboren
wird, unmittelbar vor der Verpuppung und sucht sogleich nach der Geburt einen zur
Puppenwiege geeigneten Schlupfwinkel auf und schreitet zur Verpuppung. Bei jeder
einzelnen Tragezeit wird ferner stets nur eine einzige Made entwickelt.
*) Bei den großen Arten klaffen die Spitzen der Palpen ganz wenig auseinander.
^) Im Alkohol stellen sich die Palpen wagereeht; häufig bleibt aber dann auch
der Rüssel noch senkrecht stehen und nur die Palpen nehmen die wagerechte Stellung ein.
Tropische und subtropische Viehseuchen.
701
Die Made ist bei der Geburt etwa 6 — 7 mm lang, 3,3 — 3,7 mm an der breitesten
Stelle breit, ist geringelt, besteht aus zwölf Segmenten, zeigt zwei kleine Stiftchen am
Mundende (die Mundhaken) und eine zweilippige schwarze „Haube" am zwölften Ringe.
Ihre Farbe ist gelblich, die Form kegelförmig, mit abgestutztem Hinterende ; die beiden
Lippen der Haube bilden an jeder Seite eine Hervorragung und sind durch ein Grübchen
getrennt, in dem an der Wurzel jeder Lippe je ein Stigma (Atemgrübchen) liegt.
Sobald die Made einen Schlupfwinkel gefunden hat, in dem sie sich 2 — 8^2 cm tief
eingräbt, beginnt sie sich zu verpuppen; dabei geht ihre Farbe in dunkelbraun über, die
Haube wird tiefschwarz, die Haut wird hart. Die Segmente sind nun wie durch einen
feinen Nadelritz voneinander geschieden. Am vorderen Ende ist die Fuge, in der sich
beim Ausschlüpfen der Fliege das Tönnchen öffnet, als halbmondförmige feine Furche
sichtbar, die sich nach beiden Seiten über die ersten drei ßinge hinzieht und gabelig
gespalten endet. Die Tönnchenhaut ist glatt, bei schwacher Vergrößerung fein chagriniert;
die Lippen des zwölften Ringes dagegen auch für das bloße Auge fein gekörnt (Abbild. 5).
Im übrigen gleicht die Form der Puppe der der Made.
Abbilds-. 5.
Puppe der Zululandtsetse. Rückenseite. Nach Atjsten. 9 : 1.
a. Hinterende mit Grübchen und dem rechten Stigma (der Made). b. Vorderende mit
der sich gabelnden Längsnaht, die sich beim Ausschlüpfen der Imago öffnet. 6 : 1.
Die Ruhezeit der Puppe beträgt 80—63 Tage, i) Die Fortpflanzung dürfte vor-
nehmlich in der Regenzeit stattfinden, obwohl die Puppe einen trockenen Ort zur Ent-
wicklung braucht. Zwischen den einzelnen Trageperioden des 9 vergehen, je nach der
Temperatur, 10 — 22 Tage. Nach meinen Beobachtungen scheinen bestimmte Grasarten,
die auf den trockenen Stellen des Verbreitungsgebietes der Tsetsen in lichtem Schatten
wachsen, für die Ablegestellen der Larven in Betracht zu kommen.
Auffällig ist, daß von allen Beobachtern zu fast allen Zeiten beträchtlich mehr
Männchen gefangen worden sind, als Weibchen. Ich bringe dies damit in Zusammen-
hang, daß die Weibchen sich während der Reifezeit der Made verborgen halten.
Die Tsetsen sind bis jetzt nur in Afrika beobachtet worden. Hier kommen sie
nur in den tropischen Gegenden vor und überschreiten eine bestimmte Höhengrenze, dip
^) Nach Stühlüann. Dieser hat in zwei Fällen Parthenogenesis beobachtet.
702 D^- L. Sander und Dr. Hennig.
unter dem Äquator bei etwa 1200 m liegen dürfte, nicht. (Weiter südlich und nördlich
rückt diese Grenze selbstverständlich herab, je höher die Breitengrade werden.) Nach
Norden sind sie bis etwa zum 19.°, nach Süden bis zum 27 ** 40' festgestellt worden.
Sämtliche Tsetsen meiden innerhalb ihres Verbreitungsgebietes die freien baum-
losen Steppen und die dichten Urwälder, finden sich vielmehr nur da, wo ein lichter bis
mittlerer Waldbestand vorhanden ist. Außerdem zeigen sie die Eigentümlichkeit, daß
sie im allgemeinen nur engbegrenzte Strecken, sogenannte Fliegengürtel, von oft recht
geringer Ausdehnung innerhalb ihres großen Verbreitungsgebietes, bewohnen. D. h. sie
stellen engbegrenzte Ansprüche an eine Ortlichkeit. Den eigentlichen Seestrand scheinen
sie zu meiden. Ihre Beziehung zu den Süßwasserläufen und Becken wechselt nach den
Arten; keinesfalls aber ist die alte Anschauung zutreffend, daß sie sich mit Vorliebe in
morastigen sumpfigen Gegenden aufhielten. Wo sie sich innerhalb solcher finden, bevor-
zugen sie die trockeneren Stellen.
Die Zahl der Fliegen und ihr Vorkommen wechselt nach der Jahreszeit. Am zahl-
reichsten sind sie in der Regenzeit und werden dann auch an Stellen beobachtet, wo
man sie in der Trockenzeit gänzlich vermißt. Daher rühren wohl die sich oft ganz un-
mittelbar widersprechenden Angaben der Reisenden.
Die Tsetsen stechen im allgemeinen nur bei Tage und zwar vornehmlich in
den frühen Vormittags- und späteren Nachmittagsstunden. Doch ist ihr Regesein auch
bei Nacht durchaus sichergestellt; freilich hat es sich dann stets um einzelne Fliegen
gebandelt, nicht um große Scharen, in denen sie tagsüber vielerorts auftreten.
An Arten unterscheidet man nach Austex i) acht. Ich folge ihm liier, ^\ie
in meiner ausführlichen Arbeit über den gleichen Gregenstand.
Die acht Arten kann man in zwei große Grruppen trennen: die Meineren
Formen mit sechs Arten und die größeren mit zwei. Bei den kleineren kann man
wieder zwei Untergruppen unterscheiden: die erste mit zAvei, die andere mit vier
sehr nahe miteinander verwandten Arten. Diese Einteilung hat nicht nur einen
systematischen Wert, indem sie die engen Verwandten zusammenfaßt, sondern auch
einen praktischen: es scheinen die drei verschiedenen Gruppen die Rolle als Über-
träger bei bestimmten voneinander verschiedenen Säugetierklassen zu bilden. Und
zwar ist als Überträger der Trypanose des Menschen bisher nur die 1. Untergruppe
der 1. Grruppe festgestellt. Ich bezeichne diese Gruppen nach ihren Hauptvertretern
la. Palpalisgruppe, Ib. Morsitansgruppe, 11. Fuscagruppe.
la. Palpalisgruppe.
1. Glossina palpalis Eob.-Desv. sichergestellt.
2. „ jjaWicera Austen.
Ib. Morsitansgruppe.
1. Glossina tachinoides Westw. (neueste Art).
2. „ morsitans Westw. ■» alle drei gemeinsam früher als „echte"
3. „ pallidipes Austen [ Tsetse bezeichnet. Die Unterschiede sind
4. „ longipalpis WiED. J selirgering,für den Laien kaum erkennbar.-)
n. Fuscagruppe.
1. Glossina fusca Walk, (früher tabaniformis).
2. „ longipennis Cokti.
^) Früher, 1904, in seinem „Monograph" unterschied er nur sieben Arten und
eine Varietät.
^) Es ist mir fraglich, ob es sich wirklich um „gute" Arten handelt. Herr
K. GüNSBEBG hält alle drei zusammen, wie er mir mündlich mitteilte, für nur eine Art.
Tropische nnd subtropische Viehseuchen. 703
AusTEN gibt folgenden Schlüssel zur Unterscheidung der Arten :
1. Hintertarsen dunkel oder wenigstens alle ihre Glieder stärker oder
schwächer dunkel. (Beim 9 von Gl. tacJiinoides sind die "Wurzel-
hälfte des ersten Gliedes und die ersten folgenden zwei Glieder
unmittelbar an der Wurzel gewöhnlich hell) 2
Hintertarsen nicht völlig dunkel, nur die letzten beiden Glieder
dunkel, das übrige hell 4
2. Grundfarbe des Hinterleibes ockerhornfarben, mit unterbrochenen
dunkelbraunen Querbändern und scharf abgesetzten hellen Hinter-
rändern der Segmente; ein sehr auffälliges, quadratisches oder
rechteckiges helles Eeld in der Mitte des zweiten Segments;
kleine Art nicht über 8 mm lang (ohne ßüssel gemessen), c/' be-
trächtlich kleiner tachinoides Westwood.
Hinterleib nicht derartig gezeichnet, sehr dunkel, die Hinterränder
der Segmente wenn lichter, dann nur in äußerst schmaler Aus-
dehnung und aschfarben; ein helles, gewöhnlich dreieckiges Feld
in der Mitte des zweiten Segments, seine Spitze nach hinten
gerichtet und durch einen aschfarbenen Mittelstreifen fortgesetzt :
größere Arten 3
3. Drittes Antennenglied rauchbraun bis schwärzlich aschgrau
palpaliS, ßoBINEATJ-DESVOIDY.
Drittes Antennenglied hell (orangefarben) pallicera, Bigot.
4. Große Arten: Länge wenigstens 11 mm, Flügelspannweite (von
Flügelspitze zu Flügelspitze gemessen, wenn die Flügel recht-
winklig zum Körper gestellt sind) wenigstens 25 mm .... 7
Kleinere Arten: Länge selten bis 11 mm, oft beträchtlich geringer;
Flügelspannweite nicht über 25 mm 5
5. Die letzten beiden Glieder der Vorder- und Mitteltarsen mit scharf
abgesetzt dunkelbraunen oder schwarzen Spitzen 6
Die letzten beiden Glieder der Vorder- und Mitteltarsen ohne scharf
abgesetzt dunkelbraune oder schwarze Spitzen; Vorder- und
Mitteltarsen vollständig gelb, oder wenigstens die letzten beiden
Glieder der ersteren mit hellbraunen Spitzen .... pallidipes Austen.
6. Im allgemeinen deutlich größer; Kopf breiter; Stirn dunkler und
schmaler bei beiden- Geschlechtern, Stirnseiten beim c/' parallel;
Hinterleibsbänder tiefer herabreichend und die Hinterränder der
Segmente nur in schmaler Ausdehnung hell lassend, Hypopygium
des c/' kleiner, dunkler und stärker behaart; Hinterleibsende an
den Seiten dichter behaart mit kurzen schwarzen Haaren; Borsten
am sechsten Segment feiner und weniger abstehend longipalpis Wiedemann.
Gewöhnlich kleiner, Kopf schmaler; Stirn blasser und breiter; Augen
bei d^ und $ deutlich gegen den Scheitel konvergierend ; Hinter-
leibsbänder weniger tief herabreichend, die blassen Hinterränder
der Ringe daher breiter; Hypopygium beim (f größer, blasser,
etwas mehr oval im Umriß, mit wenigeren, feinen Haaren be-
kleidet; Spitze des o^-Hinterleibes seitlich haarlos; Borsten des
sechsten Ringes beim if kräftiger und in die Augen fallender
morsitans Westwood.
7. Rücken des Thorax mit vier scharf begrenzten kleinen dunkel-
braunen, ovalen Flecken, die in einem Parallelogramm ange-
ordnet sind, zwei vor und zwei hinter der Quernaht; Anschwel-
lung des Rüssels an der Spitze braun longipennis Ooeti.
Rücken des Thorax ohne solche Flecke, doch mit mehr oder weniger
ausgesprochenen Längsstreifen ; Anschwellung an der Wurzel des
Rüssels nicht braun an der Spitze fusca Walker.
704
Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
Die einzelnen Arten.
la. 1. Glossina palpalis^ RoBmEAU-DESVOiDY (Austen).i) (Abbildg. 6.)
Länge ^) 8 — 9,5 mm ; Flügellänge 8 — 9,5 mm ; Breite des Kopfes 2,5 — 2,75 mm.
Dunkelbraun, Thorax gewöhnlich heller mit dunkelbrauner Zeichnung auf grau-
lichem Grunde; Hinterleib meist mit einem wenigstens angedeuteten helleren Längs-
streifen, mit heller seitlicher Dreieckszeichnung und gewöhnlich schmalem, hellem Saum
am Hinterrande der Leibesringe. Beine, ausgenommen die Hintertarsen und letzten
beiden Glieder des vorderen und mittleren Paares, manchmal völlig bräunlichgelb; ge-
wöhnlich sind die Schenkel ganz oder zum größten Teil dunbelbraun, bei gut erhaltenen
Stücken graulich bestäubt, die Tibien gelblich. Bei dunklen Stücken nimmt die dunkel-
braune Zeichnung fast den ganzen Thoraxrücken ein, so daß der hellere aschgraue Grund
fast verschwindet.
Verbreitung. Weit verbreitet in Westafrika, vom Gambia bis zum Kongo
(auch in Togo), in Portugiesisch Südwestafrika (Hinterland von Angola), in Uganda,
Kavirondo, Ugaja (Lott). Auch am Zambesi (Kirk) gefunden. Neuerdings wird sie an
Abbilde-. 6.
Glossina palpalis Rob.-Desv. o^ X 4. Nach Austen.
vielen Orten festgestellt, wo sie bisher unbekannt war, z. B. am Albertsee (Geeig) weil
ihr jetzt, wo sie als Überträger der Schlafkrankheit festgestellt ist, mehr Aufmerk-
samkeit geschenkt wird.
Lebensgewohnheiten usw. Wurde von Austen in der Nähe von Freetown
(Sierra Leona) während der Monate August und September 1897 als ganz gemein ge-
funden ; auch die weiteren Beobachtungen lassen erkennen, daß sie während der feuchteren
Monate fast überall sehr zahlreich innerhalb ihres Verbreitungsgebietes vorkommt. Sie
■findet sich hauptsächlich längs der Ufer größerer freier Wasseransammlungen: Ströme,
Bäche und Seeen, wo sie sich gern auf den im Wasser liegenden Steinen niedersetzt.
Scbilf und Moräste meidet sie, sucht dagegen gern die Uferdickichte auf und liebt
von allen Tsetsen den dichtesten Schatten; daher ist sie nur aus baumreichen Gegenden
^) Wegen der Synonyma verweise ich auf Austen's Monograph etc. und meine
„Tsetsen".
^) Wird von der Stirn bis zur Hinterleibsspitze gemessen ; Rüssel und Palpen und
überstehender Teil der Flügel sind nicht mit inbegriffen.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 705
bekannt. Sie sticht mit Vorliebe den Menschen und saugt dessen Blut, ist außerordent-
lich lebhaft und gewandt, daher schwer zu fangen, obwohl sie hartnäckig immer wieder
auf dieselbe Stelle zurückkehrt. Ihr Vorkommen gerade an den großen Strömen, die in
Westafrika vielfach die Hauptverkehrsadern darstellen, erklärt die erschreckend schnelle
Ausbreitung der bisher stets tödlich verlaufenen Schlafkrankheit, seit sich der
Verkehr in diesen Gegenden so gesteigert hat.
I a. 2. Glossina jxiUicet'a, Bigot (Austen).
cT* 5 klänge 8 mm; Flügellänge 8 mm.
Braun ; Thorax mausgrau mit brauner, zuweilen ineinander verfließender Zeichnung ;
Antennen orangebraun; Hinterleib ohne ausgesprochene Zeichnung, ausgenommen ein
«chmales helles Dreieck in der Mitte des zweiten Ringes und gelblich - aschgraue Drei-
ecke an den Seiten (von oben her nicht recht sichtbar!) des 3. bis 6. Ringes; Beine
hellockergelb, Hintertarsen und die Spitzen der letzten beiden Glieder des vorderen und
mittleren Beinpaares dunkelbraun; Flügel braun.
Kann nur mit Gl. palpalis verwechselt werden, von der sie sich einzig und allein (!)
durch die andere Farbe der Fühler unterscheidet. Nach zwei Exemjilaren bestimmt.
Vorkommen: Goldküste.
Lebensweise unbekannt.
Ib. 1. Glossina tachinoides, Westwood.
Länge (f 7,33 mm; 9 8,27 mm. Flügellänge o^ 6,16 mm, 9 7 mm (nach Brfmpt).
Kleinste Tsetse, schlank, ziemlich hellfarbig. Thorax: Grundfarbe aschgrau, mit
schwarzer Fleckenzeichnung auf der Rückenseite. Hinterleib mit scharf abgesetzten, grau-
gelbem Mittelstreif auf der Rückenseite, der auf dem zweiten Ringe ein großes quadrati-
sches oder rechteckiges Feld bildet, sich regelmäßig auch über den dritten, vierten und
fünften Ring, von Ring zu Ring schmäler werdend, erstreckt und auf dem sechsten Ringe
nur noch einen schmalen Strich darstellt. Die unterbrochenen Querbinden sind tief
dunkelbraun, nehmen die vier vorderen Fünftel der Ringe ein und lassen hinten nur
einen schmalen graugelben Saum, der sich rechtwinklig mit dem Mittelstreif kreuzt. Auf
dem zweiten Hinterleibsringe finden sich runde dunkle Flecken (wie bei morsitans). Die
Beine sind gleichmäßig umberfarben, die Hintertarsen schwarz.
Verbreitung: Bis jetzt nur aus Westafrika her bekannt und zwar vom Schari-
becken und den Ufern des Tschadsees (Dr. Decorse) ; ferner aus Wushishi am Kadima,
iKTordnigeria (Dr. Jones); vom Benue zwischen Lau und Lokoja (Gowees).
Lebensweise: Findet sich nur an den Ufern der genannten Ströme und des
Sees, in unmittelbarster Nähe des Wassers (Decorse u. Gowers), nicht im Steppenbusch
(Decorse). Ist in der Trockenzeit sehr viel weniger zahlreich, in der Regenzeit in Mengen
vorhanden; verhindert, wo sie vorkommt, die Viehzucht. Sticht auch den Menschen;
Stich ist unangenehm, aber nicht gerade direkt schmerzhaft, hinterläßt ziemlich heftiges
Jucken und kann zur Regenzeit sehr plagen. Üble Folgen beim Menschen nicht, dagegen
beim Vieh beobachtet. Auch bei dieser Tsetse werden (in der Regenzeit!) mehr Männ-
chen als Weibchen gefangen.
Fortpflanzungsart unbekannt.
Ib. 2. Glossina morsitans Westwood (Austen). (Abbildg. 7.)
o^ 9 Länge 7,7 — 9,7 mm; Flügellänge 7,5—9 mm; Kopfbreite 2,5 — 2,7 mm; Breite
■der Stirn im Scheitel beim c^ ^/j, beim 9 Vi •^^r ganzen Kopf breite quer über die Augen-
mitte gemessen.
Thorax mausgrau, häufig vorn etwas heller, mit mehr oder weniger deutlicher
bräunlicher Längszeichnung; Hinterleib hell leder- bis ockerbraun; die Ringe vom 3. bis
6. mit sehr auffälligen dunbelbraunen Bändern, die in der Mittellinie unterbrochen sind,
seitlich nicht bis an den Rand reichen und höchstens % des Grundteils der Ringe ein-
nehmen, während der Hinterrand die Grundfarbe zeigt; die Spitzen der letzten zwei
Glieder an Vorder- und Mitteltarsen scharf abgesetzt dunkelbraun oder schwarz.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 4"^
706
Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
Verbreitung: Genaue Angaben sind schwer zu geben, weil die nächsten beiden
von AtrsTEN aufgestellten Arten vielfach in den früheren Veröffentlichungen als Morsitans
angesprochen worden sind und von vielen Systematikern und noch mehr Reisenden an-
gesprochen werden. Für den Arzt und Praktiker haben auch alle drei ziemlich den
gleichen Wert, weil alle drei als Überträger der Nagana zu betrachten sind. Doch ist
sie sehr weit verbreitet.
Das gleiche gilt für die Lebensweise.
Die ganze Morsitansgruppe ist, wenigstens nach meinen und Lommel's Beobach-
tungen, keineswegs an die Ufer der Flußläufe und größeren offenen Gewässer gebunden,
wie die Palpalisgruppe, sondern findet sich nicht selten ziemlich fern von jedem Wasser.
Nach unserer beider Beobachtung bevorzugt sie vielmehr lichte Gehölze, meidet aber
dichten Busch und wirklich sumpfiges Dickicht. Wo sie in feuchteren Tälern vorkommt,
nimmt sie stets die höheren mit Mittelwald bestandenen Stellen in ihnen ein, und zwar
findet sie sich stets nur da, wo als Unterwuchs in diesen parkartigen Wäldchen das
Abbildg. 7.
Glossina morsitans Westw. 9 X '^- Nach Austen.
wirteiförmige Gras Cynodon dactylon (L.) Pers. steht, das selbst lichten Schatten und
sanfte Anhöhen liebt und vom Vieh und Wild gern gefressen wird. In die offene,
sonnendurchglühte Steppe und auf baumlose Blößen treten die Tsetsen der Morsitans-
gruppe nicht über; sie meiden auch die menschlichen Niederlassungen (der Neger), wohl
weil diese meist an kahlen Stellen liegen und höchsten einige dichtschattende Bäume
tragen, die aber als Versammlungsorte der Dorfinsassen ohne jeden Unterwuchs sind.
Gerade diese Gruppe der Tsetsen zeigt ausgesprochen örtlich eng begrenztes Vor-
kommen, Beschränkung auf ganz kleine, scharf umschriebene Teile ihres großen Ver-
breitungsgel)ietes. Gerade sie muß also an irgend welche uns noch nicht näher bekannte
Eigentümlichkeiten der Ortlichkeit gebunden sein, die allein ihr die notwendigen Be-
dingungen zum Leben bieten.
I b. 3. Glossina palUdipes Aüsten.
(^ 9 Länge 8 — 10 mm; Flügellänge 8,7 — 9,25; Breite des Kopfes beim c/' 3 mm,
beim 9 2,7 mm; Breite der Stirn am Scheitel beim o^ Y?» beim 9 zwischen Vs — V^ ^^^
ganzen Kopfbreite.
Der Gl. morsitans in Färbung und allgemeiner Erscheinung durchaus entsprechend,
aber sofort daran zu unterscheiden, daß die ganzen Vorder- und Mitteltarsen gelb sind.
Tropische und subtropische Viehseuchen.
707
Die unterbrochenen Bänder auf dem ilinterleibe sind in der ßegel dunkler und gehen
näher an die Hinterränder der Ringe heran. Der schmale helle hintere Randsaum nimmt
nur ungefähr Ve — Vö "^^^ Ringbreite ein.
Ib. 4. Glossina longipalpis WiedemaisN (Austen).
0^9 Länge 9 — 10 mm; Mügellänge 8 — 9,25 mm; Kopfbreite bei beiden Geschlechtern
3 mm, Stirnbreite am Scheitel beim o^ ^/s, beim 9 zwischen ^s — V4 ^^^' Gesamtkopf breite.
Thorax olivengrau mit der gewöhnlichen dunkelbraunen Längszeichnang; Hinter-
leib hellhornbraun, mit unterbrochenen dunkeln Querbinden, die stark von der Grund-
farbe abstechen und hinten nur einen schmalen hellen Saum an den Ringen lassen. Stirn-
seiten beim o^ parallel, beim 9 leicht gegen den Scheitel hin konvergierend; Beine hell-
hornbraun, die letzten beiden Glieder der Vorder- und Mitteltarsen mit scharf abgesetzt
schwarzen Spitzen, wie bei Gl. morsitans.
Austen gibt selbst zu (in seinem Monograph etc.), daß die Unterschiede der von
ihm damals aufgestellten fünf Arten la 1 und 2, Ib 2 — 4, sehr gering, wenn auch aus-
reichend zur Trennung wären; inzwischen ist noch die Ib 1, die tachinoides, "hinzuge-
kommen, die er hinter die Morsitans stellt; mir scheint sie aber dem ganzen Aussehen
und der Größe nach näher an die Palpalisgruppe heranzugehören, als die übrigen drei
Glieder der Morsitansgruppe. Zu welcher Gruppe sie in Wirklichkeit zu stellen ist, das
hängt meines Bracht ens nicht bloß von den äußerlichen Merkmalen ab, sondern auch von
ihrer Eigenschaft als Wirt des einen oder anderen Trypanosomas, ein Unterscheidungs-
merkmal, das Austen als reiner Systematiker und Zoologe naturgemäß nicht berücksichtigt
hat. Überträgt sie, wie vielleicht nicht ausgeschlossen wäre, auch die menschliche Try-
panose, dann müßte man sie als Bindeglied zwischen den beiden Untergruppen betrachten:
die Palpalisgruppe Überträger der menschlichen, die Morsitansgruppe die der tierischen
Trypanosen und die Tachinoides Überträger beider.
Abbildg. 8.
Glossina fusca Walk. 9X4- Nach Austen.
II. 1. Glossina fusca Walkek (Austen). (Abbildg. 8.)
o^ 9 Länge 11 — 12 mm; Flügellänge 10,7 — 13 mm; Flügelspannung des größten o^
26 mm; des größten 9 29 mm; Kopf breite beim a^ 8,5, beim 9 3,25 — 3,75:
am Scheitel beim c/' 0,63 mm, beim 9 0,6 — 1 mm.
Stirnbreite
45*
708 ^^- ^- Sander und Dr. Hennig.
Thorax hellgelbliclibraun bis graubraun, mit dunkleren Längsstreif en ; Hinterleib
rotbraun; die Ringe vom 3. ab sepiabraun, ihre Hinterränder zuweilen an den Hinter-
ecken heller; Rüssel hellgelb; Beine hornfarben, Mittel- und Hintertibien zuweilen mit
einem gut abgesetzten, dunklen, mehr oder weniger unvollständigem Ringe um die Mitte ;
Flügel gelblichbraun bis bräunlich, zuweilen beim $ breiter und länger als beim c/'; die
vordere und hintere Quervene oft dunkler.
Verbreitung: Goldküste, Togo, Elfenbeinküste, Kamerunküste, Gambia, Unter-
KongOj Maba am Niger, südlich von Mashonaland, am Zambesi, nördlich vom Nyassasee,
am Kilimandscharo und Jipesee, in Britisch Ostafrika an der Ugandabahn, im Wituwald,
bei Daressalam, Hinterland von Tanga, in der Masaisteppe westlich vom Paregebirge u. a.,
also sehr weit verbreitet.
Leb ens weise: Xiebt in trockeneren und lichteren Gegenden als die Morsitans-
gruppe, ohne aber feuchtere und dichter bestandene Stellen zu meiden. JNach Angabe
der Eingeborenen ist sie hauptsächlich die Überträgerin der Nagana auf den Esel. Die
Eingeborenen behaupten, sie bevorzuge lichten Wald mit Unterwuchs von Panicum
maximum Jaq. ; ich habe sie in der Tat häufiger an solchen Stellen gesehen als anderswo.
Auch diese Fliegen sind lebendiggebärend.
IL 2. Glossina longipennis Coeti (Austen).
o^ 9 Länge 10,67 — 11,33 mm; Elügellänge 11.25—12 mm; Kopf breite beim o^ 3,5 mm;
beim 9 3.5 — 3,68 mm ; Stirnbreite am Scheitel beim (f 0,75, beim 9 eben etwas mehr als
1,0 mm; Rüssellänge (Palpen) außerhalb der Mundhöhle 2,67 mm.
Thorax isabellfarben mit einem schmalen schwachen Längsstreifen jederseits von
der Medianlinie, der hinter der Qiiernaht allmählich verschwindet, ehe er den Hinterrand
erreicht hat, und vier scharf begrenzten kleinen, dunkelbraunen, ovalen Flecken, die als
Parallelogramm, zwei vor, zwei hinter der Quernaht angeordnet sind; Hinterleib rötlich
hornbraun, die langen Haare am Grunde des zweiten Segmentes vollständig goldgelb, auf
beiden Seiten des vorderen Teils des 3. bis 6. Segmentes je ein mondförmiger, dunkel-
brauner Fleck, der weit von der Mittellinie abbleibt und nicht ganz bis an den Vorder-
winkel heranreicht; Nebenaugenfleck dunkelbraun; Rüsselzwiebel chromgelb, mit einer
scharf abgegrenzt dunkelbraunen oder rotbraunen Spitze.
Verbreitung: Hauptsächlich Somaliland und die angrenzenden Landschaften;
deckt sich z. T. mit der von Gl. fusca. Die Art tritt ebenfalls in scharf begrenzten
,,Fliegengürtelu" auf.
Lebensweise: Gleicht, soweit bekannt, der von Gl. fusca.
Hierzu kommen noch als vielleicht neue, wenig b^-kaonte Arten: Gl. wellmani, '
wahrscheinlich eine Unterart von Gl. palpalis und Gl. decorsei, wahrscheinlich identisch
mit Gl. tachinoides.
Anatomie der Mundteile und des Darmkanals.
Da die. Tsetsen als Überträger eines Parasiten wirken, der in ihnen seinen
geschlechtlichen Entwicklungsgang durchmacht, bedarf auch der Stechapparat und
Darmkanal, sowie der Saugakt einer kurzen Beschreibung.
Der eigentliche Rüssel ist schon geschildert. Hier ist noch nachzutragen, daß in i
seiner Wandung ganz ähnlich wie bei der Mücke, der Hypopharynx, der haarfeine Aus-
führungsgang der sogenannten Speicheldrüsen verläuft. Er endet dicht vor der Rüssel-
öffnung. Nach hinten geht er in den längs der Hinterwand des Pharynx verlaufenden
gemeinsamen Ausführungsgang der Speicheldrüsen über, der aus einem kleinen bläschen-
förmigen Recei^taculum seinen Ursprung nimmt, in das von rechts und links her die
feinen Ausführungsgänge der im Brust- (und Bauch-)Raum in zahllosen Windungen ange-
ordneten Speicheldrüsen einmünden.
Die Zwiebel und der untere Teil des Kopfraums sind erfüllt mit zum Teil sehr
mächtigen Muskelbündeln, die das Senkrechtstellen, Einstoßen und Zurückziehen des
Rüssels besorgen. Der vordere Teil des chitinösen Pharynx wird erfüllt von massigen
Tropische und subtropische Viehseuchen. 709
Muskelbündeln, die die Vorderwand des Pharynx von seiner Hinterwand abziehen und so
eine weite, Saugwirkung entfaltende Höhlung herstellen können. Vom Pharynx schräg
nach oben hinten führt das verhältnismäßig starkwandige E,ohr des Ösophagus durch das
Hinterhaupts-Brustloch in den Brustraum. Hier führt im rechten Winkel nach oben ein
kurzes Kohrstück in den mit mächtigem Ringmuskel versehenen bohnenförmigen Vor-
magen (Proventi'iculus), der wie bei der Mücke invaginiert ist. Nach hinten setzt sich
der Ösophagus als ein sehr viel feinwandigeres Rohr fort, das geradlinig verlaufend in
den im Hinterleib gelegenen, diesen zur Hälfte ausfüllenden feinwandigen herzförmigen
Kropf (Ingluvies) übergeht.
Der Vormagen liegt oberhalb des Kropfösophagus ziemlich dicht unter der Pläehe
des ßückenschilds und geht nach hinten in den anscheinend mit Krypten ^) versehenen
Chilusmagen über. Dieser hat einen Brust- und einen Hinterleibsteil, erweitert sich all-
mählich von vorn nach hinten und findet seine unmittelbare Fortsetzung in dem weiten,
mit zwei und einer halben Windung etwas rechts von der Mittellinie gelegenen, wie
eine horizontal liegende flache Schnecke aufgerollten Mitteldarm. Sein Endteil steigt in
der Mittellinie abwärts und geht in den dreiteiligen Enddarm über. Zwischen dessen drei
Teilen, sowie zwischen Mittel- und Enddarm finden sich starke, klappenartig wirkende
ßingmuskeln. Der ganze Inhalt des Hinterleibes ist von den Drüsengängen der zwei-
teihgen beiden Malpighischen Schläuche und dem Tracheensystem umsponnen. Die Aus-
führungsgänge der Malpighischen Schläuche münden in die letzte Schlinge des Mitteldarms,
da wo er sich zu verengen beginnt.
Unmittelbar UQter der üückenlinie, über dem ganzen übrigen Leibesinhalt, liegt
im Bauch- und Brustteil das röhrenförmige, vorn und hinten in die Leibeshöhle über-
gehende Herz (wie bei der Mücke).
Hoden, bzw. Eierstöcke liegen rechts und links am Boden des Hinterleibes neben
dem Enddarm unter dem Mitteldarm und sind von mennigroter Farbe.
Die Präparation geschieht nach dem Feststecken der Fliege in einer mit Wachs
ausgegossenen Glasschale durch einen Horizontalschnitt, .der vom After ausgehend etwa
in der Höhe der Grenze zwischen Rücken- und Bauchringen bis zum Mesophragma geht,
von hier aus oberhalb der Flügel weiter bis zum Kopf geführt wird. Schwierigkeiten
macht die sehr enge Öffnung des stark chitinisierten Mesophragmas und selbstverständlich
ist Vorsicht erforderlich. Schlägt man dann den so abgetrennten Rückenteil zurück, so
erblickt man den Darm im Hinterleibe ohne weiteres; im ßrustteil muß man erst, um
zu einem klaren Anblick zu gelangen, die mächtigen gelbweißen Flügel- und zum Teil
Beinmuskeln entfernen. Dann liegt der Chylusmagen oben in der Mittellinie, unter ihm
der Kropfösophagus. Bei der Trennung des Mesophragmas werden beide leicht verletzt,
wenn man sich nicht mit dem Schnitt sorgfältig an die Außenwand hält. Die Unter-
suchung in situ geschieht im Wasser mit schwacher Lupe. Die weiteren Untersuchungen
geschehen nach den gewöhnlichen Methoden für histologische Untersuchungen, bzw. denen
für bakteriologische Untersuchung des Mückendarms.
Der Saugakt.
Beim Saugen sticht nach Stuhlmann ^) die Tsetse ein, bis sie eine passende Stelle
z. B. eine Kapillare gefunden hat und pumpt dann das Blut in den Ösophagus. Dabei
wird der Speichel, anscheinend in reichlicher Menge in die Wunde entleert und mischt
sich dort mit dem Blut. Die auch im Kropf der Tsetse stets vorhandene Luft dagegen
wird nach ihm nicht mit entleert (wie es Schaudinn von der Mücke beschreibt), wie sie
auch nicht aus Kohlensäure, sondern wahrscheinlich aus (atmosphärischer?) Luft besteht.
Die in die Wunde entleerten Sekrete schienen ein „besonderes Gift" nicht zu enthalten,
da beim Meerschweinchen auch nach vielfachen wiederholten Stichen keine Entzündung
^) Stuhlmann hat an frischen Tsetsen keine Krypten finden können ; meine Unter-
suchungen sind an altem Spiritusmaterial angestellt.
^) Vorläufige Mitteilung über die Anatomie und Physiologie der Tsetsefliege.
„Pflanzer", Nr. 24 1905 (Tanga).
710 Dr. L. Sandee und Dr. Hennig.
an den Stichstellen auftreten. (Aber beim Menschen und den meisten Haustieren ent-
stehen Quaddeln! Diese Angabe Stuhlmann's bedarf also der Nachprüfung.)
Dem Saugakt sollen nach demselben Autor keine lebhaften Atem- oder Würg-
bewegungen des Hinterleibes vorausgehen, wie dies bei der Mücke der Fall ist. Dagegen
wird das Blut auch hier „wellenförmig" angesaugt, d. h. es wechseln in regelmäßigen
Intervallen Saugbewegungen und Ruhepausen (oder Würgbewegungen?). Zuerst füllt sich
der Kropf, dann erst der Vormagen und Darm. Im Darm finden sich ständig kleine
stäbchenförmige Bakterien, die zur Verdauung in Beziehung zu stehen scheinen, im Kropf
die Rosahefe. Beide erzeugen keine Kohlensäure (nach Stühlmann.)
Nach der Beschreibung anderer Autoren, die an freilebenden Tsetsen ihre Be-
obachtungen angestellt haben (Stuhlmann berichtet nach Laboratoriums versuchen), ist
dagegen zu Anfang des Saugens eine lebhaftere Würg- und Atembewegung vorhanden,
als im weiteren Verlauf der Blutaufnahme. Hier sind also weitere Beobachtungen noch
notwendig.
An welcher Stelle des Darms die erste Anheftung der Trypanosomen stattfindet,
und wie deren weitere Entwicklung vor sich geht, ist gleichfalls noch festzustellen. Im
Ösophagus finden sich nach Stuhlmann keine Trypanosomen, wohl aber Entwicklungs-
stadien im Vormagen. Ferner hat er festgestellt, daß auch Fliegen, die im Laboratorium
geboren worden waren, Infektion hervorrufen konnten. Es müssen also die (hypotheti-
schen) Sporozoiten der Trypanosomen in den Eierstock oder in die sich im Mutterleibe
entwickelnde Made hinein gelangen können.
Im Rüssel der Tsetsen sind noch nach 40 Stunden, im Magen noch nach 46 Stunden
nach dem Saugen an kranken Tieren (Bruce) lebende Trj'panosomen aufgefunden worden
und jüngst hat Koch mitgeteilt, daß es ihm gelungen, die (von mir seit 1902 stets voraus-
gesagte, aber von Koch als ganz unwahrscheinlich bezeichnete) Weiterentwicklung der
Tryp. brucei festzustellen. (S. oben.)
Der Stich der Tsetse als solcher macht nur etwa die gleichen, vielleicht etwas
stärkeren Unbequemlichkeiten, wie der der Mücken und ist wie dieser für den einen
schmerzhafter als für den anderen. Die Fliegen stechen (Lommel) nur an beschatteten
Körperteilen, daher bei Tieren mit Vorliebe an der Unterseite und den Beinen, beim
Menschen unter dem Hutrand.
Blutlieferanten.
Die Tsetsen scheinen alle größeren Tiere als Blutlieferanten anzugehen, doch das
eine lieber als das andere. Für die kleineren Tsetsearten der Gruppe I scheint der
Mensch zu den bevorzugtesten zu gehören. Von der palpalis ist es allgemein ange-
nommen, und von der Morsitansuntergruppe habe ich gesehen, daß meine Träger stets
eher angeflogen wurden, als die dicht daneben stehenden Maultiere und Esel. Bei der
Gruppe II dagegen habe ich den Eindruck, daß Einhufer und Kamele dem Menschen
vorgezogen werden.
Die kleinen Nager scheinen von den Tsetsen nicht angegangen zu werden, ebenso-
wenig Vögel und sehr selten Reptilien (Chkisty). Sambon hält es aber für wahrscheinlich,
daß wenigstens die Balpalis sogar an Fischen saugt.
Empfänglichkeit für Trypanosen.
Die Empfänglichkeit der Tiere für die durch die Tsetsen übertragenen Try-
panosen steht aber in anderer Reihenfolge. So ist es seit alter Zeit fast ein
Glaubenssatz, daß „die" Tsetse zwar mit dem großen W^ilde — Büffeln und Anti-
lopen — in innigster Beziehung stehe, d. h. doch, hauptsächlich von ihm lebe, daß
aber dieses scheinbar der ISTagana nicht unterworfen sei; Haustiere dagegen, vor
allem Pferde, dann Rinder, Hunde, weniger Schafe und Ziegen und noch weniger
Esel, 1) an den Stichen solcher Tsetsen, die vom Großwild kamen, erkrankten.
^) Das stimmt in dieser Allgemeinheit nicht; gerade bei den grauen Eseln scheinen
große Unterschiede in der Empfänglichkeit nach Rasse und Individuum vorhanden zu sein 1
Tropische und subtropische Viehseuchen. 711
Stomoxys Geoffkoy.
Da eine Besclu^eibung dieser Gattung sich in jeder besseren Zoologie findet,
beschränke ich mich hier auf eine ganz kurze Schilderung der von mir in Ost-
afrika gefangenen Art — St. calcürans L. oder eine sehr nahe Verwandte — und
die Aufzählung der drei bis jetzt der Übertragung der Surrah verdächtigen oder
überwiesenen Arten, ohne auf die Systematik näher einzugehen.
Die Stomoxiden, = Stechfliegen oder "Wadenstecher, gehören, wie schon bei
den Tsetsen gesagt, zu derselben Untergruppe der Muscinae wie diese, der subsectio
Stomoxys von Bkauer und von Bergenstamm.
Die hauptsächlichsten Unterschiede von dem Genus Glossina sind folgende: Der
Stechapparat der Stomoxys ist ein einfacher, aus Ober-Unterlippe und Hypopharynx ge-
bildeter röhrenförmiger Rüssel von der Form einer sehr schlanken, etwas über die untere
Fläche gebogenen ßheinweinflasche. Die Palpen sind sehr kurz und treten in keinerlei
Beziehung zu ihm. Er ist scharf geknickt, d. h. er ist durch ein Gelenk mit dem am-
pullenförmigen, vorstülpbaren, häutigen Boden der Mundhöhle verbunden (s. Abbildg. 9).
An seiner Spitze trägt er ein winziges Saugpolster. Die kleinen dreigliedrigen Fühler
sind nach abwärts gerichtet und tragen an der Basis ihres kolbenartigen dritten Gliedes
eine einfach gefiederte Borste. Die Flügel sind ganz schwach rauchgrau, fast metallisch
glänzend, fast dreieckig und werden in der Ruhe wie die der Stubenfliege getragen, d. h.
sie stoßen mit ihrem inneren Rande eben aneinander, während der vordere (äußere) Rand
ein Unbedeutendes höher gehalten wird, so daß sie andeutungsweise verkehrt dachförmig
liegen (Abbildg. 10). Sie überragen den Hinterleib mit etwa der Hälfte ihrer Länge.
Abbildg. 9. ! Abbildg. 10.
Abbildg. 11.
Stomoxys calcürans.
Ihre erste Hinterrandader ist stumpfwinklig nach vorne gebogen. Die Fortpflanzung
geschieht wie die der Stubenfliegen durch elfenbeinweiße, etwa 1 ^2 iiim lange Eier in
frischem Viehdung, aus denen kegelförmige, hinten abgerundete milchweiße Maden aus-
schlüpfen. Diese sind glatt und glänzend, vorn zweiteilig; die ungleichen Haken des strahlen-
artig gerunzelten Mundes sehen trotzdem bei ihrer großen Nachbarschaft wie nur einer
aus (Abbildg. 11). Am Vorderrücken erscheint der ringförmig aufgetriebene Vorderrand
scharf, die gelben, muschelförmigen Stigmenträger zerfallen in je sechs keulenförmige
Teile, die des halbkugelförmigen letzten Gliedes bilden ziemlich große, schwarzbraun ein-
gefaßte, kreisrunde Flächen, auf welchen je drei Luftlöcher im Dreiecke stehen. Sie
leben gemeinschaftlich mit den Maden der Stubenfliege, entwickeln sich aber etwas lang-
samer als diese. Ihre Länge beträgt bei der deutschen St. calcitrans bis 8,75 mm. Die
Puppe ist blaß rotbraun, fein in die Quere gestrichelt, und die vordersten Luftlöcher der
künftigen Fliege erscheinen, wie bei allen Gemeinfliegen, am Hinterrande des vierten
712 ^^- ^- Sandek und Dr. Hennig.
Leibesringes als kegelförmige, nach vorn gerichtete Hörnchen, während die hintersten
da liegen, wo sie die Made hat. Die Puppenruhe dauert vier bis sechs Wochen. ^)
Der afrikanisclie Waclenstecher (St. calcitrans L.? vel n. spec.?), der für
mein Auge von dein europäischen in der Färbung sich wohl unterscheidet, ist von
der ungefähren Größe der Stubenfliege, vielleicht ein wenig kleiner, etwa 8 mm lang.
Er gleicht ihr in der allgemeinen Erscheinung und Flügelhaltung außerordentlich,
so daß für den Laien das sicherste Unterscheidungsmittel die Beachtung des Stecli-
rüssels bleibt.
Im einzelnen ist die Färbung des Rückenschüdes hellrehbraun mit vier
schwärzlichen mehr oder weniger scharf abgesetzten geraden Längsstreifen; das
Schüppchen hat die gleiche Grundfarbe mit einem dunkelbräunlichen Tupf in der
Mitte. Der kurze, viergliedrige Hinterleib ist ungefähr herzförmig, gegen die Brust
fast viereckig abgesetzt und erscheint sehr viel kürzer und voller als der der Tsetse.
Er trägt eine aus dunklen in Längsreihen angeordneten Dreiecken bestehende Zeich-
nung, die auf schmutzig ledergelbem Grunde stehen und bei flüchtigem Zusehen
wie zwei schwarze Querbinden erscheinen, da Yorderrand und Hinterspitze gleich-
falls dunkel sind. Die Flügel sind vielleicht etwas länger als bei der Stubenfliege.
Die Unterseite der ganzen Fliege ist schmutzig ledergelb und stark schwärzlich
behaart.
Der Kopf trägt ein Paar große kastanienbraune, von einem weißen Saum ein-
gefaßte Augen, die beim Männchen in der Mittellinie der Stirn zusammenstoßen,
beim Weibchen einen Zwischenraum lassen. An der Unterseite trägt er einen
dunkelflohbraunen, doppelt gelenkigen Rüssel, der in der Ruhe und beim Stechen
senkrecht nach unten gestellt, beim Fliegen im Gelenk rechtwinklig nach vorn ab-
gebogen wird, so daß er wagerecht über den Kopf hinausragt. Er erscheint für
das unbewaffnete Auge glatt und glänzend, wie poliert und stellt eine Röhre von
sehr viel stärkerem (äußerem) Durchmesser dar als der der Tsetse. Unmittelbar an
der Unterseite des Kopfes beginnt er mit einer weiten, kelchförmigen, beweglichen
Ampulle, an deren Spitze der eigentliche Stechrüssel gelenkig eingesetzt ist; in der
Gegend des Gelenkes ist er außerordentlich stark eingeschnürt und sein Anfangsteil
scharf dagegen abgesetzt.
Der afrikanische "Wadenstecher legt wie sein europäischer Yetter seine Eier
in den frischen Dung der Haustiere und des Wildes. Da dieser aber fast aus-
schließlich im Freien abgesetzt wird, so kommen für die Entwicklung der Larven
und Puppen hauptsächlich die weniger regenreichen Jahreszeiten in Betracht. Denn
in der vollen Regenzeit wird der Dung so schnell auseinandergewaschen, daß er
nicht als Brutstätte für Fliegenmaden dienen kann. Dementsprechend habe ich auch
kurz vor Einsetzen der Regenzeit diese Fliege am zahlreichsten beobachtet. Sie
bedeckt dann unter Umständen zu Hunderten ein einzelnes Stück Yieh.
Für eine Ausrottung der Fliege ist natürlich diese verstreute Brutgelegenheit
über das ganze Feld hin ein erschwerender Umstand. Andererseits wird sie aber
auf diese Weise nicht zu solchen Schwärmen anwachsen können, als unser heimischer,
sich vornehmlich in Ställen und Dunggruben entwickelnder Wadenstecher.
Die von unserer heimischen Stechfliege behauptete Eigentümlichkeit, daß sie
in der Ruhe stets mit dem Kopf nach aufwärts sitze, teilt nach meinen Beobach-
tungen die afiikanischen Art nicht.
Yon den Philippinen her (Curry, Salomon und Stiles) wird gleichfalls ein
als „Stomoxys calcitrans L." bezeichneter Wadenstecher als Überträger der Surrah
gemeldet. Die Trypanosomen sind lebend in ihrem Darminhalt nachgewiesen, ein
^) Entnommen aus Brehm's Tierlehen. IL Aufl.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 713
Entwicklungsgang dieser Parasiten in dieser Fliege ist bisher aber noch nicht
sicher festgestellt.
Yon der Stomoxys nigra ist, ähnlich wie anfänglich von der Tsetse für die
iSTagana, durch direkte Beobachtungen erwiesen, daß sie in der Tat die natürliche
Verbreitung der Surrah besorgt. Ob eine mikroskopische Feststellung von lebenden
Trypanosomen oder deren Entwicklungszuständen in dieser Fliege stattfindet, ist bis
jetzt noch nicht bekannt.
Allgemeines über die Trypanoseu.
Die einzelnen tierischen Trypanosen weisen viele Ähnlichkeiten in ihrem Ver-
lauf auf und zeigen dabei mindestens die gleiche Größe des Unterschiedes bei den
verschiedenen Tierarten wie bei den verschiedenen Krankheitsarten auf. Ich muß
mich hier im wesentlichen auf die Schilderung der bei genuiner Erkrankung auf-
tretenden Erscheinungen beschränken, da nur diese fiir die ärztliche Beobachtung-
in den Tropen in Frage kommen.
Im allgemeinen kann man die Trypanosen als chronisch oder subakut ver-
laufende mit unregelmäßig intermittierendem Fieber, starker Abmagerung und hoch-
gradigen Blut Veränderungen einhergehende Seuchen bezeichnen. Doch kommen auch
akute und selbst perakute, in Avenigen Stunden zum Tode führende Fälle vor. In
diesen ist natürlich die Abmagerung nicht oder nur wenig vorhanden, dagegen meist
in hohem Grade die auch sonst sehr häufigen Ödeme der abhängigen Teile und die
serösen Ergüsse im Unterhautbindegewebe, Herzbeutel und in den großen Körper-
höhlen.
Da alle diese Seuchen durch einen belebten Organismus hervorgerufen werden,
so vergeht zwischen seiner Einführung in den Körper und dem Ausbruch der
Krankheit eine mehr oder weniger lange Inkubationsperiode. Diese wechselt
sehr nach der Tierart und, wie es scheint, auch nach äußeren Umständen: Futter-
zustand des Tieres, Witterung, Arbeitsleistung u. s. f. Bei den sehr empfänglichen
Einhufern scheint sie gewöhnlich etwa 10—13 Tage zu betragen, bei Rindvieh und
Kleinvieh (soweit diese empfänglich sind) sich aber erheblich länger ausdehnen zu
können. Es werden für die natürliche Infektion auch Monate angegeben.
Das erste Symptom pflegt eine mehr oder minder hohe über mehrere Tage
sich erstreckende allmähhch ansteigende Erhöhung der Körpertemperatur zu sein,
die nach ilirem Maximum brüsk, oft bis unter die Norm, abfällt. Gleichzeitig damit
tritt verminderte Freßlust, gesteigerter Durst und gesteigerte Urinausscheidung,
Eauhwerden des Felles, mäßiger Katarrh der Augenbindehäute und der Nasen-
schleimhaut mit Ausscheidung spärlichen schleimig-wässerigen Sekretes, mehr oder
minder starke, häufig flüchtige Ödeme der Geschlechtsteile und abhängigen Partien
oder der Gliedmaßen, des Kehlgangs, gelegentlich auch des Maules und der Ober-
augengruben auf, und häufig zeigt sich schon jetzt eine gewisse Schwäche und
Steifigkeit im Kreuz und der Hinterhand, die den Gang schleppend und schwankend
macht.
Im Blute zeigen sich beim Anstieg des Fiebers meist die ersten Parasiten,
gewöhnlich nicht in allzugroßer Zahl. Stets aber setzt eine ziemlich starke Ver-
minderung der roten Blutzellen und Blaßwerden eines großen Teils von ihnen ein
und daneben eine beträchtliche Zunahme der Leukocyten, namentlich aber der
eosinophilen Zellen, Die roten Blutkörperchen zeigen erhebhche Verscliiedenheiten
in der Größe: von Zwergzellen von nur Vi des gewöhnlichen Durchmessers über
normal große bis zu wahren Eiesenzellen. Kernhaltige rote Blutzellen sind gleich-
falls häufig zu sehen und ebenso solche mit basophiler Körnung. Ich habe den
714 ^^- Ij. Sander und Dr. Hennig.
Eindruck, daß diese rormveränderungen der roten Blutkörperchen am stärksten sind,
sobald die Parasiten Avieder aus dem Blute zu verschwinden beginnen, was bei den
Haustieren nach wenigen Tagen, schon auf der Höhe des Fiebers, stattfindet; die
Zunahme der eosinopliilen Zellen dagegen scheint dem Auftreten der Parasiten vor-
auszugehen. Mit dem Abfallen des Fiebers pflegt ein ISI'achlassen aller Symptome ein-
zutreten. Die Temperatur bleibt nun für einige Tage normal, das Tier scheint bis auf
eine gewisse Mattigkeit wieder gesund. Doch nach kurzer Zeit kommt ein neuer
Anfall mit Zunahme der Beschwerden, dann wieder ein Nachlaß u. s. f. Meist
nimmt die Höhe der Temperatursteigerung mit jedem Anfall ab, aber auch die
Eemissionen werden minder tief und schließlich besteht dauernd ein mäßiges Fieber.
Die Yerminderung der Freßlust wird häufig mit jedem Anfall größer, doch ebenso
häufig bleibt sie auch bis zum Ende ungestört. Mag sie nun bestehen oder fehlen,
die Abmagerung und Anämie nehmen immer weiter zu, und bei chronischen Fällen
sind die Tiere zum Schluß wahre Skelette. Die Bewegungsstörungen in Kreuz und
Hinterhand sind namentlich bei den Einhufern — aber auch bei den Rindern —
stark ausgesprochen und nehmen, unter Umständen bis zur völligen Paraplegie,
fortdauernd zu ; desgleichen die Ödeme (bei Rind und Kleinvieh pflegen sie weniger
aufzutreten). Das Tier läßt den Kopf hängen, steht zusammengestellt mit starren-
dem Fell, kann sich kaum noch fortbewegen und fällt dabei häufig, bleibt zuletzt
liegen, unfähig sich wieder zu erheben und verendet meist, aufs äußerste abge-
magert, in tiefem Sopor.
Bei der Sektion zeigen sich gewöhnlich wenig Organ Veränderungen, abgesehen
von den Anzeichen allgemeiner hochgradiger Anämie. Meist findet- sich etwas
zitronengelber seröser Erguß in den Herzbeutel, wohl auch in Brust- und Bauch-
höhle, das Peritoneum erscheint häufig glänzend oder wie mit einem feinen fibri-
nösen Beschlag versehen. Die Milz ist meist vergrößert, das Knochenmark und
die Lymphdrüsen in trüber Schwellung.
Das Verhalten der Parasiten im Blute ist eigentümlich und sehr verschie-
den, je nach der Tierart. In den meisten Fällen finden sie sich nur in Intervallen
im kreisenden Blut, die ungefähr den Fieberanfällen entsprechen, werden aber gegen
das Ende hin sowohl zahlreicher als auch ständiger. Sie können jedoch auch selbst
unmittelbar vor dem Ende völlig fehlen ; ja bei manchen Fällen lind gewissen Tier-
arten findet man überhaupt niemals auch nur ein einziges Trypanosoma, und das,
obwohl das Tier an der Krankheit in der typischen Weise leidet, wohl auch zu-
grunde geht, und obwohl man mit seinem Blute bei geeigneten anderen Tieren
das volle Bild der Krankheit mit reichlichem Auftreten von Trypanosomen erzielen
kann. Der Parasit muß also unter Umständen in einer von uns noch nicht gekannten
oder nicht richtig gedeuteten Form im kranken Tiere vorhanden sein. Die Vermeh-
rungsformen, namentlich die Rosetten und die großen Plasmahaufeu, finden sich
übrigens seltener im kreisenden Blut als in der Leber, der Lymphe, in den serösen
Häuten und Bindegewebsspalten. Der Zerfall scheint in der Milz, weniger regel-
mäßig im Blute zu erfolgen.
Spontanheilungen sind für die Trypanosen bei unseren Haustieren, auch
bei den weniger empfänglichen, selten : bei Pferden sind sie wohl nie beobachtet, bei
Eseln dagegen scheinen sie schon eher vorzukommen. Bei Rindern und Kleinvieh
muß man beachten, daß spontane Erkrankungen nur an Nagana und Surrah be-
kannt sind. Es kann daher nicht wundernehmen, daß hier Heilungen öfter einmal
beobachtet werden; beim Kleinvieh kann die Erkrankung sogar in unmerklicher
Form verlaufen.
Alle Versuche, der einmal ausgebrochenen Trypanose mit Medikamenten Herr
zu werden, sind bis jetzt gescheitert. Die besten Erfolge sind noch mit Arsenik-
Tropische und subtropiscHe Viehseuchen. 715
j)räparateii 1) erzielt worden, die eine erhebliche Yerlangsamimg des Krankheit sverlauf es
zur Folge hatten, ohne aber das schließliche Wiederauftreten der Trypanosomen
und das tödhche Ende abwehren zu können. (Über A^ersuche mit Heilserum siehe
weiter unten bei den einzelnen Krankheiten.) .
Als Beweis für eine gelungene Heilung ist nach den bisherigen Versuchen
nur das Ausbleiben einer Erkrankung bei Impfung besonders empfänglicher Tiere
mit dem Blut der erkrankt gewesenen Tiere zu betrachten, nicht aber das Ver-
schwinden der Trypanosomen aus dem Blute (und Organsäften), selbst nicht das
für längere Zeit. D. h. die Heilung kommt durch vollständige Ausschei-
dung des Erregers zustande. Jedoch können Jahre vergehen, ehe dieser
Fall, eintritt.
Umgekehrt ist bei zweifelhaften Fällen, wenn die Parasiten im Blute nicht
nachzuweisen sind, die Impfung besonders empfänglicher Tiere die einzige Möglich-
keit, die Art der Seuche zu bestimmen.
Ein einmaliges Überstehen der Krankheit schafft Immunität für weitere An-
fälle der gleichen Trypanose, hat aber keinen Einfluß auf die Erkrankung an
einer anderen. Vielmehr ist gerade auf diesem Wege der Nachweis geliefert
worden, daß alle fünf bis jetzt bekannten, wirklich als solche schon festgestellten
seuchenhaften Säugetiertrypanosen verschiedene Krankheiten sind.
Vererbung der erworbenen Immunität scheint nur in sehr geringem
Maße, wohl erst nach Generationen deutlich erkennbar, stattzufinden.
In den Fötus kranker Muttertiere gehen die Parasiten nicht über, ebensowenig
wie die Jungen dui"ch das Säugen angesteckt werden. Nach dem Glauben der
Eingeborenen und vieler Weißer sind die von einer kranken Mutter ausgetragenen
Jungen in gewissem Grade weniger empfänglich, auch sollen säugende Junge nicht
der genuinen Kranklieit verfallen (der Impf trypanose sind sie aber zugänglich).
Allgemeine Gesichtspunkte für Ausrottung der Trypanosen.
Man hat auch davon geredet, daß eine einzelne Tsetse nicht ausreiche, um
die Krankheit „hervorzurufen'', sondern daß es mindestens fünf sein müßten. Nach
der Feststellung, daß tatsächlich das Trypanosoma in der Fliege einen Entwicklungs-
gang durchmacht, ist solche Anschauung natürlich nicht mehr haltbar. Es handelt
sich demnach nur noch darum, ob die Tsetse selbst infiziert oder frei vor Trypano-
somen ist.
R. Koch zieht aus seiner Feststellung, daß die Tsetse den tatsächlichen Wirt
für das Tryp. brucei darstellt, den Schluß, daß nunmehr der Kampf gegen die
Tsetsekrankheit ein solcher gegen die Tsetse sein müsse, obwohl doch die
Schlußfolgerung daraus erst recht die Überzeugung sein müsste, die er noch vor
seiner Abreise nach Deutschostafrika vertreten hat, daß jede Infektionsquelle, d. h.
jedes kranke Tier beseitigt oder unter Verhältnisse gebracht werden müsse, die
Stechfliegen keinen Zutritt zu ihm gestatten. Ich habe den Standpunkt, daß eine
wirksame Bekämpfung der Tsetsekrankheit nur durch Bekämpfung der Tsetsen
möglich sei, schon lange vertreten, gegen Koch, und die Einrichtung ständiger
üntersuchungsstationen gefordert und zwar aus folgenden Gründen:
Es ist lauge bekannt, daß die Tsetse „vor der Kultur zurückweicht". Das
wurde auf die mit der (Buren-) Kultur verbundene Vernichtung des Großwilds ge-
schoben. Ich habe aber in Deutschostafrika das Gegenteil davon beobachtet:
') Bei kleinen Laboratoriumstieren auch mit Trypanrot, Malachitgrün u. ähnl.
(über die Versuche der Behandlung von Trypanosen mit FarbstoiTen und Arsenik vgl. bei
Mense, Schlafkrankheit, Bd. JII S. 652.)
716 -Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
Zunahme und weitere Verbreitung der Tsetsen trotz auffälliger Abnahme des
Wildes, Also mußte eine andere Seite der Kultur das Maßgebende für das Zurück-
gedrängtwerden der Tsetsen sein. Die Buren kenne ich seit langem als Wald- und
Holzvernichter : die Tsetse aber braucht Schatten, gedeiht nicht auf sonnendurch-
glühten baumlosen Steppen. Ferner : der Bur brennt noch mehr als der Eingeborene
das „veldt", eben die Grassteppe, ab, und das Feuer greift auch auf den ünter-
wuchs der parkartigen Steppenwäldchen über. Unter diesem Grase aber haben
die Tsetsepuppen ihre Wiege und werden so mit dem Feldbrennen vernichtet
oder mindestens stark vermindert. In Ostafrika nun waren durch Gouverne-
mentserlaß seit mehreren Jahren die Feldbrände verboten und tatsächlich sehr viel
weniger zahlreich und ausgedehnt geworden. Alle Eingeborenen aber und Weiße
führten ohne Aiisnahme die Zunahme der Tsetsen (und anderen Ungeziefers) auf
dieses Unterbleiben der Feldbrände zurück. Und das will mir berechtigt erscheinen
trotz der gegenteiligen Ansicht Stuhlmann's.
Freilich, einen wirksamen Kampf werden wir erst aufnehmen können, wena
wir die Lebensweise der Tsetsen genau kennen.
Die einzelnen Trypanosen.
Nagana.
Die weiteste Ausdehnung über die Säugetiere hat von den in Betracht kom-
menden Arten die afrikanische Form, die Nagana. Denn an ihr erkranken spontart
Einhufer, Wiederkäuer der verschiedensten Familien und Arten, Kamele (und wohl
auch Elefanten) und Eaubtiere und der künstlichen Infektion mit dieser Seuche hat
bis jetzt kein daraufhin untersuchter Säuger widerstanden. Freilich ist der Verlauf
bei den einzelnen Ordnungen, Familien und Arten ein außerordentlich verschiedener :
bald äußerst stürmisch und schwer, bald so leicht, daß kein äußeres Symptom
auf das Bestehen der Krankheit hinweist. Leider gehören unsere Haustiere zu den
schwerst ergriffenen Tieren.
Allen voran steht das P f e r d. Gerade bei ihm sind sogar foudroyant ver-
laufende Fälle nicht allzuselten: dem Tier schwillt plötzlich die BauchseitCj
— wenn es ein Hengst oder ein Wallach ist, der Schlauch und der Hodensack — ,
die Unterbrust, der Kehlgang, Maul und Augenhöhlen ödematös an, es wirft
sich zu Boden und wälzt sich anscheinend in höchster Atemnot mit kalten
Ohren und Hufen herum, schlägt verzweifelt um sich und verendet in wenigen
Stunden unter schnell zunehmendem Sopor und rascher Abnahme der Bewegungen,
die mit erfolglosem Muskelzittern schließen. Die Sektion zeigt Stauungshj^Derämieu,
etwas vergrößerte, weiche Milz, seröse Ergüsse in Herzbeutel und Körperhöhlen
und überreichliche, wässerig seröse, bernsteingelbe Ergüsse in das Unterhautbinde-
gewebe, namentlich der ödematös gewesenen Stellen. Im Blute und in den serösen
Ergüssen finden sich reichlich die sehr lebhaft beweglichen Parasiten in meist
recht großen Formen; Poikilocytose und Vermehrung der eosinophilen Zellen (aber
auch der mononukleären großen und kleinen Leukocyten) ist schon deutlich aus-
gesprochen.
Bei mehr chronisch verlaufenden Fällen tritt der oben geschilderte
intermittierende Charakter deutlich hervor; das Krankheitsbild wird von der zu-
nehmenden Abmagerung und Verblödung beherrscht ; in scharfem Gegensatz zu der
allgemeinen Abmagerung stehen die oft recht ausgedehnten Ödeme an Bauch und
ünterbrust. Häufig sind Trübungen und Entzündungen der Hornhaut ; Konjunktivitis
und Rhinitis fehlen kaum je. Die Bewegungsstörungen treten zumeist als zu-
Tropische und s abtropische Yiehseuchen. 717
nehmende Steifigkeit der Hinterhand in Erscheinung; ausgesprochene Paresen oder
gav Paraplegien sind selten. Die Futteraufnahme pflegt lange Zeit ungestört zu
sein, der Mist ist, trotz der großen Wassermengen, die aufgenommen werden, meist
härter und ü-ockener als normal. Der Verlauf ist 3—4 Wochen, kann sich aber
auch über Monate hinziehen. Die Dauer wird bei dieser wie bei allen Trypanosen
ganz wesentlich von der Ernährung und äußeren Umständen bestimmt. Wird gutes
Futter reiclilich und bequem gewährt, das Tier vor den Unbilden der Witterung
wnd vor Anstrengungen geschützt, so wird das Leben verlängert, umgekehrt der
Tod beschleunigt.
Das Verhalten der Trypanosomen im Blut entspricht der allgemein ge-
gebenen Schilderung.
Esel sind fast in gleicherweise empfänglich wie Pferde und die Kreuzungs-
produkte zwischen beiden in kaum minderem Maße. Unterschiede in der Empfäng-
lichkeit bei den Eseln sind nach den Rassen zu beobachten. Der weiße hoch-
gezüchtete Maskatesel ist entschieden anfälliger und hinfälliger als der graue ein-
geborene Esel, von diesem wieder gilt allgemein der Masaiesel im Lande als empfäng-
licher, wie der Mnyamweziesel. ^) Immerhin scheint der Verlauf bei den Eseln (bei
den Kreuzungen scheint die indivi.duelle Disposition sehr verschieden zu sein) im
ganzen häufiger chronisch zu sein als bei den Pferden, und Heilungen öfter vorzu-
kommen. Das Krankheitsbild ist dem bei Pferden gleich.
Die Wildesel und Zebra erkranken, soweit bekannt, nicht au spontaner
Nagana. (Der künstlichen Infektion ist das Kilimandscharozebra aber zugänglich,
•GrßOOTHUSEN Und MaETINI).
Bei Rindern ist der Verlauf fast stets schleppender, sich über viele Monate,
ja selbst über ein Jahr und mehr hinziehend und deutlich intermittierend. Die
Ödeme treten wenig in den Vordergrund, die Erkrankungen des Auges sind selten,
Konjunktivitis und Rhinitis finden sich aber fast immer. Die Bewegungsstörungen
sind wenig ausgeprägt, dagegen geht die Abmagerung oft bis zu einem geradezu
unglaublichen Grade, ebenso die Änderungen des Blutes. Die Freßlust ist in den
■späteren Stadien meist gestört, die Trockenheit des Mistes meist auffallend. Der
Tod erfolgt wohl meist an äußerster Erschöpfung. Heilungen sind verhältnismäßig
nicht allzu selten. Die Parasiten sind, namentlich gegen Schluß hin, ziemlich regel-
mäßig im Blute zu finden, erscheinen aber meist kleiner als beim Pferde.
Beim Kleinvieh spielt die individuelle (und wohl auch Rassen-) Widerstands-
fähigkeit scheinbar eine große Rolle, eine so große, daß viele Autoren bezweifeln,
daß überhaupt eine spontane Erkrankung bei Schaf und Ziege vorkomme. Jeden-
falls ist die durchschnittliche Widerstandsfähigkeit eine sehr viel größere als beim
Rind oder gar beim Pferde. Der Verlauf ist stets chronisch. Nasen- und Augen-
ausfluß, in späteren Stadien ausgesprochene Schlafsucht, verhältnismäßig schwache
Abmagerung fallen in dem Krankheitsbilde auf. Das Tier Hegt meist in sich zu-
sammengebogen, den Hals und Kopf nach der Seite gedreht, schlafend oder soporös
da. Hohe Fieberanfälle wechseln mit Nachlässen. Der Tod scheint nach meinen
Beobachtungen bei langsamem Sinken der Temperatur weit unter die Norm einzu-
treten. Auffällig war mir die geringe Zahl der erkrankten männlichen Tiere (Böcke
und Hammel) im Verhältnis zu den weiblichen. Der Befund an Parasiten ist sehr
wechselnd : bei ^delen Tieren findet man nie ein deutliches Trypanosoma, bei anderen,
und zwar Schafen wie Ziegen, ist eine wahre Überschwemmung des Blutes mit den
^) R. Koch macht die gegenteilige Angabe; ich möchte glauben, daß es sich in
seinen wenigen Fällen entweder um schon durchseuchte Tiere oder um Surrah und nicht
Nagana gehandelt hat. Alle späteren Beobachtungen, namentlich im Innern, wider-
sprechen seiner Angabe.
718 Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
■Parasiten vorhanden. Die Parasiten stehen in ihren Größenverhältnissen etwa in
der Mitte zwischen denen bei Pferd und Rind. Empfänglich sind alle Rassen:
Pettschwanz-, Fettsteiß-, Wollschaf; Eingeborenenziege und Angoraziege. (Zu be-
achten ist die außerordentliche Kleinheit der roten Blutkörperchen bei den afrikani-
schen Ziegen- und Schafrassen). Die Poikilocytose ist oft sehr ausgesprochen;
eosinophile Zellen sind selten, dagegen reichlich die kleinen mononukleären Leukocyten
und eine bestimmte Form der jDolynukleäreu. Heilungen sollen nicht allzu selten
sein. Broden fand am Kongo bei kranken Schafen Trypanosomen ohne freie GeiJßel.
Bei Kamelen ist der Verlauf ein ausgesprochen chronischer (die Krankheit
trägt im Sennaar geradezu den Namen „Dreijahrekrankheit"). Zunehmende Ab-
magerung, lokale Ödeme, die leicht zur Bildung schlecht heilender Geschwüre führen,
das hervorstechendste Symptom. Tod meist unter plötzlichem Naclilassen der Kräfte.
Eeumpt hält eine im Somaliland Ai'no genannte durch Glossina longipalpis über-
tragene mörderische Kamelkrankheit ebenfalls für Nagana.
Bei Hunden ist das Krankheitsbild ähnlich wie bei Pferden; sehr charak-
teristisch, besonders ausgesprochen sind die Ödeme am Kopf (,, Bulldoggkopf") und
Genitalien, die Abmagerung, Schwäche und der Sopor. Der Verlauf ist subchronisch
bis subakut. Die Parasiten erscheinen periodisch im Blut, sind beim ersten Anfall
fast stets leicht nachzuweisen. Daher ist der Hund ein geeignetes Objekt zur
differentialdiagnostischen Impfung. Heilung kaum beobachtet.
Als weitere Versuchstiere für solche diagnostischen Impfungen sind Mäuse
und Ratten (bei letzteren vorgängige Untersuchung auf TryjJ. leivisi nötig!) zu
empfehlen, weil bei ihnen die Inkubation sehr kurz ist und die Parasiten, einmal
aufgetreten, nicht wieder aus dem Blut verschwinden; nicht zu empfehlen sind
Kaninchen, bei denen gelegentlich die Parasiten kaum aufzufinden sind.
Schweine scheinen der spontanen Infektion nicht zugänglich zu sein, wohl
aber sind sie es der künstlichen gegenüber. Der Nachweis gelingt bei ihnen meist
nur durch Impfung auf hochempfängliche Tiere. Nur Ochmann sah in Ostafrika
eine der Nagana ähnliche Krankheit.
Bei der Nagana sind eine Reihe von Versuchen gemacht, Schutzimpfungen
herbeizuführen. Man kann sie in zwei Reihen teilen : solche, die von einer Abschwächung
der Virulenz der Parasiten durch Passage über geeignete Tiere : Koch und Nachfolger
— oder durch Vorbehandlung mit Immunserum: Laveean und Mesnil u. a. ausgehen.
In jüngster Zeit haben auch Novy und MacNeäl eine Schutzimpfung mit den durch
ihre „Züchtung" abgeschwächten Protozoen versucht; doch handelt es sich hier nur um
einige wenige Versuche mit keineswegs klarem Ausgange.
Koch impfte 1897 in Dar-es-Salam zwei Kühe mit dem Blut eines künstlich infi-
zierten Hundes. Dieser Hund stellte die zweite Übertragung einer Rindertrypanose dar
(1. Ratte, 2. Hund). Nach der gewöhnlichen Inkubationsdauer zeigten sich im Blute der
beiden Kühe einige Trypanosomen, die aber nicht zahlreicher wurden, sondern wieder
verschwanden, um nach 3 — 4 Wochen noch einmal aufzutreten und darauf endgültig weg-
zubleiben. Gleichzeitig mit ihnen von demselben Hunde aus geimpfte Hunde und Ratten
erlagen der Infektion. Etwa 5 Monate nach dieser ersten Impfung wurden die Rinder
nochmals mit 5 ccm Blut „eines tsetsekranken Rindes*' subkutan geimpft; sie blieben
gesund und zeigten nie Trypanosomen im Blut, auch nicht nach wiederholten späteren
Impfungen, während die gleichzeitig zur Kontrolle mitgeimpften Hunde in der gewöhn-
lichen Zeit der Krankheit erlegen.
Von diesem Versuche ging dann Schilling in Togo aus und wandte dieselbe
Methode in größerem Umfange, teilweise mit Erfolg an. Er hat schon eine Reihe von
Rindern, die (aber ohne zu arbeiten!) der natürlichen Infektion stand- gehalten haben.
Bei Pferden hat er aussichtsreiche Ergebnisse mit der Passage durch die Gans.
Ob sich diese Methode der Schutzimpfung, trotz der jetzt auch regierungsseitig
Tropische und subtropische Viehseuchen. 719
gemachten Anstrengungen (z. B. Panse, £raube in Deutsch-Ostafrilta) in größerem Maß-
stabe in der Praxis wird anwenden lassen, scheint mir einigermaßen zweifelhaft. Denn
erstens ist der Zeitraum, der vergehen muß, ehe Immunität erzielt ist, ein recht langer
und dann scheint die ziemlich große Verschiedenheit in der Empfänglichkeit der einzelnen
Rinder doch auch eine ganze Zahl von Impfverlusten zur Folge zu haben. Sie wird
sich wohl auch nur an einzelnen, besonders zu schützenden Tieren, kaum an ganzen
Herden durchführen lassen. Und das letztere wäre doch das, worauf es bei der halb-
wilden Viehwirtschaft der meisten Eingeborenen (und Weißen) ankäme. Sie wird, unter
den Verhältnissen, unter denen Schilling (und die anderen Herren) arbeiten : Beschaffung
von immunem Arbeitsvieh in kleinerer Zahl sich wohl als wertvoll erweisen. Bei
Zunahme dieser Betriebe an Zahl und Ausdehnung wird es aber schwer sein mit den
wachsenden Ansprüchen Schritt zu halten ; und dabei bleibt immer die Gefahr bestehen,
daß diese immunisierten Tiere für lange Zeit neue Infektionsherde darstellen!
Wie lange der so gewährte Schutz anhält, läßt sich noch nicht sagen. Auch die
Eeuerprobe, ob er bei schwerer Arbeitsleistung der Tiere gegen die natürliche Infektion
schützt, muß er erst noch durchmachen.
Laverän und Mesnil haben bei kleinen Versuchstieren einige Male eine Heilung
resp. Immunisierung dadurch erzielen können, daß sie das infektiöse Naganablut zu
gleichen Teilen mit menschlichem Serum mischten und dann einspritzten. Zum Teil war
noch Nachbehandlung mit Menschenserum nötig. Serum von durchseuchten Tieren, deren
Widerstandsfähigkeit die Untersucher durch wiederholte Einspritzung großer Dosen
virulenten Blutes zu steigern versucht hatten, war weniger wirksam als Menschenserum.
L. und M. geben selbst zu, daß ihr Verfahren bei großen Tieren schon deshalb unan-
wendbar ist, weil eben die nötigen Mengen Menschenserum nicht zu erlangen sind;
außerdem ist der Prozentsatz der mit dieser Methode zu schützenden Tiere doch recht
niedrig, wenn auch anzunehmen ist, daß sich dies Verhältnis bei den ohnehin schon
widerstandsfähigeren Tieren, z. B. Rindern, besser gestalten würde.
Kleine und Möller vermochten mit dem Serum- von Eseln, welche durch die
KocH'sche Schutzimpfung gegen Trypanosoma brucei immunisiert waren, bei Mäusen und
Hunden keinen anhaltenden Schutz gegen künstliche Infektion zu erreichen.
DiESiNG- hat hat mit Eselserum bei Togorindern den Erfolg gehabt, daß eine Herde
den Eliegengürtel im Urwalde mit viel geringerem Verluste passierte als sonst be-
obachtet war.
Wenn aber alle bisherigen Versuche, eine im großen brauchbare Schutzimpfung
zu finden noch nicht geglückt sind, so weisen allerhand Anzeichen darauf hin, daß es
möglich sein wird, dem Überträger, dem Wirt aus der Klasse der Insekten, beizu-
kom'men. Wenn dies schon bei den Überträgern der Malaria, den Anophelesarten mög-
lich war, wie die glänzenden Erfolge Boss' in Ismailia, Freetown. Hongkong beweisen,
so würde — auch wenn unser Altmeister der Bakteriologie, R. Koch, nicht seit einem
Jahre seinen bisherigen Widerstand aufgegeben hätte, wohl gerade in diesem Falle der
gleiche Versuch berechtigt sein, wo wir ohnehin schon sicher wissen, daß die in Frage
stehende Fliege von der fortschreitenden Kultur zurückgedrängt, ihr Verbreitungs-
gebiet, ihr Vorkommen beschränkt wird, wo es sich um ein lebendig gebärendes
Insekt mit schwacher Vermehrung handelt. Es kommt nur darauf an, sicher und ein-
wandsfrei herauszufinden, welche Seite unserer Kultur ihr feindlich ist, um die so ge-
wonnene Kenntnis zum bewußten Angriff zu benutzen. Dazu gehört freilich ein genaues
Studium der Lebensgewohnheiten der Fliege, das sich nur an Ort und Stelle, nicht in
unseren heimischen Laboratorien, durchführen läßt. Daß aber in dieser Hinsicht etwas
geschieht, wird eine immer dringendere Forderung, seit das alte Axiom von der Im-
munität des Menschen gegenüber dem Stich der Tsetsen gefallen ist, da keine der
bisher bekannten Methoden der Schutzimpfung beim Menschen irgendwie anwendbar ist.
Es ist noch zu erwähnen, daß es Mittel gibt, um vorübergehend Tiere gegen
den Biß der Tsetse zu schützen. Z. B. das Passieren der Tsetsegürtel bei Nacht. Dieser
Fall verdient übrigens eine genaue Untersuchung. Denn die Wege innerhalb dieser
Buschwälder sind so schmal, daß es ganz undenkbar ist, daß nicht so und so viel
Fliegen dabei abgestreift und munter gemacht werden; und es ist bekannt, daß die
720 ^^- L- Sander und Dr. Hennig.
Tsetse dann auch, ebenso wie sonst einmal in der Nacht, sticht. Es wäre immerhin
möglich, daß das Ausbleiben der Infektion bei Stichen in der Nacht darauf beruhte, daß
das Trypanosoma sich dann in der Fliege in einem Entwicklungszustande befindet, der
seine Überimpfung ausschließt.
Die übrigen Maßnahmen bestehen entweder in einer Schutzhülle, einem voll-
ständigen Gewände, des Tieres, wie sie z. B. in Deutschostafrika vielfach angewendet
wird und die natürlich nur bei zahmen, d. h. in diesem Falle Reittieren anwendbar ist,
oder dem Aufstreichen einer Masse, die den Tsetsen widerlich ist. Das älteste Mittel
derart ist der Inhalt von Magen und Därmen der Widerkäuer (Livingstone), bzw. der
abgesetzte Mist, meist mit Lehm zur besseren Haftung angerührt; ferner Löwenfett
(Livingstone), Creolin, Petroleum u. dgl. (eine Reihe neuerer Autoren, wohl mehr theore-
tisch empfohlen als ausgeführt) Pflanzenabkochungen (Schilling, Amomum melegueta).
Auch das Anzünden stark rauchender Feuer, unter deren Wind dann die Tiere durch
den Fliegengürtel getrieben werden, ist mehrfach in Gebrauch und empfohlen worden.
Ob die ElDebab genannte algerische Kamelkrankheit, die Soumaj'a der Rinder
und Pferde im französischen Sudan, das Mal de la Zousfana und andere wenig be-
kannte Affektionen in Algerien der Nagana, der Surrah, dem Mal de Caderas oder der
Dourine, näher stehen, ist noch nicht zu entscheiden. (Vgl. hierüber bei Luhe S. 128 — 129.)
Erkrankung der Pferde durch Trypanosoma dimorphon.
Die Erkrankung der Pferde durch Tj-yj). dimoiyJioyi verläuft nach. Dutton
und ToDD am Gambia als ausgesprochen clu"onische Erkrankung. Das erste Symptom
ist, daß das Pferd das Feuer verliert, ohne in der Kondition nachzulassen. Dann,
nach 2 — 3 Wochen setzt Abmagerung ein und das auch bei Nagana sich findende
charakteristische Büd : hängender Kopf und Ohren, mattes Auge, leichte Ermüdbarkeit
besonders unter dem Sattel. Nach einem weiteren Monat „rutscht das Fleisch vom
Rücken nach dem Bauch", d. h. es bilden sich dort Infiltrationen bei starker Ab-
magerung des übrigen lioibes ; das Skrotum hängt herab, die Testikel sind ödematös.
Eigentliche Ödeme der abhängigen Partien und Glieder fehlen dagegen, ebenso Avie
rauhes Haar. Etwas wässeriger Augenfluß stellt sich ein.
Dies Stadium dauert 1 — 7 Monate, dabei nimmt Schwäche, Abmagerung,
Augenfluß zu, es bilden sich namentlich unter dem Druck des Sattels häufig Beulen,
dagegen fehlen Ödeme, Hämatmie und meist auch Hämorrhagien in den Schleim-
häuten. Unter heftiger Atemnot, großer Schwäche, die das Pferd nicht mehr auf
die Beine kommen läßt, und leichten Konvulsionen tritt das letzte Stadium und der
Tod ein. Pathognostisch ist in ihm besonders, daß das Tier immer im Schweiß ist.
Im ersten Stadium ist die Temperatur leicht erhöht, Parasiten finden sich nur
spärlich im Blut; im zweiten Stadium stellen sich periodische Temperatursteige-
rungen ein, wälirend deren die Parasiten sich meistens im Blute finden, in den
Intervallen aber fehlen. Während des dritten Stadiums besteht leichtes Fieber
(39,5*^), das im weiteren Verlaufe schwankender, meist erhöhter (bis 40,5*^) Tempe-
ratur Platz macht. Die Parasiten sind jetzt ständig im Blut vorhanden. Der
Sektiousbefund ist ähnlich wie bei Nagana, nur ist außerdem eine auffällige Schwel-
lung aller Lymphdrüsen — sie sind bald weich, wässerig und amberfarben, bald
zeigen sie ein schokoladenbraunes Zentrum, bald Hämorrhagien — vorhanden und
die Leber ist fettig entartet, während Milzschwellung fehlt. Die Blutverände-
rungen sind wie bei Nagana: Yerminderung der roten Blutkörperchen und des
Hämoglobins.
Diese Krankheit ist bisher nur vom Gambia her aus den tiefliegenden Ge-
bieten gemeldet. Die Infektion soll nur in der Regenzeit stattfinden. Die Einge-
borenen beschiddigen einen roten Waldafi'en als Quelle des Infektionsmaterials (wie
für die Schlafkrankheit).
Tropische und subtropische Viehseuchen. 721
Küstentrypanose von Kamerun, Tryp. vivax Ziemann.
Empfänglich, sind Rinder, SchafeundZiegen, Beobachtet ist die Seuche
bisher nur in den Küstengegenden, der Überträger ist noch unbekannt. Die Seuche
tritt am stärksten in der Regenzeit, Ende Juli, August und Anfang September auf,
während in den Monaten April, Mai, Juni, Anfang Juli frische Fälle sehr selten
sind oder ganz fehlen. Die Morbidität und Mortalität unter den nach den Küsten-
gebieten kommenden empfänglichen Tieren ist eine sehr hohe.
Der Verlauf ist bei Rindern sowohl als Schafen und Ziegen häufig ein perakuter,
in 1 — 2 Tagen nach Ausbruch zum Tode führender, kann aber auch sehr chronisch
werden und sich über Monate, selbst über Jahresfrist hinziehen. In letzteren Fällen
verschwinden die Parasiten schließlich aus dem Blut, und bei Ziegen und Schafen kann
dann Heilung eintreten. Chronische Fälle können aber — wie bei Nagana — durch
Hinzukommen äußerer Schädlichkeiten, wie Durchnässung, Darmkatarrh, plötzlich akuten
Charakter annehmen. Solche Rezidive können sich mehrfach wiederholen, trotzdem aber
noch in Heilung übergehen; andererseits kann auch noch ganz plötzlich der Tod bei
äußerlich wieder gesund erscheinenden Tieren eintreten (häufig in der Nacht!). Auch
hier steht die Menge der in Blut und Organen zu findenden Parasiten vielfach in Wider-
spruch zu der Schwere des Falles, und zwar nach beiden Richtungen hin, doch nur bei
Kleinvieh. Bei Rindern scheinen Heilungen außerordentlich selten zu sein: Ziemann hat
noch keine sichere beobachtet. Die Erkrankung setzt stets mit Fieber ein, bei chroni-
schen Fällen treten aber tagelange Remissionen auf. Das Neuauftreten von Fieber fällt
mit einem Neuauftreten des Parasiten zusammen.
Bei den ganz akuten Fällen treten bei Schafen und Ziegen häufig, bei
Rindern nur selten tonisch-klonische Zuckungen auf; meist sind die akuten Fälle sehr
schnell von völliger Freßunlust gefolgt, dagegen fehlen erhebliche Störungen des Darms.
In chronischen Fällen kann die Freßlust ungestört sein. Bei den Rindern und bei künst-
lich infizierten Eseln war das Fell rauh, ein den Haussahirten wohlbekanntes, also wohl
ständiges Symptom.
Bei Rindern sind die übrigen Erscheinungen der akuten Fälle: Eindruck des
Schwerkrankseins, trübe glasige Augen, leichte Konjunktivitis, häufig Ausfluß glasigen
Schleims aus dem Maule. Puls und Atmung beschleunigt; oft terminale Temperatur-
erniedrigung. Ödeme und Petechien der Haut fehlen, auch in chronischen Fällen.
In allen Fällen ist mehr oder weniger Anämie zu bemerken, in den chronischen ganz
kolossale. Der Hämoglobingehalt sank in Ziemann's Fällen schneller als die Zahl der
roten Blutzellen; oft sah das Blut direkt wie hellrotes Wasser aus. Die Zahl der roten
ßlutkörper konnte sinken bis auf 2130000, Hg. bis auf 22% (Fleischl). Basophile
Körnung wurde mehrfach gesehen.
Die Infektion hindert oft nicht an der Austragung lebender Jungen, ja Verwerfen
ist selten; in den Fötus scheinen die Parasiten nicht überzugehen und auch im Frucht-
wasser konnte- Ziemann keine finden! Die Nachkommen sind nicht immun.
Die Inkubationszeit scheint für natürliche Infektion und subkutane Impfung gleich-
mäßig 5—8 Tage zu betragen.
Der Leichenbefund bei akuten Fällen ergab eine Milz- oder Leberschwellung. In
den Ausstrichen der inneren Organe, auch der Milz, fanden sich auffallend wenig Para-
siten, mehr im Knochenmark. Seröse Ergüsse finden sich meist nur im Perikard; da-
gegen an den Nierenkelchen sulzige gelbliche Massen, ebenso auf dem Perikard. Zu-
weilen, besonders bei Schafen, ziemlich festhaftende, flockige, streifige, fibrinöse Auflage-
rungen auf Leber und Perikard, Därme meist anämisch.
Der künstlichen Infektion sind mit Erfolg unterzogen worden: graue Ratten, Tod
nach 8—11 Tagen; deutscher Hund(?); einheimische Schweine: nur leichte Erkrankung;
Esel: chronischer Verlauf, Tod nach 52—290 Tagen (aber gleichzeitig Erkrankung an
Babesiose). Ohne Erfolg: Katzen, Hausgeflügel, eine weiße Ratte.
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III. 46
722 ^^- -'-'• Sander und Dr. Hennig.
Ziemann hat trotz Darreichung von Sol. Fowleri 1,0 g täglich, steigend um 0,1
bis zu 2,0 g täglich and dann zurückgehend bis 1,0 gegen Nagana das Auftreten von
akuter Infektion mit Trypanosoma vivax nicht hindern können. Auch Chin. bimur.
täglich 2 g intramuskulär, 14 Tage hintereinander, blieb ohne jeden Einfluß (Esel gleich-
zeitig Babesiose !). (Über die Morphologie des Parasiten vgl. Luhe Bd. III S. 125. j
Surrah.
Sie ist als die asiatische Form der Säugetiertrypanose zu bezeichnen
und ist bisher festgestellt worden in Vorderindien westlich vom Indus
(Punjab Pease), Bombay Presidency nach Evans) und Persien (De Does), in Assam,
Burmah, den Shan - Staaten (Evans), Indochina und Tonkin (Cakkougeau), und
Annam (Vassal) wahrscheinlich auch Korea (Lavekan), in Mederländisch-Indien
(Samarang, wahrscheinlich auch Togal und Cheribon [Penning]), den Philippinen
(CuKKY Salmon und Stiles u. a.), Mauritius (Laveran) ; wahrscheinlich ist sie auch
an der ganzen Ostküste Afrikas vertreten, neben der Nagana, soweit Yiehverkehr mit
Indien besteht. Der Erreger ist das Trypanosoma evansi (vgl. S. 129), daß sich im
allgemeinen vor den anderen hier in Betracht kommenden dadurch auszeichnet, daß
sein „Hinterende" gewöhnlich etwas länger und spitzer ausgezogen ist (gegenüber
Tryp. leivisi ist es aber als „stumpf" zu bezeichnen (R. Koch).
Die natürliche Erkrankung ergreift vorwiegend und am schwersten die Einhufer,
weniger häufig und stark auch die Rinder und Büffel. Von den anderen Haustieren
wird gemeldet, daß genuine Erkrankungen vorkommen. Ob Hatten genuin an Surrah
erkranken, bedarf noch der sicheren Feststellung. Lingäbd behauptet es, doch waren
mir seine Arbeiten nur in Referaten zugänglich und die Berichterstatter nehmen ver-
schiedene Stellung zu diesem Punkt. ^) Künstlich übertragbar ist Surrah sicher außer-
dem auf Affen und Ratten. Das Verhalten von Meerschweinchen und Kaninchen wird
verschieden angegeben ; diese scheinen also zum mindesten wenig empfänglich zu sein.
Die künstliche Infektion scheint von genuinen Fällen schwerer zu haften als von künst-
lichen Trypanosen, weil sie den ersten üntersuchern (Steel, Carter, Evans usw.) nur
yom Peritoneum aus gelang.
Bezüglich der natürlichen Entstehung neigen sich die Meinungen immer mehr
dahin, daß auch hier die Übertragung durch Infektion besorgt wird. (Lingaed denkt
allerdings noch an ein freilebendes Zwischenstadium der Trypanosomen in Morästen, auf
Bambusbüschen usw., das von den Fliegen aufgenommen würde.) Welche Insekten aber
in Betracht kommen, das ist trotz Rogers' gelungenen Übertragungen mit Bremsen")
(s. 0.) und allen Beobachtungen über die Rolle der Stomoxysarten noch nicht sicher.
Die Surrah zeigt, ganz ähnlich wie die Nagana und Trypanose am Gambia, ein
gehäuftes Vorkommen in der Regenzeit und das dürfte noch wahrscheinlicher machen,
daß auch hier Insekten (außer Tsetsefliegen vielleicht Kamelläuse, Tabaniden, Hippo-
bosciden) eine maßgebende Rolle zukommt. Hauptsächlich soll sie in sumpfigen Gegenden
einheimisch (Penning) und in nassen auf trockene folgenden Jahren besonders häufig
sein (Evans). Die Seuche soll gewöhnlich im August oder September einsetzen und bis
Januar anhalten.
Der Krankheitsverlauf ist auch bei dieser Seuche wechselnd, von ganz akuten bis
zu ausgesprochen chronischen Fällen, doch scheinen bei ihr die chronischen Fälle gegen-
über der Nagana zu überwiegen. Von Einfluß ist auch hier neben äußeren Einwirkungen
Vorhandensein oder Ausschließung von Witterungseinflüssen, guter oder schlechter Er-
^) Hierher gehört auch die Frage, ob Tryp. leivisi mit Erfolg und Seuche erregend
auf Säuger anderer Ordnungen übertragbar ist, wie Lingard bei Hund, Kamel und wahr-
scheinlich auch dem Elefanten, bei Kleinvieh und Schweinen nicht oder nur selten und
ausnahmsweise mit Erfolg ausgeführt haben will, oder ob Verwechslung mit Tryp. evansi
dabei vorliegt. Diese beiden Trypanosomen sind ja lange Zeit für identisch gehalten
worden.
^) Daß diese unter den Eingeborenen allgemein als die Überträger gelten
(Nocard), wird von De Does entschieden in Abrede gestellt.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 723
nährungszustand, reichliches oder mangelhaftes Futter und Arbeit oder Schonung — vor
allem aber die Klasse, der das erkrankte Tier angehört: Bei den Equiden schwere und
oft stürmische Erkrankung, ebenso bei den Hunden ; chronische und meist leichte mit
ziemlich häufigen Heilungen bei Rindern und Kamelen.
Die chronisch verlaufenden Eälle sichern den Fortbestand der Seuche von einer
Regenzeit zur anderen (Lingard).
Die Symptome der akutesten Fälle sind : trockene Nase, tränende Augen mit inji-
zierter Bindehaut, ebenso die Maulschleimhaut, die außerdem noch rötliche Flecken zeigt.
Atmung und Puls sind sehr stark beschleunigt. Die Temperatur auf 40 — 40,5° erhöht;
die Freßlust ist völlig geschwunden, der Mist sieht rötlich aus und ist mit unverdauten
Futterresten gemischt. Der Tod tritt nach 2 — 24 Stunden eio.
In weniger schweren Fällen ist die Nase gleichfalls trocken, Tränen und ausge-
sprochene Injektion der Konjunktiven bestehen gleichfalls; ebenso ist das Maul etwas
trocken. Die Freßlust ist meist etwas verringert; der Mist gelbgrün ohne ßlutbeimeng-
ungen. Ein Teil der Fälle erliegt nach 2 — 3 Monaten, die anderen gehen sehr langsam
in Genesung über.
Die Abmagerung, Schwäche in der Hinterhand und allgemeine Schwäche sind auch
bei der Surrah in chronischen Fällen sehr ausgesprochen. Bei Einhufern und Hunden
treten auch hier Ödeme, besonders an den Genitalien sehr in den Vordergrund. Außer-
dem aber sind häufig papulöse und pustulöse, vereiternde oder geschwürigwerdende Haut-
ausschläge zu beobachten (Schat, Caeeougeau).-') Desgleichen sind Petechien und stärkerer,
mit Ausfluß verbundener Katarrh der Nasen-, Augen- und Genitalschleimhäute nicht
selten. Die Haltung und das Benehmen der Tiere sind ganz ähnlich wie bei Nagana
(auch die Abweichungen in den Symptome bei den einzelnen Tierklassen). Die Inter-
missionen in den Anfällen scheinen aber unregelmäßiger zu sein.
Das Verhalten der Parasiten während des Verlaufs der Krankheit, ihr Vorkommen
oder Fehlen in Blut und Organen schließt sich eng dem bei Nagana geschilderten an.
Bei surrahkranken Rindern ist es jedoch, im Gegensatz zu Nagana, häufig unmöglich den
sicheren Nachweis der Seuche anders als durch Überimpfung auf besonders empfängliche
Tiere zu führen, weil die Parasiten in nachweisbarer Form hier während der ganzen
Dauer der Krankheit fehlen können.
Die Leichenveränderungen sind ähnlich wie bei Nagana, doch scheinen seröse Er-
güsse in die Körperhöhlen häufiger zu sein als dort, und eine Beteiligung des Rücken-
markes, besonders in seinen unteren Teilen (feuchte Durchtränkung und Mürbigkeit vor-
handen zu sein.
Die Blutveränderungen entsprechen im Leben und in der Leiche denen bei Nagana.
Insbesondere heben Penning und DeDoes auch die auffallende Vermehrung der eosino-
philen Zellen bei Equiden hervor, die gleichförmig mit der der Parasiten vor sich geht
(ja deren Erscheinen einleitet) und wieder verschwindet.
Die Voraussage ist nach den Tierklassen verschieden: In Mauritius war sie — 100:100
für Pferde, — 20 — 25:100 für Rinder. Die Morbidität steht in ähnlichem Verhältnis.
Heilmittel haben auch hier den meisten Forschern versagt; doch will Boue,
Hospitalarzt in Mauritius, mit Arrhenal bei 10 Maultieren Fieberabfall erzielt haben
(Laveran; ob auch Heilung, ist nicht gesagt) und Penning verspricht sich Erfolg von
„Blutauswaschuugen" mit 0,l^l^iger Kochsalzlösung.
Als vorbeugende Maßregeln werden empfohlen: Anzünden großer Schmauchfeuer,
um stechende Insekten zu verjagen. Wegschaffen oder Töten der ersterkrankten Tiere,
um die Infektionsquelle für den übrigen Stapel zu entfernen.
Mag diese Maßregel auch in den Gegenden von etwas zweifelhaftem Werte sein,
wo die Surrah enzootisch herrscht, nach den Erfahrungen, die in Mauritius mit der Ein-
^) Die gleichen Hautausschläge sah auch ich in Ostafrika bei Eseln, weniger deut-
lich bei Kleinvieh und Rindern. Es handelte sich stets um chronisch verlaufende Fälle
der von den Eingeborenen „Kidei' genannten Krankheit, die nach ihrer Aussage nicht
von der Tsetse, sondern von der Stomoxys übertragen wird. Das Krankheitsbild und
die morphologische Erscheinung der Parasiten entsprach dabei stets der Schilderung der
Surrah und ihres Parasiten.
46*
724 ^^- ^- Sander und Dr. Henhig.
schleppung von Surrali durch erkrankte Tiere aus Indien gemacht worden sind, wird
man für alle Tropengegenden (ob auch für solche mit kühlerem Klima ist bis jetzt noch
fraglich), die bisher frei von dieser Seuche waren, auf strengsten Ausschluß solcher Ein-
schleppung oder schnellste Unschädlichmachung der ersten Fälle das Auge richten müssen.
Ob menschliche Trypanosen in Indien vorkommen, ist noch festzustellen. Die Be-
funde von DoNOVAN und Leishman (vgl. Ross und Laveran) fordern aber zu Unter-
suchungen in dieser Richtung auf. (Vgl. Leishman, Kala Azar, Bd. III.)
Mal de Caderas.
Diese Seuche (etwa =^ Hüftlähme) ist eine Südamerika östlich der
Anden in seinen tropischen und subtropischen Gegenden eigene Trypanose der
Equiden. Bei Tieren anderer Klassen als bei Einhufern ist sie als genuine
Krankheit bisher noch nicht beobachtet worden, was von vornherein recht wunderbar
erscheint, wenn man bedenkt, daß Einhufer in Südamerika ursprünglich gar nicht
heimisch sind. Es ist also wohl anzunehmen, daß sie in einer sehr gutartigen
Form bei irgend einem bis jetzt noch nicht beachteten südamerikanischen Tiere
sich finden Avird. i) Diese Feststellung ist um so nötiger, als wir auch über die
Art der natürlichen Übertragung noch im Ungewissen sind.
Die Krankheit tritt ebenso wie die Nagana und Surrah keineswegs in allen Ort-
lichkeiten ihres Verbreitungsgebietes auf, sondern in „Gürteln" und „Zonen", oft von
sehr beschränkter Ausdehnung. Besonders soll sie in Nachbarschaft von Sümpfen sich
zeigen und besonders häufig nach starken Regengüssen mit Tümpelbildung. Kemmerich
will auf seiner Estancia in Argentinien die Seuche dadurch zum Verschwinden gebracht
haben, daß er alle Sümpfe in offene Teiche umwandelte. „Er behauptet mit absoluter
Bestimmtheit die Krankheit dadurch bekämpfen zu können, daß er für dauernden freien
Wellenschlag sorgte. Bewegtes "Wasser hält er für absulut unschädlich" (Voges).
Das wiese darauf hin, daß außer den Stechfliegen (Stomoxys calcitrans = Mosca
brava und Bremsen, Tabanus spec), die von Voges, Zecken (Garäpatos, R]npiceplialii,s-
arten), die von LigniSiees und Elmassian beschuldigt werden, auch ganz andere In-
sekten in Betracht gezogen werden müßten. Denn weder Fliegen noch Zecken legen
ihre Eier in das Sumpf w a s s e r ab.
Das Hauptvorkommen der Seuche fällt in die Regenzeit.
Während zuerst von Lacerda und Lecler u. a. ein Bakterium als Erreger ange-
nommen wurde, ist von Voges, Ligni^iees und weiterhin eingehend von Elmassian und
MiGONE nachgewiesen worden, daß es sich um ein Trypanosoma, Tryp. equinum (Voges)
handelt. Von den anderen Säugetiertrypanosomen unterscheidet es sich vornehmlich da-
durch, daß der Blepharoplast (Centrosom) bei Doppelfärbung die Farbe weniger stark
annimmt als der Kern; ferner sollen die großen Teilungsformen mit 3 — i Individuen
etwas häufiger als bei den anderen im Blute zu finden sein. Auch scheint es am ver-
gänglichsten und wenigsten widerstandsfähig von allen zu sein, da es schon wenige
Stunden nach dem Tode des kranken Tieres nicht mehr gelingt, es im Blute und den
Organsäften nachzuweisen. (Vgl. Luhe S. 132.)
Der Verlauf dieser Trypanose ist meist ausgesprochen chronisch und zieht sich
über 4—5 Monate, selbst mehr, hin. Doch kommen aucli schneller verlaufende in weniger
als 3 — 4 Wochen zum Tode führende Fälle vor. Bei Eseln und Maultieren ist der Ver-
lauf fast immer schleppend.
In den chronischen Fällen ist auch hier die enorme, trotzdem die Futteraufnahme
meist bis kurz vor dem Tode ungestört ist, stetig fortschreitende Abmagerung eins der
hervorstechendsten Anzeichen. Daneben aber ist im weiteren Verlauf sehr deutlich aus-
gesprochen die zuweilen bis zur vollen Paraplegie mit Lähmung der Blase und des Mast-
darms sich steigernde Bewegungsstörung der Hinterhand mil ihrer schweren Beeinträchti-
^) Die erste Nachricht über diese Seuche stammt (nach Voges) von Luiz Calendrini
aus dem Jahre 1842. — Es sollen bei einigen Ausbrüchen dieser Seuche viele tote Capybara
(Wasserschwein) gefunden worden sein.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 725
gung des Stehens und Laufens. Sie ist so häufig, daß gerade davon die Krankheit ihren
volkstümlichen Namen erhalten hat. Intermittierendes Fieber mit zunächst hohen dann
immer schwächeren Steigerungen fehlt auch hier nicht. Der Tod kann bei Apyrexie oder
sogar subnormaler Temperatur (34° Voges, Elmassian) erfolgen, meist aber, besonders
bei den akuten Fällen, im Fieberanfall.
Bei akuterem Verlauf sind die Abmagerung und Anämie meist weniger ausge-
sprochen, dagegen ist der Harn häufig blutig gefärbt. Die paraplegischen Erscheinungen
sind gleichfalls weniger ausgeprägt und treten meist erst kurze Zeit — 24 Stunden —
vor dem Tode auf. Die Temperaturschwankungen sind ausgesprochener und schneller
wechselnd.
Erscheinungen an den Genitalien fehlen meist.
Die Parasiten zeigen sich zu Anfang nur periodisch im Elut, in den Intervallen
zwischen den Fieberanfällen. Die Blutveränderungen gleichen denen bei anderen Try-
panosen inbezug auf Verminderung und Veränderung der roten Blutkörperchen, Abnahme
des Hämoglobin, Zunahme der Leukocyten.
Der Sektionsbefund ist kaum abweichend von dem bei anderen Trypanosen.
Als Laboratoriumstiere sind Mäuse, Ratten, Nictipithecus felinus und Coati zu
empfehlen, weil bei ihnen die Infektion leicht haftet und die Parasiten in beständig an-
wachsender Zahl stetig im Blut vorhanden sind. Der Verlauf ist schneller, die Symptome
ähnlich wie beim Pferd. Bei Hund und Kaninchen ausgesprochene Ödeme an Kopf und
Genitalien, Verlauf langsam, Parasiten spärlich und erst spät im Blut. Ziegen und Schafe
erliegen auch, der Parasit ist nur periodisch vorhanden. Meerschweinchen wenig, Rind
gar nicht empfänglich.
Heilungen sind bei Einhufern nicht beobachtet; Medikamente ohne Erfolg. Ver-
bringung unter gute äußere Verhältnisse verlängert auch bei dieser Krankheit das Leben.
Als Vorbeugung schlägt Voges vor, alle caderaskranken Tiere in der Trockenzeit,
während deren keine Neuerkrankungen vorkommen, zu töten und so den Infektionsstoff
für die nächste Regenzeit zu beseitigen. Bei Ausbruch der Seuche in einer Herde soll
Isolieren der kranken, Verbringen der noch gesunden Tiere nach hochgelegenen trockenen
AVeiden ein weiteres Umsichgreifen der Seuche verhüten.
Dourine.
Die Dourine oder „ansteckende Beschälseuche der Pferde" (Mal
du coit) ist die einzige der seuchenhaften Säugetiertrypanosen die genuin in ge-
mäßigt-subtropischen und gemäßigten Klimaten vorkommt. Sie scheint dem Nord-
osten Afrikas zu entstammen und von dort über das Mittelmeer nach den angrenzen-
den Gegenden Europas und Asiens verbreitet worden zu sein. Beobachtet ist sie
in : Marokko,' Algier, Tripolis, Syrien, der Türkei, Spanien, Südfrankreich, Ungarn ;
vorübergehend auch in Chile und Nordamerika (Illinois). Auch aus Madagaskar
kamen von 1902 Meldungen über eine verdächtige Seuche.^) Diese Verschleppung
über einen großen Teil der Erde steht mit der Art der Übertragung in engem
Zusammenhange: sie geschieht nach den Autoren ausschließlich durch den Ge-
schlechtsakt. -)
Da der Verlauf, namentlich bei Eseln sehr schleppend und in den Anfangs-
stadien wenig charakteristisch ist, so kann es leicht geschehen, daß ein kranker Hengst
weithin verführt und noch zum Decken zugelassen wird, ehe die Krankheit unzweideutig
bei ihm ausbricht. Er ist aber in diesem Stadium schon ansteckungsfähig.
Befallen werden von dieser Seuche nur Pferde und Esel; die Blendlinge beider
und Wallache erkranken in Gegenden mit geregelter Pferdezucht nicht, weil sie, als
^) Als „Osteomalacie" Unter Pferden und Maulese'n auf Madagascar in Revue de
Madagascar, 1903, V, S. 503 u. ff. beschrieben.
^) Wenn auch Zweifel berechtigt sind, ob diese Anschauung für alle Fälle in den
mutmaßlichen Heimatländern der Seuche, Algier und Marokko zutrifft, so verhält es sich
für die Praxis bestimmt so in allen Ländern, wohin die Dourine erst verschleppt wird.
726 -D^- ^- Sander und Dr. Hennig.
nicht fortpflanzungsfähig, nicht zum Deckgeschäft zugelassen werden. (In Gegenden mit
halbwilder Zucht aber könnten wohl auch diese erkranken, da sie den Greschlechtsakt,
wenn auch unfruchtbar, ausüben.) Andere Tierklassen erkranken genuin nicht.
Für die Impfung empfänglich sind auch nur verhältnismäßig wenige Tiere; dabei
scheinen die verschiedenen „Stämme" des Erregers noch von sehr verschiedener In-
fektionstüchtigkeit zu sein (Rouget-Nocahd). Am empfänglichsten scheint der Hund zu
sein, dann weiße Mäuse, weiße Ratten und Kaninchen. Rinder und Meerschweinchen
sind völlig refraktär; graue Ratten verhalten sich sehr verschieden.
Der Erreger der Seuche, das Trypanosoma equiperdmn Doflein, hat die allgemeine
Struktur der übrigen vorstehend geschilderten: vielleicht ist die Durchschnittsgröße etwas
geringer und die Formverhältnisse bei ihm etwas mannigfaltiger, das Vorkommen von
„Kopulations"formen häufiger und seine Beweglichkeit etwas größer. Seine Lebensfähig-
keit im toten Tier und in dem dem lebenden Körper entnommenen Blut sind noch
geringer als bei Tryp. equinum, er ist also ziemlich hinfällig. Bemerkenswert dagegen
ist, daß es sich auch in den Sekreten der Geschwüre tragenden Schleimhäute und im
Sperma findet, nicht bloß innerhalb des Blutes. (Näheres s. bei Luhe S. 122.)
Die natürliche Krankheit tritt am 11. — 20. Tage nach dem infektiösen Deckakt
ein, verläuft meist chronisch, durch 3 — 4 Monate, endet aber beim Pferde stets mit dem
Tode, während beim Esel Heilungen nicht gerade selten zu sein scheinen. Der allge-
meine Charakter der Krankheit schließt sich auch dem der anderen Trypanoseseuchen an,
also : intermittierendes Fieber, zunehmende Abmagerung und Anämie trotz meist erhalten
bleibender Freßlust, mehr oder minder flüchtige Ödeme der Gliedmaßen, Steifigkeit bis
Parese der Hinterhand, charakteristische Haltung, zunehmende Trägheit und schlafsüchtige
Benommenheit. Ganz pathognostisch aber ist für die Dourine die ausgesprochene Be-
teiligung der Geschlechtsorgane an der Erkrankung und die eigentümlichen papulösen
und ekzematös-geschwürigen Hautveränderungen.
Die Veränderungen an den Geschlechtsteilen stellen als mäßiges Odem am Vorder-
ende des Schlauches oder der vulva und geringe Rötung und schleimiger Katarrh der
Genitalschleimhaut das Frühsymptom dar, und werden häufig übersehen. Das Odem
nimmt zu und breitet sich allmählich weiter aus , auf den Hodensack , die Leisten-
gegend, selbst die Bauchwand bzw. auf den Damm; die oberflächlichen Lympthdrüsen
schwellen (häufig einseitig) an. Die Temperatur ist etwas erhöht, 38 — 38,5 **. Diese Er-
scheinungen nehmen weiter zu, aber unter stetigen Besserungen und Verschlimmerungen;
nach einem Monat etwa wird der Atem kurz und knapp, die Nierenpartie empfindlich,
die Abmagerung beginnt. Nun setzt die Zeit der Hautausschläge ein, gewöhnlich nach
40 — 45 Tagen, manchmal etwas später. Sie bestehen in quaddelförmigen, flüchtigen, etwa
5 Tage stehenden kleineren und größeren Schwellungen der Haut, über denen das Haar
gesträubt, die Haut verdickt ist. Meist lassen sie Serum austreten. Am deutlichsten
sind sie bald nach dem Tränken und sitzen am häufigsten auf dem Kreuz. Von nun an
wachsen Abmagerung, Schwäche und Bewegungsstörungen immer mehr, die Lymphdrüsen
schwellen mächtig an, die Ödeme nehmen zu und unter Geschwürsbildung auf den Genital-
und anderen Schleimhäuten, vielfachen oberflächlichen Abscessen, „fressenden Ekzemen"
großer Brüchigkeit der Knochen, Unempfindlichkeit der Haut gegen Stiche und Schnitte
endet der Tod das Leiden des schließlich völlig gelähmten Tieres. Bei Stuten pflegt der
Verlauf etwas schneller zu sein als bei Hengsten.
In der akuten Form folgt meist einige Tage nach dem Auftreten der Quaddeln
der Anfangsschwellung an den Geschlechtsteilen plötzlich ein Schwändelanfall oder akut
Lähmungen, die das Tier in wenigen Tagen hinrafien. Diese akuten Fälle sind be
Stuten seltener als bei Hengsten.
Die Diagnose ist bis zum Auftreten der Quaddeln unsicher. Als diagnostisches
Beweismittel dient die Impfung auf den Hund. Bei diesem ist das Symptomenbild ganz
ähnlich wie beim Pferde, doch sind daneben die Augenstörungen sehr stark ausgesprochen-
Subkutane Impfungen geben das klarste Bild (7 — 20 Tage Inkubation !) Der mikroskopi-
sche Nachweis der Parasiten ist am Gewebssaft der Schwellungen und Quaddeln zu ver-
suchen, da sie in diesem häufig sind, während sie sich im kreisenden Blut nur spärlich
finden. Die Sektion ergibt außer den gewöhnlichen Erscheinungen der Trypanosen:
r
i
Tropische und subtropische Viehseuchen. 727
gelatinöse Quaddeln unter der Haut, heftige Entzündung des äußeren Teils der Harnröhren-
schleimhaat beim Hengst, des ganzen Genitaltraktus bei der Stute, enorme gelatinöse
Schwellung der Leistendrüsen und häufig Erweichungsstellen im Rücken(Lenden)mark.
Heilversuche sind bis jetzt nicht gelungen; wohl aber Immunisierung von Labora-
toriumstieren (RouGET, Nocaed) durch Präventivimpfung mit Serum geheilter Tiere.
Tiere, die die natürliche Krankheit überstanden haben, sollen fortan immun sein.
Mittel zur Ausrottung, bzw. Eindämmung der Seuche ist möglichst schleunige Un-
schädlichmachung der ersten Fälle. Da die Pferdehengste in den ersten Perioden der
Krankheit den Beschälakt noch ausführen können, ist besondere Aufmerksamkeit von
Nöten. Am gefährlichsten aber scheinen die Eselhengste zu sein (Schneider u. Bupfaed),
da bei ihnen oft nur die schwer zu deutenden Anfangssymptome das einzige Anzeichen
der Seuche darstellen.
Für die Gallseuche der Rinder verweise ich auf die Beschreibung der Buschseuche
S. 767.
Literatur.
Ich gebe im nachstehenden nur die Literatur, die ich im Original oder in Referaten
selbst benutzt habe, und zwar nur soweit, als sie nicht schon von Luhe und Mense in
diesem Handbuch zitiert worden ist: desgleichen berücksichtige ich nicht die auch hier
in Betracht kommenden' Schriften über Malaria und deren Parasiten. Da ich es aber
gerade für ein Handbuch über Tropenkrankheiten für erwünscht halte, die Literatur
möglichst vollständig aufzuführen, weil dessen Leser, namentlich im Auslande, selten in
der Lage sind, umfangreiche ältere Literaturwerke nachzuschlagen, während sie ein oder
das andere Einzelwerk und eine oder die andere Zeitschrift zur Hand haben, gebe ich
auch den Nachweis über einige grundlegende ältere Aufsätze und Bücher, für die Luhe
auf schon vorhandene Literaturverzeichnisse verweist. Leider ist es nicht möglich, die
Literatur getrennt für den zoologischen und für den morphologischen Teil aufzuführen,
weil bei gar zu vielen Autoren beide Gebiete behandelt sind, also vielfache Wiederholung
notwendig würde.
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1903 Derselbe, Vorläufiger Bericht über das Vorkommen des Texasfiebers der Rinder in
Kamerun (Westafrika) und weiteres über die Tsetsekrankheit der Rinder, Schafe,
Ziegen, Esel, Pferde, Maultiere, Hunde, sowie über „Tier-Malaria" (der Schafe,
Ziegen, Pferde, Esel usw.). Ebenda. H. 16. S. 289—290.
1904 Derselbe, Zur Bevölkerungs- und Viehfrage in Kamerun. Mitteilg. a. d. dtsch.
Schutzgeb. XVII. H. 3. 38 Seiten u. 1 Karte. Auszug im dtsch. Kolon.-ßlatt.
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1888 Tsetse-Ply (Glossina morsitans). Encyclop. britannica. 9th edit. vol. XXIII. S. 601.
IL Babesiosen. (Piroplasmosen.)
Tiermalaria.
Von Dr. H e n n i g.
Es werden unter diesen Namen eine Reihe von Tierseuchen zusammengefaßt,
welche analog der Menschenmalaria auch kurzweg als „Tiermalaria" bezeichnet
werden. Wenn auch der Name „Malaria" für die dem Menschen eigentümliche
Erkrankung mit Beschlag belegt ist, so düi'fte die deutsche Bezeichnung „Tier-
malaria" beizubehalten sein, zumal doch der Erreger der Krankheit spezifisch
pathogen für Tiere ist, außerdem aber dessen verwandtschaftliche Stellung zu dem
der menschlichen Malaria in der Systematik hierzu berechtigt.
Es sollen folgende Krankheiten hier besprochen werden:
1. Babesiosis (Piroplasmosis) bovis.
2. Küstenfieber.
3. Tropische Piroplasmosis.
4. Babesiosis (Piroplasmosis) ovis.
5. Babesiosis (Piroplasmosis) equi (Laveran).
6. Babesiosis (Piroplasmosis) canis.
1. Babesiosis (s. Piroplasmosis) bovis. (P. bigeminum.)
Rindermalaria.
Defliiition.
Die Rindermalaria ist eine dem Rindergeschlecht spezifisch eigentümliche, auf
kein anderes Tier natürlich oder künstlich übertragbare, seuchenhafte Hämoglobin-
ämie, welche durch Anwesenheit von Blutparasiten charakterisiert ist, die mit den
Namen Babesia bigeminum, Pyrosoma bigeminum (Smith u. Kilborne), syn. Piro-
l^lasma bigeminum (Patton) belegt worden sind.
Benennung der Krankheit.
Es gibt wohl wenige Krankheiten, für welche eine derartige Menge von Namen
bekannt ist.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 745
In Deutschland und der Schweiz: Weiderot, Stallrot, Waldkrankheit,
enzootisches Blut harnen, Aurot, Feldrot, Holzkrankheit, Maienseuche,
Maiensperre, gelbes Fieber, Rot, Rotharnen, Somme r rot, A^^eideseuche,
Rotnetzen u. a.
In Frankreich: Mal de bois, mal de brou.
In den englischen Kolonien: Redwater.
In Italien: Piscia sangue.
In Norwegen: Rödsygde.
In Nordamerika: Texasfever,cattle plague, spanish fever, yellow fever.
In Argentinien: Tristeza (LigniSres).
In Venezuela : Lomadera (Ziemänn).
In Uruguay: Ranilla (Gaeasquärilla).
In Afrika: Redwater, rooi water, blood ziekte, Ferulose (Bojoly),
Pipa,Kiw6e.
Geschichte und Terhreituug.
In Deutschland war die Krankheit schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts
bekannt, doch hat sie hier wegen der Aveit vorgeschrittenen Kultur an Bedeutung
sehr verloren. Anders in Ländern mit extensiver Weidewirtschaft : sie hat nament-
lich in den unermeßlichen Weidegebieten der tropischen und subtropischen Gegenden
eine immense Verbreitung erlangt. So tauchte in Amerika eine Krankheit auf, die
durch das Treiben der Texasrinder verbreitet Avurde. Man sah diese Krankheit als
eine ganz neue, unbekaunte an und nannte sie Texasfieber; ein Name, der sich
späterhin über die ganze Welt verbreitete. Auch in Deutschland hielt man das
Texasfieber noch lange Zeit für eine neue Krankheit, bis Babes im Jahre 1889 auf
die Ähnlichkeit derselben mit der seuchenhaften Hämoglobinurie in den Sumpf-
gegenden der unteren Donau, in Bulgarien, dem südwestlichen Rußland und in
Ungarn hinwies. Diesem Forscher gelang es auch, in dem Blute der erkrankten
Rinder einen eigenartigen Parasiten (Hämatokokkus) nachzuweisen, nicht aber die
Beziehungen desselben zu der Krankheit festzustellen. Durch denselben .Befund
beim Texasfieber in Amerika wiesen Smith und Kilbokne die Identität beider
Krankheiten nach, welche im Jahre 1892 auch von Babes anerkannt wurde.
Die beiden Amerikaner stellten über ihren Befund die umfangreichsten Unter-
suchungen an, nannten den gefundenen tierischen Mkroorganismus Pyrosoma bige-
minuni^ an Stelle welches Namens später Apiosoina higeniinwn Wandollek vor-
geschlagen, zuletzt die Bezeichnung Piroplasma higeminum (Patton) gewählt
wurde. Der von Babes in Rumänien als „Hämatokokkus" bezeictmete Blutschmarotzer
erhielt durch Starcovici den Namen Babesia bovis. Auch Luhe (vgl. S. 193) schließt
sich letzterem an und nennt alle hier zu beschreibenden „Malaria^-Erkrankungen
Babesiosen.
Als Überträger der Krankheit ermittelten gleichfalls Smith und Kilborne die
beim Rinde aufzufindende Zecke.
Trotz der eingehendsten Untersuchungen ist von der Gattung Babesia nur die
Schizogonie bekannt. (Näheres siehe bei Luhe.)
Seit den Veröffentlichungen durch Smith, Kilborne und Babes sind in den
verschiedensten tropischen und subtropischen Gegenden malariaartige Erkrankungen
unter den Rindern, Schafen, Pferden und Hunden beobachtet und beschrieben
worden. So berichten über das Vorkommen der Rindermalaria Krogius und von
Hellens in Finnland ; Bastiani, Celli, Santori, Nosotti, Guglielmi, Padovani,
Perouctto in Italien; Betegh in Rumänien; Katschinski und Popow in Ruß-
land; NicoLLE und Adil Bey in der Türkei; Jackschath in Deutschland; desgl.
Ziemann, Nevermann; Koch in Ostafrika; Turner, Kolle und Theiler in Süd-
y^ß Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
afrika; Lignieres in Argentinien; Ziemanx als „Lomadera" in Venezuela; Rick-
mann in Deutsch-Südwestafrika ; Pound und Tidswell in Australien.
Die Rindermalaria ist also in den verschiedensten Erdteilen beobachtet worden
und kommt in allen tropischen und subtropischen Gegenden vor. Am längsten als
solche bekannt in Nordamerika, herrschte sie schon lange in ganz Südaftnka, Ost-
und Südwestaf rika , an der ganzen westafrikanischen Küste, in Togo; ferner in
Indien, Australien und Südamerika.
Ob die in den verschiedensten Weltgegenden zur Beobachtung gelangten
Rindermalariaformen miteinander identisch sind, muß noch dahingestellt bleiben.
Möglicherweise verdanken dieselben ihre Entstehung verschiedenen Piroplasma-
Yarietäten. Für das Rhodesian coast fever, das ostafrikanische Küstenfieber der
Rinder, haben jedenfalls Koch, Theilee nachgewiesen, daß diese Krankheit eine
selbständige Malariaform ist.
Pathologische Anatomie.
Am meist schlecht genährten Kadaver lassen sich folgende Veränderungen
feststellen.
Haut gewöhnlich mit Zecken stark besetzt. Sämtliche Körperlymphdrüsen
stark geschwollen. In der Bauchhöhle geringe Mengen seröser, mit Eiweißflocken
gemischter, dunkelgelber Flüssigkeit. Blutungen der Schleimhäute, namentlich des
Labmagens, Darmes und der Glallengänge. Die soHtären Follikel der Darmschleim-
haut geschwollen und gerötet. Milz bis um das Dreifache vergrößert, Konsistenz
brüchig, mit Ablauf der Krisis Schwellung bedeutend zurückgehend. Portale Drüsen
stark geschwollen, Leber bis um das Doppelte vergrößert, gelbbraun. Acini im
Zentrum gelb, an der Peripherie rotbraun. Die vermehrt abgesonderte Galle dick-
flüssig. Leber blutarm, Konsistenz teigig. Rindensubstanz der Nieren dunkeh'ot
gefärbt, geschwollen. Parenchymatöse Degeneration nicht immer vorhanden. Herz-
muskel blaßrot, trübe, trocken. Knochenmark hyperämisch, dabei besteht Hyper-
plasie. Auf der Höhe der Krankheit Ikterus, nach der Krisis Anämie sämtlicher
Organe. Blut wässrig, dünnflüssig; Hämoglobingehalt, ebenso Zahl der roten Blut-
körperchen verringert.
Ätiologie.
Hervorgerufen wird die Krankheit durch die Anwesenheit des zuerst von
Smith und Kilbokne untersuchten Parasiten. Dieselben sind von Luhe in der
ersten Hälfte dieses Bandes (S. 193 — 202) eingehend beschrieben und durch Ab-
bildungen und Tafeln erläutert worden, so daß hier vorwiegend der klinische Teil
zur Besprechung gelangen kann.
Eine künstliche Weiterzüchtuug der Parasiten außerhalb des Tierkörpers ist
bisher nicht gelungen.
Im Blut geschlachteter Rinder lassen sich die Parasiten bei einer Temperatur
von 3 — 4^ C 8 Tage lang lebensfähig erhalten; dieselben werden aber im Fleische
schon wenige Stunden nach der Schlachtung durch den Fleischsaft vernichtet
(SCHUETZ).
Die Infektion der Rinder wird durch Zecken vermittelt und zwar durch die
Bhipicephalus-Arten : Rh. annulatus (Südstaaten von Nordamerika) und Rh. decoloratus
Koch Südafrika; Rhipicephalus australis Füller (Südamerika, Cuba, Porto Rico,
Australien, Philippinen); Ixodes reduvius (Europa, Nordafrika). Die Übertragung
wird nicht durch dieselbe Zecke, welche am kranken Tiere sog, bewirkt, sondern
durch deren Nachkommenschaft, indem die aus den Eiern infizierter Zecken hervor-
gehende Larve die Keime überträgt.
I
Tropische und subtropische Vieliseuchen. 747
Für die Y erb r ei tun g der Zecken sorgen die Tiere, deren Blut sie saugen:
sie werden durch diese über große Strecken verschleppt. Blut saugen nur die
Larven, Nymphen und Weibchen, welche deshalb auch nur für die Übertragung der
Infektion in Betracht kommen. Die Begattung findet statt, während das Weibchen
Blut saugt, und dauert einige Tage. Bis zur Reifung der Eier bleibt das Weibchen
auf seinem Wirte, fällt dann ab und legt innerhalb 7 Tagen 2 — 4000 sehr wider-
standsfähige, in kleinen Klümpchen zusammenhängende Eier. Nach ungefälu'
25 Tagen schlüpfen die sehr beweglichen Larven aus, die sich dann vermöge ihrer
Vorderbeine an einem geeigneten Wirtstiere anklammern, festsaugen und in etwa
14 Tagen nach zweimaliger Häutung zur fertigen Zecke heranwachsen. Eort-
pflanzungsfäliig wird dieselbe nach weiteren 14 Tagen. Es können aber diese
Zeiten je nach der Witterung sehr differieren, so zwar, daß bei kaltem Wetter die
angegebenen Zeiträume bedeutend überschritten werden.
Bereits die aus dem Ei schlüpfenden Larven beherbergen Piroplasmen, deren
Übertragungsweise auf das Ei durch das infizierte Zeckenweibchen bisher noch un-
bekannt ist. Die beim Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen nur etwa
1 mm langen und 0,5 mm breiten jungen Larven sind sehr schwer aufzufinden und
zu erkennen. Als Lieblingsstellen sind zu nennen: untere Halsseite, Schenkel-
Innenfläche, Euter, hinter den Schultern.
Bedingungen für das Fortkommen der Zecken ist Feuchtigkeit, weshalb die-
selben an feuchten, sumpfigen Tiefländern am verbreitetsten sind, namentlich an
solchen mit Baumbestand.
Durch direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen werden die Zecken in ihrer
Lebensfähigkeit schwer geschädigt.
Yerlauf und Krankheitserscheimmgeu.
Hat die mit Piroplasmen infizierte Larve ein empfängKches Wirtstier gefunden,
so treten nach einem Inkubationsstadium von ca. 10 Tagen die ersten Krankheits-
erscheinungen auf. Die erkrankten Tiere sind matt, träge, bleiben hinter der Herde
zurück. Die Bewegungen sind langsam, der Blick stier und gläsern, Augäpfel,
namentlich im späteren Verlauf der Krankheit, in die Augenhölilen zurückgezogen.
Die Tiere legen sich schließlich und sind nicht mehr zum Aufstehen zu bringen.
Kopf gesenkt, Benommenheit des Sensoriums. Haar gesträubt, glanzlos; Haut auf
der Unterlage schwer verschiebbar. Zahlreiche Zecken, besonders am Halse, der
Wamme und an den Innenflächen der Schenkel.
Ständig steigendes Fieber, selbst bis 42*^ C. Die außen fühlbaren Körper-
lymphdrüsen sind stark geschwollen.
Die sichtbaren Schleimhäute anfangs ikterisch, später analog dem Zerfall der
roten Blutkörperchen anämisch.
Atmung im Yerlauf der Krankheit besclileunigt, mitunter in- und exspiratori-
sche Dyspnoe.
Puls bei Beginn der Erkrankung voll und kräftig, Pulsfrequenz gleich bis auf
100 steigend. Pulswelle im Yerlauf der Krankheit immer schwächer, zuletzt ganz
unfühlbar. Auf der Höhe der Erkrankung Herzschlag pochend, Spitzenstoß außen
deutlich fühlbar.
Während von den Tieren anfangs Grünfutter noch gern genomnjeu wird,
sistiert die Futteraufnahme später gänzlich ; dagegen wird gern und reichlich klares
Wasser aufgenommen.
Die erkrankten Tiere magern in ganz kurzer Zeit enorm ab. Der anfangs
kaum veränderte Mist wird auf der Höhe der Erkrankung dünnflüssig, mit Schleim
748 I^r. L, Sander und Dr. Hennig.
vermischt, zuletzt aber hart und trocken, von fast schwarzer Farbe und ekelhaftem
Geruch.
In dem öfter unter Drängen abgesetzten, vermehrt eiweißhaltigen Harn ist
Methämoglobin nachweisbar ; in schweren Fällen nimmt der Harn eine braunrote
Farbe an.
Das Blut zeigt schon makroskopisch sehr bald eine gelbliche Farbe, wird mit
zunehmender Krankheit wässrig und gerinnt nicht mehr.
Die Zahl der roten Blutkörperchen (normal 7 — 8 Millionen pro cmm) nimmt
derart ab, daß auf der Höhe der Krankheit nur 3, ja sogar oft nur 1 Million pro
cmm zu zählen sind. Hämoglobingehalt mitunter nur 12 ^/o des Normalgehalts
(Fleischl).
Mit Zunahme des Zerfalls der roten Blutkörperchen sinkt die Temperatur
selbst unter die Norm und zeigt damit den letalen Ausgang an.
Diagnose und Differentialdiagnose.
Zur Sicherstellung der Diagnose, welche erheblichen Schwierigkeiten unter-
liegt, ist der Nachweis der Parasiten im Blute unbedingt notwendig, verbunden mit
der Impfung.
Als Drittes kommt hinzu der Nachweis der vorhandenen Hämoglobinämie
entweder durch Zälilung der roten Blutkörperchen, Bestimmung des Hämoglobin-
gehaltes oder durch äußerlich sichtbare Anämie der Schleimhäute. Das Erkennea
der Parasiten, namentlich der kleinen Jugendformen, ist mitunter nicht leicht; es
ist hierzu eine wiederholte Untersuchung. nötig, da wenig Parasiten im erwachsenen
Zustande aufzufinden, kleine Jugendformen dagegen etwa nach 24 Stunden zahlreich
nachzuweisen sind.
Da die Krankheit nur beim Rinde nachgewiesen ist, so ergibt die Impfung-
neben dem Nachweis der Parasiten im Blute erst eine absolut sichere Diagnose.
Der klinische Befund allein genügt keinesfalls, da Hämoglobinämie auch bei
anderen Bluterkrankungen vorkommt; Hämoglobinurie ist gleichfalls zur Sicher-
stellung der Diagnose nicht ausreichend, da dieselbe bei einem großen Teil der an
Piroplasmose erkrankten Rinder fehlen kann.
Prognose.
Die Prognose ist ungünstig, es gehen -/s aller an der Piroplasmose erkrankten
Rinder zugrunde. Nur bei jungen Tieren ist die Prognose etwas günstiger, es geben
dieselben einen größeren Prozentsatz der Rekonvaleszenten ab.
Behandlung.
Die medikamentöse Behandlung ist zurzeit völlig aussichtslos und auch nicht
durchführbar.
Sj^mptomatisch könnten Cardiaca und salinische Mittel zur Anw^endung kommen.
Auch Chinin und intravenöse Injektionen von 1 % Argentum colloidale könnten
versucht werden. Im übrigen beschränkt sich die Behandlung auf gute Pflege, ev.
Yerabreichung von Grünfutter und kaltem, klaren Wasser.
Inwieweit die von Evers empfohlene Behandlung, die in subkutaner Injektion
von 5,0 g Hämoglobin und 25 ccm physiol. Kochsalzlösung (später 15 — 20 g) be-
steht, von Erfolg begleitet ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 749
Bekämpfung der Überträger.
Die Prophylaxe wäre durch Fernhalten der gesunden Rinder von verseuchten
Weiden erfolgreich durchführbar. Es wird dies Verfahren zum Teil in Südafrika
mit seinen ausgedehnten Weidedistrikten geübt, indem das Weidefeld mit einem
Drahtzaun umgeben wird (fencing system). Wo eine Stallhaltung möglich ist, wird
hierdurch eine Infektion am besten vermieden und dürfte als Streu nur solche ver-
wendet werden, welche von sonnigen, trockenen Plätzen stammt, wodurch eine Eiu-
schleppung von Zeckenbrut in den Stall verhütet wird.
Die Vernichtung der Zecken auf der Haut der Rinder geschieht am besten
durch Ölbäder (Paraffinöl, Lysol, Petroleum u. a.). Dies Verfahren ist in Amerika,
Australien und Südafrika mit Erfolg eingeführt. Auch durch Tabaksaft wird die
Zecke leicht getötet.
Die zur Vernichtung der Zecken im Felde getroffenen Maßnahmen haben
bisher keine großen Erfolge gezeitigt. Am besten Avirkt noch das sogenannte Feld-
brennen, wie es noch heute in Südafrika üblich, wodurch wenigstens der größte
Teil aller Larven und ausgewachsenen Zecken zugrunde geht. Leider steht diesem
Verfahren der Umstand entgegen, daß zur Zeit des Ausschlüpfens der Larven das
Feld meistens schon grün ist und daher schlecht brennt.
Bezüglich der Bekämpfung der Zecken ist jedoch zu bemerken, daß ein auf
einzelne Stellen des Verbreitungsgebietes beschränktes Vorgehen gegen die Zecken
keinen Erfolg hat. Ein großer Schritt vorwärts könnte nur dadurch getan werden, daß
der Kampf gegen die Zecken an allen Seuchenherden auf einmal aufgenommen wird.
Doch es ist ja die Vernichtung sämtlicher Zecken unmöglich, aber auch nicht notwendig,
es würde die Vernichtung der infektiösen Zecken genügen, die ev. durch Trocken-
legung und Drainage sumpfiger Weidestellen zu erreichen wäre und damit den
Zeckenlarven die Lebensbedingungen entzöge. Nach Dalkymple, Morgan und
DoDSON können die Zecken dadurch vernichtet werden, daß etwa 8 Monate lang
keine Rinder auf den infizierten Weiden gehalten werden, wodurch die ausschließ-
lich auf dem Rinde lebenden Zecken der Tropen aus Nahrungsmangel zugrunde
gehen.
Schutzimpfung.
Als letzte Maßnahme zur Bekämpfung der Krankheit bleibt die Schutzimpfung-
übrig, durch Avelche den gesunden Rindern eine künstliche Immunität verliehen wird.
Es sind nun verschiedene Verfahren empfohlen worden, die auf der Tatsache
basieren, daß ein Überstehen der Krankheit den Tieren Immunität verleiht. Außer-
dem muß bei der Impfung die Erfahrung berücksichtigt werden, daß einmal Rind-
vieh in jugendlichem Alter für die Krankheit weniger empfänglich ist, in milder
Form erkrankt und häufig dieselbe übersteht; andererseits aber wird diese vom
Muttertier erworbene Immunität, wenigstens teilweise, auf seine Nachkommenschaft
tibertragen, so daß die Kälber dann zwar erkranken, aber die Krankheit von ihnen
leichter überstanden wird. Infolge dieser Eigentümlichkeit der Rindermalaria ist es
auch erklärlich, daß in endemischen Seuchengebieten dennoch ein allmählicher Zu-
wachs an Vieh statthaben kann.
Wenn nun auch durch die künstliche Impfung auf einen milden Verlauf der
Krankheit hingewirkt werden kann (Smith u. Kilborne), so ist doch eine Ver-
schleppung derselben durch die Impflinge in bisher gesunde Gebiete noch möglich,
da deren Blutung Parasiten beherbergt.
Es sind nun verschiedene Impfverfahren angewendet woi'den.
Die meisten Forscher infizierten die Rinder mit defibriniertem Blute von
geringer Virulenz, am besten Blut von frisch immunisierten Tieren (Smith, Kilborne,
750 I^i'- ^- Sander und Dr. Hennig.
Dalkymple, Mokgax, Dodson, Schkoeder). Es traten nun hierbei bis zu 25%
Yerluste auf. Auch beliefen sich die Verluste bei der natürlichen Infektion durch
Zecken auf der Weide dann noch auf 3 — 4 ^lo (Tidswell). Da nun das defibrinierte
Blut nur 3 Tage lang lebensfähige Parasiten enthält (Kossel, Weber) und dadurch
eine Impfung auf weite Entfernungen hin unmöglich war, benutzten Dalrymple,
Morgan und Dodson die infizierten Zecken, welche in ihrem Magen virulentes
Blut enthalten, zum Versand. Für eine Einspritzung genügen drei Zeckenweibchen,
die mit gekochtem Wasser gewaschen, mit 1 % Sublimatlösung abgerieben und dann
zerrieben werden. Um diese Masse fertig zur Injektion zu machen, wird abgekochtes
Wasser hinzugefügt.
PpuND und Tidswell impften in Nordamerika mit 5 ccm defibriniertea
Rekonvaleszentenblutes. Die Impfung wurde in gewissen Zwischenräumen mehr-
fach wiederholt.
Edington impfte in Südafrika ein durchseuchtes Tier mit je 5 ccm virulenten
Blutes subkutan und intravenös. Nach 28 Tagen wurden mit dem defibriniertea
Blut dieses Impflings die empfänglichen Tiere subkutan geimpft und zwar je nach
Größe derselben mit 5 — 10 ccm.
Das Immunisierungsverfahren nach Schmidt beruht darauf, daß die Virulenz
der Parasiten durch mehrere Tierpassagen abgeschwächt wird.
Er setzte zunächst ein gesundes Rind der natürlichen Ansteckung aus, impfte
kurz vor dem Verenden dieses ein zweites Rind mit 10 ccm defibrinierten Blutes
des ersten; dann wurden wiederum kurz vor dem Tode des zweiten 10 ccm defi-
brinierten Blutes 3 — 4 Rindern subkutan injiziert. Diesen Rindern nun wurden
4 Wochen nach der Injektion größere Blutmeugen entzogen und in Quanten von
ebenfalls 10 ccm den zu impfenden Tieren eingeimpft. Es sollen mit diesem Ver-
fahren keine Verluste entstanden sein.
Was die Zahl der Injektionen anbetrifft, so verleiht nach Tidswell eine
melirmalige Impfung, jälirlich oder mehrmals in Zwischenräumen von 4 — 6 Wochen
^^^ederllolt, vollkommene Immunität. Über die Dauer der Immunität selbst liegen
nur unzureichende Beobachtungen vor.
2. Das afrikanische Küstenfieber.
(Rhodesian redwater. — African coast fever.)
Das afrikanische Küstenfieber ist eine dem Texasfieber ähnliche Erkrankung
des Rindes, welche charakterisiert ist durch die Anwesenheit eines Blutparasiten
Babesia parva s. Piroplasma parvum.
Terbreitung.
Das Küstenfieber ist bis jetzt an der Südostküste Afrikas, in Transvaal, der
Oranje-Repubhk, dem Caplande, in Rhodesia und dem Gasa-Land zur Beobachtung
gelangt. Koch stellte fest, daß der ganze ostafrikanische Küstenstrich die Seuche
bereits seit langer Zeit latent beherbergte.
Die dort aufgezogenen Rinder waren durch. Vererbung immun. Ein Seuchen-
ausbruch fand, deshalb erst statt, als im Jahre 1900 australische Rinder in Behu
importiert wurden.
Von hier aus nahm dann, durch den Transport der an der Küste durch
Zecken infizierten Rinder veranlaßt, ein verheerender Seuchenzug über die weiten
Landstrecken des Hinterlandes seinen Anlauf.
Tropische und subtropisclie Viehseuchen. 751
Pathologische Anatomie.
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen sind nicht charakteristisch; am
anffälligsten sind noch Infarktbildungen in Lunge, Leber und in den Nieren. AuJäer-
dem finden sich neben Lungenödem namentlich in den Organ - Lymphdrüsen
Schwellung und Hämorrhagien.
Ätiologie.
Die Krankheit wird hervorgerufen durch einen endoglobulären Parasiten,
Piroplasma pm-viim s. Babesia parva (Theiler), der in der Eegel in Stäbchen- oder
Eiform auftritt. Neben diesen sind bisweilen Aveidenblattförmige beobachtet worden.
Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen diesem Pai-asiten und dem des Texas-
fiebers besteht darin, daß niemals birnförmige Zwillingsformen auftreten. Über-
träger sind Rhipicephalus appendicidatus Neum. und Rh. simus Koch.
Krankheitserscheinungen.
Nach einem ungefähr 14 Tage währenden Inkubationsstadium treten dieselben
Krankheitserscheinungen auf wie beim Texasfieber, jedoch ist Hämoglobinurie nur
selten nachweisbar, auch tritt die Anämie nicht so auffallend in die Erscheinung
wie beim Texasfieber. Das afrikanische Küstenfieber ist viel bösartiger und endet
nach einem gleichfalls 14tägigen Fieberstadium in der Regel tödlich.
Diagnose.
Bei Feststellung der Diagnose ist zunächst durch die mikroskopische Unter-
suchung der Nachweis der Parasiten im Blute und namentlich in den veränderten
Organen ausschlaggebend. Charakteristisch bei der Impfung ist der Umstand, daß
durch, einmaliges Übei'f (ihren virulenten Blutes keine Krankheitserscheinungen bei
dem Impfling hervorgerufen werden können. Selbst mehrmals wiederholte Ein-
spritzungen lösen eine nur ganz milde Erkrankung aus, Avelche dem Tiere späterliin
Immunität verleiht. Auf Grund dieses Verhaltens des Impflings ist ein bemerkens-
werter Unterschied gegenüber dem Texasfieber gegeben, und können deshalb nach
erfolgter mikroskopischer Untersuchung und Impfung kerne Zweifel betreffs Stellung
einer sicheren Diagnose bestehen bleiben.
Prognose.
Die Prognose ist schlecht. Mortalitätsziffer 90%.
Behandlung.
Die medikamentöse Behandlung ist von vornherein aussichtslos, höchstens
könnten symptomatisch Cardiaca zur Verwendung kommen.
Im übrigen beschränkt sich die Behandlung auf gute Pflege, Verabreichung
kalten, klaren Wassers und ev. Grünfutters.
Die prophylaktisch empfohlenen Maßnahmen sind dieselben wde beim Texas-
fieber, haben gleichfalls wenig Erfolge gezeigt und sind am besten durch das
KocH'sche Impfverfahren zu ersetzen. Dasselbe besteht gemäß seinen Beobach-
tungen darin, daß 5 ccm defibriniertes, parasitenhaltiges Blut von durchseuchten
Tieren den zu impfenden Tieren eingespritzt werden. Dieselben erkranken dann
nach mehreren in Abständen von 14 Tagen zu wiederholenden Einspritzungen ganz
leicht und werden nach 3 — 4 Monaten immun. Auch hier bleibt der Übelstand be-
stehen, daß din^ch das Impfverfahren die Tiere zwar immun gemacht werden können,
752 ^^- L. Sander und Dr. Hennig.
dieselben jeclocli parasitenlialtiges Blut fiilireu und die Seuche beim Transport in
bis dahin gesunde Gregenden verschleppt werden kann: es genügt dort nur die An-
wesenheit der entsprechenden, bisher parasitenfreien Zecken.
3. Tropische Piroplasmosis.
Eine dem Küstenfieber ähnliche Erkrankung wurde in Transkaukasieu be-
obachtet und von VON Dschunko wsky und Luhs als „t r o p i s c h e P i r o p 1 a s m o s e"
beschrieben.
Neben Blutungen an den Schleimhäuten, den serösen Häuten, dem Epi- und
Endokard besteht Lungen - Emphysem und -Ödem. Auch Geschwürsbildungen
namentlich auf der Schleimhaut des Labmagens können auftreten. Die Milz ist be-
deutend vergrößert.
Die Parasiten sind ähnlich denen beim Küstenfieber. Sie wurden in Stäbchen-
form, später im Verlauf der Krankheit als runde oder ovale Körnchen gefunden.
4. Babesiosis s. Piroplasmosis ovis.
Die von Babes „Carceag" benannte seuchenhafte Iktero-Hämaturie der Schafe ist
zuerst im Donaudelta beobachtet worden (1892). Außer in Italien 1895 (Bonome) und
der Türkei 1899 (Laveran und Nicolle) ist die Seuche auch 1902 in Südafrika aufgetreten
und als „malarial catarrhal fever of cheep" beschrieben worden (Hutcheon).
Der Erreger, Bdbesia ovis, ist nur 1,5 u groß und nur für das Schaf spezifisch in-
fektiös. Die Infektioti wird nach den Untersuchungen von Motas durch RJdpicephalus
bursa Oant. et Fanz. übertragen, jedoch nur durch die erwachsene Zecke.
Bei der Sektion findet man Exsudation der serösen Häute, Milztumor, Darm-
blutungen, anämische Muskulatur, sowie gelbsulziges Ödem in der Unterhaut.
Die Krankheitserscheinungen sind denen der Babesie des Rindes ähnhch
"und bestehen in Fieber, Schüttelfrost, Kolik, blutigen Fäces, Anämie, seltener Hämo-
globinurie. Mit dem zweiten oder dritten Tage erfolgt der Tod oder es tritt in wenigen
Fällen Kekonvaleszenz ein.
5. Babesiosis s. Piroplasmosis equi.
Die Malaria der Pferde ist bisher nur beim Pferd, Maultier und Esel be-
obachtet worden. ISTach Lavekan ist der Blutparasit der Babesia higemina und
B. ovis morphologisch verwandt und tritt in denselben, nur kleineren, Formen auf.
Überträger ist BhijncephalKs evertsi Neum. Nach Dupuy kommt die Babesie des
Pferdes häufig in Senegambien vor, teils in perakuter, teils in clu-onischer, 3 — 5
Monate dauernder Form; in Italien ist sie 1899 von Guglielmi nachgewiesen. Auch
in Südafrika ist die Krankheit häufig beobachtet und näher untersucht worden
(Edington, Hutcheon, Theilek, Eickmann).
Die anatomischen Veränderungen sind gekennzeichnet durch paren-
chymatöse Entzündung der Milz, Leber, Nieren, der Herzmuskulatur ; ferner besteht
Mageri-Darmkatarrh, Lungenödem und Schwellung der Lymphdrüsen. Die Musku-
latur ist braunrot gefärbt.
Die Krankheitserscheinungen bestehen in Fieber, starker Eingenommen-
heit des Sensoriums, die bis zur Verblödung sich steigern kann; die ganz dünn-
flüssigen Fäces sind gelb, stinkend; Puls und Atmung beschleunigt, Herzschlag
pochend. Infolge der vollständig sistierten Freßlust tritt recht bald hochgradige
Tropische und subtropische Viehseuchen. '753
Abmagerung ein; der reichlicli abgesetzte Harn ist stark gelb gefärbt. Die Anämie
ist in der Regel nicht sehr stark ausgeprägt, dagegen kommt es häufig zu Leukämie.
Die Sterblichkeit ist nicht so groß wie bei den vorher beschriebenen
Babesien, es erfolgt Heilung in 20— 30 "/o der Fälle. Ein einmaliges Überstehen
der Krankheit verleilit Immunität für weitere Anfälle. Alle Versuche, die Babesia
equi durch Blutüberimpfung zu übertragen, sind bisher gescheitert.
6. Babesiosis s. Piroplasmosis canis.
Die Hundemalaria wurde zuerst von GtAlli-Valeeio beschrieben, welcher
Gelegenheit hatte, bei einem, nach einer Jagd in sumpfiger Gregend an Fieber und
Ikterus erkrankten Hunde ähnhche Parasiten in einem Teil der Blutzellen zu finden,
wie diejenigen der Babesia bovis. Nach Nuttall erscheinen die Parasiten ca.
36 Stunden nach der Infektion im Blute und sind im Verhältnis größer als die
übrigen Babesien.
Als Überträger der Infektion kommen verschiedene Zecken in Frage, so
Haemaphysalis leachi Audouin in Südafrika, Dermaeentor reticulatus (Fabk.) in
Südfi'aukreich. Jedoch dürften sämtliche Zecken zu Trägern der Infektion geeignet
sein. Die Infektion kann nur erfolgen durch die geschlechtsreif e, erwachsene Zecke,
während sonderbarerweise die Larven und Nymphen die Krankheit nicht überimpfen
können. Auch hier ist nur der Hund für eine spezifische Infektion empfänglich.
Das Krankheitsbild ist ähnlich dem der Babesiosis bei Pferden ; sehr charak-
teristisch sind Ikterurie und Hämoglobinurie.
Der' Verlauf ist akut oder chronisch. Bei der meist auftretenden, akuten
und stets tödlichen Form treten die ikterischen Erscheinungen auffallend in den
Vordergrund; es erfolgt nach einem ca. ötägigen Inkubationsstadium der Tod in
wenigen Tagen.
. Bei den chronisch verlaufenden Fällen — Dauer der Erkrankung 2 — 3 Monate
— tritt der anämische Charakter mehr hervor. Die Zahl der weißen Blutkörperchen,
namentlich der polynukleären Leukocyten, ist bedeutend vermehrt. — Diese Form
der Erkrankung weist öfter Genesungen auf, und es dauert dann die Rekonvaleszenz
1—2 Monate. Bei beiden Erkrankungsarten sinkt die Zahl der Erythrocyten ganz
bedeutend: bis auf 2 Millionen (normal 7 Millionen pro cmm).
Heilversuche sind bis jetzt nicht gelungen; wolil aber Immunisierung
durch Präventivimpfung mit Serum von hochimmunisiertem, defibriniertem Blute
kranker Hunde (Theilek).
Tiere, welche die Krankheit überstanden haben, sollen lebenslänglich immun sein.
Über eine Babesiosis der Schweine und Katzen (Kamerun, Ziemann) ist
noch wenig bekannt.
Literatur. ^)
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med. vet. p. 375.
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') Vgl. das Literaturverzeichnis über Babesia, S. 201.
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754: I^i'- ^- Sander und Dr. Hennig.
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des Sciences. 14. April.
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Heft 9.
in. Südafrikanische Pferdesterbe.
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Die Pferdesterbe ist eine Pferde, Maultiere, Maulesel und Zebras befallende
Infektionski-ankheit, die bisher nur in Süd- und Ostafrika (Zanzibar, Fkiedkichsen)
beobachtet wurde und an gewisse zeitliche und örtliche Verhältnisse gebunden ist.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 759
Allerdings hat Edington die Tatsache erbracht, daß auch Rinder, Angora-
ziegen und hochgezüchtete Schafe für die Seuche empfänglich sind. Ob
die Sterbe auch bereits durch natürliche Infektion auf genannte Tiere über-
ti'agen worden ist, weiß ich nicht, jedoch wird eine während der Sterbezeit auch
unter den edlen Schaf- und Ziegenrassen herrschende Seuche mit der Sterbe in
Zusammenhang gebracht. Während Maultiere dieselbe Empfänghchkeit wie Pferde
besitzen, erkranken Esel nur in sehr leichter Form.
Geschichte und Yerbreitung.
Die ersten Pferde wurden im Jahre 1652 zu Zuchtzwecken nach der Eap-
kolonie gebracht. Nachdem zwecks Blutauffiischung im Jahre 1688 einige persische
Araber eingeführt waren, gelangte die Pferdezucht zu einer gewissen Blüte, bis
dann im Jahre 1719 eine bereits zu jener Zeit als „horse sickness" bezeichnete, ver-
heerende Seuche auftrat, welche eine große Lücke in den Pferdebestand riß. Im
Jahre 1763 erschien dieselbe Seuche wi-ederum als Epizootie imd raffte über 2500
Pferde dahin. Seit dieser Zeit breitete sich die Pferdesterbe immer weiter nach
Nord und Ost aus und raffte in manchen Jahren beinahe den ganzen Pferdebestand
hinweg. 1854 — 55 sollen 70000 Pferde und Maulesel allein in der Kapkolonie ge-
fallen sein. 1891/92 etwa 20 000. Im. Jahre 1890 war die Seuche im Damara- und
Namaland sehr verbreitet. Die Zahl der daran zugrunde gegangenen Pferde wird
auf mindestens 1500 geschätzt. Daß die gesamte Pferdezucht hierdurch nicht ver-
nichtet wurde, ist nur dem Umstände zuzusclu-eiben, daß die Sterbe stets nur in
langen Zwischenräumen auftrat und dadurch das zur Pferdezucht vorzüglich ge-
eignete Land die entstandenen Verluste wieder ersetzen konnte.
Die Sterbe ist in ganz Südafrika heimisch, namentlich in Rhodesia,
Natal, Transvaal, Deutsch-Südwestafrika, in Teilen der Kap-
kolonie. „Berüchtigt sind die Gregenden um King "Williams Town und Queens-
town, wo langes Gras in Tälern wächst, welches der Entwicklung des Nebels
sehr förderlich erscheint" (Fkitsch 1868). Als verhältnismäßig seuchenfreie Distrikte
gelten die höher gelegenen Teile der Kapkolonie, der frühere Orange
Freistaat und das Basutoland. Völlig ungesund alle nördlich vom Vaal-
fluß und der Tugela gelegenen Striche, mit Ausnahme wiederum weniger Hoch-
flächen und Gebirge.
Alljährlich während des Sommers • — Dezember bis Mai — nameutUch aber
gegen Ende desselben, in den Monaten März und April, tritt die Pferdesterbe ganz
plötzlich auf, um dann mit dem Einsetzen des ersten Frostes ebenso plötzlich wieder
zu verschwinden.
Von der Seuche am meisten heimgesucht sind die Gebiete an den Flußbetten,
Wasserstellen und die Täler, also Orte mit relativ geringer Höhenlage. Die
Farmer haben diese Erfahrung ausgenutzt und bringen ihre Pferde bei Beginn des
Sommers auf höher gelegene Orte, sogenannte „Sterbeplätze", das sind Weideplätze,
welche als gesund und seuchenfrei bekannt sind.
Jedenfalls ist es eine Erfahrungstatsache, daß Orte in einer Höhe von 4—5000
Fuß absolut sicher vor der Seuche sind.
Pathologische Anatomie.
Totenstarre vorhanden. Die Supraorbitalgruben sind geschwollen und
nach außen hervorgewölbt ; der Kehlgang ist gleichfalls diurch stark ödematöse
Schwellung vollständig ausgefüllt. Zunge blaurot, geschwollen. Vor Nüstern- und
760 -D^- L. Sander und Dr. Hennig.
Maul bei der pulmonalen Form weißer, fester Schaum. Bauch aufgetrieben.
Lokales Ödem im Unterhautbindegewebe und im Bindegewebe an der
unteren Halspartie. Auch das intermuskuläre Bindegewebe ist ödematös
durchtränkt. Diese Veränderungen sind namenthch bei der sogen. „Dikkopziekte"
stark ausgeprägt. Die Gefäße der Haut und Unterhaut sind stark injiziert. In den
Pleura- und Peritonalhöhlen fast immer strohgelbe, oder seltener blutige, Ergüsse.
Die Gekröslymphdrüsen geschwollen, mit kleinen Blutungen auf der Schnittfläche.
Die Schleimhaut des Magens ist stark verdickt. Pylorusteil höchst intensiv
gerötet. Mitunter finden sich in der Schleimhaut unregelmäßig-sternförmige, grau-
rote Defekte. Exsudat auf der Schleimhautoberfläche in keinem Falle vorhanden.
Der Zwölffingerdarm zeigte in allen von mir zur Beobachtung gelangten Fällen
diffuse oder punktförmige Rötung.
Nicht immer konstant ist eine punkt- oder streifenförmige Rötung in den
einzelnen Abschnitten der übrigen Dünn- und Dickdarmschleimhaut; mit-
unter Blutungen in letzteren, sowie auf den serösen Hauten. Die PEYER'schen
Plaques sind geschwollen. Die Milz nur wenig vergrößert, blaurot und von fast
weicher Konsistenz, Leber ist mitunter ganz geringgradig geschwollen, sonst ist
sie normal. Nieren zeigen punktförmige Hämorrhagien, Marksubstanz gelbrot, die
Rindensubstanz dunkelrot, mit feinen streifigen Blutungen.
Lungen stark aufgebläht, Lobuli vergrößert, Luftwege mit Schaum gefüllt.
In den meisten Fällen hochgradiges Lungenödem.
Im Herzbeutel ca. 50 ccm klare, gelbliche Flüssigkeit. Der Herzmuskel
ist brüchig, schlaff, grau. Das Blut ist geronnen.
Am prägnantesten treten also beim Kadaver in Erscheinung die hämor-
rhagische Grastritis und Duodenitis; desgleichen die starke ödematöse
Durchtränkung des lockeren Bindegewebes, nantentlich bei der Dikkopform, sowie
vornehmlich das charakteristische Lungenödem. Es dürfte bei Feststellung
dieses Befundes die Diagnose vollständig gesichert sein.
Ätiologie.
Trotz der eingehendsten Forschungen ist über den Erreger der Pferdesterbe
nichts bekannt. Er ist wahrscheinlich zu klein, als daß er durch das menschhche
Auge mit Hilfe der wirksamsten optischen Mittel wahrgenommen werden könnte,
denn auch die sorgfältigste mikroskopische Untersuchung der Organe und des Blutes
hat stets zu einem negativen Resultat geführt. Es ist zwar von verschiedenen
Forschern zu verschiedenen Zeiten die Behauptung aufgestellt worden, den Erreger
entdeckt zu haben.
So wurde unter anderem die Pferdesterbe für identisch mit Milzbrand ge-
halten (Lambeet, Sander) ; andere Autoren (Nunn, Rickmann, Edington, Carrington-
PuRVis, Kuhn und Lübbert) beschrieben wiederum „Plasmodien" — insbesondere
Babesien — als ihre Ursache. Laveran erklärt die afrikanische Pferdesterbe
ätiologisch für vollständig unabhängig von Bahesia equi. J. M. Fadyean fand
bei seinen exakten Versuchen über „African horse sickness", daß das im Blutserum
und in den pathologischen Exsudaten sicher enthaltene Virus imstande ist, sowohl
den Berkefeld- als auch den Chamberlandfilter ungeschwächt zu passieren, denn es
gelang nicht, das Virus selbst aus einer sehr eiweißreichen Mischung von Blut,
Perikardial- und Pleural-Exsudat abzuscheiden. Kuhn hält die Sterbe für eine Art
Malaria.
Die Art der Infektion ist noch zweifelhaft, nach Kuhn sollen Stechmücken
die Überträger sein.
I
Tropische und subtropische Viehseuchen. 761
Den Impfversuchen entsprecliend muß die Möglichkeit einer Übertragung des
Yirus durch blutsaugende Insekten zugegeben werden, aber nur insofern, als diese
das Sterbekontagium direkt von Tier zu Tier zu übertragen imstande sind.
Nach dem heutigen Stande der Forschungen muß nun angenommen werden,
daß das Virus an den Weidegräsern haftet, und die natürhche Infektion auf dem
Wege des Verdauungstraktus erfolgt (Edington, Fadyean).
Wenn nun auch erwiesen ist, daß eine künstliche Infektion per Stomachum
nur bei einer Ingestion von mindestens 150 ccm Virus sicher erfolgt — es genügten
100 ccm nicht immer (Theilek) — so kann diese Tatsache doch nicht die Unmög-
lichkeit einer natürlichen Infektion beweisen, da wir noch nicht wissen, welche
anderen, uns unbekannten Bedingungen in der Natur selbst vorliegen mögen.
Das Virus findet sich, dem Auftreten der Seuche entsprechend, nur während
der Sommermonate auf der Weide, wo es nur bei feuchter Wärme gedeiht. Frost,
sowie direktes Sonnenlicht vernichten es fast unmittelbar. Auch durch langsames
Trocknen wird das Virus in wenigen Stunden zerstört.
Ferner ist es eine Erfahrungstatsache, daß die unbekannte Schädlichkeit nicht
an den Gräsern haftet, solange heftige Kegen faUen. Die Seuche tritt jedesmal
erst etwa 10 — 14 Tage nach heftigen Regengüssen auf. Auf diese Beobachtung
mag es auch zurückzuführen sein, daß die südafrikanischen Bauern betautes Grras
erst in fließendem Wasser waschen und es dann für unschädlich halten. Anderseits
scheint der Erreger der Pferdesterbe nur während der Nacht- und Morgenstunden
virulent zu sein, solange Tau auf den Gräsern liegt. Ein Verbreiten der Seuche
durch Zusammenhalten der Tiere findet erfahrungsgemäß nicht statt, deshalb kann
die Ansteckung auch nicht durch Inhalation erfolgen.
Die künstliche Übertragung der Seuche gelingt ohne Ausnahme durch
Überimpfen des höchst infektiösen Blutes; es genügen hierzu 0,001 ccm.
Unerklärlich bleibt es, in welcher Weise sich die unbekannte Schädlichkeit
während der Wintermonate virulent erhält. Die Erklärung Eickmann's, daß das
Sterbekontagium während der sterbefreien Zeit seine Virulenz nur in den tieferen,
feuchten Schichten behält und dann mit Einsetzen der Eegenperiode wieder an die
Oberfläche gelangt, hat viel für sich, und es dürften sich Versuche nach dieser Rich-
tung hin empfehlen. Jedenfalls muß z. Z. noch angenommen werden, daß das Virus,
frei in der Natur, die fiir dasselbe so schädliche Winterzeit außerhalb des Pferde-
körpers überdauert.
Eigentümlich ist die so überaus verschiedene individuelle Empfänglichkeit der
Pferde. Ältere Tiere sind weniger empfänglich wie jüngere; die gutgenährten
unterliegen der Infektion viel leichter wie die mageren Pferde; auch zeigen die in
Südafrika heimischen Pferde eine größere Resistenz gegenüber dem Kontagium wie
die importierten.
Krankheitserscheinungen und Verlauf.
Man unterscheidet von jeher zwei Formen der Pferdesterbe: Die Dikkop-
ziekte (Dickkopf -Krankheit), wenn die durch ödematöse Anschwellung bedingte
Vergrößerung des Kopfes am meisten in die Erscheinung tritt, und die Dunpaar de-
ziekte (dünne Pferdekrankheit). Erstere bezeichnet Theiler als die akute und
pulmonale Form, während letztere von ihm als die subakute oder kardiale Form
angesprochen wird.
Der Verlauf der Krankheit ist ein sehr verschiedener. In der Regel dauern
die Krankheitserscheinungen 4 — 6 Tage, doch können sie auch nur Stunden in Er-
scheinung treten, ja es kommt auch oft vor, daß die Tiere ohne irgend welche
sichtbare Symptome plötzlich zusammenbrechen und verenden.
762 1^^- I^- Sander und Dr. Hennig.
Die mittlere Krankheitsdauer beträgt 10 Tage.
JSTacli einem Inkubations Stadium von etwa 5 — 8 Tagen treten nun
folgende Krankkeitserscheinungen auf. Zunächst macht sich, oft schon
einige Tage vor Auftreten der ersten offensichtigen Symptome, eine Mattigkeit be-
merkbar; die Tiere stehen mit gesenktem Kopf da, jedoch bleibt der Appetit ein
guter; es kommt sogar ziemlich häufig vor, daß die erkrankten Tiere bis kurz vor
dem Tode Gras zu sich nehmen. Die sichtbaren Schleimhäute sind dunkelrot ge-
färbt. Die Atmung ist beschleunigt, ihre Frequenz mitunter bis 60 Atemzüge in
der Minute ; dabei besteht meistens ein trockener Husten. Der Puls ist beschleunigt,
seine Frequenz steigt allmählich bis auf 80 und mehr Schläge. Auf der Höhe der
Krankheit wird der Herzschlag pochend, die Herztöne sind in diesem Stadium nicht
mehr zu unterscheiden; der Puls wird späterhin unregelmäßig, schwächer und zu-
letzt ganz unfühlbar. Die Temperatur steigt bis zu 41.8 ^ C, dagegen wird sie kurz
vor dem Tode subnormal.
Im Verlauf der Krankheit entwickelt sich eine mehr oder weniger starke
Schwellung der Supraorbitalregion, des Kehlganges, manchmal auch des
Halses, der Brust, des Bauches und der Beine (Dikkop-Form).
In manchen Fällen stellen sich die Erscheinungen einer Maulentzündung ein :
die Tiere speicheln dann, kauen fortwährend und zeigen dabei Schlingbeschwerden,
obwohl eine Schmerzhaftigkeit in .der Larynxgegend nicht nachzuweisen ist. Die
Zunge schwillt an, bekommt eine bläuliche Farbe und drängt sich mitunter seitlich
zwischen den Zähnen hervor (Dikkop-Form).
Aus den ÜSTasenöffnungen fließt anfangs eine gelbliche, seröse Flüssigkeit,
welche au Menge immer mehr zunimmt und schließlich schaumig wird. Der
weiße, großblasige Schaum tritt dann unter Hustenstößen oft in großen
Mengen vor die Nasenöffnungen.
Die Auskultation der Lungen ergibt nach Eintreten des für die Pferde-
sterbe so charakteristischen Lungenödems beiderseits verstärkte Bläschen-, auch
Knister- und Rasselgeräusche, welche dorsalwärts allmählich deutlicher werden. Die
Perkussion läßt beiderseitige Dämpfung wahrnehmen. Nach heftigen Flanken-
schlagen, Schweißausbruch namentlich an Bauch und Brust, starkem Sinken der
Temperatur, erfolgt der Tod meist unter Krämpfen.
Geht die Krankheit in Heilung über, so schwinden die Schwellungen und
der Husten allmählich, das Tier erholt sich nach und nach Avieder.
Es tritt dann etwa 8 Tage nach dem Höhepunkt des Fiebers ein nur wenige
Tage dauernder Eückfall ein, der sich noch mehrmals wiederholen kann. Während
der ganzen Zeit der Rekonvaleszenz bleiben die Tiere matt, trübe und hin-
fällig, zeigen aber keinerlei Symptome mehr. Erst nach etwa 4 Wochen können
die Patienten dann als genesen betrachtet werden. Ein solches Pferd wird als
„gesalzen" bezeichnet imd unverhältnismäßig hoch bezahlt, trotzdem derartige
Tiere mitunter kurzatmig bleiben und ihr Mut, ihr Feuer gebrochen erscheint. Wie
lange die Immunität solcher „gesalzener" Tiere andauert, ist nicht sicher be-
kannt, jedenfalls nur wenige Jahre, in welcher Zeit sie auch vor Rezidiven nicht
geschützt sind. Mit dem Ausdruck „gesalzen" soll nicht Qtwa gesagt sein, daß
die Pferde die Seuche überhaupt nicht mehr bekommen, sondern nur, daß sie daran
nicht sterben.
Die Nachkommenschaft dieser „gesalzenen" Pferde besitzt eine gewisse
Immunität; die Füllen erkranken zwar, doch überstehen sie die Krankheit viel
leichter als andere Tiere.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 763
Diagnose.
Differentialdiagnostiscli käme bei Stellung der Diagnose zunächst Lungen-
kongestion in Frage, doch finden sich bei letzterer nicht die charakteristischen
Schwellungen der Augengruben. Dieselben fehlen auch beim Hitzschlag. Mit
der Rotzkrankheit und der Malaria kann die Sterbe schwerlich verwechselt
werden : es entscheidet hier der mikroskopische Befund verbunden mit der Impfung.
Am Kadaver dürfte die Diagnose keinem Zweifel unterliegen, wenn die charakte-
ristische Grastritis, die wassersüchtigen Zustände des lockeren Bindegewebes und
das gleichfalls für Sterbe typische Lungenödem vorhanden sind.
Prognose.
Die Prognose ist schlecht. Es gehen 90 — 95 der Erkrankten ein.
Behandlung und Prophylaxe.
"Wenngleich eine Behandlung der Sterbe sich bisher als wenig erfolgreich er-
wiesen hat, so werden trotzdem noch alle möglichen Mittel empfohlen.
Zunächst ist es wie gewöhnlich der Aderlaß, der viel, auch prophylaktisch,
angewendet wird, ferner wird empfohlen Brechweinstein, Arsenik. Auch
Einreibungen der Brustwand mit reizenden Mitteln haben keinen Erfolg. Ist die
Krankheit einmal zum Ausbruch gekommen, so hilft keinerlei medikamentöse Be-
handlung mehr.
Andererseits ist aber die Prophylaxe der Pferdesterbe sehr wichtig und
auch von Erfolg begleitet. Am besten geschützt vor der Sterbe sind die Tiere,
wenn sie auf hochgelegene, sogenannte Sterbeplätze gebracht werden. Wie schon
erwähnt, sind die Weiden an derartigen Orten frei vom Sterbe-,, Virus". Da nun
erfahrungsgemäß die Ansteckung immer nur nachts oder kurz nach Sonnenaufgang
erfolgt, solange die Gräser taufeucht sind, so erscheint es am zweckmäßigsten, falls
ein Verbringen der Tiere auf die Sterbeplätze nicht angängig, die Pferde zu dieser
Zeit, also von 5 Uhr abends bis 9 Uhr morgens im StaU oder wenigstens in einem
geschützten Kraal zu halten. Die Verabreichung trockenen Futters, event. auch
morgens und abends von Körnerfutter, dürfte sehr vorteilhaft, und die Gefahr der
Ansteckung dadurch auf ein Minimum beschränkt sein. Grünes, geschnittenes
Futter, welches zum Überfluß noch einige Stunden der Sonne ausgesetzt wird, kann
man ohne Gefahr am Abend im Stall füttern. Bei der Weide sind alle höher ge-
legenen, offenen und schattenlosen Plätze zu bevorzugen. Auch schadet das Weiden
während des Regens nach der Erfahrung nicht.
Starke Anstrengungen sind während der Sterbezeit unbedingt zu vermeiden.
Beobachtet man diese Regeln bei Haltung der Pferde in Afrika genau, so
werden die Tiere in den meisten Fällen vor Ansteckung bewahrt bleiben.
Impfung.
Die Tatsache, daß „gesalzene" Pferde gegen die Pferdesterbe immun sind,
hat den Anlaß gegeben zu Versuchen, diesen natürlichen Vorgang künstlich mit
Hilfe eines spezifischen Serums nachzuahmen. Man hatte auch bereits ein Serum
gewonnen, welches zwar eine gewisse Schutz Wirkung inne hatte; jedoch besaß
dieses Serum die unangenehme Nebenwirkung, bei Tieren, denen es eingespritzt
wurde, Hämoglobinurie zu erzeugen, an welcher dieselben eingingen.
764 I^r- ^- Sander und Dr. Hennig.
Edington hatte auf Grund der Erfahrung, daß abgeschwächtes Yirus imstande
ist, gesunde Tiere gegen eine natürliche Infektion zu schützen, Yersuche hiermit
angestellt. Da aber die Empfänglichkeit der Pferde für das Yirus eine sehr ver-
schiedene war, so lag hierin bei der Anwendung die größte Schwierigkeit. Das
Yerfahren EümGTON's bestand nun darin, daß er einen Impfstoff zusammensetzte
aus Serum von gesalzenen Pferden, gemischt mit virulentem Blut von erkrankten
Tieren. Die Einspritzungen erfolgten dreimal in Zwischenräumen von mehreren
Tagen; dabei wurde die Yirulenz des Impfstoffes jedesmal vermehrt durch ent-
sprechenden Zusatz einer größeren Menge virulenten Blutes zu einer geringeren des
Serums. Die letzte, etwa nach Yerlauf von 14 Tagen erfolgende Injektion wird mit
nur virulentem Blut gemacht.
Koch's Bestreben war, ein verbessertes Serumverfahren zu finden. Zu diesem
Zwecke injizierte er gesalzenen alten Pferden monatlich zweimal große Dosen (bis
2 Liter) frischen, virulenten Blutes und prüfte dann nach etwa 3 Monaten deren
Serum. Dasselbe bewirkte — 100 ccm 24 Stunden vor Einverleibung der tödlichen
Yirusdosis gegeben — den Schutz empfänglicher Pferde. Auch war das Serum,
wenn es noch am vierten Tage nach der Injektion des Yirus verabfolgt wurde, im-
stande, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern. "Während aber die Wirkung
des Serums in den ersten 4 Tagen eine absulut sichere war, ließ dieselbe am
5. Tage bereits ganz bedeutend nach.
Hierauf stützte Koch seine weiteren Yersuche, auf Grrund derer er dann
folgendes Schema zur künstlichen Immunisierung aufstellte:
I. 0,01 ccm Yirus, 4 Tage Pause. 100 ccm Serum, 12 Tage Pause,
IL 0,05 „ „ 4 „ „ 50 „ „ 12 „
in. 0,2 „ „ 4 „ „ 50 „ „ 11 „
IV. 0,5 „ „ 12 „
^. 1,0 „ „ 12 „
YL 2,0 „ „ 12 „
YII. 5,0 „ „ usw.
Es soU das Serum auf derselben Seite, etwa eine Handbreite tiefer als das
Yirus, am Halse subkutan injiziert werden.
Die Dauer des Immunisierungsverfahrens beträgt also etwa 3 Monate. "Will
man rascher zum Ziel gelangen, dann kann man, natürlich mit einer gewissen Ge-
fahr für die Tiere, einzelne Stufen auslassen. Das ganze Yerfahren wäre dann auf
eine Zeit von ca. 1 ^/2 Monaten zu beschränken. Dies ist namentlich dann angezeigt,
wenn die Tiere gleich bei der ersten Injektion mit Fieber von mehrtägiger Dauer
reagieren.
Koch gibt genaue Yorschriften zur Herstellung des Serums und des Virus.
Herstellung des Serums. Gesalzenen Pferden werden von vornherein die
größten Dosen virulenten Blutes (2 Liter) subkutan injiziert. Das einem sterbekranken
Tiere entnommene Blut wird defibriniert, filtriert und sofort injiziert. Treten während
der Injektion Atmungsstörungen ein, so wird mit derselben eingehalten, bis die Atmung
wieder eine ruhige geworden ist. Nach vier in Abständen von je 14 Tagen wiederholten
Injektionen kann den injizierten Tieren Blut zur Serumgewinnung entnommen werden
und zwar 12 bis 14 Tage nach der letzten Injektion. Zu entziehen sind drei- bis viermal,
in Zwischenräumen von je einer Woche, jedesmal etwa 5 Liter Blut. Die Tiere werden
hierauf einige Monate gut gepflegt, es wird dann wieder injiziert und abermals Blut ent-
nommen. Zur Gewinnung des Serums sollen möglichst alte Pferde gewählt werden, da
einmal diese immun gegen Babesiosis sind , andererseits aber auch deren Serum nach
Ansicht Koch's keine hämolytischen Eigenschaften besitzt.
Behufs Gewinnung des Serums wird das Blut sofort defibriniert, filtriert, in Gefäße
I
Tropische und subtropische Viehseuchen. 765
gefüllt und in den Schrank gestellt. Das über dem Bodensatz stehende Serum wird
24 Standen später abgegossen und nach dem EHRLicn'schen Verfahren konserviert.
Zur Injektion benutzt wird nur die obenstehende klare Flüssigkeit.
Herstellung des Virus. Kurze Zeit vor dem Tode eines an der „Sterbe" er-
krankten Tieres werden demselben ca. 2 Liter Blut aus der Vena jugularis entnommen;
dasselbe wird defibriniert, filtriert und konserviert. Die Flüssigkeit bleibt dann 2 — 3
Wochen an einem kühlen Orte stehen, wobei sich die geformten ßlutbestandteile zu
Boden setzen oder als feine Flocken sichtbar sind. Nach 2 — 3 Wochen ist die Flüssig-
keit zu filtrieren und in Gläser von 50 — 100 ccm Inhalt so weit zu füllen, daß nur ein
geringer Luftraum bleibt. Die Gläser werden dann mit einem Stöpsel verschlossen und
im Eisschrank aufbewahrt. Das virulente Blut konservierte Koch nach Edington : 1000 Teile
Blut, 1000 Teile Wasser, 1000 Teile Glyzerin, 1 Teil Phenol. Die Injektionsflüssigkeit wird
derart verdünnt, daß die Virusdosis stets in derselben Menge Flüssigkeit enthalten ist.
Kuhn gewann von sterbekranken Pferden ein angeblich gegen Malaria wirk-
sames Serum.
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Herzwasser. (Heartwater.)
HuTCHSON beschrieb eine unter den Schafen und Ziegen Südafrikas
herrschende, seuchenhafte Krankheit, die Heartwater, Herzwasser, benannt
wurde.
Auch Theilek beobachtete unter den Rindern Transvaals eine Seuche,
die er nach seinen Untersuchungen für identisch hält mit dem Heartwater des
Kleinviehs. Die Krankheit läßt sich leicht durch Überimpfung von Blut kranker
Schafe und Ziegen auf gesunde Rinder übertragen.
Obwohl ätiologisch noch nicht erforscht, ist nach Theilee's Untersuchungen
doch anzunehmen, daß Mikroorganismen die Ursache, und daß die roten Blut-
körperchen die Träger der Infektion sind. Lounsbury ermittelte, daß das Auftreten
der Krankheit mit dem Vorkommen einer Zecke zusammenfällt; auch ihm gelang
es, die Seuche durch infizierte, gesclilechtsreife Tiere und Nymphen der Bont-
Zecke, Amblyoinma hebraeum von Ziegen auf Kälber und umgekehrt zu über-
tragen. Die Übertragung findet in ganz kurzer Zeit, wie Lounsbuey feststellte, inner-
halb 24 Stunden nach dem Ansetzen der Zecke statt.
Hiermit dürfte wohl erwiesen sein, daß das Heartwater der Schafe und
Ziegen mit den von Theiler beschriebenen Krankheitszuständen der Rinder iden-
tisch ist.
Die Sektion ergibt konstant das Vorhandensein einer wasserhellen bis gelb-
lichen, doch bisweilen auch blutig gefärbten Flüssigkeit im Herzbeutel und der
Brusthöhle. Die Flüssigkeit gerinnt, der Luft ausgesetzt, in charakteristischer Weise
zu Gelee. Am Endocard finden sich bisweilen punktförmige Blutungen. Da-
neben besteht geringgradiges Lungenödem. Das Blut ist gut geronnen. Die
Milz ist gewöhnlich etwas vergrößert, auch Nieren und Leber sind mehr oder
weniger geschwollen und blutreich; die Gr allen blase ist stark gefüllt. Sonst
finden sich keine Veränderungen an den Organen.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 76,7
Nach einem Inkubationsstadium von 8 — 10 Tagen beginnt die Krank-
heit mit einer Temperatursteigerung, welche 41 — 42 <^ C betragen kann. . Schafe und
Ziegen können dann oft ohne vorhergehende, auffallende Symptome eingehen.
In den meisten Fällen zeigen sich aber krampfhafte Kaubewegungen des Unter-
kiefers und der Zunge.
Die Tiere blöken oft, belecken den Boden und bewegen sich ganz abnorm
unter Schenkelkrampf vorwärts. Der Kehlgang ist mitunter geschwollen. Die
Rumination ist bisweilen unterdrückt, in seltenen Fällen besteht Diarrhöe.
Da diese Krankheitserscheinungen keineswegs konstant sind, so ist die Stellung
der Diagnose oft schwer, zumal die mikroskopisch-bakteriologische Untersuchung
auch negativ ausfällt.
Die Dauer der Krankheit beträgt gewöhnlich 2 — 5 Tage.
Die Prognose ist bei Schafen und Ziegen imgünstig. Ziegen und Merino-
schafe leisten der Infektion melir Widerstand, werden aber durch die Seuche in
den meisten FäUen dahingerafft, während bei den Perserschafen öfter Heilung zu
verzeichnen ist, trotzdem dieselben für Heartwater empfänglicher sind als andere
Schafrassen. Auch bei Rindern scheint die Krankheit öfter in Heilung überzugehen.
Jegliche Behandlung des Herzwassers ist aussichtslos. Nel empfiehlt
Alaun, auch als Prophylaktikum, und will damit gute Erfolge erzielt haben. In
Südafrika sind seitens des Veterinär-Departements umfangreiche Versuche ange-
stellt worden, eine Immuuisierungsraethode zu finden ; jedoch sind dieselben bisher
resultatlos verlaufen.
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Grallseuclie. Galziekte.
(Buschseuche.)
Bei der großen Unklarheit, die über eine mit dem Namen Grallseuche be-
legte, in Südafrika vorkommende Seuche herrscht, ist es z. Z. nicht möglich,
ein abschließendes Urteil über diese Krankheit abzugeben. Nach Theiler ist es
eine Trypanose (s. diese), während nach Edington und Loünsbury die durch
Zecken von Heartwater-krankem Kleinvieh auf Rinder übertragene Seuche mit
dem Namen Galziekte bezeichnet wird.
768 ^^- -^^ Sander und Dr. Hennig.
Die Seuche ist nach Mitteilungea Theiler's verbreitet ia ganz Südafrika
und nahm einmal großen Umfang an, als Rinderpestimpfungen mit defibriniertem
Blute gemacht wurden. Auch Laveran^) hält die Galziekte für eine Trypa-
nose und unterscheidet zwei Arten, die Tt-yp. theüeri und transvaaliense. Erstere
wurde, wenn auch nur in geringer Anzahl, stets im Blute der erkrankten Tiere
nachgewiesen, während Tryp. transvaaliense von Theiler nur im Blute eines gleich-
zeitig an Babesiosis und Rinderpest erkrankten Rindes zur Beobachtung
gelangte. ,
Übertragungsversuche auf Pferd, Schaf, Ziege, Meerschweinchen, Ratte
und Maus blieben erfolglos.
Nach Laveran ist die Grallseuche eine durch Tryp. theüeri hervorgerufene,
unter dem Bilde hochgradiger Anämie schnell tödlich verlaufende Krankheit. Der
Parasit ist 30 — 65 /* lang. In defibriniertem Blute hält sich derselbe 4 — 9 Tage,
Avährend er in Wasser sehr schnell zugrunde geht.
Die anatomischen Veränderungen bestehen in Milztumor und Ecchy-
mosierung des Perikards.
Die Verbreitung der Krankheit findet wahrscheinlich durch Zecken statt;
Theiler beschuldigt Rhipicephalus decoloratus Koch.
IT. Rinderpest.
Die Rinderpest ist eine dem Rindergeschlecht eigentümliche, höchst an-
steckende und bösartige Infektionskrankheit, welche auf sämtliche "Wieder-
käuer (Schaf, Ziege, Hirsch, Büffel, Auerochse, Antilope, Kamel, GazeUe usw.) über-
tragbar ist.
PüNiKG will auf Sumatra die Rinderpest auch bei Schweinen beobachtet haben.
Die Krankheitserscheinungen und der Verlauf sollen dieselben gewesen sein, wie beim Rind.
für die Seuche nicht empfänglich sind Pferd, Fleischfresser und Geflügel.
Gewöhnlich werden die Tiere nur einmal von der Krankheit befallen und sind
dann, falls sie dieselbe überstehen, lebenslänglich immun.
In früheren Zeiten wurde die Seuche wohl auch genannt: Löserdürre,
Löserseuche, gemeine Viehseuche, Hornviehseuche, Viehpest,
Übergalle, Rindviehstaupe, Magenseuche, Lungensucht usw.
Greschichte und geographische Verbreitung.
Die Rinderpest ist eine uralte Seuche, deren Geschichte bis in das Altertum
hineinreicht; schon Columella beschreibt die Symptome und die Verheerungen,
welche die Krankheit angerichtet. Ihre Heimat waren die Steppengebiete des öst-
lichen Europa und Zentralasiens.
Durch die Kriegszüge des Mittelalters auch in Westeuropa eingeschleppt, ver-
breitete sich die Seuche vom Kriegsschauplatz aus allmählich weiter über Illyrien,
Italien, Frankreich und Belgien.
Erst vier Jahrhunderte später wird der Krankheit wieder Erwähnung getan:
sie trat im Heeresgefolge Karls des Großen auf und wurde durch dessen Kriegszüge
in ganz Europa verbreitet. Bereits hier wird von den Geschichtsschreibern beson-
ders hervorgehoben, daß nur das Rindergeschlecht an der Pest erkrankte. Im
^) Laveean, Au sujet de deux Trypanosomes de bovides du Transvaal. Compt.
rend. de l'Academie des scienses. Nr. 18. 1903.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 769
Anscliluß an diesen Seuchenziig herrschte die Krankheit 830 in Bulgarien, 850
in Frankreich, 870 — 78 in Deutschland, 940 in West- und Südeuropa.
Erst im 13. Jahrhundert drang dann, durch die Mongolen und Tartaren ein-
geschleppt, wiederum die ßinderpest in Europa herein.
Besonders heftig trat die Seuche zur Zeit des dreißigjährigen Krieges auf. Auch
im 18. Jahrhundert richtete die Rinderpest besonders große Verheerungen an (nordische^
Krieg, Erbfolgeki-ieg, siebenjähriger Krieg). So herrschte dieselbe 1709 — ^1717 im Don-
und Wolgagebiet, kam von hier nach Moskau, Polen, Ungarn, Preußen,
Österreich, Süddeutschland, Schweiz, Italien, Frankreich, Holland und
England. Es sollen 1711 — J714 allein 1^2 Millionen Rinder gefallen sein. Bis zum
Anfang des 19. Jahrhunderts war dann die Rinderpest in fast allen Staaten Europas
stationär. 1844 wurde die Seuche aus Rumänien undAnatolien auch nach Ägypten
eingeschleppt. Späterhin trat die Rinderpest vereinzelt wieder auf, insbesondere zur Zeit
der großen Kriege.
Während in Europa die Seuche zurzeit erloschen ist, herrscht sie in Asien
noch ausgedehnt. 1892 wurde die Rinderpest von Korea auch nach Japan ver-
schleppt, wo in diesem Jahre 5184 Tiere getötet wurden. In den Jahren 1896 und
1897 richtete die Rinderpest ungeheuren Schaden an, namentlich in Afrika, wo
sie in Abessinien, im Somalilande, in Ostafrika, Zentralafrika,
Deutsch-Südwestafrika und Südafrika fast den gesamten Viehbestand
hinv/egraffte. In denselben Jahren trat sie auch in Bombay, Annam und Siam
(Bangkok) auf, und wurde von hier auch nach Borneo, Sumatra und Java ver-
schleppt. Bereits im Jahre 1902 fand ein neuer Seuchenzug in Deutsch-Südwest-
afrika statt. Amerika ist zurzeit noch frei von der Seuche.
Es würde hier zu weit führen, wollte ich näher auf diese Daten eingehen;
zur schnellen Orientierung über die zeitliche und ör-tliche Verbreitung der Seuche
mögen diese kurzen Angaben genügen.
Pathologische Anatomie.
Je nach der Krankheitsdauer bieten die Resultate der Sektion auch gewisse
Abweichungen; jedoch betreffen die Veränderungen im wesentlichen die Sclileim-
häute der Verdauungs- und Respirationsapparate, während die übrigen krankhaften
Veränderungen auch bei anderen Infektionskrankheiten angetroffen werden und be-
deutungslos sind.
Die Kadaver sind stark abgemagert. After ist häufig offenstehend, der
Mastdarm hervorgedrängt, seine Schleimhaut geschwollen und dunkelrot gefärbt.
Aus dem After fließen mitunter noch jauchige, übelriechende Durchfallsmassen,
Die gleichfalls hervorgetretene Scheide ist, namentlich in der Clitorisgegend, mit
blutigen Flecken und Streifen besetzt. Die Umgebung der Augen, des Maul es
und der Nasenlöcher zeigt einen gelblichen, schmierigen Schleimbelag. Zu-
weilen finden sich Pusteln auf der Haut und dem Euter. Die Schleimhaut der
Nase, des Maul es und des Rachens ist fleckig gerötet und läßt unter gelb-
grauen, käsigen Auflagerungen diphtheritische Entzündung in Form von geschwürigen,
geröteten Schleimhautdefekten erkennen (Erosionsge schwüre).
Dieser Befund ist am ausgeprägtesten an der Schleimhaut der Lippen, am
Zahnfleischrande, an den Seitenflächen der Zunge und an der Backen-
schleimhaut.
Die Muskulatur ist schlaff, mitunter graubraun gefärbt.
Das Blut ist teerartig und schlecht geronnen. Die weißen Blutkörperchen
stark vermehrt. Die Vermehrung betrifft die polynukleären Leukocyten, dagegen
Mense, Handbuch der Tropenkranklieiten. III. 49
770 -^^- -'-'• Sander und Dr. Hennig.
sind die mononiikleären bedeutend vermindert und die eosinophilen vollständig ge-
schwunden (Baldrey). Nicht selten trifft man in der Bauchhöhle größere
Mengen von gelblicher bis schmutzig - brauner Flüssigkeit an. Unter dem Bauch-
fellüberzuge finden sich sehr häufig etwa linsengroße Blutungen.
Die Schleimhaut der drei ersten Magen zeigt mitunter gleichfalls fleckige
Rötung, das Epithel derselben ist gelockert und bleibt gewöhnlich an den trockenen
Futtermassen kleben.
Während die oben genannten Abweichungen nicht immer konstant sind, zeigen
sich die auffallendsten Veränderungen stets am vierten Magen und'
am Dünndarm.
Diese Organe erscheinen von außen fleckig gerötet, es schimmern dunkelrote
oder graue Streifen durch den Peritoneal Überzug hindurch. Der Labmagen ist
gewöhnlich leer von Futterstoffen. Die Schleimhaut ist stark geschwollen und ent-
weder diffus, oder fleckig und streifig gerötet. Die Schleimhautfalten sind
braunrot, oft mit einem Stich ins Schiefergraue ; auch bemerkt man öfter dunkelrote
bis schwarze Flecke auf den Falten. Auf der Schleimhaut sitzen ferner kleine, gelb-
liche, käsige Auflagerungen, nach deren Entfernung die als vertiefte, duokebote
Stellen in Erscheinung tretenden Erosionen sichtbar werden. Die Schleimhaut
am Pylorus ist gleichfalls sehr stark geschwollen und dunkelrot bis schwarz gefärbt.
Der Dünndarm zeigt dieselben Veränderungen. Seine Schleimhaut ist gleich-
falls stark gerötet und schwarz gefleckt und zeigt die gleichen käsigen Auflage-
rungen und Erosionen wie im Labmagen.
Die solitären und PEYEK'schen Drüsen sind stark geschwollen und er-
scheint die Schleimhaut mit traubenförmigen Erhabenheiten besetzt. Dieselben sind
an der Peripherie von schmutzig-grauer, im Zentrum von gelblicher Farbe. Das
Epithel sitzt nur locker auf und erscheint dann wie durchlöchert. Mitunter sind
die Drüsen bereits vom Epithel entblößt und besitzen dann eine geschwürige
Oberfläche.
Die Veränderungen im Dickdarm zeigen im allgemeinen größere Schwan-
kungen, indem sie in der Regel nur in geringem Orade auftreten, jedoch auch sehr
bedeutend sein können.
Gewöhnlich zeigt dann der Blinddarm die auffallendsten Veränderungen.
Die Schleimhaut desselben ist geschwollen, graurot, auf der Höhe der Falten
schwarzrot.
Die Mesenterialdrüsen weisen keine konstanten Veränderungen auf, sie
sind in vielen Fällen mehr oder weniger markig geschwollen und am Rande mit-
unter schmutzigrot gefärbt.
Die Milz ist von schlaffer Konsistenz, zuweilen außen mit Ecchymosen besetzt.
Die Leber ist in der Regel nicht geschwollen, mürbe und von gelbbrauner
Farbe. Dagegen ist die Grallen blase stets stark ausgedehnt und mit hellgrüner,
wässriger Galle stark angefüllt. Die Schleimhaut der Gallenblase ist injiziert, ge-
schwollen und fleckig gerötet.
Die übrigen Organe der Bauchhöhle zeigen außer einer stärkeren Injektion
der Gefäße und stellenweiser fleckiger Rötung keine bemerkenswerten Veränderungen.
Die Lungen sind mit dunklem Blute gefüllt, bald ö d e m a t ö s , bald emphy-
sematös. Die Schleimhaut der größeren Bronchien, der Luftröhre und des
Kehlkopfes ist mitunter geschwollen, stellenweise mit blam-oten Flecken und
Streifen besetzt; die Bronchien sind mit blutigem, schaumigem Schleim angefüllt.
Die Veränderungen am Herzen sind ziemlich konstant. Im weiß-rot ge-
fleckten Herzbeutel findet sich gelbliches Transsudat. Das Herz ist schlaff,
von weicher Konsistenz, die Muskulatur braunrot gefärbt; unter dem Epicard,
I
1
Tropische und subtropische Viehseuchen. 77l
namentlich an den Herzohren, und unter dem Endocard findet man Ecchymosen:
letzteres ist außerdem blutig imbibiert.
Die Veränderungen im Gehirn und Rückenmark sind unbeständig. Diese
Organe und deren Häute zeigen starke Hyperämie; mitunter findet man auch
Transsudationen in den G-ehirnkammern und unter der Arachnoidea.
Die pathologisch-anatomischen Yeränderungen treten nach dem Vor-
stehenden also namentlich an der Schleimhaut der Verdauungswege
in Erscheinung, und müssen diese Veränderungen auch als Hauptmerkmal der Rinder-
pest angesehen werden. Je nach der Entwicklungsstufe, auf welcher sich die Krank-
heit zur Zeit des letalen Ausganges befindet — insbesondere, wenn die Tiere vorher
getötet werden — sind die anatomischen Veränderungen nicht immer in derselben
Intensität vorhanden, und wechseln daher ungemein. Immer aber muß beachtet
werden, daß der pathologisch-anatomische Befund allein nicht dazu be-
rechtigt, die Diagnose Rinderpest als unbedingt sicher hinzustellen.
Ätiologie.
Bei der Rinderpest sind früher vielerlei Bakterien als Ursache angesprochen
worden, so nahm Semmee anfangs an, daß Kokken die mutmaßliche Ursache seien,
später hielt er Protozoen dafür. Andere Forscher (Kostitschew, Sowaljeff)
glaubten in Bacillen den Erreger gefunden zu haben; Kolesnikow sprach sporen-
haltige Bacillen und Spirillen als Ursache an, während Gamaleia und Metschnikoff
annahmen, ovoide Bacillen Avären die Erreger der Rinderpest.
Koch konstatierte jedoch, daß alle Versuche fehlschlugen, mit Hilfe des Mikro-
skops oder durch Kulturverfahren einen spezifischen Mikroorganismus im Blute usw.
rinderpestkranker Tiere nachzuweisen.
Die Eintrittsstelle des InfektionsstoiTes in den Tierkörper erfolgt durch
den Respirations- oder Digestionsapparat. Das Virus gelangt in das Blut, vermehrt
sich wahrscheinlich dort und veranlaßt die allgemeine Infektion, welche sich dann
durch die schweren Veränderungen, namentlich der Respirations- und Digestions-
apparate, kennzeichnet.
Der Infektionsstoff ist fix und flüchtig.
Zu seiner Entwicklung scheint er nur sehr kurzer Zeit zu bedürfen, denn
Tiere, welche äußerlich noch gesund erscheinen, sind bereits imstande, die Krankheit
durch Ansteckung weiter zu verbreiten. Dabei müssen sämtliche Teile, die von den
Tieren stammen, wie die Se- und Exkrete, selbst die ausgeatmete Luft, oder
aber alle Teile, welche mit den Tieren in Berührung standen, als Träger der In-
fektion angesehen werden. Es erfolgt nämlich die Ansteckung entweder direkt
durch Berührung mit den kranken Tieren, oder aber indirekt durch Zwischen-
träger wie Dünger, Stroh, Erde, Personen oder andere Tierarten usw.
Während man früher annahm, daß das Kontagium bis auf 800 m ansteckungs-
fähig ist, so ist doch auch der von Gerlach angenommene „infektionsfähige Dunst-
kreis'' von 25 m entschieden zu groß. Vielmehr ist es für das Rinderpestkontagium
charakteristisch, daß eine Ansteckung nur auf eine ganz kurze Entfernung hin möglich
ist, jedenfalls auf nur wenige, etwa zwei bis drei Meter. Denn schon durch einen
Graben, mit dem die kranken Tiere von den gesunden geschieden werden, wird
sehr oft eine Ansteckung verhindert.
Über die Zeitdauer, innerhalb welcher das Kontagium seine Keimkraft be-
wahrt, sind die Meinungen verschieden. Jessen beobachtete den Wiederausbruch
der Rinderpest in Rußland in Stallen, welche ein Jahr lang leer gestanden hatten.
Auch sollen Kadaverreste, die nach 19 Jahren (!) ausgegraben wurden, den Aus-
49*
772 ^^'- L. Sander und Dr. Hennig.
bruch der Rinderpest veranlaßt haben. Jedenfalls hält sieh der Ansteckungsstoff in
Flüssigkeiten und in Verbindung mit festen Körperbestandteilen, vorausgesetzt^ daß
er des freien Luftzutritts entbehrt, selir lange. Gut konservierter Nasenausiluß hält
das Kontagium 2 Jahre ansteckungsfähig. In Stallungen hält es sich 4 Monate,
im Heu 5 Monate.
Durch Kälte — bis zu — 15 '^ C — ■ wird das Kontagium konserviert; es ließ
sich durch Dünger, welcher im Winter gefroren war, im Frühjahr noch eine An-
steckung hervorrufen.
Durch freie Luftzufuhr, namentlich aber diu-ch trockene "Wärme, wird dagegen
der Infektionsstoff rasch vernichtet ; 55 — 60 ^ C töten ihn in 10 Minuten, 100 ^ C so-
fort, 40 — 50^ C in 48 Stunden. Auch durch Fäulnis und durch verschiedene Des-
inflzientien, wie Chlor, Carbolsäure usw., scheint das Kontagium leicht zerstört
zu werden.
Krankheitsersclieinuiigeii und Yerlauf.
Nach einem Inkubationsstadium, dessen Dauer auf etwa 3 — 7 Tage an-
gegeben wird, pflegt in der Regel ein Stadium prodromorum einzutreten, das
sich jedoch nur auf höchstens 24 Stunden erstreckt.
Die Tiere haben glanzloses, gesträubtes Deckhaar, zeigen allgemeine Mattigkeit,
verminderte Aufmerksamkeit ; das Flotzmaul ist trocken. Der Appetit ist vermindert,
ebenso läßt sich eine gewisse Unregelmäßigkeit beim "Wiederkauen erkennen. Die
Milchsekretion ist sehr vermindert. Zu diesen Erscheinungen tritt ein kurzer,
heiserer, später matt und dumpf werdender Husten.
Nach diesen "Vorboten macht sich das Fieber bemerkbar durch Eintreten
von Schüttelfrost; die Temperatur steigt auf 40,5 bis 42*^ C, doch ist die
Temperatursteigerung sehr verschieden. Die sichtbaren Schleimhäute, nament-
lich die Conjunctiva und die Scheidenschleimhaut, sind streifig gerötet.
Die Augen tränen, der Blick ist stier und matt. Die Augenlider, sowie auch
die Lippen, scheinen geschwollen ; letztere lassen oft, unvollständig geschlossen, den
Speichel aus dem Maule tropfen.
Die Schwäche der Tiere wird auffallender, der Gang wankend, schwerfällig.
Der Kopf ist gesenkt.
Die Zahl der Pulse variiert sehr; mitunter ist sie normal, bisweilen auf
60 bis 120 Schläge gesteigert. Im übrigen ist der Puls klein und weich.
Die Futteraufnahme hat bedeutend nachgelassen, der Kotabsatz ist verzögert,
es lassen sich mitunter auch Kolikerscheinungen beobachten.
In seltenen Fällen macht die Ki-ankheit in diesem Stadium noch einen
Stillstand, bleibt auf dieser niedrigen Stufe und geht dann in 8 bis 10 Tagen
in Genesung über.
Am 2. bis 3. Tage treten öfter stärkere Fieberschauer auf. Der Puls ist
klein und frequent, 80 — 100 Schläge in der Minute, dabei aber öfter unbeständig, so
daß er plötzlich bis auf 50 Schläge in der Minute sinken kann. Auch hierbei bleibt
er klein und weich und steigt dann schnell wieder zur früheren Frequenz.
Die Hautfunktion liegt völlig danieder; die Haut ist trocken und fühlt sich
an den Extremitäten kalt an.
Die Erkrankung der Schleimhäute des Kopfes hat an Intensität zugenommen,
es besteht ein anfangs seröser, später schleimiger Ausfluß aus den
Augen und aus der Nase, sowie starke Salivation. Auch die Sekretion der
Yagina-Schleimhaut hat bedeutend zugenommen. Allmählich tritt Durchfall ein,
die Exkremente werden schleimig, teerartig, ganz dünnflüssig und sehr übelriechend.
Tropisclie und subtropische Viehseuclien. 773
Dabei werden die EntleerungeQ unter Tenesmus abgesetzt. Die Atembeschwer-
den werden größer, der Husten wird immer kürzer, ist dabei schwacli und schmerz-
haft, die Tiere suchen ihn zu unterdrücken. Die Milchsekretion versiegt, das
Euter schrumpft zusammen, die Futteraufnahme ist vollständig sistiert.
Am 4. bis 5. Tage stehen die Tiere mit tief gesenktem Kopfe da, die Schwäche
wird so groß, daß sie kaum zu husten vermögen und nur ächzen. Der Leib ist
stark aufgeschürzt. Die Eespiration ist beschleunigt, fast pumpend, mitunter auch
unmerklich, doch stets von kostalem Typus.
Die Auskultation und Perkussion der Brustwände ergeben in der Regel
keine konstanten, bemerkenswerten Abweichungen, in manchen Fällen Rassel-
geräusche und Dämpfung. Es bildet sich im Anschluß an Lungenemphy-
sem oft Emphysem der Unterbaut längs des Rückens, am Halse und an der
Brust aus.
Die Tiere scheinen heftige Schmerzen zu empfinden und geben dies durch
öfteres Umsehen nach dem Hinterleibe, durch Zähneknirschen, Ächzen und
Stöhnen zu erkennen. Beim Druck gegen die Bauchwandungen weichen die Tiere
aus. In manchen Fällen beobachtet man einen exanthematischen Prozeß auf
der Haut in Form von Pusteln, die verschorfen; so an den Schenkelinnenflächen,
dem Euter und Hodensack.
Besteht der starke Durchfall ununterbrochen fort, so nehmen die Erschöpfung
und die Abmagerung rapid zu: die Tiere brechen machtlos zusammen, liegen
völlig entkräftet am Boden und stöhnen bei jedem Atemzuge. Der Kopf wird auf-
gestützt, die Bulbi sind zurückgezogen.
Auf der Nasen- und Lippenschleimhaut, auf der Schleimhaut der Zunge, der
Backen, am Zahnfleisch und auf der Scheidenschleimhaut bedecken sich die charakte-
ristischen roten Flecke und Streifen im weiteren Yerlaufe mitunter mit gelblich
grauen, leicht entfernbaren Schorfen, nach deren Abstoßung die sogenannten Ero-
sionsgeschwüre zurückbleiben.
Die anfangs serösen bis schleimigen Ausflüsse aus Nase, Maul, After und Scheide
werden mißfarben, oft eitrig und übelriechend.
Die Temperatur sinkt nun unter die Norm.
In diesem Stadium angelangt, erfolgt meist der Tod unter den Erscheinungen
der Gehirnlähmung.
Abweichend von diesem gewöhnlichen Krankheitsbilde zeigen manche Tiere
große innere Um-uhe ; dieselbe kann sich sogar bis zur Tobsucht steigern (Gehirn-
kongestion).
DiECKEßHOFF Unterscheidet konstante und inkonstante Symptome.
1. Konstante Symptome.
Fieber, Schüttelfrost, gesträubtes Haar, Zittern, Husten, Versiegen der Milch-
sekretion, ungleiche Verteilung des Blutes, erhöhte Pulsfrequenz, Atembeschwerden,
Rasselgeräusche, Stöhnen, verminderter und perverser Appetit, Leibschmerzen, Un-
ruhe, Durchfall, Erschlafi'ung des Afters, unwillkürliche Entleerung von Exkrementen,
Erosionen in der Scheide.
2. Inkonstante Symptome.
Ausschlag (Ekzem, Exanthem), Emphysem, besonders am Hals und Rücken,
Kolikerscheinungen, Gehirnreizung, Meningitis, Tobsuchtsanfälle.
Bei dem meist ungünstigen Verlaufe der Rinderpest gehen die Tiere ge-
wöhnlich am 5., 6. oder 7. Tage zugrunde ; indessen sterben manche erst am 9. Tage.
774 I^i"- L. Sander und Dr. Hennig.
Easse, Körperkonstitution usw. sind hierbei von bedeutendem Einfluß. Bei manchen
Kranken treten die Krankheitserscheinungen so stürmisch auf, daß die Tiere bereits
am zweiten oder dritten Tage erliegen.
In den selteneren Fällen, wo die Krankheit in Genesung übergeht, pflegen
die Symptome weniger heftig aufzutreten. Das gleiche ist der Fall beim Steppen-
vieh, welches viel milder erkrankt als die gewöhnliche Rinderrasse. Auch beim
Schaf und bei der Ziege ist der Verlauf ein milder, ebenso, wie die Ansteckungs-
fähigkeit bei diesen Tieren eine geringere ist.
Zuerst wurde die Rinderpest bei Schafen und Ziegen in Rußland be-
obachtet und von Gehsen beschrieben. Wenn auch die Krankheit bei diesen Tieren
weniger bösartig verläuft, so sind die Krankheitserscheinungen doch dieselben:
Appetitlosigkeit, gelbe Flecken am Zahnfleisch, Erosionen, Rötung der Darmschleim-
haut, erschwertes Atmen, durchfällige, selten aber blutige Exkremente. Die Seuche
tritt stets zuerst beim Rinde auf, erst in zweiter Linie erkranken Schafe
und Ziegen.
Diagnose und Diiferentialdiagnose.
Die Diagnose bei Lebzeiten ist bedeutenden Schwierigkeiten unterworfen,
denn es gibt unter der großen Anzahl der Krankheitserscheinungen keine für die
Rinderpest charakteristischen. Unter den Symptomen findet sich nämlich kein ein-
ziges, welches nicht auch bei anderen Krankheiten vorkommen kann. Dasselbe gilt
auch bezüglich der Sektionsergebnisse. Anders dagegen gestaltet es sich, wenn die
Krankheitserscheinungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden,
wenngleich zur Auffassung der Eigentümlichkeiten bei den Gesamterscheinungen
immer noch ein in den übrigen Rindviehkrankheiten schon geübtes Auge gehört.
Es können einzelne der angeführten Symptome fehlen, der Totaleindruck der Krank-
heit bleibt doch derselbe.
Liegt nun der Verdacht auf das Vorhandensein der Rinderpest vor, so
müssen außer den Symptomen auch die anderweiten Umstände und Verhältnisse
Berücksichtigung finden, welche zur Erkennung der Krankheit beitragen können.
So ist z. B. der Nachweis oder die Möglichkeit einer Ansteckung von der allergrößten
Bedeutung.
Jedenfalls empfiehlt es sich, zunächst den seuchenartigen Verlauf ab-
zuwarten und dann bei Stellung der Diagnose den Symptomen komplex, den
Sektionsbefund, den Seuchen verlauf und die Anamnese zusammen zu
berücksichtigen.
Ähnliche Erscheinungen, wie bei der Rinderpest, kommen noch bei folgenden
Krankheiten vor:
1. Bösartiges Katarrhalfieber.
Ähnlichkeiten: seuchenhaftes Auftreten, akuter Verlauf, Gastroenteritis, Con-
junctivitis.
Verschiedenheiten: Lokalisiert sich vorwiegend an den Schleimhäuten des
Kopfes. Trübung der Cornea mit Erblindung ; Nasenausfluß gelb, fadenziehend ;
Atmung schniebend; Durchfall nicht häufig. Fehlen der Lähmung des Afters.
Kontagiosität gering.
2. Ruhr tritt gleichfalls akut und seuchenhaft auf, doch ist hier nur der
Digestionsapparat erkrankt, Avobei die Exkremente spritzend abgesetzt werden.
Schleimhäute des Kopfes und der Vagina intakt. Bei der Sektion nur hämor-
rhagische Gastroenteritis.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 775
3. Aphthenseuclie bei bösartigem Verlauf. Das Exanthem in der Maul-
höhle ist sehr charakteristisch und tritt außerdem auch an den Klauen auf.
4. Vergiftungen zeigen ebenfalls Grastroenteritis, Stomatitis und
Pharyngitis, doch fehlt jede Kontagiosität
5. Milzbrand. Mehr stürmischer Verlauf. Durch den Nachweis der Bazillen
sicher festziistellen.
Prognose.
Die Rinderpest zeigt sich in ihrem Auftreten und Verlauf nicht immer
gleich bösartig. Sie tritt im Anfange einer Seucheninvasion mit größerer Heftigkeit
auf und zugleich mit größerer Sterblichkeit, als gegen das Ende. Je länger sie in
■einer Gegend nicht grassierte, um einen desto bösartigeren Charakter zeigte sie.
Diese Erfahrungstatsache wird stets von neuem bestätigt durch die unge-
heuren Verluste, welche jedes Erstauftreten der Rinderpest in einem bis dahin ver-
schonten Lande begleiten ; in Afrika z. B. ist s. Zt. fast der gesamte Viehbestand
liin weggerafft worden.
Gegen Ende des Seuchenganges steigt auch die Zahl der Genesmigsfälle. So
hat Nebel berechnet, daß im Jahre 1711 nur 1 %, 1740 — 1745 5 ^/o, im sieben-
jährigen Kriege schon 20 *'/o durchgeseucht hatten.
Die Prognose wird stets dort am ungünstigsten sein, wo die Umstände es
nicht gestatten, durch energisches Einschreiten, schnelles Töten der erst erkrankten
Tiere, evtl. Impfen der später Erkrankten, sorgfältiges Absperren usw. der Weiter-
verbreitung der Seuche Einhalt zu tun.
Die Mortalitätsziffer beträgt beim gewöhnlichen Vieh 90—95%, bei der wider-
standsfähigeren Steppenrasse dagegen nur 50 ^/o, beim Schafe 60 — 65 ^/o.
Behandlung.
Eine Behandlung der Rinderpest ist völlig aussichtslos, alle Mittel gegen
dieselbe sind unwirksam.
Die Erfahrung hat vielmehr gelehrt, daß es, wenigstens in Ländern, in denen
die Rinderpest eine reine Kontagion ist, das Zweckmäßigste ist, den polizeilichen
Maßregeln alle Heilverfahren unterzuordnen. Jedenfalls ist es vorzuziehen, das Übel
dadurch in kurzer Zeit mit einigem Verlust zu tilgen, als daß es jahrelang im
Lande herrscht.
Zu diesen Maßregeln gehört vor allem die Keulung und dürfte dieselbe dort,
wo es sich um vereinzelte Ausbrüche handelt, nach wie vor das beste Mittel zur
Rinderpestbekämpfung sein, namentlich in Verbindung mit den strengsten Quaran-
täne-Maßregeln. Handelt es sich dagegen um Verhältnisse, wie die Kolonien sie
bieten, so sind wiederum die Impfungen das einzig richtige Verfahren.
Angeregt durch die glücklichen Erfolge, welche die Pockenimpfung hatte, kam
man bereits anfangs des vorigen Jahrhunderts auf den Gedanken, auch bei der
Rinderpest durch Impfung eine gelinde Erkrankung herbeizuführen und dadurch
die Sterblichkeit herabzusetzen. In England, Holland und Rußland wurden
derartige Impfungen ohne wesentlichen Erfolg ausgeführt, unter Benutzung des
Nasenschleims oder der Tränen von erkrankten Tieren. Die Impfmortalitätsziffer
Avar für das gewöhnliche Rind eine enorm hohe : bis 40 ^lo. Auch bestand hierbei
die große Gefahr einer Weiterverbreitung der Seuche durch die geimpften Tiere.
Koch stellte bei seinen Versuchen in Südafrika fest, daß das Serum
früher an der Rinderpest erkrankter Tiere immun mache, doch gebrauchte er
über 100 ccm Serum.
77 ß
Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
Später wurden dem Serum noch geringe Mengen — nicht mehr' als 0,5 *^/o —
virulenten Blutes zugesetzt. Doch wurde auch hierdurch ein sicherer Schutz
nicht erreicht. Versuche haben ergeben , daß eine Heilung rinderpestkranker
Tiere durch Serum-Behandlung nur dann zu erwarten ist, wenn dieselbe frühzeitig
einsetzt: das Serum, dessen Dosis auf 50—80 ccm zu bemessen ist, muß innerhalb
der ersten drei Tage nach Eintritt des Fiebers den kranken Tieren injiziert werden.
Am besten ist es hierbei, die ganze Dosis auf einmal zu geben ; das injizierte Serum
wird ohne irgend welche Störungen bald resorbiert. Die Versuche ergaben einen
Heilungsprozentsatz von 59%, nach natürlicher Infektion.
Einen großen Fortschritt bedeutete es, als nach dem Verfahren Kolle's
(Simultanmethode) durch gleichzeitige Einspritzung von hochinfektiösem Rinder-
pestblut und von hochimmunisiertem Rinderpestserum auf beiden Halsseiten über
eine Million Rinder in Südafrika dauernd seuchenfrei gemacht wurden. Doch
haftet dieser Methode der Übelstand an, daß es einer Zeit von mindestens zwei bis
drei Monaten bedarf, ehe ein Tier zur Lieferung von Serum vorbereitet ist.
Das einfachste Verfahren, welches den großen Vorzug der sofortigen Anwend-
barkeit besizt, hat wiederum Koch empfohlen: es ist die Gallenimpfung. Die-
selbe kann überall sofort einsetzen, wo Rindvieh an Rinderpest erkrankt ist. Schon
hierdurch wird die Gallenimpfung unter vielen Verhältnissen, namenthch in den
Kolonien, trotz der Vorzüge der KoLLE'schen Simultanmethode unentbelirlich sein.
Die zur Schutzimpfung zu verwendende Galle wird am besten gewonnen,
indem man die Gallenblase im Zusammenhang mit der Leber von verendeten oder
frisch getöteten, rinderpestkranken Tieren aus den Kadavern herausschneidet und
dann sofort die Galle durch einen mit einem aseptischen Messer an dem Fundus
der Blase angebrachten Einschnitt direkt in einem bereit gehaltenen reinen Glas-
gefäß auffängt. Die Galle muß dann möglichst bald zur Impfung benutzt werden.
Nicht jede irgendwie beschajffene Galle ist jedoch zur Schutzimpfung geeignet, sondern
nur solche, welche klar, frei von Schleim, Blut und Bakterien ist.
Die Annahme Koch's, daß nur dunkelgrün gefärbte Galle brauchbar ist, dürfte
nicht aufrecht zu erhalten sein, denn auch dunkelgrün gefärbte nimmt nach ganz
kurzer Zeit bald eine gelbe, bald braune Farbe an. Nach Rickmann sind auch gelbe
und braune Gallen, mit gleicher Wirkung wie die dunkelgrünen, zu verwenden,
wenn dieselben nur obige Beschaffenheit haben.i) Tatsächlich sind überhaupt alle
Gallen, die nicht übel riechen oder nicht völlig rot von hinein gelangtem Blute sind,
zur Immunisierung tauglich (Kolle und Turner^).
Eine möglichste Verwendung der verfügbaren Gallen ist von sehr großer
Wichtigkeit, da sonst durch eine zu geringe Gallengewinnung die ganze Impfung
in Frage gestellt werden kann.
Die Impfung selbst w^rd derart ausgeführt, daß 10 ccm Galle von obiger
Beschaffenheit einem Rinde in die herabhängende Haut des Halses (Wamme) ein-
gespritzt werden. Die sich an der Impfstelle bildende Impfgeschwulst geht in den
meisten Fällen vollständig zurück. Mitunter tritt Eiterung ein, welche jedoch keine
Bedeutung hat; es erfolgt nach Inzision des Abszesses binnen kurzem Heilung.
Trotz aller Vorsichtsmaßregeln tritt jedoch nicht gerade selten nach Ver-
impfung der Galle schwere und tödlich verlaufende Pestinfektion ein. So geben
Kolle und Turner s) diese Impf Verluste auf 3,7%, russische und französische
Autoren jedoch erheblich höher an, Edington setzte der Galle Glyzerin zu und
Berl. tierärztl. Wochenschrift. 1899. p. 306.
Deutsche med. Wochenschrift. 1898. p. 795.
Berl. tierärztl. Wochenschrift. 1905. Nr. 5.
Tropische und subtropische Viehseuchen. 777
erreichte dadurch angeblich, daß die Zalil der Todesfälle nach den Impfungen er-
heblich reduziert wurde.
In welcher Weise und warum die Gaue Schutzkraft gegen die üinderpest verleiht,
ist eine noch ungelöste Frage. Die Annahme, als enthalte die Galle das Pestgift selbst
in abgeschwächter Form und verleihe deren Einimpfung eine aktive Immunität, ist
jetzt fallen gelassen worden. Vielmehr ist die Ansicht vorherrschend, daß die Gallen-
impfung nach Koch eine reine passive Immunisierung darstellt, welche dadurch zu-
stande kommt, daß in der Galle pestkranker Rinder neben aktivem Virus gleichzeitig
Antikörper vorhanden sind, welche, subkutan einverleibt, sich mit den die Krankheits-
erscheinungen hervorrufenden Toxinen im Blute verbinden. Auf dieser Grundlage lassen
sich auch viele Nebenerscheinungen erklären, wie die verschiedenartige Wirkung der
Galle, die tödlichen Ausgänge bei mit einwandfreier Galle geimpften Tieren, die schwan-
kende Immunitätsdauer. Alles dies würde von dem quantitativen Verhältnis zwischen
Virus und Antikörpern in der zu entnehmenden Galle abhängen.
Eine weitere Unvollkommenheit dieser Impfmethode liegt darin, daß die Immu-
nität nach der Gallenimpfung nur 30 bis 40 Tage andauert. Es wurde daher empfohlen,
innerhalb 10 bis 30 Tagen nach der Impfung noch 10 ccm virulentes Kinderpestblut zu
injizieren, und soll die Immunität dann auf 6 bis 8 Monate ausgedehnt werden. Wird
aber das virulente Blut vor dem 10. Tage injiziert, so gehen häufig bis 50 % der Tiere
verloren, was damit zu erklären ist, daß innerhalb dieser Zeit noch kein völliger Schutz
durch die Galle verliehen ist.
Wenn nun auch die Gallenimpfung noch viele Mängel hat, so bleibt sie doch
eine nicht zu entbehrende Methode, wo es sich um Rettung von Tieren handelt.
„In nicht infizierten Herden gibt sie gute Resultate und selbst in infizierten liefert
sie das, was man billigerweise erwarten darf (Theiler)."
Das Fleisch pestkranker Rinder ist für den Menschen unschädlich; trotzdem
aber darf es unter geordneten Verhältnissen aus veterinärpolizeilichen Gründen zum
Genüsse nicht zugelassen werden. Vielmehr ist durch Gesetze in fast aUen Kultur-
staaten die unschädliche Beseitigung (Vergraben, Verbrennen) der Avegen Rinderpest
getöteten oder daran verendeter Tiere vorgeschrieben.
Literatur.
Bei der umfangreichen Literatur, die über Rinderpest vorhanden ist, würde ein
annähernd vollständiges Verzeichnis mehrere Druckbogen füllen und beschränke ich mich
deshalb nur auf die Angabe der wichtigsten Werke. Viele Arbeiten über die Rinderpest
finden sich namentlich in folgenden Zeitschriften :
Deutsche mediz. Wochenschrift. Seit 1897.
Berliner tierärztliche Wochenschrift. Seit 1897.
Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankheiten. Bd. XXIX bis XXXV.
Annales de l'Institut Pasteur. Seit 1899.
Baumgabten's Jahresbericht. Seit 1898.
Ellenberger- Schütz, Jahresberichte.
Eine Vollständigkeit des Literaturverzeichnisses würde ohnehin nicht zu erreichen sein.
1779 Abildgaard, Tiber die Viehseuche u. deren Einimpfung.
1797 Ackermann, Nähere Aufschlüsse über die Natur der Rindviehseuche. Frankfurt.
. 1904 Adami, Über die immunisirende Wirkung . der Galle bei Rinderpest. La chnica
veterinaria. Nr. 48.
1773 Bachuracht, Abhandlung von der herrschenden Hornviehseuche. Petersburg.
1814 Badische großherzogliche Sanitätscommission, über Kennzeichen etc.
der Rindviehseuche. Karlsruhe.
1906 Baldbey, Some observations on normal and rinderpest blood. Journ. of ti'op. vet.
sciance. Nr. 1. Ref. Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. X.
yyg Dr. L. Sander und Dr. Hennig.
1858 Bericht über die Impfung der Rinderpest in dem Impfinstitute auf dem Gute
Karlowka. Dorpat.
1902 Blin u. Carouqeatj, Die Rinderpest in Ostasien ist eine hämorrhagische Septicämie
aus der Gruppe der Pasteurellosen. (Annam.) Recueil 28. 2. 1902. Ref. Berl.
tierärztl. Wochenschrift, j^r. 19.
1747 BÖTTICHEH, Kurze Betrachtung über die Pesthornviehseuche. Frankfurt.
1810 BojANUS, Über die Ausrottung der Rinderpest. Riga.
1902 Bkaddon, Report of the Government of the Negri Sembilan on an experimental
investigation into the methods of protection of buffaloes and cattle against
Rinderpest.
1862 Braubll, Neue Untersuchungen betr. die pathol. Anatomie der Rinderpest. Dorpat.
1857 Beefeld, Zur Rinderpest. Breslau.
1858 Derselbe, Neuere Erfahrungen zur Rinderpest. Breslau.
1771 Camper, Vorlesungen über das Viehsterben. Kopenhagen.
1783 Camper u. Weiss, Über die Ansteckung der Viehseuche. Greifswald.
1904 Conti, Die Rinderpest in der Kolonie Brythrea. II nuovo Ercolani. p. 28.
1864 Corvini. Die Rinderpest. Mailand.
1796 Deho. Über die herrschende Hornviehseuche. Frankfurt.
1890 Dieckerhoff, Geschichte der Rinderpest. Berlin.
1891 Derselbe, Spezielle Pathologie. II. p. 46.
1847 Dietrichs, Anleitung zum Erkennen, Verhüten und Tilgen der Rinderpest. Blau-
beuren.
1761 Ellius, Untersuchungen über die Rind Viehseuche. Leipzig.
1764 Ens, Citate aus den alten Schriftstellern über die Viehseuchen im Altertum.
1797 Faust, Über die Rinderpest. Leipzig.
1884 Feldmann, Über die Anwendung des Pasteur'schen Verfahrens der Schutzimpfungen
gegen die Rinderpest. Moskau.
1803 Fleischmann, Geschichte der Rinderpest. Dresden.
1866 FooT, Cattle Plague. London.
1802 Frank, Über die Rinderpest und die Mittel, sie zu finden und auszurotten. BerHn.
1896 Friedberger u. Fröhner, Lehrbuch der spec. Pathologie u. Therapie. Bd. IL 4. Aufl.
Stuttgart, p. 751—767.
1867 Fuchs, Die Rinderpest in Holland und ihre neuesten Einbrüche in den Reg.-Bez.
Düsseldorf. Karlsruhe.
1867 Gerlach, Die Rinderpest. Hannover.
1872 u. 1875 Derselbe, Maßregeln zur Verhütung der Rinderpest. Berlin.
1814 Gohiee, Memoire sur la maladie epizootique, qui rfegne sur les betes ä cornes. Lyon.
1902 Government Notice s. Symptoms of Rinderpest. Agricult. Journ. of Cape
Colonie. XXL p. 278—279.
1903 Guthrie, J. A., Investigations of Rinderpest. Med. Record. Vol. LXIV. Nr. 19.
p. 730— 73L
1754 Gressel, Phys. med. Gedanken von der Hornviehseuche. Augsburg.
1904 Hädicke, Über die Rinderpest und die Wirkung der Kocn'schen Gallenimpfung.
Berl. tierärztl. Wochenschr. Nr. 50. p. 823.
1773 Haller, Abhandlung über die Viehseuche. Bern.
1845 Heckmeyer, Körte Geschiedenis der Runderpest. Ammersfoort.
1812 Hering, 0. L., Über die Rinderpest und deren Tilgung. Berlin.
1890 VAN Heuten, Tierärztbches Blatt für Niederländisch-Indien. Bd. IL
1904 Holmes, J. D. E., Einige Komplikationen der Rinderpest in Indien. Journ. of
Comp. Path. and Therap. Vol. XVII. H. 4. Ref. Berl. tierärztl. Wochenschr.
Nr. 21.
1797 Hoven, Versuch über die gegenwärtig herrschende Rindviehseuche. Tübingen.
1902 Hütcheon, D., Rinderpest in South Africa; its History general character and
Treatment. Agric. Journ. of Cap. Col. XXL p. 211—221.
1903 Derselbe, Rinderpest in Cape Colonie. Success of Serum Inoculation. Agric. Journ.
Cape Col. XXIII. p. 70—82.
I
Tropische und subtropische Viehseuchen. 779
1815 HuzABD, Rapports et observations sur l'epizootie contagieuse, regnant sur les betes
ä cornes de plusieurs departements de la France. Paris.
1768 Jänisch, Abhandlung von der in den Jahren 1766 und 1767 in Schlesien geherrschten
Hinviehseuche. Breslau.
1834 Jessen, Die Rinderpest mit besonderer Beziehung auf Rußland. Berlin.
1852 Derselbe, Die gänzliche Ausrottung der Rinderpest. Dorpat.
1857 Derselbe, Über die pathol. Erscheinungen auf der Maulschleimhaut bei der geimpften
Rinderpest u. deren Wert für die Diagnose derselben. Dorpat.
1812 Kail, Über die Rinderpest.
1713 Kanold, Historische Relation v. d. Pestilenz des Hornviehs. Breslau.
1814 Karsten, Prüfung dergegendieRinderpestbisher empfohlenen Schutzmittel. Gröttingen.
1898 Koch, Reiseberichte über Rinderpest, Bubonenpest in Italien und Afrika, Tsetse-
oder Surrahkrankheit, Texasfieber, tropische Malaria, Schwarzwasserfieber.
1769 KocziAN, Prüfung und Untersuchung der flornviehseuche. "Wien.
1756 Kühnst, Med. Gutachten von der sogen. Rindviehseuche. Hamburg.
1767 Krünitz, Verzeichniß der vornehmsten Schriften von der Rindviehseuche. Leipzig.
1715 Lancisi, Dissertatio historica de bovilla peste. Roma.
1801 Laubender, Über Ursachen, Ursprung und Beschaffenheit der Rinderpest in Ruß-
land. Gekrönte Preisschrift. Leipzig.
1802 Derselbe, Über die besten Mittel, der Rinderpest vorzubeugen. Gekrönte Preis-
schrift. Leipzig.
1899 Lehmann, R., Die Rinderpest in Queensland und ihre Ursache. Die Natur. Jahrg. 48.
p. 412—413.
1865 Leisering, Bericht über die Rinderpest in Holland und Belgien. Dresden.
1766 Le Clerc, Essai sur les maladies contagieuses du betail. Paris.
1831 Loeinser, Untersuchungen über die Rinderpest. Berlin.
1868 May, Krankheiten des Schafes.
1903 Mededeelingen uit het Geneskundig Laboratorium te Weltevreden. 2. Serie.
A Nr. 4, B Nr. 2. Batavia.
1905 Medizinalberichte über die deutschen Schutzgebiete 1903/04. Berlin, Mittler u.Sohn.
1816 Namsler, Über die Rinderpest und deren Behandlung. Breslau.
1865 Neidhardt, Die Rinderpest.
1898 Nencki, Sieber u. Wyznikiewicz, Untersuchung über die Rinderpest. Centralbl. f.
Bakt. p. 529.
1898 Dieselben, Recherches sur la peste bovine. Annales de l'Inst. Pasteur. p. 374.
1901 Nicolle et Adil Bey, Etudes sur la Peste bovine. Annal. de l'Inst. Past. XV.
p. 715—733.
1902 Dieselben, Ebenda, p. 65 — 85.
1902 Dieselben, Etudes sur la peste bovine. Ebenda. Nr. L p. 56.
1904 NocKOLDE, Colemann, Pest (Rinderpest auf der Insel Maranduque). Amer. Vet. Rev.
August 1904. p. 411.
1857 Paschkewitsch, Ansichten über die Rinderpest. Petersburg.
1776 Paulet, Contribution ä l'^tude de la peste bovine. Paris.
1894 Penning, C. A., Runderpest, epizootisch heerschende onder varkens. Veeartsnijkundige
Bladen voor Nederlandsch Indie. VIII. Afl. III. p. 65—87.
1812 Pessina, Anleitung zur Heilung der Rinderpest mit der eisenhaltigen Salzsäure. Wien.
1886 Pfeiffer, Die Schutzimpfungen des vorigen Jahrhunderts, p. 13. Weimar.
1904 PioT Bey, A propose de la peste bovine en Egypte. Lyon. med. XXXVI. Nr. 26.
p. 1280—1284.
1746 Ramazzini, Dissertation über die ansteckende Seuche des Rindviehs im Jahre 1711.
Hannover u. Lüneburg.
1903 Rassatt, Über den Verlauf der Rinderpest in Deutsch-Südwestafrika im Jahre 1902,
Deutsch. Kol.-Blatt. Nr. 8.
1874 Rattpach, 3. und 4. Bericht aus dem Impfinstitute zu Karlowka für 1859 u. 1860,
1865, 1866, 1873.
1864 Ravitsch, Neue Untersuchungen über die pathol. Anatomie der Rinderpest. Berlin.
*78Ö ^^- L. Sander und Dr. Hennig. Tropische und subtropische Viehseuchen.
1899 Repic Bey, La peste bovine en Turquie. Annal. de l'Inst. Pasteur. p. 596.
1902 Derselbe, jVlodifications leucocytaires dans la peste bovine. Ebenda, p. 163 — 169.
1871 E.EUNING, Die Abwehr der Rinderpest an den Grenzen Deutschlands. Dresden.
1904 L. Rogers, Experimentelle Erforschung der Methoden der Impfung gegen Rinder-
pest. The Veter. January. p. 21.
1877 RoLOEE, Die Rinderpest. 2. Auflage. Halle.
1745 RoNDOT, Sur la maladie epidemique des bestiaux.
1898 Sander, Die Rinderpest und ihr Einfluß auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in
Deutsch-Südwestafrika. Berlin.
1875 Seumer, Über die path. Anatomie der Rinderpest. Dorpat.
1813 SiCK, Über die Natur der Rinderpest. Berlin.
1863 Spinola, Specielle Pathologie I. Berlin, p. 220—248.
1866 Third Report of the Commissioners etc. of the Cattle plague. London.
1775 Tode, Geschichte der Einimpfungen der Hornviehseuche, welche in den Jahren
1770, 1771 und 1772 auf königliche Kosten angestellt worden. Kopenhagen.
1904 TscHEGis, Über die Rinderpest bei Kameelen. Archiv f. Veterinärwissenschaft, p. 882.
1897/98 Turner u. Kolle, Report on the eure and prevention of Rinderpest. Gapetown.
1865 Unterberger, Beiträge zur Geschichte der Rinderpestimpfung. Dorpat.
1877 Veröffentlichungen des kais. deutschen Gestundheitsamts. Nr. 25.
1891 Von den Missionen in den Schutzgebieten. Deutsch. Kol.-Blatt. p. 483.
1852 Weber, Die Rinderpest. Prag.
1813 Winkler, Die Löserdürre.
1891 WiRTZ, Die Rinderpest in Niederländisch-Ostindien 1882—1889/90.
1893 H. V. Wissmann, Bericht vom 25. IL 1893. Deutsch. Kol.-Bl. p. 354.
Psittacosis.
Von
Dr. Filippo Rho,
Oberstabsarzt in der Königl. italienischen Marine, Professor der exotischen Medizin
an der Universität zu Neapel.
Deutsch von C. Mense.
Definition.
Die Psittacosis ist eine zur Gruppe der Pafacolibazillosen gehörende, von
neu eingeführten Psittaceen, amerikanischen Papageien, welche infolge der un-
günstigen gesundheitlichen Verhältnisse auf dem Transporte über See an Darm-
katarrhen leiden, in kleineren Hausepidemien auf den Menschen übertragene Infek-
tionskrankheit.
Sie verläuft unter dem Bilde eines typhösen Fiebers, welches sich oft früli-
zeitig mit schweren Erkrankungen der Lungen kompliziert.
Gescliichte.
ßiTTER beobachtete zuerst im Jahre 1879 eine Hausepidemie von Lungenentzündung
bei Menschen, welche frisch importierte an tödlich verlaufenden Darmkatarrhen leidende
Papageien hielten, sah aber die Vögel nur als die Vermittler der auf der Reise von
ihrer Umgebung aufgenommenen Krankheitserreger an.
Ahnliche Beobachtungen machten 1882 Ost in Bern und 1885 Wagner.
Eberth (1880) und Wolpp (1885) fanden bei ihren Untersuchungen über die
Papageien-Enteritis in allen Organen und besonders in grauen Knoten in der Leber
Mikrokokken, im Darmkanal das Bild eines mittelschweren Katarrhs, im Dünndarm
seltener oberflächliche Ulzerationen.
1892 brach die erste Psittacosis-Epidemie mit hoher Mortalität in Paris aus, wo
die Krankheit anfänglich für eine infektiöse Lungenentzündung gehalten wurde. Kleinere
Epidemien folgten dort 1893, 1895 und 1898, in Italien 1894 in Florenz, 1895 in Prato.
1897 in Genua, 1901 in S. Elpidio bei Ancona und anderswo. Eine Epidemie in Hüll
wurde 1901 von Leichtenstern studiert.
In Stettin beobachteten Haedke und Weisser 1898 eine Endemie von Pneumonie
in einer Earailie, welche einen kranken , neueingeführten Papagei hatte. Von vier
Kranken starben drei.
782 Prof. Dr. FiLiPPO Rho.
Die Beschränkung der Epidemie auf den Familienkreis führte die durch die hohe
Sterblichkeit überraschten Beobachter bald zur Erkenntnis der Ätiologie der Krankheit,
woraus sich die nötigen prophylaktischen Maßregeln für die Betroffenen und besonders
für die an der jetzt verbotenen Masseneinfuhr dieser Vögel beteiligten Schiffahrtslinien
von selbst ergaben.
Die Zahl der Erkrankungen an Psittacosis hat sich dementsprechend in den letzten
Jahren bedeutend vermindert.
Ätiologie.
Autoinfektion der Papageien. Ergriffen werden Papageien amerikani-
scher Herkunft und vorzugsweise neuimportierte und die jüngsten, welche noch
unter der Nachwirkung der mangelhaften Pflege, schlechten Nahrang und des
Raum- und Luftmangels während des Transportes zu leiden haben.
Das erkrankte Tier zeigt acht bis zehn Tage lang anhaltende Schlafsucht,
bewegt sich nicht, frißt nicht, magert stark ab und leidet an fortwährenden Durch-
fällen, sträubt die Federn und läßt die Flügel hängen. Das ganze Büd ist das
eines Darmkatarrhs mit chronischem Verlaufe.
Bakteriologie. Während der ersten Pariser Epidemie im Jahre 1892
züchteten Gtaston und Nettek aus den diarrhöischen Entleerungen und von den
Flügeln der erkrankten Tiere Bazillen und Diplokokken, welche auf Ratten überimpft
eine rasch verlaufende tödliche Septizämie hervorriefen. In der folgenden Epidemie
von 1893 fand Nocaed den wirklichen Krankheitserreger der Psittacosis, welcher
jetzt seinen Namen trägt, im Safte des Knochenmarks der kranken Papageien. Es
ist ein kurzer, dicker Bazillus mit abgerundeten Enden, fakultativ anaerob, durch
seine 10 — 11 Geißeln äußerst beweglich, welcher auf den meisten gewöhnlichen
Nährböden rasch wächst, auf karbolsäurehaltigen Nährböden ebenfaEs, wenn diese
neutral oder schwach alkalisch reagieren. Er verflüssigt die Gelatine nicht, färbt
sich leicht, jedoch nicht nach Gram. Durch die Zahl seiner Geißeln und andere
Kennzeichen unterscheidet sich dieser Bazillus vom Kolibazillus und steht hier-
durch dem Bazillus von Eberth nahe, welchem er auch darin gleicht, daß er
Laktose nicht zur Gärung bringt, die Farbe von Lackmus-Laktose- Gelose nicht ver-
ändert, Milch nicht zur Gerinnung bringt und kein Indol erzeugt.
Andererseits zeigt er dasselbe üppige "Wachstum auf Gelatine und- Kartoffel
wie der Kolibazillus, wächst, wenn auch schwach, auf alten, vorher abgeschabten
Kulturen des EßERTH'schen, aber nicht des Kolibazillus. Auch gedeiht er, im
Gegensatz zum EßERTH'schen Bazillus mit Kolibazillen in Bouillon in demselben
Röhrchen.
Durch alle diese Eigenschaften steht der Erreger der Psittacosis in der Mitte
zwischen dem Kolibazillus und dem Bazillus Eberth, unterscheidet sich aber von beiden
durch seine hohe Virulenz gegenüber Papageien, welche zehn bis zwölf Stunden nach
einer subkutanen Injektion eines Tropfens einer Bouillonkultur zugrunde gehen. Ebenso
empfindlich sind Tauben, Hatten, Mäuse und Kaninchen, weniger Meerschweinchen, noch
weniger Hunde. Experimentelle Einführung unter die Haut, in die Luftröhre oder in
eine Vene führt bei den Versuchstieren in weniger als achtund vierzig Stunden zum Tode
durch allgemeine Septizämie mit den charakteristischen kongestiven flämorrhagien,
Schwellung und Erweichung von Leber, Milz und Nieren, wobei die Bazillen in diesen
Organen in Reinkultur angetroffen werden. Der Krankheitserreger findet sich auch im
Blute, jedoch in verschwindend kleiner Menge. Trotzdem gelingt auch die künstliche
Infektion mit dem Blute.
Der Nahrung zugesetzt äußert der Bazillus seine Wirkung weniger konstant und
schnell. Auch eine auf diesem Wege hervorgerufene Erkrankung kann in 2 — 3 Tagen
zum Tode führen, meistens aber verenden die Versuchstiere, besonders Papageien, erst
1
Psittacosis. 783
nach 8 — 10 — 15 — 20 Tagen infolge erschöpfender Durchfälle. Bei den Psittaceen gelingt
auch auf diesem Wege stets die künstliche Infektion, es genügt schon, einige Federn von
Vögeln, welche an der Krankheit eingegangen sind, ihnen in den Käfig zu legen (Nocaed)
oder das Futter mit einigen Tropfen einer ßouillonkultur anzufeuchten (Gilbert und
Fournier).
Die diarrhoischen Entleerungen der Papageien sind wegen ihres ungeheuren Reich-
tums an den spezifischen Bazillen äußerst infektiös.
Beim Menschen liefert die bakteriologische Untersuchung kein so sicheres
Ergebnis. Unter der großen Zahl der beobachteten Erkrankungen ist der Nocard-
sche Bazillus erst einmal aus dem Herzblute einer an Psittacosis gestorbenen Erau
von Gilbert und Fournier 1897 isoliert v^^orden.
Trotzdem gelang es zuerst Nicolle 1898 bei zwei Kranken das spezifische
Agglutinationsvermögen des Blutes gegenüber dem Bazillus der Psittacosis nachzu-
weisen. Die Eeaktion tritt noch bei einer Verdünnung von 1 : 60 ein und hat eine
diagnostische Bedeutung. Am stärksten ist das Agglutinationsvermögen des Serums
bei chronischem Verlaufe der Krankheit.
Man darf hierbei nicht ühersehen, daß das Serum kranker Menschen und Tiere
auch den Bazillus von Eberth, aber in viel geringerem Grade, und umgekehrt das
Serum Typhuskranker deutlich aber schwach den Psittacosis-Erreger agglutiniert. Diese
Erscheinung der „Mitagglutination" findet man nicht nur bei der Psittacosis, sondern sie
ist in den letzten Jahren auch besondei-s eingehend bei den paratyphoiden In-
fektionen studiert worden.
Bei den Kranken der Stettiner Familienendemie wurde nur ein virulenter Strepto-
coccus und ein virulenter Proteus gefunden, nicht der NocARD'sche Bazillus. Die Unter-
suchung des kranken Papageis war ergebnislos.
Schließlich haben Gilbert und Fournier aus dem Darminhalt von Papageien
einen Paracoü-Bazillus gewonnen, welcher, abgesehen von der Virulenz, in jeder
Hinsicht dem NocARü'schen Bazillus gleicht. Man darf deswegen folge-
richtig mit diesen Autoren die Psittacosis als eine Paracoli-
bazillose ansehen, welche durch einen Darmschmarotzer der
Papageien hervorgerufen wird, der für gewöhnlich harmlos ist
aber unter gewissen Verhältnissen virulent und nicht nur von
einem Papagei auf den anderen, sondern auch auf Menschen über-
tragbar werden kann.
Nach AiELLO und Parascandolo, welche sich kürzlich mit dem Studium dieser
Bakterien beschäftigt haben, kann man durch Filtration der Nälirböden, auf welchen
sie gewachsen sind, zwei Substanzen gewinnen, ein Nuklein und ein Nukleo- Albumin,
welche beide auch in minimalen Dosen auf die gewöhnlichen Versuchstiere giftig
wirken. Mit abgetöteten Kulturen kann man somit Kaninchen und Hunde immuni-
sieren. Das. Serum solcher Tiere besitzt schützende und heilende Eigenschaften.
Epidemiologie.
Die Unsitte mancher Liebhaber von Papageien, die Tiere aus dem Munde
fressen zu lassen, bietet die häufigste Ansteckungsgelegenheit, zumal diese unappetit-
liche Fütterung gern besonders dann vorgenommen wird, wenn die Tiere krank
imd niedergeschlagen aussehen und einer zärtlichen Pflege bedürftig erscheinen.
Unter solchen Umständen beginnt die Krankheit oft mit lokalen Symptomen wie
Ödem in der Umgebung des Mundes, einem an Diphtherie erinnernden Belag der
Mund- und Rachenschleimhaut oder der Bildung schmerzhafter Knötchen auf der
Zunge. Solche Erscheinungen sind sogar bei Menschen beobachtet worden, welche
kranke Papageien bloß berührt hatten, ohne sie mit dem Munde zu füttern,
784 Prof. Dr. TiLiPPO ßno.
oder nur von kranken Papageien beschmutzte Gregen stände, den Käfig, die Sitz-
stange usw. angefaßt hatten.
LucATELLO hält die Übertragung durch die Fäces für den gewöhnlichsten
Infektionsmodus, indem die Federn der Tiere durch die heftigen Darmkatarrhe be-
sudelt werden, wodurch der Schnabel verunreinigt wird, welcher bei den ange-
deuteten Liebkosungen die Krankheit auf den Menschen überträgt. Auch können
die eingetrockneten Exkremente in den Zimmern sich dem Staube beimischen und
eingeatmet werden. Wahrscheinlich kommt die Ansteckung durch Staub sehr häufig
vor. GuAKNiEKi hat nachgeT\äesen , daß im eingetrockneten Blute der Bazillus
mehrere Monate lang seine Virulenz bewahrt.
Auch Fälle einer Übertragung von Mensch zu Mensch sind bekannt geworden,
aber seltener. Dujakdin - Beaumetz berichtet, daß ein Arzt von einem in seiner
Behandlung befindlichen Kranken mit Psittacosis selbst infiziert wurde. Petee
beobachtete die Ansteckung eines Krankenwärters.
Für die Infektion sind, wie bei anderen Krankheiten, geschwächte, genesende
oder unter ungünstigen hygienischen Verhältnissen lebende Personen am meisten
empfänglich.
Verlauf und Krankheitserscheinungen.
Die Inkubationszeit beträgt meistens 8 — 9 Tage, nur ausnahmsweise bis
zu 12 Tagen.
Die Krankheit beginnt unter anfangs wenig erheblichen aber rasch sich ver-
schlimmernden Symptomen, welche vollkommen denen bei anderen schweren In-
fektionskrankheiten mit typhösem Typus beobachteten gleichen, nämlich : Unbehagen,
Verstimmung, Mattigkeit, leichtes Frösteln, heftiger Kopfschmerz, Übelkeit und
manchmal Erbrechen. Hierzu gesellt sich dann eine mäßige Diarrhöe und später
treten Schmerzen im Rücken und in den Grliedern auf, manchmal auch Seitenstechen
und Nasenbluten.
Manche Fälle zeichneten sich durch starkes Hervortreten von Lokalerschei-
nungen, wie Ödem um den Mund, Stomatitis aphthosa und Angina mit Pseudo-
membranen aus. AVegen ihres frühzeitigen Auftretens wurden diese Erscheinungen
als Initialsymptome an der Eingangspforte des infektiösen Agens angesehen.
Das gleichzeitig auftretende Fieber zeigt einen flotteren Grang als beim Ab-
dominaltyphus. In 4 — 5 Tagen, nicht selten schon nach 48 Stunden steigt die
Temperatur auf 39^, 40—41» C.
Die Fieberkurve zeigt keinen bestimmten Typus, das Tagesmaximum kann in
die Morgen- oder Abendstunden fallen, plötzliches Ansteigen der Temperatur kann
ganz unerwartet in Zusammenhang mit den einzelnen Symptomen imd besonders
mit den nachher zu besprechenden Veränderungen in den Lungen eintreten.
Auch der Puls ist unregelmäßig, bald zälilt man 120 — 130 Schläge, bald nur
wenig mehr als normal.
Der Kranke wird von heftigem Durste gequält, Übelkeit und Erbrechen sind
oft so andauernd und hartnäckig, daß er keine Ruhe findet. Die Zunge ist feucht-
glänzend und trägt in der Mitte einen weißen Belag, wälirend sie an den Rändern
gerötet ist, und gleicht mehr der Zunge von Influenza- als von Typhuskranken ; der
Belag ist niemals schwarzbraun oder rissig.
"Während der ganzen Dauer der Krankheit besteht Verstopfung, welche selten
durch einige breiige oder halbflüssige sehr übelriechende Entleerungen unter-
brochen wird.
Der Bauch zeigt keinen Meteorismus noch Ödem der Bauchdecken und ist
Psittacosis. 785
spontan oder auf Druck gar nicht oder nur in geringem Grade druckempfindlich,
wie auch sonst bei hartnäckiger Koprostase.
Der Urin ist spärlich, dunkel, arm an Harnstofi', fast immer mäßig, oft stark
eiweißhaltig.
Die Größe der Leber bleibt normal, die Milz ist stets nicht unbedeutend ge-
schwollen. Es besteht sozusagen ein akuter Milztumor, wobei die Milzgegend druck-
empfindlich sein kann.
Der Kräftezustand der Kranken ist ein recht elender, ohne daß eigentlicher
Stupor oder eine Trübung des Bewußtseins einzutreten braucht. Meistens ver-
fallen sie allerdings allmählich in tiefe Prostration mit Subdelirien oder unauf-
hörlichen Deliren.
Mit dem Eintritt der Lungenkomplikationen in Form von allgemeiner Bronchitis
mit Kongestion an der Lungenbasis, Pneumonie oder häufiger Bronchopneumonie
mit oder ohne Beteiligung der Pleura nehmen die nervösen Störungen zu.
Diese nur selten fehlenden Begleitkrankheiten pflegen sich schon früh einzu-
stellen und treten durch ihre Schwere und Heftigkeit so stark hervor, daß sie das
Krankheitsbild beherrschen.
Am wichtigsten sind deshalb die Erscheinungen von selten der Lungen. Sie
können zwar in den allerersten Tagen fehlen, in der Mehrzahl der Fälle tritt aber
rasch der ganze Symptomkomplex der Bronchopneumonie ein. Hustenanfälle und
Atemnot belästigen den Kranken in höchstem Grade und fast unaufhörlich.
Wenn in der Brust stechende Schmerzen bestehen, so wechseln sie an Dauer,
Heftigkeit und Sitz, kommen und gehen zuweilen mehrmals innerhalb 24 Stunden.
Sie gleichen am meisten einer Pleurodynie und nicht dem fixen hartnäckigen und
stechendem Schmerze einer genuinen Lungenentzündung. Die Auskultation ergibt
kleinblasiges Rasseln als Anzeichen eines mehr oder weniger stark ausgeprägten
Bronchialkatarrhs, welches stets eine ausgesprochene Neigung zeigt, sich auf die
Alveolen auszudehnen und zerstreute oder zusammenfließende Herde von lobulärer
Pneumonie hervorzurufen, welche wie die Bronchopneumonien bei Influenza leicht
auf andere Lappen des Organs übergreifen.
Diese Komplikationen und die mit ihnen zusammenhängenden Störungen der
der Herztätigkeit und des Blutumlaufs sind meistens die Ursache des tödlichen Aus-
ganges, welcher bei etwa einem Drittel der Fälle beobachtet wird. Nach einem
Anstiege des Fiebers, welches 41 ^ und mehr erreichen und von nervösen Störungen,
Halluzinationen, Floccilegium und Subsultus tendinum begleitet sein kann, verfällt der
Kranke, von heftigster Atemnot gequält, in terminales Coma. Der tödliche Ausgang
erfolgt dann meistens im Laufe der zweiten oder dritten Krankheitswoche.
Tritt dagegen 15—20 Tage nach der Erkrankung eine Wendung zum Besseren
ein, so lassen diese Erscheinungen allmählich nach, die Temperatur erreicht in
wenigen Tagen die normale Höhe und die Rekonvaleszenz beginnt.
Manche Fälle zeigen eine von dem oben geschilderten Hergange abweichende
klinische Form. Besonders im Kindes- und Jünglingsalter verläuft die Krank-
heit oft sehr milde, beschränkt sich auf mäßiges Fieber mit Mattigkeit, Schlafsucht,
Kopfschmerzen, Übelkeit und Verdauungsstörungen, und, ohne daß eine stärkere Be-
teiligung der Lungen als höchstens ein leichter Bronchialkatarrh sich bemerkbar
macht, ist in höchstens einer Woche die Infektion übei-wunden.
Unter den schweren Fällen ist eine adynamische Form beschrieben worden,
wobei ebenfalls die Lungenerscheinungen vorherrschen , aber mit einer Neigung
zu Kollaps und Synkope.
Seltener überwiegen die nervösen Symptome in Gestalt heftiger Kopf- und
Muskelschmerzen, Delirien und äußerster Unruhe. Der aufgeregte Kranke wiU das
Mense, Handbuch der Tropenkrankheiten. III.
50
786 Prof. Dr. Filippo Rho.
Bett verlassea und iiiTiß sorgfältig bewacht werden, auch. Selbstmordversuche
kommen dabei vor, manchmal wird sogar die Anlegung der Zwangsjacke nötig.
Pathologische Anatomie.
Die Obduktion ergibt folgendes: Herzmuskel schlaff, von gelblicher Farbe (in
einem Falle beginnende serofibrinöse Perikarditis), bedeutende frische Milzschwellung,
Erweichung der MilziDulpa so stark, daß die Herausnahme des Organs schwierig
ist, deutliche fettige Degeneration der Leber, Schwellung und Erweichung der
Nieren mit trüber Schwellung des Tubularepithels.
Diese degenerativen Yeränderungen sprechen dafür, daß es sich um eine kein
Organ verschonende Allgemeininfektion handelt. Trotzdem werden die auffälligsten
Yeränderungen unter dem Bilde einer akuten lobulären Pneumonie in den Lungen
angetroffen.
Yon Mikroorganismen werden sowolil in den Ausscheidungen Avährend des
Lebens wie in den Lungen nach dem Tode nur zahlreiche Diplo- und Streptokokken,
niemals dem NocARD'schen ähnliche Bazillen gefunden.
Wir wissen, daß die Ätiologie der Pneumonie keine einheitliche ist, daß verschie-
dene pathogene Keime eine Erkrankung, welche unter dem klinischen und anatomischen
Bilde der klassischen und alltäglichen Lungenentzündung vei-läuft, hervorrufen können.
Der gewöhnlichste Erreger ist der FRAENKEL'sche Pneumococcus oder Diplococcus
lanceolatus, der FßiEDLÄNDER'sche Kapselbazillus, der Bazillus der Influenza (Ppeiffee),
Streptokokken und in einigen seltenen Fällen der Meningococcus, der Typhus- und Pest-
bazillus. Andererseits sind verschiedene Infektionskrankheiten wie der Abdominaltyphus,
die Ruhr, die Malaria nun nicht selten von Lungenkomplikationen begleitet, welche vor-
wiegend einen Befund von Diplo- und Streptokokken liefern.
Diese Begleitez'scheinung einer Diplo- und Streptokokken-Pneumonie tritt fast kon-
stant und frühzeitig bei der Psittacosis auf, während die Krankheit selbst eine spezifische
Allgemeininfektion ist.
Die durch den NocAED'schen Bazillus bewirkte primäre Allgemeininfektion bereitet
also der Kokkeninfektion in den Lungen den Boden vor. Durch diese Symbiose werden
die Toxine dieser verschiedenen Mikroorganismen wirksamer und für den Organismus
wird das Zusammenwirken der verschiedenen giftigen Stoffe noch gefährlicher, wodurch
sich die hohe Sterblichkeit erklärt.
Die Fähigkeit, eine Infektion zu verstärken, zeigt am deutlichsten der Typhus-
bazillus, welcher dem' Bazillus Nocaed biologisch, morphologisch und pathogen nahesteht.
Wir wissen aus der Klinik, daß diese Erkrankungen der Atmungsorgane ver-
hältnismäßig harmlos sind, wenn sie nur durch eine sogenannte „Erkältung" geschädigte
Gewebe betreffen, während sie schwer und oft tödlich verlaufen, wenn sie dort mit einer
Influenza-, Erysipel- oder Typhusinfektion usw. zusammenfallen.
Bei der Psittacosis wird die Schwere der Kokkeninfektion der Lungen dadurch
gesteigert, daß der Organismus durch den spezifischen Erreger bereits geschwächt ist,
Prognose.
Yon den milden unkomplizierten Formen abgesehen ist die Yorhersage des
Ausgangs bei Psittacosis stets unsicher und nur unter Yorbehalt möglich. Die aus
den verschiedenen Epidemien berechnete mittlere Sterblichkeit beläuft sich auf etwa
35^/0. Yorgeschrittenes Alter, besonders Oreisenalter, nervöse Schwächezustände,
dauernde organische Yeränderungen, Avelche die Widerstandsfähigkeit des Körpers
herabsetzen, wie Herzkrankheiten, chronische Nephritis, Fettleibigkeit, ausgesprochene
harnsaure Diathese, Diabetes sind die wichtigsten einen ungünstigen Ausgang be-
günstigenden Momente.
Psittacosis. 787
Diagnose.
Wenn die Entstekungsursaclie nicht bekannt ist und das epidemische Auf-
treten nicht auffällt, so ist es schwer, die Diagnose auf Psittacosis zu stellen. Man
•wird deswegen bei Hausepidemien von schweren Pneumonien stets sorgfältig nach
der Ätiologie zu forschen haben.
Besonders ist es wichtig die Krankheit von der typhoiden oder para-
typhoiden Infektion oder von Influenza zu unterscheiden. Die Differential-
diagnose wird teils durch die Anamnese, teils durch den eigenartigen Yerlauf
jeder dieser Krankheiten gesichert.
Von Typhus und Paratyphus unterscheidet sich die Psittacosis durch
die unregelmäßige Fieberkurve, durch das oben erwähnte Fehlen der gastrischen Er-
scheinungen und der Roseola und durch das Überwiegen der Erkrankung des Respi-
rationstraktus. Letztere verleiten eher zu einer Verwechslung mit Influenza, bei
welcher Entwicklung und Verlauf der Veränderungen in den Lungen ganz ähn-
liche sind, mit dem einzigen Unterschiede, daß bei Influenza der Katarrh der oberen
Luftwege, Nase usw., selten vermißt wird, während er bei Psittacosis fehlt. Bei
dieser besteht heftiger und unaufhörlicher Hustenreiz ohne nennenswerten Auswurf,
die Auskultation ergibt wenig oder gar nichts, bei jener ist der Schmerz beim Husten
ist erträglich und die Auskultation ergibt weitverbreitete Rasselgeräuche, außerdem
bei der Psittacosis der ganze Verlauf der Krankheit und die Rekonvaleszenz im
ganzen langsamer als bei Influenza.
Wie oben mitgeteilt, hat Nicolle die Möglichkeit einer Serumdiagnostik
der Psittacosis nachgewiesen. Das Agglutinationsvermögen steigt manchmal bis
auf 1 : 60, in anderen FäUen kann es sehr schwach sein (1 : 10) oder wegen schneller
Entwicklung der Krankheit ganz fehlen (Sicard, Gilbert und Fournier).
Behandlung.
Die Therapie kann nur eine symptomatische sein, wie bei anderen Infektions-
krankheiten von typhösem Typus. Man verordnet flüssige Nahrung, besonders
Milch, gegen Verstopfung salinische Abführmittel und Klistiere. Hohes Fieber wird
durch reichliche Zufuhr von Gretränken und Kaltwasserbehandlung bekämpft. Die
Herztätigkeit ist durch die üblichen Stimulautien , reichhche Alkoholzufuhr bei
Trinkern, Coffein, Spartein, Digitalis usw. zu erhalten. Maragliano empfiehlt
Digitalis in hohen Dosen, welches er für geeignet hält, das Toxin der Diplokokken
zu zerstören oder zu neutrahsieren, oder Chinin, welch letzteres nach seiner Ansicht
das bekömmlichste und wirksamste intern oder subkutan anwendbare Antiseptikum
auch bei dieser Infektionskrankheit ist. In sehr schweren adynamischen Fällen ist
zu subkutaner oder intravenöser Infusion von physiologischer Kochsalzlösung zu
greifen.
Gegen die Erregungszustände und DeHrien hat sich Chloralhydrat wirksamer
erwiesen, als die anderen Sedativa.
Prophylaxe.
Gesunde Papageien, auch wenn sie frisch eingeführt worden sind, dürfen zwar
zunächst als ungefährlich angesehen werden, müssen aber unter Beobachtung gehalten
werden, wobei jede Berührung mit ihnen zu vermeiden ist.
50*
738 Prof. Dr, Filippo Rho. Psittacosis.
Treten unter ihnen Durchfälle auf, so sind die Käfige und andere verunreinigte
Gegenstände sowie die Tiere selbst zu verbrennen und strenge Desinfektionsmaß-
regeln einzuleiten. Alle erkrankten Menschen sind sorgfältig zu isolieren. Hier-
bei ist nicht zu vergessen, daß Mensch und Vogel unter schlechten hygienischen
Yerhältnissen empfänglicher für die Ansteckung ist. AUe Yorschriften der Gresund-
heitspflege sind deswegen in der Umgebung eines an Psittacosis leidenden Menschen
oder Tieres doppelt wichtig.
Die öffentliche Prophylaxe verlangt, daß bei Ankunft eines Schiffes aus
Amerika sich die betreffenden Behörden nicht niu- von dem Wohlbefinden der Passa-
giere und Mannschaft, sondern auch von dem Gesundheitszustande der an Bord be-
findlichen Papageien überzeugen, besonders wenn ein Massentransport vorliegt.
Die Entstehung der Epidemie von 1892 in Paris, wahrend, welcher fünfzig Personen
an schwerer Pneumonie erkrankten und ein Drittel derselben starb, kann zur Warnung
dienen. Im Dezember 1891 hatten zwei Franzosen in Amerika 600 Papageien zur Aus-
fuhr nach Frankreich gekauft. Von diesen ging eine große Zahl auf der Reise ein,
nur etwa 200 kamen am 3. Februar 1892 in Paris an und wurden dort von den Händlern
an zwei verschiedenen Stellen zum Verkaufe gebracht. So entstanden zwei Krankheits-
herde und die von diesen ausgehenden Erkrankungen waren leicht zu verfolgen.
Beim Ausbruche einer Epidemie kann es nicht schwierig sein, den Ausgangs-
punkt zu ermitteln und einer Weiterverbreitung durch geeignete Maßnahmen vorzu-
beugen.
Literatur.
1902 AiELLO et Parascandalo, Arch. de Parasitologie.
1896 D:6cAZALS et Delamaeke, Gazette des höpitaux. August und September.
1897 Gilbert et Fournier, Presse medicale. 16./I.
1898 Haedke, Über endemische Pneumonie. Deutsch, med. Woch. Nr. 14.
1894 Malbnchini e Palamidessi, Policlinico.
1897 Maeagliano, Supplemento al Policlinico. lO./IV. ■
1897 MiLLiENNE, These de Paris.
1895 M ORANGE, Thfese de Paris.
1893 NocARD, Conseil d'hygiene publique et de salubrite. 24./III.
1899 NicoLLE, Arch. prov. de medecine. Januar.
1896 WiDAL et SicARD, C. r. Soc. de ßiol. 28./XI.
Einige wenig bekannte Krankheitsbilder.
Von
Dr. C. Mense.
Im Nachstehenden seien noch einige Affektionen ei'M'ähnt, über welche nnr
wenige oder ungenaue Beobachtungen und Mitteilungen vorliegen. Einige \^on ihnen
mögen neu sein, andere werden wahrscheinlich bei eingehenderem Studium als zu
einer bereits erforschten Krankheit zugehörig erkannt werden.
Im tropischen Afrika von der Ost- bis zur Westküste werden Stomatitiden
beobachtet, welche mit mehr oder weniger schweren Störungen des Allgemein-
befindens einhergehen.
Als Onyalai bezeichnen Yale Massey und F. C. Wellman eine Er-
krankung der Mundschleimhaut, bei welcher Blasen von 1 — 2 cm Durchmesser mit
blutigem, halbgeronnenen Inhalt auftreten. Die Kranken leiden dabei an allgemeiner
Mattigkeit, entleeren blutigen Urin, in welchem rote Blutkörperchen nachgewiesen
werden können. Auch blutiges Erbrechen kommt vor. Ein Fall soll tödlich ge-
endet haben, sonst genesen die Kranken in etwa zehn Tagen völlig.
Vielleicht steht diese Affektion der von Feldmann unter dem Namen Edjuo
im Bezirk Bukoba in Ostafrika imter der Bananen essenden eingeborenen Bevölke-
rung beobachteten, oft von Parotisschwellung begleiteten Mundentzündung nahe.
Beim Lesen der leider nur sehr kurzen Berichte über diese Krankheiten kam
mir eine Erkrankung wieder in die Erinnerung, Avelche quer durch Äquatorialafrika
verbreitet zu sein scheint, von den intelligenten ünyamwezileuten , aus welchen
während meines Aufenthalts am Kongo auch die schwarzen Krankenwärter ausge-
wählt wurden, als Kafindo bezeichnet wurde und über dessen Vorkommen in
Ostafrika ich eine Mitteilung des Missionars der Brüdergemeinde Meyer erhielt.
Kafindo macht wegen seines stellenweise gehäuften Auftretens und wegen
der die Erkrankung einleitenden allgemeinen Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Be-
nommenheit und Kopfschmerzen den Eindruck einer akuten Infektionskrankheit-
Auch hier überwiegen die Erscheinungen im Munde und im Rachen. Die Zunge
zeigt aber keine Blasen wie bei Onyalai — ich habe sie wenigstens nie gesehen —
sondern ist anfangs belegt, stark geschwollen mit sehr deutlich hervortretenden
Papillen, dann verschwindet der Belag, und von den Rändern, der Spitze oder einigen
auf der Oberfläche auftretenden landkartenähnlichen Flecken her ausgehend ver-
breitet sich eine himbeer- bis lackfarbene Röte über das ganze Organ. Gleichzeitig
besteht meistens eine katarrhalische Angina verschiedenen Grades. Die Augenbinde-
790 Dr. C. Mense.
haut ist gerötet, oft leicht gelbhch verfärbt. la schweren Fällen wird auch
Bronchialkatarrh und Atemnot beobachtet. Dabei können die Submaxillar- und
Sublingualdrüsen druckempfindlich sein.
Meistens geht die Krankheit nach wenigen Tagen plötzlich in Genesung über.
Verf. hat keinen Todesfall, auch nie hohes Fieber während des Verlaufes beobachtet.
In Ostafrika sollen schwere Erkrankungen unter heftigen brennenden Schmerzen im
Halse, Nackenstarre, starken Glieder- und Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit, Ver-
stopfung — seltener statt derselben blutige Durchfälle — und intermittierendem
Puls nach 14 Tagen und mehr zum Tode führen. Auch Weiße sollen davon be-
fallen werden.
Differential diagnostisch kämen besonders Intoxikationen in Betracht, zumal
unter den Negern Giftmorde nichts seltenes sind und häufig in der Form eines sog.
Gottesgerichts vorkommen. Am meisten gleichen wohl die Krankheitserscheinungen
einer Vergiftung mit den kaustischen Euphorbiaceen, Wolfsmilcharten, deren Saft
starke Entzündung der Mund- und Rachenschleimhaut hervorzurufen vermag.
Dengue, an welche der feuchtglänzende Blick der geröteten Augen und die
Gelenkschmerzen erinnern, unterscheidet sich von Kafindo durch das nie fehlende
Fieber und Exanthem, sowie die größere Schmerzhaftigkeit der Gelenke.
Die Behandlung der Eingeborenen besteht darin, daß sie die Zunge mit einem
wie ein Pinsel am Ende ausgefaserten Holzstäbchen, welches auch sonst zum Putzen
der Zähne benutzt Avird, oder einem rauhen Blatte oder dgl. blutig kratzen. Besser
sind antiseptische und ad strin gierende Mundwässer.
Über die Therapie der schweren Fälle liegen medizinische Beobachtungen
nicht vor. Missionare wollen mit Phosphor und Bienengift gute Erfolge gehabt haben.
Bei den Eingeborenen des früheren L u n d a - Reiches im Hinterlande von
Angola fand F. C. Wellman ein eigentümliches, von den Eingeborenen Aka-
tama genanntes Nervenleiden. Es ist eine periphere Neuritis, deren wichtigste
Symptome Anschwellung, leichtes Ödem und Hyperämie der Extremitäten sind be-
gleitet von Parästhesien wie Prickeln, Brennen und Taubheit der befallenen Teile.
Manchmal tritt auffallende Hyperhydrosis der betreffenden Stellen ein. Kälte und
Feuchtigkeit steigern die Beschwerden, trockene, durch Sonnenschein oder ein Feuer
hervorgerufene Hitze lindert sie.
Mit Malaria-Neuritis, Beriberi und Lathyrismus soll das Leiden nicht
zusammenhängen. Die Untersuchung des Blutes und der Exkrete ergab nur die stets
bei den Eingeborenen jener Gegenden vorkommenden, den Volksseuchen ent-
sprechenden Parasiten. Im Sudan beobachtete Balfour einen ähnlichen Symptomen-
komplex, den die Araber als „lahmes Kamel" bezeichnen.
Die Kranken sollen meistens sterben, auch soll der tödhche Ausgang dm-ch
Gift oder durch große Furcht oft künstlich beschleunigt werden.
Es könnte sich hier um ein ähnliches Krankheitsbild wie bei dem als Rajaiaud-
sche Krankheit bezeichneten Symptomkomplex handeln.
Eine eigentümliche Mischung von rein nervösen Erscheinungen mit an In-
fluenza oder leichte Malaria erinnernden Symptomen steUt nach den Angaben von
Robertson das au£ den Sandwichs-Inseln bei Fremden in der ersten Zeit ihres
dortigen Aufenthalts vorkommende Boo-Hoo-Fieber dar. Unter schwerer
geistiger Depression und melancholischer Gemütsstimmung, wie Heimweh, treten
Gliederschmerzen und Rückenschmerzen auf, die Zunge ist belegt, der Appetit
schwindet, manchmal besteht leichtes Fieber, meistens Verstopfung. Die Ursache
ist unbekannt, Heilung erfolgt besonders bei Anwendung von Chinin, Phenazetin
und dgl. prompt in wenigen Tagen.
Auch andere fieberhafte Erkrankungen wie das von Manson als selbständige
Einige wenig bekannte Krankheitsbilder. 791
ErauMieit angesehene, von Thompstone, Benxett und "Wellman beschriebene
„Hyperpyrexial fever" Westafrikas', das Nasha-Fieber (Feknandez und
Mitea) und Pigmentfieber Indiens, sind noch so wenig bekannt, daß ihre
Ätiologie und pathologische Stellung unklar ist. Das wegen des negativen Blut-
befundes von Malaria und des oft 14 — 30 Tage anhaltenden, anfangs intermittieren-
den oder remittierenden dann kontinuierliche, bis 107 ^ F steigende Hyperpyrexial
fever führt oft zum Tode. Wellman fand in einem Falle kurze mit Borax-
Methylenblau sich färbende Bazillen im Blute.
Das ISTasha-Fieber hat manche Symptome mit der Rhinitis spastica
vasomotorica gemein (vgl. van Bkero Bd. I S. 218) und ist vielleicht eine Art
tropischen Heufiebers.
Beim Pigmentfieber tritt nach der 8 — 10 Tage anhaltenden kontinuier-
lichen Temperatursteigerung eine an Lupus erythematodes erinnernde dunkelbraune
Verfärbung der Gresichtshaut auf, welche monatelang dunkler wird, dann allmählich
abblaßt, um in 1 — 1 V2 Jahren ganz zu verschwinden (Cobbs).
Yon tropischen Tierkrankheiten ist in der Literatur bisher nichts er-
wähnt worden von einer von mir am Kongo beobachteten Oh rmilbenk rankheit
der Ziegen. Bei den davon befallenen Tieren bildet sich im äußeren Gehörgang auf
beiden Ohren eine braune bierfilzähnliche Masse, welche wie ein fester Pfropf den
Gehörgang verscliließt. Bei mikroskopischer Untersuchung erkennt man, daß diese
Masse aus einem Gewirr feinster Fäden besteht? zwischen denen zahlreiche lebende
Milben hausen, die an Gestalt und Größe den Sarcoptes scabiei nicht unähnlich sind.
Ich dachte anfangs, es handele sich hier um tierschmarotzende Verwandte der auf
Laubbäumen lebenden Milbenspinnen (Tetranydius telarius). Luhe macht mich
aber auf den erst zweimal in den Pyrenäen beobachteten Psoroptes caprae aufmerk-
sam. Dieser ist allerdings ein gutartiger Ohrschm~arotzer der Ziegen, er gleicht aber
der von mir beobachteten Milbe, welche somit vielleicht als eine bösartige Species
Psoroptes congolensis anzusehen ist.
Die kranken Ziegen werden taub, fressen nicht mehr und gehen nach
mehreren Monaten ein. Die Hautdecken bleiben gesund. Rechtzeitig geschlachte
Tiere zeigten ebensowenig wie die gefallenen auffallende pathologisch-anatomische
Veränderungen. Besonders am Gehirn war nichts Besonderes zu finden. Die un-
mittelbare Todesursache ist also unbekannt.
Die SING verzeichnet im Togogebiet als Nebenbefund während seinen Ver-
suchen der Immunisierung von Rindern gegen die Tsetsekrankheit bei gefallenen
Tieren zahlreiche kleinste bis kirschgroße knorpelartige Geschwülste in Darm, Milz
und Leber, welche er für eine noch nicht beschriebene Pilzkrankheit hält. Die
Krankheit verlief unter geringem Fieber und voller Nahrungsverweigerung in 2 — 3
Tagen tödlich.
Literatur.
1908 Cobbs, E., Ten days pigmentary fever of Bengal. Ind. med. Gaz. April.
1905 DiESiNG, Ein Inamunisierungsversuch gegen die Tsetse - Krankheit der Rinder in
Kamerun. Arch. f. Schifi's- u. Tropenhyg. Heft 10.
1905 Feldmann, in Medizinalberichte über die deutschen Schutzgebiete. ^ S. 45.
1895 Fernändez, Nasha Fever. Lancet. 5./I.
1903 Manson, Patrick, Tropical diseases. London, Cassell & Co.
1897 Mense, C, Hygienische und medizinische Beobachtungen aus dem Kongogebiete.
Wiener klin. Rundschau. Nr. 3 — 7.
7^2 -Dr. 0. Mense. Einige wenig bekannte Krankheitsbilder.
1890 MoEOT et Nallet, Otacariase de la chfevre. Bull, de la Soc. centr. de med. veter.
S. 271.
1892 Nbumann, L. C, Traite des maladies parasitaires non microbiennes des animaux
domestiques. Paris.
1889 Pesas, Note sur une acariase auriculaire de la chevre. Kev. veterin. S. 483.
1898 Robinson, Walter, F., ,.ßoo-Hoo" Fever. Journ. of Trop. med. 15./XII.
1801 Thompstone, S. W. und Bennett, R. A., Hyperpyrexial fever. Brit. med. Journ. 26./!.
1904 Wellman, Creigthon, F., Brief conspectus of the tropical diseases common in the
highlands of West Central Africa. Journ. of Trop. med. 15./II.
1905 Derselbe, Notes on tropical diseases of the Angola Highlands. New York med.
Journ. 12./VIII.
1906 Derselbe, Über Akatama (endemische periphere Neuritis) eine Krankheit des Hinter-
landes von Angola. Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Heft 13,
19U6 Deselbe, Hyperpyrexial fever. Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Heft 13.
1
Nameuverzeiclinis.
A.
d'Abbadie 539.
Abilgaard 777.
Achard 658.
Ackermann 777.
Adami 777.
Adams 658.
Adie 253, 309, 333.
Adil 727, 745, 757, 779.
Afanassiew 555, 586.
Agramonte 255.
d'Agniar 657, 658.
Aiello 788.
Albanezi 753.
Alcock 727.
Alfred 741, 753.
Alix 501, 504.
AUexich 385.
Almy 753, 757.
Amberg 67.
Amerlinck 658.
Andersson 727.
von Änderten 727.
Angelini 270, 277, 423.
Annesley 26, 27, 42, 46, 67.
Annett 123, 222, 257, 314,
323, 340, 628, 661.
Antolisei 270, 277, 313.
Antoniotti 546.
Arella 511.
Arfene 59, 67.
Argutinsky 225, 227, 228, 255,
256, 283, 286, 289, 296, 307,
345, 555.
Arnaud 727, 738.
Arnold 753.
Arnot 727.
Aschoff 434. 445, 450.
Ascoli 374, 459, 469.
Askanazy 357.
Aßmann 514.
Athias 661.
Atkinson 497. 498.
Austen 222, 257, 323, 340, 695,
698, 699, 701, 707, 727, 728.
Austin 555, 586.
Austregesilo 384, 385.
de Azevedo 641.
Ayres Kopke 641, 645, 647,
653,, 658, 657 (s. a. portu-
giesische Kommission).
B.
Babes 2, 71, 193, 194, 745, 752,
753, 754.
Baccelli 270, 277, 337, 408,
490, 546, 586.
ßachmann 728.
Bachuracht 777.
Bäcker 493, 495.
Baelde 370.
Baines 728.
Baker 658, 728.
Baldi 546.
Baldrey 770, 777.
! Balfour 124, 125, 137, 212, 213,
257, 337, 395, 560, 653, 658,
728, 789.
Bancroft 362.
Banerjee 434.
Banti 465.
Barbagallo 2, 11.
Bardellini 420. 424.
Barius 467.
Barker 393.
Barkley-Dick 531, 546.
V. Barnim 728.
Bartarelli 728.
Bartels 418.
Basili 165.
Bassenge 515.
Bassett-Smith 382.
V. Bassewitz 539, 540, 546.
Bastiaiielli 247, 270, 272, 273,
274, 282, 287, 292, 307, 309,
310, 312, 321, 337, 381, 408,
473, 559, 565, 567, 568, 586.
Bastiani 745, 754.
Battaglia 112, 113, 137.
Bauer 624, 625, 667.
Baum 494, 495.
Baumann 728.
Baumgarten 2, 76.
Baxter 469.
Beare 504.
Beck 498.
Begin 63, 67.
Behmann 434.
Beijerinck 8.
Bein 270, 437.
Bell 433, 454, 469.
Below 559, 586.
Bennett 589.
Bent 728.
Benthly 754.
Bentley 175, 593, 598, 601.
605, 608, 593, 598, 599, 601,
605, 608, 614, 648.
Bentmann 501. 504.
Benvenuti 393.'
Beranger-Feraud 559, 562, 586.
Berberine 515.
Berestneff 172, 173, 175, 180,
207, 213, 552.
794
Namenverzeichnis.
Berettas 563.
Berg 523, 546,
V. Bergenstamm 728.
Berlekom 336.
Bernasconi 386.
Bernegau 546.
Bernheim 434.
Bernthsen 354.
Berthier 586.
Bertrand 50, 54, 67, 433, 434.
552, 582, 586.
Best 440.
Betegh 745, 754.
Bettencourt 618, 623, 626, 641,
658 (s. a. portugiesische
Kommission).
Beyer 523, 546.
Beyfuß 454.
Bianchini 560, 562, 581, 586.
Bignami 222, 247, 270, 272,
273, 274, 277, 282, 283, 286,
287, 292, 307, 309, 310, 312,
321, 337, 357, 361, 376, 380.
381, 384, 386, 390, 392, 393,
398, 399, 400, 423, 437, 461,
473, 481, 533, 552, 559, 565,
568, 577, 586.
Bigot 728.
Billet 73, 86, 91, 92, 206, 207,
208, 209, 210, 213, 250, 252,
274, 307, 313, 333, 337, 362,
381, 407, 408, 411, 433, 499,
500, 531, 547.
Billings 408, 754.
Bindi 291, 307, 311.
Binz 472, 476, 495.
Birdwood 546.
Bisleri 546.
Blackwell 614.
Blair 583.
Blanc 412, 420.
Blanchard 5, 20, 70, 131, 133,
138, 186, 191, 199, 203, 204,
221, 254, 255, 256, 266, 267,
268, 551, 658.
Blandford 728, 733.
Blaser 754.
Blasi 498.
Blin 337, 778.
Bludau 517, 546.
Blümchen 490, 495.
Boas 2, 9, 17, 20.
Bötticher 778.
Bogrow 203, 205.
Bohlen 434.
Boigey 689, 728.
Boinet 57, 67, 424.
Boisson 586.
Bojanus 778.
Bojoly 745, 754.
Bombarda 658.
Bonhoff 183.
Bono 500, 515.
Bonome 752, 754.
Borchardt 2.
Borell 683, 684, 686.
Van dem Borne 381, 382, 465.
Börner 213.
Börnösch 513.
Borrel 184, 191.
Borrow 495.
Bosc 111, 138.
Boström 558.
Botazzi 384, 385.
Boudeau 755.
Bour 723.
Bourgignon 661.
ßourroul 257.
Bowers 728.
ßowhill 195, 754.
Boyce 546, 658.
Boye 574, 586.
Bradburn 504.
Braddon 495, 778.
Bradford 101, 102, 103, 120,
121, 138, 693, 728.
Bradshaw 728.
Bragagnolo 511, 515.
Braid 728.
Brauel 778.
Brauer 719, 728, 754.
Brault 313, 364, 408, 560, 642,
658, 729.
Braun 266, 268.
Bray 754.
Brefeld 778.
Brehm 729.
Breinl 644, 653, 666, 675, 686.
Breitenstein 434.
Breitung 546.
Brengues 318, 337.
Van Brero 422.
Bretonueau 479.
Briquet 650, 658.
Bristowe 27, 67.
Broden 89, 90, 126, 138, 641.
653, 654, 658, 6.59.
Brohez 729.
Brown 309, 362, 377, 408, 586,
614, 659, 729.
Browse 686.
Bruce 71, 74, 116, 117, 122,
133, 134, 135, 136, 137, 138,
193, 619, 641, 644, 645, 659,
691, 695, 696, 710, 729.
Brumpt 73, 88, 89, 92, 106,
112, 126, 128, 138. 213, 624,
625, 647, 667, 659, 718,729.
DeBrun 415.
Bryden 729.
Buard 105.
Buchanan 19, 290, 313, 337,
365, 495, 522, 546.
Buchner 444, 448.
Budberg 494.
Budd 27, 28, 46, 55, 67.
Büttner 733.
Bütschli 729.
Buttard 122, 140, 727, 740.
Bunting 41, 67.
Van der Burg 338, 433, 451,
547.
Barke 729.
Bürker 515.
Burot 562.
Burton 729.
Buschke 187, 191.
Busck 503, 504, 656.
Buwalda 521, 547.
Buxton 729.
Byasson 491.
Bylofi- 105, 138.
c.
Caccini 281, 307, 382, 383, 386.
Cadiot 729.
Cagigal 641, 659.
Calandruccio 2, 271, 312.
Calendrini 724.
Oalkins 99, 100.
Calloway 729.
Calmette 105, 313, 408, 469,
659.
Cambay 27, 43, 61, 67.
Cameon 583.
Campbell 424.
Camper 778.
van Campenhout 586, 620, 634,
659.
Canalis 277, 288, 307.
Cannac 659.
Cano Brusco 535, 547.
Cantacuzene 682, 686.
Capello 729.
Capograssi 459, 469, 474, 495.
Caprano 192.
Carasquilla 754.
Namenverzeichnis.
795
Carbonel 618.
Cardamatis 338, 381, 406, 420,
421, 422, 498, 547, 586, 559,
562, 563.
Carducci 459, 469.
Carini 511, 515, 729.
Carles 618.
Carlisle 686.
Carrougeau 722, 723, 729.
Carouquea 778.
Carre 561.
Carroll 581.
Carter 105, 722, 729.
Carvalho de Figueredo 641.
Casagrandi 2, 11, 459, 469,
529, 532, 534, 547.
Casalta 547.
Casati 729.
Castellani 72, 114, 116, 138,
190, 191, 204, 213, 214, 215,
338, 469, 560, 614, 619, 641,
642, 645, 659, 686.
De Castelnau 643, 696, 730.
Caster 501, 504.
Castro 59, 61.
Catteloup 27, 67.
Caventou 472.
Cazalbou 126, 128, 643, 660,
696, 730.
Cega de Celio 587.
Celli 2, 8, 33, 67, 71, 142, 144,
148, 169, 229, 270, 271, 274,
281, 292, 308, 313, 319, 320,
322, 323, 324, 330, 332, 338,
341, 364, 365, 407, 444, 449,
450, 459, 469, 488, 492, 494,
500, 502, 505, 517, 518, 521,
522, 523, 524, 525, 528, 529,
532, 534, 536, 547. 552 745,
754.
Celsus 26, 269.
Certes 181.
Cetnarowski 512, 515.
Chalachnikow 105.
Chalmers 255, 338.
Chapman 730.
Chantemesse 29, 67, 660.
Chardoye 531, 547.
Charles 408, 754.
Chase 531, 547.
Chatterjee 201, 204, 309, 577,
597, 614, 660.
Chaumier 421.
Chaussat 70, 71.
Chauvelot 201.
Chauvrat 129, 690, 730.
Chavanne 730.
Chavigny 547.
Cheinisse 341.
Chenise 325.
Chichester 730.
Chicoli 754.
Chochez 499, 504.
Ohowning 198, 199.
Christi 294.
Christian 495.
Christomannos 495.
Christoph er s 204,222,250.253,
254, 274, 302, 303, 304,' 306,
307, 314, 315, 318, 319, 320,
338, 340, 346, 407, 409, 441,
450, 459, 471, 520, 538, 539,
547, 551. 552, 559, 562, 589,
595, 596, 597, 599, 602, 604,
614, 677, 678, 687.
Christy 116, 138, 226, 227, 228,
256, 296, 309, 319, 587, 621,
649, 660, 661, 680, 687, 710.
DelCinchon 269.
Clark 660, 730.
Clarke 547, 618, 730.
Claude 754.
Claudio 547.
Claus 169, 236, 238, 239, 338,
730.
Clay 434.
Clegg 11, 13, 29, 33, 67, 76,
105, 130, 139, 695.
Cobbs 791.
Cohn 358.
Colasanti 383, 384, 385.
Colin 277.
CoUin 270.
Collins 755.
Colslough 314.
Columella 768.
Comte 139, 214, 685, 688.
OonnoUy 587.
Connoway 754.
Contab 498.
Conti 778.
Cook 222, 619, 660, 687.
Coquerell 730.
Corin 469.
Cornil 267, 268.
Cornwall 254, 456, 469.
Coronado 271.
Corre 270, 277, 559, 618.
Correa Mendes 641, 658, 660
(s. a. portugiesische Kom-
mission).
Corti 730.
Corvini 778.
Councilman 1, 3, 5, 8, 9, 14,
15, 16, 17, 18, 19, 21, 28,
29, 44, 45, 46, 48, 49, 50,
55, 67.
Cova 500, 515.
Craig 437, 462.
Crawshay 695.
Crepsin 408, 469, 470, 501.
Cresswell 317, 337, 338.
Critzmann 511.
Crombie 591.
Cronquist 437.
Crookshank 105, 129, 138.
Cropper 238, 338, 354, 687.
Crosier 587.
Croß 564, 587.
Crosse 587.
Crudeli 270.
V. Cube 183, 191.
Cuboni 270.
Oumming 730.
Cunha Vianna 658.
Cunningham 2, 28, 29, 67, 203.
Curnow 3.
Curry 129, 138, 338, 470, 695,
712, 722, 742.
Czygan 338.
D.
Däubler 59, 67, 308, 451, 454,
552.
Daga 422.
Dale 754.
Dalgetty 434.
Dalrymple 749, 750, 754.
Dangoix 618.
Daniell 618.
Daniels 221, 252, 253, 274,
309, 315, 317, 318, 324, 338,
347, 434, 440, 441, 458, 552,
560, 564, 587, 635, 663.
Danilewsky 71, 87, 105, 145,
146, 147, 169, 172, 173, 175,
176, 180, 210, 211, 235, 236,
272.
Dannermann 587.
Le Dantec 15, 184, 192, 552,
641, 647.
Darre 192.
Daruty de Grandpre 129, 695.
Davidson 17, 434, 552, 560.
Daville 424.
Davis 618.
Dawson 754.
796
Namenverzeichnis.
Day 730.
Decazals 788.
Dechambre 618.
Van der Decken 679.
Decorse 705, 730.-
Deganello 374.
Degoix 754.
Delio 778.
Delpino 338.
Dempwolff 274, 322, 338, 561.
Denman 308.
Deutmann 423.
V. Dewitz 730.
Diaballa 374.
Dias de Sä 660.
Dieckerhoff 754, 778.
Diesing 719, 730, 791.
Dietl 491.
Dietrichs 778.
Dieudonne 445, 450.
Dinkelspiel 471,
Dionisi 113, 225, 256, 270, 273,
309, 310, 338, 408.
Dock 2, 4, 8, 11, 16. 20, 381,
386, 393.
Doczewsky 325, 341.
Dodson 749, 750, 754.
Dönitz 253, 676, 687, 730.
Doering 411, 587.
Doerr 183.
De Does 122, 722, 723, 730.
Doflein 73, 87, 104, 194, 195,
198, 201, 237, 730.
Donath 459, 570.
Donovan 73, 202, 204, 593,
596, 597, 599, 609, 611, 614,
615, 660, 724.
Dopter 13, 584, 589.
Dose 328, 332, 338.
Douny 563.
Dreßler 266.
V. Drigalski 2.
Dryepondt 581, 586, 634, 659,
661.
Drysdale 730.
V. Dschunkowsky 199, 200, 201,
752, 754.
Dubrowski 497.
Duchek 437.
Ducloux 213, 730.
V. Düring 540.
Duggan 296, 297, 405.
Dujardin-Beaumetz 784.
Dumas 383, 385.
Duniontier 660.
Duncan 18, 501, 504, 635.
Duparquet 730.
Dupont 660.
Dupuy 752, 754.
Dur et 267.
Durham 113, 206, 207, 213,
499, 733.
Dutrouleau 27, 33, 43, 50, 51,
52, 60, 67, 618, 660.
Dutton 72, 89, 90, 91, 92, 106,
112, 113, 116, 123, 124, 138,
146, 185, 191, 314, 547, 628.
644, 661, 673, 674, 675, 679,
680, 687, 688, 691.
E.
Eberle 319.
Eberth 730, 781.
Echeveria 412.
Eckersley 730.
Edelmann 587.
Edin 660.
Edington 106, 750, 752, 754,
759, 760, 761, 762, 765, 767,
781.
Edmonds 434.
Ehrenberg 685.
Ehrlich 357, 381, 445, 446, 448,
497, 498, 652, 661, 730.
Ejkman 452.
Eimer 266.
Eliot 730.
Ellino 778.
de Elizalde 728.
Elmassian 132, 138, 691, 696,
724, 724, 730, 731.
Elting 270, 311, 312, 324.
Elton 731.
Endlich 731, 755.
Eng 498.
Engel 355, 357, 381, 470.
Ens 778.
Ensor 653, 661.
Erni 515.
Erskine 731.
Evans 70, 129, 138, 690, 722,
731.
Evers 748.
Ewing 274, 308, 313, 381, 386,
393, 409, 410, 419.
Eyfarths 741.
Eykmann 451.
Eyssell 160, 161, 162, 164, 240,
252, 260.
F.
Facciola 280, 281, 308.
Fadyean 760, 761.
Faggioli 501, 505.
Fajardo 3. 8, 106, 323, 338.
Falkenstein 731.
Faust 778.
Fantham 213.
Faville 731.
Favre 273, 309, 547.
Fayrer 35, 59, 270, 277, 417,
419, 433.
Fearnside 299, 308, 309, 479,
522, 547.
Feldmann 547, 621, 661, 778,
789, 791.
Feletti 71, 148, 220, 221, 224,
270, 277, 286, 296.
Felkin 437, 547.
Fellmer 653.
Fenoglio 4.
Feraud 270.
Ferguson 547, 641, 661.
Fermi 530, 531, 532, 535. 540,
547, 548.
Fernandez 791.
Fernando 548.
Ferreira Ribeiro 495, 618, 661.
Ferrero 539, 548.
Ferruccio 362, 408.
Feuchtwanger 495.
Fevrier 511, 515.
Ficalbi 257, 319.
Fiebig 548, 560.
Fiense 493.
Fieux 495.
de Figueiredo 641.
Finger 190.
Fiocca 2, 8, 29, 53, 67, 434.
Firket 450, 587, 661.
Fisch 20, 488, 495, 553, 563,
587.
Fischer 187. 191, 381, 731.
Fisher 308, 548.
Fitzgerald 501, 504, 731.
Fleischmann 408, 453. 778.
Flexner 29, 43, 67, 610.
Foä 731.
Focke 338.
Fodor 444.
Fontan 50, 54, 64, 67.
Fontana 18, 540.
Fontoynont 465, 470, 499, 504.
Foot 778.
Forbes 661.
Namenverzeichnis.
797
Ford 20, 408, 461, 470, 503,
505.
Forde 113, 628, 661, 691, 731.
Forel 548.
Forke 322.
Fester 731.
Fournier 783, 787, 788.
Foustanos 587.
Fränkel 191.
Franea 661, 664.
Francis 98, 106, 138, 661, 754.
V. Frangois 731.
Frank 778.
Franke 652, 661.
Fredei'ici 493.
Frere 731.
Frerichs 269, 274, 277. 388,
418.
Friedberger 731, 755, 778.
Friedemann 548.
Friedrichsen 333, 338, 765.
Fritsch 759.
Fröhner 755.
Frosch 8, 517, 548.
Fuchs 778.
Füller 755.
Futscher 51, 67, 69.
Fynney 731.
G.
Gabritschewsky 682, 687.
Gaglio 495.
Gaige 661, 665.
Gaigneron 618.
Galde 415.
Galen 26.
Gallenga 417.
Galli-Valerio 112, 144, 169,
225, 309, 317, 319, 322, 338,
532, 548, 553, 753, 755, 757.
Galtier 755.
Gamaleia 771.
Garasquarilla 745.
Garofalo 491, 492, 495.
Gasperini 322, 341.
Gasser 2.
Gaston 782.
Gaule 71.
Gautier 308, 348, 495, 499,
500, 504.
Gavalas 470.
Gehrke 87, 91.
George 589.
Geraudet 415.
Gergö 308.
Gerhardt 270, 277, 314, 575.
Gerlach 778.
Germain 408.
Ghika 731.
Gibbons 731.
Gibbs 731.
Gibson 218.
Giebel 112.
Giemsa 70, 95, 187, 188, 191,
347. 349, 350, 355.
Gilbert 783, 787, 788.
Gilchrist 268.
GUes 162, 165, 252, 253. 254,
255, 256, 257, 592, 593, 615,
731.
Girard 664.
Girschner 732.
Glatard 537.
Glatzel 621, 643, 673, 687.
Gleim 618, 661.
Glogner 281, 290, 304, 381,
382. 413, 423, 450, 451, 454,
515.
Godlee 732.
Göbel 651, 661.
Goeldi 257.
Gohier 778.
Goldschmidt, J. 434, 504,-599,
Golgi 71, 221, 257, 277, 286,
288, 291, 313, 357, 360, 364.
381, 394, 408, 469, 495.
Gomes Barbonsa 661.
Gomez 472, 515.
Gomez de Rezende 641 (s. a.
portugiesiscbeKommission).
Gorgas 531, 548.
Gorini 8.
van Gorkom 220, 308, 313,
338, 661.
Gosio 517, 548.
Goth 434.
Gottschlich 13, 199.
Gottstein 514.
Gouzien 583.
Gowers 635, 705.
Gräser 548.
Graham-Smith 195, 196, 197,
198, 202, 687.
Grassi 2.. 29, 71, 72, 74, 105,
148, 150, 219, 220, 221, 222,
224, 233, 235, 236, 240, 241,
242. 243, 245, 246. 247, 248,
249, 256, 257, 266, 268, 270,
271, 272. 273. 274, 276, 277,
278, 280, 286, 288, 292, 296,
306, 307, 310, 318, 321, 326,
352, 354, 500, 521, 534, 536,
548, 552.
Graves 63, 67.
Grawitz 274, 277, 327, 328,
338, 343, 357, 358, 375, 376,
497, 513, 573. 655, 661.
Gray 116, 117, 138, 139, 232,
255, 314. 338, 443, 495, 626,
627, 633—636, 644, 646, 652,
662, 755.
Gree 494.
Grefi'ulhe 129, 140.
Gregory 732.
Greig 116, 138, 139, 626, 627,
633—636, 642, 644, 645, 646,
652, 659, 662, 704, 732.
Grenacher 350, 354.
Gressel 778.
Greven 560.
De Grevy 561.
Griesinger 277, 408.
Griöon du BeUay 618.
Grigorieff 29, 67.
Grimberfc 548.
Grixoni 459 470.
Grober 322, 338, 435, 515, 518.
Grocco 559, 567, 576, 587.
Gros 252, 308, 325, 338, 341,
411, 414, 490, 494, 495, 648,
587.
Groß 9, 10.
Grothusen 717, 732.
Grube 732.
Gruby 70, 732.
Grünbaum 459.
Grünberg 254, 257, 735.
Grüner 732.
Grützner 755.
Gualdi 270, 365, 473, 495.
Guarnieri 271, 386, 391, 392,
393 884.
Gubler 265.
Gudden 488, 528.
Günther 662, 666.
Guerin 497, 498, 499, 504, 618,
662.
DeGuerne 732.
Guerra 522, 548
Guglielmi 745, 752, 755.
Guiart 662.
Guillebeau 755.
Günsberg 702. '
Guthrie 755, 778.
Guttmann 497, 498.
798
Namenverzeichnis.
H.
De Haan 12, 560, 571, 572,
577, 587.
Habenicht 732.
Habershou 662.
Haedicke 381, 778.
Haedke 781, 788.
Van Haeften 421.
Hagenmüller 76, 213.
Hagge 561.
Haig 569.
Haller 778.
Hamilton 590, 662.
Hammar 743.
Hammarschlag 374, 452.
Hanley 549, 557, 587.
Hann 514.
Hanna 146, 169.
Hardinge 732.
Hare 139.
Harms 4.
Harold 4.
Harrington 503, 505.
Harris 9, 11, 25, 355, 732.
Harrison 3.
Hartmann 216, 219, 732.
Harvey 218, 647.
Haspel 23, 27, 33, 43, 46, 67.
Hassal 76.
Havard 317, 319.
Hearsey 587.
Heckmenger 778.
Heidenhain 70.
Heinemann 426.
X. Hellens 745, 755, 756.
Hennig 689, 744.
Henniger 755.
Henrici 732.
Henry 496.
Heppener 348.
Hering 778.
Hertwig 100.
Hertz 416.
Herxheimer 188, 191.
Heß 753.
Van Heuten 778.
Hewetson 270, 384, 405, 418,
440.
Heydenreich 185, 191.
Heymann 23, 67.
Highet 338, 470.
Hielt 408.
Hildebrandt 732.
Hill 687.
Hinde 732.
Hink 755.
Hintze 206, 207, 213, 517,
519, 523, 549, 620, 662.
Hippokrates 26, 269.
Hirsch 26, 35, 67, 275, 327,
552, 662.
Hirschberg 252, 253, 319.
Hirschfeld 458, 470.
Hlawa 3.
Hobbs 662.
Hodges 662, 675, 687, 732.
Hoffmann 188, 192.
Hoifmannsegg 252.
V. Höhnel 732.
Högyes 310.
Holmes 778.
Holub 732.
Hoock 558.
Hope 408, 443,
Hopf 470.
Hopkins 587.
Hoppe-Seyler 14, 15, 21, 284.
Horand 652, 662.
Horbaczewski 385.
Horcicka 385.
Horder 363.
Höre 733.
Horner 63, 67.
Horniker 317, 338.
Hornor 733.
Van der Horst 408, 560.
Hough 733.
Hoven 778.
Howard 257, 530.
Howorka 502, 505.
Hübner 187, 190, 191.
Hulshof 338.
Humber 470.
Hunt 458, 470, 755.
Hutcheon 752, 755, 766, 778.
Huzard 779.
Hymans van den Bergh 587.
I. (J.)
Jaboulay 652, 662.
V. Jacksch 190, 575,
Jackschath 587, 745, 755.
Jackson 314, 548, 733.
Jacoangeli 383, 384, 385, 492.
Jacquot 34, 67.
Jada 563.
Jaeger 3, 8.
Jäniseh 779.
Jaennicke 733.
Jakimoff 733, 738.
Jakuschewsky 408.
James 254, 257, 274, 317, 338,
441, 442, 531, 548, 615, 733,
755.
Jancsö 237, 246, 247, 256,
308, 310, 322, 326, 329, 332,
338, 344, 352.
Janowski 2.
Japha 733.
Jaruntowsky 513.
Jawein 359.
Jennings 199. 319.
Jeppe 733.
Jersin 563.
Jessen 779.
Jimenez 61, 67.
Infante 409.
Jobelot 755.
Jobling 755.
Johnson 307, 310, 354.
Johnston 733.
Jones 705.
Jolyet 111.
Jordan 512, 515.
Joseph 339.
Jourdan 424.
Jousset 24.
Junker 733.
Jürgens 3, 4, 6, 8, 11, 139.
Justice 733.
Ivens 729.
Iwanoff 422, 497, 498.
K.
Kaestner 755.
Kahler 421.
Xail 779.
Kallenberg 733.
Kanellis 308, 381, 406, 408,
421, 422, 587.
Kanold 779.
Kanthack 733.
Karamitsas 408, 559.
Kardamatis 320, 585.
Karl vgl. Oarles.
Karlinsky 687.
Karsch 733.
Karsten 779.
Kartulis 3, 8, 10, 15, 16, 23,
28, 29, 35, 44. 45, 67.
Kasem-Beck 498.
Katschinsky 745.
Keane 733.
Kelsch 24, 27, 35, 36. 49, 53,
56, 67, 270, 277, 286, 288,
Namenverzeiclinis.
799
289, 290, 292, 293, 413, 415,
551, 552, 587.
Kemmerich 724.
Kempner 72, 99, 104, 105, 107,
111, 122, 123, 130, 133, 140,
665.
Kennard 501, 504.
Kent 733.
Kermorgant 548, 587, 618, 734,
662.
Kerner 491, 492, 496.
Kernig 3.
Kerr 734.
Kerschbaumer 552.
Kerstan 734.
Kettli 497.
Keysselitz 73, 82, 84, 85, 86,
87, 88, 92, 685, 687.
Kibben 337.
Kiellberg 266.
Kiener 24, 27, 35, 36, 49, 53,
56, 67, 270, 277, 386, 388,
389, 390, 393, 413, 414, 415,
552, 587.
Kiewiet de Jonge 12, 239, 384,
386, 408, 423, 465, 548.
Kilborne 71, 193, 194, 199, 745,
746, 749, 758.
King 271, 310, 339, 368, 377,
408, 472, 503, 505.
Kinghorn 675, 686.
Kingsley 734.
Kinoshita 291, 308, 314, 319.
Kiolemenoglou 183, 191.
Kionka 494, 496.
Kipp 425. '
Kirby 734.
Kirk 701, 734.
Kister 470, 548.
Kitasato 105.
Klebs 270, 277.
Klein 470.
Kleine 274, 492, 493, 496, 563,
564, 567, 585, 587, 651, 662,
719, 734, 755, 756.
Klemperer 466, 470.
Klencke 70.
Kling 733, 734.
Klynes 552.
Knapp 686, 688.
Knorre 734.
Knuth 756.
Kobert 574.
Koeb, R. 2, 3, 18, 28, 67, 93, 104,
106, 121, 122, 150, 153, 154,
169, 185, 199, 200, 219, 222,
239, 249, 271, 272, 273, 274,
281, 292, 310, 322, 323, 329,
330, 339, 351, 356, 400, 401,
402. 403, 407, 416. 480, 482,
486, 489, 512, 516. 517, 519,
521, 523, 528, 529, 553, 559,
563, 564, 565, 566, 567, 572,
588, 643-645, 662, 670, 673,
675, 679-681, 686, 687, 689,
694—696, 710,715, 717— 719,
722, 734, 756, 745, 764, 765,
771, 775, 779.
Koczian 779.
Kohlbrugge 339, 452, 496, 501,
512, 513, 515, 585, 588.
Kohlstock 559, 582.
Kolesnikow 777.
Kolle 662, 745, 756, 776, 780.
Kolosvary 494, 496.
König 649.
Kopke 618, 641, 645—47. 734,
Koppen 337, 339.
Koranyi 375.
Koreck 355.
Korteweg 472, 494, 519, 548.
Kossei 193, 194, 196, 198, 199,
201, 223, 256, 272, 548, 750,
756.
Kostitschevv 771.
Koubassoff 308.
Koväcs 2.
Kraepelin 734.
V. Kraffi-Ebing 422.
Kragerüd 756.
Krauß 190, 362, 408.
Krebs 756.
Krehl 357, 408.
Krogius 745, 756,
Kronecker 470.
Krüger 523, 549, 620, 662.
Kriinitz 779.
Krulle 339, 549.
Kriimpliolz 549.
Kruse 2, 3, 4, 6, 8, 9, 28, 29,
44, 48, 49, 67, 114, 143, 144,
169, 434, 642, 662.
Krzysztalowicz 189, 191.
Kuborn 663.
Kühnst 779.
Külz 487, 523, 549.
Kuhn, P. 274, 415, 502, 505,
760, 765.
Kunst 339, 465, 496, 497, 498.
L.
Labbe 71, 76, 143, 144, 148,
169, 205, 206, 207, 208, 209,
210, 213, 220, 224, 236, 239,
264, 663.
Laborde 521, 549.
Laboulbene 687, 734.
Lacaze 339.
Lacerda 724.
Laccetti 511, 515.
Lafleur 1, 3, 5, 8, 9, 14, 15,
16, 17, 18, 19. 21, 28, 29, 44,
46, 49. 50, 55, 67.
Laforgue 496.
Lagrange 24.
Lambl 1, 28. '
Lambrecht 734.
Lancisi 271, 779.
Landsteiner 190, 470, 570.
Lang 219, 245, 280.
V. Langegg 662.
Langstein 645.
Langenbuch 60, 62, 63, 64, 67.
Lankester 77, 92, 216, 218.
Lannelongue 65, 67.
Lapin 658, 665.
Laptschinsky 457.
Larrey 26.
Laubender 779.
Laveran 27, 49, 67, 70, 71, 72,
76, 85, 87, 88, 90, 91, 92 98,
99, 101, 102, 103, 105, 112,
114, 116, 119, 121, 122, 123,
125, 128, 129, 130, 131, 132,
133, 134, 136, 137, 139, 145,
162, 169, 170, 172, 173, 176,
180, 191, 201, 202, 204, 205,
206, 207, 208, 211, 212, 214.
220, 224, 253, 256, 258, 259,
264, 270, 271, 274, 277, 283,
286, 308, 314. 339, 355, 412,
413, 423, 460, 470, 521, 529
549, 551, 552, 596, 597, 609,
615, 644, 646, 652, 657, 663,
684, 687, 691, 693, 718, 719,
722—724, 734, 735, 744, 746,
751.
Lawley 735.
Lawrie 145.
Laws 735.
Lazarus 357, 408.
Leaning 503, 505.
Lebailly 88, 92, 213.
Lebedeff 588.
Lebert 192.
800
Namenverzeichnis.
Lecler 106, 724, 735, 741.
LeClere 779.
Lechner 756.
Ledingham 204, 592, 593, 595,
602, 604, 605, 615, 664.
Lees 375.
Legendre 339.
Leger 73, 77, 78, 79, 81, 82, 85,
87, 88, 92.
Legrain 280, 381, 395, 403, 549,
735.
Legrand 59, 67, 562.
Legues 415.
Lehmann 779.
Lejard 586.
Leichtenstern 781.
Leishma.n 73, 202, 204, 348,
349, 355, 591, 649.
Leisering 779.
Lemann 470.
Lemoal 588.
Lemoine 385, 422, 510, 515.
Lentz 2, 517, 519.
Lenz 549.
Leon 549.
Lepidi-Chiodi 496.
Lepierre 641, 659.
Leunis 736.
Levaditi 187, 192, 649, 663,
Levi 647. [670, 687.
Levi-Dorn 655.
Levy 588.
Lewis 105, 139, 735.
Lewkowicz 274, 288, 308, 495,
496, 501.
V. Leyden 234, 379, 382.
Lichtward 735.
Libbertz 153, 339, 340.
Liehm 490, 496.
Lignieres 98, 139, 195, 196,
199, 201, 696, 724, 736, 745,
746, 756.
Lind 26.
Lingard 88, 105, 122, 129, 133,
134, 139, 199, 691, 696, 722,
723.
Linton 644, 647, 666 742.
Liston 257, 319, 339, 470, 644.
Litten 185, 357, 408.
Little 62, 67.
Livingstone 71, 672, 695, 720,
728, 736.
Löfiler 434.
Lösch 1, 3, 4, 28, 67.
Löwenthal 183, 188, 189, 192,
193, 671, 687.
Löwit 363.
Lofton 413.
Loi 494, 496.
Loir 549.
Lommel 706, 710, 736.
Long 498.
Looß 76, 736.
Lopriore 503, 505.
Lorand 650, 663, 650.
Lorinser 779.
Lott 663, 704.
Louchienne 757.
Lounsbury 200, 201, 202, 684,
687, 690, 757, 766, 767.
Low 204, 255, 311, 338, 340,
443, 536,- 560, 588, 593, 622,
635, 663. 672, 687, 736.
Love 408.
Lowe 736.
Lucatello 784.
Lucet 266.
Lübbert 570, 571, 588, 760.
Luhe 69, 77, 218, 256, 267,
272, 274, 280, 281, 290, 553,
596, 642, 663, 685, 690, 691,
693, 745.
Lugard 736.
Luhs 199, 200, 201, 752, 754.
Lumbao 530, 532, 547, 548.
Luschka 53.
Lutz 3, 209, 214, 255, 257,
319, 352.
Luzatto 423.
Lyon 434.
M.
Maasland 67.
Maaß 488, 523.
Massen 758.
Mabboux 67.
Mac Callum 18, 22, 49, 67,171,
72, 145, 149, 150, 151, 154,
170, 272, 287, 308, 310, 393,
736.
MacDowel 43.
Macey 581.
Macloskie 736.
MacFarland 204, 412.
Mac Gregor 531, 549.
Macintosh 548.
Mackenzie 599, 615, 663.
MacKibben319.
MacNeal 72, 94, 95, 98, 99,
100, 101, 102, 103, 106, 107,
109, 130, 131,133, 139,142,
143, 145, 146, 170, 224, 256,
718, 738.
Mac Nought 434.
Mac Weeney 105.
Macquart 728, 736.
de Magalhaes 653, 663.
Maggiora 2.
Mainwaring 736.
Maldonado Bulhoes 659.
Malkoff 470.
Mandl 553.
Mann 588.
Mannaberg 221, 222, 270, 271,
281, 292, 296, 299, 311, 312,
314, 357, 364^ 384, 392, 413,
418^ 419, 423, 424, 426, 435,
439, 463, 511, 552, 567.
Manner 3.
Manson 23, 57, 62, 67, 199,
204, 207, 237, 271, 272, 273,
308, 310, 321, 325, 339, 346,
355, 357, 412, 458, 470, 520,
538, 552, 553, 593, 615, 624,
635, 637, 639, 641, 645', 651,
663, 673, 687, 786.
Manussis 313.
Manussos 308.
Maragliano 270, 277, 787, 788.
Marandon de Montyel 422.
Marboux 67.
Marc 284, 286, 290, 339.
Jlarceau 214.
Marchand 49, 67, 204, 593,
595, 602, 604, 605, 615, 664.
Marchiafava 270, 277, 281, 286,
292, 313, 376, 384, 392, 393,
398, 399, 400, 423, 424, 461,
467, 468, 481, 533, 534, 552,
559, 577.
Marchoux 11, 170, 191, 192,
206, 222, 270, 281, 313, 339,
415, 588, 641, 664, 683, 684,
687.
V. Marenzeller 553.
Mari 362.
Mariani 472, 489, 491, 492, 493,
496, 511, 522, 525.
Mario 408.
Mariotti-Bianchi 41, 78, 314.
Markl 736.
Marmorek 650, 664.
Marno 737.
Marshall 237, 737.
Martin 271, 277, 409, 411, 415,
451, 540, 664.
Namenverzeielmis.
801
Martini 2, 107, 139, 664, 717,
737.
Martirano 236, 237, 306, 310,
324, 325, 339, 473, 495, 536.
Martoglio 192.
Marty 472.
Mary 590.
Marzinowsky 203, 205.
Massey, Yale 192.
Massjutin 2.
Mastermann 588.
Masui 737.
Masucci 500, 504.
Mathias 615.
Mathys 767.
DiMattei 311, 312, 314, 370,
494, 536, 540, 549.
Matthew 583.
Mattos e Silva 664.
Mauch 737.
Maund 737.
Maurage 501.
Maural^is 308, 318.
Maurer 197, 228, 256, 274, 283,
289, 292, 294, 295, 296, 298,
301, 308, 349, 350, 401, 403, ' Le Moal 665
405, 407^ 414, 490, 556, 560. \ Möller 719.
202, 203, 204, 205, 214, 258,
264, 265, 267, 596, 597, 615,
646, 653, 663, 664, 691, 693,
735, 737.
Metschnikoff 188, 190, 192, 450,
476, 682, 771.
Metzner 266, 267.
Meyer 549.
Mezincescu 183.
Michaelis 349, 355, 498.
Michel 581.
Micheli 470, 505.
Mießner 201, 756.
Migone 696, 724, 731.
Mik 737.
Milian 267, 268.
Millienne 788.
Milne 688.
Milner 688.
Van Millingen 425,
Minchin 68, 77. 206, 220, 258
267, 268.
Mine 423, 549.
Mitrophanow 87.
Mi3rajima 319.
Mauthner 626, 664.
Maxwell 381, 496, 638.
Maxwell-Adams 664, 737.
May 779.
Mayer 339, 375, 450.
Mayer, Martin 645, 651, 664,
665, 735.
Maynard 296.
Meckel 269, 278.
Megnin 266, 687.
Meigen 252.
Meixner 687.
Melland 409.
Meloni Satta 500, 504.
Memmo 409.
Mense 22, 67, 137, 339, 539,
Möllers 651, 662, 734. "
Moffat 561, 588.
Mohr 737.
Mollereau 767.
Lo Monaco 458, 459, 470.
Moncorvo 411, 414, 437, 439,
477, 496, 501, 502, 561.
Monshead 59.
Montabetti 511.
Montel 88, 92.
Monteleone 406.
Montesano 365.
Monti 409.
Montini 511.
Montoro de Francesco 325,
341.
549, 553, 560, 561, 562, 581, i Moore 308, 382, 418, 433, 434,
582, 588, 591, 617, 664, 691,
715, 781, 789, 791.
Mequin 737.
Merensky 695, 737.
Merker 737.
Meruzzi 459, 471.
Merveilleux 560, 588.
Mesnil 72, 76, 85, 87,88,90,91,
92, 98, 99, 101, 102, 103,
105, 112, 114, 116, 119, 121,
122, 123, 130, 131, 132, 133,
134, 139, 145, 146, 170, 192,
665, 737.
Moraes Sarmento 664.
Morange 788.
Moreau 549, 618.
Morel 737.
Morestin 267.
Morgagni 26.
Morgan 749, 750, 754, 757.
Morgenroth 496, 523.
Mori 522, 549.
Moritz 184.
Morton 269.
Mense, Handbucli der Tropenkrankheiten. III.
Moscato 427.
Mosler 376, 381, 515.
Mosso 270. 501, 504.
Motas 197, 200, 201. 202, 752,
757.
Mott 622, 625, 626, 641, 663,
664, 736.
Mouneyrat 639, 664.
Mourson 426.
Montier 66.
Mozzetti 325.
Mühlens 254, 337, 339, 407,
440, 494, 496, 502, 545, 557,
670, 688.
Müller 8, 325, 341, 757.
Mullens 737.
Muller 737.
Mulzer 184, 192.
Muratet 87, 92, 99, 581, 666.
Murchison 67.
Murri 559, 565, 566, 567, 568,
569, 570, 572, 578, 588.
Musgrave 8, 12, 13, 20, 29,
33, 67, 76, 105, 130, 139,
695, 737.
Musser 4.
N.
Naame 500, 515.
Nabarro 116, 138, 642, 644,
646, 659, 665.
De Nabias 111.
Namsler 779.
Nanotti 511, 515.
Nansen 453.
JSTarbel 319, 338.
Nariman 738.
Nasse 4.
Nattan-Larrier 648, 665.
Navarre 339, 341, 549, 665.
Neave 616, 665.
Nebel 775.
Negre 211, 214.
Neidhardt 779.
Neisser 781.
Nencki 779.
Neporojny 738.
Nepveu 113, 663.
Netter 782.
Neuhaus 738.
Neumann 377, 434, 687, 688,
738, 757.
Neverraan 745.
Neveu-Lemaire 205, 206, 251,
549, 552, 738.
• 51
802
Namenverzeichnis.
Newman 745, 757.
Newstead 688.
N'Gonoyama 738.
Nicastro 494, 496.
Nicolas 618.
Nioolle 139, 203, 205, 206, 214,
664, 685, 688, 745, 752, 756,
757, 779, 787, 788.
McoUs 738.
Nißle 570, 571, 588, 651, 652,
665.
Nobecourt 192.
Nocard 197, 201, 202, 663, 726,
727, 735, 738. 757, 782, 783,
788.
Nocht 70, 143, 274, 293, 294,
296, 346, 347, 349, 355, 369,
.407, 409, 440, 469, 478, 479,
480, 486, 487, 493, 496, 502,
528, 559, 564, 565, 568, 569,
570, 584, 588, 646, 651, 665.
Noekolde 779.
Noeggerath 188, 192.
Nöryaad 757.
Norris 688.
Nosotti 745.
Novaes 650, 665.
Novy 72, 99, 100, 101, 106,
107, 109, 130, 131, 133, 139,
142, 143, 145, 146, 170, 224,
256, 459, 471,643,669,670,
671, 672, 686, 688, 718, 738.
Nunn 757, 760.
Nuttall 161, 195, 196, 197, 198,
201, 202, 246, 257, 271, 274,
314, 319, 320, 322, 444, 471,
553, 688, 733, 738, 753, 757.
0.
Gates 730.
Obermeier 70. 185, 669.
Ochmann 126.
Ogata 8, 29.
Ogle 665.
Oilwig 443, 473, 484, 497, 499,
518, 520, 530, 585.
Opie 144, 145, 149, 170.
Osler 3, 67, 270, 412, 457,
466, 468, 493, 515.
Ost 181.
O'Sullivan-Beare 588.
Oswell 738.
Otto 560, 567, 588.
Ouwehand 363, 409, 434.
Ozzard 339, 665.
P.
Padovani 745, 751.
de Padua 665.
Palmer 414.
Pamponkes 559.
Panegrossi 496.
Paniclii 225, 227, 256, 283,
458, 459, 470, 474, 496.
Panisset 139, 140, 696.
Panse 133, 139, 222, 274, 299,
302, 303, 442, 443, 450, 498,
559, 561, 564, 567, 588, 691,
719.
Pansini 423.
Pappenheim 357.
Pappenheimer 688.
Parascandalo 788.
Parona 511, 515.
Parsons 588.
Pasohkewitsch 779.
Pasmanik 422.
Pasquale 3, 4, 6. 8, 9, 28, 29,
44, 48, 49, 67.
Patterson 337, 339.
Patton 184, 193, 599, 744, 745.
Paulet 779.
Pazos 255.
Pease 722, 738.
Pecaud 138.
Pechuel-Lösche 738, 744.
Pedroso Arantes 658.
Peel 738.
Peill 184.
Pel 18, 54, 67.
Pellarins 559.
Pelletier 472.
Penning 105, 130, 131, 139, 722,
723, 738, 779.
Pensutti 384, 385.
Perl 266.
Perrin 83, 181, 182. 192.
Perroncito 2, 745, 757.
Perrone 320, 549.
Personne 491.
Perutz 67.
Peter 784.
Petherrick 739,
Pessina 779.
Petit 412.
Petresco 187. 192.
Petrie 111, 112, 139, 665.
Pewnitzky 393, 506.
Peyrot 2.
Pfeiffer 4, 272, 448, 671, 768,
779.
Pfuhl 2.
Philips 615.
Plana 757.
Piccardi 4.
Pick 421.
Pierre 757.
Pikardt 655.
Pillai 505.
Del Pino 274, 547.
Pinto 739.
Piot 779.
Pittaluga 296, 308.
Plasencia 345, 347, 355.
Plehn, A., 220, 222, 228, 229,
254, 274, 295, 313, 324, 325,
334, 336, 340, 355, 374, 382,
383. 400, 409, 411, 442, 450,
453, 454, 469, 490, 496, 497,
513, 518, 520, 521, 522, 525,
528. 531, 549, 559, 561—565,
568 -570. 572, 573, 575—578,
581, 584, 585, 588.
Plehn, F., 25, 230, 231, 270,
274, 278, 336, 340, 442, 451,
452, 454, 488, 497, 515, 518,
520, 536, 549, 550, 552. 553,
559, 560, 562—564, 588.
Plehn. M., 83, 85.
Plimmer 101, 102, 103, 120,
121. 138, 644, 665. 693, 728,
739.
Pöch 340, 357, 362, 377, 409,
537, 550.
Poche 77, 86.
Polidoro 501, 505.
Pollatschek 515.
Pomervy 340.
Ponfick 571, 588.
Popow 745, 757.
Portal 739.
Portugiesische Kommission
(Annibal Bettencourt, Ayres
Kopke, Gomez de ßezende,
Correa Mendes) 625, 626,
634—641, 646, 650, 651.
Posadas 268.
Poskin 341, 665.
Pound 745, 747.
Powell 326, 341, 471, 550,
583, 588, 688.
Press at 340.
Preston Maxwell 471.
Preuß 739.
Namenverzeicliuis.
803
Price 614.
Pringle 26.
Procaccini 535, 547, 550.
Prochnik 434.
T. Prowazek 73, 77, 78, 80, 82,
90, 93, 94, 95, 96, 97, 98,
100, 101, 102, 103, 105, 106,
107, 108, 109 110, 113, 115,
116, 118, 119, 121, 135, 139,
159, 683, 688, 694.
Pucci 501.
Pulle 343, 355.
Palslinger 322, 340.
Punning 768.
Purjesz 409.
Purvis 760.
Q.
Queirolo 385.
Quennec 589.
Quetand 467.
Quincke 3, 5, 9, 20, 278, 483,
648, 649, 665.
R.
Rabinowitsch 72, 99, 104, 105,
107, 111, 122, 123, 130, 133,
140, 666.
Raillet 105, 266, 551, 739.
Ramado Curto 665.
Ramazzini 779.
Ranke 452, 454.
Rankin 739.
Rasch 491.
Rassan 779.
Raupacli 779.
Ravitsch 779.
Rattrey 24, 67.
Ray Lancaster 216, 218.
Raynaud 412, 426.
Read 550.
Recamier 62.
Reckzeh 337, 418.
Rees 310, 340.
Refik 780.
Regis 663.
Regnault 501, 505.
Reid 589.
Reinhard 550, 552. 589.
Remlinger 203, 205.
Rem-Picci 383, 386, 392, 393,
418.
Renner 665.
Rennes 129, 739.
Reuning 780.
Reuter 348, 349. 355.
Rey 665.
Rho 340, 434, 463, 471, 552.
781.
Ribeiro 665.
Richard 270, 278.
Richards 739.
Richter 589.
Rickmann 746, 752, 757, 760,
761, 776.
Ritter 781.
Rivas 529, 550.
Rivolta 266.
Rixford 268.
Roberts 458.
Robertson 197, 412, 754, 757.
Robinau-Desvoidy 728, 739.
Rochaz de Jonge 319, 338,
389, 530, 532, 548.
Rodhain 618, 620, 653, 657,
659, 665.
von Rode 739.
Roger 2, 12, 15, 129, 140.
Rogers 35, 68, 129, 140, 202,
204, 274, 320, 340, 382. 471,
511, 591, 593, 596, 597, 600,
602—605, 607—616, 665, 722,
780.
Romanowsky 71, 271, 278, 288,
347, 649.
Römer 2, 8, 409, 445, 450.
Romme 496.
Rondani 730.
Rondot 780.
Roos 3, 5, 9.
Roque 320, 665,
Roquet 385.
Röscher 190, 192.
Rose, 497, 499.
Rosenberg 539.
Rosenberger 308, 344.
Rosengart 466, 471.
Rosenstein 388, 418, 419.
Rosin 348, 357, 499.
Roß, Ph. 681, 688.
Roß, R.71,72, 145, 193, 203,204,
218, 220, 222, 224, 237, 238,
239, 245, 248, 249, 253, 256,
257, 272, 274, 310, 311, 321,
323, 340, 347. 355, 414, 454,
484, 520, 531, 534, 540. 550,
553, 589, 593, 597, 602, 607,
616, 656, 658, 666, 688, 696,
722.
Rossi 340..
Rossini 409.
Rossoni 589.
Rotschuch 561, 583.
Röttker 497.
Rouget 106, 140, 641, 666, 690,
697, 726, 727, 739.
Rouis 27, 31, 33, 43, 59, 68.
Rousseau 464, 471, 479.
Roux 188, 190, 192, 552, 666.
Row 505.
Rowley 308.
Royal Society 257.
Ruata 666.
Rucker 757.
Rüge 1, 153, 232. 233, 248, 249,
256, 270, 271, 274, 278. 282,
283, 287, 290, 292, 293, 308,
321, 340, 343, 346, 347, 354,
355, 403, 409, 436, 447, 454,
461, 471, 497, 552, 557, 589,
Russell 550.
Rydygier 511.
s.
Sabrazes 87. 92, 99, 666.
Sacharoff 278, 288, 308, 348,
356, 386, 682, 688.
Sachs 22, 27, 31, 32, 33, 52,
61, 68.
Sajo 320, 757.
Sakharoff 172, 173, 175, 176,
180.
Sakorrhaphos 377, 409.
Salaniangas 414.
Salimbeni 192, 683, 684, 687.
Salmon 76, 140, 624, 666, 722.
Salomon 712, 758.
Sambon 116, 122, 140, 199,
311, 320, 321, 340, 536, 589.
666. 688, 710, 739.
Samweys 550.
Sander 95, 117, 121, 122, 127,
137. 140, 505 658, 666. 689,
739, 747, 758, 760, 780.
Sanfelice 71, 137, 140, 142, 144,
148, 169, 270, 308.
Santarel 406, 409.
Santehi 616, 666.
Santori 330, 502, 505, 745, 754.
Sarnow 190.
Sattler 266. ^
Sauerbeck 739.
Savoure 128.
Sawaljeff 771.
Scaravelli 511.
51*
804
Namenverzeichnis.
Schardringer S.
Schat 129, 130, 739.
Schatt 723.
Schaube 34.
Schaudinn 4, 5, 6, 8, 9, 11, 12
72, 73, 74. 75, 78, 82, 83, 86
95, 98, 99, 101, 102, 142. 143
144, 145, 147, 148, 150, 151
152, 153, 154, 156, 158, 160
162, 163, 166, 167, 168, 169
170, 171, 172, 174, 176, 177
179, 180, 181, 183, 184, 185
186, 187, 188, 189, 192, 193
194, 197, 202, 208, 214, 216
218, 220, 225, 226, 227, 228
229, 230, 231, 232, 233, 234
235, 237, 239, 240, 241. 243^
244, 245, 256, 259, 264, 267
268, 274, 278, 280, 282, 283
284, 285, 287^ 288, 289, 304
305, 309, 311, 323, 329, 330
340, 345, 347, 350, 354, 449
456, 457, 473, 475, 500, 503
504, 505, 520, 521, 534, 550
556, 656, 666, 670, 674, 685^
688, 693, 694, 709, 739.
Schaumann 357.
van der Scheer 274, 326, 336,
340, 382, 441, 450, 452, 454,
496, 560.
Schellong 270, 278, 340, 440,
454, 472, 521, 550, 552, 559,
560, 563, 581.
Scheube 25, 68, 415, 416, 424,
437, 552, 589, 666, 739, 740,
758. _
Schiavuzzi 270.
Schilling- 133, 379, 382, 466.
666, 668, 718-720, 740.
Schiner 740.
Schlayer 562, 564, 589.
Schmiedecke 2.
Schmid 740.
Schmidt 193, 202, 358, 359, 383,
655, 740, 750.
Schmorl 345.
Schneidemühl 740.
Schneiderl22, 129, 140,727,740.
Schoch 740.
Scholtz 188, 192.
Schöller 741.
Schöuburg 513.
Schönichen 741.
Schoo 105, 246, 256, 274, 309,
311, 322, 324, 325, 326, 336,
340, 353, 473', 518, 536, 550,
Schröder 513, 750, 758.
Schaffner 223, 253, 257, 274,
283, 301, 309, 311, 322, 340,
346, 348, 407, 481, 490, 515,
554, 560.
Schulz 741.
Schultz 746.
Schulze 189.
Schupfer 424.
Schütz 201, 758.
Schwalbe 341.
Schwarz 511, 515.
Schynse 741.
Scicluna 309.
Scozzari 413.
Seeber 267, 268.
Segard 411, 460, 467.
Seguin 505.
Selous 741.
Semeleder 325, 341.
Semmer 771.
Senator 465.
Senn 140, 741.
Sereni 437.
Sergent 91, 92, 113, 128, 140,
142, 144, 145, 146, 147, 166,
170, 174, 175, 180, 214, 225,
252, 274, 320, 322, 324, 340,
342, 519, 530, 531, 550, 560,
741.
Seumer 780.
Seyfried 741.
Shaap 741.
Sharpe 749.
Sherrington 658.
Shiga 2, 29, 30, 68, 610, 652,
661, 730.
Shipley 161, 162, 246, 257, 314,
319, 320.
Shoemaker 550.
Sicard 666, 787, 788.
Sick 780.
Siebert 779.
Siedlecki 189, 191, 267, 274.
Siegel 73, 189, 190, 210, 211.
214
Silberschmidt 183.
Silberstein 309, 383.
Silcock 265.
Silva Amado 658.
da Silva Garcia 651, 666.
Simon 4, 8.
Sim.ond 214, 215, 340.
Sims 382.
Sivori 106, 741.
Sleeping Sickness Commission
126, 127.
Smedley 666, 741.
Smith 71, 184, 193, 194, 199,
272, 337, 450, 741, 744—746,
749, 758.
Smits 65, 68.
Sobotta 553.
Sodre 434.
Sorge 2.
Souchon 551.
Soule 549, 754.
Soulie 214, 340, 342.
Soulier 324.
Souls 551.
Speiser 340.
Spinola 780.
Spiridion 408.
Stadler 471.
Stächelin 511.
Stähelin 188, 192.
Stalkartt 589.
Stanley 628, 695, 741.
Starcovici 193, 745, 758.
Stassano 741.
Statham 204, 596, 597, 598.
Staudinger 741.
Steel 70, 129, 741.
Steggall 589.
Stein 77.
Steiner 741.
Stengel 3, 4, 8.
Stephens 140, 222, 250, 253,
254, 274, 302, 303, 304, 306,
307, 314, 315, 318, 319, 320,
308, 340, 346, 361, 407, 409,
441, 450, 459, 471, 520, 538,
539, 551, 552, 559, 560, 562,
564, 565, 589.
Sternberg 309.
Steuber 276, 341, 443, 450.
Steudel 341, 426, 559, 563,
583, 589.
Steward 433, 454, 469.
Stiles 76, 140, 712, 722.
Stockmann 758.
Stokes 34.
Stordy 106, 742.
Strachan 334, 439, 450, 551.
Strasser 382.
Stromeyer 62, 325.
Strong 4, 26, 29, 30, 68, 205.
Strümpel 668.
Strycharski 515.
Stuhlmann 690, 701, 709, 710,
716, 742.
;Nameiiverzeichnis.
805
Sturli 470.
Sulzer 426.
Swan 616.
Sydenham 269, 479.
Sykes 450.
Sylvain 494, 496.
Symes 309, 382.
Szewzyck 129, 742.
T.
Takasu 489, 450.
Tangemann 426.
Tanja 409.
Tanou 648.
Tanzarella 331.
Tappeiner 495, 498, 499, 656.
Tartakowsky 105.
Taylor 320, 531, 551, 666, 742,
Taschenberg 111, 112.
Temple 551.
Tenka 511.
Terburgh 309, 341, 382, 437,
Tertius 496.
Testi 248, 249, 341.
Thau 492.
Thayer 270, 311. 370, 382
384, 405, 418, 440, 552.
Theiler 106, 186, 192, 200,
201, 202, 684, 690, 691, 697,
742, 745, 750, 752, 753, 758,
761, 777,
Theobald 251, 252, 254, 255,
257.
Thesing 188, 192.
Thiele 341.
Thienemann 148.
Thin 309, 382, 386, 393, 589.
Thiroux 112, 140, 143, 145,
146, 170, 201, 788.
Thomas, Wolferstan 328, 341,
644, 647, 652, 653, 666.
Thomaselli 559, 562, 563, 566,
573, 578, 584, 589.
Thompson 311.
Thompstone 589.
Thomson 315, 320.
Thornhill 421.
Tictin 185, 668, 682.
Tidswell 746, 750, 758.
Todd 89, 90, 91, 92, 106, 112,
116, 123, 124, 138, 146, 185,
191, 638, 644, 661, 651, 653.
660, 661, 666, 672, 673, 675,
679, 680, 687, 688, 691.
Tode 780.
Toeppen 742.
Tommasi-Crudeli 277.
Tonsini 531, 548.
Torregiani 758.
Torti 269, 278, 423, 471, 479,
483.
Tourtoulis 24.
Tower 131.
Travers 531, 551.
Treacher 637.
Treupel 551.
Treutlein 619, 616.
Triantaphylüdes 410, 415, 421,
464, 471.
Tricomi 511, 515.
Trouette 586.
Trousseau 487.
Troussaint 570, 589.
Tschegis 780.
Tulloch 116, 117, 138, 644, 656,
662.
Türk 372, 466, 666.
Turner 745, 776, 780.
Turro 450.
Tweedy 637,
Tzuzuki 253, 273, 317, 318,
320, 341, 434, 536, 551.
tl.
Ucke 3.
d'ütra 742.
Ufer 486, 496.
Unna 649.
Unterberger 780.
Y.
Vaccari 411.
Vagedes 222, 517, 551.
Valente 625.
Valentin 70. 140, 337.
Vallee 139, 140, 687, 696.
Valley 530.
Valiin 551.
Valude 501, 505.
Vaney 341.
Vassal 223, 256, 722, 742.
Vedy 563, 589.
Juan del Vege 269.
Veith 742.
Verneuil 412.
Verney 287, 309.
Verral 728.
Zur Verth 471.
Veuillat 515.
Viedth 561.
Vincent 183, 409, 551, 567,
584, 589.
Vincenzi 496, 562, 567.
Virchow 266, 269, 278.
Visser 497.
Vivaldi 2, 8.
Voges 132, 691, 696, 724, 725,
742.
Volhard 553.
Völlers 758.
Vortisch 561, 589.
Vosseier 742.
De Vries 104.
Vuillemin 192.
w.
Wagner 434, 781.
Wakefield 325, 342.
V. Waldheim 687.
Walker 742.
Waller 742.
WandoUek 193.
Ward 193.
Waring 27, 31, 35, 36, 37, 40,
41, 43, 68.
Warrington 666, 742.
V. Wasielewski 140, 170, 224,
256, 264, 268, 742.
Waters 341.
Watson 409,, 551.
Weatherley 433.
Weber 183, 194, 196, 198, 199,
201, 639, 662, 667, 780.
V. Weber 742, 750, 756.
Wechselmann 183, 189, 192,
193.
Wegg 539, 551.
Weidenreich 409.
Weigert 446.
Weintraud 471.
Weiß 778.
Weißenberg 341.
Weißer 758.
Welch 341.
Welitschowski 491.
Wellman 190. 193, 341, 441,
450, 657, 672, 674, 680, 688.
Wellvescen 589.
Welsford 589.
Wendelstadt 653, 666.
806
Namenverzeichnis.
Wendland 488, 523, 551.
Wentzel 320, 368.
Wenzel 327, 328, 329, 341, 439.
Werner 585, 590, 672.
Wernicke 268, 423, 626.
Wertheimber 394.
Wesener 2.
West 505.
Westwood 742, 743.
Weyl 514.
Whyte 635, 743.
Widal 29, 67, 788.
Wiechmann 743.
Wiggins 667.
Wilbert 758.
Wildemann 743.
Willems 635, 637, 640, 667.
WiUey 213, 214, 215.
Williams 590.
Williamson 454, 471.
Wilson 198, 199, 309.
Winkler 780.
Winslow 437.
Winterbottom 618, 667.
Wirtz 780.
V. Wissmann 780.
Wladimiroff 193.
Woldert 341.
Woldut 311, 590.
Wolf 357, 382, 560, 590.
Wolff 382, 470, 505, 781.
Wooldrige 590.
WooUey 755.
Wore 355.
Wright 203, 205, 309, 320, 348,
349, 355, 382, 597, 616.
von der Wulp 743.
Wurtz 625, 639, 647, 659, 664,
667, 688, 729.
Wyznikiewiez 779.
Y.
Yada 590.
Yarr 425, 426.
Young 320, 551.
z.
Zabala 743.
Zacbe 743.
Zakhariane 435, 437.
Zammit 309.
Zancarol 4, 29, 44, 68.
Zangger 450.
Zangori 497.
Zderas 505.
Zettner 5.
Zellweger 560.
Zettnow 153, 349, 355, 670,
682, 683, 684, 688.
Zevi 382, 409.
Ziegler 162.
Ziemann 69, 70, 71, 77, 102,
103, 106, 114, 115, 118, 125,
133, 140, 144, 145, 146, 170,
172, 173, 174^ 176, 180, 186,
201, 202, 222, 223, 225, 229.
232, 233, 241, 248, 254, 269,
274, 288, 317, 322, 325, 336,
309, 311. 320, 341, 347, 355,
382, 383, 384, 391, 402, 404,
418^ 471, 518, 529, 551, 552^
558, 564, 570, 574, 576, 583
—589, 620, 629, 631, 667,
688, 691, 693, 694, 721, 722,
743, 746, 753, 758.
Zigura 2.
Zuntz 320, 513.
Sachverzeichnis.
A.
Äbyssinien s. a. Afrika.
— Vorkommen von Kückfallfieber 672.
— „ „ Trypanosomen bei Haus-
tieren 127.
— „ „ Lankesterella 206.
AegyptCD, Vorkommen von Leberhyperäraie
24.
Afrika, Vorkommen von Babesiosis bovis 746.
— Vorkommen von Dourine 725.
— ,, „ Küstenfieber 750.
— ,, „ Leberabszeß 26.
— ,. „ Leberhyperämie 24.
— „ ,, Malaria 275.
— „ „ Ornitliodorns 678.
— „ „ Nagana 117.
— „ „ Plasmodien bei Affen
223.
— „ „ Rattentrypanosomen
106.
— ., „ Rinderpest 769.
— „ „ Rückfallfieber 672.
— • „ „ Schlafkrankheit 618.
— „ „ Schwarz Wasserfieber 560.
— „ ,, Stechmücken 254,
Agglomeration 78, 95, 101, 155, 179, 693.
Agglutination bei Malaria 458.
Aino 128, 718.
Akatama 790.
Akklimatisation in den Tropen 450 f.
Algerien, Vorkommen von Debab 128.
— Vorkommen von Dourine 725.
— „ ,, Hämoproteus 144.
— „ „ Lankesterella 206.
— „ „ Leberhyperämie 24.
—=- „ „ Leberabszeß 26 f.
Algerien, Vorkommen von Malaria und Ano-
phelinen 324.
— Vorkommen von Mal de la Zousfana 129,
720.
— „ „ Mbori 128.
— „ „ nordafrikanischerSurra
129.
— ,, „ Rückfallfieber 672.
— - „ „ Trypanosomen bei Fle-
dermäusen 113.
— „ „ Trypanosomen bei Frö-
schen 90.
Alkoholismus 221, 32.
Amblyomma hebraeum 766.
Amerika s. a. Nord-, Südamerika usw.
— Vorkommen von Anophelinen 255.
— „ ,, Babesiosis bovis 746.
— „ „ Coccidiosis immitis 266.
■ — „ „ Leberabszeß 26.
— „ „ Malaria 275.
— „ „ Rattentrypanosomen
106.
— „ „ Schwarzwasserfieber560.
Amoeba s. a. Entamoeba.
— coli If., 11, 28.
— dysenteriae 3 f., 29.
Amöben bei Leberabszeß 24, 44.
Amöbenruhr If.
— Unterscheidung von Bazillenruhr 13, 16.
— und Leberabszeß 17, 28 f.
Amphibien - Blutparasiten s. Trypanosomen
und Hämogregariniden.
Anämie bei Kala Azar 609.'
— bei Malaria 356, 371, 380.
— tropische 452.
Ancylostomum duodenale 601, 602, 609, 641.
Angina vincenti 183.
808
Sachverzeichnis.
Angola s. a. Westafrika.
— VorkommeQ von Schlaf kranldieit u. Try-
panosomenkrankheit 618.
— Vorkommen von Spirochäten bei Fram-
boesie 190.
Anilinblau bei Malaria 497.
Anodonta mutabilis 685.
AnkylOStomiasiS s. a. Ancylostomum 465.
Annam, Vorkommen von Plasmodium bei
Sciurus 223.
Anopheles albipes 254, 319.
— christophersi 253, 314 f.
— costalis 254, 314 f., 323.
— culicifacies 253, 317 f.
— funestus 255, 314 f.
— jesoensis 253, 319.
— listoni 253, 315, 319.
— lutzi 255, 314 f.
— maculipennis 250, 252 f., 314, 322 f.
— pseudopictus 252 f., 318.
— punctipennis 252 f., 323.
— rossi 253 f., 315 f., 323.
— stephensi 253, 315.
— superpictus 252 f., 317.
— ziemanni 254, 314 f.
Anophelinen s. a. Stechmücken 251 f.
— und Malaria 249—250, 252—256.
— -Biologie 314 f.
■ Sproßpilze im Magen 162.
— -Systematik 251.
Antillen s. a. Amerika.
— Vorkommen von Rückfallfieber 672.
— ,, „ Schlafkrankheit 618.
Antitoxinbildung bei Malaria 445.
Anurie bei Schwarzwasserfieber 577, 585.
Aphthenseuche der Rinder 775.
Apiosoma s. ßabesia.
Arabien, Vorkommen von Kala Azar 592.
Argas 675, 683, 684.
— persicus 681, 684.
— talaje 681.
Argentinien s. Südamerika.
AristOChin bei Malaria 494.
Arrhenal bei Malaria 499.
— • bei Surrah 723.
Arsenik bei Malaria 499.
■ — bei Schlafkrankheit und Trypanosomen-
krankheit 652.
— bei Tiertrypanosomen 722.
Asien, Vorkommen von Dourine 725.
■ — Vorkommen von Leberabszeß 25.
— „ „ Malaria 275.
— „ „ E.attentrypanosomenl05.
— )) » Schwarzwasserfieber 560.
— „ „ Trypanosomen bei Frö-
schen 88.
Assam, Vorkommen von Kala Azar 590.
Assanierung von Malariagegenden 517 f.
AtOXyl bei Schlafkrankheit und Trypanoso-
menkrankheit 653 f.
Auchmeromyia luteola 680.
Augenkrankheiten bei Malaria 425.
— bei Schlafkrankheit und Trypanosomen-
krankheit 637.
Australien. Vorkommen von ßabesia bige-
mina 199.
— Vorkommen von Babesiosis bovis 746.
— „ „ Malaria 275.
B.
Babesia 74, 86, 186, 193, 230.
— bigemina 199, 744.
— bovis 194, 198, 199, 744.
— canis 194 f., 201, 753.
— equi 195, 201, 752.
— hominis ,199.
— Ovis 200, 752.
— parva 193, 198, 199 f., 750, 751.
Babesiosis 7M.
— bovis 741.
— canis 744, 753.
— equi 744, 752.
— felis 753.
— Ovis 744, 752.
— suis 753.
Baleri-Trypanozoon 126.
Bacillus coli 29, 782.
— dysenteriae 30, 610.
— Eberth 782.
Bäderbehandlung der Malaria 482.
— des Schwarzwasserfiebers 582.
Bakterien bei Leberabszeß 44.
Banti'sche Krankheit 465.
Befruchtung 79 f., 84, 87, 109, 152, 176, 234,
260, 263.
Beriberi 641, 647, 790.
Beschälkrankheit s. Dourine.
Beulenkrankheit, endemische 73, 203.
Blutbefund bei Amöbenruhr 51.
— bei Babesiosis bovis 748.
— „ Kala Azar 608.
— ,, Küstentrypanose 721.
— „ Leberabszeß 51.
— „ Mal de Caderas 725.
— „ Malaria 357 f., 371 f.
— „ Rinderpest 769.
— „ Schlafkrankheit und Trypanosomen-
krankheit 634 f.
— „ Schwarz Wasserfieber 514.
— ,, Surra 723.
— ,, Tiertr3^panosen 694.
Sachverzeiclinis.
809
Blategel als Überträger von Protozoen 84,
87, 89, 208, 211. 212.
Blutzerfall bei Schwarzwasserfieber 571,
574, 583 f.
— durch Chinin 569.
Bolivia s. Südamerika.
Boo Hoo-Fieber 790.
Boophilus bovis 682.
Brasilien s. Amerika und Südamerika.
— Vorkommen von Hämogregariniden bei
Schlangen 209.
— „ „ Lankesterella 207.
— „ „ Malaria 275.
— „ „ „ und Anophe-
linen 323.
— „ „ Spirochäten 185.
Bremsen 696, 724.
Brillantgrün 653.
Bromkali bei Chininempfindlichkeit 488.
Burdwan-Fieber 593.
C. (s. a. K.).
Calabarbeule 411.
Carceag s. Babesiosis Ovis.
Celebes s. Sundainseln.
Centralnervensystem bei Schlafkrankheit
6221, 627.
CerebrospinalflÜSSigkeit bei Schlafkrankheit
623, 642, 648, 653.
Ceylon s. Indien.
— Vorkommen von Leberabszeß 25.
^ „ „ Malaria 276.
— „ „ Spirochäten bei Fram-
bösia 190.
China, Vorkommen von Kala Azar 592.
— Vorkommen von Leberabszeß 25.
— „ . „ Rückfallfieber 668, 672.
— „ „ Trypanosomen b. Schild-
kröten 91.
Chinin-Behandlung bei Kala Azar 613.
Behandlung bei Malaria 322, 378, 479,
484, 486f.
— „ „ Rückfallfieber 674.
— „ „ Ruhr 20.
— „ „ Schwarzwasserfieber 485.
563 f., 580. 581.
Ersatzmittel 494, 497, 499.
Fieber 466.
— Hämocytolyse durch 568.
— -Idiosynkrasie 487.
— -Kontraindikationen 493.
Präparate 4711, 4881, 491.
Prophylaxe 484, 521, 527.
— -Resorption und Ausscheidung 491.
— -Wirkung auf den Organismus 487.
Cimex lectularius 681.
Cholera und Malaria 432, 464.
Chrysoidin 651.
Coccidien 72, 73, 79, 258.
Coccidiosis immitis 266, 268.
Cochinchina s. a. Indien.
Colibacillosis und Malaria 462.
Crithidia 75, 81, 93, 102, 109, 141, 147, 156.
Cuba s. a. Amerika, Westindien.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
Culex pipiens 249, 272, 273.
Guliciden s. Stechmücken.
Cytorhyctes luis 189.
D.
Darmgeschwüre bei Amöbenruhr 131, 461
— bei Kala Azar 602.
Debab 128, 720.
Dementia paralytica 647.
Dengue 790.
Dermacentor reticulatus 753.
Deutschland, Vorkommen von Malaria und
Anophelinen 327.
— Vorkommen von Psittacosis 781.
— „ „ Rinderpest 769.
Deutschostafrika, Vorkommen von Rinder-
pest 769.
— Vorkommen von Rückfallfieber 672.
— ,, ,, Schlafkrankheit und
Trypanosomenkrankheit 621.
Diät bei Amöbenruhr 21.
— bei Malaria 507.
Diagnosticum Fickers 463.
Dickdarmbefund bei Ruhr 131, 461
Dikkopziekte s. a. Pferdesterbe 761, 762.
Diplokokken bei Schlafkrankheit 641, 6451,
650.
Dourine 122, 690, 697, 725.
Dum-Dum-Fieber s. Kala Azar.
Dunpaardeziekte s. a. Pferdesterbe 761, 762.
Durchfall bei Kala Azar 610.
— bei Malaria 464.
Dysenterie s. a. Amöbenruhr, Bazilleuruhr.
— spirillaire 21, 184.
E.
Eidechsen- Blutparasiten s. Hämogregariniden.
Eimeria schubergi 78.
Ektoplasma 77, 82, 93, 174.
Endoplasma 77, 93.
Entamoeba coli 11, 11.
— histolytica 41, 73, 610.
Erythem bei Malaria 411.
— bei Schlafkrankheit und Trypanosomen-
fieber 628.
810
Sachverzeichnis.
Erythrea, Vorkommen von Spirochäten bei
Schafen 186.
Erythrocytolyse s. a. Schwarzwassenfieber,
Blutzerfall 558, 566 f.
Esanophele und Esanophelina 500.
Europa, Vorkommen von Eabesia bovis 199.
— Vorkommen von üabesia ovis 200.
— „ „ Hämoproteus 144 f.
— „ „ Lankesterella 206.
— „ „ Leberabszeß 26.
— „ „ Malaria 275, 322, 327 ,
336.
— „ „ ßattentrypanosomal05
— „ „ Rinderpest 768.
— „ „ Rückfallfieber 671.
— „ „ Schwarzwasserfieber559.
— „ „ Stechmücken 252.
— „ „ Trypanosomen bei klei-
nen Säugetieren Ulf.
EncMnin bei Malaria 494.
Exanthem s. Hautkrankheiten.
F.
Fäces bei Malaria 383.
— bei Ruhr 2 f., 12, 16 f.
Fieber, biliöses s. Gallenfieber.
— hämaturisches s. Schwarzwasserfieber.
— hämoglobinurisches s. Schwarzwasser-
fieber.
Filariasis und Malaria 412, 432, 465.
— und Schlafkrankheit 641, 645.
Fische, Blutparasiten der, s. Trypanosomen
und Hämogregariniden.
Fledermäuse, Parasiten der 112, 113, 225.
— Spirochäten der 685.
Fliegen s. blutsaugende Insekten, Tsetse,
Glossina, Stomoxys usw.
Fliegenlarven, blutsaugende 680.
Flöhe als Überträger von Trypanosomen 106.
Frankreich, Vorkommen von Babesia canis201.
— Vorkommen von Coccidioides 267.
— „ „ Psittacosis 781, 788.
— ,, ,, Rinderpest 768.
Frambösia 190 f.
Frösche. Parasiten der 71 (s. a. Trypanoso-
men, Hämogregariniden, Lankesterella).
G.
Gänse-Spirillose 682.
Gallenfleber 407.
Gallsenche (G-alziekte) 767.
Gambia s. a. Westafrika.
— -Fieber 644.
— Vorkommen von Trypanosomafieber619.
Gambia.
— Vorkommen von Trypanosomen bei Pre-
schen 90.
— „ „ Trypanosomen b.Schild-
kröten 91.
— „ „ Trypanosomen bei
Vögeln 12, 16.
— „ einer Trypanose der Pferde
123, 720.
Gecko-Blutparasiten 91. 214.
Geisteskrankheiten bei Malaria 422, 433.
Gelbes Fieber 162, 186, 559, 580.
Gelenkrheumatismus und Malaria 432.
Gehirnabszefs bei Amöbenruhr 15.
— bei Leberabszeß 56.
Geschlechtsteile, Erkrankung bei Malaria 419.
Geschwülste, bösartige bei Malaria 432.
Glossina decorsei 708.
— fusca 645, 657, 702 f., 707.
— longipalpis 645, 702 f., 707, 718.
— longipennis 702 f., 708.
— morsitans 643, 697, 702 f., 705.
— pallicera 702 f., 705.
— pallipides 699, 702 f., 706.
— palpalis 114, 617, 642 f., 657.
— tachinoides 705.
— wellmani 645, 708.
GlOSSinen s. Tsetsefliegen.
Goldküste s. a. Westafrika.
— Vorkommen von Tsetsefliegen 705.
Gregarinen 73.
— -ähnhche Ruheformen 75, 79, 102, 109, 156.
H.
Hämamöbä s. Plasmodium.
Hämatomonas 75, 87, 92, 141.
Haematopinus spinulosus 106.
Hämocystidium 214.
Hämocytolyse s. a. Erythrocytolyse, Blut-
zerfall bei Sohwarzwasserfieber 583.
Hämoflagellaten 71, 74, 75.
Hämoglobingehalt des Blutes bei Amöben-
ruhr 51.
— bei Babesiosis bovis 748.
— „ Leberabszeß 51.
— „ . Kala Azar 604.
— ,, Küstentrypanose 721.
— „ Malaria 373.
Hämoglobinurie s. a. Schwarzwasserfieber,
durch Giftwirkung 558.
— paroxysmale 580.
Hämogregarina 205.
— s. Str. 210 f.
Sachverzeichnis.
811
Hämogregariniden 205 £f.
— der Amphibien 206 fF.
— „ Eidechsen und Schlangen 208 £f.
— „ Fische 89, 212.
— „ Krokodilier 212.
— „ Säugetiere 21 2 f.
— „ Schildkröten 70, 91, 212 f.
Haemophysalis lachii 682.
Hämomenas s. Laverania.
Hämoproteüs 69, 75, 110, 141 £f., 170, 171,
172, 173, 174, 176, 176, 177, 178, 179,
194, 195, 228, 230, 234, 235, 236, 238,
239, 245, 260.
— alaudae 144, 148.
— aluci 144.
— bubonis 144.
— columbae 144, 148.
— danilewskyi 144.
— fringiHae 144, 148.
— maccallumi 145.
— noctuae'74, 86, 89, 94, 101, 102, 109, 142,
144, 146, 147—169, 175, 177. 178, 179,
— passeris 144, 148. [239.
— rouxi 144.
— sacharovi 145.
Hämosporidien 71, 73 f.
Halteridien 72, 142, 143.
Harn bei Malaria 383.
Hautkrankheiten bei Xäla Azar 606.
— bei Malaria 411.
— „ Schlafkrankheit 622, 628 f., 632 f.
Heartwater s. Herzwasser.
HelcOSOma s. Leishmania.
Hepatitis s. Leberkrankheiten.
Herpetomonas 75, 77 f., 95, 102, 109 f., 141,
147, 155 f., 168.
Herz in den Tropen 451.
Herzwasser 766.
Herzkrankheiten bei Malaria 417.
Hinterindien, s. a. Asien, Indien.
— Vorkommen von Stechmücken 253.
— „ „ Surra 722.
Hippohosca 697.
Hirntumoren 647.
Hühner-Spirillose 683.
Hundemalaria s. Babesiosis canis.
Hyperglobulie 416.
Hyperpyrexial fever 791.
I. (J.)
Japan, Vorkommen von Leberabszeß 25.
— Vorkommen von Stechmücken 253.
— „ „ Trypanosomen b. Schild-
kröten 91.
Java s. Sundainseln.
Immunität gegen Babesiosis bovis 749.
— gegen Kala Azar 600.
— ,, Küstenfieber 751.
— ;, Leberabszeß 36.
— „ Malaria 439, 444, 445.
— „ Pferdesterbe 762.
— „ Rückfallfieber 671, 674.
— „ Schwarzwasserfieber 561.
— ,, Trypanosomen 652, 714.
Impfung s. a. Serum.
— gegen Babesiosis bovis 749.
— „ Babesiosis canis 753.
— „ Küstenfieber 751.
— „ ^agana 718 f.
— ., Pferdesterbe 764.
— ,, Rinderpest 775.
Indien, Vorkommen von Hämogregarinen
bei Fröschen 207.
— Vorkommen von Hämoproteüs 145.
— „ ,, Kala Azar 592.
— „ „ Leberabszeß 25 f., 35.
— „ „ Leberschwellung 23.
— „ „ Malaria 275, 216.
— ,, ,, Ornithodorus 679.
— „ „ Rückfallfieber 672.
— „ „ Stechmücken 253.
— „ „ Surra 130.
— ' „ „ Trypanosomen b. Kalt-
blütern 88, 91.
— „ „ Trypanosomen beim
Palmhörnchen 91.
— „ „ Trypanozoontheileril33,
Indochina s. Hinterindien.
Influenza und Malaria 465.
— und Psittacosis 787.
— und Schlafkrankheit 647.
Insekten, blutsaugende, s. a. Stechmücken,
Tsetsefliegen, Glossina, Zecken.
— bei Kala Azar 599.
— „ Pferdesterbe 761.
— „ Rückfallfieber 668, 675f., 681.
— „ Tierseuchen 695, 696.
Italien, Vorkommen von Malaria 275, 276.
— Vorkommen von Malaria und Anophe-
linen 324 f.
— ,, ,, Psittacosis 781.
— ,, „ Rinderpest 768.
Ixodes reduvius 682, 746.
K. (s. a. C).
Kafindo 789 f.
Kala Azar 73, 202, 591.
— und Malaria 592 f.
— „ Mittelmeerfieber 593.
— -Parasiten 593 f., 602 u. f., 609.
812
SacliTerzeichnis.
Kala-Äzar und Ruhr 610.
Kaltblüter-Parasiten S.Trypanosomen, Hämo-
gregariniden, Hämocystidium.
Karyolysus 208.
Karyosom 77, 79, 82, 94, 97.
Karzinom 183.
Katarrhalfieber der Rinder 774.
Katzen, Verhalten gegen Ruhrinfektion 2f., 13.
— -Malaria s. Babesiosis felis.
Kaukasien, Vorkommen von Babesia bige-
mina 199.
— Vorkommen von Gänse- Spirochäten 185'
Ridei 127.
Kinder und Malaria 440 f.
Körpertemperatur in den Tropen 451.
Kopolatioa s. Befruchtung.
Kaiser-Wilhelmsland, Malariamorbidität in
441.
Kalomel bei ßuhr 20.
Kamerun s. a. Afrika.
— Chininprophylaxe in 527.
- — Vorkommen von Babesia 201.
— „ „ bösartigen Geschwül-
sten 432.
— „ „ Hämoproteus 145.
— ,, „ Küstentrypanose 721.
— „ „ Malaria 276, 335.
— „ „ „ und Anophe-
linen 321, 323, 324.
— „ „ Schlafkrankheit 620.
— „ „ Schwarzwasserfieber
560, 562.
— „ „ Spirochäten bei Schafen
186.
— „ „ Trypanosomen bei
Vögeln 146.
— „ „ Trypanozoon vivax 125,
721.
Karzinom s. bösartige Geschwülste.
Kidei 723.
Kochsalzinfusionen bei Babesiosis bovis 748.
— bei Schwarzwasserfieber 583.
— „ Surra 723.
Kongo-Staat s. a. Afrika, Westafrika.
— Vorkommen von Ohrmilbenkrankheit der
Ziegen 791.
— „ ,, Schlafkrankheit 618 —
620.
— „ „ Schwarzwasserfieber 560.
— ,. „ Trypanosomen bei Frö-
schen 90.
— „ „ Trypanozoon congolense
126.
KÜStenfleber, afrikanisches 750.
Küstentrypanose von Kamerun 721.
L.
Lankesterella 70, 91, 206.
Lathyrismus 790.
Laverania 220, 221.
— danilewskyi 143.
— malariae 221.
Leber in den Tropen 22 f., 451.
Leberabszefs 14, 17 f., 25.
— und Amöbenruhr 17, 28 f., 34 f.
— „ Malaria 24, 58, 461.
Leberatrophie, akute gelbe 581.
Leberhyperämie, tropische 22.
Leberkrankheiten, tropische 22.
— bei Malaria 414, 468, 512.
Leishman-Donovan'sche Körperchen 73, 203,
593 f., 602 f., 609.
Leishmania donovani 74, 202.
— tropica 203.
Leucozytozoon 69, 72. 74, 101, 102, 170 f.,
180, 241 f.
— ziemanni 180, 680, 694.
Leukämie bei Malaria 376.
Leukozytenbefund bei Kala Azar 609, 612.
— bei Malaria 457.
— und Chininwirkung 476.
— bei Schlafkrankheit und Trypanosomen-
krankheit 635, 641, 649.
Lichtbehandlung bei Malaria 503.
— bei Schlafkrankheit und Trj^panosomen-
krankheit 656.
Lumbalpunktion 648.
Lungenkrankheiten bei Malaria 415, 431, 462.
Lymphdrüsen bei Malaria 418.
— bei Schlafkrankheit und Trypanosomen-
krankheit 627 f., 633, 657.
M.
Madagaskar, Vorkommen von Babesia equi
201.
— Vorkommen von Dourine 725.
— ,, ,, Lankesterella 206.
• — „ „ Stechmücken 254.
Magengeschwüre bei Schlafkrankheit 640.
Mal de Caderas 132, 691, 696, 724.
Mal de la Zousfona 129, 720.
Malachitgrün 653.
Malaria 269.
— angeborene 437.
— -Ausrottung 511 f., 521 f.
— -Behandlung 505 f., 510 f.
— bei Kindern 440 f.
— „ Verletzungen 433.
— Blutuntersuchung bei 342 f.
— Chininbehandlung bei 471, 516 f.
— chronische 377 f.. 391, 510.
Sachverzeichnis.
813
Malaria;
Diagnose 454 f., 460 f.
— -Fieber, Einteilung n. Klassifikation 355 f.
Impfung 273, 311.
Index 442.
Kachexie 73, 202, 377. 380, 391, 461, 510.
— larvierte 434.
— -Komplikationen 430 f.
. ISTeuralgien 435, 790.
Prophylaxe 515.
Prognose 468.
— und Schwarzwasserfieber 563 f.
Spontanheilung 468.
Typhoid 430.
Übertragung durch den Erdboden 320.
— „ ,, die Luft 320.
— „ „ Wasser 320.
— „ „ Moskitos (s. a. Ano-
phelinen, Stechmücken) 272 f. 279 f., 304 f.
Malaria-Parasiten 69f., 102, 197, 215 ff. 258,
277.
Ausrottung 511 f., 521 f.
— Benennung der Entwicklungsstufen 218 f.
— Chininwirkung auf die 472 f.
— Differeutialdiagnose 298 f., 454 f.
— Einfluß der Temperatur 235, 246 f.
— Einteilung 281, 313.
— Entdeckung 270 f.
— Entwicklung 215 f.
— Eärbung 346 f.
— Greschlechtsformen 2311
— Latenzformen 228, 234.
— Morphologie und Biologie 278 f., 282 f.
— Nomenklatur 278 f.
— Schizogonie 278.
— bei Schwarzwasserfieber 564 f.
— Sporogonie 239, 280.
— Sporozoiten 78, 244.
— Systematik 220.
— Verhalten nach dem Tode 386.
— Zellparasitismus 225.
Maltafieb.er und Malaria 464.
Manila, Jiuhrsterbüchkeit in 21.
Maaritius, Vorkommen von Stechmücken 254.
— Vorkommen von Surra 130 f., 722.
Mbori 128,
Melanodermie 775.
Meningitis bei Schlafkrankheit 624.
— und Malaria 464.
Menstruation in den Tropen 451.
Methylenblau bei Malaria 497, 528.
Milchdiät bei Ruhr 20.
Miana-Fieber 681.
Milzbrand 722.
Milzpunktion 607.
Milzschwellung bei Kala Azar 607.
— bei Malaria 371, 379, 381, 414, 461, 468,
511.
— „ Psittacosis 785.
— „ Rückfallfieber 673..
— ,, Schlafkrankheit 627, 728.
Mittelamerika, s. a. Amerika.
— Vorkommen von Rückfalltieber 668.
Mittelmeerländer s. a. Algerien, Europa,
Italien, Nordafrika, Tunis usw.
— Vorkommen von Stechmücken 252.
Molukken s. Sundainseln.
Morbus Weili 581.
Morchelvergiftung 581.
Myoneme 83, 90, 93, 96, 151, 155, 174.
Myxoedem und Schlafkrankheit 622, 650.
N.
Nagana 72, 117, 691, 695, 706, 716, 791.
Parasiten s. Trypanozoon brueei.
Narcolepsie hepatique 647.
Nashafleber 791.
Nephrotomie bei Schwarzwasserfieber 585.
Nervensystem bei Malaria 420 f.
— in den Tropen 852.
Neu-Guinea s. a. Kaiser-Wilhelmsland.
— Vorkommen von Stechmücken 254.
Neu-Pommern, Vorkommen von Stechmücken
254.
Neue Hebriden, Vorkommen von Stech-
mücken 254.
Neuralgien bei Malaria 423 f.
Nictipithecus 725.
Hieren-Erkrankung bei Malaria 418.
— „ „ Schwarzwasserfieber
577.
Nigerien s. a. Afrika, Westafrika.
— Vorkommen von Tsetsefliegen 705.
Noma 611.
Non malarial remittent fever s. Kala Azar.
Nona 647.
Nordafrika s. a. Afrika und die einzelnen
Länder.
— Vorkommen von Babesia bovis 199.
— „ „ Lourine 122.
— „ „ Kala Azar 592.
Nordamerika s. a. Amerika.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
— „ „ Dourine 725.
— „ „ Hämoproteus 145.
_ „ „ Rückfallfieber 668.
— „ „ Stechmücken 252 f.
— „ „ Trypanosomen bei
Vögeln 145 f.
814
Sachverzeichnis.
I
0.
Ohrmilbenkrankheit der Ziegen 791.
Onyalai 789.
Organtherapie bei Schlafkrankheit 650.
Orientbeule 599.
Ornithodorus moubata 675 f., 678, 681, 686.
— morbillosus 675. 679.
— pavimentosus 675, 679.
— savignyi 675, 678.
Ostafrika s. a. Afrika.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
— „ „ „ parva .200.
— ,, ,, Babesiosis bovis 745.
— „ „ Hämoproteus 146.
— „ „ Kidei 127.
— ,, ,. Binderpest 769.
— ,. „ Schlafkrankheit u. Tr}'-
panosomenkrankheit
619.
— „ „ Surra 722.
— „ „ Trypanosomen bei
Schweinen 126.
— „ ,, Trypanosomen bei
Vögeln 146.
— „ „ Trypanozoon theileril33.
Papageien 781.
Paraguay s. Südamerika.
Perniciosa s. a. Malaria 356, 397 f., 405, 407.
— Chininbehandlung bei 479, 484.
— Prognose 467.
■ — und Schwarzwasserfieber 565, 567.
Perniciosaparasiten 221, 232, 236, 237, 247,
260, 292 f., 298 f., 356 f., 369, 405 f.
Pest und Malaria 465.
Pferdetrypanose 720.
Philippinen s. a. Asien.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
— „ „ Surra 130 f, 722.
Phonergates bicoloripes 680.
Phosphorvergiftung 581.
Pigmentfieber, indisches 791.
Piroplasma s. Babesia.
— Donovani 596.
Piroplasmosen s. ßabesiosen.
Piroplasmosis, tropische 752.
Plasmodiden 215 f.
Plasmodium 172, 222.
— Kochi 223.
• — majoi'is 224.
— malariae s. Quartanparasit.
— praecox s. Proteosoma,
— vaughani 224.
Plasmodium vivax s. Tertianparasit.
Pneumonien der Neger 641.
PortoriCO s. Amerika, Antillen.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
Proteosoma 71, 72, 172, 221, 229, 239, 244,
246 f.
Protozoen, die im Blute schmarotzenden 69.
Psittacosis 781.
Psoroptes 791.
Pubertät in den Tropen 451.
Puls bei Kala Azar 608, 648.
— bei Malaria 416.
— „ Schlafkrankheit 634, 647 f.
— in den Tropen 451.
PyroSOma s. Babesia.
auartana s. a. Malaria 356, 367, 394.
— Chininbehandlung 477, 479.
auartanparasiten 222, 232, 247, 290 f., 299,
369.
ttuotidianparasit 221.
R.
Rassenimmunität s. Immunität.
Rattentrypanosoma s. a. Ti-ypanozoon lewisi
69, 72.
Recurrens 70, 185, 668.
Reflexe bei Schlafkrankheit 639.
Regen und Anophelinen.
— und Malaria 336.
Reptilien - Blutparasiten s. Trypanosomen,
Hämogregariniden , Hämocystidium .
Reunion, Vorkommen von ßückfallfieber 672.
— Vorkommen von Malaria 674.
— ,, ,, Schwarzwasserfieber 560.
— ,, ,, Stechmücken 254.
Rhipicephalus 724, 746.
— annulatus 746.
— appeudiculatus 682, 751.
— australis 682, 746.
— bursa 682.
— decoloratus 682, 685, 746, 748.
— evertsi 752.
— simus 751.
Rhodesian red water s. Küstenfieber.
Rindermalaria s. Babesiosis bovis 746, 768.
Rinderpest 768.
Röntgenstrahlen bei Malaria 502, 503.
— bei Schlafkrankheit 655.
Romanowskyfärbung70f., 77 f, 79, 93 f., 347 f.,
594.
Ross'sche Körper 248, 304.
Sachverzeichnis.
815
Rückfallfieber 668.
• — in den Tropen und Subtropen 672.
— und Malaria 674.
— ,, Schlafkrankheit 674.
Ruhr s. a. Amöbenruhr, Bazillenruhr.
— der Einder 774.
— und Xäla Azar 610.
— „ Malaria 431, 464.
S.
Salochinin bei Malaria 494.
Samoa s. Südseeinseln.
Sanatorien in den Tropen 512.
Säugetier-Blutparasiten s. Babesia, Hämo-
gregariniden, Plasmodium, Trypanozoon.
Schari, Vorkommen von Tsetsefliegen 705.
Scharlach und Malaria 432, 465.
Schildkröten, Blutparasiten der, s. Hämo-
cystidium, Hämogregariniden, Trypano-
somen.
Schlafkrankheit, afrikanische 72, 617, 695,
— und Beriberi 647. [705.
— ,, Filariasis 641.
— ,, Trypanosomeukrankheit 617, 705.
— ,, Kala Azar 648.
— ,, Malaria 647.
Schlafsucht 627 f., 638, 647.
Schutzimpfung s. Impfung, Sorum.
Schwangerschaft und Malaria 433, 437.
Schwarzwasserfieber 199, 588.
— bei Chiniuprophylaxe 527.
— Disposition zu 652.
— und Chininbehandlung 484 f., 563 f., 569.
— und Malaria 563 f.
Senegambien s. a. Afrika.
— Vorkommen von Babesia canis 201.
— „ ,, Babesia equi 152.
— „ „ Trypanosomen bei
Mäusen 112.
— „ „ Schlafkrankheit u. Try-
panosomenkranhheit 618.
Serum s. a. Impfung.
— gegen Babesiosis canis 753.
— „ Malaria 502.
— „ Pferdesterbe 764.
— ,. Rinderpest 775.
— „ Trypanosomeukrankheit 651.
Sommerherhstfieber s. Perniciosa.
Sonnenstich und Malaria 433.
Soumaya 128, 720.
Somaliland s. Afrika, Vorkommen von Aino.
— Vorkommen von Rinderpest 769.
— „ „ Tsetsefliegen 708.
Spirillenfieber s. Rückfallfieber.
Spirochaeta Obermeieri 669.
Spirillum s. Spirochaeten.
Spirochaeta anserina 185.
— anodontae 685, 686.
— balbianii 83, 181.
— buccalis 183.
— dentium 183.
— duttoni 672, 686.' • .
— eberthi 184.
— gallinarum 185, 683.
— gigantea 181.
— obermeieri s. Sp. recurrentis.
— ovina s. Sp. theileri.
— pallida s. Treponema pallidum.
— pallidula s. Treponema pallidula.
— pertenuis s. „ pertenuis.
— plicatilis 181, 685, 686.
— pseudopallida 183.
— pyogenes 183.
— recurrentis 70, 185, 674, 686.
— refringens 183.
— tenuis acuminata 191.
— „ obtusa 191.
— theileri 18ß, 684.
— vaccinae 183.
• — vincenti 183.
— ziemanni s. Leucocytozoon ziemanni.
Spirochäten 70, 72, 180fl'., 685.
■ — eigentliche 181 ff.
— im Blute 184flf.
— im Magen 184.
— bei Dysenterie 184.
— „ gelbem Fieber 186.
— „ Frambösie 190 f.
— „ Karzinomen 183. f.
— „ Syphilis 13, 187.
— „ Tropengeschwüren 184.
— „ Zeckenfieber 73, 185.
Splenomegalie, tropische, s. Kala Azar.
— und Malaria 432.
Spotted fever 199.
Starrkrampf und Malaria 464.
Stechmücken s. a. Anophelinen.
— künstliche Infektion, Züchtung und Unter-
suchung 351 f.
• — ■ Speicheldrüsen 246.
— als Überträger des gelben Fiebers s. Stego-
myia.
— „ von Hämoproteus 147, 150,
165—160.
^ „ von Leucocytozoon 171, 177
bis 180.
— „ von Malariaparasiten (s. a.
Anophelinen) 72.
— „ von Proteosoma 72, 249.
— Verdauungs- und Zirkulationsorgane 160,
240.
816
Sachverzeichnis.
Stegomyia fasciata 162, 186.
Stomatitis 789 f.
Stomoxys 711 f.. 723 f.
— calcitrans 695, 697, 711 f.
— nigra 695.
— Unterschied von Grlossina 711.
Sndan s. a. Afrika.
— Vorkommen des Trypanozoon des Baleri
126.
— Vorkommen des Trypanozoon nanum 124.
— ,, „ „ der Soumaya 128.
Südafrika s. a. Afrika und die einzelnen
Länder.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199,
645.
— „ „ „ canis 201, 753.
— » „ » equi 201, 752.
— „ „ „ parva 200.
— ,, ,, Babesiosis bovis 745,
749.
— ,. „ G-allseuche 767.
— „ ,, Herzwasser 766.
— „ „ Lankesterella 206.
— „ ,, Pferdesterbe 758. . .
— ,, ,, ßinderpest 769.
— „ „ Rinderspirochäten 186.
— „ „ Trypanozoon theileri 133.
Südamerika s. a. Amerika.
— Vorkommen von Babesia bigemina 199.
— „ ,, Dourine 725.
— „ „ Mal de Caderas 132.
SÜdsee-Inseln, Vorkommen von Malaria 275,
Südwestafrika, s. a. Südafrika. [321.
— Vorkommen von Pferdesterbe 758.
— „ „ Rinderpest 769.
Sumatra s. Sundainseln.
Sundainseln, Vorkommen vonBabesiosis bovis
749.
— Vorkommen von Leberabszeß 26.
— „ „ Malaria 275.
— ,, ,, Rinderpest 768.
— „ „ Stechmücken 253.
— „ „ Surra 130, 722.
Snrra 129, 690, 695, 712, 722.
— nordafrikanische 119.
— -Parasiten s. a. Trypanozoon evansi.
— „ 70, 71.
Syphilis 73, 187 f.
— und Schlafkrankheit 647.
T.
Tabanus lineola 696.
— tropicus 696.
Temperatur-Einfluß auf den Perniciosapara-
siten 236, 237, 247.
Temperatur.
Einfluß auf den Quartanpai-asiten 247.
— „ „ „ Tertianparasiten 237,246.
Tertiana s. a. Malaria 223 f., 232 f., 245 f., 356,
364 f., 395 f.
— Chininbehandlung 477, 479.
— maligna 293, 298, 400.
Tertianparasiten 223 f., 232f., 245f., 282 f.,
299, 356, 364 f.
Tetanus s. Starrkrampf.
Tetranychus telarius 791.
Texasfieber 711, 645.
Tiermalaria s. Babesiosis.
Togo s. a. Afrika, Westafrika.
— Vorkommen von Babesiosis 746.
— „ ,, Schlafkrankheit u. Try-
panosomenkrankheit
620.
— ,, „ Tsetsefliegen 708.
Tonkin s. Indien und Hinterindien.
Transkaukasien s. a. Asien.
■ — Vorkommen von Babesia parva 200.
— „ „ Trypanozoon theileril33.
Transvaal s. a. Südafrika.
— Vorkommen von Trypanosomen bei Frö-
schen 89—91.
— „ „ Hämogregarinen bei
Fröschen 207.
Treponema pallidum 187.
— pertenue 190.
Tropengeschwüre 184.
Tropenklima und Leberabszeß 33.
— und Malaria 275—277, 332.
Tropenparasit s. a. Perniciosaparasit 222.
Tropicaparasiten s. Perniciosaparasiten.
Tropenleber 22, 451.
Tropentauglichkeit nach Malaria 514.
Trypanophis 75, 85, 88.
Trypanoplasma 70. 75, 77, 82 ff., 87, 88, 95,
141.
Trypanosen s. a. Trypanosomenkrankheit 713,
767.
— Allgemeines 713.
— Ausrottung 714 f.
— Blutuntersuchung 694, 713.
— Empfänghchkeit für 710.
— Fieber bei 713.
— Immunität bei 715.
— künstliche Übertragung 694.
— natürliche „ 695.
— tierische 690.
— Vererbung 715.
Trypanosoma 70, 86.
— avium 145.
— balbianii s. Spirochaeta balbianii.
— blanchardi s. Trypanozoon bl.
Sachverzeichnis.
8i:
Trypanosoma.
— bracei s. Trj^panozoon br.
— castellanii s. Trypanozoon gambiense.
— congolense s. Trypanozoon cong.
— confusum 145.
— cuniculi s. Trypanozoon cuniculi.
— damoniae 91.
— dimorphon s. Trypanozoon dimorphen.
-— duttoni „ „ duttoni.
— ehnassiani „ „ equinum.
— evansi „ „ „
— gambiense „ „ gamb.
— hominis „ „ „
— inopinatum 86, 89, 91, 207.
— johnstoni 146.
— karyozeukton 90.
— laverani 145.
■ — lewisi s. Trypanozoon lewisi.
— lingardi s. Trypanozoon theileri,
— luis s. Treponema pallidum.
— mega 90.
— mesnili 146.
— muscae domesticae 694.
— rayoxi s. Trypanozoon myoxi.
— nanum s. Trypanozoon nanum.
— nelspruitense 91.
— nicolleorum s. Trypanozoon nie.
— noctuae s. Hämoproteus noct.
— paddae 143.
— rotatorium 86, 89, 90, 91, 93, 96.
— rougeti s. Trypanozoon equiperdum.
— sanguinis s. Trypanosoma rotatorium.
— suis s. Trypanozoon suis.
— theileri s. Trypanozoon theileri.
• — transvaaliensi s. Trypanozoon theileri.
- — ugandense s. Trypanozoon gambiense.
— vespertilionis s. Trypanozoon vespert.
Trypanosomen 72 f., 74, 76, 617, 625, 636,
692 f., 714.
— bei Fröschen 89 ff.
— „ Meerfischen 88 f.
— „ Reptilien 91.
— „ Schafen 718.
^ „ Schlafkrankheit 642 f., 648, 656.
— der Kaltblüter 86 ff.
— „ Säugetiere u. des Menschen 72, 92 ff.
— ,, Süßwasserfische 87 f.
— „ Vögel 72, 142 f., 145 ff.
— -Fieber 627, 644, 656.
— ßheotropismus 78.
— und Malaria 465.
Trypanosomenkrankheit, menschliche s. a.
Schlafkrankheit 617.
TrypanOZOen kleiner Säugetiere 111 ff.
■ — -Agglomeration 101, 693.
— des „Abyssinian fly disease" 127.
M e n s e , Handbuch der Tropenkrankheiten.
Trypanozoon des Aino 128.
— des Baleri 126.
— „ Debab 128.
— der „Jinja Cattle Disease" 127.
— „ Kidei 127.
— des Mal de la Zousfana 129.
— der Mbori 128.
— des „Mule Disease" 127.
— der nordafrikanischen Surra 129.
— „ Soumaya 128.
— Entwicklung im definitiven Wirt 103.
— Greschiechtsdimorphismus 102 f., 693.
■ — ■ Involutionsformen 101 f., 693.
— Kultivierung 99, 131.
— Lebensfähigkeit außerhalb d. Blutbahn 98.
— Unterscheidung der Arten 104, 643 f.
— „ von Leishman-Donovan-
Körperchen 596 — 598.
— Vermehrung 96 ff., 106, 119, 693.
Trypanozoon 75, 92 ff., 154, 597.
— balbiani 686.
— blanchardi 112.
— brucei 92, 95, 97, 98, 99, 100, 101, 102,
103, 104, 105, 106, 115, 117 ff., 122, 123,
124, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131,
133, 135, 137, 643 f., 651, 686, 691, 719.
— congolense 126.
— criceti 104, 111.
— cuniculi 104, 111.
— dimorphon 99, 123 f., 691 720.
— duttoni 112.
— equinum 99, 101, 103, 104, 132f., 135, 724.
— equiperdum 111, 122 f., 129, 690, 726.
— evansi 99, 101, 104, 119, 124, 125, 127,
128, 129 ff., 690, 691, 722.
— gambiense 92, 96, 103, 104, 105, 113 ff.,
122, 124, 133, 642, 643, 651,
— giganteum 691, 692.
— indicum 112.
— lewisi 74, 75, 92, 94, 95, 96, 98, 99, 100,
101, 103, 104, 105 ff., 115, 116, 117, 118,
122, 130, 131, 133, 135, 137, 147, 154,
156, 168, 686, 691, 718.
— myoxi 112.
— nanum 124 f.
— nicolleorum 103, 113.
— suis 126.
— theileri 70, 96, 103, 104, 105, 133 ff., 685,
691, 768.
— transvaliense 691, 768.
— vespertilionis 112.
— vivax 104, 119, 125, 126, 691, 721.
Trypanrot bei Schlafkrankheit 652 f.
Tschad-See, Vorkommen von Tsetsefliegen
706.
III. ^^
818
Sachverzeichnis.
Tsetse-Fliege s. a. Glossina 72, 117, 121, 695,
697 f.
— Anatomie 708.
— Arten 702 f.
— Ausrottung 715.
Krankheit s, Nagana.
— Fortpflanzung 701.
— Parasiten s. Trypanozoon brucei.
— Puppen 701.
— Schutz vor 657, 719.
— Unterschiede von Stomoxys 711.
Tuberkulose und Malaria 431, 462.
Tüpfelang der roten Blutkörperchen 295.
Tonis s. a. Nordafrika, Mittelmeerländer.
— Vorkommen von Hämogregarinen 206.
Typhoid, biliöses 669.
Typhomalaria 430.
Typhus und Malaria 430, 462.
— und Psittacosis 787.
u.
Uganda, Vorkommen von ßückfallfieber 672.
— Vorkommen von Schlafkrankheit und
Trypanosomenkrankheit 619.
— Vorkommen von Tryp. gambiense 114.
— ,, „ Trypanosomen bei Maul-
tieren 127.
ündulierende Membran 75, 82, 95, 155, 598.
T.
Vererbung von Protozoeninfektionen 110, 168,
198, 209, 211, 245.
fespertilio kuhni 685.
Viehseuchen, tropische und subtropische 689.
Vögel s. Hämoproteus, Leucozytozoon, Pro-
teosoma, Spirochäten.
— Blutparasilen der 69, 71.
w.
Wadenstecher s. Stomoxys.
Wasser, Übertragung von Kala Azar durch-
599, 601.
— Übertragung von Ruhr durch 12, 21. 59..
Westafrika s. a. Afrika und die einzelnen
Länder.
— Vorkommen von Schlafkrankheit u. Try-
panosomenkrankheit
618, 620.
— „ „ Tryp. gambiense 114.
Westindien s. a. Amerika, Antillen.
T.
Tünnan s. a. China.
— Vorkommen von Stechmücken 253.
z.
Zecken s. a. Argas, Ornithodorus, ßhiphi-
cephalus 724, 745, 746. 751, 753, 766.
— als Überträger von Babesia 71, 198, 682^
Rückfallfieber 672.
Karyolysus 209.
Lankesterella 207.
Spirochäten 185 f.
— „ ,, „ Tierseuchen 682.
— „ „ „ Trypanosomen 87.
— Anatomie 675.
— Einteilung 675.
— Vernichtung 749.-
Zeckenfieber 73.
Ziegen, Ohrmilbenkrankheit der 791.
Lippert & Co. (G. Pätz'sche Buchdruckerei), Naumburg a. S.
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