West Virginia University Libraries
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in 2011 with funding from
LYRASIS IVIembers and Sloan Foundation
http://www.archive.org/details/krankenpflegefurOOmend
Handbuch
der
in sechs Bänden.
Bearbeitet von
Prof. Dr. Angeeek, Münclien ; Prof. Dr. Babes, Bukarest ; Prof. Dr. BÄiz, Tokio : Prof. Dr.
J. BAtnsE, Münclien ; Prof. Dr. Bähmler, Freiburg i. B. ; Prof. Dr. Biedekt, Hagenau ;
Prof. Dr. BcfSWÄi^^GEE, Jena; Prof. Dr. BEfz, Bonn; Prof. Dr. H. Buch2<ee, München;
Prof. Dr. BtiEKiSTEE, Göttingen; Dozent Dr. Dahlgren, Upsala; Prof. Dr. Edixger,
Frankfurt a. M.; Oberarzt Dr. Eichhoff, Elberfeld; Prof. Dr. EMMurGHAUS, Frei-
burg i. Br. ; San.-Eat Dr. Eelentmeyee, Bendorf; Prof. Dr. Eveesbusch, Erlangen; Prof.
Dr. Feojimel, Erlangen; Prof. Dr. GAifGHOFi^E, Pra^ Prof. Dr. GAEET^^:E, Jena;
Prof. Dr. Gaeee, Rostock; Prof. Dr. Geasee, Erlangen; Dozent Dr. Gusipeecht, Jena;
Dr. H. GüTZMAJSTN, BerHn Prof. Dr. Hagenbach-Bueckhahdt, Basel; Dr. Aem. Ha2»"sen,
Bergen; Prof. Dr. v. Heineke, Erlangen; Prof. Dr. Hexschest, Upsala; Prof. Dr.
Heubnee, Berlin; Dr. v. Hoessles", Neu-Wittelsbacli bei München; Prof. Dr. HusEMAins',
Göttingen; Prof. Dr. v. Jüegexsex, Tübingen; Prof. Dr. Kaposi, Wien; Dr. Kahtuus,
Alexandrien; Dozent Dr. KAUEJiAJfif, Zürich; Prof. Dr. Kiesselbach, Erlangen; Dozent
Dr. Kopp, München ; Prof. Dr. Leichtensteen, Köln ; Prof. Dr. Lenhaetz, Hamburg; Prol
Dr. V. Leube, Würzburg; Prof. Dr. v. Liebeemeistee, Tübingen ; Prof. Dr. Litte>", Berlin;
Prof. Dr. Madelung, Strassbiu-g ; Prof. Dr. Maeagliano, G«nua ; Dozent Dr. Mexdel-
SOHK, Berlin ; Prof. Dr. v. Meeing, Halle ; Med.-Eat Dr. G. Merkel, Nürnberg ; Dr. P.
J. MöBltrs, Leipzig; Prof. Dr. Moeli, Berlin ; Prof. Dr. Pexzoldt, Erlangen ; Sanitätsrat
Dr. E. Pfeifpee, Wiesbaden ; Geh. Hofrat Dr. L. Pfelffee, Weimar; Prof. Dr. F. J. Pick,
Prag; Sanitätsrat Dr. Ramdohe, Leipzig; Prof. Dr. Riedel. Jena; Prof. Dr. J. Rosenbach,
Gattungen Prof. Dr. Rumpf, Hamburg ; Prof. Dr. Scheck. München ; Prof. Dr. Schede,
Bonn; Hofrat Dr. A. Schmid, Reichenhall; Prof. Dr. Schöxboex, Würzburg; Geh. Eeg.-
und Obermedizinalrat Dr. Schuchaedt, Gotha; Prof. Dr. 0. Seifeet, Würzburg; Prof.
Dr. Sonutenbueg, Berlin; Prof. Dr. Stzntzing, Jena; Prof. Dr. v. SteOmpell, Erlangen;
Prof. Dr. TuczEK, Marburg; Prof. Dr. O. Vieeoedt, Heidelberg; Dozent Dr. Paul
Wagnee, Leipzig ; Prof. Dr. v. Winckel, München ; Medizinalrat Dr. Wollnee, Fürth ;
Prof. Dr. Ziehen, Jena; Prof. Dr. v. Ziemssen, München,
herausgegeben von
Dr. F. Penzoldt und Dr. R. Stintzing,
Professor in Erlangen.
Professor in .Jena.
Erster Supplementband.
Drittes (Sehluss-)Heft:
Martin Mendelsohn, Krankenpflege für Jlediciner.
Mit 368 Holzschnitten im Text.
-¥'^H^-t-
J e n a,
Verlag von Gustav Fischer.
1899.
Krankenpflege für Mediciner.
Von
Dr. Martin Mendelsohn,
Privatdocent der inneren Medioin an der Universität Berlin.
Mit 368 Holzschnitten im Text.
— *-CI>9— <3<^®>-9C3-0-
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1899.
lOCKED CAGE
Uebersetzungsrecht vorbehalten.
Vorwort.
, die günstige Gelegenheit ist flüchtig; die Erfahrung
trügerisch ; das Urteil schwierig und unsicher. Und danim kann
es nimmermehr genügen , daß nur der Arzt zweckentsprechend,
daß nur er zeitgemäß handle : nein, gleichenmaßen muß das auch
der Kranke und muß das seine Umgebung ; und selbst dann noch
kann Ersprießliches nur zustande kommen, wenn die äußeren
Verhältnisse und Umstände des Kranken passend gestaltet werden."
Der erste Aphorismus des HiPPOKEATES.
Noch bis vor wenigen Jahren wäre in allen den Lehrbüchern,
Sammelwerken, Handbüchern der inneren Medizin, in den größten
und umfangreichsten wie in den kleinsten und kompendiösesten, auch
nur das bloße Wort „Krankenpflege" vergeblich gesucht worden,
geschweige daß von irgend einer Anweisung dazu oder gar von einer
wissenschaftlichen Begründung der Krankenpfiegemaßnahmen je die
Rede gewesen wäre. Die Krankenpflege war eben bis vor kurzem
keine Methode der wissenschaftlichen Medizin ; denn weder wurde sie
ihrer Bedeutung entsprechend gelehrt, noch war sie in der für Aerzte
bestimmten medizinischen Litteratur irgendwie vertreten oder auch
nur angedeutet ; so daß nur empirisch die im Leben stehenden Aerzte
aus der harten Notwendigkeit heraus, ein jeder für sich allein, sie sich
zu eigen machten und übten und pflegten. Während so die Kranken-
pflege durch Generationen hindurch und noch bis vor einigen wenigen
Jahren von der wissenschaftlichen Medizin als eine nebeusächliche,
einem untergeordneten Dienstpersonal allein und ausschließhch anheim-
fallende Bethätigung augesehen wurde, ist die Anerkennung der
Krankenpflege als eines integrierenden Teiles der medizinischen
Therapeutik nunmehr eine allgemeine. Hat doch sogar die letzt-
jährige „Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte" in all-
gemeiner Sitzung die Stellung der Krankenpflege in der wissen-
schaftlichen Therapie zum Gegenstande eines jener Vorträge gemacht,
die seit jeher stets und ausschließlich nur Themen aus dem an-
erkannten und unbestrittenen wissenschaftlichen Bereiche der Medizin
und der Naturwissenschaft behandeln ; hat doch in den letzten Jahren
eine eigene „Zeitschrift für Krankenpflege" in ausschließlich medi-
zinischem Kreise Beachtung und Verbreitung gefunden; und auch
VI Vorwort.
sonst ist allenthalben die neugewonnene Erkenntnis, daß die Krauken-
pflege nicht etwa nur einen humanitären Inhalt, sondern vielmehr
einen erheblichen und bedeutenden Heilwert in sich schließe, in
stetig zunehmender Ausbreitung begriffen. Die Handbücher der inneren
Medizin und insbesondere der Therapie mögen und können die Kranken-
pflege nicht mehr entbehren.
Ich übergebe hiermit die erste „Krankenpflege für Medi-
ziner", welche die wissenschaftliche medizinische Litteratur aufzu-
weisen hat, den Fachgenossen. Schon äußerlich zeigt das Buch, daß
ihm eine ungewöhuHch große Zahl von bildlichen Darstellungen bei-
gegeben sind. Nicht ohne Grund. Es kam mir darauf an, zu zeigen,
wie umfassend das ,,Instrumentarium der inneren Medizin"',
wie ich es nennen möchte, schon jetzt ist, besonders soweit es die
Krankenpflege betrifft; ein Instrumentarium, welches an Umfang wie
an Heilwert in nichts hinter demjenigen der Chirurgie zurückzustehen
braucht. Diesen bildlichen Darstellungen des Werkes liegen Originale
aus der Krankenpflegesammlung im Königl. Charite-
krankenhause zu Berlin zu Grunde; es konnte aus ihr natür-
lich nur ein relativ geringfügiger Teil aller der vielfachen in der
Krankenpflege zur Verfügung stehenden Objekte hier wiedergegeben
werden. Denn Herr Dr. Gustav Fischer in Jena hat ohnedies
schon in liberalster Weise der kostspieligen Reproduktion so vieler
Stücke zugestimmt, wofür ich ihm verbindlichsten Dank zu sagen
auch an dieser Stelle nicht verfeMen möchte.
Berlin, ün März 1899.
Martin Mendelsohii.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort V
Inhaltsverzeiclinis VII
Verzeichnis der Abbildungen VIII
Kapitel I. Die Krankenpflege 147 (1)
Kapitel IL Die Wirkung auf die Ernährung 158 (12)
Kapitel LEI. Die Wirkung durch Reinlichkeit (Asepsis der
inneren Medizin) 192 (46)
Kapitel IV. Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit . . . 222 (76)
Kapitel V. Die Wirkung auf den Schlaf 255 (109)
Kapitel VI. Die Wirkung auf die Körpertemperatur . . 289 (143)
Kapitel VII. Die Wirkung auf das Herz 302 (156)
Kapitel VIII. Die Wirkung auf die Stuhlentleerung ... 336 (190)
Kapitel IX. Die Wirkung auf die Harnentleerung . . 361 (215)
Kapitel X. Die Wirkung auf den Auswurf 373 (228)
Kapitel XI. Die Wirkung auf die Schweißabsonderung . 393 (247)
Kapitel XII. Die Wirkung auf die Körperoberfläche (Lokale
Wirkung) 404 (258)
Kapitel XIII. Die Wirkung auf die Geschlechtssphäre . . 409 (263)
Kapitel XIV. Die Wirkung auf die Blutstillung .... 414 (268)
Schluß 416 (270)
Register 418 (272)
Verzeichnis der Abbildungen.
Fig. 1. Eßgefäß 159 (13). Fig. 54,
Fig. 2. SpeisenscMssel 160 (14).
Fig. 3. Speisenthermometer 161 (15). Fig. 56.
Fig. 4. Speiseschalen (Menagen) mit
Warmwasserfiillung 162 (16). Fig. 57.
Fig. 5. Wärmehaltender Kasten 162 (16). Fig. 58-
Fig. 6—9. Speisenwärmer 163, 164 (17,
18). Fig. 61.
Fig. 10. MUchkochtopf 165 (19). Fig. 62.
Fig. 11, 12. Schnabeltassen 166 (20). Fig. 63.
Fig. 13, 14. Einnehmeschalen 166 (20). Fig. 64.
Fig. 15. Gläsernes Einnehmegefäß 166
(20). Fig. 65.
Fig. 16, 17. Gläserne Blaßgefäße 167 (21). Fig. 66.
Fig. 18. Verschlußpfropf 167 (21). Fig. 67.
Fig. 19. Tropfkork 167 (21). Fig. 68.
Fig. 20. Geteiltes Einnehmeglas 168 (22). Fig. 69.
Fig. 21. Kefir-Bereitungsgefäß 168 (22). Fig. 70.
Fig. 22. Eßbrettchen 168 (22). Fig. 71.
Fig. 23—26. Krankenbetttische 169, 170, Fig. 72.
171, 172 (23, 24, 25, 26). Fig. 73.
Fig. 27. Nackenluftkissen 173 (27). Fig. 74-
Fig. 28—30. Verstellbare Rückenlehnen Fig. 79,
173, 174 (27, 28).
Fig. 81. Eückenlehne 175 (29). Fig. 81.
Fig. 32. Gesäßstütze 176 (30). Fig. 82.
Fig. 33. Bettdecke 176 (30). Fig. 83.
Fig. 34, 35. Krankenbetten 177 (31). Fig. 84.
Fig. 36. Saugröhrchen 179 (33). Fig. 85.
Fig. 37. Trinkgefäß 180 (34). Fig. 86.
Fig. 38. Milchprüfer 181 (35). Fig. 87,
Fig. 39. Flaschenöffner 182 (36).
Fig. 40. Zahnfugenreiniger 184 (38). Fig. 89.
Fig. 41. Diätwaage 184 (38). Fig. 90,
Fig. 42. Speisenwaage 185 (39). Ilg. 92-
Fig. 43. Eisbecher 186 (4U). Fig. 96,
Fig. 44—46. Fleisehsaftpressen 187, 188 Fig. 98,
(41, 42).
Fig. 47. Fleischschneidegerät 190 (44). Fig. 100.
Fig. 48. Speisenzerkleinerungsgerät 190 Fig. 101.
(44). Fig. 102.
Fig. 49. Brodschneidegerät 191 (45). Fig. 103.
Fig. 50. Fruchtsaftpresse 191 (45). Fig. 104,
Fig. 51. Citronenpresse 192 (46).
Fig. 52, 53. Badewannen 194, 195 (48, Fig. 105,
49). Fig. 106,
55. Heizbare Badewannen 195,
196 (49, 50).
Kopfstütze für Badewannen 197
(51).
Kopfdouche 197 (51).
-60. Douchevorrichtungen 198,
199 (52, 53).
üebergießungsgerät 199 (53).
Armbadewanne 200 (54).
Eumpfbadewanne 200 (54).
Lager für Körperwaschungen
200 (54).
Handbürste 201 (55).
Fußzehen-Reiniger 201 (55).
Kopfbürste 202 (56).
Augenspülglas 202 (56).
Augendouche 203 (57).
Augentropfglas 203 (57).
Gummibläser 203 (57).
Doppelirrigator 204 (58).
Heizbarer Irrigator 204 (58).
-78. Irrigatoren 205, 206, 59, 60).
80. Schlauchansatz für Irri-
gatoren 207 (61).
Schlauchleitung 208 (62).
Krankenhemd 209 (63).
Bettspanner 211 (65).
Lakenspann Vorrichtung 212 (66).
Spülunterlage 213 (67).
Spülbecken 214 (68).
88. Formalin - Desinfektions-
lampen 216 (79).
Ventilator 217 (71).
91. Verschlußdeckel 218 (72).
-95. Räucherturbinen 219 (73).
97. Luftanfeuchter 220 (74).
99. Metallene Krankenbetten
226 (80).
. Spiralfeder-Polsterung227(81).
Metallener Bettboden 228 (82).
, Krankentisch 228 (82).
KeUkissen 229 (83).
Improvisierte Eückenlehne 230
(84).
, Gesäßstütze 231 (85).
. Gesäß- und Fußstütze 231 (85).
Verzeichnis der Abbildungen.
IX
51
Fig. ]07. Dreiteilige Matratze 232 (86).
Fig. 108. Nackenluftkissen 233 (87)
Fig. 109. Bettdecke 234 (88).
Fig. 110. Keifentrage 234 (88).
Fig. 111, 112. Schutzkapseln 235 (89).
Fig. 113, 114. Milchsauger 236 (90).
Fig. 115. Warzenhütchen 236 (90).
Fig. 116—119. Wasserkissen 237, 238
(91, 92).
Fig. 120, 121. Luftkissen 239 (93).
Fig. 122. Fersenluftkissen 240 (94).
Fig. 123, 124. Luftkissen 240, 241 (94,
95).
Fig. 125. Verstellbare Eückenlehne 243
(97).
Fig. 126. Mechanisches Bettgestell 244
(98).
Fig. 127-129. Verstellbare Rückenlehne
244, 245 (98, 99).
Fig. 180. Betthandhabe 246' (10()).
Fig. 131. Bettschnur 247 (101).
Fig. 132. Eückenlehne 247 (101).
Fig. 133—135. Krankenheber 248,
(102, 103).
Fig. 136. Bettspanner 249 (103).
Fig. 137, 138. Krankenheber 250,
(104, 105).
140. Kranken Waagen 252, 253
(106, 107).
Massierrollen 257 (111).
Massierkugeln 257 (111).
Massiergerät 257 (111).
Fernzünder 262 (116).
146. Kranken - Schreibtische
263, 264 (117, 118).
Kranken-Lesetisch 264 (118).
Krankenbett 265 (119).
Kranken-Lesetisch 265 (119).
Kranken-Lesepult 266 (120).
Schreibtafel für BHnde 266
(120).
Fig. 152—155. Krankenbetten 274, 275
(128, 129).
Fig. 156. Krankenheber 276 (130).
Fig. 157. Niveausteller 277 (131).
Fig. 158. Umschlagwärmer 277 (131).
Fig. 159. Thermophor 278 (132).
Fig. 160, löl. Wärmekompressen
279 (132, 133).
Fig. 162. Wärmeflasche 279 (133).
Fig. 163. AVärmedose 280 (134).
Fig. 164. Leibwärmer 280 (134).
Fig. 165. Wärraekissen 281 (135).
Fig. 166. Wärmetasche 281 (135).
Fig. 167. Wärmekasten 282 (136).
Fig. 168. Bettwärmegerät 282 (136).
Fig. 169. Nachtlampen 285 (139).
Fig. 170. Beleuchtungsvorrichtung für
Krankenzimmer 286 (140).
Fig. 171, 172. Eisbeutel 293 (147).
Fig. 173, 174. Eisspalter 293 (147).
Fig. 175. Eiszerkleinerimgsgerät
(148).
Flg. 176, 177. Eismaschinen 294,
(148, 149).
Fig. 178. Eisbehälter 295 (149).
Fig. 139,
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
141.
142.
143.
144.
145,
147.
148.
149.
150.
151.
278,
294
295
Fig.
Fiff.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Flg.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Flg.
179.
180.
181.
182,
184,
186.
187.
188-
192.
193.
194-
197-
201.
202.
203-
Fig. 207,
Fig.
Fig.
209.
210,
249 Fig. 212—214.
Fig. 215, 216,
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
217.
218.
219.
220,
222-
226.
227.
228,
230.
231,
Fig. 233—241.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
233-
242,
244-
248,
250.
251-
259,
261,
263-
266.
267.
268.
269-
Eisbecher 295 (149).
Eeifentrage 296 (150).
Eisbeutel-Träger 296 (150).
183. Kühlröhren 297, 298
(151, 152).
185. Kühlkappen 298 (152).
Kühlvorrichtung 299 (153).
Schlauch-Leitung 299 (153).
-191. Herzflasche 300 (154).
Herz-Eisbeutel 300 (154).
Kühlvorrichtimg 300 (154).
-196. Eisbeutel 301 (155).
-200. Herzflaschen 306 (160).
Herz-Eisbeutel 306 (160).
Bettfahrer 311 (165).
-206. Bettfahrer 212, 213 (166,
167).
208. Laufstühle 314, 315 (168,
169).
Krücken 315 (169).
211. Aufheben des Kranken
316 (170).
Handgriffe 317, 318 (171,
172).
Tragen des Kranken 319,
320 (173, 174).
Tragsitz 321 (175).
Tragtuoh 321 (175).
Tragkranz 322 (176).
221. Tragbahren 322, 323 (176,
177).
-225. Fahrstühle 323, 324, 325
(177, 178, 179).
Boden für Krankenwagen 326
(180).
Krankenwagen 326 (180).
229. Fußstütze 329, 330 (183,
184).
Eeifentrage 331 (185).
232. Verstellbare Eüclcenlehnen
334 (188).
Irrigatoren 337, 338 (191,
192).
Heizbare IiTigatoren 339
(1931.
Clysopompe 340, 341
(194, 195).
Mastdarmkissen 342 (196).
Massierkugel 344 (198).
258. Bettschüsseln (347, 348,
349 (201, 202, 203).
Unterstecher 349 (203).
Steckbecken 350 (204).
Bettschüsseln 351 (205).
Steckbecken 352 (206).
Bettschüssel 352 (206).
Dreiteilige Matratze 353 (207).
243.
-247.
249.
260,
262,
-265.
-272.
Kranken-
355, 356
Fig. 273-275.
Fig.
Fig.
358
276.
277,
Fig. 279.
Mechanische
betten 354,
(208, 209, 210).
Trockenbetten 357,
|211, 212).
Zimmerkiosett 359 (213).
278. Verschlußdeckel 359, 360
(213, 214).
Bettschüssel 360 (214).
Verzeichnis der Abbildungen.
Fie.
Fii.
Flg.
Fig.
Fig.
Fig.
Fiff.
Fig.
280-
283-
286-
290,
292-
296,
298.
299,
-282. Uringläser 365 (219). Fig. 338.
-285. Glasenten 366 (220). Fig. 339.
-289. Uringefäße 367 (221). Fig. 340.
291. Unterstecher 368 (222). Fig. 341.
-295. Urinale 368, 369, 370 Fig. 342.
(222, 223, 224). Fig. 343.
297. Eespiratoren 375 (229). Fig. 344.
Geradehalter 375 (229). Fig. 345.
300. Hydropathische Westen Fig. 346.
376 (230). Fig. 347-
Fie. 301. IrLhalationsvorrichtung 377
(231). Fig. 352.
Fig. 302. Eäucherturbine 378 (232). Fig. 353.
Fig. 303. Eäucherscliale 378 (232). Fig. 354,
Fig. 304. Käuclierlampe 378 (232).
Fig. 305. Eäuchergefäß 378 (232). Fig. 356.
Fig. 306, 307. Luftanfeuchter 379 (233). Fig. 357.
Fig. 308, 309. InhalationsvorricMungen Fig. 358.
380, 381 (234, 235). Fig. 359,
Fig. 310—315. Inhalationsapparate 382,
383, 384 (236, 237, 238). Fig. 361.
Fig. 316—319. Inhalationsflasclien 385 Fig. 362.
(239). Fig. 363.
Fig. 320. Nasenspüler 386 (240).
Fig. 321. Inhalationsapparat 386 (240). Fig. 364.
Flg. 322-324. Zerstäuber 387 (241). Fig. 365.
Fig. 325. jMineralwasserwärmer 388 (242). Fig. 366.
Fig. 326—329. Spucknäpfe 389, 390 (243, Fig. 367.
244). Fig. 368.
Fig. 330—337. Speigefäße 390, 391 (244,
245).
Speiflasche 392 (246).
Speigefäß 392 (246).
Leibwärmer 394 (248).
Wärmetasche 394 (248).
Wärmeflasche 395 (249).
AVärmedose 395 (249).
Wärmekasten 396 (250).
Wärmekissen 396 (250).
Schwitzbett 396 (250).
-351. SchwitzvorricMungen 397
398, 399 (251, 252, 253)
Schnabeltassen 399 (253).
Getränkewärmer 400 (254).
355. Schwitzvorrichtungen 400,
401 (254, 255).
Sandbadewanne 403 (257).
Heißluftkasten 405 (259).
UmscMagwärmer 406 (260).
360. Wärmekompressen 406,
407 (260, 261).
Thermophor 407 (261).
Wärmeröhren 408 (262).
Lakenspannvorrichtung 411
(265).
Bettdecke 412 (266).
Eeifentrage 413 (267).
Luftkissen 414 (268).
Fußstütze 415 (269).
Verstellbarer KeUrähmen 415
(269).
KAPITEL I.
Die Krankenpflege.
Vorbemerkung.
Wer über „Krankenpflege" in zusammenhängender Darstellung zu
schreiben unternimmt, muß zuvor klar präcisiereu, über welche der
drei verschiedenartigen, wenn auch ihrem inneren Wesen nach mit-
einander verwandten Disciplinen gehandelt werden soll, welche die
deutsche Sprache in dem Sammelwort „Krankenpflege", sehr zu unpaß,
miteinander verschmolzen und zusammengefaßt hat. In der That sind
es drei differente Disciplinen: die Krankenversorgung, die Kranken-
wartung und die Hypurgie, deren jede gemeinhin als Krankenpflege
bezeichnet wird ; und diese sprachliche Ungenauigkeit schafft mancherlei
Ungewißheit und Unklarheit. Denn die Kranken Versorgung ist
eine öffentliche Angelegenheit, eine soziale Maßnahme der Gesellschaft ;
ihre Hauptvertreter sind ihrem Berufe nach Verwaltungsbeamte, Archi-
tekten, Militärs, geistliche Personen, humanitäre Genossenschaften etc.,
und nur zum kleinsten Teile Aerzte; die Kranken Wartung ist eine
Dienstleistung, eine ohne nähere Kenntnis der Indikationen und der
Folgewirkungen vorgenommene technische Ausübung eines eigenen
Hilfspersonals; ihre Vertreter bilden den besonderen Berufszweig der
Krankenwärter und Krankenwärterinnen; und nur die Hypurgie ist
eine therapeutische Methode, eine wissenschaftlich -therapeutische Dis-
ciplin, wie die Pharmakologie, die Hydrotherapie und alle die anderen
therapeutischen Heilmethoden ; sie ist eine Methode lediglich des
wissenschaftUchen und ausübenden Mediziners. Und es versteht sich,
daß in einer für Aerzte bestimmten Darstellung nur von dieser, von
der Hypurgie, hier die Rede sein wird.
Die Krankenver sorgung umfaßt alle die Institutionen und
Vorsorgen, welche es ermöglichen, daß ein jeder Kranke, auch in der
bedrängtesten Situation und gegenüber einem noch so gehäuften Be-
dürfnisse, ein zureichendes Unterkommen, eine möghchst ausreichende
Behandlung und Verpflegung finde. Eine solche Krankenfürsorge um-
faßt in materiellem Betracht die Summe aller Krankenhäuser und der
ihnen ähnlichen und gleichwertigen Institutionen , insbesondere der
Baracken und der vielfachen anderweitigen für die Improvisation und
das unmittelbare Bedürfnis bestimmten Einriclitungen zur Unter-
bringung von Kranken; in persönlicher Hinsicht gehören zu ihr die
Organisationen geistlicher und weltlicher Krankenpflege, die Ver-
einigungen und Verbände zur Hilfeleistung an Kranken und Verwun-
deten, das gesamte Samariterwesen und die Kriegskrankenpflege und
was sonst von derartigen Einrichtungen ins Leben gerufen und weiter
gebildet ist. Eine solche Krankenpflege hat demnach ihren Schwer-
punkt und ihre ganze Bedeutung in der Vorsorge; sie will entweder,
wie das die Krankenhäuser thun, dem einzelnen Kranken, der in
Handbuch der spec. Therapie inn. Krankh. Suppl. 1. Heft 3. 11
Mendelsohn, Krankenpflege. I 1
148 M. MENDELSOHN,
seinen unzulänglichen sozialen Verhältnissen, in -seinem oft kaum für
den Aufenthalt in gesunden Tagen ausreichenden Wohnräume eine
Krankheit keinesfalls unter zureichenden Bedingungen durchmachen
kann, eine Möglichkeit gewähren, während seines Darniederliegeus einen
angemessenen und zweckentsprechenden Aufenthaltsort zu finden ; eine
Krankenfttrsorge, welche an sich schon für die unteren sozialen Klassen
durch die Verhütung und Vermeidung von Not und Sorge während
der erwerbslosen Epoche, durch die Herbeiführung eines seelischen
Euhezustandes zu einem thatsächlichen Heilfaktor wird, und die hier
um so wirksamer sein muß, als sie schon äußerlich diese Kranken
in Eruähruugs- und Aufenthaltsverhältnisse bringt, welche oft außer-
ordentlich hoch über die ihnen gewohnten Lebensbedingungen hinaus-
ragen. Oder aber sie erfüllt die Aufgabe, in Zeiten gehäuften Be-
dürfnisses, bei Epidemien sowohl wie in Kriegszeiten, trotz der außer-
ordentlichen Ansprüche, welche au die Krankenpflege herantreten, allen
Hilfsbedürftigen eine ausreichende Unterkunft und zureichende Be-
handlung und Pflege zu bereiten, eine Krankenfürsorge, welche, gleicher-
maßen wie die Arraenverpflegung, aus der sozialen Notwendigkeit her-
vorgegangen und entstanden ist. Die Krankenversorgung ist daher
ein soziales Werk der Gesellschaft ; und wenn auch vielfach die sach-
verständige Mitwü'kung der Aerzte bei ihrer thatsächlichen Aus-
führung sich notwendig erweist, so fällt sie dennoch nicht in deren
eigentliche Berufsausübung, sondern in diejenige der Verwaltungs-
beamten, der Organisationen, der Magistrate.
Und ebenso bildet die Krankenwartung den Berufsinhalt einer
anderen Berufsklasse als der Aerzte. Auch während des Ablaufes
einer Krankheit macht der Lebensprozeß und machen die Lebens-
gewohnheiten eine Reihe von täglichen ^Verrichtungen in steter und
regelmäßiger Wiederkehr immer und immer aufs neue notwendig,
welche in den Tagen der Gesundheit und der vollen Leistungsfähigkeit
ein Jeder selbständig und zum Teil fast unbewußt und automatisch
vorzunehmen pflegt, die in der Krankheit jedoch aus dem doppelten
Anlaß: einmal der herabgesetzten Körperkraft und Leistungsfähigkeit,
sodann aber der gezwungenen und ungewohnten Körperhaltung in der
Bettlage, ohne die Beihilfe unterstützender Personen gar nicht oder
doch nur unzureichend und unter Anstrengungen ausgeführt werden
können. Für diese Besorgungen, für diese einfachsten und natür-
lichen Vornahmen der Säuberung und des Ankleidens, der Einnahme
der Nahrung und der Ausgabe ihrer Residuen und der vielfachen
ähnlichen Verrichtungen mehr bedarf es hier der unterstützenden Mit-
wii-kung Dritter ; und es werden darum zu diesem Behufe Wärter und
Krankenpflegerinnen eigens ausgebildet, deren wesenthchste Aufgabe
es ist, alle diese Unterstützungen und Handreichungen an dem
leistungsunfähigen Kranken in gerade derselben Weise vorzunehmen
und auszuüben, wie das von selten der Kinderwärterin an dem ebenso
hilflosen Kinde zu geschehen pflegt; nicht ohne zureichenden Grund
spricht man darum , wie hier von Krankenpflegerinnen , so dort
gleichermaßen von Kinderpflegerinnen. Eine solche Krankenpflege ist
aber, soweit die rein technische Ausübung durch das Pflegepersonal
in Betracht kommt, nichts anderes als eine Dienstleistung, eine Aus-
führung gewöhnlicher täglicher Verrichtungen oder durch den Arzt
angeordneter besonderer Maßnahmen; und auch sie gehört, so großen
Wert diese Krankenwartung besitzt und so ungünstige Rückwirkung
Die Krankenpflege. 149
ihre Unterlassung und ihre unsachgemäße und unvollständige Aus-
führung auch zeitigt, nicht zur direkten ärztlichen Berufsausübung,
sondern vielmehr zu derjenigen der Krankenpfleger und Kranken-
wärterinnen.
Wohl aber sind in jeder einzigen der vielfachen Maßnahmen und
Anwendungen der Krankenpflege eine sehr große Summe von Reizen
und Einwirkungen auf den kranken Organismus enthalten , welche
•durch die von ihnen ausgelösten Reaktionen sehr wesentlichen Ein-
.fluß auf den Ablauf des Krankheitsprozesses nehmen. Diese Er-
:kenntnis, welche zuerst betont und begründet zu haben, ich für mich
in Anspruch nehmen kann, die Erkenntnis, daß die Kranken-
pflege nicht nur dem Kranken s ubj ektiv Erleichterung
und Tröstung bringt, daß sie nicht nur objektiv den
Heilungs pr 0 zeß im allgemeinen günstig beeinflußt,
sondern daß sie in genau erkennbarem und exakt
nachweisbarem Zusammenhange physiologische Ein-
wirkungen auf denkrankenOrgani'smus auszuüben ver-
mag, welche in bewußter Anwendung zu Heilfaktoren
werden, macht aus den Handgriffen und Vornahmen
der Krankenpflege ausgesprochene und that sächliche
Heilmittel der Krankenpflege; und sie erhebt die
humanitäre, praktisch-empirische Disciplin zu einer
wissenschaftlichen therapeutischen Methode des Arztes.
Dazu genügt aber keineswegs , daß nur die Mittel der Kranken-
pflege an sich, daß ihre Anwendung und ihr Gebrauch allein gekannt
wird, sondern die Art ihrer Einwirkung auf den kranken Organismus,
die Reaktionen , welche sie hervorrufen , müssen ebenso in exakter
Weise beherrscht werden, wie das für eine wissenschaftliche Anwen-
dung der übrigen Heildisciplinen in der Therapie die notwendige Vor-
aussetzung ist. Die bloße Kenntnis der Zubereitung und Verabfolgung
von Arzneien genügt nur dazu, ein guter Apotheker zu sein ; und die
bloße Kenntnis der Handhabung der Krankenpflegemittel allein macht
den, der sich damit beschäftigt, selbst wenn er ein Arzt wäre, nur zu
einem guten Krankenwärter, zu nichts weiter. Für den wissenschaft-
lichen Therapeuten dagegen ist es unerläßlich, hier, wie überall, Ur-
sache und Wirkung auf das genaueste zu beherrschen und zu ver-
wenden ; denn nur das unterscheidet ihn ja von Routinier und Pfuscher,
daß er a priori weiß, von welchen Reaktionen im kranken Organismus
eine jede seiner therapeutischen Vornahmen, und wäre sie die an-
scheinend geringste, gefolgt ist. Und so habe ich, um diesen Zu-
sammenhang für die wissenschaftliche Krankenpflege auch äußerlich
schon zum Ausdruck zu bringen, den Namen Hypurgie zu ihrer
Kennzeichnung vorgeschlagen ; und die nachfolgenden Blätter werden,
unbeschadet der notwendigen Darlegungen über Gebrauch und Verwen-
dung der Heilmittel der Krankenpflege, da sie an Aerzte sich wenden,
vornehmlich die Einwirkungen dieser Heilmittel auf den Organismus,
die Hypurgie, umfassen.
Die Heilwirkung der Krankenpflege.
Eine jede Heileinwirkung der inneren Medizin besteht ihrem Wesen
nach ausnahmslos in der Einwirkung von Reizen, sei es auf den
.ganzen Organismus, oder auf einzelne seiner Organe, oder auf einzelne
11*
3 1*
150 M. MENDELSOHN,
Zellen; iiud der hierdurch entstehende Effekt besteht eben in der
Reaktion auf diesen Reiz. Die Größe dieser Reaktion ist, wie ohne-
weiteres einleuchtet, demnach gleichzeitig von zwei Faktoren ab-
hängig: sowohl von der Größe des Reizes, als ganz insbesondere von
der Irritabilität des gereizten Objektes, von dessen mehr oder minder-
vorhandenem Vermögen, auf Reize zu reagieren. Und so ist es ver-
ständlich , daß unter Umständen und richtig angewandt
sehr kleine Reize schon sehr wesentliche Ausschläge-
und Reaktionen, sehr wichtige Heilein Wirkungen aus-
zuüben vermögen.
Die einzelnen Reize, deren sich die Therapie solchermaßen be-
dient, werden in derselben anthropozentrischen Weise als optische,,
thermische, mechanische, chemische etc. Reize unterschieden, wie das
die Naturwissenschaft überhaupt für die verschiedenen Formen, unter
denen die in der Natur waltenden Kräfte für den Menschen in die
Erscheinung treten, zu thun gewohnt ist. Und diese Reize werden
von den einzelneu Methoden der Therapie aus eigenen, verschieden-
artigen Vehikeln auf den menschlichen Körper übertragen. So über-
mittelt die Pharmakologie mit ihren Arzneikörpern vornehmlich die
chemische Bewegung; die Massage mit ihren Geräten die mechanische;:
die Hydrotherapie mit ihren Wasserapplikationen in erster Linie die-
thermische Bewegung ; und ebenso üben alle die anderen anerkannten
und gebräuchlichen Heilmethoden mit ihren einzelnen Heilmitteln,,
natürlich vielfach auch in kombinierter Weise, immer die gleiche Ein-
wirkung aus: die Uebertragung gewisser chemischer und physikalischer
Kräfte, die Uebermittlung von Reizen auf den kranken Organismus.
W^ie verschieden auch die einzelnen Methoden sein mögen, das wesent-
liche an ihnen ist immer nur diese Reizeinwirkung, nicht die äußere
Einkleidung, von der sie ausgeht; und wer darum einer einzelnen
Heilmethode besondere Wirkungen zuschreibt, übersieht über der zu-
fälligen Form der Anwendung den wesentlichen Inhalt seines Handelns.
Alle die gebräuchlichen Heilmethoden aber haben, mit ganz ge-
ringfügigen Ausnahmen, der Krankenpflege gegenüber die Besonderheit,,
daß sie ihre Einwirkungen immer nur dem kranken Organismus direkt,,
nur in unmittelbarem Kontakt mit ihm applizieren, die Objekte, welche
außerhalb des Organismus, wenn auch in seiner Umgebung, sich be-
finden, dagegen außer acht lassen. Von diesen gehen aber nicht
mindere Reize auf den gewissermaßen in ihrem Brennpunkte befind-
lichen kranken Organismus aus ; und diese Reize, welche nur mittelbar,,
darum aber ebenso wesentlich wie die anderen, auf den Kranken Ein-
fluß nehmen, zu handhaben und zu regeln, ist ausschließliches Gebiet
der wissenschaftlichen Krankenpflege, der Hypurgie, die daneben aller-
dings in nicht geringer Zahl auch über Reize aus direkter Applikation
her verfügt. Ich habe darum die Reizeinwirkungen der internen
Therapie unterschieden in esoterische Therapie, welche ihre Heil-
mittel am kranken Organismus selbst von innen oder von außen her
zur Anwendung bringt, und in ex ot er i sehe Therapie, welche ihre
Reizeinwirkungen aus der Umgebung des Kranken her ihm zuführt.
Die Heilmittel der Krankenpflege finden in wesentlich verscMedenen Bereichen
Anwendung am Kranken. Gerade so, wie man in der Anwendungsart der phar-
makodynamischen Heilmittel einen prinzipiellen Unterschied macht, je nachdem dies©
Heilmittel innerlich oder äußerhch zur Verwendung kommen, je nachdem sie also
in das Innere des Organismus eingeführt oder nur der Körperoberfläche äußerlich
Die Krankenpflege. 151
appliziert werden, lassen sich aucli in der Anwendungsart der Krankenpflege-Heil-
mittel ähnliclie topographisch-dynamisclie Unterschiede erkennen.
Die erste dieser „Zonen", wie ich sie nennen möchte, diejenige nächste Um-
gebung des kranken Organismus, welche immer und überall da ist und deren Be-
sorgung in der Krankenpflege die erste und unerläßlichste Aufgabe bildet, ist die
Körperoberfläche selber: die Anwendungsart einer erheblichen Zahl von Heil-
mitteln der Krankenpflege geschieht in unmittelbarer Einwirkung auf die Körper-
■oberfläche selbst, eine Einwirkung, welche ausschließhch die Heilmittel esoterischer
Wirkungsart umfaßt. Wenn aber für den gesunden wie für den kranken Menschen
<lie eigene Körperoberfläche, sowie alles, was sonst unmittelbar an und auf ihr
vor sich geht, das nächste und oft das einzige wesentliche Miheu bildet, so kommt
für den kranken Menschen als eine weitere Zone der Krankenpflegeeinflüssen
zugänglichen Umgebung das Krankenbett hinzu. Wie man denkranken Menschen
nur darum in das Krankenbett legt, um ihm eine besondere, beeinflußbare Um-
gebung zu schaffen, so finden eine erhebliche Anzahl von Krankenpflegemitteln
nunmehr in dieser weiteren Zone ihre Anwendung. In der naturgemäßen Fortführung
■dieser Betrachtungsweise muß sodann eine eigenartige, weitere Anwendungsart von
Krankenpflegeheilmitteln in der Umgebung dritter Ordnung für den Kranken vor
sich gehen: im Krankenzimmer, innerhalb des gesamten begrenzten und abge-
schlossenen Luftraumes, in welchem der Kranke während des Ablaufs seiner Krank-
heit den Aufenthalt hat und dessen mehr oder minder zweckmäßige und mannig-
fach regulierbare Eigenschaften auf den in ihm befindlichen Kranken wesentliche
und wichtige Einwirkungen ausüben. Und schließlich lassen sich die Grenzen der
Umgebung noch weiter ziehen , wenn diese auch selbstverständlich mit der zu-
nehmenden Entfernung vom Mittelpunkte, den der Kranke darstellt, entsprechend
an Intensität der Einwirkung einbülBt; so lassen sich als vierte Zone im Milieu des
Kranken das Krankenhaus, die Kuranstalt oder das Wohnhaus, das ganze Gebäude
also, in dem der Kranke sich befindet, und als fünfte der Aufenthaltsort, der
Kurort auffassen, die gesamte weiteste Umgebung mit allen ihren klimatischen Ein-
flüssen ; Zonen, in denen ebenfalls Heilmittel der Krankenpflege ihre Einwirkung haben.
Es ließen sich daher hinsichtlich ihrer topographischen Anwendung die Heil-
mittel der Krankenpflege in die fünf Gruppen einteilen, welche aus diesen konzen-
trischen Kreisen, aus diesen einzelnen Zonen der Umgebung des Kranken sich er-
geben, in denen die Verwendung der betreffenden Krankenpflegeheilmittel vor sich
geht: die Anwendungsart in und an der Körperoberoberfläche, die Anwendung im
Krankenbette, die Anwendung im Krankenzimmer, welche die drei ersten und wich-
tigsten Gruppen darstellen ; und ümen schließen sich die Anwendung in der Kur-
anstalt und im Kurort an, welche die vierte und fünfte dieser Gruppen bilden.
Die erste und zu ihrem größten Teile die zweite Gruppe umfassen die Heilmittel
esoterischer, die übrigen Gruppen diejenigen exoterischer Therapie.
Sind so die Anwendungen und Mittel der Krankenpflege that-
sächliche Heilmittel, deren Einwirkung auf den kranken Körper der
Arzt in demselben wissenscliaftliclien Zusammenhange kennen muß,
wie diejenigen der andersartigen Heilmittel, so hat die Thatsache, daß
die Erkenntnis dieser ihrer Wirksamkeit ganz neuerdings erst ge-
wonnen worden, wohl darin ihren Grund, daß sehr viele dieser Ein-
wirkungen quantitativ anscheinend geringfügige sind und darum der
Würdigung sich leicht entziehen konnten. Nun ist aber einmal die
Größe der Reaktion eben ganz und gar nicht allein nur von der
Größe des sie hervorrufenden Reizes abhängig; vor allem aber stellen
die Heilmittel der Krankenpflege durch ihre stete und
ununterbrochen andauernde Einwirkung gewisser-
maßen die Applikation von Mitteln in kleinen Dosen,
dafür aber in immer wieder sich erneuernder Darreichung dar. So
bilden sich zum Teil Heilmittel, deren H e i 1 e i n w i r k u n g durch
die Summatiou vielfacher kleiner Dosen zustande
152 M. MENDELSOHN,
kommt; und bis zu welchem schwerwiegenden Maße sie das vermögen^
soll eben die nachstehende Darstellung darthun.
Die Heilmittel der Krankenpflege.
Die Heilmittel, über welche die Krankenpflege verfügt, werden
im Nachstehenden eine Darlegung und Beschreibung finden. Sollte
bei der Erörterung einer Heilmethode systematisch zu Werke gegangen
werden, so müßten zuerst die Heilmittel, mit welchen sie operiert, an
sich geschildert und beschrieben werden, wie das beispielsweise die
Pharmakopoe für die arzneilichen Heilmittel thut; alsdann müßten die
Formen der Anwendung, die Verabreichung und der Gebrauch dieser
Mittel eine Darstellung erfahren, so wie die Wissenschaft der Arznei-
bereitungs- und Arzneiverordnungslehre den Gebrauch der Arznei-
mittel kennen lehrt; und zu dritt, als Hauptteil für den wissenschaft-
lichen Arzt, hätte die Wirkungsweise dieser Mittel eine Erörterung
zu finden, durch welche der Gegenstand erst der wissenschaftlichen
Therapie eingeordnet wird, — um in dem Beispiele zu bleiben, müßte
ebenso, wie die Pharmakodynamik die Wirkung der arzneilichen Heil-
mittel erforscht und lehrt, eine Dynamik der betreft'enden Disciplin,
hier also eine Hypurgodynamik, sich anreihen. Erst damit ist eine
Methode reif, von der medizinischen Klinik für die Ziele der Therapie
mit verwendet zu werden ; denn das Wesen der Klinik besteht darin,,
für jeden Krankheitszustand die wünschenswerten physiologischen Ver-
änderungen, welche ihn zum Besseren zu führen vermögen, zu er-
kennen und herbeizuführen ; und sie entnimmt zu diesem Zwecke aus
allen den einzelnen sogenannten Heilmethoden — deren jede ja nur
verschiedene Vehikel benutzt für die im großen Ganzen in ihnen
allen in gleicher Weise enthaltenen und wirksamen Keize — jedesmal
alle diejenigen Anwendungen und Mittel, deren von ihnen ausgehende
Reize eben die anzustrebende physiologische Reaktion erwiesenermaßen
im Gefolge haben.
In der nachfolgenden Darstellung wird von einer solchen dreifach
geteilten Erörterung, um Wiederholungen zu vermeiden. Abstand ge-
nommen. Da in einer Krankenpflege für Mediziner, in einer Hypurgie,.
die physiologischen Effekte der Krankenpflegeheilmittel im Vordergrunde
stehen müssen, so ist die allgemeine Einteilung des Stoffes nach dieser
ihrer Wirkung geschehen ; die einzelnen Mittel, deren sich die Kranken-
pflege für ihr Wirken bedient, sind dieser Erörterung eingefügt. Natür-
lich haben auch von ihnen viele eine mehrfache Wirkung, ebenso wie
unter den arzneilichen Heilmitteln die Ipecacuauha sowohl unter die
,Emetica' wie unter die ,Epectorantia' gehört ; die Einreihung ist daher
immer nach der hauptsächlichsten, der vorwiegendsten Wirkung erfolgt.
Es erübrigt daher nur, in aller Kürze diejenigen Gruppen zu
kennzeichnen, in welche ich die Heilmittel der Krankenpflege selbst,
ihrer Natur und Beschaffenheit nach, gebracht habe, um die für eine
Uebersicht über sie als Heilmittel notwendige Einteilung und
Gruppierung zu gewinnen.
Alle Mittel der Krankenpflege lassen sich zunächst in die zwei
großen Gruppen sondern: in die materiellen Heilmittel und in
die immateriellen Heilmittel. Hiervon umfassen die ersten,
die materiellen Heilmittel, alle gegenständlichen Apparate, alle Geräte
und greifbaren körperüchen Gegenstände, welche in immer steigender
Die Krankenpflege. 153
Zahl und immer fortschreitender Vollkommenheit für die Zwecke der
Krankenpflege zur Herstellung und Verwendung gelangen und welche
in ihrer Gesamtheit die technische Grundlage der Krankenpflegeaus-
übung, soweit diese eben materieller Hilfsmittel sich bedient, dar-
stellen. Zu der zweiten, immateriellen Gruppe der Heilmittel der
Krankenpflege dagegen gehört die Summe der vielfachen Einwirkungen
auf den Kranken, der zahlreichen Manipulationen mit ihm, welche ohne
besondere materielle Geräte ins Werk gesetzt werden.
Die materiellen Heilmittel der Krankenpflege müßten,
wollte man sie systematisch beschreiben, nur ihrer äußeren Beschafl'en-
heit nach, zunächst noch ohne Rücksicht auf ihre Verwendung, eine
Darstellung erfahren; das Einteilungsprinzip könnte eine beliebige
äußere Grundlage haben, wie eine solche beispielsweise das Her-
stellungsmaterial abgeben könnte, und es ließen sich demnach diese
materiellen Heilmittel in Geräte aus Glas, aus Metall, aus Gummi und
aus andersartigen Materialien unterscheiden, ähnlich wie die Heilmittel
der Pharmakologie entweder pflanzlicher oder mineralischer oder anders-
artiger Herkunft sind. Ich habe dieses Prinzip an einem anderen
Orte durchgeführt *).
Die Materialien, aus denen die Hilfsmittel der Krankenpflege hergestellt
werden, sind im wesentlichen die drei prinzipiell verschiedenen : Glas, Metall und
Gummi; alle anderen gleichfalls zur Verwendung kommenden Stoffe sind diesen
drei Hauptmaterialien verwandt, so das Porzellan, welches an Stelle des Glases zur
Anwendung kommen kann, oder Flanelle und andere Stoffarten, welche den Gummi
ersetzen. Doch sind das Glas, das Metall und der Gummi im wesentlichen che Materialien
der speciellen, eigens für den Zweck der Krankenpflege hergestellten Geräte, während
naturgemäß die große Zahl derjenigen Dinge, welche außerdem in der Krankenpflege
besondere Beschaffenheit erfordern, dabei jedoch in ähnlicher Weise auch im ge-
wöhnlichen Leben und im Zustande der Gesundheit zur Verwendung kommen, aus
den gleichen oder ähnlichen Materialien, wie diese normalen Gebrauchsgegenstände
sich zusammensetzen, also, um ein Beispiel anzuführen, in erster Linie die Kranken-
nnd Bettwäsche.
Die einzelnen, eigens für den Zweck der Krankenpflege konstruierten und her-
gestellten Geräte aus diesen Materialien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer äußeren
Form nach zwei Richtungen hin; entweder ist das AVesentliche an ihrer Gestalt
eine Fläche, und zwar eine solche, welche mit einem größeren oder geringeren Teil
der Körperoberfläche übereinstimmt und ihr angepaßt ist, oder aber sie bilden Hohl-
räume, sie sind Behältnisse irgendwelcher Art und verschiedenen Umfanges und
Inhaltes, in denen der gänzlich oder teilweise abgeschlossene Innenraum den Haupt-
teil des Gerätes darstellt. Natürüch trifft der eine oder der andere dieser beiden
Typen nicht ausnahmslos für alle in der Krankenpflege znr Verwendung kommenden
Geräte zu; doch ist er für die hauptsächlichsten vorhanden, und auch die Kranken-
pflege-Utensilien im weiteren Sinne des Wortes haben zum großen Teile Form und
Gestalt der Behältnisse, der zweiten Gruppe.
Die Gummigeräte nehmen einen breiten Raum unter den Krankenpflege-
apparaten ein. Zwar ist der Gummi weit entfernt davon, ein tadelloses Material dar-
zubieten ; er hat jedoch eine Eigenschaft, welche gerade für die Zwecke der Kranken-
pflege ihn vor der Hand unersetzlich erscheinen läßt : er stellt ein Material dar, das
gleichzeitig äußerst weich und jeder Körperform und allen anderen Oberflächen gänz-
üch anschmiegbar ist, und dabei für Flüssigkeiten undurchlässig ist, selbst wenn es
nur in relativ dünnen Schichten zur Verwendung kommt. Da die Technik zur Zeit
über kein anderes Material verfügt, welches in gleichem Maße die beiden Eigen-
schaften besitzt, die einander a priori ja ausschließen : Dünnheit und völligste
*) Martin Mendelsohn , Die Krankenpflege (Hypurgie). Wien und
Leipzig 1897.
154 M. MENDELSOHN,
Weichheit des Materials bei gänzlicher Undurchlässigkeit für AV asser, so muß für
alle diejenigen Geräte der Krankenpflege, welche mit der Körperoberfläche in Be-
rührung kommen und gleichzeitig \'on ihr oder von einer anderen Unterlage Flüssig-
keiten dauernd abhalten sollen, das Material aus Gummi bestehen. Trotzdem ist es
aber keineswegs ein ideales Material, denn es hat den sehr großen Nachteil, daß es
je nach der Art und der Güte der Herstellung außerordentlich verschiedene Geräte
liefert; und wenn man auch bei allen Dingen der Technik und der Industrie, wie
es sich von selbst versteht, auf das Geschick und die Gewissenhaftigkeit des Her-
stellers angewiesen ist und die Qualität der Erzeugnisse selbstverständlich hiervon
abhängig ist und immer und überall in einer gewissen Breite hin und her schwankt,
so kenne ich keinerlei medizinische Geräte, die derart verschiedenartig, von den vor-
trefflichsten und geradezu vollendeten Produkten bis zu gänzlich unbrauchbaren Gegen-
ständen hergestellt werden, wie die Gummi-Utensilien der Krankenpflege. Ein wirklich
gutes Gummigerät hält sich sehr lange Zeit in unveränderter Beschaffenheit weich und
schmiegsam, ohne daß es möglich wäre, ihm eine besondere Behandlung angedeihen
zu lassen; andere werden in der allerkürzesten Frist hart, manche sehr bald, so daß
sie völlig zu starren Körpern werden, die jeden, auch den geringsten Eindruck ver-
weigern. Und da solch schlechtes Material, wie bekannt, mit zunehmender Härte
auch entsprechend brüchig wird, so gehen damit gerade die beiden wesentlichen
Eigenschaften des Gummis, die Anschmiegbarkeit an die gegebene Oberfläche und
die Zurückhaltung von Flüssigkeit, verloren. Es gilt daher nirgends so sehi- wie
bei der Beschaffung und der Empfehlung von Giimmigeräten für die Krankenpflege
der Grundsatz, daß der teuerste Gegenstand der billigste ist ; wohlfeüe und dem-
entsprechend minderwertige Gummigeräte büßen in der kürzesten Zeit ihre Ver-
wendungsfähigkeit gänzlich ein und sind von vornherein imzweckmäßige und nicht
selten sogar schädliche Mittel. Braucht man aber wirklich gut hergestellte Gummi-
sachen, außer daß man sie rein hält und möglichst ungefaltet aufbewahrt, nicht
eigens zu behandeln und zu konservieren, so ist es für weniger vollendete Er-
zeugnisse nötig, sie besonders vor stäi'kerer Kälteeinwirkung zu schützen; schlechte
Gummigeräte werden gerade in ungeheizten Eäumen sehr schnell hart und brüchig,
und wenn sie auch beim Wiedereinbringen in wärmere Temperatur wieder weicher
werden, so geschieht das doch nie mehr bis zum ursprüngUchen Grade derElasticilät;
nach langem Verweilen in der Kälte, z. B. nach einer Ueberwinterung in unge-
heiztem Kaume oder nach häufigem Wechsel derart, bleiben sie dauernd unbrauchbar.
In etwas lassen sich diese Nachteile mindern dadurch, daß man Gummi-UtensiUen
von Zeit zu Zeit mit Glycerin bestreicht, wodurch sie ihre Geschmeidigkeit be-
wahren. Das Wesentliche aber und das allerbeste Mittel für eine Konservierung von
Gummigeräten ist eine ständige und andauernde Benutzung; es ist eine alte Er-
fahrung, daß Gummigeräte, wenn sie ununterbrochen im Gebrauche sind, viel länger
verwendungsfähig bleiben als dort, wo sie zu vorübergehender Benutzung angeschafft
sind und nach längerer Muße wieder zur Verwendung kommen sollen. Der Grund
liegt wohl darin, daß das Material, selbst wenn es von größter Güte ist, dort am
ehesten schadhaft wird, wo es in Falten gelegt ist ; bei einer andauernden Benutzung
ändern sich diese Stellen, an denen der Gummi gefaltet ist, ununterbrochen und
machen immer neuen und anderen Einbiegungen Platz ; und so kommt es, daß hier
ein Brüchigwerden sehr viel später eintritt. Ein großes Wasserbett aus Gummi,
das dauernd gefüllt ist und aui dem dauernd ein Kranker lagert, bleibt ganz er-
heblich länger wasserdicht als ein unbenutztes imd leeres, das zusammengefaltet
fortgelegt ist.
Aus Gummi werden, entsprechend seinen heiden Haupteigenschaften, fast aus-
schließlich Gegenstände hergestellt, deren Formen der Körperoberfläche angepaßt
sind und die gleichzeitig Behältnisse sind, Behältnisse von allerdings verschieden-
artigem Zweck und Bedeutung. Außerdem aber spielt das Material eine sehr erheb-
liche Rolle in der Bereitung von Bestandteilen des Krankenbettes selber. Die
Gummigeräte kommen hauptsächlich in Gebrauch in der ersten Zone der Anwen-
dung der Krankenpflegeheilmittel : am Körper des Kranken selber. Es ergiebt sich
das auch schon a priori aus dem Material; denn seine leichte und die völlige An-
schmiegbarkeit an eine gegebene Oberfläche macht sie zu solcher Verwendung ganz
besonders geeignet. ^Vllerdings werden Gummigeräte auch sonst noch benutzt, wo
Die Krankenpflege. 155
€s darauf ankommt, leicht in ihrer Form yeränderliche und bewegliche Geräte zu
verwenden, wie beispielsweise also die Gummischläuche zur Fortleitung von Flüssig-
keit zwischen zwei gegebenen Punkten; ihre hauptsächlichste und wichtigste An-
wendungsweise aber finden sie am Körper des Kranken, unter unmittelbarer Auf-
lagerung auf dessen Oberfläche. Denn schließlich sind fast alle materiellen Heil-
mittel der Krankenpflege, fast alle Geräte, deren sieh die Krankenpflege bedient,
und ganz besonders die in der ersten Zone der Verwendmig von Krankenheilmitteln
luimittelljar auf der Körperoberfläche des Kranken selber zur Wirksamkeit gelangen-
den, wie schon angedeutet, nur Behältnisse, nur die äußeren Träger imd Bewahrer
eines in ihnen eingeschlossenen und das Wesentliche der ganzen Vornahme dar-
stellenden Stoffes, ob dieser in dem Geräte nun aufgenommen und bewahrt werden
soll, oder ob er, von vornherein in dieses eingebracht, durch seine besonderen Eigen-
schaften, durch seine Temperatur vielleicht, eigene Einwirkungen auf benachbarte
Körperstellen auszuüben hat. Wo es daher darauf ankommt, Flüssigkeiten in Be-
hältnisse einzuschheßen, und das in unmittelbarem vind protrahiertem Kontakt mit
der Körperoberfläche, sind che Geräte aus Gummi trotz der Kostspieligkeit und
geringen Haltbarkeit des Materials durchaus unentbehrlich; denn der Gummi allein
hat eben die hierfür unerläßhchen Eigenschaften.
Als Ersatz für das Gummimaterial kommt nicht selten auch wasserdichte
Leinwand, die entweder mit einem Gummiüberzug versehen oder sonst geeignet
imprägniert ist, zur Verwendung; oder Sehweinsblasen, welche einen natürhchen
.Behälter darstellen, weich sind und für Wasser undurchlässig, werden gebraucht;
oder aber, natürlich seiner geringen Widerstandsfähigkeit entsprechend nur bei
kleinen und wenig belasteten Behältnissen, Guttaperchapapier. Auch ist neuerdings
•das bekannte japanische ßeispapier, in mehreren Lagen aufeinandergelegt und mit
japanischem Lack verklebt und durchtränkt, zur Herstellung kleinerer Geräte mit
Erfolg verwendet worden; es zeichnet sich durch seme Wohlfeilheit und Kom-
pendiosität aus.
Die "\^erwendimg der Glasgeräte sowie des diesem Material nahestehenden
Porzellans ist für die Krankenpflege eine recht umfassende. Die beiden Eigen-
schaften des Glases, welche auch sonst seine so überaus weite Verwendung für die
Geräte des täglichen Lebens sichern, sind hier ebenfalls maßgebend: seine Wider-
standsfähigkeit gegenüber der Berührung mit allen hier zu ihm in Beziehung
kommenden Flüssigkeiten und anderen Substanzen, welche es ermöghcht, Glasgeräte
nicht nur lange Zeit in unverändertem Zustande zu erhalten, sondern vor allem
auch sie ohne besondere Schwierigkeit gänzlich zu reinigen und von allen anhaften-
den Stoffen zu befreien; und außerdem die völlige Durchsichtigkeit der Glasgefäße.
Das Glas findet demgemäß in der Krankenpflege überall bei der Herstellung von
solchen Geräten Verwendung, welche entweder scharfe Stoffe in sich airfnehmen
■oder solche unangenehm wirkende Ausscheidungsprodukte, deren Entfemimg bei der
Reinigung des Behältnisses bis auf die allerletzten Mengen wünschenswert ist; so-
3änn aber für alle diejenigen Geräte, welche Dinge enthalten, deren Beurteilung
nach Qualität und Quantität infolge der Durchsichtigkeit der Glaswandungen ge-
währleistet sein soll. Nur dort, wo diese Möglichkeit einer Besichtigung weniger
wichtig erscheint, kann das Glas durch das undurchsichtige Porzellan oder durch
dessen Surrogate, wie Majolika, Fayence und andere, ersetzt werden. Doch ähnlich
wie bei dem Gummi ist es auch mit dem Glase, indem diesem, wie allbekannt, bei
seinen großen Vorzügen der erhebliche Nachteil der leichten Zerbrechlichkeit an-
haftet, ein Uebelstand, der gerade in der Krankenpflege volle Würdigung erheischt,
da bei der herabgesetzten Fertigkeit in der Handhabung der Geräte, wie sie die
Krankheit mit sich bringt, ein Glasgerät dem Kranken niemals selbständig über-
lassen werden darf, wo es, wenn es zerbrochen, Verletzungen bewirken oder sonst,
wie etwa dm-ch die Verschüttung seines Inhaltes, Nachteile hervorrufen könnte.
Auch die Glasgeräte sind fast ausschließhch. Behältnisse, Gefäße, Utensilien also, bei
denen das Material nur indirekt von Bedeutung ist und keine immittelbare Ein-
wirkung ausübt, sondern bei denen die dauernde oder vorübergehende Beherbergung
eines Inhaltes das Wesenthche ist.
Ln Gegensatze zu den Gummi-Utensilien ist die Anwendungsweise der aus Glas
hergestellten Krankenpflegeheilmittel keine vorwiegend am Körper des Kranken, in
156 M. MENDELSOHN,
unmittelbarer Berührang mit diesem vor sich gehende, sondern die Glasgeräte finden
ihre Hanptanwendung in dem weiteren Umkreise des Kranken. Auch bei diesen
Behältnissen ist der Inhalt das Wesentliche. Die Glasbehältnisse dienen vorzugsweise
entweder zur Aufnahme von Ausscheidungsprodukten aus dem Körper, deren gründliche
und bis auf die letzten Keste sich erstreckende Entfernung aus den Gefäßen für diese
ein widerstandsfähiges ilaterial notwendig macht, ein Material, das dann aber zugleich,
bei der Wichtigkeit der Beurteilung dieser Ausscheidungen für die Diagnostik, ihre
möglichst eingehende Besichtigung durch die Wandungen des Gefäßes hindm-ch ge-
stattet; und in zweiter Hinsicht werden sie verwendet, wo es darauf ankommt, einen
in ihnen enthaltenen flüssigen Inhalt dem menschlichen Organismus auf irgend
einem Wege, sei es nun nach dem Verdauungstraktus oder nach einer anderen
Körperöffnung hin, zuzuführen und hierbei während der ganzen Dauer des Vor-
ganges über Art und Menge des jeweiligen Inhalts des Gefäßes orientiert zu bleiben.
Die Metall gerate finden in der Krankenpflege als eigene und besondere
Geräte ebenfalls eine nicht nnlaeträehthche Verwendung, wenn, wie allerdings be-
merkt werden muß, auch sehr viele der aus Metall gefertigten Utensilien besser
aus Glas oder Porzellan hergestellt werden, und öfters von gleichartigen Geräten die
gläsernen den Vorzug vor den aus Metall gefertigten haben. Seine Verwendung
verdankt das Metall seiner großen Widerstandsfähigkeit, insbesondere dort, wo es
darauf ankommt, die Krankenpflegegeräte höheren Temperaturen auszusetzen; wo
Füllungen mit heißem Wasser in Frage kommen oder gar die Entwicklung von
Dampf innerhalb eines geschlossenen Behältnisses, wird das Metall sich für gewöhn-
lich also kaum entbehren lassen. Andererseits hat es für die allgemeinere Ver-
wendung einen großen Nachteil in seinem starken Wärmeleitungsvermögen, wodurch
es bei jeder direkten Berührung mit der Körperobertläche kalt erscheint und dadurch
störend und belästigend wirkt, während Metall umgekehrt gerade aus dieser seiner be-
sonderen Eigenschaft heraus überall da Verwendung findet, wo es sich darum
handelt, Wärme von dem Behältnis her an die Umgebung abzugeben. Als Mate-
rialien kommen für die metallenen Krankenpflegegeräte Eisenblech und Zinkblech,
auch Kupfer, zur Verwendung, entweder im Naturzustände oder lackiert oder verzinnt,
bei besseren Apparaten auch vernickelt, und auch das sogenannte emaillierte Metall-
geschirr wird benutzt.
Ganz wird auch das Holz nicht durch das Metall verdrängt. Besonders
Krankentische werden, wenn sie auch nicht selten aus Metall hergestellt werden, für
gewöhnlich doch nur aus Holz gefertigt. Eine andere Verwendimg findet das Holz
auch zu Rückenlehnen und verstellbaren Keilrahmen und zu manchen anderen Ge-
räten mehr.
Natürlich ist mit diesen Materialien die Fülle der Herstellungsmöglichkeiten,
über welche die mannigfachen Geräte der Krankenpflege verfügen, nicht erschöpft;
nur daß die aus anderen Materialien gefertigten Hilfsmittel solche zu sein pflegen,
die. ohne besondere Gestaltung für die Zwecke der Krankenpflege, auch sonst im
täglichen Leben Gebrauch und Benutzung finden. Das sind in erster Linie die
einzelnen Webestoffe, aus denen Leibwäsche und Bekleidung gefertigt wird und unter
denen besonders das Leinen und die Wolle in Betracht kommen ; doch auch die-
Füllmaterialien: Bettfedern. Roßhaare und ähnliche Substanzen, wirken wesent-
lich mit. Und auch außer diesen wäre noch eine große Zahl der verschieden-
artigsten Dinge zu nennen, welche die materiellen Mittel der Krankenpflege bilden,
des gesamten Inventars, dessen sich diese therapeutische Disciplin bedient, um ihi'e
^^'irkungcn auszuüben. Es kommt aber an dieser Stelle nicht darauf an, eine mög-
lichst vollständige Beschreibung dieser Utensilien zu geben, sondern mehr die Typen
festzustellen, nach denen sie gebildet sind, sowie ihre Herkunft darzulegen und die
Materialien, aus denen sie sich rekrutieren.
Die immateriellen Heilmittel lassen sich in die drei großen
Gruppen der somatischen, der psychischen nnd der hygienischen Mittel
einteilen. Von diesen sind die somatischen Mittel alle den
Körper des Kranken direkt betreffenden Vornahmen, wie beispielsweise
die Lageveränderungen des Körpers, seine Reinigung und die viel-
fachen anderen somatischen Maßnahmen. Die psychischen Mittel
Die Krankenpflege. 157
umfassen das sehr große Gebiet der direkten und indirekten Ein-
wirkung auf die Psyche des Kranken, ob diese nun in aktiver Art
durch die eigene Bethätigung des Patienten oder passiv durch seine
Umgebung beeinflußt wird. Und die hygienischen Mittel sind
alle die Einrichtungen und Gestaltungen des Aufenthaltsranmes des
Kranken, welche für den gesunden Menschen in das Gebiet der Hygiene
fallen, die für die Tage der Krankheit jedoch eigene Besonderheiten
und Abweichungen nötig machen. Je nachdem diese letzteren Heilmittel,
welche die Gestaltung der Umgebung des Kranken zusammensetzen,
durch ihre Paickwirkung sein körperliches oder sein psychisches Be-
finden vornehmlich beeinflussen, lassen sie sich in s omatisch -
hygienische und in psychisch-hygienische Mittel sondern.
Allen Heilmitteln der Krankenpflege kommen vor den anders-
artigen Mitteln der allgemeinen Therapie die beiden großen Vor-
züge zu, daß sie einmal so gut wie gar keine schädlichen
Nebenwirkungen haben, und daß zu zweit keine Gewöhnung
an sie und keine A b s c h w ä c h u n g ihrer Wirksamkeit
statthat.
Ehe nun die einzelnen Krankenpflegemittel und ihre Wirkungen
zur Beschreibung gelangen, muß erinnert werden, daß kein Heilmittel
der Therapie, es sei welcher Art auch immer, eine Funktion des
Körpers in ihrer Totalität beeinflußt. Keines der unendlich vielen
Abführmittel wirkt, wie verschiedenartig sie im einzelnen auch ihre
Effekte ausüben, etwa gleichzeitig auf alle diejenigen Momente ein,
welche zum Zustandekommen der Defakation notwendig sind, sondern
die Wirkung ist immer nur eine partielle; ich habe entsprechend
dieser partiellen Einwirkung eine jede einzelne der durch die Heilmittel
der Kraukenpflege zu beeinflussenden Gesaratfunktionen in eine Reihe
von Teilaktionen zerlegt, welche isoliert Objekt der therapeutischen
Wirkungen sind. Fast immer genügt es auch in der That, nur die
eine oder die andere dieser Teilaktionen anzuregen und zu verstärken,
um die Gesamtfunktion damit zu heben ; und es wird sich vielfach
zeigen, daß gerade d i e K r a n k e n p f 1 e g e m i 1 1 e 1 auf solche T e i 1 -
aktionen der verschiedenartigen Gesamtf unktioneu
wichtige Einflußnahme auszuüben vermögen, welche
andersartigen therapeutischen Mitteln nur in ge-
ringerem Maße oder auch gar nicht zugänglich sind.
Vor allem ist auch für eine richtige Würdigung der Heilwirksam-
keit der Krankenpflegemittel unerläßlich, daß man als Aufgabe einer
jeden internen Therapie anerkennt, nicht sowohl die anatomische
Restitutio in integrum anzustreben, als vielmehr das die Krankheit
ihrem eigentlichsten Wesen nach bildende Mißverhältnis zwischen
Funktionsanspruch und Funktionsgröße — sei es des Organismus,
sei es der Organe, sei es der Zellen — zum größtmöglichen Ausgleich
zu bringen. Die innere Therapie hat nicht nur die Auf-
gabe, die unzureichende Funktion zu heben, sondern
in gleichem Maße auch den für jede einzeln e Leistung
des Organismus a 1 1 z u g r o ß e n Anspruch nach Möglichkeit
herabzusetzen. Erst wenn man sich dieses Zusammenhanges stets
erinnert, wird man die therapeutische Bedeutung 'der Krankenpflege-
heilmittel in ihrem großen Umfange richtig zu würdigen wissen.
158 M. MENDELSOHN,
KAPITEL IL
Die Wirkung auf die Ernährung.
Die erste imd wichtigste Einflußnahme, welche jede ' auf eine
Regelung und Hebung der Ernährung hinzielende Therapie auszuüben
hat und ohne welche alle Vorschriften der speciellen Ernährungstherapie,
alle medikamentösen Unterstützungsmittel der Ernährung und alle
übrigen nach dem gleichen Ziele gerichteten Maßnahmen illusorisch
werden, ist die der Krankenpflege zufallende Leistung, dem Kranken
das erforderliche Speisequantum t hat sächlich einzu-
verleiben. Es ist mehr als selbstverständlich, daß erst mit einer
solchen vollständigen Nahrungsaufnahme der im Heilplane angestrebte
Ernährungseffekt erreicht werden kann ; und die der Krankenpflege
zufallende Sorge für die thatsächliche Speisenaufuahme verhält sich zu
den zur Ernährungstherapie gehörenden bloßen Diätvorschriften, wie
in der Chirurgie der Entschluß zu einer Operation zu deren thatsäch-
licher Ausführung.
Hierbei erfordert von selten des Arztes höchste Beachtung die
Thatsache, daß es bei Gesunden und mehr noch bei Kranken schon
eines in sehr bedeutendem Grade auftretenden Verlangens nach Nahrung
bedarf, daß es bei beiden schon bis zum ausgesprochenen Hunger-
gefühl kommen muß, ehe jemand veranlaßt wird, aus freien Stücken,
spontan, in selbständiger Initiative um Nahrung zu bitten, solche sich
zu verlangen. Wir warten keineswegs in gesunden Tagen das Auf-
treten von Hunger oder auch nur von stärkeren Regungen des Appetits
ab, ehe wir Nahrung zu uns nehmen ; Empirie und Gewohnheit und
besonders das ein für allemal festgestellte durchschnittliche Bedürfnis
haben es überall dahin gebracht, daß mehrfach des Tages in immer
gleichmäßig wiederkehrenden Zeitintervallen die Mahlzeiten eingenommen
werden; daß das Nahrungsbedürfnis befriedigt wird, ehe
es sich selber meldet. Mit der Unterbrechung und der tief-
greifenden Veränderung der gewohnten Lebensweise, welche eine jede
Krankheit mit sich bringt, hört für den Kranken die ihm sonst selbst-
verständliche Einteilung, diese beinahe unbewußte Regelmäßigkeit der
Einverleibung der nötigen Speisem engen auf; aber es darf darum nicht
etwa, und umsoweniger als ja thatsächlich aus den mannigfachsten
besonderen Krankheitszuständen eine Verminderung in der Aufnahme
der Nahrung und in der Neigung dazu ohnedies häufig resultiert,
will man eine ausreichende Ernährung herbeiführen, will man alles
das erzielen, was den Ernährungseffekt überhaupt unterstützen und
fördern kann, nun gewartet werden, bis der Kranke von selbst nach
Nahrung begehrt ; es darf die thatsächliche Nahrungszufuhr nicht etwa
nur in dem bestehen, was bei bereits deutlich auftretendem Bedürfnis
nach Nahrung von dem Kranken ausdrücklich gefordert und verlangt
wird, und was für gewöhnlich auch nicht einmal, da der Appetit und
die Neigung für eine gewisse Speise bald wieder entschwunden zu sein
pflegt, stets etwa in toto konsumiert wird.
Die hier erforderliche Krankenpflegemaßnahme läßt sich mit dem einen Worte
des Anbie teils präcisieren. Die erste Voraussetzung für eine ausreichende
Nahrungsaufnahme ist die qualitative und quantitative Festsetzung der für den Tag
notwendigen Speisen und Getränke, deren Verteilung auf angemessene Zeiträume
Die Wirkung auf die Ernährung.
159
Fm. 1. Eß^efäß.
und ihre Darbietung an diesen, auch ohne daß der Kranke danach verlangt. Die
Bestimmung dieser Zeitpunkte, zu welchen den Kranken die einzelnen Speisen an-
zubieten und einzuverleiben
sind, muß auch soweit als
möglich seine Gewohn-
heiten aus gesunden Tagen
her berücksichtigen , und
ebenso sehr seine Wünsche ;
denn mancher Kranke weiß
am besten selber, zu wel-
chen Tageszeiten er Appetit
zu haben pflegt und wann
nicht. Auch haben viele
chronische Kranke, deren
Siechtum über Jahr und
Tag sich erstreckt, gewisse
im Laufe jedes Tages mit
ziemhcher Kegelmäßigkeit
wiederkehrende Perioden
eines ausgesprocheneren Schwächezustandes, welche für die Einnahme von Nahrung
vorwiegende Berücksichtigung erheischen; und nicht selten kommen bizarre Appetite
vor bei kranken Kindern, bei Hysterischen und bei anderen Patienten, welche, wenn
sonst das notwendige Kostmaß nicht beigebracht werden kann, mit Vorteil für eine
ausreichende jSTahi'ungsaufnahme sich benutzen lassen.
Hierbei ist als zweites hypurgisches JMoment die größtmögliche Regelmäßig-
keit in der Darreichung der Speisen und in der Innehaltung der für diese
. bestimmten Zeitpunkte zu beachten. Diese ßegelmäßigkeit ist , wenn sie beim
Kranken auch erheblich geringere Zeitintervalle umfaßt, in Parallele zu setzen mit
derjenigen Pünktlichkeit, welche die Gesundheitspflege für die tägliche Einnahme
der Mahlzeiten fordert. Denn die klinische Erfahrung zeigt, daß selbst völlig ge-
sunde und leistungsfähige Verdauungsorgane in ihrem Funktionieren ganz aus-
nehmend von der Gewohnheit und Regelmäßigkeit abhängig sind, imd daß diese
Periodicität eine vorwiegende Einwirkung ausübt auf den zusammengesetzten, in seinem
feineren Zusammenhange uns noch nicht durchsichtigen Vorgang der Entstehung
des Appetits oder des Widerwillens gegen eine zureichende Nahrimgsaufnahme..
Vor allem darf auch die möglichste Regelmäßigkeit nicht durch das Dazwischen-
essen von Kleinigkeiten gestört werden, eine Vorsorge, die besonders dort ein-
zusetzen hat, wo dritte besuchende Personen dem Kranken Süßigkeiten und andere
Genußmittel, welche außerhalb des Kostplanes stehen, überbringen. Auch ist die
Einhaltung einer regelmäßigen Verabfolgung darum notwendig, als ein jedes Warten -
lassen den Kranken psychisch alteriert und eine solche Alteration, wie bekannt,,
gleichfalls den substilen Zustand des Appetits zu stören geeignet ist.
Des weiteren wirkt die Krankenpflege ein auf die Erhöhung der
Ernährung durch eine systematische Steigerung des Appetits.
Aus welchen Momenten sich der komplizierte Begriff des Appetits zu-
sammensetzt, ist noch nicht ausreichend klargestellt; zwar wirken
sicherlich Reize mäßigen Grades auch von der Magenschleimhaut aus
so, daß sie ihn anregen; Reize allerdings, die, wenn sie sich steigern,
diesen ihren Effekt selber zerstören und bei noch stärker werdender
Intensität Uebelkeit und endUch sogar Erbrechen erzeugen können.
Aber das Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme kann sicherlich auf den
verschiedensten Reflexbahnen ausgelöst werden, und es ist allgemein
bekannt, wie beispielsweise psychische Vorstellungen ohne materielles
Substrat das Verlangen nach dem Genüsse bestimmter Speisen auslösen
können, wie dieses überhaupt in hohem Maße abhängig ist von Vor-
stellungen und von äußeren Einflüssen der Umgebung, und wie in der
Gravidität auf den von dem gereizten Uterus ausgehenden Nervenbahnen
160
M. M ENDELSOHN,
nicht nur bei starker Irritation Erbrechen hervorgernfen wird, sondern
auch sonst jene merkwürdigen und eigenartigen Gelüste und Neigungen
nach Aufnahme besonderer Speisen, wie sie gerade den Zustand der
Gravidität kennzeichnen und für ihn charakteristisch sind, entstehen.
Die therapeutische Wirkung aller derjenigen exoterischen Kranken-
pfiegemittel, welche den außerordentlich vielgestaltigen Reflex der
Appetitanregung durch die gleichzeitige Erregung der verschiedensten
Sinnesorgane auslösen, beschränkt sich aber nicht allein auf diese
Steigerung des Appetits und auf eine dementsprechende größere
Nahrungsaufnahme, sondern es läßt sich direkt und experimentell
nachweisen, daß sie auch einen ausnehmenden Einfluß auf die
Sekretion des Magensaftes und damit auf die Verdauung und
die Assimilation der eingenommenen Nahrung ausübt. Nach Paw-
Low's*) Feststellungen tritt an Tieren mit eröffnetem Magen und
durchschnittener und nach außen geleiteter Speiseröhre genau 5 Minuten
nach dem Beginn einer Scheinfütterung eine reichliche Sekretion aus
der Magenwunde auf, trotzdem alles Genossene sofort nach dem
Schlucken den Körper wieder verlassen hat. Und schon das bloße
Zurechtsetzen der Speisen, ohne daß die Tiere dazu können, führt
jedesmal in denselben Zeiten und in den gleichen Quantitäten zu
reichlicher Magensaftproduktion. So übt hier in exoterischer Therapie,
ohne den Körper des Kranken auch nur zu berühren, ein außerhalb
im Räume befindliches Objekt einen wesentlichen und stark wirkenden
therapeutischen Reiz aus, den gleichen Reiz, nur auf anderen Nerven-
bahnen, den sonst ein esoterisch wirkendes Stomachicum vom Magen
aus erzeugt.
Eine solche Anregung des Appetits führt die Krankenpflege zunächst durch
eine appetitliche und saubere Zurichtung der dem Kranken vorgesetzten
Speisen und Getränke herbei. Alles, -was ihm gereicht wird, Gefäße sowohl wie Eß-
Figg. 1 und 2.
Aus MetaU (Süber).
Die flache Schüssel
(Fig. 2) eignet sich
mehr für festere Spei-
sen, die tiefe, napf-
artige (Fig. 1) für
breiige und flüssige
Nahrung. Sind die
Geräte vor der Ein-
bringung der Speisen
durch Eintauehen in
heißes Wasser aus-
reichend erwärmt
worden, so bleiben
die darin befindlichen
Nahningsmittel, auch
ohne daß sie zugedeclrt
zu werden brauchten,
eine Stunde und län-
ger genügend warm.
Fig. 2. Speisensohüssel.
*) J. P. Pawlow, Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Autorisierte Uebersetzung
aus dem Kussischen von Dr. A. Walthee in St. Petersburg. Wiesbaden 1898.
H
Die Wirkung auf die Ernährnng.
161
gerate, müssen auf das peinlicliste sauber sein ; das ganze Arrangement, die Auf-'
Stellung und Anordnung sowohl wie die Art, in welcher die eigentlichen Speisen
auf den Schüsseln und Tellern aufgelegt sind, ebenso auch die Anbringung der
vielen kleinen Hilfsmittel, welche auch auf der Tafel der Gesunden ihren regel-
mäßigen Platz finden, muß so geschehen, daß der Gesamteindruck ein freundlicher
und appetitanregender ist. Wo es irgend der Krankheitszustand ermöglicht, hat
auch im Bette ein Kranker, und selbst in Kjankehhäusern, um eine Anregung seiner
Eßlust dadurch zu erfahren, Anspruch darauf, in appetitlicher Zurichtung, auf dem
Eßbrette, sein Gedeck zu erhalten, mit sauberem Tischzeug und allem dem kleinen
Zubehör, wie es sonst auf gedeckten Tischen Platz findet; selbst Blumen oder
sonstige den Kranken erfreuende Dinge können nebenher Aufstellung finden. Ganz
unerläßlich ist dabei die weitgehende Sauberkeit auch der verwendeten Wäsche
sowie der ganzen Zurichtung; läßt sich durch eine Außerachtlassung dieses ersten
hygienischen Grundsatzes doch selbst ein Gesunder in der Nahrungsaufnahme stören.
Besonders ist dabei zu beachten, daß die Trinkgescbirre nicht an ihrem unteren
Eande von übergelaufener Flüssigkeit naß, daß die Unterschalen der Tassen trocken
sind, da ein Abtropfen beim Trinken unangenehm wirkt und dem Kranken, der sich
dabei unnötig nach vorn überbeugen muß, Anstrengung verursacht und das Trinken
erschwert. Auch ist ein weiteres positives Moment zur Erhöhung der Eßlust die
Abwechslung in der Herrichtung; nicht etwa nur ein Wechsel der Speisen
selber oder eine Bevorzugung der Lieblingsspeisen, sondern auch kleinere Neuerungen
tind Ueberraschungen in der Herrichtung selber, die jedoch niemals in die Gewohn-
heiten des Kranken störend eingreifen dürfen.
Noch wichtiger ist die negative Seite dieser Einrichtungen. Hier ist mit Sorg-
falt imd Energie darauf zu halten, daß nichts Appetitstörendes oder etwa gar
Ekelerregendes dem Patienten zur Erscheinung komme. Leider ist dieser wesentüche
Grundsatz der Krankenpflege in den öffentlichen Krankenhäusern aus äußeren
Gründen bisher noch recht wenig durchgeführt ; noch immer befinden sich in diesen
auf der gleichen Tischplatte oder doch auf demselben allseitig offenen Krankentisch
die Speisen und die Getränke in unmittelbarster Nachbarschaft und nicht selten
sogar in direktem Kontakt mit den Uringläsern und Speigefäßen und mannigfachen
anderen heterogenen Gegenständen. Das muß natürUch alles, wo es irgend sich
vermeiden läßt, hintangehalten werden. Die Speisen selber dürfen
vor allem nichts an sich haben, was den Appetit störend be-
einflussen könnte ; niemals darf ein nicht ganz geratenes Gericht
dem Kranken vorgesetzt werden , dürfen etwa äußerlich iman-
sehnliche oder mißratene Speisen aufgetragen, dürfen angebrannte
oder erkaltete und im eigenen Fett geronnene Speisen ihm prä-
sentiert werden. Um ein solches vorzeitiges Erkalten von
Speisen zu verhüten, zumal bei Kranken, welche langsam essen,
oder bei Kindern, sind besondere Speisegefäße mit Vorteil zu
verwenden. Diese Schüsseln oder Schalen aus Metall sind doppel-
"wandig; essigsaures Natron, ein in der Wärme leicht lösliches
Salz , welches eine große Präcipitationswärme besitzt und also
bei jedem AuskrystalHsieren aus seinen Lösungen sehr erhebliche
Mengen von Wärme frei werden läßt, wird in den doppelten
Wandungen der Speisenbehältnisse mit einer entsprechenden
Quantität Glycerin hermetisch und dauernd eingeschlossen. Wird
ein solches Gerät auf eine Minute in kochendes Wasser gesetzt
oder damit vor dem Gebrauch an gefüllt, so genügt diese Er-
wärmung, um das Salz in dem Glycerin zu lösen ; beginnt nach
der Einbringung der Speisen und dem Verschließen des Behält-
Fig. 3. Speisenthermometer. Der- Speiseuthermometer , welchen die Kieler
Kochschule angegeben und eingeführt hat, trägt auf einer Seite der mit Wemgeist
gefüllten Thermometerröhre die Gradeinteilung, auf der anderen Seite die Namen der
hauptsächlichsten und gebräuchlichsten Getränke sowie einiger Speisen, und zwar an den-
jenigen Stellen, welche der für diese einzelnen Nahrungsmittel besten und zuträglichsten
Temperatur entsprechen. Er kann daher auch vom Küchenpersonal benutzt werden.
IS
162
M. MENDELSOHN,
nisses von außen her die Abkühlung, so krystallisieren dem Erkalten entsprechende
Mengen des essigsauren Natrons aus, entwickeln dabei aber immer wieder aufs neue
eine ausreichende Präcipitations-
wärme, um die schheßliche Ab-
kühlung nur sehr allmählich vor
sich gehen zu lassen. Es können
Behältnisse der mannigfachsten
Art, Kannen und ähnliche Geräte,
so eingerichtet werden. Ich ver-
wende sie seit einigen Jahren mit
Erfolg *).
Für die Einwirkungen, welche
aus der ganzen weiteren, abge-
schlossenen Sphäre seines Auf-
enthaltsraumes auf den Kran-
ken hervorgehen, gilt naturgemäß
das Gleiche. Auch hier gehört zu
den positiven Gestaltungen, daß
der Kranke nicht nur ein die
wichtigsten hygienischen Anforde-
rungen erfüllendes, sondern dabei
auch helles und freundliches Zim-
mer zur Verfügung habe, und daß
Fig. 4. Speisenschalen (Menagen) mit Warm wasserf üllung. In die
doppelten Wandungen dieser auch in den Haushalten gebräuchlichen Speiseschalen,
welche in beliebiger Anzahl übereinander gesetzt werden können und dabei eine jede
mit ihrem Boden den Deckelversehluß für die darunter befindliche abgeben, läßt sich
heißes Wasser vor dem Gebrauche einfüllen; die Speisen bleiben dadurch, allerdings uur
für einige Zeit, warm. Diese Menagen eignen sich besonders dort, wo die Speisen von
der Küche nach dem Krankenzimmer über die Straße, durchs Freie , oder über lange
und kalte Korridore getragen werden müssen; in erster Linie also für Krankenhäuser,
aber auch für die Krankenpflege im Hause.
er, wo es sonst irgend angebracht und mögUch
ist, sogar ein anderes Zimmer zum Essen als zum
sonstigen Aufenthalte benutze, aus den gleichen,
hier nur noch subtileren Gründen, aus denen
auch wir nicht im Schlafzimmer essen. Jeden-
falls darf während des Eßaktes selber das Zimmer
nicht verdunkelt bleiben, denn der Kranke muß,
um ohne Widerstreben und in ausreichendem
Maße die Nahrungsaufnahme zu vollziehen, sehen
können, was er ißt; und doch pflegt die Um-
gebung ein Krankenzimmer oft in ganz über-
mäßiger Weise dunkel zu halten, woniger viel-
leicht aus alleiniger Rücksicht für den Kranken,
als um sich selber seinen unerfreulichen An-
lilick zu ersparen. Diese und alle die vielfachen
anderen psychisch-hygienischen Heilmittel üben
natürlich auch anderweitige Einwirkungen, als
gerade nur die Hebung des Appetits aus und
lassen sich hier nur andeuten ; auch hier wieder
hat eine thunUchste Abwechslung der in der
Sphäre des Kranken befindlichen Dinge Einfluß
auf seine Stimmung und seine Eßlust, Ein-
Fig. 5. Wärmehaltender Kasten. Das Behältnis ist ebenso wie die in Figg. 1
und "2 wiedergegebenen Eßgeräte, mit essigsaurem Natron in seinen doppelten Wandungen
■} JMartin Mesdelsohn, Gerätschaften der Krankenpflege, Demonstration in
der Sitzung der Berliner medizinischen Geseßschaft vom IS. März 1896. Berhner
khnische Wochenschrift, 1890, No. 14.
i6
Die Wirkung auf die Ernährung.
163
erfüllt; es vermag, da es sich hermetisch rerschließen läßt und außen mit schlechten
Wärmeleitern umgeben ist, eine mit warmer Flüssigkeit, Milch, Thee, Suppe etc. gefüllte
Flasche während der Dauer einer ganzen Nacht wann zu erhalten.
Wirkungen exoterisclier Therapie ; vor allem anderen ist es die Regelung der Zimmer-
luft und der Temperatur, welche in erster Linie von Wesenheit sind. Auch hier
wieder sind negative Momente auszuschließen. Ganz besonders haben unter diesen für
die Ernährungstherapie alle Verschlechterungen der Zimmerluft durch üble Gerüche,
zumal durch solche, welche von den Speisen herstammen, Bedeutung; nie darf
Speisengeruch in das Krankenzimmer dringen, und ebensowenig darf der Kranke
außerhalb der eigentlichen Speiseneinnahme jemals vou den für ihn bestimmten oder
von anderen Speisen irgend etwas zu riechen oder auch nur zu sehen bekommen.
Das gilt sowohl für die noch nicht zubereiteten Speisen, welche manchmal dem
Kranken zuvor gezeigt werden, als auch für die auf einmal nicht ganz von ihm
verzehrten ; sie müssen stets alsbald wieder aus dem Zimmer entfernt werden ; die
Anschauung, daß der Kranke jederzeit etwas zum Essen unmittelbar zur Verfügung
und zur Hand haben müsse, ist eine durchaus verkehrte.
Auch alle sonstige psychische Eegelung von selten der Krankenpflege hat für
die Ernährungstherapie eine wesentliche Bedeutung; und mehr noch als im gewöhn-
licben Leben wird der Appetit eines Kran-
ken nicht allein nur durch unappetitliche
oder ekelerregende materielle Objekte
herabgesetzt, sondern gleichermaßen auch
durch psychische Verstimmung.
Alle die Faktoren, welche als psychische
Heilmittel der Hypurgie bezeichnet werden
können, beanspruchen daher hier die vollste
Berücksichtigung. Und unter diesen viel-
fachen Momenten , welche unnötige Er-
regung und Verstimmung von Kranken
fernzuhalten und einen dem HeUplane
möglichst angemessenen psychischen Zu-
stand in ihm zu erwecken vermögen,
nimmt eine wichtige Stellung das Be-
streben ein, ein gewisses Gefühl der Sicher-
heit in dem Patienten hervorzurufen, das
Bewußtsein, daß er nie in hilflose Situa-
tionen geraten kann, eine Aufgabe der
Krankenpflege, welche sie durch eine große
Zahl von Einrichtungen und "\^ornahmen
unschwer zu erfüUeu in der Lage ist.
Hinsichtlich des Verhaltens der Umgebung bei der Speisenaufnahme
selbst ist es angebracht, mit dem Kranken niemals unnötigerweise vom Essen zu
sprechen; ähnlich wie der
stete Anblick von Speisen
den Appetit herabsetzt, und
wie in gleichem psychischen
Zusammenhange bekannter-
maßen Personen , welche
Speisen regelmäßig zube-
reiten , gewöhnlich nichts
oder nur wenig davon essen
wollen , seheint auch das
häufige und wiederholte Hin-
lenken der Aufmerksamkeit
auf die Nalu'ungsaufnahme
einen ähnlichen schädigen-
den Elfekt auszuüben. Auch
während des eigentlichen
Handbuch der spcc. Therapie inn. Kianltli
Mendelsohii, Krankenpflege.
S p e i s e n w ä r m e r.
164
M. MENDELSOHN,
Kg. S. Speisen wärmer.
Eßaktes unterbleibt es aus dem gleichen Grunde am besten, mit dem Kranken vom
Essen zu sprechen. Daß eine eigene psvehische Thätigkeit des Bj-anken während
des Essens einer ausreichenden Speisen-
aufnaime hinderlich ist, wird noch er-
örtert werden ; auch eine Ablenkung
durch eine intensivere Unterhaltung
dabei ist unangebracht, wie überhaupt in
dem Kranken stets der Eindruck er-
halten-werden muß, daß seine Xahiungs-
aufnahme eine wichtige und .mit vollei
Aufmerksamkeit zu vollziehende Auf-
gabe sei. Darum ist es selbstverständ-
lich, daß auch sonst jede wie immer
geartete Thätigkeit dritter Personen im
Krankenzimmer während des Eßaktes
welche die Aufmerksamkeit abzulenken
geeignet ist, oder ein geschäftiges Han-
tieren, ein Ab- und Zugehen der Pflegerin
und der sonstigen Jlitglieder der Um-
gebung, oder etwa gar die Anwesenheit
dritter, besuchender Personen durchaus
zu vermeiden sind.
Außerdem spricht eine möglichste
Abwechslung innerhalb desEahmens
der erlaubten Speisen sehr wesentlich
mit, den Appetit zu fördern, wieder
unter aller zulässiger Eücksicht auf die
Neigungen des Kranken, für den, wofern
sie überhaupt gegeben werden dürfen seine Lieblingsspeisen in erster Linie
auszuwählen oder, unter sonst gleichartigen Speisen, die voraussichtlich am wohl-
schmeckendsten zu bereiten sind. Doch ist
auch hier, wie bei Allem im Leben, der Be-
griff der Delikatesse ein äußerst relativer; er
unterscheidet sich nach sozialer Gepflogenheit
und individueller Neigung aufs erheblichste
und es sind diese Momente sorgfältig zu er-
wägen, wenn man so die Absicht hat, dem
Kranken etwas Gutes zu erweisen imd damit
den Xähreffekt zu erhöhen und die Heilwirkung
zu steigern. Aber eine thunhchste Abwechslung
ist in jedem Falle ein unterstützender Faktor;
und wo die Zahl der an sich möglichen Speisen
eine beschränkte ist, läßt sich immer noch viel
erreichen durch die verschiedene Gestaltung der
Temperatur, durch eine schärfere oder mehr
blande Zubereitung, und insbesondere durch
eine wechselnde Beimengung von Gewürzen, so-
weit sie überhaupt zulässig sind.
Fig. 9. S p e i s e n w ä r m e r.
Fig. 6, 7, 8, 9. Die Heizung 'der Speissnwärmer gescMeht entweder durch Petroleum
(Fig. 6) oder durch Elelstricität (Fig! 9) oder durch Gas (Fig. 7) oder dui-ch Spiritus (Fig. 8).
Sie sind nur' Notbehelfe, in erster Hinsicht dafür, daß fertiggewordene Speisen, welche
der Kranke niclit alsbald einnimmt, bis zur Dai'reiehung warm erhalten werden, nicht
jedoch dazu, daß bereits erkaltet gewesene Nahrung nun wieder aufs neue warm gemacht
werde. Sie dürfen ausschließlich nur außerhalb des Krankenzimmei-s Verwendung finden.
Um den für die Therapie so wichtigen Effekt einer ausreichenden
Speisenaufnahme herbeizuführen, ist des weiteren unerläßliche Aufgabe
der Krankenpflege, daß die Einverleibung der Speisen und
iS
Die Wirkung auf die Ernährung.
165
Getränke für den Kranken so bequem
nur möglich gestaltet werde. Denn nur
erreicht werden, daß der
Kranke thatsächlich die not-
wendige Nahrung aufnimmt.
Das ist ja überhaupt eine
der wesentlichsten Leistun-
gen der Hypurgie, daß die
Mittel der Krankenpflege
alle wichtigen und unerläß-
lichen Vornahmen dem Kran-
ken so erleichtern und mil-
dern können, daß er sie that-
sächlich ausführt, während
ohne solche in diesem Zu-
sammenhange unmittelbar
therapeutisch wirkende Mit-
hilfe der Krankenpflege diese
und so leicht als
so kann es häufig
Vornahmen
oder zum
Fig. 10. Jlilchkoclitopf. Der von Prof. Dr. med. FLÜGGE angegebene Milclikoch-
topf besitzt zwei Deckel ; einen irdenen, der auf einer vorspiingenden Kante einige Centi-
meter unterhalb des oberen Topfrandes aufliegt, von der Mitte aus nach außen hin leicht
geneigt abfällt und eine größere centrale und mehrere seitliche Oeffnungeu hat; und einen
ebenfalls mit centraler Oeffnung versehenen äußeren, obenauf nihenden metallenen Deckel.
Kocht die Milch über, so läuft sie durch die Oeffnungen des inneren Deckels wieder in
den Topf zurück. Das Gerät kann daher während des Kochens sich selbst überlassen
bleiben.
Teil unterlassen werden. Es trifft das in ganz hervorragendem Maße
auch für die Nahrungsaufnahme zu, und die vielfachen Hilfsmittel,
über welche die Krankenpflege verfügt, um den Akt der Nahrungs-
aufnahme zu erleichtern und zu gestalten, dienen in weitestem Maße
der Hebung der Ernährung selber.
Diese Erleichterungen und Unterstützungen während des Eßaktes
betreffen entweder die Herrichtung der Nahrung, die Hilfs-
mittel und die Geräte zu ihrer Einverleibung ; oder aber sie erstrecken
sich auf den Körper des Kranken und insbesondere auf seine Körper-
haltung und seine Mitwirkung bei der Speiseneinnahme und sind
hierbei nun wieder verschieden, je nachdem die Nahrungsaufnahme
eine aktive oder passive ist, je nachdem der Kranke selber ißt oder
gefüttert wird. Sie betreffen also entweder das Objekt der Nahrung,
oder das Subjekt der zu ernährenden Person.
Die Geräte, welche der eigentUchen Herrichtung der Nahrung zum Zwecke
der Nahrungsaufnahme dienen, sind einmal die Behältnisse, in welchen die Nahrung
vor der zu ernährenden Person erscheint, und neben diesen die Unterstützungsmittel,
auf welchen die Behältnisse Platz finden und von denen sie getragen werden; also
lediglich nur Modifikationen der einfachsten Geräte des Eßaktes im täghchen Leben :
der Teller und Gläser, aus denen wir essen und trinken, und der Tische, auf
welchen diese Platz finden ; Modifikationen, welche die Krankenpüege nötig macht.
Haben alle die Geräte, weiche den Zustand der Nahrung selbst, die Erwärmung,
die Zerkleinerung etc. besorgen, gleichsam den genießbaren Kern des Ganzen, näm-
lich die Nahrung selber, zum Objekt ihrer Einwirkimg, so sind diese Geräte hier
gewissermaßen mit der Hülle zu vergleichen, da sie Gerätschaften sind, welche
diesen Kern bergen und tragen.
19
12*
166
M. MENDEIiSOHN,
Fig. 11. Schnabeltasse. Fig. 12. Schnabeltassen.
Fig. 11, 12. Sie sind fast immer aus Porzellan (Fig. 12), selten aus Glas (Fig. 11)
hergestellt, um auch zur Einnahme warmer Flüssigkeit Verwendung finden zu können.
Die Schiffclienform ist für geringe, schluckweise nur zu nehmende Flüssigkeiten bestimmt,
die dem Kranken eingeflößt werden ; die halbgedeckte größere Sehale für erheblichere
Flüssigkeitsquanten, Suppen, Thees geeignet, zumal wenn der Kranke sie aktiv einnimmt.
Auch für den Kranken
werden als Eß- und Trink-
geräte die üblichen Teller
und Gläser vielfach benutzt;
sie müssen hier möglichst
widerstandsfähig sein und fest
und sicher auf der Unterlage
aufruhen. Daher sind Trink-
becher aus zu dünnem oder gar
Fi". 13. Einnehmeschalen. Außer für Arzneien auch für Wein, Cognak und
andere differente Getränke verwertbar; die offenen unter ihnen tragen eine auf der Innen-
fläche angebrachte Skala, welche eine ganz exakte Dosierung ermöglicht. Bei sehr
schwachen Kranken müssen die oben gedeckten Einnahmeschalen Anwendung finden,
deren enge vordere Oeffnung leicht zwischen die Lippen genommen werden kann, so daß
der Kranke ihren Inhalt gewissermaßen aussaugt.
zerspnmgenem Glase ebenso
zu vermeiden, wie solche auf
hohem Fuße, natürlich ist
auch ganz besonders zu be-
achten, daß der obere Eand
der Trinkgefäße intakt ist.
Alle Speisengeräte des
täghchen Lebens sind aber
auf eine aufrechte Haltung
des Oberkörpers berechnet. In
Fig. 14. Einnehmeschale. Die größeren, offenen Formen der Einnahmeschalen
sind nur für den selbstthätigen Gebrauch solcher Kranker geeignet, welche ohne Mühe
das Gerät zu handhaben und benutzen vermögen.
der horizontalen Position oder der dieser an-
genäherten Körperlage, welche Kj'anke einzu-
nehmen pflegen und aus der sie nicht immer
und jedesmal herausgenommen werden können,
ist zum Trinken ein gewöhnliches Trinkglas
nicht verwendbar, da die Lippen den Eand
und den Flüssigkeitsspiegel erst bei einer so
starken Neigung des Glases genügend um-
fassen könnten , daß schon zuvor der Inhalt
15. Gläsernes Einnehmegefäß. Diese Gefäße, welche auch imter dem
Die Wirkuna; auf die ErnähruDs;.
167
Namen „Aizneilöffel mit hohlem Stiel" bekannt sind, sind nichts anderes als ganz kleine
Sehnabeltassen aus Glas. Sie können daher nur für kalte Flüssigkeiten Verwehdung finden.
Sehr wertvoll ist ihre Skala, die sie tragen, und durch welche alle quantitativen Kon-
trollen der Ernähi-ung leicht möglich sind.
Fig. 16. Gläserne Maßgefäße. Fig. 17. Gläserne Maßgefäße.
Fig. 16, 17. Für alle Formen der Darbietung flüssiger Nahnmg, in welchen die
Einnahme der Getränke aus Gefäßen ohne Cjuantitative Einteilung erfolgt, ist es zweck-
mäßig, zumal bei differeuten Getränken oder Arzneien, im Krankenzimmer kleinere
gläserne Maßgefäße zur Hand zu haben, welche eine quantitative Kontrolle resp. ein
vorheriges Abmessen bestimmter Mengen ermöglichen. Sie sind entweder so gestaltet
(Fig. 16), daß sie ein unmittelbares Trinken direkt gestatten und tragen dann neben der
Kubik- und Gramm-Einteilung auch Teilstriche, welche einem Eßlöffel, einem Kinder-
löffel, einem Theelöffel entsprechen; oder es sind (Fig. 17) größere Maßgeläße, aus denen
der Inhalt nach Bedarf in Schnabeltassen etc. vor der Einnahme übergefüllt wird.
nebenher auslaufen müßte. Es können daher hier nur Ge-
fäße angewandt werden, welche so beschaffen sind, daß der
Kranke beim Trinken den Rand oder die Oeffnung des Ge-
rätes nicht nur an die Lippen zu legen, sondern sie zwischen
diese in den Mund hineinzuführen vermag. Während man
daher ein einfaches Trinkglas, wenn es angewendet würde,
nur zum kleinsten Teile anfüllen dürfte, um gleich von
Fig. 18. Verschlußpfropf. Für Weine, stark wirkende (besonders äußerliche)
Arzneien und ähnliche Flüssigkeiten, die entweder nur zu bestimmten Zeiten und in
bestimmten Mengen oder überhaupt nicht innerlich genommen werden sollen, empfiehlt
sich, um mißbräuchlicher oder irrtümlicher Einnahme zu begegnen, die Verwendung von
Verschlußpfropfen, welche nur durcli einen in der Venvahrung der Pflegerin bleibenden
Schlüssel zu öffnen sind. Sie j^assen auf jede Flasche.
vornherein eine genügend starke Anfangsneigung
des Glases erzielen zu können, lassen sich die zur
Entnahme von Flüssigkeit in liegender Position
eigens konstruierten ,,Schnabeltassen" vöUig füllen,
da ihre Ausflußöffnung von den Lippen des Kranken
gänzlich umschlossen wird und er so das Maß der
jedesmal zu schluckenden Flüssigkeitsmenge selber
bemessen kann. Handelt es sich nur um geringe
Mengen von jedesmal aufzunehmender Flüssigkeit,
um Wein also oder um ähnliche, stärker wirkende
Genußmittel, so werden die kleinen, oben offen ge-
stalteten oder abgedeckten ELnnehmeschalen und
Einnehmelöffel bevorzugt, kleine flache Porzellan-
schalen, nach Art eines Löffels gestaltet und
Fig. 19. Tropf kork. In einem weit durchbohrten Korkpfropf sitzt ein triehter-
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168
M. MENDELSOHN,
fö]-miger, mit Ausfliißrinne versehener Glaseinsatz, der seinerseits durch einen zweiten,
kleineren Pfropfen verschließbar ist. Durch die sehr wohlfeUe und einfache Einrichtung
kann jede beliebige Flasche zur Tropfflasche umgewandelt werden.
Fig. ;20. Fig. 21. ■
Fig. 20. Geteiltes Ei nnehmeglas. Eine mittlere Scheidewand, welche das
Glas in zwei Hälften teilt, gestattet das Mischen zweier Flüssigkeiten erst im Augenblick
der Einnahme eines jeden Schluckes. Das Glas ist in erster Linie für Brausepulver und
ähnliche Mischungen bestimmt, kann jedoch auch mit Torteil so verwendet werden, daß
in die eine Hälfte Geschmackskorrigentien gebracht werden.
Fig. 21. Kefir-Bereitungsgefäß. Die Kefirkömer kommen in das innere,
siebartige Behältnis, die Milch in das Glasgefäß. Ein oben angebrachter Hahnauslaß
gestattet» die bei der Gärung entstehende überschüssige Kohlensäure zu entfernen.
maiiclimal auch an der inneren Fläche durch Teilstriche graduiert, deren kurzer
Handgriff sie sicherer handhaben läßt , als die langen Stiele der gebräuchhchen
Eßlöffel, zweckmäßige Hilfsmittel, die schon seit geraumer Zeit im Gebrauche sind.
!?odann bedarf der Kranke besonderer Geräte zur Aufstellung der
K"ahrung. Wollte man Speisengefäße einem Kranken, wie sonst, auf einem Eß-
tisch aufstellen, so würde dieser nur unvollkommen seitlich an das Bett sich|heran-
Fig. 22. Eßbrettchen. Das kleine, einem Bänkchen ähnelnde Gerät wird über
den Kranken fort gestellt und ruht mit seinen Füßen auf dem Bettboden auf. Die Füße
sind zusammenlegbar, so daß es beim üSTichtgebrauch leicht im Krankenzimmer Platz
finden kann. Auch läßt sich die obere Platte in mehr oder minder geneigte Stellung
bringen, um als Lesepult und Sehreibpult im Bette zu dienen.
Die Wirkuuff auf die Ernähruna;.
169
rücken lassen und der EJranke könnte, wenn er selbständig ißt, nur in äußerst un-
bequemer Position, nach der Seite hin, an die Speisen heran gelangen. Es ist daher
nötig, ihm eine Eßfläche zu schaffen, welche er auch beim Verharren in der nor-
malen Bettlage unmittelbar vor sich hat, und diesen Zweck erfüllen entweder Eß-
bretter und Eßbänkchen, welche im Krankenbette selber Aufstellung finden, oder
Betttische, deren eigenartige Konstruktion ihnen gestattet, neben dem Bette auf dem
Boden aufzustehen und dabei dennoch die eigentliche Tischplatte vor dem Kranken
verlaufen zu lassen.
Zunächst läßt sich jedes einfache Eßbrett des Haushaltes in das Bett setzen und,
beiderseits vom Kranken, durch untergestopfte Kissen vor dem Umfallen bewahren;
doch ist diese primitive Vornahme, da bei ihr die Last des Ganzen unmittelbar auf dem
Körper des Kranken aufruht, häufig imanwendbar. Es sind dann Eßbretter eigener
Konstruktion nötig, Eßbretter von beinahe der Breite des Bettgestelles, welche beider-
seits Füße haben, die rechts und links vom Körper des Kranken auf der Matratze
Fig. 23. Krankenbetttisch.
aufstehen und hoch genug sind, um das Eßbrett selber frei über dem Körper des
Kranken zu tragen. Sie lassen fast alle ihre Hauptfläche auch in verschiedenartige
Neigimgen bringen, um gleichzeitig als Lese- und Schreibunterlage zu dienen ; be-
sonders mannigfach erfüllen diesen Zweck die nach verschiedenen Eichtungen hin
regulierbaren Bettpulte, die mehrfachen Zwecken dienstbar gemacht werden können.
An Kinderbetten, zumal an solchen, die in Kinderhospitälem Verwendung finden,
sind nicht selten, da hier die Seitenwände höher sind als das Bett selber, diese
Eßbretter direkt mit den Bettseitenwänden verbunden.
Um die Platte eines auf dem Boden aufstehenden Tisches über ein Krankenbett
von der Seite her hinüberreichen zu lassen, ist es nötig, daß der Hauptsockel, auf
welchem der Tisch ruht, nicht, wie sonst, in der Mittelachse sich befindet, sondern an
23
170
M. MENDELSOHN,
einer Seite. Ein solcher Tisch müßte jedoch, schon ohne beschwert zu sein, nach der
nicht unterstützten Seite hin umfallen, wenn das nicht dadurch verhütet würde, daß,
parallel mit der Hauptrichtimg der Tischplatte und fast ebenso weit wie diese, eine
untere Fußplatte oder ein entsprechend langer und ebenso gerichteter Stab angebracht
wäre, welcher einem Umfallen entgegenwirkt. Denn wird, wo eine solche Vorrichtung
vorhanden, auf das freie Ende der Tischplatte ein Druck nach unten hin ausgeübt,
so wäre ein Heruntergehen nur möglich, wenn gleichzeitig dabei die Fußplatte und
mit ihr der ganze Tisch sich nach oben hin vom Boden ablöste, was die Schwere
des ganzen Gerätes nicht zuläßt. Ein solcher Eßtisch kann daher von der Seite
her über das Bett und über den Kranken fortgeschoben werden und sollte aus-
giebigere Verwendung als bisher finden, um so mehr, als diese Eßtische auch in einer
.^^""^^55?
Fig. 24. Krankenbetttiseh.
Fig. 23, 24. Die Krankenbetttische werden entweder ganz aus Holz oder ganz
aus Metall gefertigt oder sie tragen eine Holzplatte auf eisernem Stativ. Diese letztere
Form (Fig. 23) ist die stabilste. Die Tische müssen mit ihrem tragenden Fuße bis un-
mittelbar an die Seitenwand des Bettes herangeschoben werden, damit die aufgestellten
Gegenstände möglichst nach diesem Fuße hin Platz finden können ; auch der festeste
Krankenbetttisch ist immer nur einer gewissen Belastung gewachsen und schwankt bei
starker Inanspruchnahme des freien Endes sehr erheblich, Insbesondere gUt das für die
ganz und gar aus Metall gefertigten Betttische, bei denen, um das Ganze in seiner Hand-
habung nicht so schwer werden zu lassen, Platten und Stützen so dünn werden, daß sie
federn und schwanken.
Sehr wichtig ist die Einstellung der Tischplatte in eine richtige, dem Kranken
bequeme Höhe. Sie geschieht entweder durch Kurbel oder Schraubeudrehung mit HUfe
eines Zahnrades. Die Reibung hierbei muß so bemessen werden, daß auch ohne Fest-
stellung der Schraube etc. der Tisch bei jeder vorkommenden Belastung ohne weiteres
teststeht. Bei gewissen Konstitutionen wird dies dadurch erreicht, daß die tragende
Metallsäule in einer Kugelarretierung gleitet, welche beim Zufassen an bestimmten Stellen
zum Zwecke des' Emporhebens oder Senkens der Platte geöffnet wird; doch ist diese
Handhabung sehr kompliziert und für den nicht Eingeweihten überhaupt unmöglich, so
daß der Nachteil aller dieser Betttische : nur von außen her durch dritte Personen auf-
gestellt werden zu können, hei ihnen besonders hervortritt.
H
Die Wirkung auf die Ernährung.
171
einfachen und wohlfeilen Form herzustellen sind, wo sie dann, da hier die Fußplatte
fortfällt, durch eine einfache Klammer an der oberen Kante der Bettseitenwand be-
festigt werden.
Für die unerläßliche Verstelibarkeit dieser Tische nach verschiedenen Höhen
hin suchen mannigfache Vorrichtungen die hier in der gleichzeitigen Beweglichkeit
und Fixierbarkeit liegenden Schwierigkeiten zu überwinden; aber alle derartigen,
zumal automatischen Feststellungen der Tische sind noch recht problematisch, und
die Aufgabe, Betttische herzu-
stellen, welche auch ohne Mit-
hilfe dritter Personen vom Kran-
kenbette aus leicht verstellbar
sind, ist bisher noch eine un-
gelöste. Doch erfüllt, wenn
auch in anderer Weise, zum
Teil der eigenartige, von Dr.
med. Beedt*) zunächst zu
eigenem Gebrauche in langer
Krankheit konstruierte Bett-
tisch (Kg. 26) diese Anforde-
rungen. Dieser Tisch besitzt
eine kreisrunde Tischplatte,
welche auf einer centralen
Metallsäule ruht und die, was
das Wesentlichste daran ist, un-
beschadet ihrer Verstellbarkeit
und Fixierbarkeit in jeder Höhe,
schon durch ein leichtes An-
stoßen nach der einen wie nach
der anderen Richtung hin, dreh-
bar ist. Zudem besitzt der Tisch
eine abnehmbare und , ebenso
wie die Eßplatten der anderen
Betitische, langgestreckte Auf-
satzplatte, welche auf der runden
Tischplatte durch eine einfache
Vorrichtung befestigt werden
kann ; ist er mit dieser Aufsatz-
platte armiert, so stellt er einen
Betttisoh dar wie die anderen
üblichen, nur daß der Kranke,
wenn er seiner nicht mehr
Fig. 25. Krankenbetttisoh. Eine sehr einfache und wohlfeile Form von Bett-
tischen sind diejenigen, welche seitlich an die Bettwand angeschraubt werden. Eine
Klammer greift von außen her über die obere Kante der Seiten wand des Bettes und
fixiert den Tisch. Diese Tische sind im übiigen nicht verstellbar; ilire Höhe muß daher
ein für allemal den gegebenen Verliältnissen angepaßt sein.
bedarf, durch ein einfaches Fortstoßen die Eßplatte seitlich aus seiner Nähe bringen
kann. Und ohne die Aufsatzplatte können an der Circumerenz des nahe lan das
Bett herangerückten kreisrunden Tisches Gebrauchsgegenstände imd Getränke Auf-
stellung finden, welche auf das leichteste der Kranke je nach Bedarf an sich heran-
drehen und von der Platte entnehmen kann.
Die Körperhaltung beim Eßakt ist sodann ein weiteres
Moment, welches für die mehr oder minder leichte und bequeme Ein-
*) A. Bredt, Ueber einen Tisch für bettlägerige Kranke. Zeitschr. f. Kranken-
pflege, Bd. XVI, 1894, S. 261.
25
172
M. MENDELSOHN,
Yerleibung der Speisen und 'dadurch also für das 'Maß der jedes-
maligen Nahrungsaufnahme überhaupt von Wesentlichkeit ist. Sie ist
eine verschiedene, je nachdem der Kranke außer Bett oder in der
Bettlage die Nahrung einnimmt: und im Bette wiederum danach, ob
er selbständig aufrecht sitzt oder aber mehr der horizontalen Position
angenähert im Bette liegt, eine Situation, die besonders dann be-
deutungsvoll wird, wenn der
Kranke bewußtlos oder zu
schwach ist, als daß eine
unterstützende , selbständige
Mitwirkung seinerseits beim
Eßakte erfolgen könnte.
Kranke, welche es vermögen,
verlassen das Bett zweckmäßig, um
wenigstens die Hauptmahlzeit außer-
halb ihres Krankenbettes einzu-
nehmen; und -n-enn zumal in der
Kekonvalescenz der Kräftezustand
es gestattet, sollen Kranke zum
Essen überhaupt aufstehen, da die
aufrechte Körperhaltimg im Bette,
wie sehr sie auch mit allen Hilfs-
mitteln der Technik und des Kom-
forts unterstützt wird, stets eine
mehr oder minder erhebliche Körper-
anstrengung bedeutet, welche nicht
nur an sich schädliche Rückwir-
kungen haben kann, sondern auch
vom Essen ablenkt und den Appetit
herabsetzt. Nur wirklich Schwache
bleiben daher auch in der Eekon-
valescenz im Bette.
Fig. 26. Krankenbett! isch. Die Abbildung zeigt den im Texte erwähnten
Krankenbetttisch von Dr. med. BEEDT mit der aufgelegten Ansatzplatte. Der Tisch selber
trägt nur eine kreisrande, um die Mittelachse drehbare Platte; die Aiifsatzplatte ist, soweit
sie die Tischplatte deckt, ebenfalls kreisrund und von gleicher Größe, erstreckt sich jedoch
seitlich in der Fonn der üblichen Kraukenbetttischplatlen über die ganze Breite des Bettes
und trägt außerdem noch ein kleines Lesepiüt. Die Arretierung in jeder Höhe geschieht
durch einen Gewichtsbebel, welcher ein besonderes Feststellen überflüssig macht.
Wo Kranke zum Essen das Bett verlassen, ist einmal eine ausreichend
unterstützte Sitzvorrichtung und sodann ihre Bekleidimg notwendiges Objekt der
Sorgfalt. Wie auch der individuellen Gewohnheit entsprechend der in Gebrauch ge-
zogene Sitz beschaffen sein mag. eine Rückenlehne und sonstige Unterstützungsmittel
sind an ihm nicht zu entbehren, um in den Eßpausen ein zureichendes Ausruhen
des Kranken zu ermöglichen; auch sind Armlehnen für solchen Zweck recht ge-
eignet, ebenso wie auch die Füße, der Höhe des Sitzes entsprechend, einer eventuellen
Unterstützung bedürfen, und dieser selber in seiner Höhe derjenigen des Tisches an-
gepaßt sein muß, um ein "Vornüberbeugen bei zu niedriger Tischplatte und ein zu
angestrengtes Erheben der Arme bei zu hoher Tischfläche zu verhüten.
Die Sorge für eine ausreichende Bekleidung wird erfahrungsgemäß hierbei
häufig nicht genügend ausgeübt; insbesondere wird die imtere Körperhälfte nicht
warm genug gehalten. Es ist unerläßlich, daß, wer das Bett verläßt, um seine
Mahlzeit einzunehmen, nicht nur die Füße selber, und zwar mit Strümpfen und
ausreichend warmen Schuhen, bekleidet, sondern auch die unteren Extremitäten in
genügendem Maße einhüUt, und nicht etwa nur mit Unterkleidern ; besonders müssen
26
Die Wirkung auf die Ernährung.
173
Frauen sich, entspreciiend warm anziehen und keinesfalls etwa, wie es vielfach ge-
schieht, nur ein Hauskleid und allenfalls ein Unterkleid flüchtig überwerfen.
Fig. 27. Nackenluf tkissen. Das Gerät, welches nicht zu jjrall aufgeblasen
werden darf, kommt nicht im Liegen, sondern nur beim Geneigt- oder Aufrechtsitzen des
Kranken zur Ausfüllung der Nackeuexkayation zur Verwendung. Es muß ebenso wie
jedes andere Bettstück mit einem leineneu TJeberzuge versehen werden und ist seitlieh
durch Bänder oder mittels Verbandnadeln, die natürlich nur den Ueberzug, nicht das
Kissen, durchstechen dürfen, an der geeigneten Stelle der Rückenlehne zu fixieren, nicht
aber dem aufrecht im Bette sitzenden Kranken zu eigener Festhaltung zu überlassen.
Muß der Kranke die Nahrung im Bette genießen, so hat er dabei eine
möglichst aufrechte Körperhaltung einzunehmen. Abgesehen von der auch hier wieder
notwendigen Sorgfalt für eine zureichende Bekleidung, da kein Kranker nur im
Hemd aufrecht im Bette sitzen darf, sondern für diesen Zweck mit weichen Jacken
oder Tüchern, die mittels Verbandnadeln in ihrer Lage erhalten werden, zu bekleiden
ist — abgesehen von dieser Vorsorge ist die wichtigste Kegel für die aktive auf-
rechte Speiseneinnahme im Bette die, daß der Kranke dabei allseitig und ausreichend
unterstützt wird. Auch hier muß also eine Kückenlehne geschaffen werden, eine
solche jedoch, an welche der Kranke dauernd und kontinuirlich während des ganzen
Fig. 28. Verstellbare Rückenlehne.
Eßakte.s sich sicher anzulehnen vermag. Das Einfachste hierfür ist, dem Kranken,
nachdem man ihn aufgerichtet hat, das Kopfkissen in den Kücken zu legen und
den freien Raum zwischen diesem und dem Bette durch Matratzenkeilkissen, durch
Decken und durch andere Hilfsmittel so auszufüllen, daß ein festes und unnach-
giebiges Widerlager entsteht. Im Notfalle, aber auch nur in diesem, läßt sich ein
174
M. MENDELSOHN.
_ tungekehrter Stuhl so mit dem oberen Eande der Stuhllehne und der vorderen
Kante des Sitzes auf der Matratze niederlegen, daß die nach vorn hin gerichtete
Stuhllehne mitsamt den beiden Hinterfüßen eine schiefe Ebene abgiebt, auf welcher
dann weichere Polster zur Unterlage für das Kopfkissen Platz finden können. Vor
allem aber ist hierbei nötig,
die Exkavation des Nackens
genügend auszufüllen. Kecht
zweckentsprechend sind hier-
für die eigens für den Ge-
brauch der Krankenpflege her-
gestellten Nackenluftkissen,
Gummirollen, die bis zu jeder
beliebigen Füllung aufgeblasen
und, mit leinenem Ueberzuge
versehen, dem Kranken unter
den Nacken gelegt werden
können. Wo die äußeren Ver-
hältnisse einen solchen Kom-
fort erlauben , empfiehlt es
sich, besonders für die selbst-
thätige Nahnmgseinnahme im
Fig. 29. V e r s t e 11 b a r e E ü c k e n 1 e h n e. ^^^^^ Pvückenlehnen mit Arm-
stützen anzuwenden. Diese
Geräte können, während der Kranke darauf ruht, bis zu beliebiger Neigung auf-
gerichtet werden und seinen Oberkörper mit anheben; dabei gewähren die gleich-
Fig. 30. Verstellbare Kückenlehne.
Fig. 28, 29, 30. Die auch ,,Keilralimen'' genannten verstellbaren Eückenlehnen
Tferden vom Kopfende des Bettes her durch dritte Personen vei-stellt. Es dient dazu ein
Giurt, welcher an der unteren Fläche des oberen Eahniens befestigt ist und zum Bettkopf-
ende heraushängt. Ein jedes Anheben oder Niederlassen hat langsam und allmählich
zu geschehen ; beim Autheben gleitet die tragende Stütze auf den Zahnstangen des unteren
Eahmens von selber in die entsprechende Stellung ; beim Herunterlassen ist sie zunächst
anzuheben, was mittels eines zweiten an ihr befindlichen und mit dem ei'sten zusammen-
hängenden Gtu"tes geschieht. Die Eückenlehnen werden aus Holz oder aus Metall in den
verschiedenartigsten Formen gefertigt. Je starrer ihre tragende Fläche ist, desto mehr
muß sie durch nachgiebiges Material überpolstert werden; zweckmäßig sind die ein Keil-
kissen in fester Verbindung tragenden Exemplare (Fig. 30) , da sie ein Herabgleiten des
Kissens bei steilerer Stellung verhüten ; doch ist allerdings ihre Eeinigvmg eine schwierige.
Die mit seitlichen Euhepolstem für den Kopf und seitlichen verstellbaren Armstützen
versehenen Rückenlehnen (Fig. 28) sind für Dyspnoische und ähnliche Kranke wertvoll,
für den allgemeinen Gebrauch behindern sie die freie Beweglichkeit des Kranken, der ge-
wissermaßen allseitig in ihnen eingeschlossen ist, allzusehr.
28
Die Wirkung auf die Ernähruna'.
175
falls verstellbaren Armstützen einen genügenden Schutz gegen das Herabsinken des
Körpers" und die seitlicb in Kopfhöhe angebrachten Polster einen ebensolchen gegen
ein Hinübergleiten des Kranken nach außen hin.
Aber auch ohne eine derartige mechanische Vorrichtung darf das Aufsetzen
der Kranken im Bett niemals selbständig erfolgen, sondern sie sind stets dabei zu
unterstützen, da die plötzbche und große An-
strengung des Aufrichtens eine starke Erhöhung
des Blutdruckes mit allen ihren nicht selten
verhängnisvollen Konsequenzen auf das Herz
und die Wandungen der Blutgefäße bewirken
kann. Es muß daher, um eine solche imver-
mittelte Anspannung der Kräfte zu verhüten,
ein jedes Aufrichten eines Kranken in sach-
gemäßer Weise entweder passiv, dm-ch eine
mehr oder minder vollständige Unterstützung
und ein direktes Aufheben des Körpers durch
die Krankenpflegerin, geschehen, oder aber es
sind eigene Vorrichtungen und Handhaben
nötig, welche das selbständige und aktive Auf-
richten dem Kranken erleichtern. Denn so ver-
mag er den wesentlichsten Teil der aufzu-
wendenden Kraft mit seiner Armmuskvdatur zu
leisten, während sonst nur die erhebhch schwi
cheren und imgeübteren Bauchmuskeln, welcl
besonders durch die dabei erfolgende unve:
meidhche Anspannung der Bauchpresse in eir
nachteilige und übermäßige Funktion tretei
neben den Muskeln des Rumpfes das Au
richten besorgen. Solche Geräte sind entwed«
eine einfache Bettschnur, welche mit ihre
freien Enden um die Pfosten des Bettfußende
geschlungen wird und, nach gehöriger Eii
stellimg, dem Kranken einen bequem ergrei:
baren Handgriff darbietet; oder aber sie sin 1
eine ähnliche Vorrichtung wie die von Dr. med
Ohstmann*) angegebene Kückenlehne für beti
lägerige Kranke ; auch bei ihr wird der Eieme
um das Fußende des Bettes geschlungen, wäl
rend das mittlere Zwischenstück zum Anfassen
und zum Aufrichten dient, das hintere, ge-
polsterte dagegen eine Lehne darbietet, welche
nach geschehenem Aufrichten, wenn der Riemen
entsprechend geschnallt ist, dem Kranken als
Rückenlehne dienen kann.
Nicht immer gestattet der Krankheits-
zustand und insbesondere die allgemeine Pro-
stration ein vollständiges Aufrichten des Kran-
ken; es kann dann nur in einer mehr oder
minder geneigten Körperhalt un g die
Nahrung eingenommen werden. Auf die
besondere Sorgfalt, die hier nötig wird, und
zwar in erster Linie hinsichthch der Verhütung
eines Verschluckens, sei nochmals mit Nach-
druck hingewiesen. Auch hier, wenn kein
völliges Aufrechtsitzen sich ermöglichen läßt.
l"ig. d1. iiück oulehne. Das von
Dr. med.OHETMÄNN angegebene Gerät
ist aus Leder; die eigentliche Rücken-
lehne trägt eine Polsterung. Es ist
nicht nur für jedes Bett, sondern auch
für jede Körperhaltung des Kranken.
verstellbar.
*) Ohetmann, Zur bequemen Lagerung der Kranken. Zeitschr. für Kranken-
pflege 1896, No. 2, S. 45.
29
176
M. MENDELSOHN,
kann durcli eine mäßige Erhöhung des Oherkörpers aus seiner geneigten Lage
immer noch eine wertvolle Erleichterimg des Eßaktes herbeigeführt werden ; für die stete
Ermöglichung dieser Aufgabe sind die beschriebenen verstellbaren Keürahmen äußerst
zweckdienlich. Bei diesen Kranken aber bietet das Herabsinken des Oberkörpers aus
seiner erhöhten Position, das Hinuntergleiten von einer wenn auch nur mäßigen
Neigung, eine Hauptschwierigkeit für die Durchführung einer erhöhten Körperlage,
wie in der Krankenpflege überhaupt, so auch bei der Darreichung der Nahrung;
eine Schwierigkeit, die mit Sicherheit zu überwinden bisher keineswegs gelungen ist.
Am besten noch wird ein Herabsinken verhütet durch ein in England hergestelltes
Gerät, ein weiches Drahtgeflecht, welches unterhalb der Nates quer über die Matratze
gelegt, unter einer nur mäßigen Neigung von einer Seite des Bettes zur anderen
hinüberzieht, und auf dem der Kranke gewissermaßen im Liegen sitzt ; dabei ist die
Fig. 32. Gesäßstütze. Das Gerät hat die ungefähre Breite eines Krankenbettes ;
es mrd unterhalb der Nates des Kranken mit Hilfe der seitlich an ihm angebrachten
Bänder so befestigt, daß diese um das Kopfende des Bettes herumgeführt und dort mit-
einander vereinigt werden; so kann die Gesäßstütze nicht abwärts gedrängt werden.
Fig. 33. Bettdecke. Die an der Bettdecke angebrachten Aermel sind relativ
kurz und sehr weit, so daß der Kranke ohne weiteres mit den Armen zu ihnen hinaus-
und wieder in sie hineinsehlüpfen kann. Das inmitten der Aermel angebrachten muffeu-
artige Schutzstück ist entbehrlich.
■30
Die Wirkung auf die Ernährung.
177
Fig. 34. Krankenbett.
Fig. 35. Krankenbett.
Fig. 34, 35. Der aus Metallgeflecbt hergestellte Bettboden des Krankenbettes ruht
in der normalen Stellung mit einer an seiner unteren Fläche befindlichen großen kreis-
förmigen Scheibe auf einer gleich großen zweiten Kreisscheibe auf, welche zum Bettgestelle
gehört (Fig. 34). Die beiden Scheiben gleiten aufeinander; so daß sich der Bettboden
durch eine Drehung um 90° quer zur Längsachse des Bettes stellen läßt (Fig. 35) und
danach durch eine einfache Vorrichtung mit dem Kopfteil angehoben, 'mit dem Fußteil
htrab gelassen und in dieser Lage fixiert werden kacn.
31
178 M. meKdelsohn,
obere Kante des Geflechts so weich und nachgiebig gestaltet, daß ihr Druck, der
natürhch durch darüber gelegte Betttücher abgeschwächt werden muß, nicht unan-
genehm zur Perception kommt. Recht zweckmäßig ist auch für diejenigen Fälle, in
welchen der Kranke zwar zu einem gewissen Teile selbstthätig, aber doch in relativ
geneigter Körperhaltung, die Nahrung einzunehmen gezwungen ist, die Anwendung
einer ganz neuerdings hergestellten Bettdecke, welche an ihrer oberen Cirkumferenz
einen Ausschnitt trägt und hinter diesem am Nacken des Kranken befestigt werden
kann, einer Decke, die zudem noch als besonderen Vorzug zwei in ihre Oberfläche
eingelassene Aermel besitzt, so daß der Kranke, ohne sich zu entblößen, unter der
Decke bleiben und dabei dennoch zu essen und auch sonst so weit als nötig mit
seinen Armen sich frei zu bewegen vermag.
Handelt es sich um sehr schwer kranke oder bewußtlose Patienten, so ist die
Prostration natürlich eine erhebUche. Bei diesen, wie überhaupt bei niedrig und
hingestreckt liegenden Kranken, wird es nötig, da für die ganze Dauer des Eß-
aktes eine Erhaltung des Oberkörpers in aufrechter Position nicht möghch ist, wenigstens
so weit als thunlich eine solche während eines jeden einzelnen Kau- ufld Schluck-
aktes herbeizuführen. Hier muß daher ein Anheben des Kopfes bei jedem Einflößen
eines Schluckes Flüssigkeit wenigstens zu einem kleinen Teile die Erhöhung des
Oberkörpers ersetzen. Dieses Aufheben hat aber, ebenso wie das Aufrichten des
ganzen Oberkörpers, niemals etwa durch ein unmittelbares Herunterfassen imter
Kopf oder Eücken zu geschehen, sondern einzig und allein nur durch ein solches
unter das Kopfkissen, welches mitsamt dem darauf ruhenden Körper aufgerichtet
wird; eine Vermeidung dieser Vorsicht würde, wenn man hinter den Eücken faßt
und den Kranken selber direkt anhebt, diesen zwingen, unter nicht unerheblicher
Muskelanspannung die Last des Kopfes selber zu tragen, und es würde außerdem,
da sein ganzes Gewicht nun auf einzelnen Druckpunkten nur ruht, welche die unter
die Körperfläche greifenden Finger der aufhebenden Hand an ihren Kontakt-
stellen bilden, die Manipulationen unangenehm und selbst schmerzhaft für den
Kranken sein. lind ist ein Aufrichten, welcher Art auch immer, ganz und gar nicht
möglich, wie bei bewußtlosen Kranken, denen sich dann natürlich nur flüssige Nahrung
einflößen läßt, so geschieht, wenn sie auf eine Berührung ihrer Zähne mit dem Löffel
den Mund öffnen, die Einbringung der einzelnen, hier ganz besonders klein zu be-
messenden Flüssigkeitsquantitäten in der üblichen Weise; sie schlucken, ist die
Flüssigkeit erst auf der Zunge, sie dann auch ohne weiteres. Gelingt es dagegen
nicht, selbst bei leichtem Nachhelfen, die Kiefer zu öffnen, so kann man solchen
Kranken den Kopf zur Seite legen, mit zwei Fingern der linken Hand den Mund-
winkel auseinanderspreizen imd, wenn einzelne Backenzähne fehlen sollten, durch
diese Lücken, sonst dagegen hinter dem letzten Backenzahn die Flüssigkeit von der
Seite her auf die Zunge bringen.
Wo der Zustand ein so schwerer ist, daß keinerlei Anheben möghch ist,
oder wo die äußeren Verhältnisse überhaupt einen derartigen Komfort gestatten,
können mechanische Einrichtungen von manchmal komplizierter Natur
unterstützend rmd vorteilhaft mitwirken. Bekannt sind die verschiedenen Kranken-
hebeapparate, welche hier und da auch für die Vornahme der Ernährung heran-
gezogen werden können; Vortreffliches leisten die verschiedenen mechanischen
Betten, von denen besonders kunstvoll gefertigte Exemplare*) durch ein einfaches
Lösen einer Schraube an der Außenseite des Bettes das Kopfende der Matratze mit
allem Zubehör nach oben, das Fußende dagegen nach unten sinken lassen, so daß
der Kranke, gänzlich ohne sein Zuthun, in eine völlig sitzende Position gerät, eine
Vorrichtung, die, wie ersichtlich, nicht nur für den Eßakt, sondern auch für die
Defäkation von großer Bedeutung ist und dort nähere Besprechung finden wird.
Die Gestaltung der eigentlichen Speiseneinnahme hat
sodann ihre wichtige Folgewirkung auf Appetit, Verdauung und
Ausnützung der Speisen. Sie soll nicht allzu langsam erfolgen,
*) Maktin Mendelsohn, Gerätschaften der Krankenpflege. Demonstration in
der Sitzung der Berliner medizinischen Gesellschaft vom 18. März 1896. Berl. klin.
Wochenschr. 1896, No. 14.
32
Die Wirkung auf die Ernährung.
179
da der Kranke sonst darüber ermüdet, aber auch nicht zu schnell ge-
schehen: es darf nicht zu hastig gegessen werden, und nicht ohne
Grund haben die Alten das Essen mit religiösen Gebräuchen umgeben,
die eine relativ lange Zeit für die Mahlzeit nötig machten. Denn selbst
abgesehen von der sonst eintretenden Unmöglichkeit eines ausreichen-
den Zerkauens, welches in der Krankenpflege allerdings in überwiegen-
dem Maße bei der breiigen oder flüssigen Konsistenz ihrer Speisen in
Fortfall kommt, hat ein zu schnell sich folgendes Hinunterschlucken
von Nahrung unregelmäßig ablaufende Kontraktion der Magenmusku-
latur zur Folge; wenn auch das Zeitintervall von 50 — 80 Sekunden,
das nach Baumont's direkten Beobachtungen nötig ist, um die Magen-
muskulatur nach der Einverleibung eines Bissens wieder zur Ruhe
kommen zu lassen, als Zwischenzeit für je zwei Bissen ein etwas zu
groß bemessenes sein dürfte, so ist doch eine langsame Einnahme der
Speisen durchaus notwendig. Diese Einnahme der Speisen selber kann
nun in drei verschiedenen Formen vor sich gehen: der Kranke kann
die Speisen selbständig einführen, sie können ihm passiv gegeben
werden ; und es kann schheßlich dazu kommen, daß sie ihm gegen
seinen Willen zwangsweise beigebracht werden müssen.
Die aktive Speiseneinfülirung geschielit, wo es angeht, mit den übhchen
Eßgeräten; auch hier ist den Gewohnheiten des Kranken möglichst Rechnung zu
tragen, so daß also Messer und Gabel und die sonstige Zurichtung, wo der Krank-
heitszustand eine solche Selbständigkeit gestattet, ihm bleiben. Sonst ist, um bei
Personen, deren Hände zittern, und bei unsicherem Hantieren überhaupt Ver-
letzungen zu vermeiden, nur der Löffel angemessen, am besten die zwischen Thee-
löffel imd Eßlöffel stehende Größe des sogenannten Dessertlöffels, da der eine von
diesen zu wenig faßt, der andere für schwache Personen schwer zw handhaben ist.
Flüssigkeiten werden bei der selbstän-
digen Einnahme, wenn nicht eigene
Geräte dafür da sind, am besten durch
gläserne Saugröhrchen genommen ; es
sind auch Gummischläuche im Ge-
brauch, welche ein Ansaugen der Nah-
rung von einem nebenstehenden Tische
aus gestatten, doch sind sie insofern
unzweckmäßig, als sie der Nahrung
einen Gummigeschmack mitteilen. Was
man einem Kranken an Flüssigkeit
auch darreiche, immer fülle man das
Trinkgefäß nur halbvoll; auch setze
man es zunächst vor ihm nieder oder
bringe es unmittelbar vor ihn, ehe es
gefüllt wird, damit ein Ueberlaufen ver-
mieden wird. Die festen Speisen müssen
Fig. 36. Saugröhrchen. Jedes beliebige stumpf gebogene Eöhrchen kann zum
Zwecke der Flüssigkeitsaufnahme verwendet werden. Glas ist wegen der absoluten Ge-
schmacklosigkeit und der leichten Reinigung und Kontrolle am besten zu verwenden; es
ist dabei auf das sorgsamste darauf zu achten, daß beide freien Enden, insbesondere das
für den Mund bestimmte, rund geschmolzen sind und keine scharfen Kanten haben.
dem Kranken häufig in ausreichend kleine Bissen zerschnitten werden, die er daun
mit dem Löffel, nicht mit der Gabel nimmt; keinesfalls soll, außer bei schon kräftigen
ßekonvalescenten , ein unmittelbares Abbeißen der einzelnen Bissen von einem
größeren Speisenstücke erfolgen, da hierdurch immer die Kräfte des Kranken ohne
Not in Anspruch genommen werden.
Handbuch der spec. Therapie inn, Krankh Suppl, I, Hett 3.1
Mendelsohn, Krankenpflege.
33
13
3
180
M. MENDELSOHN,
Die passive Speiseneinführung, das Füttern des Kranken, geschieht
ausschließlich nur entweder mittels der Schnabeltassen oder des Löffels. Und zwar
ist hierbei ganz besonders der Zustand der Nahrung hinsichtlich ihrer Temperatur,
ihrer Konsistenz und ihres Volimiens zu beachten, und vor allem auch die soeben
geschilderte Körperhaltung des Patienten, welche je nach seinem Kräftezustande
verschiedenartige Beeinflussung und Unterstützung erheischt.
Wird es schon bei der selbständigen Nahmngseinnahme oft nötig, so können bei
dem Füttern der Patienten, bei der passiven Darreichung der Nahrung, ein gewisser
Nachdruck und Zuspruch, mehr oder minder weitgehende Bemühungen, den
Kranken zu einer ausreichenden Einnahme zu veranlassen, nur selten entbehrt werden.
Es ist ein eigentümlicher Zusammenhang bei vielfachen und verschiedenartigen Krank-
heiten, daß gerade eine Herabsetzung des Appetits, und oft in gänzhchem Maße,
durch sie herbeigeführt wird und in den Vordergrund tritt; aber daß diese Ab-
neigung, zu essen, keineswegs identisch ist mit einem thatsächlich mangelnden Be-
dürfnis zur Nahrungsaufnahme oder mit einem imzureichenden Vermögen, die ein-
mal einverleibte Nahrung auch zu verdauen und zu assimiheren; und da der Appetit
überhaupt von Vorstellungen imd Einbildungen und vielfachen anderen psychischen
Momenten abhängig ist, ein Zusammenhang, der in der Krankenpflege von größter
Bedeutung wird, ist während der Darreichung der Nahrung ein freundlicher Zu-
spruch, in der Einnahme fortzufahren, oft unerläßlich. Wie weit dieser zu gehen
hat, wie er das einemal zurückhaltender und schonender, in anderem Falle wieder
energischer ausgesprochen werden
muß, hängt zu sehr von der In-
dividualität des Kranken und dem
Takte und der Veranlagung der
pflegenden Person ab, als daß es
sich in Regeln bringen ließe; niu:
ist zu betonen, daß, wenn nicht
gerade ein quantitativer Zweck der
Ernährungstherapie verfolgt werden
soll, die Nötigung bei der einzelnen
Speiseneinnahme keine zu weit-
gehende sein darf , sondern die
Pflege sich damit begnügen muß,
zunächst das Erreichbare zu
schaffen. Ueberhaupt ist hier immer
Fig. 37. Trinkgefäß. Das kleine Glasgefäß abzuwägen, welches das wichtigere
ist durch seine Form und die Gestalt seines, von Moment ist: ob der Verzicht auf
der unteren Circumferenz ausgehenden Ausfluß- die Einnahme eines gewissen, wenn
rohi-es für ein Trinken in jeder Körperhaltung ge- ^^^^ erwünschten Nahrungsquan-
eigaet. tums, oder die Fernhaltung der
mit jeder energischen Nahrungsdar-
reichung unumgänglich verknüpften Erregung des Patienten, die Vermeidung der
Steigerung seiner Abneigung gegen die Nahrungsaufnahme und die Verhütimg der
schließhch dauernd sich ausbildenden Unruhe und selbst Angst vor der jedesmaligen
nächsten Mahlzeit.
Sodann darf auch bei der passiven Einführung der Speisen die Art der
Verabfolgung den Appetit des Kranken nicht stören. Es ist nicht zu gestatten,
daß die Pflegerin etwa zum Abkühlen einer Suppe in sie hineinblase; und noch
weniger darf sie mit demselben Löffel, der zum Füttern des Kranken dient, vor
seinen Augen die Speisen kosten. Auch, daß die einzelnen Bissen, bei aller Sorg-
falt für ihre vorhergehende Zerkleinerung, nicht übertrieben kleine sein dürfen,
hat seine besondere Bedeutung für das Schlucken ; kleine Bissen , insbesondere
Körner, schlucken sich schlecht imd lassen den Kranken häufig sich verschlucken,
so daß Suppen und ähnliche Speisen vor der Darreichung durchzusieben sind.
Die gezwungene Speiseneinführung, die Zustände, in denen der
Patient der Ernährung widerstrebt, fallen in die künstliche Ernährimg, welche in
diesem Werke eine besondere Besprechung nicht erfährt; sie sind im wesentlichen
der speciellen Therapie der Geisteskrankheiten zuzurechnen.
34
Die Wirkung auf die Ernährimg.
181
Bedarf so der Eßakt an sich, der lokale Vorgang der Einver-
leibung der Nahrung, nach vielfacher Richtung hin der Beachtung und
Besorgung, so ist das des weiteren auch für die Person des Essenden
selber, für das Verhalten während der Nahrungsaufnahme
nötig; und zwar kommt hier einmal deren allgemeiner Zustand zur
Geltung, sodann aber besonders auch das körperliche Verhalten bei der
Nahrungsaufnahme in den verschiedenen möglichen Situationen.
Der Einfluß psychischer Erregungsvorgänge übt im
ganzen menschlichen Organismus sehr weitgehende Einwirkungen auf
die Qualität der Sekretion der verschiedenen Drüsen und auf die Aus-
lösung der automatischen und reflektorischen Bewegungsvorgänge aus.
So wird dieser Einfluß der verschiedenen Erregungszustände des Nerven-
systems auch wesentlich maßgebend für die A b s o n d e r u n g d e r V e r -
dauungssekrete und für den Ablauf der peristaltischen Be-
wegungen des Verdauungskanals. Darum ist der psychische
Zustand, . in welchem der Kranke die Nahrungsaufnahme unternimmt,
von nicht zu vernachlässigender Bedeutung.
Schon im täglichen Leben darf niemals unmittelbar nach vorangegangener An-
strengung und Geschäftigkeit eine zumal größere Mahlzeit eingenommen werden;
immer ist erst eine kurze Zeit der Beruhigung und der Erholung einzuschieben.
Und vornehmlich wird das notwendig, wenn außergewöhnliche psychische Emotionen
stattgefunden haben. Für Kranke trifft das natürlich
in noch erhöhtem Maße zu; ob nun die Erregung
aus anderen Ursachen erfolgt oder in ausgesprochenem
Maße aus der Abneigung und aus der Furcht vor
der Nahrungsaufnahme selber resultiert — sowie sie
eine stark ausgesprochene oder hochgradige ist, muß
die Nahrungsdarreichung verschoben und es soll mög-
lichst zugewartet werden. Wie sehr die Nichtachtung
dieser Vorsicht als deutlich wirksamer krankheits-
erregender Faktor in die Erscheinung treten kann,
lehrt ja die Aetiologie der nervösen Dyspepsie. Da-
gegen ist andererseits, zumal für Kranke, eine an-
gemessene und einfache, zerstreuende und leichte
Bethätigung, beispielsweise harmlose Lektüre oder
Blumenpflegc und ähnliche Dinge mehr, eine ange-
messene Ueberleitung zu dem Eßakt. Zu diesem
Fig. 38. Mite hp rufe r. Eine kleine Kngel, welche au einem Faden hängt, ist
in ihrem Gewicht so kalibriert, daß sie bei ausreichender, einer genügend guten Be-
schaffenheit der Milch entsprechender Dichte der Flüssigkeit gerade zur Hälfte unter die
Oberfläche einsinkt, keinesfalls jedoch auf den Boden des Gefäßes sinken darf.
selber muß ein Kranker dann immer erst entsprechend vorbereitet werden ; man
darf ihn sozusagen nicht mit dem Essen überfallen, sondern hat seine Aufmerksam-
keit durch die für die Nahrungsaufnahme nötigen vorbereitenden ]Manipulationen
auf diese hinüberzuleiten.
Für das allgemeine Verhalten beim Essen selber ist in noch
höherem Maße nicht nur jede psychische Emotion zu vermeiden, sondern
sogar geistige Thätigkeit überhaupt fernzuhalten. Das gilt für Ge-
sunde wie für Kranke. Denn bei jeder erheblicheren psychischen Kon-
zentration wird der Blutafflux zum Gehirn gesteigert und dadurch
der Säftestrom vom Digestionsapparat abgeleitet: daher
empfiehlt es sich auch nicht, was so häufig geschieht, beim Essen zu
lesen. Auch lenkt eine geistige Beschäftigung oder eine sonstige Be-
thätigung vom eigentlichen Eßakte ab, läßt das Kauen, da ihm nicht
13*
35
182
M. MENDELSOHN.
genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird, nur unzureichend vor sich
gehen und verhindert aus demselben
Grunde eine genügende Speisenein-
nahme überhaupt.
Die gleichen Gründe, wie sie während
der Nahrungsaufnahme selber maßgebend
sind, verbieten eine besondere geistige
Thätigkeit unmittelbar nach der
Nahrungsaufnahme. Unsere Schulen
mit ihren gleich nach der Mittagszeit be-
ginnenden Unterrichtsstunden berücksich-
tigen auch für den Zustand der Gesundheit
dieses hygienische Moment nicht immer;
vor allem aber ist für den Kranken zu ver-
meiden, daß bald nach einer größeren Mahl-
zeit irgend welche geistige Thätigkeit auf-
genommen wird.
Fig. 39. Flaschenöffner. In dem Gerät bohrt sich, wenn der Hebel herunter-
gedrückt wird, ein Propfenzieher selbstthätig in den K"rk und steigt ebenso wieder nach
oben, den Pfropfen entfernend ; der Flaschenöffner dürfte für Krankenhäuser, wo eine
große Zahl von Flaschen gleichzeitig zu öffnen sind, aber auch sonst für kohlensäure-
haltige Getränke, Mineralwasser, Champagner etc., in der Krankenpflege zweckmäßig zur
Verwendung kommen.
Der Verdauungsakt nimmt von der Gesamtblutmasse einen so
erheblichen Teil in Anspruch, daß mit Notwendigkeit sich ein mehr
oder minder ausgesprochenes Müdigkeits gefühl nach größereu
Mahlzeiten einstellt, welches unsere Kultur durch die aualeptische
Wirkung des Kaffees zu bekämpfen sucht; beim Säugling ist es so
überwältigend, daß er in unmittelbarstem Anschlüsse an jede zureichende
Nahrungseinnahme einschläft, und auch anämische und chlorotische
Personen sowie Fettleibige und Magenkranke können, selbst unter
Aufbietung großer Energie, diesem Ermüdungsgefühl für gewöhnlich
nicht widerstehen, sondern verfallen in einen wenn auch nicht immer
tiefen Schlaf. Diese viel ventilierte Frage : ob man nach Tische schlafen
solle oder nicht, welche in den bekannten und berühmten Regeln der
medizinischen Schule von Salerno verneint wurde: „post coenam
stabis aut passus mille meabis" — darf keinesfalls nach der einen
oder der anderen Seite hin ausschließlich entschieden werden. Aller-
dings vermindert ein tiefer Schlaf die Bewegungsenergie des Magens
und schädigt durch diese Beeinträchtigung der motorischen Funktion
des Organs die Verdauung. Für viele, zumal für schwächliche Per-
sonen, ist jedoch eine jede, selbst eine mäßige Körperbewegung nach
größeren Mahlzeiten eine Qual, und kann ihnen ein nicht zu lange
währendes Schlafen schon gestattet werden; nur bei vorhandener
Arteriosklerose oder bei ausgesprochener Fettleibigkeit wäre, da in
der Verdauung der Blutdruck gesteigert ist, ein Schlaf in horizontaler
Lage zu vermeiden. Das hat natürlich bei außer Bett befindlichen
Patienten auch für das Schlafengehen nach dem Abendessen Geltung,
welches, wenn möglich, nie früher als zwei Stunden nach der letzten
Speiseneinnahme erfolgen sollte.
In somatischer Hinsicht ist die Sorgfalt auf die möglichste Ver-
meidung j eglicher Kompression des Magens zurichten; sie
36
Die Wirkung auf die Ernährung. 183
kann schon durch eine unzweckmäßige Körperhaltung herbeigeführt
werden, aber auch durch einschnürende Kleidung.
Frauen sollen daher bei eng angelegtem Korsett nicht essen, wie überhaupt
beim Essen die Kleider eher zu lockern sind, insbesondere bei Kranken, da die
Kompression des Magens nicht allein seine Kapacität verringert und damit die An-
füllung erschwert, sondern auch die Sekretion herabsetzt und in noch höherem Maße
seine Motilität beeinträchtigt.
Von weiterem somatischem Verhalten nach der Speiseneinnahme
ist zu berücksichtigen, daß körperliche Anstrengungen oder
etwa gar Körperübungen jedenfalls unzuträglich sind, da auch sie
einmal sowohl direkte Kompressionen des Magens herbeiführen können,
vor allem aber den Blutafflux nach den übermäßig thätigen Muskeln
hin und von den verdauenden Organen fort leiten würden. Eine
solche Kompression ist überhaupt auch noch nach dem Essen zu ver-
meiden; sie kann, wie schon erwähnt, mit Leichtigkeit durch eine
unzweckmäßige, nach vorn übergebeugte Körperhaltung entstehen, so
daß also beispielsweise ein Lesen oder Schreiben nach der Mahlzeit
aus dreifacher Ursache schädlich wirkt: aus der vorn übergebeugten
Haltung, aus der möglichen Kompression der Magengegend gegen die
vordere Tischkante und aus der geistigen Anspannung dabei.
Eine wesentliche direkte Erhöhung des Ernährungseffekts bewirken
sodann die somatischen Heilmittel, welche die so wichtige Mund-
pflege des Kranken betreffen, diejenigen Vornahmen, welche die
Mundhöhle stets rein und feucht erhalten; Heilmittel, denen sich zu
dem gleichen Zwecke die Maßnahmen für eine zweckentsprechende
Lagerung, insbesondere während des Schlafes hinzugesellen, da bei
deren Außerachtlassen die Austrocknung der Mundhöhle, wenn die
Eespiration durch sie und nicht durch die Nase erfolgt, schneller vor
sich geht. Eine sorgsame Mundpflege, ein gewissenhaft überwachtes
Feuchthalten des Mundes erleichtert das Kauen und die Be-
wegungen der Zunge, befördert die Zerkleinerung und die Auflösung
der Speisen und unterstützt insbesondere den Schluckakt
sehr wesentlich, indem dadurch nicht nur die Wände des von dem
Bissen zu passierenden Weges schlüpfrig gemacht, sondern dieser
selber auch besser plastisch geformt und ein Verschlucken so verhütet
wird. Außerdem aber haben dieselben Heilmittel der Krankenpflege,
welche imstande sind, ein Austrocknen der Mundhöhle zu
verhüten, gleichzeitig die sehr wesentliche Bedeutung, daß dadurch
das Durstgefühl für den Kranken verringert wird. Wenn auch das
präsumptive Durstcentrum im Occipitallappen des Großhirns für ge-
wöhnlich in allgemeiner Weise durch das ihn passierende Blut gereizt
wird, indem dieses entweder zu arm an Wasser ist oder aber indem
in zu reichlichem Maße lösliche Salze, welche Wasser verlangen, im
Kreislaufe enthalten sind, so giebt es dennoch außerdem eine rein
lokale Auslösung der Durstempfindung, welche von der Rachenhöhle
her ihren Ausgangspunkt nimmt und die, wenn die Schleimhaut hier
durch die Verdunstung ihres sonst auf ihr vorhandenen feuchten Ueber-
zuges gereizt wird, aus diesem lokalen Anlaß eintritt, was durch
nichts so evident dargethan wird als durch die Thatsache des an-
dauernden Bestehens von quälendem Durst und Hunger bei Ernährung
durch die Schlundsonde.
Alle diese Maßnahmen der Hypurgie haben somit neben ihrer
dahingehenden Einwirkung, daß sie unangenehme Geschmacks-
37
184
M. MENDELSOHN,
empfindungen in der Mundhöhle beseitigen und so zur
Erhöhung des Appetits beitragen, hier noch die weitere Bedeutung
für die Ernährung, als durch ihre Anwendung eine un gemessene
Wasser aufnähme unterbleibt, wie sie oft- bei solchen Kranken
sonst geschieht, wo dann allein schon die starke AnfüUung des Magens
durch die aufgenommene Flüssigkeit nun wiederum dem Bedürfnis
nach Nahrungsaufnahme und seiner Ausführung sich hindernd in den
Weg stellt, die übermäßige Belastung des Kreislaufes und des Herzens
jedoch zudem noch oft Rückwirkungen auf den Allgemeinzustand und
das subjektive Befinden ausübt, welche ihrerseits nun gleichfalls die
Nahrungsaufnahme ungünstig beeinflussen.
Wenn die Mundpflege auch aus leicht ersicht-
lichen Gründen in erster Linie unmittelbar nach einer
Mahlzeit nachfolgen soll und besonders auch im An-
schlüsse an einen jeden Schlaf zu geschehen hat, so
hat sie ebenso sehr auch als eine vorbereitende Mani-
pulation einzutreten und ist darum in gleichem Maße
vor der Nahrungsaufnahme geboten, da eben eine Ver-
nachlässigung der Mundpflege wesentliche Rückwirkung
auf Appetit und Geschmack hat. Sie ist, auch bei
Fig. 40. Z ahn fug e nr einig e r. Ein über zwei kleine Röllchen frei ausgespannter
Seidenfaden wird zwischen die Zahnfugen gebracht ; er wickelt sicli von zwei größeren
Pvollen auf resp. ab, sodaß immer neue Teile des Fadens jedesmalig in Gebi'auch gelangen.
Kranken, wenn angängig, mit Zahnbürste und Spülwasser vorzunehmen, und nur
Schwerkranken oder Bewußtlosen wird in der bekannten Weise, ähnlich wie bei
kleinen Eandern, mittels eines über
den Finger gestreiften und mit Bor-
wasser getränkten Leinwandstück-
chens die Mundhöhle ausgewaschen *).
Recht zweckmäßige Hilfsmittel für
diese Aufgabe der Krankenpflege
bilden die kleinen sogenannten Zahn-
fugenreiniger, kleine Geräte, an wel-
chen sich ein verschiebbarer Seiden-
faden frei ausspannt, der zwischen
die einzelnen Zähne gebracht werden
kann und zur Entfernimg von Speisen-
resten dient.
Eine solche Beseitiguug störender
Reize in Rachen und Hals imd damit
des auftretenden Durstgefühls ist
übrigens nicht allein dadurch zu er-
zielen, daß man dem Kranken häufig
die Mundhöhle auswäscht und an-
feuchtet, sondern auch durch die
öftere Darreichung schleimiger
Fig. 41. Diätwaage. Die in Form einer Briefwaage gebildete Diätwaage, welche
zwei auswechselbare Aufsatzschaaleu, für Flüssigkeiten wie für feste Speisen, trägt, stellt
die einfachste Form der Kontrolle einer jedesmaligen Nahrungsaufnahme dar. Es empfiehlt
sich, um eine stete Reinigung zu ermöglichen, eine größere Anzahl von Aufsatzstücken zur
Verfügung zu haben.
*) Ottomae, Rosenbach, Ueber die Pflege des Mundes bei Kranken. Zeitschrift
für Krankenpflege, Bd. XVI, 1894, No. 4, S. r28. — Aufrecht, Zur Pflege der
Mundschleimhaut bei Schwerkranken. Zeitschrift für Krankenpflege, Bd. XVI, 1894,
No. 6, S. 218.
38
Die Wirkung auf die Ernährung.
185
Getränke, welche |die 'Mundhöhle und den Eachen mit einer feinen feuchten
Decke überziehen; oder man giebt ihm moussierende Getränke, deren Kohlensäure,
oder verabfolgt Fruchtsäfte oder Pflanzensäuren, die, wie alle Säuren überlaupt, eine
Vermehrung der Speichelsekretion
herbeiführen, oder beseitigt sonst-
wie diesen lokalen Reiz ; ein Effekt,
der so viel sicherer und schonender
und dabei in gleich wissenschaft-
lichem und physiologisch begrün-
detem Zusammenhange allein
durch die hypurgischen Heilmittel
herbeigeführt wird, als wenn man,
wie das unter Umständen ganz be-
rechtigt sein kann, die den Reiz
auslösenden Momente bestehen
läßt und dafür durch Opium die
Reizbarkeit des Durstcentrums
herabsetzt oder lähmt. Der gleiche
therapeutische Effekt läßt sich
auch nicht selten durch ein striktes
Verbot des Trinkens auf
psychischem Wege erreichen *), da
nicht wenige Kranke, wenn man
ihnen strenge untersagt zu trinken,
alsbald in einer Art von Suggestion
nun auch aufhören, heftigen Durst
zu empfinden.
Fig. 42. Speisenwaage. Für größere Nahrungsmengen, deren quantitative Fest-
stellung in der Ernährungstherapie nötig wird , sind die üblichen Federwaagen zwecli-
mäßig zu verwenden. Natürlich muß das Gewicht des Tellers jedesmal in Abzug ge-
bracht werden.
Mit allen diesen Hilfsmitteln der Krankenpflege, welche in oft
außerordentlich hohem Maße die thatsächliche Nahrungsaufnahme zu
vermehren vermögen, ist ihre Wirksamkeit noch nicht erschöpft. Ihnen
schließen sich diejenigen Maßnahmen an, welche dafür Sorge tragen,
daß sämtliche einverleibten Speisen auch thatsächlich im
Organismus verbleiben. An dieser Sorge für das thatsächliche
Verbleiben der in den Magen gelangten Speisen in diesem und für
die Vermeidung ihrer baldigen Wiederaustreibung, an der Ver-
hütung des Erbrechens haben zunächst psychische Heilmittel
ihren Anteil. Denn unter Umständen wird auch das Erbrechen
allein durch geistige Vorstellungen hervorgerufen,
durch Ekel und Abscheu, durch Erinnerungen an ähnliche vorange-
gangene Ereignisse, durch Idiosynkrasie gegen gewisse Speisen; und
dazu kommt thatsächlicher oder wenigstens in der Vorstellung des
Kranken vorherrschender unangenehmer Geschmack oder mehr noch
widerwärtiger Geruch der dargebotenen Speisen, und eine unappetit-
liche Zurichtung überhaupt. Alle die psychischen Heilmittel, welche
solchen Konsequenzen vorbeugen können, sind daher hier am Platze ;
und es gilt auch nach geschehener Einverleibung der Speisen von der
Verhütung des Erbrechens alles das, was soeben erst über die An-
regung des Appetits gesagt worden ist.
*) C. A. Ewald, Soll man zum Essen trinken? Zeitschrift für Krankenpflege,
Bd. XX, 1898, No. 1, S. 1.
39
186
M. MENDELSOHN,
Wenn aber das Brechcentrum in der Medulla oblongata solcher-
maßen auf mannigfachen psychischen oder sinnlichen Wegen gereizt
werden kann, so ist außerdem eine Reizung dieses Centrums auf
reflektorischem Wege von mannigfachen lokalen Ausgangspunkten
her gleichermaßen möglich. Daß der Glossopharyngeus mit besonderer
Leichtigkeit diesen Reflexakt auslöst, ergiebt sich nicht nur aus der
klinischen Beobachtung, daß Personen mit Kongestionen des Gaumens
und Schlundes, insbesondere Kinder, nicht selten allein hierdurch zu
häufigem Brechen veranlaßt werden, sondern auch aus der viel ver-
breiteten und überall geübten direkten Herbeiführung des Erbrechens
dadurch, daß man den Gaumen mit dem Finger oder mit einem Feder-
bart kitzelt.
Natürlich können Auflagerungen von Schleim oder von
ähnlichen Dingen, wenn sie nicht sorgfältig durch eine ausreichende
Mundpflege entfernt werden, bei Kranken ebenso Erbrechen von diesen
Abschnitten der Mund- und Rachenhöhle aus hervorrufen oder doch
wenigstens die Neigung dazu erhebhch steigern, so daß also die zuvor
erwähnten hypurgischen Mittel der Säuberung und Reinigung auch nach
dieser Richtung hin wirksam sind. Ein weiterer Ausgangspunkt für
den reflektorisch ausgelösten Brechakt ist sodann der Magen selber;
wenn auch die Reizbarkeit der Nervenendigungen im
Magen therapeutisch im wesentlichen durch arzneiliche Einwirkung
herabgesetzt zu werden pflegt, so ist diese Wirkung in eben demselben
Maße, wenn nicht in noch höherem, durch die Anwendung von Kälte
zu erreichen.
Bei den eigenartigen günstigen Verhältnissen, welche gerade der Mageu dar-
bietet, indem er gestattet, das Heilmittel in das zu beeinflussende Organ direkt
hineinzubringen, kommt diese am besten per os durch Verschlucken von Eis-
stückchen zur Anwendung, eine Applikation, welche eigentlich nicht mehr ganz
streng in den Bereich der Krankenpflege allem gehört; es kann aber auch die An-
wendung von außen her geschehen, so daß diejenigen materiellen Heilmittel der Hypurgie,
welche zur JKälteapphkation dienen, hier, indem sie Erbrechen verhüten, als Unter-
stützungsmittel der Ernährung wirken können. Auch mirde, falls der Mageninhalt
durch eine besonders konzentrierte oder stark reizende Baschaffenheit das lokale Irri-
tamentum abgiebt, diu-ch Zufuhr von Wasser eine Verdünnung und Milderung
dieser reizenden Einwirkung des Magen-
inhaltes herbeigeführt werden , eine Maß-
nahme, die bei dem sogenannten Aufstoßen
allgemein gebräuchlich ist, bei welchem es
sich ja physiologisch um den gleichen Vor-
gang wie beim Erbrechen handelt, nur daß
hierbei die Cardia geschlossen bleibt. Und
auch noch einige weitere allgemeine Maß-
nahmen können zur Herabsetzung und
Unterdrückung eines auftretenden Brech-
reizes dienen. Da das Brechcentrum in sehr
nahen räumlichen Beziehungen zum At-
mungscentrum steht und teilweise sogar mit
ihm zusammenhängt, wofür auch die günstige
Wirkung derjenigen Narcotica bei Brech-
neigung spricht , welche nachgewiesener-
Fig. 43. Eisbecher. Der Glasbeeher trägt einen oberen, mit centraler Abfluß-
öffnung versehenen Einsatz, in welchem die für den Gebrauch als EispiUen bestimmten
Eisstückchen aufbewahrt werden, während das Schmelzwasser sieh in dem unteren Be-
hältnis ansammelt.
40
Die Wirkung auf die Ernäbrung.
187
maßen die Reizbarkeit des Atmungscentrums vermindern , so genügen manchmal,
allerdings nur bei mäßigen Graden von Breclmeigung, eine Anzahl ausgiebiger und
tieferKespirationen, lun eine auftauchende Brechneigung zu unterdrücken und
somit als den Ernährungseffekt fördernd zu wirken.
Unter denjenigen Maßnahmen der Krankenpflege, welche das Ob-
jekt der Nahrung selber betreffen, welche die Gestaltung ihres allge-
meinen Zustand im Auge haben, sind nun des weiteren die beiden erst
im Augenbhcke der Einverleibung entstehenden Momente für den Ge-
samteifekt der Ernährung von nicht zu unterschätzender Bedeutung:
die Konsistenz und die Menge des jedesmal zur Einnahme gelangenden
Nahrungsquantums. Denn gerade die Hypurgie ist es, der die Sorge
obliegt, daß die Speisen nicht nur im Verdauungstractus bleiben und
ihn folgerichtig passieren, sondern daß sie dort auch in einem Zu-
stande anlangen, welcher sie für die vorhandenen Ver-
dauungssekrete möglichst ausnutzbar macht.
Zunächst ist mit großer Sorgfalt darauf zu achten, daß dieSpeisen
möglichst zerkleinert in den Mag engelangen und dort nicht
unförmige Klumpen, welche nur an ihrer Oberfläche mit den Ver-
dauungssäften in Beziehung treten können, bilden. Besonders ist eine
fehlerhafte und unzweckmäßige Art zu essen, die Speisen gar nicht oder
nur wenig gekaut zu verschlingen, eine vielen Individuen anhaftende
Gewohnheit, welche sie auch in den Tagen der Krankheit, wenn sie
nicht besonders darauf aufmerksam gemacht werden, nur schwer ab-
legen oder bessern.
Die nächstliegende Einwirkung von selten der Krankenpflege ist hier, wenn
uiu- sonst alle für ein völliges und ergiebiges Durchkauen der Speisen not-
wendigen Voraussetzungen da sind, der immer erneute und ohne Ermüdung vorzu-
hringende Zuspruch und die Ermahnung, langsam zu essen, das Genossene imd die
in den Mund eingebrachten Bissen gut durchzukauen und diesem Kauakt selber
sowohl als dem sich ihm anschließenden Vorgange des Schluckens der Speisen nicht
allein die notwendige Aufmerksamkeit und Sorgfalt zuzuwenden, sondern auch ihn
mit aller Buhe und ohne Hast vorzunehmen.
Allerdings sind die unerläßlichen Voraussetzungen für eine voll-
ständige Leistung derart sehr häufig ganz und gar nicht vorhanden ;
die Zäh ne sind mangelhaft oder fehlen auch wie bei alten Leuten
ganz und gar. Zwar können diese durch Gewohnheit und Uebung dahin
gelangen, auch mit den zahnlosen Kiefern zu kauen; das wird aber
unmöglich, wenn einzelne Zähne stehen geblieben sind und vielleicht
gar so, daß sie einen Schluß der
Kiefer verhindern, für das Kau-
geschäft also nicht mehr nutzbar
sind.
Außer der allgemeinen Mundpflege
besteht bei bettlägerigen Kranken, und
auch bei anderen, die Verpflichtung,
auf Zahnprothesen und künstliche
Zähne mit Sorgfalt zu achten; wo sie
nicht ausnehmend gut gearbeitet sind
und unverrückbar festsitzen , dürfen sie
überhaupt nur bei aufgerichtetem Ober-
körper und ausschließlich für die Zeit des
eigentlichen Eßaktes im Munde belassen
werden, in der Rückenlage dagegen überhaupt nicht. Denn diese Prothesen oder
einzelne, locker gewordene Stücke davon verschluckt sonst so mancher Kranke beim
Essen; sie können die bekannten und oft schnell tötlich endigenden Erscheinungen
Fleischsaft 13 r esse.
188
M. MENDELSOHN,
Fig. 45. Fleisch Saftpresse.
hervorrufen, welche gewöhnlich durch Erstickung oder auch durch Periearditis und
andere Folgewirkungen zum Tode führen, wenn sie auch manchmal außerordentlich
lange, bis zu mehreren Jahren, ohne schwere Erscheinungen im Oesophagus sitzen
bleiben können, öfters auch in den Magen
gelangen, und selbst der Hindurchgang
ganzer Zahnplatten durch den Darm vor-
kommt. Es sind übrigens auch Thee-
löffel in voller Größe verschluckt und
lange Zeit im Oesophagus zurückgehalten
worden.
Auch ohne daß ausgesprochen ka-
riöse Zähne in der Mimdhöhle sich
vorfinden, sind die Zähne dort, wo sich
das Zahnfleisch von den Zahnkronen
retrahiert hat, an ihrer nun fehlerhaft
freiliegenden Circumferenz ausnehmend
empfindlich imd oft schmerzhaft, eine
Reizung, die auf den sauren Mund-
höhlensaft zurückzuführen ist , wie er
sich unter der Einwirkung zersetzender
Vorgänge der in der Mundhöhle zurück-
gebliebenen Speisereste ausbildet; so daß
hier nicht nur die Reinigung an sich,
sondern die ja vielfach und allgemein
geübte Ausspülung der Mundhöhle mit
antiseptischer und schwach alkalischer
Flüssigkeit oder das Bürsten der Zähne
mit kalkhaltigen Pulvern zweckmäßig
wirkt.
Es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, daß bei allem vor-
handenen Willen eine Empfindlichkeit oder Schmerzhaftigkeit der Zähne
das Kauen stark
beeinträchtigen
muß ; daß alle die er-
wähnten, auf ihre Be-
seitigung hin gerich-
teten Heilmittel der
Krankenpflege in die-
sem Sinne also als
Stomachica, als Unter-
stützungs- und Förde-
ruugsmittel der Er-
nährung gelten müs-
sen. Denn eine voll-
ständige Y e r d a u u n g
durch den Magen-
saft ist eben nur dann
möglich, wenn ein aus-
Figg. 44, 45, 46. Für die Gewinnung mäßiger Mengen von Fleischsaft genügt eine
kleine, dnrch Hebelwirkung funktionierende Presse {Fig. 44), weiche geringe Portionen
gehackten Fleisches , die immer wieder aufs neue dazwischen zu bringen sind , nach-
einander ausgepresst, wobei der Saft in dem hohl gestalteten Stiel abläuft und aufgefangen
wird. Bequemer und vollständiger in der AVirkung ist eine neuerdings von Dr. med.KLEIX
angegebene Fleischsaftpresse (Fig. 45), bei welcher in einer Trommel das Fleisch zwischen
zwei halbkugelig gestalteten Flächen, deren obere, konvese gerieft, deren untere, konkave
durchlöchert {Fig. 4ö) ist, eingebracht und durch ein einfaches Zusammenpressen dieser
Kugelfläehen mittels einer Schraubenvorrichfung völlig zermahlen und ausgepresst wird.
Fig. 46. Fleischsaftpresse.
42
Die Wirkung auf die Ernährung. 189
giebiges Kauen der Speisen vorangegangen ist, da sonst das Ver-
dauungssekret die zusammengeballten Mengen von EiweiJSsubstanzeu
nur schwer durchdringt ; ein Nachteil, der ja häufig den ersten und
hauirtsächlichsten Grund zur Entstehung chronischer Dyspepsien ab-
giebt und der nicht allein nur in dieser Richtung zur Geltung kommt,
sondern auch durch die hierbei nicht unwesentlich herabgesetzte Aus-
nützung der Speisen im Darm die Ernährung zu beeinträchtigen ge-
eignet ist.
So ist die Bedeutung einer ausreichend weichen Konsistenz der
Nahrung eine sehr große; es ist kaum zuviel gesagt, daß fast alle
sogenannten schwer verdaulichen Speisen diese ihre Schwerverdau-
lichkeit in einer relativ oder absolut zu festen Konsistenz haben.
Gerade diejenigen Speisen, welche, wie geräuchertes Gänsefleisch oder
Hummerfleisch, allgemein als schwer verdaulich gelten, haben eine der-
artig zähe Konsistenz, daß selbst kleine Stücke davon nur bei ganz
sorgfältigem Zerkauen in einen genügend weichen Zustand über-
geführt werden können, eine Vornahme, die jedoch fast niemals aus-
reichend geschieht; und auch jede andere harte Speise, welche in
größeren, unzerkauten Stücken heruntergeschluckt wird, wie beispiels-
weise ganze Kartoffeln, hat lediglich durch diese ihre unzweckmäßige
Konsistenz erheblichen Einfluß auf die Bekömmlichkeit der Nahrung.
Die zu konsistenten Ingesta erregen durch ihren ungewohnten und zu
intensiven D r u c k r e i z auf reflektorischem Wege Kontraktionen des
Magens, welche, da die Magenwandungen hier auf einen unnachgiebigen
und resistenten Inhalt treffen, als unbehaglich und unangenehm empfunden
werden, und die bei besonders festen Ingestis, zumal wenn eine der-
artige Nahrungsaufnahme wiederholt und häufig statt hat, auch zur nicht
unbeträchtlichen S c h m e r z e m p f i n du n g werden können. Die Sorg-
falt um ein ausreichendes Zerkauen aller Speisen ist daher eine
dringende, und das besonders darum, weil diese schädlichen Konsistenz-
grade keineswegs in einer ausgesprochenen Härte bestehen, vielmehr
gerade bei einer im allgemeinen weichen Beschaffenheit die Zähigkeit
in der Konsistenz vorzuherrschen pflegt; während aber eine direkt
harte Speise zu reichlichem Zerkauen unmittelbar anreizt, verleiten
diese weichen, dabei jedoh zähen und festen Speisen, als deren deutliche
Beispiele hart gesottene Eier oder eingemachte Gurken gelten können,
eben wegen ihrer Nachgiebigkeit und anscheinenden Weichheit zu einer
Einverleibung in durchaus unzureichend zerkautem Zustande.
Die weitere Bedeutung des Konsistenz der Speisen liegt in deren
Einfluß auf ihre Ausnützung im Darme. Auch diese Ausnützung
kann sehr erheblich dadurch geschädigt werden, daß Fleischstücke un-
zerkaut in den Darm gelangen ; es läßt sich recht häufig beobachten,
daß bei Personen mit defekten Zähnen Fleisch und andere Nahrungs-
mittel so gut wie ohne jede Beeinflussung durch die Verdauungssäfte
in fast unverändertem Zustande den Darm wieder verlassen, während
die Beschaffung einer gut funktionierenden Zahnprothese dies mit einem
Schlage ändert.
Bei allen denjenigen Personen, wo ein ausreichendes Kauen voraussichtlich
nicht stattfindet oder überhaupt unmöglich ist, hat die Krankenpflege ihre chesbe-
züglichen Heilmittel darin, daß sie einmal Sorge trägt, dal3 überhaupt nicht etwa
harte und schon an sich schwer zerkaubare Speisen solchen Kranken vorge-
setzt werden, daß sie aber vor allem bei jegUcher Art von Nahrung das, was der
Kranke mit seinen Zähnen selber nicht leisten kann, vorweg ihm abnimmt, daß
43
190
M. MENDELSOHN,
Fig. 47. Fleischschneidegerät. Das in Stücken in einen oberen Trichter ein-
gebrachte Fleisch wird durch ein spiraliges Messer zerschnitten, was durch Kurbeldrebung
bewirkt, wird, und gelangt an dem freien Ende erst dann nach außen, wenn es die zum
Passieren eines vorgelegten Siebes genügend feine Konsistenz erreicht hat.
sie also alle Speisen nur entsprechend zerkleinert und, wenn es sein muß, gewiegt
und fein zerhackt zur Darreichung bringt, ja unter Umständen sogar von jeder einiger-
maßen festen Nahrung Abstand
nimmt und sie lediglich durch
breiige oder flüssige Speisen ersetzt.
Die Herstellung einer ge-
eigneten Konsistenz der Speisen,
wie sie für die Ernährung zweck-
mäßig ist, geschieht nach zwei
Möglichkeiten hin : entweder wird
die Konsistenz dtirch rein mecha-
nische Maßnahmen verändert, oder
aber sie wird durch den Akt des
Kochens imd der verschiedenen
übrigen gebräuchlichen Zuberei-
tungsarten der Speisen im gleichen
Sinne beeinflußt. Soweit bei einer
gemischten Konsistenz eio Nah-
rungsmittel harte und ungenieß-
bare Bestandteile enthält, kommt
nur allein deren mechanische Be-
seitigung in Betracht, die aller-
dings, wenn die Vermischung eß-
barer und Bngenießbarer Bestand-
teile eine besonders innige ist, erst
während des Eßaktes selber ae-
j gagiBSQMgi^i^gaöw'/yjyjyy^gg'&S'^^^
schehen kann.
Fig. 48. Spe isen zerklei n er un g sge r ät. Zum Zerreiben und Zermahlen
trockener Substanzen gelangen diese zwisclien zwei cylinderförmige und siebartig durch-
brochene Eeibeflächen, welche die Krankennahrung in jede erforderliche Konsistenz zu
biingen vermögen.
44
Die Wirkung auf die Ernährii
191
Für die mechani-
sclie Zerkleinerung
genügt, zumalbei der ani-
malischen Nahrung, viel-
fach ein Zerschneiden in
ausreichend kleine Stücke,
oder, wo die Konsistenz
der Speisen eine zu zähe
oder zu feste ist, eine Be-
einflussung durch die me-
ehanischen Vornahmen des
Mahlens oder Zerreibens,
des Schabens und Zer-
hackens oder des Zer-
stoßens. Kommt es darauf
an, so kann danach noch,
je nach der gewünschten
Feinheit , die zerkleinerte
Speise durch ein Sieb hin-
diu-chgetrieben werden,
selbst durch ein solches
mit feinstem Drahtgeflecht.
Wo der Kauapparat nicht
ausreicht, insbesondere bei
jungen Kindern und dort,
WC die Zähne schadhaft
und leistungsunfähig sind,
muß darum andauernd auf
das sorgfältigste die Kon-
sistenz der Nahrung durch
mechanische Maßnahmen
eine breiartige Umwand-
Fig. 49. Brodschn eide gerät. Das Gerät ermöglicht nicht nur die in Kranken-
häasem erforderliche schnelle Herstellung einer großen Zahl von ehizclnen Brotetücken,
sondern gestatte^ auch die Herstellung sehr dünner und regelmäßig geschnittener Stücke:
lung erfahren wie sie sonst
die Zähne leisten würden.
Dasselbe gut insbesondere
auch von vegetabUischei
Kost, vor allem von Kar-
toffeln, welche immer niu
kleingeschnitten und gul
zerkaut genossen werden
dürfen, am besten jedoch
schon von vornherein in
breiartiger Form zubereitet
werden .
Fig. 50. Fruehtsaft-
p r'e s s e. Mittels Kiu-bel
drehung wird zur Herstellung
von Limonaden etc. au;-
allen in Betracht kommenden
Früchten der Saft vollständig
ausgepresst und gelangt klar
zum Abtließen.
45
192
M. MENDELSOHN,
Auch die Wirkungen zu großer Speisenmengen sind
mehrfache. Zunächst bemerkenswert sind die subjektiven Erscheinungen,
welche die Salernitanische Weisheit in dem Lehrsatze: „Plenus venter
non studet libenter" formuliert hat : M ü d i g k e i t und S c h 1 ä f r i g k e i t .
sowie mehr oder minder herabgesetzte geistige und körperliche Leistungs-
fähigkeit, ein Zustand, welcher dadurch hervorgerufen wird, daß die
darch die Ueberladung des Magens zu
übermäßiger
Leistung
ge-
zwungenen Verdauungsorgane mit samt den Unterleibsdrüsen einen
solchen Blutafflux erfahren müssen, daß dem Gehirn und den übrigen
Organen die für ihre volle Leistungsfähigheit nötige Blutzufuhr beein-
trächtigt wird. Des weiteren entstehen, abgesehen von Dilatation des
Magens und der Verdauungsorgane, durch häufig eingeführte zu große
Nahrungsvolumina in der gleichen Weise wie durch eine zu feste Kon-
sistenz der Ingesta auch hier nicht selten Beschwerden und auch
Schmerzen im Magen selber, indem die Wände des Organs bei
ihren Bewegungen auf einen zu kompakten Widerstand stoßen. Und
schließlich hat ein zu großes einmaliges Speisenvolumeu den Nachteil,
daß es nicht völlig zur Ausnutzung gelangt.
Unterliegt so die auf einmal elügeführte Öpeisenmenge nicht unwesentlichen
Beschränkungen, so hat die Ernährung hierbei noch die weitere Aufgabe, zumal bei
kranken und schwachen Personen Sorge zu
tragen, daß auch die Aufnahme eines
einzelnen Bissens stets in einem ange-
messenen Volumen vor sich gehe. Zu geringe
Flüssigkeits mengen und zu kleine Bissen
schlucken sich schlecht, wie eine beträcht-
liche Zahl von Personen hekanntlich nicht
Pillen zu schlucken vermögen. Wichtiger
aber noch sind die zu großen Bissen, zumal
fester Speisen, welche sich im Oesophagus
einklemmen können und die manchmal sogar
schon einen plötzlichen Tod herbeigeführt
haben.
Fig. 51. Citronenpresse. Die Hiilfte einer Citrone wird in die Presse hinein-
gegeben; beim Schließen läuft der Saft durch den hohen Stiel und durch dessen unteres
Ansatzstück ab.
KAPITEL IIL
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
(,,Asepsis der inneren Medizin.")
. Auch die innere Medizin hat ihre Asepsis, ebenso
gut und eben in dem g 1 e i c h e n U m f a n g e und in ganz und
gar derselben Bedeutung und Wichtigkeit, wie die
Chirurgie. Diese Asepsis zu schaffen und sie mit allen ihren
wichtigen therapeutischen Konsequenzen während einer Erkrankung
durchzuführen, ist allein Objekt der Krankenpflege.
Die Arzneikörper, welche in der Pharmakologie als Antiseptica
bezeichnet werden, haben die besondere Eigenschaft, daß sie Mikro-
organismen, welche Infektion oder Fäulnis hervorrufen können,
in dieser ihrer ungünstigen Thätigkeit auf die radikale Weise hemmen,
daß sie sie vernichten und damit natürlich auch in ihren Folge-
46
Die Wirkung durcli Reinlichkeit. 193
Wirkungen beseitigen; und wenn unter der Einwirkung dieser Bak-
terien unangenehme und faule Gerüche entstanden sind, so werden
auch diese durch die direkte Zerstörung der Zersetzungserreger mittels
solcher als Desodorantia bezeichneten Antiseptica aufgehoben. In der
Chirurgie und in der Geburtshilfe und sogar in der allerdings noch
ziemlich problematischen inneren Antisepsis innerhalb des mensch-
lichen Körpers hat, wie allgemein bekannt, die Entwicklung der Therapie
in der letzten Epoche den so großen und wesentlichen Schritt gethan,
wie man ihn zu bezeichnen pflegt: von der Antisepsis zur Asepsis
übergegangen zu sein ; also nicht erst Krankheitserreger eindringen zu
lassen, um sie dann in loco zu zerstören, sondern die weitestgehende
Sorgfalt danach hin zu verwenden, solche schädliche Stoffe überhaupt
erst gar nicht mit dem Körper in Berührung kommen und auf ihn
einwirken zu lassen. Wenn man den außerordentlichen Fortschritt,
welcher hierin liegt, anerkennt — und es wird unmöglich sein, ihn
nicht anzuerkennen — , so kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß
auch eine große Zahl der Heilmittel der Krankenpflege in diesem Sinne
als wahre Antiseptica anzusehen sind. Denn das Punctum saliens
aller antiseptischen oder vielmehr aseptischen Therapie ist nur die mög-
lichst frühzeitige Beseitigung der Infektionskeime und überhaupt der
Mikroorganismen, ehe sie mit dem kranken Körper in irgend welchen
Kontakt geraten können; der Weg, auf welchem, und die Mittel, mit
denen, ehe sie oder ihre Produkte an den Kranken herankommen,
ihre Beseitigung erreicht wird, ist für die prinzipielle Zugehörigkeit
der betreffenden Maßnahmen zur therapeutischen Asepsis nebensäch-
lich. Und so macht es keinen Unterschied, ob außerhalb des Körpers
des Kranken derartige Keime durch pharmakod3'namische Agentien,
durch chemische Substanzen oder Gifte, welche sie zerstören, unschäd-
lich gemacht werden ; oder ob sie durch mechanische Methoden, durch
Reinigung und Säuberung und andere Mittel der Krankenpflege ent-
fernt und beseitigt werden.
Diese ,, Asepsis der inneren Medizin" hat als Gegenstand
ihrer Bethätigung ebenso wie die der Chirurgie die beiden großen Ge-
biete: einmal das esoterische, dasjenige des Körpers des Kranken
selber ; und sodann das exoterische Gebiet, welches dessen engere und
weitere Umgebung, vor allem das Krankenbett und das Krankenzimmer
umfaßt. Zunächst schaffen die allgemein hygienischen Maßnahmen der
Reinigung, der Lüftung, der Beleuchtung im Krankenzimmer Bedingungen,
welche entweder vorhandene Keime in möglichst weitgehendem Maße
eliminieren, oder aber, was ebenfalls sehr wesentlich in Betracht kommt,
den etwa zurückbleibenden die Möglichkeit einer Weiterentwicklung und
Propagation erheblich einschränken. Weitgehende Reinigung, Säuberung,
Lüftung und Beleuchtung, die möglichst ausgedehnte Anwendung aller
dieser und ähnlicher Heilmittel der Krankenpflege machen die eigentliche
chemische Desinfektion sehr wesentlich entbehrlich ; und damit bedeutet
die Krankenpflege genau den gleichen Fortschritt von der Antisepsis zur
Asepsis in der inneren Medizin, der sich in der operativen Medizin
bereits vollzogen hat. Und wenn in der Krankenpflege empfohlen
wird, üble Gerüche im Krankenzimmer nicht durch Räucherungen
oder durch Desinficientien zu bekämpfen, sondern durch Ventilation
und Lufterneuerung, so ist auch hier der gleiche Vorgang erkennbar:
das Bestreben, schädliche Objekte der Umgebung nicht an Ort und
Stelle zu zerstören, sondern sie möglichst in toto zu eliminieren.
194
M. MENDELSOHN,
Nicht minder aber gilt das für die andere Gruppe von Antiseptica.
welche die Krankenpflege zur Verfügung hat: die saubere Zurichtung
des Lagers, die immer erneute Versorgung mit reiner Leib- und Bett-
wäsche, die sorgfältige Reinhaltung des Körpers des Kranken. Die
thatsächlich aseptische "Wirkungsweise aller dieser Heilmaßnahmen
bedarf keiner eingehenden Ausführung; am deutlichsten in ihrer weit-
tragenden Bedeutung werden sie vielleicht, wenn man sich eine Ent-
bindung in einem Krankenbett, in welchem diese wichtigsten Heilmittel
der Krankenpflege vernachlässigt werden, vorstellt, eine Entbindung,
bei welcher Arzt und Hebamme ihre Hände und auch die Geburts-
wege der Frau nach allen Vorschriften und Regeln ihrer Kunst des-
infizieren und aseptisch machen, und wo doch die Nichtanwendung der
aseptisch wirkenden Maßnahmen der Krankenpflege trotz alledem sehr
leicht eine Infektion verschulden kann.
Diese Wirkung der Asepsis besitzt in erster Linie die so überaus
wichtige Reinigung des Kranken selber. Die vollständigste und
allgemeinste Form der Körperreinigung, die vollendeteste Herbeiführung
einer Asepsis ist die des Vollbades, welches in der Krankenpflege ge-
wöhnlich in eigenen transportablen Badewannen verabfolgt wird. Diese
einfachen Bäder bedürfen hier einer kurzen Besprechung, da sie eben
Objekt der Krankenpflege sind, während die besonders gestalteten
Wasserapplikationen der therapeutischen Disciplin der Hydrotherapie
anheimfallen.
Die Badewanne, die zwar oft auch aus Holz, ebenso oft jedoch, und in
besseren Haushalten ausschließlich, aus Metall hergestellt ist, wird in den meisten
Fällen aus Zinkblech, nicht selten auch aus Kupfer und aus ähnlichen Metallen ge-
fertigt.
Bei der Anwendung von Vollbädern, bei jeder Benutzung dieses so wichtigen
Gerätes in der Kjankenpflege, hat als Grundsatz zu gelten, daß, wenn irgend mögüch.
Fig. 52. Badewanne. Das von JJr. med. EISFELD angegebene Gerät ist in üeinem
unteren Teile so gestaltet, daß es der ungefähren Körperform entspricht; der Badende
nimmt eine, der Mitte zwischen Liegen und Sitzen entsprechende Körperhaltung ein.
Durch die Fonn des Bodens ist die zur Tölligen Bedeckung des Körpers erforderliche
Wassermenge eine erheblich geringere, als bei flachen Boden.
Die Wirkung durch Reinliclikeit.
195
die eigeütliche Manipulation des Badens in einem Nebenraume des Kjaukenzimmers
vorgenommen wird, natürlich in nächster Nähe von diesem und in so unmittelbarem
Zusammenhange mit ihm, daß der Kranke durch den Transport zur Badewanne keinerlei
Temperaturdifferenzen ausgesetzt ist imd der Weg vom Bett zur Badewanne überhaupt
möghchst kurz gestaltet wird. Nur wo der Zustand des Kranken einen solchen
Transport verbietet, wird die Badewanne in das Krankenzimmer selbst hinein gebracht};
Fig. 53. Badewanne. Das auch unter dem Namen Wellenbadsehaukel bekannte
Gerät hat den Vorteil bequemer Handhabung und leichter Transportfähigkeit von einem
ßaum in den anderen und der geringeren Eaumiuanspruchnahme für die Aufbewahrung
Avährend der Zeit der Nichtbenutzung, da es liochgestellt werden kann und so nur wenig
Platz einnimmt. Wenn es zur Körperreinigung oder zur Badeapplikation von Kranken
benutzt wird, so muß die wiegende Bewegung des Gerätes durch die Pflegerin vorge-
nommen werden. Diese Formen der Badewannen geben auch die Möglichkeit dadurch,
daß das Gerät mit seinem konvexen Ende auf den Boden und mit dem anderen Ende
hoch gestellt wird, die Wanne als Kinderbadewanne oder als Sitzbadewanne zu benutzen.
Fig. 54. Heizbare Badewanne.
Handbuch der spec. Therapie inii. KrankJi. Suppl. I. Hell 3.
Mendelsohn, Krankenpflege. ig
14
4
196
M. MENDELSOHN,
am besten geht sie dann auf Eollen, und wird parallel zu einer der Seitenwände
des Bettes aufgestellt, das Kopfende der Badewanne dem P^ußende des Bettes ent-
sprechend, so daß die pflegende Person, welche nun zwischen beide Geräte tritt,
nachdem sie den Kranken erfaßt hat, sich nur umzuwenden braucht, um ihn in
richtiger Position in die Wanne einzubringen. Da ein jedes Bad hinsichtlich seiner
Zeitdauer genau bemessen sein muß, so ist die Aufstellung einer Uhr in dem Bade-
raum nicht unwesentlich; jedenfalls muß bei Beginn des Bades die Zeit genau fest-
gestellt werden. Während des Aufenthaltes des Kranken in der Wanne darf er nie-
mals und unter keinen Umständen, auch wenn er anscheinend kräftig genug ist, ohne
Aufsicht und allein gelassen werden ; plötzliche Zufälle , Ohnmachtsanwandluugen
und andere unvorhergesehene Ereignisse haben schon bei solcher Achtlosigkeit den
Tod des Ertrinkens herbeigeführt. Handelt es sich um sehr schwere, sehr unbeholfene
und sehr schwache Kranke, so ist es nicht unzweckmäßig, eine Badestütze zu ver-
wenden, ein starkes Segeltuch, das entweder in einen eigenen, der Form der Bade-
wanne ungefähr angepaßten Metallrahmen gespannt ist oder über den Rand der
Badewanne hinweggelegt wird und hier durch Traggurte, die an dem Tuch sich
Fig. 55. Heizbare Badewanne.
Fig. 54, 55. Die in der Krankenpflege verwertbaren Badegeräte lassen die not-
wendige Heizung entweder so geschehen, daß ein gewisses Wasserquantum außerhalb der
Wanne auf eine relativ hohe Temperatur gebracht wird, dann in die Wanne gebracht und
hier durch Mischung mit kaltem Wasser die erforderliche Gesamttemperatur herbeigeführt,
wird , Vorrichtungen , welche gewöhnlich die Wanne mit dem dazu gehörigen Ofen
stabil machen und ihre Benutzung nur im Aufstellungsraume ermöglichen (Fig. 54) ; oder
aber die Erwärmung der Flüssigkeit geschieht in der Wanne selber, durch darunter an-
gebrachte Ideine Heizvorriclitungen, welche mit der auf Bädern gehenden Wanne trans-
portiert werden können (Fig. 55). Auch in diesem letzteren Falle ist es in der Kranken-
pflege geboten, die unter der Wanne befindliche Heizvorrichtung nur zum Zwecke der
Erhaltung der gewünschten Temperatur, nicht zur Erzeugung und Herbeifühi-ung der
notwendigen Hitzegrade zu benutzen; auch eine solche Wanne ist also mit bereits warmem
Wasser anzufüllen und die Venrendung der Heizvorrichtung im Krankenzimmer auf das
mindeste Maß einzuschränken.
befinden, mit Metallringen auf der Außenseite der Badewanne befestigt wird. Diese
Unterlage, welche gewöhnlich aus Segeltuch ist, kann auch durch jedes feste Bett-
laken ersetzt werden; auch das Netz einer Hängematte läßt sich nicht unvorteilhaft
dazu verwenden. Ob jedoch eine solche Vorrichtung angewandt wird oder nicht,
immer sind kranke Personen beim Baden zu halten und zu unterstützen, insbesondere
auch der Oberkörper und der Kopf, indem man sie unter die Achseln faßt und den
Kopf für sich stützt; neuerdings ist sogar eine recht gute, aus Metall gefertigte
Kopfstütze für Badewannen, welche über den Rand einer jeden Badewanne gehängt
werden kann und die verstellbar ist, angegeben worden. Auch die unteren Ex-
5°
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
197
tremitäten Schwerkranker können manchmal dem Auftrieb des Wassers nicht wider-
stehen und müssen dann an den Knieen nach unten gehalten werden. Ist das Bad
beendet, was, wie gesagt, nach
genau festgestellter und prompt
innezuhaltender Zeitdauer zu ge-
schehen hat, so wird der Kranke
auf ein vorher erwärmtes Bett-
tuch, das auf zweckmäßiger Unter-
lage, am besten auf einem Divau
oder einem Hilfsbett ausgebreitet
ist, gelagert, sofort allseitig ein-
gehüllt und womöghch von meh-
reren Personen trocken gerieben.
Die Dauer eines jeden ein-
zelnen Bades eines Kranken kann
eine sehr verschiedene sein; sie
hängt nicht unwesentlich von der
Temperatur des Bades ab. Kalte
Bäder, welche in den Grenzen
zwischen 16° R und 20° R liegen,
dürfen nur eine kurze Zeit ein-
Fig. 56. Kopfstütze für Badewannen. Das Gerät ist verstellbar; zum Ge-
brauch wird die für die Unterstützung des Kopfes bestimmte Fläche mit einem Stücke
Flanells oder ähnlichen Stoffes überdeckt, um die Berührung des Kopfes mit dem kalten
Metall zu venueiden. a
vrirken, 1 Minute genügt oft schon, das höchste sind 5 Minuten; bei lauwarmen
Bädern bis zu 25° R kann die Dauer des einzelnen Bades bis zu 10 Minuten
ansteigen, und darf bei warmen Bädern von
26», 27° und 28° R bis zu 15 Mmuten betragen.
Wo es zweckmäßig befunden wird, noch höhere
Temperatur anzuwenden, die dann schon als
heiße Bäder bezeichnet werden müßten, ist
die Zeitdauer nun wiederum niedriger, ungefähr
auf 5 Minuten zu bemessen. Diese Angaben
sind natürlich lediglich imgefähre Anhalts-
punkte; besonders zu beachten ist, daß Kinder
nicht nur empfindlicher gegen eine Abkühlung
durch Bäder sind, so daß bei ihnen die Tem-
peratur höher genommen werden muß als bei
Erwachsenen, sondern daß sie auch nur kürzere,
nur die halbe Zeit wie diese, im Wasser zu-
bringen dürfen.
Wird aus besonderen Krankheitsursachen,
wie bei Verbrennungen oder bei Decubitus oder
wenn ähnUche Zustände es erheischen, die An-
wendung sehr protrahierter Bäder oder gar so-
genannter Dauerbäder von ununterbrochener
Einwirkung nötig, so wird der Kranke in der
bereits erwähnten Weise auf einer Unterlage
innerhalb des Wassers , auf einem Segeltuche
oder etwas ähnUchem gelagert, der Kopf durch
ein Luftkissen unterstützt, der Körper auf alle
Fälle durch Gurte, die unter den Achseln hin-
durchgeführt werden, gegen ein etwaiges Unter-
sinken geschützt imd der größte Teil der oberen
Fig. 57. Kopfdouche. Das sehr einfache Gerät läßt sich überall aufstellen resp.
in jede Badewanne hineinstellen und durch einen einfachen Schlauch mit der Wasser-
leitung verbinden.
51
14*
4*
198
M. MENDELSOHN,
OeffmiDg der Badewanne mit Holzbrettera imd darüber gebreiteten Tüchern oder
mit ähnlichen Vorkehrungen überdeckt, um eine Abkühkuig möglichst zu verhüten.
Denn die Temperatur dieser Bäder muß eine gleichmäßige imd andauernde sein
und ungefähr 27° oder 28° R betragen, so daß also stets, selbstverständlich mit
aller Vorsicht, damit der Kranke nicht direkt von dem neu hinzufließenden warmen
Wasser getroffen wird, durch Hinzuschütten wärmeren Wassers imd Ablassen des.
abgekühlten die Temperatur immer wieder hergestellt wird. Noch besser ist es
freilich, diese Regelung, die sonst durch ein persönliches üeberwachen zu geschehen
hätte, auf mechanischem Wege durch einen Thermostaten vollführen zu lassen, der
in der bekannten Weise bei jedem Herabsinken der Temperatur des Wassers unter
einen bestimmten Wärmegrad, auf den er ein-
gestellt ist, den Hahn der dazu gehörigen Gas-
flamme weiter aufdreht, bis die Temperatur wieder-
die gewünschte konstante Höhe erreicht hat.
Fig. 58. D ouclie vorri c htun g. Fig. 59. Douche v orrieh t uiig.
Fig. 58, 59. Zum Applizieren von bestimmt temperierten und quantitativ be-
messenen Wassermengen dienen Behältnisse, welche entweder auf einem Stativ in der
nötigen Höhe feststehen und an seitlichen Auslässen die bekannten gießkannenförmigen,
Douehenansätze tragen (Fig. 58), oder aber es sind eimerförmige Behältnisse, welche zur-
Füllung auf den Boden gestellt werden und feststehen ; sie wei-den mittels einer Schnur,
welche über einer Rolle an der Decke läuft, in beliebige Höhe emporgewunden ; durch
eine zweite Schnur kann das verschließende Ventil gelöst werden und die Douche tritt
in Thätigkeit (Fig. 59). Sie sind in der Krankenpflege sehr verwendbar , da sie in völlig
bereitem Zustande in das Zimmer hineingebracht werden können.
Andere Badeeinrichtuugen haben ihre besonderen Bestimmungen ; so die Geräte
für Bumpfbäder, für Fußbäder und für Hand- und Armbäder. Die
flachen, den ganzen Vorderarm in sich aufnehmenden eigenen Zinkblechgeräte für
diesen letzteren Zweck bedürfen hinsichtlich ihrer Anwendungsweise keiner be-
sonderen Erörterung; für Fußbäder sind eigene Geräte nicht nötig, jeder Kübel
oder Eimer, welcher gestattet, daß das Bein bis zur halben Wade in ihn eintaucht,
genügt für diesen Zweck. Für Sitzbäder sind dagegen improvisierte Hausgeräte-
52
Die Wirkung durch. Reinlichkeit.
1Ö9
nicht sehr zweckmäßig, da die Vorderliiante, über welche die Oberschenkel hinweg
hängen, lästig wird; hier finden besser die sogenannten Sitzbadewannen Verwendung.
Es ist bei deren Gebrauch besonders darauf zu
achten, daß solche Sitzbäder nicht Anlaß zur
Erkältung werden, da hierbei eine Entblößung des
Körpers, besonders ohne daß dieser in das Wasser
eintaucht, erforderlich ist. Sobald daher der Kranke
das Hemd abgelegt hat, ist der aus dem Wasser
hervorragende größte Teil des Überkörpers durch
wollene Decken zu schützen, die um ihn geschlungen
und durch Verbandnadeln zusammengesteckt werden;
sie werden am besten sehr groß gewählt, so daß sie,
wenn der Kranke Platz genommen hat, über ihn
und die Wanne ringsherum bis zum Boden her-
niederhängen und das Ganze umhüllen. Natürlich
ist, zumal für die entblößten Füße, ein Teppich
oder eine Decke vor der Sitzbadewanne auszubreiten.
Diese Sitzbadewannen, ebenso wie alle anderen Bade-
geräte und insbesondere auch die großen Wannen
für Vollbäder dürfen, was nicht immer beachtet wird,
Fig. 60.
Fig. 61.
Fig. 60. Douchevorrieht ung. Die Doudievorrichtung ist liier an einem sehr
großen, Irrigator-ähnlichen Behältnisse angebracht, welches mittels Kurbel und Kette auf
einer an der Wand befestigten und mit Höhenskala versehenen Bahn auf- und nieder-
gleitet. Fallhöhe und Menge des ausströmenden Wassers sind ganz exakt zu bemessen.
Ein zweiter, unten mit Hahn versehener Auslaß läßt das Gerät für Ausspülungen etc.
•verwerten.
Fig. 61. U ebergießungsgerät. Eine etwas gröbere Form der Kopfdouche wird
dadurch vorgenommen , daß ein zunächst im umgekehrten Zustande angefülltes kegel-
förmiges Behältnis von dem Kranken selber an beiden Henkeln in geneigter Stellung über
■den Kopf gehoben wird; bei senkrechter Aufrichtung des Behältnisses öffnet sich der
untere, durch einen Gewichtshebel bis dahin zugehaltene A''erschluß und die Wassermenge
■stürzt in einem Gusse heraus.
und ganz besonders dann, wenn die Verabfolgung des Bades im Krankenzimmer
selber stattfindet, nur halb mit Wasser gefüllt werden, um beim Hineinbringen des
Körpers des Badenden ein Ueberlaufen und eine Durchnässimg des Zimmers zu ver-
hüten.
53
200
M. MENDELSOHN,
Abgesehen von allgemeinen oder lokalen Badeapplikationen spielt
nun aber zur Herbeiführung einer ausreichenden Asepsis die regel-
mäßige und oft wiederholte partielle Körperr einigung eine-
ausnehmend wichtige Rolle unter den therapeutischen Maßnahmen der
Krankenpflege. Der gesunde Mensch wäscht sich im täglichen Leben
mehr oder minder regelmäßig und häufig und mehr oder minder aus-
gedehnt, am häufigsten die Hände, oft das Gesicht, die übrigen Körper-
teile je nach sozialem Bedürfnis und anerzogener Gewohnheit. Das
Gerät, welches hierzu dient, wird auch im großen Ganzen in der
Krankenpflege als eben solches verwendet, nur daß auch hier wieder
sehr häufig die Manipulation eine
passive für den Kranken wird, die
er infolge seiner Krankheit eben-
sowenig selbständig vorzunehmen
vermag , wie das
Kinder können.
Fig. 62. Fig. 63.
Fig. 62. Arm b ade wanne. Das kleine Gerät ist für einen wie für beide Vorder-
arme, EUenbogengelenke nnd Hälften der Oberarme verwendbar; ein darüber gelegter
Deckel läßt die Temperatur der Badeflüssigkeit lange erbalten bleiben. Bei schmerzbaften
Affektionen, Ankylosen und sonstigen Besonderheiten können eine Anzalil mehr oder
minder tief in das Innere herabhängender Schnüre, welche an Knöpfen an der Aussen-
seite des Geräts eingehängt sind und von einer Seite zur anderen hinüberziehen, dem
Vorderarm zum Ruhelager dienen.
Fig. 63. Rumpf bade wanne. Die Form des Geräts macht eine besondere
Unterstützung des Badenden notwendig, am besten manuell durch eine mithelfende Person.
Fig. 64. Lager für Körperwaschungen. Das auch imter dem Naniem
Massagebank bekannte und von ZEGGEßT angegebene Lager für Körperwasehungen l)e-
steht aus einer Eeihe von oben rund und glatt gestalteten Holzstäben, auf welchen der
54
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
201
Backte Körper ohne besondere Druckeuijrfindung bequem aufruht ; das beim Waschen ab-
fliei3ende Wasser kann durch die Zwisclienräume der Stäbe in darunter gestellte Blech-
kästen ablaufen. Das Gerät ist in mannigfachen Kombinationen für die verschiedensten
Körperhaltungen verstellbar xmd kann auch, wenn es mit entsprechender Stoffumkleidung
versehen wird, für Schwitzbäder Verwendung finden.
Es ist selbstverständlich, daß der Körper eines Kranken auf das peinlichste
sauber gehalten werden muß. Daher ist es nicht nur in Krankenhäusern ein zweck-
mäßiger Brauch, sondern empfiehlt sich auch sonst im Beginn einer voraussichthch
längere Zeit währenden Erkrankung, zimächst den ganzen Körper des Krauken zu
reinigen, und zwar am einfachsten und gründlichsten durch ein Bad, welches dem
Kranken appliziert wird. Wo das nicht möglich ist, kann eine allgemeine
Waschung des ganzen Körpers erfolgen, die entweder im Krankenbette selber,
wobei dann Gummiunterlagen zu benatzen sind, oder auf einem Reservebette an
Stelle des Badens geschieht, derart, daß mit einem weichen Seifenlappen der Körper
Ghed für Glied gewaschen wird; jedoch so, daß der zuvor entblößte Kranke dabei
völlig in Decken eingehüllt wird und immer nur der gerade der Waschung unter-
worfene Körperteil frei gemacht, gewaschen und getrocknet wird, sodann sogleich
mit Tüchern gänzlich abge-
rieben und von Feuchtigkeit
befreit wird, um gleich wieder
bedeckt zu werden.
Abgesehen von einer ersten
allgemeinen und gründlichen
Waschung, welche bei länge-
ren Krankheiten nach Bedarf
in regelmäßigen Zwischen-
räumen zu wiederholen ist, hat
auch die tägliche Säube-
rung und Reinigung
ebenfalls sehr regelmäßig und
mit aller Sorgfalt zu ge-
schehen. AVo es möglich ist,
Fig. 65. Handbürste. Die von Dr. med. BOCK angegebene, zur Eeiuigung der
Hände bestimmte Bürste ist ebenso gestaltet, wie die allgemein gebräuchlichen, einfachen
und wohlfeilen Handbürsten; nur daß jede Längsreihe von Borsten-Büscheln mit ihrem
zugehörigen Teile des Bürsteflkörpers für sich gefertigt und selbständig gearbeitet ist, so
daß die für gewöhnlich durch zwei Schrauben zusammengehaltene Bürste sieh leicht durch
deren Lösung in eine Anzahl einzelner Längsstreifen zerlegen läßt. Die einfache Ein-
richtung ist sehr wertvoll; gerade in der Tiefe der Bürste sammeln sich zwischen den
einzelnen Borsten-Büscheln oft enorme Jlengen unreinlicher und schmutziger Abfallstoffe,
durch Seife zu einer zusammenhängenden nnd festen Jlasse verklebt, an, die durch die
gewöhnliche Reinigung der Bürsten nicht zu entfernen sind, liier dagegen mit leichter
Mühe abgelöst werden können.
überläßt man auch diese Verrichtung dem Krauken selber; man bringt ihm zur
gewohnten Zeit, tägheh zur gleichen Stunde, nachdem man den Oberkörper in der-
selben Weise wie zur Nahrungsaufnahme aufgerichtet und in eine
bequeme imd unterstützte Position gebracht hat, das notwendige Gerät
für die Waschung, Schüssel, Wasser, Kamm, Handtuch, Seife und
was sonst dazu gehört, und stellt ihm alles thunlichst zur Hand, ins-
besondere ist man ihm auch beim Weggießen des verbrauchten Wassers
und bei seiner Erneuerung behilflich. Wo der Kranke die AA'aschung
nicht selber vornehmen kann, muß sie durch die Wartung geschehen.
Befinden sich mehrere Kranke in demselben Räume, so kann ein all-
gemeines Waschgerät für eine klehie Anzahl von Personen zugleich
dienen; es ist jedoch imbedingt erforderlich, daß jeder sein eigenes
Fig. 66. Fußzehen-Reiniger. Ein einfaches, auswechselbares, über einen bogen-
förmigen Handgriff gespanntes Flanellstück erlaubt ohne Belästigung die oft vernachlässigte
Reinigung der Zehenzwischenräume vorzunehmen, sei es durch den Kranken selber, sei
es durch dritte Personen.
55
202
M. MENDELSOHN,
Handtuch hat und womöghch auch, wenn das auch nicht ganz und gar "notwendig ist,
seinen eigenen Kamm. Werden zum Waschen des Gesichtes Schwämme oder so-
genannte kieifenlappen verwendet, so ist darauf zu halten, daß diese nicht etwa bei
mehreren Kranlcen gleichzeitige Anwendung erfahren. Im übrigen hat sich die täg-
liche Reinigung nicht nur auf das Waschen der Hände und des Gesichtes zu er-
strecken, sondern auch das Haar ist alle Tage sorgfältig durchzukämmen und
eventuell auch der Kopf zu wa-
schen ; wenn es nötig ist, darf bei
weiblichen Patienten auch nicht
verabsäumt werden, das Haar in
zwei Zöpfe zu flechten und seitlich
hoch zu stecken, damit die Zöpfe
nicht unter die Kranke geraten
und sie di'ücken, oder sich irgend-
wo festklemmen und bei Be-
wegungen einen schmerzhaften
Zug verursachen.
Fig. 67. Kopf bürste. Für Kiankenluiuser, in denen es iiiclit möglieh ist, für
jeden Kranken eigene Geräte für die Kürperieinigung zu halten, sowie für alle in Betracht
kommenden Haaraffektionen, sind ganz aus Metall hergestellte Kopfbürsten, wegen der
Möglichkeit, sie vollständig nach jedem Gebrauch zu desinfizieren, sehr vorteilhaft. Solche
Bürsten tragen an Stelle der Borsten oder Haare aus feinem Metalldrahtgefertigte , Borsten' ;
diese Drähte dürfen an ihrem freien Ende nicht scharf abgeschnitten sein, sondern
müssen abgerundete Enden haben.
Besondere Wichtigkeit und besondere Schwierigkeit besitzt die
Reinigung der nicht ohne weiteres zugänglichen Körperhöhlen; vor
allem der Mundhöhle, sodann aber auch die Reinigung der
übrigen K ö r p e r e i n g ä n g e. Welche große Bedeutung die Säuberung
und Reinigung der Mundhöhle für die Hebung der Ernährung hat, ist
dort bereits dargelegt worden; sie hat aber auch sonst eine aus-
nehmende Wichtigkeit, zumal bei fiebernden und bewußtlosen Kranken,
wie in der Krankenpflege überhaupt.
Jeder Kranke muß mit Hilfe der Zahnbürste täglich in der übhchen Weise
seine Mundhöhle säubern; bei fiebernden Kranken, insbesondere bei Typhus-
kranken, gehört die Pflege des Mundes und seine Säuberung zu den allerwichtigsten
und allerwesentlichsten Aufgaben der Krankenpflege. Ist der Kranke nicht allein
imstande, durch regelmäßiges und nach Bedarf ausreichend wiederholtes Ausspülen
Zunge und Bachen sauber zu halten, so muß ein sorgfältiges und oft wiederholtes
Auswaschen des Mundes erfolgen; in der AVeise, daß ein Leinwandläppchen über
den Finger gezogen wird, dieser in Wasser oder noch besser in eine alkalische
Lösung, welche den Schleim löst, gewöhnlich in eine dünne Boraslösung, getaucht
wird, und so unter vorsichtigem aber energi-
schem Eingehen in die Mundhöhle, bei geschlos-
sen gehaltenem und nicht freiwillig geöffnetem
Munde am besten vom Mundwinkel her, Zunge,
Gaimien, Backentaschen und Zahnfleisch immer
und immer wieder abgewischt imd gesäubert
werden. Natürlich sind auch die Lippen, wenn
sie trocken sind , anzufeuchten und besonders
von anhaftendem Schleime und Borkenbelage zu
befreien. lieber die Blundpflege vor und nach
Fig. 68. Augen spülglas. Die kleinen Glasgefäße haben eine obere Circum-
ferenz, welche dem bei weit geöffnetem Auge freiliegenden Teile des Bulbus entspricht.
Sie werden mit Wasser, antiseptisoher oder adstringirender Lösung angefüllt, dann unter
Herabneigen des Kopfes gegen das geöffnete Auge angelehnt, so daß sie allseitig schließen,
und lassen danach, wenn nun der Kopf hintenübergeneigt wird, die Flüssigkeit auf die
A.ugenoberfläche xmd in die Konjunktivalsäcke fließen.
-•,b
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
203
■der Nahrungsaufnahme und über ihre Bedeutung für die Ernährung ist bereits in dem
entsprechenden Kapitel gesprochen worden.
Ebenso sind auch die Augen auszu-
waschen, an jedem Morgen und auch
sonst nach längerem Schlaf.
Fig. 69. Fig. 70.
Fig. 69. Augendoii olae. Ein einfacher Irrigator mit metallenem langen Ausfluß-
rohr trägt an dessen unterem Ende einen mit Verschlußhahn versehenen, gabelig geteilten
imd nach oben zurücligebogenen Auslaß, dessen beide freien Spitzen in einer der Distanz
der beiden Augen entsprechenden Breite von einander abstehen. Bei mehr oder minder
weitem Oeffnen des Hahnes treffen die Flüssigkeitsstrahlen auf die darüber gehaltenen
Augen mit entsprechender Intensität. Der Hahn ist immer anfangs nur langsam und all-
mählich zu öffnen, um einen allzu heftigen Anprall der Flüssigkeit zu verhüten.
Fig. 70. Augentropfglas. Das zur Einbringung von Flüssigkeit in den Kon-
juiiKtivalsack bestimmte Fläschchen ist aus ganz dünnem Glase gefertigt und mit einem
so kapillaren, nach oben gerichteten Ausflußansatz versehen, daß die Wärme der Hand
genügt, um, wenn das Gefäß ganz und gar voll gefüllt ist, nacli einander eine Anzahl
von Tropfen durch den Ausflul5ansatz hinauszntreiben.
Die Eeinigung der übrigen Körperhöhlen, insbesondere die der weib-
lichen Geschlechtsöffnungen, geschieht jetzt allgemein und ausschließlieh nur mit
Hilfe von Irrigatoren, deren Ansatzschlauch sich beliebig dirigieren und einführen läßt.
Diese aus Glas oder Metall gefertigten Gefäße, welche mit einer unteren Auslauf-
öffnung versehen sind, um aus ihr Flüssigkeit auszulassen, werden aus mehrfachem
Fig. 71. Gummibläser. Zum Ausspritzen enger Kürperhöhlen, des äusseren
Ohres, der Nase, bei kleinen Kindern auch zum Zwecke der Mastdarmeingießung, sind
kleine weiche Gummiballons mit entsprechend feinen, geraden oder gekrümiüten Ansatz-
stücken vielfach zweckmäßig zu verwenden.
57
204
M. MENDELSOHN,
Material, insbesondere aus Metal], hergestellt; ebenso häufig bestehen sie aus Glas,'
und das gerade darum, um mit Hilfe einer Skala den Flüssigkeitszustand im Inneren
verfolgen zu können. Sie sind entweder trichterförmig, mit einer hinteren abge-
flachten Wandung, mit welcher sie, wenn man sie an die Wand hängt, dieser an-
liegen, Formen, welche jedoch nur, wenn sie aufgehängt werden, sich benutzen
lassen, da das trichterförmig zulaufende untere Ende ein Hinstellen nicht gestattet;
oder sie sind cylindrische Gefäße mit unterer Bodenfläche, welche selbständig stehen
und die Ausflußöffnung unmittelbar
oberhalb des Bodens tragen , und die
außerdem, da ihre Hinterwand eben ge-
staltet ist, angehängt werden können.
Einen unteren Verschluß tragen diese
Gefäße nicht; dieser liegt der bequemeren
Handhabung wegen erst am peripheren
Ende des anzusetzenden Gummi-
schlauches.
Fig. 72. Fig. 73.
Fig. 72. Doppelirrigator. Zwei Irrigatoren auf einem gemeinsamen Stativ ver-
einigen ihre Auslaßsehläuche zu einem einzigen Schlanclie ; ein Dreiwegeliahn läßt je nach
Belieben in der sich mischenden Flüssigkeit den Inhalt des einen oder des anderen Irri-
gators überwiegen, so daß bei vorheriger AnfüUung des einen Beliältnisses mit heißer, des
anderen mit kalter Flüssigkeit die aBlaufende und zur Verwendung gelangende Lösxmg
jede Temperatur annehmen kann.
Fig. 73. Heizbarer Irrigator. Eine kleine Spirituslampe unter dem von Dr.
med. STRAUSS angegebenen Gerät bringt die in diesem Platz findende Flüssigkeitsmenge
in kurzer Zeit auf eine ausreichende Temperatur, welche durch einen in die Flüssigkeit
tauchenden Thenuometer kontrolliert werden kann. Das beigegebene kleine Jlaßgefäß ist für
das Abmessen der zur Verwendung kommenden Spiritusmeuge empirisch graduiert und an
den Teilstrichen seiner Skala mit der Angabe der Temperaturgrade versehen, auf welche
die entsprechende Spiritusmenge den Inhalt des Irrigators zu erwärmen vennag; natürlich
sind diese Angaben nur ganz ungefähre und approximative.
Diese Irrigatoren finden ihre Anwendung ebenfalls nicht in unmittelbarer Be-
rührung mit dem Körper des Kranken, sondern haben viehnehr den Zweck, Flüssig-
keiten in bestimmter Dosierung und unter bestimmbarem Drucke an den Körper
des Kranken heranzuführen oder ihm durch eine seiner natürlichrn oder durch eine
58
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
205
künstliche Oeffnung der Körperoberfläche einzuverleiben. Sie sind zu diesem Zwecke
an ihrem unteren Ende mit seinem mehr oder minder langen Gummischlaueh mon-
tiert, der seinerseits nun an seinem peripheren Teile ein Ansatzstück trägt, welches
den Ausfluß der Flüssigkeit vermittelt und das insbesondere entweder selber einen
Hahn besitzt oder doch so an dem Schlauche angebracht ist, daß kurz über ihm
der weiche Gummischlauch durch eine Quetschhahnvorrichtung je nach Bedarf zu-
sammengedrückt oder geöffnet werden kann. Natürlich hängt der Druck, unter
welchem aus einem solchen Gerät die Flüssigkeit ausströmt, von der Höhe ab, in
welcher sich der Flüssigkeitsspiegel im Irrigator über der Ausflußöffnung befindet;
und da ein jeder plötzliche Anprall einer Flüssigkeit, zumal einer differenten, zu
vermeiden ist, so ergiebt sich als Kegel, daß beim Beginn einer Verwendung des
Irrigators dieser selber nur um weniges höher als die Ausflußöffnung gehalten
werden darf und erst, nachdem das Ausfheßen begonnen, zu der gewünschten Höhe
emporzuheben ist. Soll der Ausfluß unterbrochen werden, so ist das Gefäß tiefer
zu senken, als die Ausflußöffnung sich befindet; auch ohne AbschUiß durch einen
Hahn und ohne Zusammenpressen des Gummischlauches hört dann das Ausfließen
auf. Diese Vorsichtsmaßregel ist besonders da am Platze, wo mehrere Personen,
wie das bei Operationen vielfach geschieht, mit dem Irrigator zu thun haben ; nimmt
man Jemandem einen solchen Irrigator aus der Hand, so muß man das mit der
einen Hand ergriffene Gefäß sofort tief senken und mit der anderen Hand den
Schlauch unmittelbar oberhalb des Aus-
flußrohres ergreifen, um ihn sogleich mit
diesem von oben her in den In-igator
hineinzustecken.
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ffHi
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Fig. 74. Irrigator.
Fig. 75. Irrigator.
Im übrigen bedarf die Anwendungsweise dieser Geräte keiner besonderen de-
taillierton Vorschriften ; sie ist bekannt und vielfach geübt, und ergiebt sich in ihrer
Euifachheit von selber. Daß man in Glasgefäße nicht zu heiße Lösungen, welche
die Gefäße zimi Zerspringen bringen könnten, hineinschüttet ; daß man Mischungen
von Flüssigkeiten, um eine bestimmte Temperatur zu erzielen, nicht erst im Irrigator,
sondern vorher bereitet, damit keine ungleichen, zu heißen oder zu kalten Flüssig-
keitsmengen mit einander abwechseln ; daß man bei einer Verwendung von Flüssig-
keit in größerem Umfange, als die einmalige Kapazität des Irrigators beträgt, das
Nachfüllen so vorzunehmen hat, daß es rechtzeitig geschieht, ehe noch die vorher-
gehende Flüssigkeitsportion ganz hindnrchgelanfen ist und dann bei einem späteren
Einfüllen Luft mitgerissen würde; alles das und ähnliche Vorsichtsmaßregeln sind
so einfach und selbstverständlich, daß sie keiner besonderen Ausführiuig bedürfen ;
ebensowenig wie die Angabe, daß der Irrigator, je nach seiner Gestalt, entweder in
59
206
M. MENDELSOHN,
einer bestimmten Höhe an die Wand gehängt werden kann, oder auf emen Tisch
oder einen Schrank oder auf eine sonstige, einer zweckmäßigen Höhe entsprechende
Fläche niedergesetzt wird, oder aber von einer helfenden Person während der
Manipulation gehalten werden muß.
Fi?. 76. Ir ri e ator.
Fig. 77. Irrigator.
so
daß ein
verbreitet diese Geräte nun auch sind, es kann leicht der Fall eintreten,
solcher Irrigator schnell zur Hand sein soll und nicht beschafft werden
kann. Für die solchermaßen nötig werden-
I' n Improvisationen kann man sich jeder
lößeren Weinflasche oder Champagner-
. I ische , deren Boden allerdings zuvor ab-
. sprengt sein muß, bedienen. Ein der-
iiiiges Absprengen läßt sich auf einfache
\it auch ohne besonderes Werkzeug so
1 zielen, daß man zwischen zwei nahe zu
i'iander gespannten Schnüren die Flasche
li ht an ihrem Boden so lange hin und
li r reibt, bis in ihrer ganzen Circumferenz
iiii geriebene Partie heiß geworden ist;
- ßt man dann p)lötzlich kaltes Wasser
d irüber, so springt der Flasehenboden an
I !■ durch die Reibung erhitzten Stelle rings
herum glatt ab. Die umgekehrte Flasche
wird dann an ihrem nach unten gerichteten
Halse durch einen gut schließenden Kork
geschlossen imd dieser von einem Glasröhr-
chen oder, wenn ein solches nicht zur Hand,
von einer sauberen Federpose durchbohrt
I-, mid das Ganze als improvisierter
Fig. 74, 75, 76, 77, 78. Die Irrigatoren, von denen außer zu ganz besonderen
Zwecken keiner ohne Flüssigkeitsskala verwendet werden sollte, sind entweder nur an der
Wand hängend oder auf einer senkrechten Bahn gleitend verwendbar (Fig. 74), oder sie
stehen selbständig auf (Fig. 75). Bei allen Vorzügen des Glases, insbesondere denen der
Durchsichtigkeit und der dadurch ermöglicliten Kontrolle des jeweiligen Inhaltes und der
absoluten Reinigungsmöglichkeit, sind am zweckmäßigsten, weil alle Aufgaben am leiclitesten
erfüllend, die Kombinationen von Glas und MetaU, die Irrigatoren, an denen das eigent-
6o
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
207
liehe Behältnis aus Glas besteht, das Stativ für dieses, die Skala etc. dagegen aus Metall
'Fig. 76). Für die ambulante Venvendung, aber nur für diese, sind ganz aus weichem Gvimmi
oder wasserdichtem Stoff gefertigte, völlig zusammenlegbare Irrigatoren zur Verfügung
(Fig. 77); diese dürfen jedoch wegen der Schwierigkeit, sie sauber zu halten, und der Un-
möglichkeit einer Kontrolle des jeweiligen Inhalts nur ausnahmsweise zur Anwendung
gelangen. Das gleiclie gilt von den ebenfalls zusammenlegbaren Behältnissen, welche in
ihrem oberen Teile aus Metall, ihrem unteren Teile aus Gummi bestehen (Fig. 78) und
bei denen der ganze weiche Teil einschließlich des Schlauches und des Abflußrohres von
unten her in den Metallteil eingestülpt werden kann , welcher oben und unten je einen
um Scharniere drehbaren Metalldeokel trägt, so daß das Ganze im geschlossenen Zustande
einer Dose ähnlieh ist.
Irrigator benutzt. Sehr zweckmäßig sind auch für die gleiche Verwendung kurze,
metallene zweischenklige Röhren, welche mit einem ihrer Schenkel über den Rand
eines jeden beliebigen Gefäßes, eines Topfes oder eines Bierseidels oder eines ähnhchen
Geschirrs gehängt werden können, während an ihrem äußeren Schenkel der Schlauch
angebracht wird; es bedarf hier allerdings eines erstmaligen Ansaugens, um dann
durch Heberwirkung ein weiteres spontanes Ausüießen der Flüssigkeit zu erzielen.
Die Gummischläuche, welche an den Irrigatoren wie in der Krankenpflege
überhaupt außerordentlich viel in Gebrauch genommen werden, kommen, wie sich
das ja auch aus der Eigen-
art dieser Krankenpflege-
Utensilien ergiebt: nur als
Behältnisse für einen, selber
das Wesentliche an der
ganzen Vornahme und Ein-
richtung darstellenden In-
halt zu dienen, überall da
zur Verwendung, wo es sich
um den Transport eines
solchen flüssigen Inhaltes,
um seine Fortführung und
Einbringung handelt, sei
es vom Körper des Kran-
ken nach außen hin, sei es
umgekehrt aus einem Behältnisse der Kraukenpflege zum Organismus des Kranken
oder in diesen hinein ; aber auch in den weiteren entfernteren Zonen der Anwendungsart
der Krankenpflegemittel, kommen überall für solchen Zweck die Gummischläuche in
mannigfachster Form und
Gestaltung zur Anwen-
dung. Ueber ihre Ge-
brauchsanwendung, die all-
täghch und bekannt ist,
braucht nicht viel gesagt
zu werden ; es ist dafür
Sorge zu tragen, daß überall
da, wo sie einen flüssigen
Inhalt fortleiten sollen,
zuvor die Luft aus ihrem
Innern verdrängt wird ; so-
dann muß bei der Ver-
wendung solcher Gummi-
Fig. 79, 80. Die gläsernen Ansatzstücke dienen zu Scheidenauspülungen ; sie tragen
oberhalb des peripheren , eigentlichen Ausflußrolires eine birnenförmige Ansclrwellung,
welche eine gänzliche Ausfüllung der Vulva und damit einen vollständigen Abschluß der
Vagina bewirkt (Fig. 79). Ohne einen solchen Abscliluß läuft jede eingeführte Flüssigkeits-
menge alsbald wieder all, ohne die ganze Innenfläche der Scheide, insbesondere deren
höhere Abschnitte, zu treffen. Bei der von Dr. med. FRIED LIEB angegebenen Modifikation
(Fig. 80) läßt sicli die Ausspülung auch in der Bettlage vornehmen, da hier ein lie-
sonderes, mit einem Gummischlauch zu armierendes Abflußrohr den Abfluß besorgt ; sonst
ist dieser durch zeitweises Lüften des Ansatzstückes herbeizuführen.
Fig. 80. Schlauchansatz für Irrigatoren.
6i
208
M. IIEKDELSOHX.
scliläuclie, zumal läugerer. acht gegeben werden, daß sie nicht abknicken, sondern
überall nur in flachem Bogen fortlaufend gehalten werden ; und wo sie an ein festes
anderes Bohr, eicen Ausfluß oder ein sonstiges Glas-
oder Metallrohr, durch Hinüberstreifen angesetzt wer-
den sollen, muß dieses letztere angefeuchtet werden,
wodurch ein leichteres Hinüberstreifen ermöglicht wird :
auch kann man vorher das freie Ende des Gumnil-
schlauches um so viel umstülpen, als man es hinüber-
streifen will, und dann über das dagegen gehaltene
feste Ansatzstück wieder zurückstreifeu.
Die nächste größere Gruppe von Maß-
uahmen der Krankenpflege, welche der hypur-
gischeu Asepsis dienen, betrifi't die unmittel-
baren . dem Organismus des Kranken auf-
liegenden äußeren Bedeckungen: die Kran-
kenwäsche und die Krankenbeklei-
d u n g.
Fig. 81. Schlauch-Leitung. Eine wmkelig gebogene Röhre liegt auf einem
kleinen Träger auf, dessen unteres, mit Klammem vei'sehenes Ende sieh federnd über
den Rand eines jeden beliebigen Gefäßes aufsetzen läßt. Versieht man die beiden freien
Enden des Winkelrohres mit je einem kürzeren und längeren Schlauch, so läßt sich das
Ganze an jedem Gefäß als improvisierte Irrigatorvorriehtung verwenden. Allerdings ist
ein erstmaliges Ansaugen der Flüssigkeit, um die Heberwirkung hcrzustelleu, von nöten.
Diese Krankenwäsche und Krankenbekleidung ist ein Typus für diejenigen
technischen Hilfsmittel der Krankenpflege, welche, obwohl im täglichen Leben dauernd
in gleicher Form und Gestalt verwendet, für die Krankenpflege eine eigene und her-
vorragende Bedeutung gewinnen. Die Besonderheiten, welche für die Leibwäsche
gerade aus der Krankheit her entstehen, liegen einmal darin, daß bei einem bett-
lägerigen Kranken dem größten Teile der Aufgaben, welche sonst die Kleidung er-
füllt, hier durch das Bett entsprochen wird, so daß als einzige eigentliche Bekleidimg
nur die Leibwäsche zurückbleibt; besonders wichtig ist die Anwendimg der Kranken-
wäsche sodann auch darum, weil bei der erhöhten Inanspruchnahme imd dem
oft sehr häufig notwendig werdenden Wechsel der einzelnen Wäschestücke der
Kranke diese Maßnahmen dennoch nicht selbständig vornehmen kann, sondern auf
dritte Personen dabei angewiesen ist. Es ist daher eine wichtige Eegel. daß ein
Kranker im Bette ausschließlich nur mit Leibwäsche bekleidet ist; nie und nimmer
dürfen Kranke in Kleidern zu Bett liegen, sondern lediglich mit dem Hemd an-
gethan, allenfalls nur noch mit einem Halstuch; Frauen werden dazu, da deren
Hemden die Arme und den Oberteil der Brust freizulassen pflegen, noch mit einer
Nachtjacke bekleidet und zum Schutze ihres langen und, wenn es in Verwirrung
geraten, schwer wieder in Ordnung zu bringenden Haares mit einer Nachthaube
versehen. Strümpfe oder gar Hosen dürfen jedoch niemals im Bett getragen werden,
am allerwenigsten etwa zugleich mit Strimapfbändern oder anderen einschnürenden
und die Zirkulation hemmenden Vorrichtungen.
Ein weiterer ziemlich selbstverständlicher, aber noch nicht überall zur Aus-
führung kommender Grundsatz, auf dessen Befolgung die Krankenpflege streng zu
achten hat, ist sodann, daß Leibwäsche, sobald sie irgendwie beschmutzt oder durch-
näßt ist, sofort erneuert werden muß. Das für die Krankenpflege überhaupt so
wichtige Prinzip peinlichster Sauberkeit hat an keiner Stelle eine so weitgehende
imd sorgfältige Anwendung zu finden wie am Körper des Kranken selber, und in
erster Linie an der Leibwäsche, mit welcher er bekleidet ist. NatürUch hat die
Eegel, jedes unsaubere oder naß gewordene Wäschestück sofort zu ersetzen, ihre
Ausnahmen: es kommt unter Umständen vor, daß man, wie so oft. im Leben und
in der Krankenbehandlung, erwägen muß, welches von zwei Liebeln das kleinere sei ;
und wo man dann zu dem Entschlüsse kommen wird, es sei vorzuziehen, dem
Kranken die Beschwerden eines L'mkleidens zu ersparen imd ihn heber für eine
kurze Zeit noch in der alten Wäsche zu belassen. Aber auch wo keine besondere
62
Die Wirkung durcli Eeinlichkeit.
209
Befleckung mit Schweiß, mit Auswurfsstoffen, mit Blut oder Eiter, mit Speisen,
Arzneien oder mit einer der anderen so zahlreichen Möglichkeiten für eine Verun-
. reinigung auf der Wäsche bemerkbar ist, muß diese doch alle zwei oder drei Tage
bei einem bettlägerigen Kranken erneuert werden; und auch dort, wo ein Wechsel
in diesem Maße sich nicht gestattet, ist als weitester Zeitpunkt für die neu zu
wechselnde Wäsche die Frist von einer Woche anzusehen.
Im allgemeinen dienen selbstverständlich diejenigen Hemden und die anderen
Wäschestücke, welche auch sonst der Kranke im Gebrauch hat, ebenfaUs für die
Zeit der Krankheit zu seiner Bekleidimg; es ist jedoch, wo eine Wahl mögUch ist,
Ton Wichtigkeit, solche Hemden auszuwählen, deren Brustschlitz möglichst weit ist
und die auch hinreichend weite Aermel haben, da hierdurch das Aus- uud Anziehen
Fig. 82. Krankenhemd. Das Hemd läßt sich durcli Lösen sämtlicher Bänder
vollständig in der Fläche ausbreiten; es wird so unter den Rücken des Kranken ge-
schoben und danach über seinen Rumpf und die beiden Arme zusammengeschlagen und
mit Hilfe der Bänder fixiert.
erhebhch erleichtert wird. Nötigenfalls ist ein zu kiu'zer Brustlatz ohne vieles Be-
denken mit der Schere zu vergrößern. Für sehr schwer kranke Personen oder für
solche, die sich nicht viel bewegen dürfen, empfiehlt es sich, die Hemden in der
hinteren Mittellinie von oben bis unten hin völlig durchzuschneiden, so daß sie also
wie die Hemden kleiner Kinder hier gänzlich auseinandergebreitet werden können
und sich ohne weiteres von oben her über die Arme des Ki'anken ziehen lassen,
welchen man danach, wenn es möglich ist, erst auf die eine, dann auf die andere Seite
dreht, und dem man so die beiden hinteren Hälften des geschlitzten Hemdes an einander
hringt oder, wenn auch diese Bewegung nicht ganz ausführbar ist, doch wenigstens
diese Hemdenpartien von der Seite her unterschieben kann. Auch Hemden mit ge-
schlitzten Aermeln und ebenso Nachtjacken derart, bei welchen der Aermel in der
ganzen Länge an der Außenseite bis über die Schulter hinweg und zum Kragen hinauf
durchgeschnitten ist, finden in ähnlicher AVeise vorteilhafte Verwendung. Die Ver-
einigung der aufgeschlitzten Stellen darf niemals durch Knöpfe versehen werden,
sondern nur durch Bänder, die jederseits an entsprechenden Stellen des Schlitzes
angenäht sind und mit einander verknüpft werden können ; wie überhaupt jeglicher
Knopf an der Krankenkleidung perhorresciert werden muß, da er den KIranken drückt
und überall an seinerstatt doppelte Bändchen zum Verschlusse zu dienen haben.
Wo derartig geschlitzte Hemden nicht vorhanden oder doch nicht nötig sind,
hat das Wechseln des Hemdes bei Kranken unter Beobachtimg solcher Vor-
sichtsmaßregeln zu geschehen, daß er möglichst wenig davon behelhgt wird. Es
wird hier immer noch vieles falsch gehandhabt; immer und überall kann man sehen,
63
210 M. MENDELSOHN,
daß unkundige Pflegerinnen versuchen, auch einen Kranken in derselben Weise,,
wie es wohl der Gesunde zu thun pflegt, ein Hemd ausziehen zu lassen: dadurch,,
daß man zuerst einen Arm aus dem Aermel zieht, dann den Ellbogen krümmt, und
nun versucht, diesen einen Arm aus dem vorderen Brustschutz des Hemdes heraus-
zubringen. Das ist gänzlich unstatthaft. Ein jedes Ausziehen eloes Hemdes bei
einem bettlägerigen Kranken muß so erfolgen, daß man zunächst den Kumpf und
den Rückenteil des Hemdes von der Last des auf ihm ruhenden Körpers befreit,
daß man also das Hemd von seinem unteren Bande her unter dem Kranken, indem
man diesen leise anhebt, nach oben hinauf zusammenstreift, bis es oberhalb
der Schulterblätter zusammengeschoben hohl imter dem Nacken Hegt; alsdann
werden die beiden gerade gestreckten Arme des Kranken soweit als möglich nach
oberhalb, über den Kopf hinaus, beiderseits auf die Kissen gelegt, der vordere Teil
des Hemdes nun gerade so wie zuvor der hintere von unten her nach oben hin zu-
sammengestreift, und zwar dieser sogleich bis über den Kopf des Kranken hinaus,,
derart, daß sein Gesicht dabei gar nicht in Berühnmg mit dem Hemde kommt;
und jetzt ist es ein leichtes, von hinten, vom Kopfende des Bettes her, diu-ch Zug
an den Handöffnungen der Aermel das Ganze herunterzuziehen. Auf diese Weise
kann eine einzelne Person jeden Kranken ohne Beschwerden für ihn im Bette um-
kleiden. Das Anziehen des Hemdes hat in genau der gleichen Weise, nur in natür-
hch lungekehrter Reihenfolge zu geschehen; es ist also zuvor der ganze RumpfteE
des Hemdes rund herum zusammenzuschieben, bis er allseitig nur einen Kranz
bildet, an welchem die beiden Aermel hängen und der zunächst mit diesen von
hinten her über die auch hier wiederum nach oben gerichteten, ausgestreckten Arme
gestreift wird; dann erhebt man den Kopf etwas, zieht das noch immer so zu-
sammengefaltet gehaltene Hemd über den Kopf, läßt es unter dem Nacken liegen,
breitet den vorderen Teü des Hemdes nach imten über den Kranken aus und zieht
nun erst unter leichtem Anheben des Kranken den unter dem Nacken befindhchen
Hemdenteil glatt nach imten hin aus, womit die Manipulution beendet ist.
Daß ein jedes frisches Hemd, wie überhaupt jeder Gegenstand, der mit dem
Körper des Kranken in unmittelbare Berührung kommt, vorher erwärmt werden
mirli, bedarf keines besonderen Hinweises.
Eng mit der Krankenwäsche und Krankenkleidung in Zusammen-
hang steht und dem gleichen Zwecke der Asepsis dient alsdann die
Bettwäsche, die oberste, für die Zwecke der Asepsis auswechselbar
gestaltete Schicht des Krankenbettes.
Die Bettwäsche, und zwar Laken wie LTeberzüge, muß ebenso wie die Leib-
wäsche des Kranken stets erneuert werden, sowie sie auch nur im geringsten un-
sauber geworden ; es ist darum ein unbedingtes Erfordernis, daß die Bettwäsche
eines Kranken nicht aus farbigem oder gemustertem Stoffe besteht, sondern einzig und
allein nur aus weißem Gewebe. Ledighch auf solchem läßt sich ein Unsauberwerden
genügend erkennen; es ist ja bekannt, daß aus dem umgekehrten Grunde Taschen-
tücher von bunter Farbe gewählt zu werden pflegen, eben damit ihr Schmutzigsetn
nicht allzuschnell bemerkbar wird. Gleichviel also, ob man wollene oder baumwollene
oder gar seidene Bettwäsche in Verwendimg nimmt, immer muß sie weiß und farblos
sein, immer ist sie beim ersten Anschein eines Schmutzigwerdens, wo nur irgend
thunhch, zu wechseln und zu erneuern.
Abgesehen von dieser Erneuerung der Bettwäsche, von diesem
Ersetzen der einzelnen schmutzig gewordenen Stücke durch andere.
ist es eine der wichtigsten Aufgaben der Krankenpflege, die Beschaffen-
heit und die Verwendung der Bettwäschestücke im Krankenbette so zu
überwachen und zu regeln, daß sie dem Kranken möglichste Behaglich-
keit gewähren und Ünzuträglichkeiten, in allerwichtigstem Betracht
die Entstehung von Decubitus, von ihm fernhalten.
Notwendig hierbei ist, daß besonders zu dem wichtigen Zwecke der Verhütung
eines. Decubitus das Betttuch nicht nur selber stets sauber ist, sondern vor allem
frei von Ablagerungen fremdartiger Dinge, die von irgend einer Stelle des
64
Die Wirkung durch. Reinlichkeit.
211
■ Bettes her in dieses liineinfallen und dann um so schneller, je unruhiger der Kranke
ist und je mehr er sich hiu und her bewegt, nach dem tiefsten Punkte der Unterlage
hingleiten, also gerade nach der wichtigsten Stelle, auf welcher der Kranke eben
aufliegt lind die er durch den Druck seines Körpers zur tiefsten gestaltet. Sodann
aber hat das Betttuch stets glatt zu liegen, keine Falten zu werfen, die ebenso
wirken würden wie Fremdkörper und einen isolierten lokalen Druck mit allen den
möglichen schädlichen Konsequenzen eines solchen ausüben können. Es sind daher
nicht nur täglich und, wo es not thut, noch öfter alle Speisckrümel oder Schnupf-
tabakpartikel oder ähnliche Verunreinigungen von dem Betttuch zu entfernen,
sondern dieses selber muß ganz besonders auch stets straff und glatt gehalten werden.
Das einfachste zu einem solchen Glätten des Betttuches ist, daß zwei Per-
sonen gleichzeitig, eine jede von je einer Seite des Bettes her, das Betttuch an seinem
entsprechenden Kande anfassen und langsam aber energisch glatt ziehen; der über-
.stehende Teil wird alsdann in der bekannton Weise unter die Matratze gestopft.
Wo bei unruhigen Kranken dieses Unierstecken keinen genügenden Halt gewährt,
empfiehlt es sich, um das Betttuch straff zu halten, es mit Verbandnadeln an den
beiden Seiten der Matratze an diese anzustecken. Bei sehr unsauberen Kranken, wo
nicht nur ein Straffhalten , sondern auch die sehr wichtige Erneuerung der Bett-
wäsche, insbesondere der von dem Kranken unmittelbar in Mitleidenschaft genommenen
Unterlage immer und immer wieder nötig wird, kann man zwei oder mehrere Bettbezüge
der Länge nach aoeinander nähen, so daß eine sehr lange Bahn entsteht, das Ganze von
einer Seite her aufrollen und das freie Ende qner über die Matratze hinweglegen, so daß
es über die eine Seite des Bettes ein wenig hinüberreicht, während die Hauptmasse zu-
sammengerollt auf der anderen Seite am Boden oder auf einer Unterlage liegt ; so kann
nach Bedarf das Laken immer weiter unter dem Kranken hinweg nach der anderen Seite
hinübergezogen werden, wo es entweder ebenfalls aufgerollt oder, wenn es allzu sehr
beschmutzt und vielleicht gar übelriechend geworden ist, in einen hier aufgestellten
Kübel mit Wasser oder mit desinfizierender Flüssigkeit eingebracht vrird.
Auch sind einige eigene Geräte angegeben worden, welche das Betttuch des
Kranken glatt und straff gespannt halten sollen. Der eine dieser Bettspanner beruht
auf ungefähr dem gleichen Prinzipe, wie die eben beschriebene einfache Maß-
nahme: das nur in der Mitte befindliche, von einer Seite zur anderen herüber-
ziehende Bettlaken ist doppelt gefaltet, indem die beiden Laken außen an den Seiten
zusammenhängen und das Ganze so gewissermaßen eine schlauchförmige Gestalt be-
Fig. 83. Bettspanner. Beim Gebrauche des von Dr. med. GkOTJAHU ange-
gebenen, im Text beschriebenen Bettspanners ist es zweckmäßig, ein recht großes Kopfkissen
oder Oberbett zuvor so zusammenzusehütteln, daß der Federinhalt die eine Hälfte des
Bettstückes prall ausfüllt, und danach die leere Hälfte der Hülle umzuschlagen. Das so
gestaltete, sehr pralle Kissen wird dann unter den Bettspanner gebracht und dieser mit
Hülfe der an den Seitenwänden des Bettes befindlichen Eiemen über ihm möglichst fest-
gespannt.
Handbuch der spec. Therapie inn. Krankh. Suppl. I. Helt 3. l ^
Meodieliso h u_, Krankenpflege. ^- k
212
M. MENDELSOHN,
sitzt; hier sind beiderseits Stäbe hindurchgesteckt, welche durch darunter befindliche,
an den Außenwänden des Bettgestelles selber befestigte Kiemen nach unten hin mehr
oder minder festgezogen werden können und dabei natürUch das Laken spannen, das
auch bei dieser Vorrichtung gleichzeitig mit seinen einzelnen Partien nacheinander
unter den Kranken gebracht werden kann. Eine andere Einrichtung dieser Art be-
steht darin, daß das gewöhnliche Bettlaken an seinem Kopfende ebenso wie an seinem
Fußende um je einen keilförmig gestalteten, so breit wie das Bett selber geformten
Holzklotz herumgeschlagen und durch diesen, der je nach Bedarf mehr oder weniger
tief zwischen Matratze und Bettwand hineingedrückt werden kann, in der nötigen
Spannung erhalten wird.
Fig. 84. L ak enspannyorriehtiing. Beim Gebrauche der emlauheu \ ujucutimg,
die nur in Holzbettgestellen sich verwenden läßt, da metallene Bettgestelle die zur
FixieruD" notwendigen Zwischenräume zwischen Bettwand und Matratze nicht besitzen,
ist darauf zu achten, daß die Holzplatten, welche oben und unten das Bettlaken einge-
klemmt halten, so tief an den Innenwänden des Kopfendes und des Fußendes des Bettes
nach unten geschoben werden, daß das Laken thatsächlich auf der Matratze aufruht und
nicht etwa frei über diese hinweggespannt bleibt.
So sehr jedoch alle diese Vorrichttmgen auch ihren Zweck erfüllen mögen,
niemals darf, wozu sie vielleicht Anlaß geben könnten, das möglichst häufige In-
ordnungbringen des Krankenlagers versäumt werden ; ob man nun neue Bettwäsche
wählt oder die in Gebrauch befindlichen Stücke im Bett läßt, mindestens einmal
täglich muß das Bett gemacht werden, ist ein LTmbetten erforderlich. Wenn der
Kranke ohnedies täglich aus welchem Gnmde auch immer sein Bett verläßt, so bei-
spielsweise zum Baden oder zum Verbandswechsel oder aus sonstigem Anlaß, so
muß naturgemäß die Gelegenheit benutzt werden, um in dieser Zeit das Umbetten
vorzunehmen. Auch sonst ist, wenn irgend möglich, das LTmbetten so zu gestalten,
daß der Kranke dazu gänzlich aus dem Bette entfernt wird ; daß er also, wo er es
kann, das Bett selbständig verläßt. Wo das nicht möglich ist, muß der Kranke für
die Zeit des Umbettens am besten auf ein zweites vielleicht zur Verfügung stehendes
Bett gelegt werden, oder aber auf einen Divan oder einen ähnlichen Notbehelf. Das
allerbeste sind ja in der That Wechselbetten, also zwei vollständige Bettgestelle und
Betteinrichtungen für einen Kranken, der nach je 24 Stunden immer von dem einen
Bett in das andere kommt, während das augenbUcklich leere mit aller Muße und
Sorgfalt wieder in Stand gesetzt wird. Dieser Komfort ist auch gar nicht so schwer,
als man vielleicht glauben möchte, [durchzuführen; insbesondere läßt sich bei Er-
krankungen einer Ehehälfte der gesunde Teil leicht anderweitig unterbringen und
können die beiden vorhandenen Betten so allein für den Kranken zur Benutzung
66
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
213
kommen. Wie man einen solchen Kranken aus einem Bett in das andere trans-
portiert, wie man ihn anfaßt und trägt, gehört zu denjenigen somatischen Heilmitteln
der Krankenpflege, deren hauptsächlichste Wirkung auf die Erreichung möglichster
Schmerzfrelheit gerichtet ist, und findet sich daher dort näher besprochen. Immer
und in allen Fällen wird sich allerdings eine gänzliche Entfernung des Kranken aus
seinem Bette nicht durchführen lassen ; wenn es nötig wird, das Betttuch in solchem
FaUe zu wechseln, so rolle man es sowohl vom Kopfende als vom Fußende her, wo
beiderseits der Kranke niu- aufliegt, nach der Mitte hin so weit, als dies ohne be-
sondere Schwierigkeiten möglich ist, zusammen und ziehe dann diese Doppelrolle,
indem der Rumpf des Kranken durch eine zweite Person ein wenig angehoben wird,
nach der Seite hin heraus ; die Einbringung des frischen Betttuches geschieht in
der gleichen Weise, indem dies ebenso zusammengerollt und von einer Bettseite her
unter den Kranken gebracht wird, und nun erst aufgerollt und straff gezogen wird.
Im übrigen hat sich bei einem jeden Umbetten, wie es sich wieder von selbst
versteht, die Erneuerung und Auffrischimg der Bettstücke nicht allein auf die Bett-
wäsche zu erstrecken , sondern Kissen , Matratze und überhaupt alle beweglichen
Bettstücke sind aus dem Bettgestelle herauszunehmen, einige Male durchzuschütteln
und mit der flachen Hand zu klopfen, um die in ihnen befindliche Luft zu er-
neuern; dann sind sie, wo es angeht, umgekehrt, also mit der zuvor oben befindlichen
Seite mm nach imten hin, wieder au Ort und Stelle zu hringen. Die Bettdecke
bleibt so lange offen über dem Fußende zurückgeschlagen, als der Kranke nicht im
Bette ist.
Die Reinigung des Körpers mit den verschiedensten Flüssigkeiten erfordert
sodann, zumal dort wo Ausspülungen vorgenommen werden, eigene Schichten, wass er-
undurchlässige Unterlagen ; hierzu wird der Gummi in der Krankenpflege
häufig zur Anwendung gezogen, um Bestandteile des Krankenlagers, insbesondere des
Krankenbettes, die sonst in den Tagen der Gesundheit aus anderem Stoffe zweckmäßig
gefertigt sind, nun zu ersetzen. So stehen in der Krankenpflege Gummistoffe oder
entsprechend imprägnierte andersartige Gewebsstoffe zur Verfügung, welche in aus-
reichend großen Ab-
schnitten entweder den
ganzen Umfang eines
Bettlakens einnehmen
oder doch einen wesent-
lichen Teil eines solchen
bilden können, und die
in der That zum Ersatz
einer derartigen Bett-
unterlage Verwendimg
finden. Diese Stoffe wer-
den, wie der Gummi über-
haupt, in sehr verschie-
denartiger Güte herge-
stellt ; ihre hauptsäch-
hchste Eigenschaft muß
neben der selbstverständ-
hchen Wasserundiirch-
läßigkeit die sein, daß sie
Fig. 85. Spülunterlage. Ein rechteckig geformtes Luftkissen ist so gestaltet,
daß an einer größeren Zalü von Stellen seine beiden Wände miteinander verschmolzen
und hier gleielizeitig durchbohrt sind, so daß nach dem Aufblasen diese Stellen tiefer
liegen als die übrige, vielfach konvex gestaltete Oberfläche. Jede das so aufgeblasene
Kissen von oben her treffende Flüssigkeit muß nach diesen tieferliegenden Oeffnungen
fließen und durch diese hin durchtreten. Das ganze Kissen wird in eine sackartige Hülle
aus wasserdichtem Stoff hineingethan, welche es auf der oberen Seite jedoch nur ringsherum
mit einem schmalen Rande umgiebt und von deren einer Ecke ein Abflußschlauch sich
nach unten hin erstreckt. Ein solches Kissen läßt den Kranken auf einer weichen Unter-
lage ruhen und leitet dabei alle von oben her auttreffende Flüssigkeit hindurch und
mittels des Schlauches nach außen ab.
67
15*
5*
214
M. MENDELSOHN,
völlig glatt und faltenlos sich auf einer Unterlage ausbreiten lassen. Es sind
eben Bettlaken, nur daß sie hier, wo die Eigenschaft der Wasserundurchlässigkeit
wertvoll ist, an Stelle der sonstigen aus Leinwand gefertigten, welche diese Eigen-
schaft nicht besitzen, zur Verwendung kommen. Denkt man sich solche Laken aus
Gummistoff in einem Bette zweifach übereinandergelegt und zwischen diese beiden
Schichten Luft oder Wasser eingebracht, was sich nur ermöglichen läßt, wenn man
die beiden Gummitafeln rundiun miteinander verschmilzt, so entstehen die an anderer
Stelle beschriebenen besonderen Gummibehältnisse, die Luft- und Wasserkissen.
Die wasserdichten Stoffe, welche weniger als Ersatz wie vielmehr zur Kompletierung
des eigenthchen Betttuches in Anwendung gezogen werden, denn auch hier darf der
Fig. 86. Spulbecken. Ein sehr flaches Becken, dessen Bodenfläche aus zwei
nach der Mitte hin leicht abfallenden schiefen Ebenen besteht, ist dazu bestimmt, bei weib-
lichen Ausspülungen xmd bei ähnlichen Vornahmen im Bette die abfließende Flüssigkeit
aufzunehmen und fortzuleiten, ohne das Bett naß werden zu lassen. Zu diesem Zwecke
ist es an einem seiner Enden mit einer leicht konkav gestalteten Polsterung versehen, mit
welcher das Ganze unter das Kreuzbein der Kranken geschoben wird, so daß sich das
Becken dann von hier aus nach dem Fußende des Bettes zu erstreckt. Beiderseits sind
an den tiefsten Stellen der Bodenfläche Auslässe angebracht, aus denen mittels angesetzter
Schläuche Spülwasser und andere Flüssigkeit sogleich aus dem Bett in untenstehende Ge-
fäße geleitet werden kann.
Körper nicht direkt auf die Unterlage gelegt werden, sondern muß durch die dar-
über gebreitete Leinenschicht von dieser getrennt sein, kommen überall da zur
Ingebrauchnahme , wo bettlägerige Ki-anke entweder Flüssigkeiten, sei es aus ihren
natürhchen Körperöffnungen, sei es aus Wunden, absondern, welche in die Matratze
hineinfließen und Verunreinigungen abgeben könnten, oder aber, wo häufig und
reichhch an den Kranken Manipulationen vorgenommen werden müssen, deren in
Gebrauch gezogene Flüssigkeit gleichfalls von dem Bettboden abgehalten werden soll ;
besonders also bei der Enthindung und bei Krankheiten, [welche die regelmäßige
Ausspülimg von Scheide und Mastdarm notwendig machen.
Dienen alle diese Maßnahmen der eigentlichen Köri^erreinigung
und der Gestaltung derjenigen materiellen Objekte, welche mit dem
Körper in einen unmittelbaren Kontakt kommen , so ist für eine
ausreichende Asepsis des weiteren wichtig, daß auch der ganze den
Kranken umgebende Raum, der gesamte Inhalt des
Krankenzimmers, eben so rein und sauber gehalten wird,
wie das für jedes Operationszimmer in rigorosester
Weise und berechtigt gefordert wird. Denn die Rück-
wirkungen der Umgebung auf den in ihrem Mittelpunkte befind-
lichen Kranken sind hier wie dort von der gleichen Bedeutung; und
die Asepsis der inneren Medien ist kein geringerer Heilfaktor als die-
jenige der Chirurgie.
Die Sorge für eine solche EeinUchkeit hat sich nun nicht allein nur auf
eine vöUige und selbst peinliche Säuberung, nicht nur auf eine vollständige Keinigung
der das Krankenzimmer erfüllenden Objekte und des Linenraumes selber zu er-
68
Die Wirkung durch Reinlichkeit. 215
strecken, sondern sie hat gewissermaßen schon vor dem Beginn der Erkrankung
ihren Anfang und oft sogar den vresentlichsten Teil ihrer Ausführung zu nehmen :
in der Wahl und Einrichtung des Zimmers, welches für den Aufenthalt
des Kranken bestimmt wird. Während in der Gesundheitspflege die Aufgabe der
Eeinigung nur darin besteht, die vorhandenen Räume und Gegenstände möglichst
von Verunreinigungen frei zu halten oder solche von ihnen zu entfernen, hat die
Krankenpflege die Möghchkeit, alle diejenigen Objekte überhaupt aus den von ihr
benutzten Kävimen auszuschließen, welcher einer solchen hier mehr als sonst nötigen
Eeinigung erheblichere Schwierigkeiten bereiten würden. In Krankenhäusern, deren
Aufenthaltsräume ja von vornherein für den alleinigen Zweck der Beherbergung von
Kranken hergestellt werden und' dementsprechend eingerichtet sind, fallen diese
Präliminarien der Reinigung selbstverständlich fort; in den Wohnhäusern ist dagegen
beim Beginne jeder ernsteren Erkrankung das geeignetste Krankenzimmer unter dem
Gesichtspimkte der möglichsten Zweckmäßigkeit erst auszusuchen und einzurichten.
Denn noch immer besteht bei uns die zweckwidrige Eigentümlichkeit, auf die ich
schon wiederholt hingewiesen habe*)- daß in ziemlich bescheidenen Wohnungen
eigene Fremdenzimmer, in besseren Häusern besondere Räume für die verschieden-
artigsten Bethätigimgen eingerichtet sind, nirgend aber, auch in den vornehmsten
Häusern nicht, für die Tage der Krankheit eigene zweckentsprechend hergestellte
Krankenzimmer zu finden wären. Und doch wäre das ein Komfort von nicht zu
unterschätzender Bedeutung.
Nun muß man sich natürlich überall im Leben, und nirgends mehr als in der
Krankenpflege, nach den gegebenen Verhältnissen richten; wo eine Auswahl unter
mehreren Räumen nicht möglich ist, bleibt eben nichts anderes übrig als den einen
vorhandenen so zweckmäßig als möglich herzurichten ; wo jedoch mehrere Zimmer
zur Verfügung stehen, spricht bei der Auswahl die mehr oder minder leichte Mög-
hchkeit einer vollständigen Reinigung und Reinhaltung des gesamten Innenraums
in entscheidender Weise mit. Denn zunächst besteht als erste Aufgabe, als wesent-
lichste Unterstützung und oft sogar als Voraussetzung für die spätere völhge Sauber-
haltung des Krankenzimmers der Ausschluß aller schwer zu reinigenden
oder Verunreinigungen leicht in sich aufnehmenden Gegenstände;
und es hat daher in betreff derjenigen Eigenschaften, welche in der unmittelbaren
imd nicht beweglichen Ausstattung der AVohnräume liegen, die AVahl des Kranken-
zimmers nach dessen Bauart und Auskleidung mit leicht rein zu erhaltenden Ma-
terialien zu geschehen, während das Mobiliar und die sonstigen beweglichen Objekte,
insofern sie hier störend sind, aus dem Krankenzimmer entfernt werden müssen. Wo
dalier ein Zimmer, dessen Wände Oelanstrich haben und das sonst geeignet ist, zur
Verfügung steht, verdient es den Vorzug vor einem solchen mit tapezierten Wänden;
sind Tapeten nicht zu vermeiden, so würden wiederum die gefirnißten, -waschbaren
Holz- oder Ledertapeten eine bessere Bekleidung abgeben als das einfache Papier. Haben
die Dielen Parquetboden, so eignet sich cheser, besonders wenn er gut gewichst oder
gehöhnt ist , recht wohl ; imd auch Oelanstrich oder einfach geölte Dielen er-
leichtern die Reinigung in ausreichender Weise.
Wird man so in den privaten Wohnungen die unverrückbaren Einrichtungen
der Zimmer immer nur in einem geringen Maße auswählen können, so ist der
Thätigteit des Arztes eine dankbare und erfolgreichere Aufgabe in der Beseitigung
des übrigen störenden Inventars im Krankenzimmer gegeben. Hier ist das erste
Erfordernis, alles, was Schmutz imd Staub in sich aufnehmen und festhalten kann,
hinauszuschaffen, und insbesondere die Teppiche, welche ganz und gar nicht in ein
Krankenzimmer gehören; sie nehmen nicht nur den Staub aus der Luft, sondern
auch allen Schmutz von den Füßen der Umhergehenden auf und sind zudem völlig
überflüssig im Krankenzimmer, da der Kranke ihrer nicht bedarf, und der einzige
Vorteil, den sie gewähren könnten : den Schall der Schritte zu dämpfen, auch durch
Filzschuhe imd auf andere Weise genügend erreicht werden kann. Nicht minder
sind die Bettteppiche und Bettvorlagen bei einem bettlägerigen Kranken überflüssig;
um so mehr, als sie bei den Handreichungen in und am Bette noch mehr als die
Martin Mendelsohn, Der Komfort des Kranken. Zweite Auflage, Berlin
1892.
6c)
216
M. MENDELSOHN,
Fig. 87. Foriiialin-
D es Infektion slampe.
Zimmerteppiche der! Gefahi- einer Durclinässiiug und Beschmutzung ausgesetzt sind.
Auch die Bettvorhänge und Betthimmel sind zu entfernen, nicht nur aus Gründen
der Eeinlichkeit, sondern noch mehr aus solchen
der Lüftung und Lufterneuerung; und in gleicher
Reihe mit ihnen rangieren die Thürportieren, die
schweren Stoffgarchnen an den Fenstern, kurz alle
freihängenden und fliegenden oder flatternden
Stoffe, welche in einem Krankenzimmer nichts
zu thun haben. In Einklang mit diesen Vor-
schriften steht sodann das Gebot, auch alle
Polstermöbel, die in einem Krankenzimmer keinen
Platz finden dürfen, besonders solche mit Samt-
überzug, aus ihm zu entfernen; der Kranke
braucht sie nicht und die Gesunden können
auf HolzstiUilen sitzen, üeber die weiteren Ob-
jekte lassen sich natürHch, da ihre Zahl und Art
aufs äußerste nach den gerade vorliegenden Ver-
hältnissen wechselt, allgemeine Regeln nicht
geben; jedenfalls sind alleNippes, alle Stoff- und
Papier-Gegenstände, Fächer, und aller zerbrech-
licher Kram, wie sie in den Wohnzimmern auf-
gestellt zu sein pflegen, hier ganz und gar über-
flüssig. Mit besonderer Strenge muß auch darauf
geachtet werden, daß Tieren jeglicher Art der
Zutritt oder der, Aufenthalt im Ki'ankenzimmer
versagt bleibt, eine Aufgabe, die nicht immer gar so leicht zu erfüllen ist, da nicht
nur die Bauern sich Turteltauben in den Krankenzimmern halten, welche im Rufe
stehen, Gesundheit zu bringen und
natürlich aUes beschmutzen, sondern
auch in nicht bäuerlichen Haus-
halten Kanarienvögel und Schoß-
hündchen und mancherlei anderes
Getier bei den Kranken gar nicht so
selten anzutreffen ist.
Das was nun im Krankenzimmer
zu belassen ist, muß stets und an-
dauernd der sorgfältigsten Reinigimg
unterliegen; aber auch diese Zim-
merreinigung bedarf nicht bloß
hinsichtlich ihrer thatsächlichen Aus-
führung, sondern fast mehr noch in
Bezug auf die Art, wie sie vor sich
geht, der ärztlichen Aufsicht und Kon
trolle. Was man im täglichen Leben
unter Abstäuben versteht, ist ja keine
Entfernung des Staubes aus dem
Zimmer, sondern nur eine Durch-
wirbelung: er wird von einem Gegen-
stände abgeklopft, um sich auf einem
anderen niederzulassen. Die Ent-
fernung des Staubes von den Objekten
im Krankenzimmer muß mit einem
feuchten Lappen geschehen, und alle
Gegenstände, welche solche Berührung
nicht aushalten, gehören eben nicht
werden kleinere
Geräte verwendet, an denen aus einem oberen, zur Auf-
Fig.
88. Formalin- Des Infektion slampe,
Fig. 87, 88. Je nach der Größe des zu desinfizierenden Eaumes
(Fig. 87) oder größere (Fig.
nähme des Desinfektionsmittels bestimmten Gefäße mittels der darunter befuidlichen Flamme
die Verdampfung in regulierbarer Geschwindigkeit vor sich geht.
70
Die Wirkung durch Reinlichkeit.
217
//■'Äifr^^
in ein Krankenzimmer. Auch der Fußboden ist feucht aufzunehmen, nicht etwa
■ nur auszukehren ; darum empfiehlt sich eben der bereits erwähnte Oelanstrich.
Und ganz besondere Kontrolle verlangt dabei der unter dem Bett befindhche Teil des
Fußbodens, der ebenfalls täglich in der gleichen Weise gereinigt werden muß ; liegt
hier, wie es manchmal vorkommt, sehr viel Staub, so muß mau diesen mit feuchtem
Sägemehl oder noch besser mit feuchten Theeblättern aufnehmen. Selbst die Wände
sind zu reinigen, und zwar, wenn irgend möglich, was allerdings von ihrer Be-
kleidung abhängt, ebenfalls feucht; natürUch braucht eine solche Eeinigung nicht
allzu häufig zu geschehen, am besten macht man sie vorher ab, ehe man den Kranken
überhaupt in das betreffende Zimmer bringt. Eine eigen thche Desinf ektioin des
Zimmers und seiner Wände geschieht am besten durch Formalin.
Die zweite dieser Sorgen der Asepsis ist die für eine ausreichende Luft-
erneuerung im Krankcnz^immer sowie für die genügende Reinhaltung der
Zimmerlutt. Auch hier ist zunächst vorher, schon bei der Wahl
des Krankenzimmers, mancherlei zu beachten, was diesem Faktor
Rechnung trägt und die später nötigen Maßnahmen erleichtert.
So muß es natürlich in allererster Linie geräumig genug sein, da-
mit sein Luffcmaß nicht allzu schnell verbraucht wird. Ganz be-
sondere Beachtung verdient auch die unmittelbare Umgebung des
Krankenzimmers unter dem Gesichtspunkte der Lüftung, damit
nicht etwa die zur Erneuerung m das Zimmer eintretende Luft
aus Räumen oder von Orten herkommt, an denen sie ungünstig
beeinflußt worden oder gar verdorben ist. Es muß also ein
Krankenzimmer möglichst so gewählt werden, daß seine Fenster
ins wirklich Freie gehen, nicht in einen engen Hof, zu dem Wind
und Luftbewegung so gut wie gar kernen Zugang haben, oder gar
in Nebenräume, auf Gänge und Korridore, welche mit Küche und
Speisekammer, mit Waschhaus und Souterrain kommunizieren und
deren verdorbene Luft |in das Krankenzimmer gelangen lassen.
Das ist überhaupt eine wichtige, leider nur zu oft vernachlässigte
Regel: sich zu überzeugen, daß die Luft, welche zum Zwecke
der Erneueruug in ein Zimmer gelassen wird, auch thatsächlich
gute und reine Luft ist.
Und auch sonst muß die Lüftung zweckdienlich und sach-
verständig vorgenommen werden. Sie hat durch die Fenster zu
geschehen, die, wenn der Kranke im Bett und zugedeckt ist, un-
bedenklich ganz weit geöffnet werden können, ohne daß Gefahr
für den Kranken da wäre, sich zu erkälten; wer im Bett liegt,
erkältet sich nicht. Dabei sind beim Oeffnen der Fenster stets die
oberen, nicht die unteren Flügel zu öffnen; und auch hierauf ist
von vornherein die Aufmerksamkeit zu richten, daß diese oberen
Fig. 89. Ventilator. Kleine Gehäuse mit den üblichen Ventilationsrädern,
welche mittels einer Kette geöffnet, geschlossen und reguliert werden können, lassen sich
in geeignete Fenster oder Thüröffnungen der Krankenzimmer mülielos einfügen.
Flügel, die vielfach bei uns entweder durch langen Nichtgebrauch verquollen oder
durch Vorhänge und Gardinen im Oeffnen behindert sind, sich leicht und gänzlich
bewegen lassen. Wie weit man die oberen Fensterflügel öffnet, hängt wesentlich
von der Jahreszeit und Temperatur ab; es genügt, sie manchmal nur eine Hand
breit zu öffnen, ein anderes Mal wieder macht man sie ganz auf. Was aber im
Sommer wie im Winter geschehen muß, ist: sich nicht nur auf einmaliges Lüften
innerhalb eines ganzen Tages zu beschränken, sondern die Lüftung regelmäßig
vorzunehmen, unter Umständen alle Stunden. Hierfür ist, wie so oft, die Nase ein
feineres Reagens als alle anderen bekannten Mittel: wenn man aus dem Freien
in das Krankenzimmer hineintritt und spürt nur den geringsten Unterschied in
der Luft beim Eintreten, so muß alsbald eine Lüftung erfolgen. Im übrigen lassen
»sich; wie aus der Natur der Sache hervorgeht, präzise Vorschriften über die Dauer
der Lüftung nicht geben ; als Grundsatz ist nur festzuhalten, daß eben nach Mög-
71
218
M. MENDELSOHN,
Fis
Verschlußdeckel.
lichkeit alle stärkeren Temperaturunterscliiede, welclie dem Kranken verhängnisvoll
werden können, vermieden werden müssen. Auch sind stets, um keine unnötige
Zugluft zu erzeugen, so lange die Fenster offen sind, die Thüren, zumal wenn sie
gegenüber liegen und das Bett sich dazwischen befindet, abzuschließen und, wenn
sie benutzt werden sollen, erst nach vorhergegangenem Schließen der Fenster frei zu
geben; auch sonst sind die
Thüren stets zuzuhalten.
Darum bedient man sich ja
gerade der oberen mid nicht
der unteren Fenslerflügel,
um bei etwa entstehender
Zugluft diese nicht im
Niveau des Kranken , son-
dern über ihn hinwegziehen
lassen. Im allgemeinen
pflegt die Lüftung der
Krankenzimmer eine unzu-
reichende zu sein, für ge-
wöhnlich pflegen auch die
Thüren des Krankenzim-
mers, welche zu schlecht ven-
tilierten Nebenräumen füh-
ren, nicht genügend ge-
schlossen gehalten zu werden.
Die Fenster sind dazu da,
daß sie aufgemacht, die
Thüren dazu da, daß sie zu-
gemacht werden.
Daß man außer einer zweckmäßig veranstalteten und regelmäßig wiederholten
Luftemeuerung auch sonst alles vermeiden muß, was die Luft im Kranken-
zimmer verderben kann, ist zu selbstverständlich, als daß es des ausführ-
licheren gesagt zu werden brauchte: im Krankenzimmer darf unter keinerlei Vorwand
etwa ein Feuer angemacht oder irgend etwas gewärmt oder gekocht werden, seien es
nun Nahrung oder Arzneien oder Umschläge oder irgend welche anderen Dinge';
im Krankenzimmer darf
nichts von Auswurfs-
stoffen, was verdunstet
oder üblen Geruch er-
zeugt , unbedeckt und
unverschlossen sein oder
auch nur eine Minute
länger als unbedingt nötig
verweilen ; im Kranken-
zimmer dürfen keine
Oefen rauchen , dürfen
keine sonstigen Dünste
oder schlechten Gerüche
entwickelt werden.
Fig. 90, 91. Die auf einem Metallrahmen nach Art eines Trommelfelles ausge-
spannten sehr elastischen Gummiseheiben (Fig. 90) passen auf ein jedes Gefäß. Wenn sie
auf ein solches gelegt und in der Mitte stark eingedrückt werden, so bleibt der einge-
drückte Teil der Gummischeibe in der Tiefe stehen (Fig. 91), und der Verschluß 'ist
durch Ansaugung ein vollkommener.
Das gilt auch in erster Linie und ganz besonders von dem vielfach ver-
breiteten Unfuge des Räucherns im Krankenzimmer: dadurch, daß mau einen
schlimmen Geruch durch einen anderen verdeckt, den man künstlich erzeugt, hat
man die verdorbene Luft noch nicht aus dem Zimmer gebracht; es giebt über-
haupt nur ein einziges erlaubtes Vorgehen hierbei, und das ist, die verdorbene
Fig. 91. Verschlußdeckel.
72
Die WirkuBS durch Reinlichkeit.
219
Luft so schnell wie möglich zu erneuern. Allerdings tragen hierzu manche
Räucherungen indirekt wenigstens bei; nach ihrer Ausführung ist nun der Geruch
im Zimmer so ganz und gar unerträglich, daß man sich jetzt doch zu entschließen
pflegt, die Fenster zu öffnen.
Wenn aber so alle künstlichen Beeinflussungen der Zimmerluft, alle Käucherungen
und sonstigen Verschleierungen vom Uebel sind und durchaus einer natürlichen Er-
neuerung der Luft weichen müssen, so kann es manchmal nötig werden, wenn sie
Fig. 92. Eäneher tnrbin e.
Fia-. 93. Eäueliersehale.
Fig. 94. Räucherlampe.
Fig. 95. Räuchergefäß.
Fig. 92, 93, 94, 95. Die Verdampfung der der Zimmerluft beizumischenden Flüssig-
keit geschieht entweder frei aus einer offenen Schale (Fig. 93) oder aus einem ge-
schlossenen und nur mit entsprechenden Oeffnungeu versehenen Behältnis (Fig. 95) oder
so, daß sie der verbrennenden Substanz beigemischt ist und direkt aus der Flamme her
verdampft (Fig. 94). In anderen Geräten (Fig. 92) wird die zu verdampfende Flüssigkeit
in einen kugelförmigen , um seine Achse leicht drehbaren kleinen Metallkessel gegeben ;
in den darunter befindliehen Kelch kommt Spiritus, welcher entzündet wird und den
Kessel erhitzt; der ganze obere Teil gerät durch die Rüekstoßwirkung des austretenden
Dampfes in schnelle Eotierung, wodurch die Dämpfe weit fortgeschleudert werden.
73
220
M. MENDELSOHN,
Luft anfeuchter.
allzu trocken ist, auf künstlichem Woge einen etwas stärkeren Feuchtigkeitsgehalt
der Luft herbeizuführen. Das einfachste Verfahren hierzu ist, eine Schale mit Wasser
auf den geheizten Ofen zu setzen, von wo
aus es verdunstet ; aber dabei ist der üebel-
stand, daß bei zu reichlicher Verdunstung
sich der Wasserdampf an den kälteren Ob-
jekten im Zimmer und auch auf dem Kran-
kenbette kondensiert tmd alles durchfeuchtet.
Es ist daher notwendig, daß die Verdunstung
geregelt und langsam gestaltet wird; und
dazu sind eigene Verdunstungsapparate her-
gestellt, von denen die einen auf breiten
Stoffbändern mittels deren Kapillarität
Flüssigkeit aus einem Gefäß in eine unter-
stehende Schale leiten, wobei AVasser in
ausreichendem Maße verdunstet, während
andere größere Geräte in der Form von
Ofenschirmen im wesentlichen aus einer
großen porösen Filterplatte bestehen , in
welche von oben her allmählich Flüssigkeit
eintritt, um auf den beiden großen Flächen
der Platte in das Zimmer hinein zu ver-
dunsten.
Mit der Reinigung und der Lüftung hängt ferner die gerade für das Kranken-
zimmer so besonders wichtige Frage einer richtigen Heizimg zusammen; unter Um-
ständen ist übrigens auch das umgekehrte Problem zu lösen: eine allzu hohe Tem-
peratur niedriger zu gestalten. Auch dieses Moment bedarf recht häufig schon bei der
Wahl des Krankenzimmers einer Beachtung; denn um die Temperatur eines
Krankenzimmers im heiJJen Sommer herabzusetzen, ist das einfachste mid wirk-
samste Mittel das einer ausgiebigen Lüftung. Doch muß ausdrücklich darauf aufmerk-
sam gemacht werden, daß Abkühlung und Lüftung zwei durchaus verschiedene
Begriffe sind, so sehr sie auch in
praxi oft mit einander konfundiert zu
werden pflegen. Bei ausreichendem
Schutze des Kranken im Bett vor
direkter Zugluft kann man ruhig alle
Fenster weit öffnen ; es empfiehlt
sich das besonders in lauen Sommer-
nächten, in denen so auf das aller-
wirksamste eine auch über den Tag
hin teilweise noch vorhaltende Herab-
setzung der hohen Zinunertemperatur
erzielt werden kann und wobei der
Arzt dem so weit verbreiteten Vor-
urteile entgegenzutreten vermag, daß
die Nachtluft giftig sei. Auch sonst
läßt sich die Hitze im Sommer ein
wenig durch das Aufhängen von
nassen Tüchern oder das Aufstellen
von Kübeln mit Eis oder das An-
bringen frischer Baumzweige im Kran-
kenzimmer mildern ; ebenso kann von
Zeit zu Zeit der Fußboden des Zim-
mers mit Wasser besprengt werden,
natürlich mit Maß und ohne etwa das
ganze Zimmer unter Wasser zu setzen.
Fig. 96, 97. Die großen Behältnisse, welche zur Anfeuchtung der Zimmerluft durch
Wasserverdunstung dienen (Fig. 96) sind direkt zu füllen und müssen natürlich öfters in
ihrem Wassergehalt erneuert werden; die Flüssigkeit verdunstet von den breiten nach
außen herüberhängenden Stoffbändern, nur der üeberschuß tropft in die untere Schale,
Luf tan feucht er.
Die Wirkung durcli Reinlichkeit. 221
deren Inhalt von Zeit zu Zeit in das große Gefäß zurückgegossen werden muß. Bei den
einem großen Ofenschirm ähnlichen Geräten (Fig. 97) "wird die Verdunstungsflüssigkeit in
das obere trommelartige cylindrische Behältnis gegossen, von welchem aus sie mit Hülfe
von Dochten auf die große, aus eigenartigem, porösen Material hergestellte Platte allmählich
übergeleitet wird und in den zahlreichen Kapillarräumen dieser Platte langsam nach unten
fließt, wobei der größte Teil der Flüssigkeit auf den beiden großen Flächen in die Zimmer-
luft hinein verdunstet. AVas von Ihr nicht verdunstet wird, sammelt sich in dem zweiten
unten befindlichen Behältnis an, aus welchem es wieder in das obere gebracht werden muß.
Hinsichtlicli der künstlichen Erhöhimg der Temperatur im Winter bleibt für ge-
wöhnlich nicht viel anderes übrig, als sich der in jedem Falle vorhandenen Einrichtungen
zu bedienen ; es sei daher nur darauf hingewiesen, daß Kachelöfen von allen im Zimmer
selbst aufgestellten Heizkörpern die zweckmäßigsten sind, weniger also die eisernen Oefen.
Auch das Brennmaterial wird nicht immer nach Wunsch eigens beschafft werden können.
Ist der Ofen vom Gange oder vom Nebenzimmer aus heizbar, eine Einrichtung, die ihre
sehr großen Vorteile hinsichtlich der Sauberkeit beim Feuermachen hat, aber vregen
der hier mangelnden gleichzeitigen Ventilationswirkung durch den Ofen auch nicht
gerade zu empfehlen ist, so ist die Art des Brennmaterials gleichgiltig; verbrennt
das Feuerungsmaterial dagegen auf Kosten der Luft des Krankenzimmers, so ver-
brauchen Steinkohlen zu viel Sauerstoff, während trockenes buchenes Holz die
Luft bei weitem weniger schädigt und als das beste Heizmaterial angesprochen
werden muß. Auch verunreinigen die anderen Brennstoffe die Luft noch ander-
weitig; Torf, Tannenholz und jedes andere naße Holz durch Rauch und allerlei Ge-
rüche, Steinkohlen und Coaks durch Staub und Schmutz. Es ist sogar nicht über-
flüssig, darauf hinzuweisen, daß die Art des Feueranmachens im Krankenzimmer keine
Nachteile mit sich bringen darf: glühende Kohlen, Kienspäne, Schwefelhölzer sind
wegen ihrer lästigen Dünste durchaus zu vermeiden , und nur schwedische Zünd-
hölzer dürfen zur Anwendung kommen.
Daß die Temperatur in einem Krankenzimmer nur möglichst geringen
Schwankungen ausgesetzt sein soll, ist bereits gesagt worden ; es ergiebt sich daraus,
daß es keineswegs genügt, in 24 Stunden nur einmal zu heizen, sondern die Heizung
muß sich in dieser Zeit öfter wiederholen und so verteilen, daß immer nur relativ
wenig Feuerungsmaterial zur Verwendung kommt, gerade nur so viel, um die eben
abgesunkene Temperatur wieder auf den normalen Stand zu bringen. Dieser ist bei
Erwachsenen ungefähr 14°, bei Kindern höher, bis zu 19"; korpulente und plethori-
sche Personen sind ein wenig kühler zu halten, anämische wärmer als diese Durch-
schnittstemperatur, wie überhaupt Neigung und Gewöhnung aus gesunden Tagen her
stets in Eechnung gezogen werden müssen. Des Nachts kann die Temperatur
ein wenig kühler sein wie am Tage, aber immer sind alle größeren Schwankungen
zu vermeiden. Um diese wichtige Kontrolle daher jederzeit ausüben zu können,
muß ein Thermometer in jedem Krankenzimmer aufgestellt sein ; und da es sich hier
immer nur um den Kranken handelt und um die Einwirkung der Umgebung gerade
auf ihn, so muß auch das Thermometer die Lufttemperatur, wie sie in der unmittel-
baren Umgebung des Kranken ist, anzeigen und keine andere. Es ist daher ganz dicht
in seiner Nähe anzubringen und darf weder nahe am Ofen noch etwa am Fenster
sich befinden , auch nicht unmittelbar an der Zimmerwand aufgehängt werden,
da diese immer kühler ist als die Innenluft und so eine üeberheizung des Zimmers
die Folge einer solchermaßen zustande kommenden allzu niedrigen Anzeige des
Thermometers sein würde.
Außerdem kommen für die Zwecke und für die Wirkung der
Asepsis in dem weitestgehenden Maße hier alle materiellen Heilmittel
der Krankenpflege in Betracht, zu denen sich auch einige somatische
Heilmittel hinzugesellen, welche es ermöglichen, die Auswurfs-
stoffe des Kranken in vollkommener Weise aufzufangen
und für ihn durch schnelle und gänzliche Beseitigung un-
schädlich zu machen. Auch damit wird die Möglichkeit einer Ent-
stehung von Infektion und Fäulnis schon im Keime beseitigt.
Alle diese Heilmittel der Krankenpflege sind in den Kapiteln der Einwirkung
auf die Defäkation, die Diurese, die Expektoration eingehend beschrieben, so daß es
sich erübrigt, auch hier an dieser Stelle des genaueren auf sie einzugehen.
222 M. MENDELSOHN,
KAPITEL IV.
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
Die Krankenpflege verfügt über eine sehr fgroße Zahl von Maß-
nahmen, welche dahin zielen, dem Kranken in seinem Zustande
möglichste Schmerzfreiheit zu gewährleisten. Diese
eminent wichtige therapeutische Einwirkung haben sie natürlich nicht
allein dort, wo sie thatsäch liehe schmerzhafte Reize in
minderem Maße oder gar nicht zur Perception kommen
lassen, sondern ebenso auch überall da, wo sie das Zustande-
kommen derartiger schmerzhafter Reize von vornherein
verhindern, wo sie solche schmerzhaften Einwirkungen ganz und
gar in Fortfall bringen.
Um die „Funktion" der Schmerzempfindung Zustandekommen zu
lassen, sind, gleichermaßen wie bei den andersartigen Funktionen,
mehrere verschiedene Teilaktionen notwendig. So gehört hier zum
Zustandekommen der Schmerzempfindung und auch jeder anderen nur
in quantitativer Hinsicht verschiedenen, geringeren oder doch minder
ausgesprochenen Empfindung zuerst und am selbstverständlichsten der
äußere Reiz, die Quelle der Reizung überhaupt ; sodann als zweites
Moment die Reizbarkeit der peripheren Enden der sensiblen Nerven,
welche den Schmerzeindruck aufnehmen und die nicht etwa nur an
der äußeren Körperoberfläche allein vorhanden sind; dazu tritt alsdann
als dritte Teilaktion das ausreichende Leitungsvermögen und die ge-
nügende Reizbarkeit auch der weiteren centripetalen Nervenbahnen der
grauen Substanz des Rückenmarks, welche die schmerzhaften Eindrücke
übertragen; und schließlich als vierter Faktor die genügende Reizbar-
keit der Gehirncentren , welche die schmerzhaften Reize empfangen
und zur Empfindung bringen. Ob diese letzteren thatsächlich in der
Gegend des Hippocampus sich befinden, kann an dieser Stelle uner-
örtert bleiben; um so mehr, als diese specielle Lokalisation für die
Darlegungen hier ohne alle Bedeutung ist.
Wollte man die Wirkungsweise der arzneilichen Heilmittel, welche
als Anästhetica Verwendung finden, pharuiakodynamisch im speciellen
betrachten, so zeigt sich, das gerade diejenigen, welche als sogenannte
Anodyna hervorragend wirksam sind, welche also die Schmerzempfindung
auflieben, auf die centralen dieser Teilaktionen wirken, nicht aber auf
die peripherischen : sie haben, wenn sie nicht in besonders großen
Dosen zur Verwendung kommen, eine Wirkung nur auf die Gehirn-
centren , in denen der Schmerz zur Perception gelangt, und auf die
Leitungsbahnen, welche die schmerzhaften Eindrücke fortpflanzen, so
daß sie also schmerzlindernd sind, ohne zunächst die Reflexthätigkeit
aufzuheben. Es sind das ja allgemein bekannte Verhältnisse, schon
darum allgemein bekannt, weil sie bei dem Zustandekommen jeder
Narkose im Vordergrunde der Erörterung stehen ; es muß hier aber
aus dem Grunde besonders auf sie hingewiesen werden, weil sich auch
an ihnen wieder zeigt, wie unsere gesamten therapeutischen Hilfs-
mittel, indem sie eine bestimmte physiologische Funktion beeinflussen,
welche sie zustandezubringen oder einzuschränken suchen, immer
nur in dem Sinne wirken, daß sie von dieser Funktion nur das eine
Die Wirkung auf die Sclimerzfreiheit. 223
oder das andere von dem, was ich die Teilaktionen der Funktionen
nenne, beeinflussen, also immer nur partiell wirken, niemals aber oder
fast niemals auf die ganze Funktion gleichzeitig in allen ihren einzelnen
Teilaktionen. Nichtsdestoweniger genügt, wie sich ja au hundertfachen
Beispielen nachweisen läßt, schon die partielle Einwirkung auf eine
solche einzelne Teilaktion, um damit die ganze Funktion zu beein-
flussen. Die Therapie, zumal die allein arzneiliche, ist indessen im
allgemeinen bisher immer nur bestrebt gewesen, lediglich diejenigen
Teilaktionen , welche einer arzneilichen, einer medikamentösen Ein-
wirkung zugänglich sind, zu beeinflussen, die anderen Teilaktionen
dagegen, welche sich pharmakod3'namischer Beeinflussung entziehen,
entweder ganz zu vernachlässigen oder doch erst in zweiter Reihe
in Angriff zu nehmen ; für die Heilmittel der Hypurgie ist das in
systematischer und exakter Bearbeitung überhaupt erst jetzt ge-
schehen. Wie jedoch in dieser ganzen Darstellung hier nachzuweisen
versucht wird, vermögen gerade die Heilmittel der Krankenpflege
Teilaktionen zu beeinflussen, welche den Hilfsmitteln anderer thera-
peutischer Disziplinen mehr oder minder unzugänglich sind: aber auch
bei diesen Heilmitteln der Hypurgie zeigt sich, daß es oft genügt, nur
auf eine einzelne Teilaktion einzuwirken, um durch diese nur partielle
Heileinwirkung dennoch die ganze Funktion zu dem gewünschten Heil-
effekt zu führen.
Das tritt ganz besonders bei hypurgischer Inangriffnahme dei'
Schmerzempfindung zu Tage. Da es möglich ist, durch die Heilmittel der
Krankenpflege gerade die beiden periphersten der vier Teilaktionen, aus
denen die gesamte Schmerzempflndung sich zusammensetzt, therapeutisch
zu beeinflussen, so genügt sehr oft eine derartige Einwirkung, um den
ganzen gewollten Endeffekt herbeizuführen, zum mindesten aber um
ihn, der auch durch andere, vielleicht medikamentöse Heilmittel sonst
noch angestrebt worden ist, zu fördern und seinen Eintritt sicherer
und vollständiger herbeizuführen. Als solche schmerzherabsetzenden
Heilmittel der Krankenpflege sind nun diejenigen ihrer Mittel zu
bezeichnen, welche entweder die äußeren Reize, von denen die Schmerz-
empfindung ausgehen kann, in Fortfall bringen oder doch mildern,
oder aber, die imstande sind, die Reizbarkeit der sensiblen Endigungen
der Nerven, auf welche diese Reize zunächst einwirken, in gerade der-
selben Weise herabsetzen, wie das die arzneilichen lokalen Anästhetica.
die evidentesten Beispiele einer partiellen Therapie, thun.
Die Gruppe, welche die erste Teilaktion der Schmerzempfindung,
den äußeren Reiz, durch ihre Maßnahmen beseitigt oder
mildert, umfaßt eine sehr große Zahl von Heilmitteln der Kranken-
pflege, die sich jedoch ihrerseits wiederum hinsichtUch ihrer Wirkung
nach zwei verschiedenen Richtungen hin unterscheiden lassen. Beide
Male wirken diese Heilmittel derart als Anästhetica, das sie die äußeren
Reize auf die Nervenendigungen . deren Perception als Schmerz-
empfindung zum Ausdruck kommt, möglichst beseitigen und ein-
schränken ; aber die eine, die größere Gruppe von ihnen, umfaßt ledig-
lich alle diejenigen Mittel der Krankenpflege , welche sich auf
diesen äußeren Reiz selber erstrecken, welche also mit materiellen
Hilfsmitteln diese störenden Reize möglichst auszuschließen bestrebt
sind, während die zweite Gruppe dieser hypurgischen Heilmittel dort
in Betracht kommt, wo die Sensibilität der peripheren Eudigungen
der sensiblen Nerven, seien es nun solche der äußeren Körperober-
77
224 M. MENDELSOHN,
fläche, seien es tiefer gelegene, durch Druck und insbesondere durch
Entzündungsvorgänge in der Umgebung dieser Nervenendigungen
derart gesteigert ist, daß hier schon ganz geringfügige Reize, die sonst
irrelevant wären und ohne besondere Beachtung blieben, eine Schnierz-
einpfindung erzeugen. Im wesentlichen sind es also nur quantitative,
nicht prinzipielle Unterschiede, welche diese beiden Gruppen hypurgi-
scher Heilmittel charakterisieren.
Der ersten von diesen sind alle diejenigen Geräte und Handgrift'e
der Krankenpflege zuzuzählen, welche dem Kranken ein möglichst
zweck mäßigesLagerzu bereiten imstande sind. Die Deduktion
mag trivial erscheinen, daß ein Kranker, bei welchem eine drückende
Falte im Bettlaken ausgeglichen und beseitigt ist, nun keinen Druck-
schmerz mehr empfindet; die Schmerzempfindung ist jedoch hier ebenso
folgerichtig beseitigt, wie sie aufhört, wenn sie durch einen cariösen
Zahn verursacht ist und dieser entfernt wird; und daß hier die Be-
seitigung des Schmerzes allein durch die Entfernung des
Reizes eine so einfache, so außerhalb jedes Eingriftes in den Organismus
des Kranken selber mögliche ist, darf kein Anlaß sein, eine derartige
Methode etwa m ihrer Wirksamkeit und Bedeutung gering zu schätzen,
sondern ist vielmehr gerade einer ihrer wesentlichsten Vorzüge. Denn
wie man bekanntlich , um noch eine zweite Analogie beizubringen,
einen schmerzenden eingewachsenen Nagel entfernt, um den Schmerz
zu beseitigen, und daher diese therapeutische Maßnahme der Chirurgie
als ein chirurgisches Anästheticum bezeichnet werden könnte, so ist
die interne Therapie gehalten, ebenso auch die Beseitigung von ganz
und gar exoterischen Reizen als ausgesprochen hypurgische Anästhetica
im weitesten nur möglichen Umfange anzuwenden.
Daher snid in erster Linie diejenigen somatischen Vornahmen als
solche Heilmittel gegen den Schmerz zu bezeichnen, deren Gesamtheit
zu dem Begriff'e des Umbettens gehört, und welche durch materielle
Geräte, durch die sogenannten Bettspanner und ähnliche Einrichtungen,
unterstützt werden ; sodann kommen hierzu die gesamten Vorrichtungen,
welche für die Lagerung des Kranken dienen und ihm eine besonders
weiche und den Druck des Körpers gleichmäßig aufnehmende Unter-
lage schaffen, in erster Linie also die großen Luft- und Wasserkisseu
und die übrigen elastischen Bettunterlagen.
Da die therapeutische Wirkung aller dieser Geräte und Maßnahmen gleicher-
maßen auch für die Reinlichkeit in Betracht kommt, so sind die Maßnahmen des
Umbettens, der Gebrauch der Bettspanner und die ähnlichen Vornahmen bereits in
dem Kapitel der Wirkung durch ßeinlichkeit zur Besprechung gelangt, während die
Luft- und Wasserkissen und die ähnlichen Geräte in diesem Kapitel hier erörtert werden.
Die Wichtigkeit und die Wirksamkeit aller dieser Heilmittel ist
leicht zu erweisen. Die Druckwirkungen der einzelnen äußerlichen
Reize sind ja bei der andauernden Bettlage dadurch erheblich gesteigert,
daß die ganze Schwere des Körpers als Gegendruck mit-
wirkt. Und dazu kommt, daß naturgemäß der Körper nicht mit
allen seinen abhängigen Teilen gleichmäßig aufliegt, sondern daß viel-
mehr, ähnlich wie auf niederen Füßen ein großes Möbelstück, der
Gesamtkörper auf einzelnen, scharf begrenzten Druck-
punkten die nächste und hauptsächlichste Unter Stützung
findet. Aber es ist dabei ein unglücklicher Zufall, daß gerade
diese Stellen, in allererstem Betracht die Kreuzbeingegend, alsdann
die Schulterblätter und die Fersen, und schließlich das Hinterhaupt,
78
Die Wirkung auf die Sclimerzfreiheit. 225
solche Körperpartien sind, an welchen Knochen von ausgesprochener
Prominenz und von mehr oder minder scharfkantiger Bildung un-
mittelbar unter der äußeren Decke verlaufen. Wollte man teleologisch
denken, so könnte man meinen, daß diese fünf oder sechs knöchernen
Füße, auf denen der Körper im Liegen ruht, zweckmäßig so angebracht
sind, daß sie eine möglichst widerstandsfähige Auflagerung ermöglichen ;
daß eine solche Betrachtung falsch wäre, geht schon daraus hervor,
daß wir zum Sitzen gerade der am meisten mit Muskel- und Fett-
massen überdeckten Nates uns bedienen. Zudem aber ist das Auf-
liegen des Körpers vornehmlich an diesen einzelnen Stellen insofern
ein äusserst unzweckmäßiges, als die betroffenen, ganz kleinen Haut-
partien, und zwar um so mehr, je weniger elastisch und je widerstands-
fähiger die Unterlage ist, auf welcher der Körper im Bette ruht, von
obenher durch die unmittelbar auf ihnen lastenden scharfen Knochen-
flächen einen erheblichen Druck erfahren, einen Druck, der außer-
ordentlich verstärkt wird durch die Gesamtschwere des Körpers, welcher
auf diesen Knochenpartien lastet und an ihnen zur Wirkung kommt.
Wenn jemand auf einer harten Unterlage auf dem Rücken liegt, so
sind die Endigungen der sensiblen Nerven in der sein Kreuzbein be-
deckenden Hautpartie ganz genau in der gleichen Situation, als wenn
auf sie bei aufrechter Körperhaltung durch äußere Einwirkung von der
Oberfläche her ein Druck ausgeübt wird, welcher ungefähr dem Körper-
gewichte der betreffenden Person entspricht; ein Druck, der jedenfalls,
zumal bei andauernder Einwirkung, als ein recht erheblicher empfunden
werden muß.
So bilden denn eine eigene Gruppe hypurgischer Schmerzlinderungs-
Mittel alle die materiellen Heilmittel und diejenigen Vorkehrungen,
welche den Druck von diesen so über Gebühr belasteten
Kör per Partien dauernd oder zeitweilig zu entfernen
V e r m ö g e n u n d i h n a u f a n d e r e u n d V 0 r allen Dingen auf
größere Körperpartien zu verteilen in der Lage sind; also
die Gummikränze, die Luftkränze und ähnliche Vorrichtungen, welche für
die Lagerung in Betracht kommen ; aber auch die entsprechenden Heil-
mittel, welche bei mehr vorübergehender Anwendung gleichermaßen
dieselben Schädlichkeiten der äußeren Druckreize entfernen , zweck-
mäßig geformte und den individuellen Köi*perverhältnissen angepaßte
Stechbecken oder dreiteihge Matratzen, welche ebenfalls den bei der
Defäkation notwendigerweise entstehenden Druck auf einzelne Körper-
stellen beseitigen, und die sonstigen hierher gehörigen Geräte, welche
ähnliche Einwirkungen besitzen.
Die wesentlichste Bedeutung hat somit hier zunächst das eigentliche Lager
des Kranken, welches sich aus dem Bettgestell und den auf diesem ruheuden
Bettstiicken zusammensetzt. Außer seiner eigenen Zusammensetzung und Beschaffen-
heit ist auch seine Aufstellung im Krankenzimmer von Wichtigkeit und Bedeutung.
Diese ytellung des Krankenbettes im Zimmer, die natürlich in privaten
Wohnräumen weit geringeren Beschränkungen imterliegt und weniger an eine be-
stimmte Einteilung des gegebenen Raumes gebunden ist als die Aufstellung der
Krankenbetten in den Sälen eines Hospitals, hat nach zwei Seiten hin eine Bedeutung:
sowohl für den Kranken selbst, als für diejenigen Personen seiner Umgebung, welche
sich mit ihm beschäftigen müssen. Es ist daher, wo es irgend durchführbar ist, zu
versuchen, das Bett so aufzustellen, daß es von beiden Seiten her direkt zugänglich
ist; am allerbesten ist eine völlig freie Aufstellung in der Mitte eines geräumigen und
hellen Zimmers. Ist das nicht angängig, so soll doch nur das Kopfende allein un-
mittelbar an der Wand stehen; und wo die äußeren Verhältnisse auch eine solche
79
226
M. MENDELSOHN,
Aufstellung nicht zulassen, muß wenigstens die Längsseite des Bettes ein wenig von
der Wand abgerückt und diese, zumal wenn sie die Außenwand des Hauses ist, mit
Teppichen oder mit Bettsehirmen bedeckt werden. Außerdem ist die Stellung des
Fig. 98. Metallenes Krankenbett.
Fig. 99. Metallenes Krankenbett.
Fig. 98, 99. Die beiden Hauptt^'pen metallener, in Krankenbäusern üblicher Kranken-
betten unterscheiden sich nur dadurch, daß sie einmal die Rückenstütze in fester Verbindung
tragen oder aber die nötige Elevation entweder durch eigene Geräte oder durch weiche
Bettstücke besorgen ; und zu zweit dadurch, daß der metallene Bettbaden entweder mit
dem übrigen Gestell ein einheitliches Ganzes bildet (Fig. 98) oder aber in dieses hinein-
gehängt ist (Fig. 99), wo dann gewöhnlich noch metallene, höher laufende Seitenstangen
für Roßhaarmatratzen und ähnliehe Betteinlagen seitlichen Schutz abgeben.
So
Die Wirkung, auf die Schmerzfreiheit.
227
Bettes so zu "wählen, daß der Kranke, ohne ganz direkt in das Fenster hineinsehen
zu müssen, doch von der Welt und von dem, was außerhalb seines Krankenzimmers
vorgeht, nach Möglichkeit Notiz zu nehmen vermag; eine Zerstreuung und Er-
leichterung, die gar nicht genug gewürdigt werden kann. Aber, was nicht immer ohne
weiteres Beachtung zu finden pflegt: diese Aufstellung des Bettes mit Eücksicht auf
eine freie Aussicht zum Fenster hinaus darf nicht etwa auf Kosten anderer Unzuträg-
hchkeiten, wie sie die neue Nachbarschaft des Bettes nun herbeiführen könnte, ge-
schehen; die Nähe des geheizten Ofens ist zu vermeiden, und ebenso auch die unmittel-
bare Stellung des Bettes nahe zur Zimmerthür; wo sich aber das eine oder das andere
nicht umgehen läßt, da ist doch wenigstens darauf zu halten, daß durch geeignete
Vorrichtungen, durch Ofen- imd Bettschirme der nötige Schutz gegen übermäßige
'Wärme oder Zugluft herbeigeführt wird. Unter allen Umständen zu imterlasseu
ist eine Stellung des Bettes in einen Alkoven hinein ; und ebenso ist die in Privat-
häusern sehr verbreitete Gepflogenheit, die Betten mit einem sogenannten Betthimmel
zu umgeben, wegen der mangelhaften Erneuerung des so wichtigen Luftraumes
gerade unmittelbar oberhalb des Bettes äußerst unzweckmäßig, so daß, wo es irgend
angeht, für die Tage der Krankheit eine solche Einrichtung zu entfernen ist, oder
aber die Bettgestelle aus ihnen herauszunehmen und anderweitig angemessener auf-
zustellen sind.
Im übrigen ist über die Handhabung der eigentlichen Bettgestelle nicht
viel vorzuschreiben. Die Größenverhältnisse der Bettgestelle werden ja, zumal an
den eigens für Kranke bestimmten Betten, von den Herstellern zweckentsprechend
gewählt; es muß als Regel dienen, daß ein Ki-ankenbett für eine erwachsene Person
eine Länge von 2 m haben muß und 1 m breit zu sein hat. Das sind Größen-
verhältnisse, welche auch sonst an den in Privathäusern befindlichen Betten vor-
herrschend sind. Nicht so dagegen ist es mit der Höhe des Bettgestelles, die sehr
vielfachen Schwankungen unterworfen ist und die m den einzelnen Ländern und
Gegenden sehr different zu sein pflegt. Man wird daher sehen müssen, die ge-
gebene Höhe zu einer möglichst zweckmäßigen umzugestalten; am besten ist es,
wenn der Bettboden ungefähr 60 — 70 cm über dem Zimmerboden sich befindet, so
daß, wenn man die Dicke der darauf gelegten Polstermatratze dazu rechnet, die
Ebene, auf welcher der Kranke ruht, in einer Höhe von ungefähr 8ö cm über dem
Fußboden belegen ist. Eine solche Lagerung hat den großen Vorteil, daß die Hand-
habung und Lagerung des Kranken für die Personen, welche die Pflege ausüben,
hierdurch sehr erleichtert wird, da sie sich bei einer solchen Höhe des Lagers nicht
so sehr zu bücken haben wie bei einer niedrigen Lagerstatt.
Handelt es sich darum, was oft vorkommen kann, zumal wenn man bei der
Aufstellung des Krankenbettes im Zimmer alle die
hierfür notwendigen Momente berücksichtigt, das Bett
innerhalb des Zimmers von einer zur anderen Stelle
umzustellen, so ist es nicht unzweckmäßig, die beiden
dem Kopfende entsprechenden Bettfüße unten mit
Rollen zu versehen; es wird dadurch die leichte Be-
weghchkeit des Bettes auch durch eine einzelne Person
und ohne jede besondere Kraftanwendung gewährleistet,
indem man es am Fußende anhebt und fortrollen
kann, ohne daß gleichzeitig em unsicheres Stehen oder
ein Fortrollen schon bei leichtem Gegenstoßen an das
Bett möglich wäre, wie es bei vier Rollen an allen vier
Bettfüßen der Fall sein würde.
Bettgestelle, welche ausschheßlich für Kranke be-
stimmt sind, werden bis auf das kleine Fußbrett am
unteren Ende, das, wenn es aus Metall wäre, kalt und
imangenehm sich anfühlen würde, für Krankenanstalten
Fig. 100. Spiralfeder-Polsterung. Die mit ihrer Längsachse nach oben
gerichteten Spiralfedern stehen mit ihrer Basis entweder auf den Kreuzungsstellen breiter,
den Bettboden büdender und sich kreuzender, straffgespannter Bänder senkrecht auf oder
sie ruhen besser auf einem weitmaschigen Drahtgeflecht, welclies durch seine eigene
Elaslicität diejenige der ganzen Vorrichtung erhöht.
Handbuch der speu. Theiaijie inii. Kiaokli, ^uppl. 1. Hi-U 3. 1 (^
Mendelsolin, Krankenpflege. gl (-1
228
M. MENDELS9HN,
uur nocli ausscMießlicli aus Metall gefertigt; und insbesondere sind es die Be.tt-
böden und sonstigen elastisclien Unterlagen, deren Technik in neuester Zeit eine
W///i'y'^,^^^^yy','y<ziii:m^w'/iWM/m//////wmW0//.^^^^^
Fig. 101. Metallener Bet tbo den. Die elastischen, zwischen dem Umfassuncrs-
rahmen ausgespannten Spiralfedergeflechte werden in den mannigfachsten Formen und
Yai-iationen hergestellt; zweckmäßig sind diejenigen Bettböden, welche eine schwach kon-
vexe, nicht ebene obere Fläche besitzen, sowie am Kopf- und am Fußende eigene Feder-
vorriehtungen an der Unterseite, welche dem Ton oben nach unten gerichteten Drucke
bei der Belastung entgegenwirken.
sehr große Vollendung erreicht hat. Während friLher die Sprungfedermatratzen so
konstruiert waren, daiä auf einen Boden elastischer Gurte eine große Anzahl von
Spiralfedern mit ihrer Längsachse von unten
nach oben gerichtet aufgesetzt vraren, und
über diese daim eine gemeinsame, gewöhn-
lich aus starkem Stoff gefertigte Bedeckung
gelegt war, bestehen jetzt die Bettböden aus
einem einfachen Metallrahmen, in dem ein
System langer schmaler Spiralfedern, welche
durch Ringe imd Ketten mit einander ver-
bunden sind, von einem Rande des Rahmen^
nach dem anderen hinziehen, so daß das
Ganze ein flaches elastisches Geflecht bildet,
welches innerhalb des Rahmens ausgespannt
ist. Bei der früheren Anordnung nahm ein
Druck an irgend einem Pimkte der Matratze
nur die eine oder die wenigen immittelbar
durch Um getroffenen Spiralfedern in An-
spruch, während die anderen gänzlich un-
beteiligt blieben ; hier jedoch wirkt ein jeder
Druck auf das ganze System, jede einzelne
Feder wird in Mitleidenschaft gezogen, an
welcher Stelle auch immer die Matratze
_ _ eingedrückt wird; und deren Haltbarkeit
1^: ist infolgedessen nicht nirr eine erheblich
l^p' größere, da nicht mehr einzelne isolierte
^^=^ ^ ^ - ' "" --" ^~--"- -'"'-i Stellen vornehmlich in Anspruch genommen
Fig. 102. Kranken tisch. Für Hospitäler eignen sich metallene Krankentische mit
Glasj^latten am besten. Sie gehen auf Rädern, um auch von den Kranken unter Umständen
leicht bewegt werden zu können ; außer der oberen Tischplatte sind noch zwei andere Glas-
platten als Regale zwischen den Füßen angebracht ; die Schublade ist gleichfalls aus Metall.
82
Die Wirkung auf die Sohmerzfreiheit.
229
und abgenutzt werden, sondern der elastische Widerstand, den sie bietet, ist auch
ein bedeutend gleichmäßigerer.
Diese modernen metallenen Bettböden mit ihren den Druck gleichmäßig
auf alle Partien verteilenden Einrichtungen bieten ein ebenes und gleichförmig
elastisches Lager dar. Wo noch die alten Spiralfedermatratzen mit neben einander
gestellten, nach aufwärts gerichteten Spiralfedern im Gebrauche sind, muß darauf
geachtet werden, daß im Krankenbett eine solche Matratze ein gleichmäßiges und
ebenes Niveau bildet und nicht einzelne Federn zusammengedrückt sind und den
Dienst versagen, was allerdings gewöhnlich an den wichtigsten Stellen der Matratze,
die eben dem Drucke des Körpers vorher am meisten ausgesetzt waren, der Fall zu
sein pflegt; mit ganz besonderer Sorgfalt muß auch festgestellt werden, ob nicht eine
oder die andere der Spiralfedern an ihrem oberen Ende seithch unter den dicken
Gurten, welche sie zu überdecken pflegen, hervorgeglitten ist und mit ihrem scharfen
Ende die Stoffbedeckung der Matratze durchstochen hat und über diese hervorragt ;
ein bei diesen Matratzen gar nicht so seltenes Vorkommnis, das nicht nur zu sehr
unangenehmen Belästigungen, sondern zu direkten Verletzungen Anlaß geben kann.
Der Kopf teil der Bettböden pflegt allgemein und besonders in den für die
Krankenanstalten eigens hergestellton eisernen Exemplaren verstellbar zu sein, unter
mehr oder minder großem Winkel geneigt aufgestellt werden zu können. Er ersetzt
durch diese Vorrichtung die in den Frivathäusern beliebte und noch immer allgemein
übliche Einrichtung der sogenannten Keilkissen, und hat vor diesen, die er über-
flüssig macht, wenigstens den Vorzug, daß die Neigung, unter welcher der Ober-
körper aufgerichtet wird, nach Zweckmäßigkeit und Bedürfnis und Gewöhnung des
-Fig. 103- Keilkissen. Für die Krankenpflege werden die üblichen Keilkissen,
am besten mit Eoßhaarfüllnng, vorteOhatt auf einem verstellbaren Keilrahmen befestigt,
wodurch ein Herabgleiten des Kissens bei höherer Aufrichtung, allerdings auf Kosten der
leichten und ausgiebigen Säuberung und Eeinigung, mit Sicherheit vermieden wird.
Kranken jederzeit eingerichtet und gestaltet werden kann. Diese gleichmäßige,
schon von der Mitte der Wirbelsäule her beginnende Hochlagerung des Oberkörpers
ist jedoch keineswegs eine natürliche oder auch nur eine bequeme Lagerung, so sehr
und so allgemein verbreitet sie auch sein mag; es kann keinem Zweifel unterliegen,
daß außer der leichten Aufrichtung des oberen Körpers außerdem noch eine be-
sondere Höherlagerung des Kopfes notwendig ist, ein Bedürfnis, das auch sonst
die meisten Menschen, zumal in der Seitenlage des Körpers, dadurch unwillkürlich
zu befriedigen suchen, daß sie den einen Zipfel des Kopfkissens umschlagen und
noch besonders zur Erhöhung des Lagers unter den Kopf ziehen. Jedenfalls ist es
notwendig, daß man zwar den Kopf und auch den Oberkörper durch Bettstücke,
durch Kopfkissen und anderweitige Unterlagen, von denen gleich noch zu sprechen sein
wird, entsprechend lagern muß, daß jedoch der eigentUche Bettboden unterhalb der
83 lö*
J 6*
230
M. MEXDELSOHX,
Kopfkissen, ob er nun durch eine hier oben verstellbare eiserne Matratze oder durch
eigene Keilrahmen oder aber durch Keilpolster gebildet wird, niemals unter einem
irgendwie erheblichen AVinkel aufgestellt werden darf, sondern nur immer einen
flachen Anstieg erhalten soll. Und das um so mehr, als schwache Kranke, wenn sie
mit dem Oberkörper zu hoch gelagert
sind, leicht heruntergleiten und dabei
nun in eine besonders unzweckmäßige
Position geraten. Es ist daher auch
nicht vorteilhaft, wie es vielfach ge-
schieht, eine solche künstliche Rücken-
lehne im Bett dadurch zu improvisieren,
daß man einen umgekehrten Stuhl in
das Bett hinein, die Beine nach oben
imd mit der oberen Kante der Lehne
imd der vorderen Kante des Sitzes auf
den Bettboden aufstellt, so daß die
schiefe Ebene, welche nun Lehne und
Hinterbeine bilden, ziu- L^nterlage für
das Kopfkissen dient; denn nicht nur
pflegen diese Neigungen allzu steile
zu sein , sondern wegen des großen
Baumes, den der Stuhl im Bett be-
ansprucht, wird der Kranke auch un-
gebührlich weit nach dem Fußende des
Bettes hingedrängt. Mit Vorteil läßt
sich dariun das bereits kurz erwähnte,
neuerdings in Amerika hergestellte, nicht
unzweckmäßige Gerät verwenden, wel-
ches unmittelbar unterhalb der Nates
^:=s ' des Kranken quer über das Bett gespannt
Fig. 104. Improvisierte Eückenlehne. Es dürfen zu dieser einfachen und
viel gebrauchten, darum aber keineswegs empfehlenswerten Einrichtung keine zu großen
Stühle genommen werden ; auch müssen sie imter allen XTmständen sowohl mit der vorderen
Sitzkante als besondei-s dem obei-en Rande der StuliUehne eine gerade, keine geschweifte
Kaute bUden.
wird, und zwar so, daß die gepolsterte Matratze oder doch wenigstens eine
dickere Decke darüber hinweggelegt wird; das Gerät selbst besteht aus einem sehr
weichen aber doch festen Drahtgeflecht, welches mit freier oberer Kante, unter
spitzem Winkel nach oben und hinten hin geneigt , quer von einer Seite des
Bettes zur anderen sich hinzieht und auf welchem der liegende Kranke, indem
er das nachgiebige Geflecht nach Bedarf imd, ohne dadurch gestört zu werden,
mit seinen Oberschenkeln niederdrückt, gewissermaßen im Liegen sitzt, jedenfalls
aber, wenn er abwärts rutschen wollte, durch die recht sinnreiche Vorrichtimg auf-
gehalten werden würde. Das Gerät ist noch wenig bekannt; vio man es verwendet,
wird ein höheres Aufrichten des Oberkörpers auch bei schwachen Personen eher
Fig. 105. Gesäßstütze.
84
Die Wirkuno; auf die Schmerzfreiheit.
231
möglich sein; im allgemoinen Jedoch muß man die Neigung des Körpers sorgfältig
so bemessen, daß womöglich überhaupt kein Herabsinken stattfindet.
Auf diesem Gerüst, welches das Bettgestell bildet, ruhen nun dieiBettstücke
auf, das gesarate weiche Zubehör imd die Ausstattung des eigentlichen Bettgestelles, zu
welchem außer dem Gestelle selber stets auch noch der elastische Bettboden zugehört,
der oft mit dem Bettgestelle ein zusammengehöriges Ganzes bildet und häufig auch am
Kopfende einen leichten Anstieg zeigt. Unmittelbar auf einem solchen Bettboden kann
nun der Kranke nicht liegen ; zwar geschieht das mannigfach bei den Bottmatratzen alten
Systems, welche aus aufrechtstehenden Spiralfedern mit darüber gelegtem Stoffüber-
zuee bestehen, im gewöhnlichen Leben: doch darf das für Kranke nicht statthalien.
Fig. 106. Gesäß- und Fußstütze.
Fig 10.5, 106. Das Gerät hat die ungefähre Breite eines Krankenbettes; es wird
unterhalb der Nates des Kranken mit Hilfe der seitlich an ihm angebrachten Bänder so
befestigt, daß diese um das Kopfende des Bettes henimgeführt und dort miteinander ver-
einigt werden; so kann die Gesäßstütze nicht abwärts gedrängt werden. In der gleichen
AVcise kann eine verstellbare Kuhcfliiclio für die Füße angebracht und vom Kopfende dos
Bettes her in beliebiger Weise kürzer oder länger gestellt werden.
Ueberhaupt ist der Begriff der „Matratze" in der Krankenpflege in doppeltem Sinne
in Gebrauch, und muß bei jeder Erörterung zunächst immer erst klargestellt werden,
welches der beiden verschiedenartigen Objekte, die man gemeinhin als Matratze zu
bezeichnen pflegt, in jedem Falle gemeint ist, ob der elastische, gewöhnlich aus
MetaU bestehende Bettboden, oder die selbständige, auf diesem ruhende Polstervor-
richtung. Da auch die elastischen Bettböden für sich hergestellt und unalshängig
von einem bestimmten BettgesteUe verwendet werden können, so sind sie allgemein
als „eiserne Matratzen" bekannt; sie sind aber keine Matratzen, sondern Bettböden,
und auf ihnen ruht die eigentliche Matratze erst auf.
Diese Matratzen sind Polster, in Ausdehnung und Gestalt dem Bettboden
in seinem ganzen Umfange entsprechend ; sie sind von einem festen, gewöhnlich nicht
wasserdichten Stoffe umhüllt und tragen je nach dem Werte, welcher für das ein-
zelne Exemplar aufgewendet werden kann, eine verschiedenartige, mehr oder minder
kostbare Füllimg. Das beste und auch für die Zwecke der Krankenpflege geeignetste
Füllmaterial derart ist das Roßhaar; nur daß eine gute Roßhaarmatratze einen ziem-
hchen Wert besitzt. Auch gute WoUe, Schafwolle, wird zur Füllung benutzt und
findet in letzter Zeit mehr Verbreitung; weitere Füllmaterialien sind sodann India-
faser, Seegras, Capok, Hirsespreu, Haferspreu, denen sich die minderwertigen, jedoch
85
232
M. MENDELSOHN,
vielfach noch zur Verwendung kommenden Notbehelfe für die Füllung anschließen
in erster Linie das Stroh, aber auch Laub, Moos, Heu tmd manches andere ähnliche
Material. Die Gestalt einer solchen Matratze muß bei guter Füllung so sein, daß
sie in ihrem mittelsten Teile, der naturgemäß am meisten in Anspruch genommen
wird, dicker ist als nach den Seiten hin, daß die Oberfläche also keine Ebene,
sondern eine leicht konvexe Fläche darstellt; dadurch wird verhütet, daß das Füll-
material durch die Körperschwere mehr oder minder vollständig nach den Seiten
hin zusammengedrängt wird und so in der Mitte ein Eindruck oder eine Aushöhlung
entsteht, welche dem Kranken Unebenheiten und Unbequemlichkeiten bereitet. Noch
sicherer wird das verhütet, wenn die Matratze „bombiert" ist, d. h. wenn sie nach
geschehener allgemeiner Füllung nun durch zwei Reihen paralleler, sich senkrecht
schneidender Nähte in eine Anzahl von Feldern geteilt wird, derart, daß die Nähte
durch die ganze Dicke der Matratze hindurchgesteppt werden, so daß das in einem
jeden einzelnen der auf diese Weise entstandenen Abschnitte befindliche Füllmaterial
in diesem verbleiben muß und nicht aus ihm verdrängt werden kann. Es werden
auch Bettstücke derart, und in noch zweckmäßiger Weise als diese bombierten, von
vornherein so hergestellt, daß die Hülle des Bettstückes von einer Seitenwandung
aus in eine größere Zahl radiär gestellter Zellen eingeteilt wird, daß also von dieser
Stelle aus Scheidewände in den Hohlraum des Bezugs eingefügt werden, welche
strahlenförmig langgestreckte Zellen in dem Innenraum absondern ; von der gemein-
samen Oeffnung aus wird eine jede einzelne dieser Zellen für sich gefüllt und läßt
sich selbständig wieder im Falle einer Beschmutzung oder Durchtränkung des In-
haltes entleeren und erneuern.
Gewöhnlich sind die Matratzen, mögen sie nun eine derartige besondere Vor-
richtung aufweisen oder nicht, einheitliche Stücke von der ganzen Größe des Bett-
gestelles ; häufig wird jedoch die Matratze auch so gearbeitet, daß sie aus drei gleichen
Fig. 107. Dreiteilige M atratze. Die „Zellenelnteilung" der mit dieser ver-
sehenen Matratzen kann entweder radiär angebracht sein, so daß von einem geraeinsamen
Ausgangspunkte in die einzelnen Zellen eingegangen werden kann, wie das an dem linken
Drittel dargethan ist ; oder aber die Zellen gehen parallel von einer Seitenwand zu der
anderen, -wie es die beiden rechten Drittel der Matratze zeigen.
Stücken besteht, welche dem Kopfende, der Mitte und dem Fußende entsprechen
lind die natürlich sehr sorgfältig, und das besonders an den aneinander liegenden
Kanten, gearbeitet und zugepaßt sein müssen, vuu dem Kranken hier keine Druck-
empfindung zu verursachen. Eine solche Vorrichtung sogenannter „dreiteiliger
Matratzen" hat den Vorteil , daß das mittlere Stück selbständig herausgezogen
werden kann, und so der Kranke im Liegen seine Bedürfnisse befriedigen und auch
völlig gesäubert zu werden vermag.
Auch die anderen zur Ausstattung des Krankenbettes gehörigen Bettstücke werden
mit dem verschiedenartigsten Füllmaterial versehen, insbesondere die Kopfkissen ;
bei diesen ist die FüUimg mit Federn, wie sie im täglichen Leben ja allgemein ge-
bräuchlich ist, auch in der Krankenpflege im großen Ganzen zuzulassen, wenn sie
auch manchmal, zumal bei stark fiebernden Kranken, nicht ganz opportun erscheint.
Immer aber müssen solche Federkissen relativ prall und voll gestopft sein, um dem
86
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
233
Kopfe eine genügende Masse entgegenzusetzen, damit dieser nicht zu tief einsinkt und
an beiden Seiten das Bettlcissen dann in die Höhe ragt und dem Kranken die Luft be-
nimmt. Solche Federfüllung aber etwa als Unterlage für den ganzen Körper zu ver-
wenden, muß in der Krankenpflege ganz imd gar vermieden werden ; es ist früher
mehr, jetzt weniger, aber immer noch hier und da Gebrauch, sogenannte Unterbetten
außer dem Bettboden und der gepolsterten Matratze zu benutzen, flache Feder-
betten, welche über die eigentliche Matratze gelegt werden. Sie sind aus jedem
Krankenbette immer und überall zu entfernen.
Im übrigen sind , wie bereits vorher angedeutet worden , unsere gebräuch-
lichen Kopfkissen keineswegs zweckmäßige Einrichtungen. Die ganze Gestalt
des Körpers, die Niveaudifferenzen, welche zwischen Rumpf und etwas erhöhtem
Kopfe bestehen und die auch schon in der Eückeulage deutlich ausgesprochen sind,
Fig. 108. Nackenliiftkissen. Das Gerät, welches nicht zu prall aufgeblasen
werden darf, kommt nicht im Liegen, sondern nur beim Geneigt- oder Aufrechtsitzen des
Kranken zur Ausfüllung der Naekenexkavation zur Verwendung. Es muß ebenso wie
jedes andere Bettstück mit einem leinenen Ueberzuge versehen werden und ist seitlich
durch Bänder oder mittels Verbandnadeln, die natürlich nur den Ueberzug, nicht das
Kissen, durchstechen dürfen, an der geeigneten Stelle der Rückenlehne zu fixieren, nicht
aber dem aufrecht im Bette sitzenden Kranken zu eigener Festhaltung zvi überlassen.
ganz besonders aber erheblich werden in der Seitenlage des Körpers, wo der Kopf
um die ganze Breite der Schulter höher steht als der Oberkörper, erheischen, daß
ein dem Kopfe als Stütze und Unterlage dienendes Kissen nicht gleichzeitig auch
den oberen Teil des Oberkörpers aufnehme, sondern daß es erst am Halse mit seiner
unteren Kante beginnen darf, also nur ausschließlich dem Kopfe als Unterlage zu
dienen hat. Es ist schon mehrfach in Krankenhäusern der Versuch gemacht worden,
allerdings ohne daß sich die Einrichtung allgemein eingebürgert hätte, statt der
Kopfkissen viereckige schmale Polster von ungefähr 20 cm Dicke, und zwar in ihrer
ganzen Ausdehnung überall gleich dick und so breit wie das ganze Bett, zu ver-
wenden, auf welche der Kranke allein den Kopf legt und damit, zumal in der Seiten-
lage, eine dem natürlichen Höherstand des Kopfes entsprechende Unterstützung für
diesen findet. In Privathäusern pflegt man den Schwierigkeiten, welche für eine
zweckmäßige Unterstützung durch unsere Kopfkissen entstehen, dadurch zu be-
gegnen, daß man außer den eigentlichen Kopfkissen noch weitere kleine Hilfsmittel
ähnlicher Art anwendet: ganz kleine Federkissen, welche nur so groß sind, daß
der Kopf allein darauf Platz findet, oder aber verschiedenartige Gebilde nach Form
und Art der sogenannten Schlummerrollen, welche in Rollenform dem Hals und
Nacken eine Unterstützung gewähren und im allgemeinen ebenfalls mit Federn ge-
füllt oder mit einem der anderen Materialien gepolstert sind, am besten jedoch als
Luftkissen gestaltet und aus Gummi hergestellt werden, wo sie dann je nach Be-
dürfnis mehr oder minder stark aufgeblasen zur Verwendung kommen können.
Ebensowenig wie etwa für Unterbetten darf für die Bedeckung des Kranken,
für die Bettdecken, das Material der Bettfedern herangezogen werden; auch Ober-
betten aller Art und Form sind zu vermeiden. Allerdings ist das eine Regel, die
87
234
M. MENDELSOHN,
unter Umständen wohl ihre Ausnahme finden kann; für gewöhnlich jedoch sind nur
Decken zu verwenden, Decken mit entsprechendem Wäscheüberzuge, die gewöhnlieh
tresteppt zu sein pflegen und dann also mit AVolle oder mit "Watte angefüllt sind,
die jedoch auch Torteilhaft nur als einfache wollene Decken zur Anwendung kommen.
In Krankenhäusern ist die Verwendung solcher wollener Decken allgemein übhch;
die verschiedenen Anforderungen an ein Warmhalten werden dabei m der einfachsten
Weise dadurch gelöst, daß man je nach Bedarf zwei und auch drei Exemplare
solcher Decken übereinander legt mtd semeinsam verwendet.
Fig. 109. Bettdecke. Die an der Bettdecke angebrachten Aermel sind relativ
kurz und sehr weit, so daß der Kranke ohne weiteres mit den Annen zu ihnen hinaiis-
imd wieder in sie hineinsehlüpfen kann. Das inmitten der Aermel angebrachte muäen-
artige Sehutzstüek ist entbehrlieh.
Fig. 110. E eifentrage. Um den Druck der Bettdecke vom Rumpfe oder den
unteren Extremitäten fernzuhalten, dienen metallene oder aus andersartigem Material her-
gestellte Bogen, welche über den Körper des Kranken fort, gestellt werden und ihn so vom
Drucke der Bettdecke entlasten. Sind sie aus Metall, so müssen sie mit Stoff umwickelt
werden, um unangenehme Kälteempfindungen bei Beiührung mit dem Köi-per zu venneiden.
Die Wirkuna; auf die Fclmierzfreihcit.
235
Wo der Druct der Bettdecke, auch einer leichten, zu scliwer für den
Kranken ist, oder wo besondere Krankheitszustände diesen Druck schmerzhaft
empfinden lassen, müssen die Anbringung meh-
rerer Eeifen, welche von einer Stelle des Bettes
nach der anderen hin über den Kranken hinweg-
ziehen, oder ähnliche Vorrichtungen dem Körper
die Last der Bettdecke abnehmen und sie selbst-
ständig tragen. Auch die kleineren Schutzgeräte,
Warzenhütohen für die weibliche Brust und ähn-
liche Hilfsmittel, wirken in gleichem Sinne.
Nun darf alles dieses Bettmaterial immer
noch nicht direkt dem Kranken zur Bedeckung
dienen, sondern hat nur als Unterlage für die
eigentliche dritte Schicht, auf der er unmittelbar
airfruht und von der er überdeckt wird : für die
Bettwäsche zu dienen, mit der allein der
Körper des Kranken in direkten Kontakt kommt.
Die ch'ei Schichten, welche ein jedes Kran-
kenlager, sei es das primitivste oder das kom-
plizierteste, zusammensetzen, sind stets eine
unterste, und zwar eine feste Schicht, der so-
genannte Bettbodeu, der in den einfachsten Ver-
hältnissen ganz fest und starr ist, sonst jedoch
möglichst elastisch gestaltet wird, immer aber die solide, wenn auch bis zu einem
gewissen Grade nachgiebige Unterlage des Ganzen darstellt. Dieser festen Schicht
Fig. 111. Schiitzkapsel.
Fig. 112. Schutzkapsoln.
Fig. 111, 112. Zum Schutze der alteriertcn Haut, insbesondere auch zum Sdmtze
der Impfpiisteln und ähnlicher lokaler Atfektionan, dienen halbkugelige oder ovnlgestaltete,
kapselartige, durchsichtige, aus Celluloid gefertigte Bedeckungen, welche entweder mittels
einer HcftpflasteiTorrichtiing direkt auf die Körperoherfläche geklelit werden oder auf eine
in der Glitte ausgeschnittene zweite Heftpflastei"fläche gebracht werden; sie können \on
dieser teilweise abgehoben und zum Zwecke der Besichtigung tuid Behandlung zurürk-
gcklappt werden (Fig. 112). Auch aus Hörn oder Elfenbein etc. werden sie hergestellt
tmd mit Gummibändern um den Arm etc. befestigt (Fig. 111).
89
236
M. MEND^LSOHN,
rulit nun die ;cwcito weiche Schicht auf, die sich eben aus mannigfachen und oft
sehr verschiedcTinrtia; zusamrtiengesetzten Utensihen aufbaut und die das eigentliche
Ti'eichc Lager darstellt , auf und in dem der Kranke ruht, während die unterste
Schicht diese trügt, und zwar in möglichst zweckmäßiger und elastischer Anordnung.
Fig. 113. Milehsauger.
Fig. 114. Milehsauger.
Fig. 113, 114. Das Absaugen von Milch durch Milehsauger, wobei ein Ausdrücken
und eine sonstige Alteration der jMnmnia Tennieden wird, geschieht am besten durch ein-
fache Luftverdünnung mittels Gummiballons (Fig. 114). Doch sind auch Milchsauger an-
gegeben worden, bei welchen von der die AVarze bedeckenden Glasglocke zwei Gummi-
sehläuche ausgehen (Fig. 113); aus dem einen saugt die Mutter die Milch in die Glas-
glocke an dem anderen saugt das Kind gleichzeitig die Milch aus dieser ein.
Diese Eigentümlichkeit der zweiten Schicht, das Weiche der gesamten Unterlage zu
bilden, wird von ihr ganz und gar in Anspruch genommen, und das in dem Maße,
daß alle außergewöhnlichen, künstlichen Hilfsmittel für eine weichere Gestaltung des
Lagers, wie beispielsweise Luft- oder Wasserkissen, immer nur dieser zweiten Schicht
einzufügen sind und niemals etwa unmittelbar unter den Krauken gebracht werden
dürfen. Die dritte, oberste, mit dem Körper in unmittelbarem Kontakt stehende
Schicht dagegen hat die Aufgabe, die Berührungsfläche zwischen dem Kranken und
seinem Lager zu einer glatten und vor allem zu einer stets reinen
gestalten zu lassen. Diese Aufgabe erfüllt die Bettwäsche, welche
über die Bettstücke der zweiten Schicht gebreitet wird oder diese
von allen Seiten her überzieht, und die im Gegensatze zu den
stabilen, dauernd in Benutzung befindlichen und darum immer
auch nur in einem einzigen Exemplar vorhandenen Bettstücken
selber möglich oft gewechselt und erneuert wird. Es ist über
sie in dem Kapitel von der Keinlichkeit die Rede gewesen.
Fig. 115. Warzenhütchen. Die zum Schutze der Bnistwarze auf diese gestellten
und durch Aspiration selbstthätig haftenden Warzenhütchen sind entweder ganz aus Gummi
gefertigt oder sie bestehen aus Glas und tragen nur einen wie bei den Saugpipetten üb-
lichen Gummiansatz.
Die eben erwähnten Hilfsmittel der zweiten Schicht haben gerade für die
Schaffung einer möglichsten Schmerzfreiheit eine außerordentlich große Bedeutung;
es sind das die aus Gummi hergestellten Wasserbetten und Luftkissen.
Alle die hierfür in Betracht kommenden Gummibehältnisse zeichnen sich
dadurch aus, daß sie eine möglichst große und gleichmäßige äußere elastische Fläche
darbieten, welche eine schwach konvexe Wölbung zeigt, die dadurch erzeugt wird,
daß das betreffende Gummibehältnis bis zu einem gewissen Grade durch eine An-
füllung mit Luft oder mit Wasser ausgedehnt wird und seine Wandungen so in
Spannung versetzt werden. Diese konvexe Oberfläche ist in ihrer Gestalt abhängig
von dem Grade und der Spannung der Anfüllung und dementsprechend mehr oder
weniger leicht an ihren einzelnen Stellen eindrückbar, wobei jedoch das ganze Be-
hältnis stets eine sehr elastische Oberfläche darbietet. Es ergiebt sich ohne weiteres,
daß diese Behältnisse allseitig verschlossen sein müssen und nur eine einzige An-
füllungsöffnung haben können ; und da deren Verschluß nicht nur den Wiederabfluß
90
Die Wirkung auf die Schmerzfreilieit.
237
von eingebraclitem Wasser und selbst den Austritt vcm Luft zu verhüten hat, sondern
sogar auch einem relativ großen, auf das Gumraibehältnis wirkenden und dieses
komprimierendem Drucke gegenüber dicht bleiben muß, so kann dieser Verschluß
eben nur ein hermetischer, ein ventilartiger sein ; er besteht gewöhnlich aus einem
Schraubenventil.
Die Form dieser Behältnisse zeigt zwei Typen. Entweder bilden sie ein-
fache Kissen von rechteckigem Umfange, der von der vollen Größe einer ganzen
Matratze bis zu der eines Kopfkissen« und eines
noch kleineren rechteckigen Kissens heruntergeht;
solche Behältnisse bestehen aus zwei gleich großen
Gummiplatten, welche rundum an ihrer Circum-
ferenz miteinander luftdicht verschmolzen sind, das
Ventil tragen sie gewöhnlich an der Mitte der einen
Schmalseite oder an einer Ecke. Füllt man ein
solches Behältnis, dessen beide Wände zunächst sich
berühren, mit Luft oder mit Wasser an, so entsteht
ein Kissen mit konvexer Oberfläche, dessen Tiefen-
durchmesser in der Mitte am größten ist, während
es nach den vier Kanten hier abfällt. Die zweite
Form derartiger Behältnisse ist die kreisrunde, und
zwar sind sie entweder ebenso beschaffen wie die
viereckigen Kissen, also aus zwei kreisrunden mit
einander verschmolzenen Scheiben bestehend, oder
aber sie sind, wie das gewöhnlich der Fall ist, ring-
förmig gestaltet, d. h. es sind nicht zwei völlige
Gummischeiben miteinander in Verbindung gebracht,
sondern aus diesen ist zuvor der Centralteil kreis-
förmig ausgeschnitten, so daß hier zwei ringförmige
Streifen aufeinander gelegt sind, welche sowohl mit
ihrer inneren als mit ihrer äuSeren Peripherie in-
einander übergehen. Wird ein solches Behältnis
angefüllt, so daß seine Wände sich von einander ent-
fernen, so muß ein Ring entstehen, dessen Ober-
fläche konvex ist und die sowohl nach außen wie
nach innen hin rundhch abfällt. Diese ringförmigen
Behältnisse haben für gewöhnlich die Größe eines
runden Sitzkissens; sie sind jedoch auch kleiner
vorhanden, und selbst von so geringer Größe zu haben, daß nur eine Ferse auf
ihrer Fläche Platz findet.
Fig. 116. Wasserkissen.
Fig. 117. Wasserkissen.
91
■2?>S
M. MElS-DfiLSOHN,
Die Luft- uiid Wasserkissen dienen ausschließlich dem Zwecke, eine elastische
Unterlage darzubieten; auch hier wiederum ist, wie sich das immer und immer wieder
in der Kranbenpflege findet, das eigentliche Gerät selber erst in zweiter Linie von
Bedeutung, das Wesenthche viel-
mehr ist auch hier der Inhalt, der
entweder aus Luft oder aus Wasser
besteht; und die Vorrichtung selbst
hat nur die Bedeutung, diese Luft
oder dieses Wasser allseitig abzu-
schließen und so zu ermöglichen,
daß solche nachgiebigen und nicht
greifbaren Medien zur Unterlage für
den Kranken werden können. In
Wirklichkeit liegt der Kranke hier
auf Luft oder Wasser, nicht auf den
Kissen.
Und das trifft sogar in dem
Maße zu , daß es nicht einmal er-
laubt ist, die Oberfläche des Köq^ers
in unmittelbare Berührung mit dem
Kissen, mit dem Giunmistoffe zu
bringen; über diese Gummikissen
muß stets Leinen in ein- oder mehr-
facher Schicht gebreitet werden, auf welches der Kranke gelegt wird, da die Berührung
des Gummi mit der Körperoberfläche eine unangenehme, brennende Empfindung zeitigt,
eine Maßnahme, die sich durch ein einfaches Darüberbreiten von zusammengefalteten
Laken erzielen läßt oder noch einfacher dadurch, daß man das Gummikissen in einen
Leinenüberzug steckt, ebenso wie das mit den Federkissen der übhchen Kopfkissen
geschieht.
Bei der Verwendimg dieser Kissen, von denen die für die Füllung mit Luft be-
stimmten die weit gebräuchhcheren sind, geschieht die Antüllung mit Luft dadurch,
daß man die an der einen Kante angebrachte, mit rundem Mundstücke versehene
Wasse rkissen.
Fig. 119. Wasserkissen.
Fig. 116, 117, 118, 119. Die GummiwasserMssen haben sowohl an den^ldeineren
Exemplaren (Fig. 119) wie an den größeren (Fig. 116) für gewöhnlich nur ein kurzes
Ansatz- und Verschlußstück für die Füllung, welches mit einer GummihüUe iimgelien zu
sein pflegt. Ausnahmsweise wird dieses Ansatzstück auch relativ laug und sclilaucbfönnig
gestaltet (Fig. 117), was den Vorteil hat, daß bei der Füllung das Kissen selber nicht
gelialten zu werden braucht, sondern neben der Wasserzufuhrstclle niedergelegt werdeu,
auch, während der ScUauchansatz zum Bette heraushängt, auf diesem in situ ganz oder
teilweise entleert werden kann. Keinesfalls dürfen diese Kissen an dem schlauchartigen
Ansatzstücke getragen werden, da das Gewicht eines gefüllten Wasserkissens oder gar
Wasserbettes ein ausserordentlich hohes ist. Die an dem Wasserkissen angebrachten Trag-
gurte (Fig. 116, 119) halten ihm nicht immer stand. Zweckmäßig ist daher eine Kon-
straktion, bei welcher die vier Ecken des Wasserkissens in dicke Gummiringe auslaufen
(Fig. 118), an welchen das Kissen gefaßt und gehandhabt werden kann.
92
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
239
Veatilsehraube aufdreht, das Ansatzstück zwischen die Lippen ninunt und die Luft
mit dem iVIunde einbläst; ist das Kissen genügend gefüllt, so verschließt man die
Oeffnuug mit dem Zeigefinger der linken Hand und dreht dann die Schraube zu.
Ne'uerdings sind sogar Luftkissen aus Gummi gefertigt worden, welche sich von
selber wieder füllen , wenn die Luft aus ihnen herausgedrückt worden ; die Kon-
fio-uratiou der Behältnisse ist eine solche, daß sie, ähnhch wie die zu Einblasungen
rig. 120. Luftkissen.
dienenden Gummiballons, falls sie eingedrückt worden sind, stets wieder zu ihrer
normalen, hohlen Gestalt zurückzukehren sich bestreben, so daß also zum Zwecke
einer ausreichenden AnfüUung mit Luft nichts weiter vonnöten ist, als die Ventil -
schraube weit zu öffnen imd sie, nach geschehenem Lufteintritt, fest und vollständig
wieder zu verschließen. Die IMeinung, daß bei solcher spontaner Anfüllung keine
genügende Luftmenge in das Kissen gelange, wäre irrig; denn ein Luftkissen darf
niemals bis an die Grenze der möglichen LuftfüUung ausgedehnt werden. Ein auf-
blasbares Luftkissen ist durchaus nicht dazu angethan, die volle Kraft der Lungen
des Aufblasenden zu erproben. Und zwar darf der FüUnngsgrad nur ein mäßiger
sem, einmal im Interesse des
Gerätes selber, das bei zu
starker Anspannung leicht
ausreißt und bricht, vor
allem aber des Kranken
wegen , der auf einem nur
mäßig aufgeblasenen Luft-
kissen eine viel weichere und
bequemere Unterlage hat,
als auf einem prall gefüllten
Behältnisse. Man thut gut,
sich gelegentlich einmal durch
persönHches Niederlegen auf
ein in verschiedenen Graden
bis zur höchsten Spannung
aufgeblasenes Luftkissen von
der Verschiedenheit der
Elasticität mid der Weichheit
bei den einzelnen Füllungs-
graden zu überzeugen.
Luftkissen.
Fig. 120, 121. Die für (Luftkissen uneiiäßliclie äußere ümkleidung des Gummis
mit Leinen oder anderem Stoff kann schon von vornherein fest über dem eigentlichen
Gummikissen angebraclit sein (Fig. 121); zweckmäßiger ist ein auswechselbarer Ueberzug,
in den das Gumnügerät lose hineingegeben wird.
Geschieht die Anfüllung mit AVasser, so ist die gleiche Vorsicht
zu beobachten. Die Wasserkissen sind, obwohl bei weitem zweckmäßiger als
die Luftkissen, m der Krankenpflege dennoch weniger im Gebrauche, weil sie
93
240
U. MENDELSOHN.
teurer sind; Wasserkissen von der Größe einer Matratze, wie sie für die gäuz-
licie Aufnahme des ganzen Körpers hergestellt werden und auch unter dem
Kamen Gummibetten bekannt sind, kosten eme sehr beträchtliche Summe. Bei
diesen Wasserkissen geschieht die Füllung ent-
weder durch einen Trichter, der in die mit einer
Verschlußschraube versehene Oeffuung eingeführt
wird, oder durch einen Schlauch, in den vielfach
diese Oeffnung direkt übergeht imd der, mehr
oder minder lang, an semem freien Ende dann
eine trichterförmige Mündimg hat; ein solcher
Schlauch läßt sich auch unmittelbar mit der
AVasserleitung verbinden. Allerdings könnte das
in praxi nur dann geschehen, wenn vorher eine
richtig bemessene Menge warmen Wassers bereits
eingefüllt ist; denn diese Wasserkissen müssen
mit lauwarmen Wasser von bestimmter Tem-
peratur gefüllt werden, die nur wenig unter der
menschlichen Körpertemperatur hegt ; am besten
mit Wasser von 35°. Es ist das eine Vorschlaft,
Fig. 122. Ferseu-Luftkisseu. Ganz kleine Exemplare von Luftkissen dienen
zur elastischen und nachgiebigen Unterstützung der Fersen; auch sie dürfen nicht un-
mittelbar mit der Körperobei*flilche in Xuntakt kommen.
die unbedingt beachtet ^^erden muß; und da zu warmes oder gar heißes Wasser,
das diese Gummibehältnisse gar nicht aushalten würden, überhaupt nicht in sie
eingebracht werden darf, so empfiehlt es sich, das vorher genau temperierte Wasser
direkt und unmittelbar in das Behältnis einzufüllen. Außerdem ist zweierlei zu
beachten: auch hier wieder darf die Anfüllung, eben aus denselben Gründen, wie
sie für die Luftfüllung maßgebend sind, keine allzu starke sein, darf jedoch anderer-
seits, wenn das Gerät seinen Zweck erfüllen soll, nicht zu gering bemessen werden;
einen verläßlichen Maßstab hat man darin, daß man mit den aufgelegten Vorder-
armen die Oberfläche eindrückt, wobei, wenn die Füllung richtig bemessen ist, che
Arme zwar der Unterfläche des Kissens ziemhch nahe herangebracht werden können,
keinesfalls aber diese Unterlage direkt berühi'en dürfen. Das zweite. Moment, auf
Fig. 123. Luftkissen. Das Gerät findet gleichzeitige Verwendung als Steckbecken,
da seine mittlere Oeffnung durch eine untere Gummiplatte abgeschlossen ist uiid so ein
ausreichend großer centraler Hohlraum für die Aufnahme der Exkremente entsteht. Es
dai-f nur im Notfall und nur vombergehend gebraucht werden , wegen seiner unsicheren
Handhabung und schwierigen Säuberung.
94
Die Wirkung auf die Sclimerzfreiheit.
241
das bei der Füllung zu achten ist, besteht dai'in, daß vor dem Verschließen der
Verschlußschraube nach der Wassereinbriugung alle Luft aus dem Kissen heraus-
gebracht werden muß, was dadurch geschieht, daß mau die Oeffnung nach oben
hält, die Luft herausstreicht und dann in dieser Lage die Schraube schließt; da,
wenn dies versäumt vnrd, die Oberfläche eines zumal größeren Kissens keine Ebene,
sondern eine mehr oder minder konvexe imd damit unzweckmäßige Fläche \vird. Daß
auch alle diese Behältnisse ebenfalls rein gehalten werden müssen, versteht sich; in
den Wasserkissen ist nach einigen, spätestens nach ^der AVochen das Wasser zu er-
neuem; insbesondere müssen diejenigen Wasserki'änze, welche gleichzeitig da-
durch, daß ihre centrale Oeffnung an der unteren Fläche einen Boden trägt, zur
Benufzimg als Stechbecken geeignet sind, einer Reinigung und einer Auswaschung
mit desinfizierender Lösung häufig unterworfen werden, wie überhaupt derartige
Gummiutensilien, auch wenn sie nicht gebraucht werden, alle 3 bis 4 Monate mit
lauwarmem Wasser abgewaschen werden müssen, um den ausgeschlagenen Schwefel
zu entfernen.
Alle die Maßnahmen und Gerätschaften für die besonderen Ver-
richtungen des Kranken, hauptsächlich für die Defäkation und Harnentleerung
sowie für die Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme, welche, abgesehen von
seiner permanenten Lagerung, durch ihre Anwendung bei allen diesen einzelnen.
Fig. 124. Luftkissen. Das Gerät ist ausschließlieh lür Siteehbecken bestimmt;
es dient auf ihnen als Sitzfläche und ist abnehmbar und auszuwechseln. Bei aller
Zweckmäßigkeit ist seine Venrendung auf einzelne Fälle und kurzdauernde Zeiträume be-
schränkt, da auch hier trotz aller Sorgfalt während der Handhabung Verunreinigungen
des Gummi unvenneidlieh sind und die schwierige Reinigung in jedem Falle eine größere
Anzahl dieser nicht gerade wohlfeilen Geräte erfordert.
vorübergehenden Vorrichtungen schmerzbereitende Druckreize fernzuhalten und so zu
vermeiden vermögen, finden nicht an dieser Stelle, sondern in den diesen einzelnen
Verrichtungen gewidmeten Kapiteln Lhi'e Erörterung.
Auf einem komplizierteren Wege, aber schließlich auch nur durch
die Fernhaltung schädlicher Reize, wirken des weiteren alle diejenigen
Heilmittel der Krankenpflege , welche bei erhöhter Reizbar-
keit der sensiblen Nervenendigungen einen jeden, hier
ja schon bei ganz geringer Intensität schmerzhaft wirkenden
Reiz beseitigen und vermeid en lassen. Wie schon angedeutet,
braucht das nicht nur auf die sensiblen Nervenendigungen an der
Körperoberfläche sich zu erstrecken, sondern auch an einer inneren
Körperpartie kann der gleiche Vorgang durch Körperbewegungen
aktiver oder auch passiver Art infolge der damit verbundenen Köni-
gs
242 M MENDELSOHN,
yression oder Dehnung oder Zerrung der Nervenendigungen statt-
haben. Immer aber wirken auch diese Heihnittel nur auf die gleiche
Teilaktion ein : nur auf die Beseitigung des äußeren Reizes ; und wenn
auch die Hypurgie und mehr noch die anderen therapeutischen Dis-
ciplinen Heilmittel besitzen , um die weitere Teilaktion der Gesamt-
funktion des Schmerzes : die gesteigerte Reizbarkeit der Nerven-
endigungen, herabzusetzen, und wenn diese therapeutische Herabsetzung
der Reizbarkeit der Nervenendigungen natürlich hier nebenher gleich-
falls zur Anwendung kommen muß , so schallt die Krankenpflege
hier im weitestgehenden Maße Anästhesie, indem sie den äußeren Reiz,
der bei der gesteigerten Irritabilität der sensiblen Nervenendigungen
auch bei geringfügiger Einwirkung schmerzhaft wirken muß, beseitigt
und in Fortfall bringt.
Diese gesteigerte Erregbarkeit der peripheren Nerven kann in der
Krankenpflege in zweierlei Hinsicht in Betracht kommen: in mecha-
nischem und in p a t h o g n o m o n i s c h e m Sinne. So weit das erstere
Moment hier zur Geltung kommt, das vorzugsweise bei dem soge-
nannten Decubitus, ob er nun schon in vollendeter Ausbildung da ist
oder sich erst vorbereitet, von Bedeutung ist, so sind hier die Heil-
mittel die gleichen wie die eben bereits besprochenen; die erhöhte
Erregbarkeit der Nervenendigungen an den betreffenden Körperpartien
ist hier durch den dauernden mechanischen Insult zustande gekommen ;
und wenn gar bei ausgebildetem Decubitus ein Teil dieser Nerven-
endigungen bloßgelegt ist, so ergiebt sich ohne weiteres, daß hier
alle diejenigen Krankenpflegemittel, welche jeden Druckreiz von
diesen K ö r p e r s t e 1 1 e n abzuhalten vermögen, eine gleichwertige
therapeutische Wirkung ausüben, wie andersartige Anästhetica. Und
überall dort, wo, sei es an der Körperoberfläche oder im Inneren, aus
krankhaften lokalen oder allgemeinen Bedingungen eine erhöhte Reiz-
Itarkeit der Nervenendigungen besteht, müssen in nicht minderem Maße
auch alle diejenigen Maßnahmen der Krankenpflege als Anästhetica
wirken, welche geeignet sind, solche Körperbewegungen hintan-
zuh alten oder zu regeln, die eine reizende und schmerzhafte
Einwirkung auf die Nervenendigungen ausüben können. In allererster
Linie gehören hierher die entzündlichen Reize, welche bei lokalen Ent-
zündungen auf die sensiblen Nerven der befallenen Körperregion aus-
geübt werden ; unter diesen mag als ein prägnantes Beispiel der akute
Gelenkrheumatismus dienen : aber eine jede Entzündung, welcher Art
auch immer, hat die gleichen Konsequenzen für das Zustandekommen
der Schmerzemptindung und für die Hilfsmittel ihrer Beseitigung.
Daher sind, wenn man sie bei solchen Zuständen umsichtig ver-
wendet , alle Heilmittel , welche solchen Kranken entbehrliche
Körperbewegungen thatsächlich zu ersparen vermögen,
wirkliche schmerzbeseitigende Heilmittel; wenn ein Kranker der an
akutem Gelenkrheumatismus darniederliegt, mit Zuhilfenahme aller so-
matischen Heilmittel der Krankenpflege ernährt und bekleidet wird,
wenn er in ein mechanisches Bett kommt, das ihm jede aktive Muskel-
anspannung abnimmt, ihm ohne sein Zuthun zum Aufrichten verhilft,
ihn zur Defäkation ohne jede Körperbewegung gelangen läßt, so sind
diese Heilmittel ebensolche Anästhetica von ebenso bedeutender und
gleichermaßen therapeutisch ebenso zu würdigender Wirkung, wie die
Salicylsäure und das Morphium. Und des weiteren gehören hierzu auch
alle die psychischen Heilmittel der Kraukenpflege, welche Erreg-
Die Wirkung auf die Schmerzfrsilieit.
243
IUI gen fernzuhalteü vermögen. Sie können nach zweierlei Hin-
sicht wirksam werden, indem auch sie, wenn die Krankenwartung, der
Umgang mit dem Kranken in jeder Hinsicht zweckmäßig gestaltet
wird , vielfach unnütze Bewegungen des Körpers dem Kranken er-
sparen, vor allem dann, wenn dafür Sorge getragen wird, daß er nicht
•erschreckt wird; zudem aber wirken sie auch noch insofern günstig,
als durch das Fernhalten aller Erregungen die Herzaktion und damit
die Blutzufuhr nach dem kongestionierten und schmerzhaften Organe
in Schranken gehalten bleibt und so dessen Schmerzhaftigkeit gelindert
wird, gleichfalls wiederum durch hypurgische Heilmittel.
Da alle diese psychischen Einflußnahmen auf die Fernhaltung
von Erregungen ebenso sehr auch der Einwirkung auf den Schlaf zu statten
kommen, so sind sie in dem Kapitel der Einwirkung auf den Schlaf im Zusammen-
hange zur Erörterung gelangt.
Somit sind von der größten Wichtigkeit unter diesen vielfachen
Einwirkungen diejenigen Maßnahmen, welche bei den so mannigfachen
Körperbewegungen, die auch der Kranke selber ausüben oder doch
an sich vornehmen lassen muß, Anwendung finden. Wenn diese
Körperbewegungen in zweckmäßiger und geeigneter
Weise unter m ög liehst er Schonung des Kranken geschehen,
so bilden sie in hervorragendem Grade schmerzlindernde und
schmerzverhütende Maßregeln.
Die in der Krankenpflege wichtigste und häufigste Bewegung derart ist die
Aufrichtung des Oberkörpers aus der horizontalen zur sitzenden Position.
Es ist sehr häufig wünschenswert, daß der Kranke aufgesetzt wird; und sodann,
daß er in dieser sitzenden Position ohne eigene Anstrengung erhalten bleibt, daß er
also in ihr so fixiert wird, daß er bequem darin ausharren kann. Kaum jemals darf,
auch einem relativ kräftigen Kranken nicht, zugegeben werden, daß er sich selbst-
ständig aufsetzt; dazu ist die Wartung eben da, daß sie ihn unterstützt und ihm
•die Anstrengung abnimmt.
Aber auch ein solches pas-
sives Aufrichten des Ober-
körpers eines Kranken kann
immer nur dann einen Wert
haben, wenn die Manipulation
selber nicht etwa ihm Be-
schwerden oder gar Schmerzen
verursacht ; das würde aber
der Fall sein, wenn man den
nur mit dem Hemd beklei-
deten Kranken direkt unter
den Bücken fassen wollte und
so die ganze Körperlast der
relativ kleinen ünterstützungs-
fläche, wie sie die eine oder
auch beide Hände des Auf-
hebenden darbieten, aufbürden
wollte, was an dieser Körper-
stelle, auf der durch keine Kleidung geschützten Eückenfläche des Kranken, zumal
bei mageren Personen und bei sehr empfindlichen Kranken , nicht unerhebliche
Schmerzen hervorrufen müßte. Auch würde, wenn man unter den "Rücken greifen
imd diesen heben wollte, der Kopf des Kranken keine Unterstützung finden, so daß
er diesen nicht ohne Anstrengung während des ganzen Aktes des Aufhebens balan-
cieren müßte. Es ist daher, um diesen Unzuträglichkeiten zu begegnen, beim Auf-
richten der Oberkörper des Kranken nicht selber zu heben, sondern stets das
Kopfkissen anzuheben, auf welchem dieser ruht und unter das man herunter-
Handbuch der spec. Therapie inn. Krankh Suppl. I. Heft 3, ^7
Mendelsohn, Krankenpflege. q7 n
Fi?. 125. Verstellbare Rückenlehne.
244
M. MENDELSOHN,
Fig. 126. Mechanisches Bettgestell. Das metallene, von Dr. med. GEOHAM
angegebene Bettgestell ruht, statt der üblichen vier Füße, auf einem mittleren, nach Fonn
eines Sägebocks gestalteten, massiven eisernen Stativ, auf welchem es mittels einer Ead-
kurbel mit leichtestem Kraftaufwand in jede gewünschte Neigung gebracht; werden kann.
Fig. 127. Verstellbare ßückenlehne.
Fig. 125, 127. Die auch „Keilrahmen" genannten verstellbaren Rückenlehnen
werden vom Kopfende des Bettes her durch dritte Personen verstellt. Es dient dazu ein
Gurt, welcher an der unteren Fläche des oberen Eahmens befestigt ist und zum Bettkopf-
ende heraushängt. Ein jedes Anlieben oder Niederlassen hat langsam und allmählich
zu geschehen ; beim Auflieben gleitet die tragende Stütze auf den Zahnstangen des untereu
Eahmens von selber in die entsprechende Stellung; beim Herunterlassen ist sie zunächst
anzuheben, was mittels eines zweiten an ihr befindlichen und mit dem ersten zusammen-
hängenden Gurtes geschieht. Die Paickenlehnen werden aus Holz oder aus Metall in den
verschiedenartigsten Formen gefertigt. Je starrer iiire tragende Fläche ist, desto mehr
muß sie durch nachgiebiges Material überpolstert werden; zweckmäßig sind die ein Keil-
kissen in fester Verbindung tragenden Exemplare (Fig. 103), da sie ein Herabgleiten des
Kissens bei steilerer Stellung verhüten ; doch ist allei'dings ihre Eeinigung eine schwierige.
Die mit seitlichen Euhepolstern für den Kopf und seitlichen verstellbaren Armstützen
versehenen Eückenlehnen (Fig. 127) sind für Dyspnoische und ähnliche Kranke wertvoll,
für den allgemeinen Gebrauch beliindern sie die freie Beweglichkeit des Kranken, der ge-
wissermaßen allseitig in ihnen eingeschlossen ist, allzusehr.
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
245
faßt, um es mitsamt dem darauf ruhenden Kranken emporzuheben, der so für seinen
ganzen Oberkörper und den Kopf dauernd die nötige Unterstützung findet und
zudem durch das zwischen Körper und aufhebender Hand befindliche Kopfkissen
vor unmittelbarem schmerzhaftem Druck geschützt bleibt.
Ist der Kranke auf welche Art auch immer einmal aufgerichtet, so muß nicht
nur das Kopfkissen durch dahinter gestellte andere Kissen in dieser Lage, die der
Lehne eines Sessels entspricht, fixiert werden, wobei hier unter Umständen -der be-
Fig. 129. Vcrstollhare ßückonlehue.
Fig. 128, 129. Die von Dr. med. BrADT angegebene Rückenlehne hat vor anderen
derartigen verstellbaren Geräten den Vorzug voraus, daß sie auch von dem Patienten
selber, während er darauf ruht, in verschiedene Neigujignn gebracht werden kann, sowie
daß dies Verstellen durch die am Geräte angebrachte meehanisebe Vorrichtung ganz
gleichmäßig und langsam, unter gänzlicher Schonung des ruhenden Patienten geschieht.
Für die Verstellung der Lehne durch den Kranken selber kommen diejenigen Geräte zur
Verivendung, an denen der Handgriff der Sclu-aubeuvori-ichtung an der vorderen Kante
augebracht ist (Fig. 129); für Bedienung durch dritte Personen ist der Handgriff seitlich
oder hinten befestigt (Fig. 128). Bcidemalc geschieht das Heben oder Senken der Eücken-
fläche dadurch,- daß mittels einer Schraube ohne Ende und eventuell mittels Uebertragung
durch eine ebensolche Kette die beiderseitigen Fußpunkte der Stützen für die Eücken-
fläche der vorderen Kante des Gerätes angenähert oder von ihr entfernt werden.
09
17*
7*
246 M. JIENDELSOHN.
reits erwähnte und sonst nicht recht zweckmäßige umgekehrt in das Bett Hneiu-
gesetzte Stuhl oder Keihrahmen und andere mechanische Vorrichtungen ganz gute
Dienste leisten können , sondern auch seitlich sind kleine Kissen anzubringen,
welche den aufgerichteten Kranken allseitig unterstützen imd ein
Heruntergleiten nach der einen oder anderen Seite hin verhüten. Und auch dort,
wo die Nahrungsaufnahme nicht selliständig geschieht, wo der Kranke gefüttert
werden muß, ist, wenn es irgend angeht, dieses Verbringen des Kranken in die
sitzende Position durchaus zweckmäßig imd vorteilhaft. TTo ein solches Aufrichten
häufig vorkommt, läßt es sich durch eine einfache Anordnung für den Kranken
sehr erleichtern : indem man eine Schnur um das Fußende des Bettes schlingt und
deren freies Ende ihm zurechtlegt, so daß er es mit den Händen ergreifen kann;
aiu besten, indem hier ein kurzer dicker Stab als Handgriff quer angeknüpft ist oder
die Schnur an ihrem freien Ende eine weite Schlinge bUdet oder ein großer Ring
zur Handhabe dient.
Schwieriger als dieses Aufsitzen im Bette ist nun die Erhebung des einen oder
des anderen Körperteils nach oben oder gar das Aufheben des ganzen Körjiers. Auch
dieses soll, dem hier so häufig schon proklamierten
Grundsatze der Krankenpflege entsprechend, niemals
dem Kranken allein überlassen bleiben ; aber die oft
schwierige Manipulation erfordert doch bei allem
guten AVillen der Pflege mehr als manche andere
Bethätigung der Krankenpflege mcht selten auch
die Mitwirkung des Kranken in einem ziemhch
weitgehenden Maße. Besonders wichtig ist die Auf-
hebung der Beckenpartie, der schwersten Stelle des
ganzen Körpers, welche fast allein das Gewicht der
ganzen Person zu tragen hat und die eben darum
aiich hauptsächlich Sitz des Decubitus wird ; aber
gerade deswegen ist ihre Anhebung besonders
wichtig und zumal für die Defäkation uu Bette
unerläßlich.
Fig. 130. Betthandhabe. Bei einer im übrigen nicht empfehlenswerten, aber
immerhin vielfacli statthabenden Stellung des Krankenbettes mit der einen Längsseite an
der Zimmerwand, können die von Dr. med. Ohrtjiaxx angegebenen, an dieser "Wand
passend angebraeliten Gurte mit unteren Eingen nicht nur zur Aufrichtung und Bewegtmg
des Kranken, der an ihneu einen Halt findet, dienen, sondern sie vermögen auch das
Taschentuch und andere kleine notwendige Gegenstände aufzunehmen, so daß sie dem
Kranken jederzeit ztir Hand sind.
Diese Anhebung der Beckenpartie kann durch das eigene Thrm des Kranken
oder durch dritte Personen oder dureh besondere Geräte erfolgen. Wird niu- eine
ganz kurze Zeit dauernde imd nur flache Erhebung notwendig, so kann der Kranke
diese allein dadurch bewerkstelligen, daß er ,,den Rücken krumm macht"; noch
ausgiebiger wird sie, wenn man einen sogenannten Aufheber über ihm anbringt,
ein in der Gegend seiner Brust von oben her herunterhängendes Seil mit ent-
sprechendem Handgriff, das entweder an der Zimmerdecke mit einem Haken be-
festigt oder an einer galgenartigen Vorrichtung am Kopfende des Bettes angehängt
ist, und welches er erfaßt, um sich an ihm mit den Armen hochzuziehen, indem
gleichzeitig die Füße kräftig gegen die untere Bettwand angestemmt werden. Auf
solche Weise wird der Oberkörper und der Rumpf angehoben und von der Unter-
lage entfernt.
Besser in ihrem Effekte imd weniger anstrengend für den Kranken als di&se
Prozedur, die nur im Notfälle und nur beim Mangel ausreichender pflegender Per-
sonen zugelassen werden darf, ist die Aufhebung des Rumpfes durch dritte Per-
sonen. Hier sind zwei Handgriffe besonders zweckmäßig, je nachdem nur eine oder
aber zwei Personen gleichzeitig zur Verfügung sind, um den Kranken aufzidieben.
Sind zwei Personen gemeinsam thätig, so stellen sie sich in der Höhe des Beckens des
Kranken zu beiden Seiten des Bettes auf, mit dem Gesicht einander zugewandt,
greifen mit den flachen Händen unter das Kreuz und unter die Nates des Kranken.
Die Wirkung auf die Sohmerzfreiheit.
247
mit den Fingerspitzen bis zur Mttellinie des Körpers hin, und heben ihn nun gleich-
mäßig auf den flachen Händen in die Höhe. Eine einzelne Person dagegen hebt
am besten, so gefährUch das auch aussehen mag, den Kranken so, daß sie sich über
ihn weg, in der Höhe seiner Oberschenkel, in das Bett hineinstellt oder aber auf
die beiden Seitenwände des Bettgestelles tritt, das Gesicht dem Kopfende des Bettes
Fig. 131. Fig. 132.
Fig. 131. Bettschnur. Eine in sich geschlossene, starke Schnur, welche einen
für das gleichzeitige Hineingreifen beider Hände genügend großen, mit weichem TJeberzuge
"Versehenen Handgriff trägt., läßt sieh durch drei darüber gestreifte Holzringe so gestalten,
daß zwei periphere Schleifen für die Befestigung an den beiden Bettfiißen des Fußendes
des Bettes entstehen, während der dritte Bing zur Verstellung in jede gewünschte Länge
dient.
Fig. 132. Rückenlehne. Die von Dr. med. OHBTMANIf angegebene Büekeu-
lehne dient gleichzeitig als Bettschnur; ihr mittlerer, vor dem Kranken befindlicher
Riemen wird als Handhabe zum Aufrichten des Oberköi-pers benutzt und läßt sich ebenso
wie das hinter dem Eä'anken befindliche, zur Unterstützung des Rückens dienende Polster-
kissen, kürzer oder länger schnallen.
248
M. MENDELSOHN,
Fig. 133. Krankenhebel-. Der große aus Holz hergestellte Apparat wird von
der einen offenen Seite her an und über das Bett geschoben ; durch zwei danach einzu-
fügende Querbalken wird auch diese vierte Wand geschlossen. Auch liier muß, wie bei
den meisten dieser Kranl^enhebcr, die tragende Fläche jedesmal erst unter den Kranken
gebracht werden. Das Hinaufwinden geschieht gleichzeitig durch zwei Personen am
Kopf- und Fußende.
Fig. 134. Krankenheber. Das von Dr. med. GEOHAM angegebene Bettgestell
läßt sich im Ganzen in jede beliebige Lage bringen, in wagereehte wie in geneigte. Auch
kann innerhalb des Bettgestelles der Kranke zum Zwecke des Wäsche- und Verband-
wechseins im Ganzen angehoben werden und ebenso trägt es besondere Vorrichtungen für
einzelne Bethätigungen, sowie auch für Lesen, Schreiben und ähnliche Thätigkeiten. Die
mechanische Uebertragung ist eine so vortreffliche, daß die Bewegung des belasteten Bettes
mit ganz unbedeutendem Kraftaufwande geschelien kann. So dient es auch als Kranken-
heber.
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
249
zugewandt, und dann sich gegen den Kranken- hin nach vorn überneigt, von beiden
■Seiten her mit den flachen Händen unter den Körper greift und ihn emporhebt.
Ein jedes solches Anheben wie überhaupt das Anheben jedes einzelnen
Xörperteiles muß derart geschehen, daß immer nur die völlig flach gehaltenen
Fig. 135. Krankenheber. Der große von Dr. med. BECK angegebene Kranken-
heber wird über das Bett gerollt; zangenartige Vorrichtungen fassen den Kranken, nach-
dem die Stützen, auf denen er beim Aufhellen aufruht, unter seinen Körper geschoben
worden sind, und werden mit ihm emporgehoben. Nachteile des Gerätes sind seine
außerordentliche Größe und Schwere, durcli die der Kranke erschreckt wird, sowie die
Notwendigkeit, bei jedem Aufheben die tragenden Unterlagen immer wieder unter dem
JKranken zu bringen.
Fig. 136. Der von Dr med. GrOTJAHN angegebene „Bettspanner" läßt sich im
iJ^otfalle auch als Krankenheber verwenden. Zu diesem Zwecke werden die beiden seit-
lichen Holzstäbe, welche die Spannvorrichtung halten, ausgehakt und mittels dieser Stäbe
■das dazwischen gespannte Tuch, und auf ihm der Kranke, emporgehoben.
103
250
M. MENDELSOHN,
Hände unter die betreffende KörpersteUe heruntergeschoben werden, so daß der
Körper frei auf der flachgehaltenen Hand aufliegt, daß niemals jedoch etwa eine Ex-
tremität von oben her gefaßt und ergriffen und, wie es dann nicht anders sein kann,
unter Zusammendrücken und Schließen der Finger aufgehoben wird. Niemals darf
von oben her gefaßt, immer muß die flache Hand unter den betroffenden Körperteil
geschoben werden. Auch wird man stets und ausnahmslos beide Hände und nicht
nur eine zum Aufheben verwenden ; an den Extremitäten so, daß die eine unter die
Jlitte, die andere unter das periphere Ende der Extremität geschoben wird. Eine
zweite wichtige Eegel ist sodann, die besonders für den Decubitus Geltung hat, eine
jede Wunde oder eine irgendwie verletzte Stelle absolut zu schonen, also niemals
an oder unter einer solchen direkt eine Aufhebung zu bewerkstelligen, sondern immer
nur in deren Nachbarschaft.
Fig. 137. Krankenheber. Der von Dr. med. MENDELSOHN angegebene Kj'anken-
liebeapparat ist in dieser Form mit dem metallenen Bettgestell untrennbar verbunden. Der
Kranke ruht dauernd auf einem Metallrahmen von der ganzen Größe des Bettbodens auf,
welcher mit breiten Leinvvandbändern der Quere nach überspannt ist; dieser Rahmen läßt
sich in jeder Höhe durch einfache Kurbeldrehung aufheben und fixieren. Zur Bedienung
genügt eine einzelne Person. Die Leinwandstreifen sind beiderseits abknöpfbar, so, daß
jede Stelle der unteren Körperobeiiläohe frei gemacht und der Besichtigung und Ein-
wirkung zugänglich gemacht werden kann.
Wo es die besondere Unbeholfenheit und das große Körpergewicht des Patienten
oder die gerade vorhegende Affektion oder der Mangel an geeigneten Hilfskräften
nötig macht, ist zur Aufhebung des Kranken, und zwar des ganzen Körpers, eine
eigene Vorrichtung durch besondere Geräte erforderlich. Diese sogenannten Kranken-
heber sind gleichfalls in vielfachen Konstruktionen vorhanden; sie haben gewöhn-
lich den Nachteil, daß ihre Herstellungskosten außerordentlich hoch sich belaufen
und daß sie, wo sie in ausreichender Größe und Stabilität gefertigt sind, durch die
Umständlichkeit ihres Transportes, durch ihre Unbequemlichkeit und mehr noch
durch ihren kolossalen Gesamteindruck, wenn sie über den Kranken hinweggestellt
werden, diesem unheimlich und schreckhaft sind, so daß ihre Verwendung erklär-
licherweise bisher nicht die an sich wünschenswerte Verbreitung gefunden hat. Das
größte Modell dieser Geräte ist so eingerichtet, daß ein halbes Dutzend großer ge-
104
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
251
polsterter Zangen, deren Branchen von beiden Seiten her um und unter den Kranken
greifen, heim Anheben nach Art der an Lastkrahnen befindhchen Greitvorrichtungen
sich schheßen und den Körper von oben her umfassen und festhalten, während sie
durch Kurbeldrehungen empor-
gehoben werden. Zweckmäßiger
vielleicht erscheint eine von mir
angegebene Vorrichtung , welche
den Hebeapparat für den Kranken
nicht zu einem besonderen Gerät
gestaltet, sondern ihn am Kranken-
bette selber anbringt: die vier
Füße des Bettes sind nach oben-
hin entsprechend verlängert; von
hier aus hängt in Gurten ein der
ganzen Circumferenz des Bettes
angepaßter Eahmen aus Eisenrohr,
über welchen quer hinweg vom
Kopfende bis zum Fußende hin
handbreite Streifen ganz dünnen
aber festen Stoffes gespannt sind,
die sich, ein jeder für sich, auf
beiden Seiten des Rahmens von
diesem abknöpfen lassen. Der
Rahmen liegt für gewöhnlich un-
mittelbar der Matratze und dem
Bettlaken auf, so daß der Kranke
dauernd auf diesen dünnen Stoff-
streifen, die gewissermaßen ein
zweites Betttuch bilden, ruht.
Wird durch Drehen einer Kurbel
der ganze Rahmen und mit ihm
der Kranke emporgehoben, so
kann man einen jeden einzelnen
der erwähnten Stoffstreifen ab-
knöpfen imd so die entsprechende
Körperstelle an ihrer unteren
Fläche freilegen; sei es nun zum
Fig. 138. Kranken heb er. Um den von Dr. med. MEXDELSOHN angegebeneu
Krankenheber auch an jedem beliebigen Bette verwenden zu können, sind die beiden dem
Fußende und dem Kopfende des in Fig. 137 dargestellten Krankenhebers entsprechenden
Abschnitte für sich hergestellt und lassen sich an jedem Bette durch Schrauben am
Kopf- und Fußende fixieren. So braucht dieses das eigentliche Heben bewerkstelligende
Gerüst nur in diesem einen Exemplar für einen Krankensaal vorhanden zu sein, während
der Bettrahmen, auf welchem der Kranke dauernd aufliegt und welcher den Vorzug der
ganzen Einrichtung darstellt, weil die tragende Fläche eben hier nicht jedesmal erst unter
dem Kranken gebracht zu werden braucht, allerdings in ebenso vielen Exemplaren in den
einzelnen Betten vorhanden sein muß, als ein Aufheben von Kranken erforderlich wird.
Zwecke der Defäkation oder der Verhütung des Decubitus oder des Verbandwechsels
an welcher Stelle des Körpers oder Extremitäten auch immer. Neuerdings habe
ich*) das Gerät unabhängig von der einzelnen Bettstatt, zur beliebigen Verwendung
an jedem Bettgestelle , herstellen lassen ; auf der tragenden Unterlage liegt der
Kranke dauernd auf, die Hebevorrichtung wird nach Bedarf am Bette durch ein-
fache Schraubenvorrichtungen befestigt oder von ihm entfernt. Aber so zweckmäßig
auch diese Krankenheber wirken und welche oft unersetzlichen Dienste sie auch
leisten, wo sie sich verwenden lassen, — ihre Benutzung in der Krankenpflege ist
noch keineswegs eine ausgedehnte.
*) Martin Mendelsohn, Demonstration eines Krankenhebers. Verhandlungen
des Kongresses für innere Medizin, XVI. Kongreß, pag. 552. Wiesbaden 1898.
105
252
M. MENDELSOHN,
Außer dieser Locomotion des Kranken innerhalb seines Bettes
sind in der Krankenpflege die beiden anderen möglichen Formen: der Transport
des Kranken mitsamt seinem Bette, sowie die Fortbewegung des
Kranken aus dem Bette heraus oder nach dem Bette zurück, von nicht
minderer Bedeutung, sowohl an sich als insbesondere auch in Hinsicht ihrer Rück-
wirkung auf eine mehr oder minder vollständige Schmerzfreiheit. Sie finden ihre
Besprechung bei denjenigen Maßnahmen, welche geeignet sind, Rückwirkungen auf
die Herzaktion auszuüben.
Fig. 139. Krankenwage. Eine Wiegevorrichtung , welche Prof. Dr. med.
V. JACKSCH konstruiert bat, ermöglicM in einfacher Weise die Aufhebung eines ganzen
Bettgestelles mit dem Kranken und sonstigem Inhalt in schonendster und selbst bei
schmerzhaften Affektionen durchaus schmerzfreier "Weise ; die Feststellung dieses Gesamt-
gewichtes geschieht mit Hilfe von Laufgewichten.
Die Aufnahme eines schmerzhaften Reizes seitens der sensiblen
Nervenendigungen hängt hinsichtlich der Intensität des Endeffektes,
der Schmerzperception , auch von der Irritabilität dieser
Nervenendigungen ab. Auf der Beeinflussung dieser Irritabilität,
auf der Herabsetzung der Erregbarkeit der peripheren
Nervenendigungen beruht ja die Wirkung der medikamentösen
lokalen Anästhetica, in erster Linie des Cocains, welche auf die
Schmerzempfindung auch nur partiell, damit aber für einen völligen
Effekt gänzlich ausreichend wirken.
Ebenso steht auch der Hypurgie eine Anzahl von Heilmitteln zur
Verfügung, welche im gleichen Sinne wirken : die materiellen Geräte,
welche lokale Kälte zu applizieren imstande sind und gleichfalls durch
diese Kälteeinwirkung die Reizbarkeit der Nerven-
endigungen herabzusetzen vermögen. Gleichermaßen wirkt
auch Wärme, und zwar ebenso trockene Hitze als auch feuchte
Wärme, lokal auf die Körperoberfläche appliziert, als Anästheticum ;
und dieser anscheinende Widerspruch, daß zwei so gänzlich einander
io6
Die Wirkung auf die Schmerzfreiheit.
253
entgegengesetzte Einwirkungen wie die Wärmeentziehung und die
Wärmezufuhr dennoch denselben physiologischen Effekt ausüben, er-
klärt sich dadurch, daß zunächst die Kälteeinwirkung eine Kon-
traktion der A r t e r i e n w a n d u n g e n der entsprechenden
Körperpartie auf reflektorischem Wege erzeugt, wodurch die Blutzufuhr
dahin und somit der Druck des umgebenden Gewebes auf die Nerven-
endigungen geringer wird, wäh-
rend die Wärme die Kapil-
laren des Kollateralkreis-
1 a u f e s erweitert und so
gleichermaßen für eine Vermin-
derung der Flüssigkeitszufuhr
thätig ist. Diese Seite der Kälte-
einwirkung ist daher mehr unter
die bereits besprochene anästhe-
tische Einwirkung: unter die
Entfernung der äußeren schmerz-
haften Reize zu rechnen: außer
ihr hat die Kälte aber noch einen
direkten und sehr ausgesproche-
nen Einfluß unmittelbarer Art
auf die Nervenendigungen selber,
welche in ihrer Reizbarkeit da-
durch erheblich herabgesetzt wer-
den. Und so wirken die Kälte-
applizierenden Heilmittel der
Krankenpflege auch direkt auf
diese zweite Teilaktion, auf die
Herabsetzung der Irritabilität der
Nervenendigungen selber , als
thatsächliche lokale Anästhetica,
als schmerzstillende Heilmittel.
Fig. 140. Kranken wage. Die in Form eines Lelinstubles gestaltete, mit Fuß-
brett versehene und auf EoUen laufende, von Dr. med. FIEDLER angegebene Krankenwage
ermöglicht bei Kranken, deren Zustand gestattet, sie in einen solchen Stuhl zu setzen, ein
sehr schnelles Feststellen des Köi-pergewichts mit Hilfe von Laufgewichten, welche hinter
der Rückenlehne augebracht sind. Die Geräte lassen den Vorgang des Wiegens mit größt-
möglicher Schonung für den Krauken geschehen, insbesondere auch durch die Schnellig-
keit und die Kürze der Zeitdauer, welche sie nur beanspruchen.
Es sind das alle die materielleii Heilmittel, alle jeneKühlapparate und sonstigen
Vorriolitungen, deren wesentliches Merkmal ist, daß sie einen Hohlraum haben,
welcher mit der wärmeentziehenden Substanz angefüllt wird und seine niedere
Temperatur auf die Umgebung zu übertragen vermag ; ob sie nun aus Gummi be-
stehen, wodurch sie den Vorzug größtmöglicher Anschmiegbarkeit an die gegebene
Körperoberfläche mit gleichzeitiger Wasserundurchlässigkeit haben, oder aus JVIetall
gefertigt sind und so möglichst gute Wärmeleiter darstellen. Die Füllung braucht
nicht immer aus dem am stärksten wärmeentziehenden Material: aus Eis, zu be-
stehen ; häufig ist eine milde und protrahierte Wärmeentziehung mehr angebracht,
wie sie dann durch kühles Wasser, das verschieden temperiert sein kann, geschehen
mag und, was die Einwirkung dieser Heilmittel zu einer besonders exakt regulier-
baren macht, bis auf die feinsten Differenzen der Temperatur genau eingestellt zu
werden vermag. Andererseits gehören die hydropathischen Umschläge, die Bett-
wärmevorrichtungen und die sonstigen Geräte derart hierher.
Diese Mittel sind, da sie neben der schmerzstillenden Wirkung vielfache andere
Effekte hervorzubringen vermögen , ihrem Wesen und ihrer Anwendung nach an
10/
254 M. MENDELSOHN,
anderen Stellen dieses Buches besprochen, insbesondere gelegenthch der Darstellung-
der wärmeentziehenden und auf das Herz Einfluß nehmenden Einwirkung der Heil-
mittel der Krankenpflege.
Aber auch auf die mehr centralwärts sich abspielenden Teilaktionen
der Schmerzempfindung vermag, so sehr sie auch solcher Einwirkung
fern zu liegen scheinen, die Krankenpflege einen anästhesierenden
Einfluß auszuüben. Es ist eine bekannte Thatsache, daß die sen-
sorischen Reize, welche für gewöhnlich Schmerzem-
pfindungerzeugen, auch auf m otorische Bahnen abge-
lenkt werden können; so pflegen kämpfende Soldaten in der An-
strengung der Schlacht den Schmerz ihrer Wunden nicht zu spüren:
und das „Zusammenbeißen der Zähne" bei starker Schmerzempfindung
hat den gleichen Zweck und den gleichen Effekt. Schließlich ist auch das
Schreien beim Schmerz nichts anderes, als eine derartige Ablenkung.
Auch ist es allgemein üblich, daß man Frauen während der Ent-
bindung Handgriffe am Fußende ihres Bettes anbringt, an welchen sie
mit möglichster Anspannung während des Auftretens der "Wehen ziehen
sollen, um die Schmerzempfindung zu verringern, die auch hier nach
motorischen Bahnen abgelenkt wird. Eine solche Maßnahme der Kranken-
pflege, die natürlich auch durch andere ähnliche ersetzt werden könnte,
gehört ebenfalls in gewissem Sinne zu den hier in Rede stehenden
Heileinwirkungen, und wirkt ausgesprochenermaßen therapeutisch mit
zur Erzielung emer Herabsetzung der Schmerzempfindung.
So zeigt sich also auch bei den Anästheticis, daß der gewollte
Endeffekt: die Linderung oder die Beseitigung der Schmerzempfindung
ebenfalls ausreichend erzielt werden kann, wenn auch nur an einer
der vier Teilaktionen, aus denen die Gesamtfunktion der Schmerz-
empfindung sich zusammensetzt, eine partielle anästhesierende Ein-
wirkung stattfindet. Auch die medikamentösen Anästhetica wirken
nur auf eine oder auf einzelne dieser Teilaktionen ein; und gerade
ebenso vermögen dies, wenn auch vornehmlich auf andere der Teil-
aktionen aber dabei mit demselbeh Gesamteffekt, die Heilmittel der
Krankenpflege. Wo und wann der Therapeut die einen oder die
anderen dieser gleichberechtigten Heilmittel zur Verwendung zu bringen
oder sie mit einander zu kombinieren hat, hängt natürlich von den
individuellen gerade vorliegenden Verhältnissen ab ; spielt doch hier
die persönliche, individuelle Irritabilität die allergrößte Rolle. Aber
es ist vielleicht auch an dieser Stelle gestattet, an jene Prinzessin aus
dem Märchen zu erinnern, welche vor Schmerzen nicht schlafen konnte,
weil eine Erbse unter ihren vielfach übereinander geschichteten Ma-
tratzen lag. Die besonders hochgespannte Irritabilität ihrer Nerven-
endigungen ließ sie diesen für die große Mehrzahl aller anderen, weniger
fein organisierten Individuen gar nicht fühlbaren Druck sogar schon
als Schmerz empfinden ; hätte sie gegen diesen Schmerz einen Arzt
konsultiert, so würde er ihr, wenn er nichts als nur Pharmacoiater wäre,
Chloralhydrat verabfolgt oder den Rücken mit Cocain gepinselt haben,
wenn er dagegen auch die Hilfsmittel der Krankenpflege beherrschte,
so hätte sich bei einer so ,, irritablen Persönlichkeit" seine Sorgfalt
sogar trotz der vielfachen Lage von Matratzen bis auf den Bettbodeu
erstreckt; und er hätte hier mit der Entfernung der Störung den
gleichen Endeffekt erzielt, wie ihn ein anderer nur mit medikamentösen
Heilmitteln zu erreichen anstrebt: die Schmerzlosigkeit, die Anästhesie.
io8
Die Wirkung auf den Schlaf. 255
KAPITEL V.
Die Wirkung auf den Schlaf.
Das Vermögeu der Krankenpflegemitte], auf das Zustandekommen
des Schlafes Einfluß zu nehmen, ist ein überaus großes und umfassen-
des. Sie sind in diesem Betracht geradezu souveräne Heilmittel, Heil-
mittel von um so größerer Bedeutung, als sie einmal keine schäd-
lichen Nebenwirkungen haben, zweitens keine Gewöhnung
an sie eintritt, so daß sie ihre Wirksamkeit dauernd behalten, und
drittens derjenige Schlaf, den sie hervorbringen, ein dem natür-
lichen Schlafe durchaus gleicher ist, was bei den medi-
kamentösen Narcoticis bekanntlich durchaus nicht der Fall ist.
Die Erzeugung eines ausreichenden Schlafes , und zwar, wenn
irgend ausführbar, eines solchen, welcher eben dem natürlichen Schlafe
möglichst nahe kommt, ist eine der häufigsten und wichtigsten Auf-
gaben der Therapie. Nun kommt der natürliche Schlaf, in der Kranken-
pflege also der mit Hilfe der narkotisch wirksamen Heilmittel der
Hypurgie gewollte und erstrebte therapeutische Effekt, durch ein funk-
tionelles Ausruhen der Gehirnzellen zustande, durch ein Herabgehen
in ihrem Funktionieren ; eine Funktionsherabsetzung, welche stets mit
einem gewissen Zustande von Anämie verbunden ist, und die zum
Teil von dieser Anämie abhängt, zum Teil durch direkt wirkende Sub-
stanzen hervorgerufen wird, welche Produkte der allgemeinen Gewebs-
abnutzung während des Lebensprozesses und des Stoffwechsels sind und
die sich in den Zellen des Gehirns und in deren Umgebung anhäufen.
So setzt sich die Gesamtfunktion des Schlafes zunächst zusammen:
einmal aus dem einfachen Herab gehen des Funktionierens
der Gehirnzellen; und zweitens aus der diese begleitenden oder
gar sie veranlassenden relativen Anämie des Gehirnes.
Die Krankenpflege jedoch fügt der Gesamtfunktion noch eine
weitere Teilaktion hinzu. Will man sich ausnahmslos aller Hilfsmittel
bedienen, welche die Funktion des Schlafes herbeizuführen imstande
sind, so setzt sie sich nicht nur aus diesen beiden Teilaktionen zu-
sammen, sondern zudem noch aus einer dritten: der möglichsten
Fernhaltung aller Reize, welche die Gehirnzellen treffen
können. Diese befinden sich hier zwar bereits in einem aus den
beiden anderen Momenten her resultierenden geringeren und herab-
gesetzten Funktionszustande; aber trotz dieser Herabsetzung können
sie, wenn sie übermäßige Reize von außen her empfangen, eben wegen
dieser zu starken Reizung nicht bis zu demjenigen Ruhezustande ge-
langen, welchen der Schlaf darstellt. Denn beim natürlichen Schlaf
wird durch die Erraüdungsprodukte, welche im Blute kreisen, nur die
funktionelle Thätigkeit der Gehirnzellen herabgesetzt, nicht aber werden
■die Nervenbahnen, durch welche diese mit der Körperobertiäche ver-
bunden sind, gleichermaßen mit beeinflußt; so daß hier also nur eine
■einfache Verminderung in der Thätigkeit, in der Funktionsausübung
dieser Zellen da ist, ein Ruhestand, weiter nichts ; ein Ruhezustand, der
aber bei derjenigen Besonderheit des Funktionierens, welche gerade
109
256 M. MENDELSOHN,
das Gehirn vor allen anderen Organen auszeichnet, eben von einem
gewissen Grade seines Bestehens an mit Bewußtlosigkeit, mit Schlaf,
einhergeht. Im übrigen bleiben gewisse andere Funktionen des Nerven-
systems während des Schlafes in Thätigkeit, so daß bei einer An-
wendung äußerer Reize Reflexbewegungen auftreten; und auch die
psychische Sphäre vermag teilweise in Funktion zu bleiben, wo dann
diese Thätigkeit in den Träumen ihren Ausdruck finden kann, welche
ebenfalls durch äußere Reize hervorgerufen und unterhalten werden
und auf deren Zustandekommen oder Fernbleiben die Krankenpflege
nicht unwesentlichen Einfluß nehmen kann.
So setzt sich also der gewollte Endeffekt, die therapeutisch herbei-
zuführende Gesamtfunktion: der Eintritt und die Unterhaltung des
Schlafes , aus drei Teilaktionen zusammen : einmal aus der direkten
Herabsetzung der funktionellen Thätigkeit der Nervenzellen durch die
Ermüdungsprodukte; sodann aus der diese Herabsetzung der Thätig-
keit wesentlich unterstützenden und bei plötzlichem Eintritt sogar
im vollsten Wachen zur Bewußtlosigkeit und zur Ohnmacht führenden
Anämie des Gehirnes ; und drittens aus dem Fernhalten aller Reize
auf diese, durch die beiden anderen Teilaktionen in ihrer Thätigkeit
zwar bereits herabgesetzten Zellen, die aber sonst trotzdem, wenn der
abzuhaltende äußere Reiz nur stark genug auf sie einwirkt, über das
für den Eintritt von Schlaf notwendige und erforderliche Maß von Un-
thätigkeit durch ihn herausgehoben werden würden.
Ueberblickt man, welche Heilmittel hier die medikamentöse und
auch die andersartige Therapie anzuwenden pflegt, um die Gesamt-
funktion des Schlafes partiell zu beeinflussen, so zeigt sich, daß auch
hier im wesentlichen nur die beiden ersten Teilaktionen zu berück-
sichtigen und auf sie einzuwirken unternommen wird, ob man nun
Bromkalium verabfolgt, welches ebenso wie die Milchsäure, also
eines der natürlichen und normalen Produkte der Gewebsabnutzung,
die Gehirnzellen wesentlich in ihrer Funktion lähmt; oder ob man
Chloralhydrat giebt, welches zudem außer seiner direkten Einwirkung
auf das Gehirn Gefäßerweiterung hervorruft und damit einen Teil
des Blutes aus dem Gehirn entführt, weshalb es ja auch gerade
bei der Schlaflosigkeit der Kranken mit Morbus Brightii nicht ohne
Nutzen verwendet wird , bei denen die erhöhte Spannung im Blutge-
fäßsystem durch diesen Arzneikörper eine Herabsetzung erfährt. Läßt
man aber die dritte Teilaktion, die Fernhaltung erregender Reize,,
gänzlich unbeeinflußt, so muß es natürlich vielfach nötig werden, die
beiden anderen Momente der Gesamtfunktion mehr als für sie erforder-
lich in übertriebenem Maße zu beeinflussen, um die mangelnde Regelung
der dritten Teilaktion auszugleichen. Und gerade die Regelung dieser
dritten Teilaktion ist es, welche im wesentlichen den Heilmitteln der
Krankenpflege obliegt und in denen sie das Wirksamste leisten.
Indes vermögen die Krankenpflegeheilmittel unter den drei Teil-
aktionen, welche sämtlich zum Zustandekommen des Effekts des Schlafes
nötig sind, nicht nur vornehmlich diese dritte, die Fernhaltung er-
regender Reize, zu regeln und zu beeinflussen, sondern auch die beiden
anderen Momente erfahren durch sie eine Einwirkung, welche häufig
sogar eine ausreichende ist, um eine medikamentöse oder andersartige
Therapie entbehrlich zu machen oder doch wesentlich einzuschränken.
Eine therapeutische Einwirkung auf das Herab gehen des
Funktionier ens der Gehirnzellen ist in der Hypurgie zu-
Die Wirkung auf den Schlaf.
257
nächst in einer gleichsam prophylaktischen Art der Beeinflussung
möglich: indem entweder für die Schaffung der natürlichen
E r m ü d u n g s p r 0 d u k t e , welche aus der Gewebsabnutzung entstehen,
in ausreichender Weise durch die Verwendung der somatischen Heil-
mittel gesorgt wird ; oder aber indem gewissermaßen durch eine Hygiene
geistiger Art unter weitestgehender Anwendung der psychischen Heil-
mittel der Krankenpflege die Erregbarkeit der Gehirnzellen
auf einem möglichst geringen Niveau erhalten wird.
Zu den Krankenpflegeheilmitteln, welche in solchem Sinne eine narko-
tische Einwirkung auszuüben vermögen, würden also alle die soma-
tischen Einwirkungen aktiver Art gehören, die Eegelung der körper-
lichen Bewegungen in der Zeit, welche dem Schlafe mehr oder minder
unmittelbar vorangeht, und die erfahrungsgemäß auch rein empirisch
als von Bedeutung für das Zustandekommen des Schlafes erkannt sind.
Diese Begelung ist
nun eine durchaus in-
dividuelle und genau zu
dosierende , und kann
von der einfachen Re-
gelung der Körper-
bewegung im Zimmer
und im Freien bis zu
gymnastischen Maß-
nahmen sich erstrecken ;
und ebenso auch die
mit ähnlichen physio-
logischen Effekten ein-
hergehende passive Ein-
wirkung der Massage
umfassen , welche die
Zersetzungsprodukteder
Fig. 141. M assierrollen. Die an Handgriffen befestigten und drehbar-beweg-
lichen Rollen sind mit Längs- und Quereinkerbungen versehen, welche au den einzelnen
Exemplaren mehr oder minder scharfe oder auch glatte Flächen aussparen ; dementsprechend
ist die Massageeinwirkung eine mehr oder minder intensive.
Gewebe in erhöhtem Maße den Gehirnzellen zuzuführen vermag und damit ebenso,
als wäre beispielsweise Müchsäure auf medikamentösem Wege einverleibt worden,
narkotische Einwirkungen ausübt. Für das Maß dieser Körperbewegung, für den
in jedem einzelnen Krankheitsfalle und bei jedem indivi-
duellen Zustande von Schlaflosigkeit erforderlichen und
Fig. 142. Massierkugeln. Auf einer bandförmigen, biegsamen Drahtunterlage
sind eine Anzahl gleich großer Kugeln angebracht; das Gerät kann zur Massage des
Rückens von dem Kranken selber benutzt werden.
Fig. 143. Massiergerät. Das in Form einer Kopfbürste gestaltete Gerät trägt
aus Gummi gefertigte kurze Stäbe, mit welchen die Massiereinwirkungen vorgenommen
werden.
258 M. MENDELSOHN,
angemessenen Wechsel von Euhe und Bewegung quantitative Vorschriften
und Regeki zu geben, ist in dieser allgemeinen Darstellung der Krankenpflege hier
nicht möglich; es hängt das allzu sehr von der therapeutisch zu beeinflussenden
Persönlichkeit und ihrer gerade vorliegenden Affektion ab. Die Einwirkungen und
Maßnahmen aber der Massage und der Heilgymnastik sind zu eigenen thera-
peutischen Methoden ausgebildet, welche ihre besonderen Heilvorschriften haben; nur
wegen des Hinweises auf sie sind an dieser Stelle einige wenige, kleine Abbildungen
aus dem Heilmittelschatze der Massage wiedergegeben.
Aber auch die ps5"chischen Heilmittel der Krankenpflege stellen
nicht minder wirksame und für sich allein schon zur Herbeiführung
einer Herabsetzung der Erregbarkeit der Gehirnzellen
gänzlich ausreichende Narcotica dar. Der physiologische Zusammenhang
zwischen Ursache und Wirkung ist allerdings, wie das in der kom-
plizierten und einer exakten Feststellung äußerst schwer zugänglichen
Natur dieser Funktion seinen Grund hat, noch wenig bekannt; aber
zweifellos bestehen die weitestgehenden Verschiedenheiten
in der Erregbarkeit derjenigen Zellen, welche den Sitz
der psj'chischen Funktion des Menschen bilden und deren
herabgesetztes oder zeitweise ganz eingestelltes Funktionieren für ihn
den Schlafzustand darstellt. Und diese Verschiedenheit der Erregbarkeit
ist nicht nur eine individuelle, die bei einer jeden Persönlichkeit eine
andere ist, und deren Gesamtausdruck wir in der Bezeichnung „Tem-
perament" zusammenzufassen pflegen ; auch bei jedem einzelnen
Menschen finden innerhalb des Ablaufes seines Lebens die allergrößten
Unterschiede in der Erregbarkeit dieser psychischen Gentren statt,
Unterschiede, die wiederum unter dem Begrifl:' der „Stimmung" zu-
sammengefaßt zu Averden pflegen. Während diese individuellen Ver-
schiedenheiten, wie sie im Temperament ihren Ausdruck finden, zum
größten Teile angeboren sind und eben eine persönliche Funktion der
Materie bei den betreffenden Individuen darstellen, zum nicht uner-
heblichen .Teile jedoch auch durch die sämtlichen während der zurück-
gelegten Dauer des Lebens entstandenen äußeren Einflüsse insbesondere
der Erziehung eine entsprechende Beeinflussung erfahren haben, wird
im Gegensatze hierzu die Erregbarkeit, wie sie in der so-
genannten Stimmung ihren Ausdruck findet, durch un-
mittelbare, dem jeweiligen Zustande zeitlich kurz vor-
hergehende Reize und Eindrücke hervorgerufen. Gerade
die echten Narcotica. das Opium, der indische Hanf, der Alkohol,
wirken ja so, daß sie zunächst ein excitierendes Stadium haben, daß
sie eben die Hemmungscentren im Gehirn außer Thätigkeit setzen,
in welchen die andauernde Schulung durch Uebung und durch äußere
Anleitung die Fähigkeit einer Niederhaltung der Eindrücke von außen
her, die psychische Funktion der Selbstbeherrschung, entwickelt hat.
Die vorübergehenden zufälligen Einwii'kungen auf die Gehirnzellen nun
sind derart, daß sie „nachklingen" ; äußere Reize psychischer Art, welche
in diesen Zellen eine deprimierende Empfindung hervorrufen, wirken
hier durch Stunden und Tage lang noch fort, beeinflussen nach dieser
Richtung hin die Stimmung, machen für diese ganze Zeit das Indi-
viduum „verstimmt" ; und ebenso wirken auch psychische Reize,
welche erregender Art sind, fort, ebenfalls je nach der Natur
der so verschiedenartig möglichen Einwirkung und je nach der Indi-
vidualität der betreffenden Personen verschiedenartig lange Zeit hin-
durch. Der Effekt eines jeden derartigen Reizes ist eben hier ein
lange währender und nachhaltiger.
Die Wirkung auf den Schlaf. 259
Ist dem aber so, ist das Verhalten der psj'chischen Centren ein
so sehr der Nachwirkung unterworfenes, so ergiebt sich hieraus, daß
eine Regelung der psychischen Reize, welche einen Kranken
treffen können, wenn sie nach der Richtung hin geschieht, daß die
Gehirnzellen über einen mittleren Erregungszustand
nicht hinausgelan gen, direkt für die Entstehung des Schlafes
günstig mitwirken muß ; daß die systematische Fernhaltung aufregender
Eindrücke zu den direkten Narcoticis zu zählen ist. Es gehören zu
diesen also alle die psychischen Heilmittel der Krankenpflege, welche
direkte äußere Erregungen fern zu halten vermögen, somit in erster
Linie die allgemeine Behandlung des Kranken, der Umgang mit
dem Kranken von selten seiner Umgebung; sodann aber
auch die eigene Bethätigung des Kranken, der gerade in
den Stunden, welche der für den Schlaf bestimmten Zeit vorangehen,
hinsichtlich seiner Lektüre und seiner sonstigen Beschäftigung von
allem, was ihn erregen kann, frei bleiben muß ; und drittens wirken
zu solchem narkotischen Effekt mit alle diejenigen Zerstreuungen
und der ganze I{;omfort des Kranken, welcher ihn ab-
lenkt und verhindert, daß aus dem Nachdenken über seinen Zustand
und der geistigen Konzentration auf einen möglichen schlimmen Aus-
gang Erregungszustände seiner Gehirnzellen entstehen, welche von den
anderen , an sich in ausreichendem Maße vor sich gehenden Teil-
aktionen, die zum Zustandekommen eines Schlafes nötig sind, nicht
mehr überwunden werden können. Es sind also auch für die erste
Teilaktion im Zustandekommen des Schlafs, für das Herabgehen des
Funktionierens der Gehirnzellen , Heilmittel der Krankenpflege zur
Genüge vorhanden.
Alle psychischen Einwirkungen auf einen Kranken,'
und damit auf den Krankheitsprozeß, können aus drei wesentlich von
einander differenten Richtungen her erfolgen : aus seiner gesamten
gegenständlichen, unpersönlichen Umgebung her; aus seiner eigenen,
aktiven, körperlichen und psychischen Bethätigung; und aus der un-
mittelbaren, passiven Einwirkung durch dritte Personen, mit denen
ihn die Krankenpflege und die Familie dauernd umgiebt und welche
Besuche und anclere Zufälligkeiten gelegentlich in seine Nähe bringen.
Die therapeutische Anwendung, die Regelung der psychischen Faktoren
der Hypurgie hat daher nach diesen drei Gesichtspunkten zu erfolgen.
Die ersten unter diesen betreffen die psychisch-hygienisclien Heilmittel der
Krankenpflege, im wesentUclien materielle Objekte, die jedooli wegen der psychischen
Eiickwirkung, die sie auf den Kranken ausüben, hier von oft erheblichster Be-
deutung werden ; es sind in der Hauptsache alle diejenigen Momente, aus denen sich
■der Komfort des Krankenzimmers*) zusammensetzt, die freundliche und die
Psyche anregende Einrichtung des Krankenzimmers, die vorteilhafte und zweck-
mäßige Gestaltung der ganzen gegenständlichen Umgebung des
Kranken. Mit diesen psychischen Heilfaktoren, mit der aagemessenen und behag-
lichen Einrichtung der gesamten äußeren Umgebung des Kranken, Dingen, in denen
immer noch sehr viel versäumt und sehr viel unterlassen wird, könnte die ärztliche
Thätigkeit noch viele und wichtige Erfolge sich zu nutze machen.
Ganz abgesehen von den rein hygienischen Gesichtspunkten, von den sozusagen
physikalisch zweckmäßigen Maßnahmen, die an anderer Stelle erörtert sind und die
ebenso wie für den gesunden so in noch höherem Maße für den kranken Organismus
*) Martin Mendelsohn, Der Komfort des Kranken. Zweite Auflage. Berlin
1S92.
Handbuch der spec. Therapie inn, Krankh. Supp]. I. Hef 3. IQ
Mendelsohn. Krankenpflege. II -3 ö
260 M. MENDELSOHN,
eine Bedeutung in physischer Hinsicht haben, muß auch, wo irgend eine Auswahl
des Krankenraumes möglich oder eine wenn auch noch so bescheidene Umge-
staltung und Zurichtung des zur Verfügung stehenden Wohnraumes ausführbar ist,
die Einrichtung des Kranli:enzimmers unter dem Gesichtspunkte geschehen,
diesen für oft lange Zeit einzigen Aufenthaltsort des Kranken ihm so behaglich
wie möglich zu gestalten, ihm so viel Komfort als nur denkbar zu schaffen.
Wird doch in selbst bescheidenen Haushalten eine Blume, eine Topfpflanze immer und
überall so aufgestellt, daß sie innerhalb der nun einmal gegebenen Wohnräume den für
sie vorteilhaften Platz erhält; und ebenso und in noch viel höherem Maße muß es zur
selbstverständlichen Gepflogenheit werden, einem Kranken innerhalb seiner Wohnung
den allerbesten Baum anzuweisen. Auch abgesehen von dem Luftraum und von
ähnhchen rein hygienischen Vorteilen ist zum Aufenthalt für den Kranken ein ge-
räumiges und helles, ein freundliches Zimmer zu wählen; wie die Wohnungs-
verhältnisse heutzutage nun einmal liegen, wird in der Mehrzahl der Fälle der soge-
nannte Salon am ehesten diesen Anforderungen entsprechen, der auch unbedenklich
dann zum Krankenzimmer gewählt werden mag. Wo es die äußeren Umstände
irgendwie gestatten, sollten zwei aneinanderstoßende Zimmer für den Kranken zur
Verfügung gestellt werden ; es kann dann, zumal wenn eines davon nach Norden, das
andere nach Süden hegt, für die Nacht sowohl wie für den Tag je ein besonderer Baum
von dem Kjanken benutzt werden; eine Einrichtung, die ihm nicht nur erspart, der
nötigen Säuberung und Beinigung des Zimmers mit allen ihren Nachteilen täglich
selber beizuwohnen, sondern die auch vor allem der Gepflogenheit aus gesunden
Tagen, gesonderte Wohn- und Schlafräume zu benutzen, entspricht.
Auch die Zimmereinrichtung, die Gestaltung des gesamten Kranken-
raumes, muß so freundlich und behaglich wie möglich gewählt werden, da bekannt-
hch die äußeren Dinge der Umgebung von dem allergrößten Einfloß auf die
Stimmung zumal eines Kranken sind. So müssen aus diesen Gesichtspunkten sogar
die Farben, welche an den Wänden und in der Zimmereinrichtung vorherrschen,
Beachtung erfordern, da düstere und dunkle Farben eine gedrückte Stimmung zu
fördern geeignet sind; aber auch eme allzu grelle und helle oder übermäßig bunte
Ausstattung ist zu vermeiden, denn sie wirkt unruhig und macht den Kranken
reizbar. Am geeignetsten sind die zarten und blassen Nuancen, rosa, hellblau und
grünlich. Auch die Muster der Tapeten sollen in einem Krankenzimmer gleichfalls
nur angedeutet sein, kleine aber deuthch erkennbare Zeichnungen haben, und be-
sonders nicht komplizierte oder gar fratzenhafte Darstellungen bilden, da diese auf
fiebernde Kranke, zumal bei unbestimmter Beleuchtung, sehr ungünstig einwirken
und ihm Schreckbilder vortäuschen können. Das gilt alles gleichermaßen auch für
Fenstervorhänge, für Gardinen und Thürportiferen, soweit man diese im Zimmer
beläßt; insbesondere die Gardinen müssen so gewählt sein, daß ebenfalls, was bei
den meist üblichen dünnen Stoffen nur allzu leicht eintritt, eine übermäßig grelle
und störende Beleuchtung des Krankenzimmers vermieden wird, also gleichfalls wieder
am besten blaue, grüne oder graue Stoffe in lichten Farben, während dunkle
Gardinen, braune oder etwa gar schwarze zu unfreundüch wirken und die Stimmung
zu ungünstig beeinflussen.
Sodann ist es nötig, daß eine gewisse Abwechslung im Krankenzimmer
herrsche, daß der zu oft wochenlangem beständigem Hinblicken auf eine und die-
selbe Stelle der gegenüberliegenden Wand verurteilte Kranke hier Objekte antrifft,
die, wenn auch immer nur in bescheidenstem Maße, ein gewisses Interesse in ihm
erwecken können. Das trifft in allererster Linie für eine Wanduhr zu; fast jeder
Kranke legt Wert darauf, die Zeiteinteilung zu kennen, zu wissen, wie weit die
Stunden vorgerückt sind; zu diesem Behufe muß in jedem Krankenzimmer eine
große Uhr mit deutlichem und leicht erkennbarem Zifferblatt und markanten Zeigern
so aufgehängt sein, daß sie der Kranke, auch ohne den Kopf erheben zu müssen,
auf das bequemste erblicken kann; eine Uhr natürlich ohne Schlagwerk, das, wo es
vorhanden ist, abgestellt werden muß; eine Uhr auch mit möglichst geräuschlosem
und leisem Gang.
Ebenso gehören sodann, um zur Zerstreuung des Kranken zu dienen, Bilder
in ein Krankenzimmer, Bilder mit deutlich erkennbaren Zeichnungen, die allerdings
wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen; so hängen müssen, daß sie vom Kranken über~
"4
Die Wirkung auf den Schlaf. 261
jehen werden können; ja es wird oft nötig, um diese einfachste Form der Abwechs-
lung und Zerstreuung dem Kranken ausreichend zugute kommen zu lassen, mit
diesen Bildern zu wechseln, stets nach einigen Tagen andere an die Stelle der bisher
aufgehängten zu bringen, ob man nun die im Krankenzimmer selber bereits be-
findlichen Bilder mit einander austauscht, also nur ihren Aufhängungsort wechselt,
oder häufiger neue von außen her in das Zimmer bringt.
Drittens aber und als wichtiges Inventar des Krankenzimmers sind frische,
bunte Bliunen notwendig. Die Befürchtung, starke Blumendüfte könnten schädigend
für den Kranken sein, wie sie vielfach verbreitet und äußerst übertrieben herrscht,
läßt sich sehr leicht dadurch vermeiden, daß man Blumen, die nicht duften, ver-
wendet; es ist gar nicht nötig, daß man stark duftende Blumen, die allerdings aus
naheliegenden Gründen sonst beliebt und üblich sind, wählt, sondern harmlose bunte
Blüten erfüllen hier ihren Zweck gerade so gut und noch besser; am geeignetsten
sind Feldblumen, welche sehr ansprechend wirken. Aber nichts steht entgegen,
auch duftende Blumen , nur mit Maß , dem Kranken hinzustellen. Wo abge-
schnittene Blmnen, Blütensträuße imd Bouquetts im Krankenzimmer Aufsteilung
finden, ist allerdings auf zwei Momente sehr zu achten : zunächst, daß die einzelnen
Exemplare dieser immer nur kiu:ze Zeit im Zimmer verbleiben und noch ehe sie
anfangen einzutrocknen und zu verwelken, hinausgeschafft werden; abgeschnittene
Blumen verbreiten nach einiger Zeit einen lästigen imd unangenehmen Geruch.
Sodann aber ist das Wasser, in welchem sie aufbewahrt werden, häufig und mehr-
mals des Tages zu erneuem und sind dabei auch die Gefäße aufs sauberste zu reinigen,
da in solchem Wasser sich niedere Organismen schnell und sehr reichlich entwickeln.
Viel besser noch als abgeschnittene Blumen sind Topfpflanzen, und unter diesen
wieder am zweckmäßigsten die grünen Topfgewächse imd Schlingpflanzen, welche,
zumal im Sommer, in keinem Krankenzimmer fehlen sollten, da sie, ganz abgesehen
von ihrem erfreulichen Anbhcke, zur Abkühlung der Zimmertemperatur beizutragen
vermögen und auch durch die Absorption der Kohlensäure von selten des Chloro-
phylls die Zimmerluft verbessern.
Diese kurzen Andeutungen mögen genügen, um darauf hinzuweisen, daß die
Ausstattung, die Einrichtung des Krankenzimmers nach solchen Gesichtspunkten
erfolgen muß, daß der Kranke einen freundlichen und behaglichen
Aufenthalt in ihm findet; das übrige muß in diesen so unendhch verschieden-
artigen Verhältnissen des Einzelnen Geschick und Einsicht überlassen bleiben.
Immer aber hat die Anordnung und Anbringung gegenständlicher
Objekte und zweckmäßiger Einrichtungen, welche die Psyche des
Kranken zu beeinflussen vermögen, noch eine ganz besondere Aufgabe
nach der Richtung hin zu erfüllen , daß alle nur möglichen Vor-
kehrungen getroffen werden, welche in dem Kranken das Be-
wußtsein der Sicherheit, des Beistandes erwecken und
befestigen, die Gewißheit, daß er. auch wenn er vorübergehend
allein gelassen wird, keinen Augenblick der nötigen Hilfe und des
Beistandes zu entbehren braucht, daß er nicht hilflos in schlimme
Situationen geraten kann. Schließlich sind ja alle Krankengeräte mehr
oder minder nach dem Ziele hin gefertigt, daß sie dem Kranken
Erleichterung und Unterstützung bei den notwendigen Vornahmen und
Verrichtungen gewähren ; und eine ganze Zahl von ihnen erfüllt den
Zweck so, daß sie den Kranken für die betretfenden Verrichtungen
selbständig machen, daß er sich selber mittels dieser Geräte zu helfen
weiß. In ganz besonderem Maße wird das für eine bestimmte Vor-
nahme nötig, welche die Voraussetzung für alle weiteren zweckmäßigen
Hantierungen während eines erheblichen Teiles der gesamten Kranken-
zeit bildet : für die Erleuchtung, für die ausreichende Erleuchtung des
Krankenzimmers während der Nachtzeit. Das Gefühl, daß der Kranke
durch einen einfachen Handgriff selber in der Lage ist, von seinem
18*
"5
262
M. MENDELSOHN,
Bette aus nachts das Krankenzimmer zu erleuchten, hat etwas außer-
ordentlich Beruhigendes für ihn.
Neuerdings sind, seitdem das elektrische Licht mit Hilfe zweckmäßiger Batterien
oder kleiner Accumulatoren auch für wenig umfangreiche und transportable Geräte
dienstbar gemacht ist, eine ganze Anzahl solcher Fernzünder hergestellt worden,
welche entweder eigene Lampen oder die vorhandenen Beleuchtungskörper in Thätig-
keit setzen, und bei
denen eine kleine Holz-
birne welche dem Kran-
ken direkt ins Bett ge-
legt wird, durch einen
einfachen Druck auf
den einzigen an ihr be-
findlichen Knopf, wo-
durch jede Ueberlegung
ülier Zu- oder Auf-
drehen unnötig ge-
macht wird , abwech-
selnd das Entflammen
oder das Erlöschen des
Beleuchtungskörpers
bewirkt.
Fig. 144. Fernzünder. Die kleine, hier genügende elektrische Batteiie findet
in dem Holzkasten, welcher die Glühlampe trägt, ausreichenden Platz, so daß dieser an
jeder beliebigen Stelle der Wand im Krankenzimmer, am besten hinter dem Kopfende
des Bettes, aufgehängt werden kann.
Eine zweite und noch wichtigere Vorkehrung derart ist, daß der Kranke ohne
Anstrengung die Personen seiner Umgebung zu sich rufen kann.
Wenn nicht anders, so wird eine einfache Tischglocke so in die Nähe des Kranken
gestellt, daß er sie leicht und ohne jede Mühe angreifen kann; es ist das eine un-
erläßliche und unbedingt zu erfüllende Vornahme. Zweckmäßiger sind, zumal für
die Nachtzeit und besonders dort, wo die betreffenden Personen sich nicht im Neben-
zimmer, sondern in den vom Krankenzimmer weiter entfernten Eäumen aufhalten,
elektrische Glocken, wie sie zu diesem Behuf e in transportabler Form direkt hergestellt
werden, Glocken mit eigenem Stativ, welche überall, auf jedem Tische, Platz finden
und die mit mehr oder minder langem Leitungsdraht versehen sind, an dessen anderem
Ende wiederum eine Druckbirne sich befindet, die dem Kranken ins Bett gegeben
wird, während die Drähte selbst durch mehrere Zimmer hindurch am Fußboden
entlang gehen und auch bei verschlossenen Thüren durch deren untere Fugen hin-
durch ziehen können.
Zu diesen materiellen Vornahmen gesellen sich sodann psychische Mittel,
welche dieses Gefühl der Sicherheit, dies Bewußtsein des Kranken, er werde keines-
falls hilflos einem unvorhergesehenen Zufalle überlassen bleiben , verstärken und
eindringUcher machen und so diesen wichtigen psychischen Heilfaktor zur Geltimg
bringen. Auch abgesehen von allen mechanischen Hilfsmitteln muß das Verhalten
der Umgebung des Kranken so sein, daß über diesen Punkt in dem Kranken die
vollständigste Sicherheit und Beruhigung erweckt wird und bestehen bleibt. Es ist
ja keineswegs immer mögUch oder auch nur geboten, den Kranken nicht etwa einen
Augenblick allein zu lassen; wenn das aber geschieht, muß immer imd in jedem
Falle Sorge dafür getragen sein, einmal, daß er auf irgend eine Weise die unter-
brochene Kommunikation mit den Personen seiner Umgebung, und zwar ohne alle
Anstrengung für ihn, wieder herzustellen vermag, und außerdem, daß er nicht nur
für die Zeit des Alleinseins alles notwendige zur Hand erhält,
sondern auch, wo es möglich ist, Zerstreuung und Beschäftigung hat. Es genügt
ja, hierauf kurz hinzuweisen. Es sind also Arzneien, deren Einnehmen eventuell in
der nächsten Zeit fällig ist, Getränke, Eisstückchen und andere Dinge, welche regel-
mäßig von dem Kranken genommen werden, so in seinem Bereiche aufzustellen, daß
IIÖ
Die Wirkung auf den Schlaf.
263
er für die Zeit der Abwesenheit sich ohne Mühe ihrer bedienen kann ; und diese
Vorsorge hat eben nicht nur ilire physische, sondern auch ihre psychische Be-
deutung.
Neben diesen wichtigen und einflußreichen psychischen Rück-
wirkungen der äußeren , gegenständlichen Umgebung des Kranken
auf ihn gliedern sich nun die weiteren, die rein psychischen Ein-
wirkungen auf den Kranken nach zweifacher Hinsicht. Die eine Gruppe
dieser Einwirkungen umfaßt die eigene Beschäftigung des Kranken;
über sie lassen sich naturgemäß nur allgemeine Regeln, keine de-
taillierten Vorschriften aufstellen, zumal sie auch nicht selten durch das
eigene und oft zutreffende Urteil des Kranken über seine Leistungs-
fähigkeit geregelt wird. Die andere Gruppe dagegen enthält die passive
psychische Beeinflussung des Kranken durch die Personen seiner Um-
gebung; sie stellt den Umgang mit dem Kranken im weiteren Sinne
des Wortes dar und in ihr kommen alle die feinen Nuancen, über
welche die Krankenpflege verfügt, am meisten zum Ausdruck und zur
Anwendung.
Bedürfen so in der großen Gruppe der psychischen Einwirkungen
auf den Kranken einer Regelung zuerst diejenigen Einwirkungen,
die aus der eigenen Bethätigung, aus der unmittelbaren
Beschäftigung des Kranken entstehen können, so ist es,
wie überhaupt bei psychischen Dingen, schwer, bestimmte und all-
gemein giltige Regeln zu geben. Aber es ist in einer Darstellung
wie diese hier unerläßlich, auf die Bedeutung hinzuweisen, welche eine
zweckmäßig geleitete Beschäftigung des Kranken für ihn hat.
Zunächst hat eine jede Bethätigung des Kranken, welcher Art sie auch sei, unter
dem Gesichtspunkte der rein physischen MögMchkeit und Zulässigkeit zu erfolgen;
es muß jede körperliche Ueberanstrengung, jede Ermüdung ver-
mieden werden; und so trifft für diese „Beschäftigung" auch alles das zu, was
für die anderen täglichen und unerläßMchen Verrichtungen gilt : daß alle rein gegen-
Fig. 145. Kranken-Schreibtisch.
H7
264
M. MENDELSOHN,
Fig. 146. Kranken-Schreibtisch.
Fig. 145, 146. Das in den nötigen Grenzen höher oder niedriger stellbare Sehreib-
tischehen läßt sich in den verschiedensten Kombinationen, neben dem Bett, im Bette, auf
einem anderen Tisch etc. verwenden. Wird es über den Kranken fort in das Bett hinein-
gesetzt, so muß die eine untere Verbindungsstange entfernt werden (Fig. 146), es kann dann
über die Bettdecke oder das Federbett hinweg gesetzt werden und steht ausreichend fest, um
im - Bette verwendet zu werden.
Fig. 147. Kranken-Lesetisch. Das kleine Gerät ist zusammenlegbar und so
leicht, daß es, bei entsprechender Aufstellung, für den jedesmaligen Gebrauch im Notfalle
ii8
Die Wirkung auf den Schlaf.
265
vom Kranken selbst zur Hand genommen werden kann,
erfolgt durch die seitlieh angebrachte Knrijel.
Die Verstellanff des Tischniveaus
.ständlichen Handhabungen und Ausführungen dem Kranken möglichst bequem ge-
macht, daß sie mit möglichst geringer Anstrengung für ihn vor sich gehen und ein-
gerichtet werden. Was er also auch thue, ob er liest oder ein Unterhaltungsspiel
spielt, ob er schreibt oder raucht oder was auch immer er vornimmt, er muß zu-
nächst so niedergesetzt oder aufgerichtet werden, daß er die betreffende Vornahme
ohne jede Anstrengung, besonders ohne etwa jedesmal sich nach einer bestimmten
Seite hinwenden zu müssen, ausführen kann; dann aber auch, daß er in der be-
treffenden Position sicher und bequem ruht, daß er also, wenn er beispielsweise
Fig. 148. Krankenbett. Das von Dr. med. GEOHAM angegebene, für die ver-
schiedensten Zwecke der Krankenpflege eingerichtete mechanische Bett trägt neben seinen
besonderen Einrichtungen für Extension etc. auch Vorrichtungen, welche dem Kranken
eine Tischfläche schaffen, deren er sich, da durch die Neigung des gesamten Bettgestelles
tler Körper in eine der sitzenden angenäherte Position gebracht wird, zum Essen, Lesen,
Schreiben ebenso bequem bedienen kann, wie er das aus gesunden Tagen her gewohnt ist.
Fig. 149. Kranken-Lesetisch. Das einfache Gerät, welches die Form eines
Sägeblicks hat, wird über den Kranken fort gestellt und kann durch die verschiedenartige
Stellung seiner Tischplatte zum Lesen, Essen, Schreiben dienen.
119
266
M. MENDELSOHN,
aufgesetzt Tvorden ist, allseitig ausreichend unterstützt wird, um in dieser neuen
Lage bequem zu verharren. Weiter gehört dazu, daß der gesamte Apparat, welcher
für diese Zwecke vorhanden ist, auch benutzt wird, daß, wo es möglich ist, Lese-
tischchen für das Bett verwendet wer-
den ; und es sei noch besonders darauf
aufmerksam gemacht, daß man Kranken,
welche im Bette lesen wollen und ein
solches Gerät nicht zur Verfügung-
haben, nicht etwa, wie es allerdings
vielfach und gerade in Krankenhäusern
geschieht, die großen und außerordent-
lich schweren Bände ganzer Jahrgänge
von Zeitschriften überläßt, mit deren
physischer Bewältigung sie große Mühe
und Not haben; wenn em Kranker im
Bette liegt , so müssen ihm einzelne
ungebundene Hefte für diesen Zweck
dargeboten werden. Daß auch die Be-
leuchtung eine ausreichende sein muß.
zumal wenn künsthche Beleuchtung
notwendig wird, bedarf kaiun einer
ausdrücklichen Erwähnung.
Wenn so eine jede Beschäftigung
des Kranken nach der physischen Seite
hin aller Regelung bedarf, so ist das
auch für die Art der Beschäftigung
im gleichen Maße der Fall. Daß
Fig. 150. Kranken-Lesepult. Das Gerät, welches einen relativ schweren,
eisernen Fuß hat, mrd neben dem Bette aufgestellt; sein mehrfach mit Scharnieren ver-
sehener und winklig drehbarer Querarm, auf dessen freiem Ende das eigentliche Lesepult
aufruht, kann in jede Höhe und jede Stellung vor das Gesicht des Kranken gebracht
werden.
Fig. 151. Schreibtafel für Blinde. Die von Di", med. >fOETH angegebene treff-
hche Vorrichtung besteht darin, daß der sclireibende Griffel zwischen zwei pai'aÜelen Drahten,
die von links nach rechts über die Tafel ziehen und welche nach oben wie nach unten
für die Höhe der Buchstaben genügend ausschlagen, geführt irird ; so wird die Zeile genau
in gerader Richtung ausgeführt. Die Breite der Zeile ist durch kleine auf den Drähten
Die Wirkung auf rleti Schlaf. 267
verstellbare Sehrauben reguliert; die rechte dem Ende der Zeile entsprechende Schraube
ist nicht absolut fixiert, sondern läßt sieh gegen den Widerstand einer kleinen Spiralfeder
noch um einige Centimeter nach rechts verdrängen, so daß der Schreibende, wenn er den
AViderstand fühlt, immer noch Eaum genug hat, das Wort oder die Silbe abzusehließen.
Ist die Zeile beendet, so wird die ganze Führung durch Drehen an einer seitlieh oben
angebrachten Kurbel um die Breite einer Zeile nach unten geschoben ; eine Zahnvor-
richtung sorgt dafür, daß da-s immer in gleichen Breiten geschieht ; auch kündigt ein leises
Glockensigiial das thatsächliche Eintreffen in die neue Stellung ein.
einem Kranken eine jede mögliche Zerstreuung und Ablenkung geboten
werde, ist ein wichtiger Faktor der Krankenpflege; gerade solche Kranke, welche
geneigt hsind, ihren eigenen Zustand schwer aufzufassen und über den möglichen
Ausgang ihrer Krankheit zu grübeln und sich Sorgen darüber zu machen, be-
dürfen einer solchen Zerstreuung in besonderem Grade. In der Irrenpflege hat
diese Beschäftigung der Kranken eine ganz besondere Bedeutung gewonnen; es
werden hier eigens ausgedehnte Einrichtungen getroffen, um diese Patienten mög-
lichst ausgiebig mit leichten gärtnerischen und landwirtschafthchen Arbeiten zu be-
schäftigen und ihnen damit eine ausreichende Zerstreuung zu gewähren. Ebenso ist
man ja auch von jeher bemuht, für Blinde geeignete Einrichtungen zu treffen,
welche es eimöglichen, daß diese trotz ihres Defekts in ausreichender Weise Be-
schäftigung und Zerstreuung finden. Und auch sonst ist Zerstreuung des Kranken
auch ohne die Mitwirkung Dritter geboten und notwendig; sie kann sowohl
physischer wie psychischer Art sein, sie kann in mechanischen Bethätigungen
bestehen, also beispielsweise bei Frauen in leichten Handarbeiten, oder in geistiger
Beschäftigung, wozu in erster Linie hauptsächlich das Lesen und auch
das Schreiben gehört. Gerade das Lesen des Kranken ist nun aber in quantitativer
wie in qualitativer Hinsicht sehr sorgfältig zu überwachen, gerade das Lesen wird
leicht übertrieben, da in der Einsamkeit des Krankenzimmers bei dem Mangel ander-
weitiger Zerstreuungen eine zumal spannende Lektüre gern über das gebotene Maß
fortgesetzt wird; auch der Gegenstand der Lektüre ist nicht ganz gleichgUtig.
Man wird bei unruhigen und nervösen Kranken riorge zu tragen haben, daß sie
keine erregende Lektüre erhalten, und hat mit besonderer Aufmerksamkeit darüber
zu wachen, daß nicht etwa medizinische Abhandlungen oder auch andere Dar-
stellungen, in denen von ähnlichen Zuständen wie die vorhegende Krankheit und
vielleicht gar von solchen mit unglückhchem Ausgange die Rede ist, dem Kranken
in die Hände kommen und ihm zur Quelle von Grübeleien und Beunruhigungen
werden. Diese kurzen Andeutungen mögen genügen; bindende Eegeln, die für alle
Verhältnisse Geltung hätten , lassen sich für diese Dinge nun einmal nicht auf-
stellen.
Die hauptsächlichste Ablenkung und Zerstreuung des Kranken geschieht nun aber
nicht so, daß er sich allein und persönlich beschäftigt, daß er dabei nur sich selber über-
lassen ist, sondern die Hauptaufgabe hierfür fällt auch hier wieder der direkten Mit-
wirkung der mit der Pflege betrauten Persönlichkeiten zu. Es umfaßt daher diese Gruppe
der psychischen Beeinflussung des Kranken seine „Behandlung" im eigentlichen Sinne
des Wortes. Sie erstreckt sich aui alles, was den Umgang mit dem Kranken, den
Verkehr mit ihm, das Verhalten und Benehmen der Umgebung gegen den Patienten
bildet. Und hierbei müssen von vornherein zwei Momente scharf von einander ge-
schieden werden: einmal der Verkehr mit dem Kranken im allgemeinen, seine Be-
handlimg, Zerstreuung, Ablenkung, Beschäftigung, wie dies alles auch einem Ge-
sunden gegenüber geschehen könnte; und außerdem das Verhalten der Umgebung
zum Kranken hinsichtlich seiner Krankheit selber, also das bewußte Benehmen und
die wohlüberlegte Art, in welcher man zu dem Kranken über seinen Zustand und
dessen Ausgang nicht nur spricht und sich direkt äußert, sondern überhaupt sich
anstellt und sich benimmt. Es ist ja nur menschlich, daß jemand von wichtigen
Dingen, die ihn betreffen, zumal wenn sie zweifelhaften Ausganges sind, dauernd und
ununterbrochen in seiner Psyche beschäftigt wird, daß sie ihn beunruhigen, daß er
darüber grübelt; und wenn auch die Charaktere und das Temperament bei den
einzelnen Individuen in sehr verschiedenem Maße diese Stimmungen aufkommen
lassen oder bekämpfen, einem jeden Kranken ist die Beschäftigung mit seiner Krank-
heit doch eine so wichtige, daß die Krankenpflege die Aufgabe hat, die Dinge auch
268 M. MENDELSOHN,
nach dieser Richtung hin auf ein richtiges Maß zurückzuführen und einzuschränken.
Es wird gleich hiervon noch des Näheren die Rede sein.
Das gleiche gilt von dem Berufe und den Geschäften des Kranken. Das
ganze Leben ist nun einmal nur ein immerwährender Kompromiß ; das Vollkommene,
das wir auch sonst das Ideal nennen, ist nirgend anzutreffen. So wäre es natürlich das
beste, wenn ein Kranker während seiner Krankheit von jeder geschäftlichen Mitteilmig,
von jeder EntschUeßung ernsterer Natur, von jeder Kenntnis und Anteilnahme an be-
ruflichen Dingen ganz und gar ferngehalten würde. Aber auch das ist nun einmal
nicht möglich; und so muß denn auch hier Takt und Urteil des Arztes den Ent-
scheid geben, was davon zugelassen werden darf und was nicht. In erster Linie
würde hier die Sorge sich auf die Briefschaften zu erstrecken haben, da eine unan-
gebrachte Nachricht kaum unvermittelter und schroffer Jemanden gegenübertritt als
durch schriftliche Uebermittlimg. Das hat nun aber auch wieder seine Schwierig-
keiten, und es wäre ganz falsch, etwa die gesamte Korrespondenz eines ernster
Kranken ihm vorzuenthalten, ihn gleichsam unter Kuratel zu stellen; er würde da-
durch nur unnötig mißtrauisch werden und seinen Zustand für schwerer erachten,
als er thatsächlich ist. Hier muß vielmehr die Famihe, die nächste Umgebung
helfend mit eingTeifen, unauffällig diejenigen Stücke, welche Bedeutmig haben können,
eliminieren, Sorge tragen, daß eine sachverständige Person von ihrem Inhalt Kenntnis
nimmt, und, wo es nicht anders geht, durch mündliche Mitteilung, durch ein all-
mähliches, in verschiedenen Unterredungen ganz langsam bis zum Kern der Sache
vorschreitendes Vorbereiten dem Kranken die wichtigen und oft unangenehmen
Nachrichten beibringen. Immer aber wird, wo es möglich ist, die Einsetzung
«ines zuverlässigen Stellvertreters, einer Persönlichkeit, welche die beruf-
lichen und geschäftlichen Angelegenheiten des Kranken nicht nur thatsächlich ge-
wissenhaft ausführt, sondern zu welcher der Kranke Selbstvertrauen hat, besonders
günstig und vorteilhaft einwirken.
Alles allerdings läßt sich nicht immer durch andere erledigen, alles kann man
nicht von dem Kranken fernhalten. Und ganz besonders wird das Pflicht, wo der
ungünstige, letzte, verhängnisvolle Ausgang wahrscheinlich wird. Wahrscheinlich
nur, nicht sicher. Denn kein Kranker ist, so lange noch Leben in ihm ist, aufzu-
geben. Aber wenn die Situation einen verhängnisvollen Ausgang zu nehmen scheint,
so erwächst dem Arzte die Pflicht, nicht nur gegen die Ueberlebenden, deren
wichtigste Interessen dabei auf dem Spiele stehen, sondern auch gegen den Sterben-
den , die imabweislichen Bestimmungen und Verfügungen vornehmen zu lassen ;
gegen ihn, weil auch hier wieder diese Erledigung der letzten Pflicht, diese Ueber-
zeugung von der Bicherstellung seiner Angehörigen ihm Beruhigung und Genug-
thuung, ihm Euthanasie*) schafft. So hat denn der Arzt hier viele und oft nicht
leichte Aufgaben ; aber sie lassen sich nicht in einem Buche vorschi-eiben.
Haben so nicht nur in allen Aeußerlichkeiten, sondern vor allem in
ihrer psychischen Einwirkung auf den Kranken ausnahmslos alle Persön-
lichkeiten der Umgebung des Kranken und besonders diejenigen, welche
die Pflege direkt zu bethätigen haben, das Krankenpflegei^ersonal also,
sorgsam acht zu geben und ihr Benehmen überlegt und zweckmäßig
zu gestalten, so ist das in noch viel höherem Maße nötig hinsicht-
lich der Art, wie sie überhaupt sich im Krankenzimmer
"bewegen und wie sie hantieren. Hier ist der Ort gekommen,
um es auszusprechen, daß die Krankenpflege in ihrer thatsächlichen
Ausübung, so sehr es auch für die Medizin wünschenswert ist und
unser Bestreben sein muß, sie immer mehr und mehr auf exakte Grund-
lagen zu stellen, sie zu einer Wissenschaft zu machen, doch ebenso einer
natürlichen Veranlagung bei denen, welche sie ausüben, bedarf, wie diese
natürliche Veranlagung für die ärztliche Thätigkeit im ganzen und für
*) Martin Mendelsohn, Euthanasie, Encyklopädie der Therapie, herausgegeben
von OscAE Liebeeich, Maetix Mexdelsohn, Aethue Wüezbueg. Bd. II.
ßeriin 1898.
Die Wirkung auf den Schlaf. 269
jeden künstlerischen Beruf überhaupt die notwendige Voraussetzung ist.
Gerade das Beste läßt sich hier wie dort nicht geben und nicht
nehmen ; es muß angeboren sein, es muß in natürlicher Veranlagung
vorhanden sein. Die Handgriffe, das bischen Aeußerliche, was dazu
gehört, kann schließlich jeder erlernen ; aber gerade die Feinheiten der
Krankenpflege, gerade diejenigen Momente, von denen hier die Rede
ist, die ununterbrochen, in jeder Minute der Anwesenheit der Pflegerin
beim Kranken zur Geltung kommen müssen, die mit einem Worte in
der Persönlichkeit der Pflegerin liegen, sie können wohl, wo
die Anlage für sie da ist, ausgebildet und vertieft, nicht aber, wo sie
gar nicht vorhanden sind, etwa geschaffen werden.
Und so ist es ein ganz falsclier und für den Mediziner unhaltbarer iätandpimkt,
dem nian jedoch leider in den Werken über Krankenpflege auf Schritt und Tritt
noch begegnet und den selbst ärzthche Autoren nicht verlassen, wenn man als diese
notwendigen persönlichen Eigenschaften des Pflegeberufs immer luid
iuuner wieder nur die Barmherzigkeit, die Mildthätigkeit, das Mitleid der Pflegerin
vorführt ; die wissenschaftliche KJrankenpflege hat mit diesen in ethischer Hinsicht ja
zweifellos sehr wertvollen und sehr anerkennungswerten Eigenschaften ganz und gar
nichts zu thun. Und wenn ein Arzt ein verbreitetes und vielfach zu Rate gezogenes Werk
über Krankenpflege mit den Worten beginnt : „eine der schönsten Bethätigungeri
der Nächstenliebe ist die Pflege der Kranken", so zeigt er damit, daß er wohl ein
humaues, nicht aber, daß er ein wissenschaftliches Werk zu schreiben vor hat. Die
Nächstenhebe und alle die anderen ihr ähnlichen Eigenschaften sind Momente des
Charakters; und der Charakter hat nichts mit der Ausübung einer künstlerischen
Thätigkeit zu schaffen. Was hier Not thut, das sind Fähigkeiten und Fertigkeiten,
das ist in erster Linie Geschickhchkeit und Gewandtheit, ist das Verständnis und
das Vermögen, alle notwendigen Manipulationen mit Eidie, Umsicht und vollem
Sachverständnis in möghchst schonender Weise vorzimehmen, Eigenschaften, welche
die Kranken sehr richtig zu würdigen wissen imd die sie bekanntlich als die „weiche
Hand", welche die Pflegerin habe, zu bezeichnen pflegen. Was hier Not thut, das
ist vor allem Takt und eine möghchst ausgesprochene intuitive, künstlerische Sicher-
heit in der Wahl und in der Ausfiüirmig der nötigen Maßnahmen.
Und darum hat es eine außerordentUche Bedeutung, eine Bedeutung, welche
in ihrer großen sozialen Tragweite noch lange nicht genug gewürdigt ist, woher, aus
welchen Gesellschaftskreisen, aus welchem Materiale sich die PersönUchkeiten der
ausübenden Krankenpflege, das berufsmäßige Krankenpflegepersonal, reki-utiert. Wer
nur ein gutes Herz hat, wer nur barmherzig ist, taugt darum noch lange nicht zur
Krankenpflege. Was aber notwendig ist und wohin gestrebt werden muß, das ist,
daß der Beruf der Krankenpflegerinnen auch gesellschaftlich auf
ein Niveau gehoben werde, dessen Ansehen und Wertschätzung auch
Persönlichkeiten aus den gebildeten, ja aus den ersten Gesell-
schaftsklassen gestattet, diesen Beruf auszuüben. AehnMch wie die
Lehrerin, wie die Künstlerin dadurch, daß sie üu'e Thätigkeit ausübt, sich sozial
nicht degradiert, müßte in der Meinung und der Anschauung weitester Kreise da-
für Propaganda gemacht werden, daß auch der so wichtige Beruf der Kranken-
pfegerinnen sich sehr wohl mit einer bevorzugten sozialen Stellung verträgt. Ge-
bildete Krankenpflegerinnen, das ist das Desiderat.
Und nicht nur die eigens die Pflege betreibende Persönlichkeit,
auch die gesamte Umgebung des Kranken, jeder, der auf
irgend eine Weise mit ihm in Berührung kommt, muß in seinem Ver-
halten und seinem Benehmen angemessen zu Werke gehen. Man kann
gewissermaßen ebenso, wie in der gegenständlichen materiellen Um-
gebung des Kranken zuvor fünf Zonen unterschieden worden sind,
Zonen konzentrischer Art, von denen immer wieder auf die Person des
Kranken aus ihren verschieden belegenen Grenzen Einwirkungen aus-
gehen können, so auch hinsichtlich der persönlichen Umgebung des
270 M. MENDELSOHN,
Kranken drei verschiedene Grade und Abstufungen unterscheiden: zu-
nächst die Person der ausübenden Pflegerin selber: sodann die
Familienangehörigen und die sonstigen Mitglieder des Hauses,
insbesondere auch das ständige Dienstpersonal; und drittens alle die-
jenigen, welche nur mehr zufällig und vorübergehend mit ihm in Be-
rührung kommen, Personen, die man allgemein als Besucher be-
zeichnen kann. Die ausübenden Pfleger wissen oder sollten es
wenigstens wissen, wie sie sich zu verhalten haben : die Angehörigen
des Hausstandes bedürfen schon einer Anweisung und Ueberwachung
hierin, wenn sie auch durch die ständige Beobachtung und das Zusammen-
sein mit der berufsmäßigen Pflegerm bei sonst vorhandenem guten
Willen wenigstens in der Hauptsache das Richtige zu thun bald er-
lernen; die Besucher aber, die vielen verschiedenartigen Persönlich-
keiten, welche vorübergehend mit dem Kranken in Berührung kommen,
bedürfen dieser Kontrolle und Ueberwachung Uires Verhaltens durch
die Pflege auf das Ällerdringendste.
Mancherlei, was so in dem L'mgange mit Kraiiken Beachtung verdient, ist in
den vorhergehenden Erörterungen schon kurz gestreift worden. So haben viele
verschiedenartige störende Momente Erwähnung gefunden, deren Beseitigung auch
an den Personen der Umgebung nötig ist, um in dem Kranken nicht das Gefühl der
Unnihe zu erzeugen und um Störungen zu vermeiden. Es ist unbedingt not-
wendig, daß das Schuhwerk der Personen, welche sich im Krankenzimmer bewegen,
nicht knarre, vielmehr lautlos und weich sein muß ; und auch die sonstige Kleidung
hat sich dem anzupassen: gesteifte Unterröcke, welche krachen, oder etwa Kleider
aus Seidenstoffen oder solche mit seidenem Futter, welche bei jedem Schritt rauschen,
sind zumal auf die Dauer für den Kranken unerträglich, ebenso wie angehängte
Schlüsselbunde mit ihrem Klirren oder ähnliche störende Geräusche.
Muß so der rein äußeren Euhe durch das Benehmen der Umgebimg im
Krankenzimmer aufs sorgfältigste Rechnung getragen werden, sollen so die betreffen-
den Personen schon in ihrer Tracht und Kleidung alles vermeiden, was Unruhe er-
zeugt, so müssen sie das in noch höherem Maße durch ihr allgemeines Verhalten
thun. Sie haben sich gleichmäßig vmd ruhig im Krankenzimmer zu bewegen,
nicht hastig und nicht überstürzt; aber was dringend nötig ist: der Kranke muß in der
Lage sein, einer jeden Bewegung und Hantierung, welche in seinem Zimmer geschieht,
mit den Augen folgen zu können, er darf nie über irgend etwas im unklaren imd un-
gewissen bleiben, da er sonst sofort anfängt zu grübeln imd sich beunruhigt. Was auch
im Krankenzimmer geschehe, es gehe offen und vor den Augen des Kranken
vor sich. Und so ist auch ein Uebertreiben in der Lautlosigkeit der Schritte und der
Bewegungen durchaus vom Uebel ; es wäre ganz falsch, im Kjankenzimmer lautlos
uniherzuschleichen, um dann plötzlich vor dem erschreckten Klranken aufzutauchen,
der nicht weiß, woher die Person, die vor ihm steht, mit einem Male gekommen ist.
Diese Vermeidung aller unbestimmten Situationen, diese Beseitigung aller Ungewiß-
heiten hat sich auch auf den Raum außerhalb des Krankenzimmers und dessen unmittel-
bare Umgebung zu erstrecken: und insbesondere muß der Arzt bei seinen Besuchen
stets eingedenk sein, daß er, wie immer auch der vorliegende Zustand beschaffen sei,
von dem Kranken stets aufs sehnhchste erwartet wird: wenn er geschellt hat und in
che Wohnung tritt, so begebe der Arztsich unverzüglich und ohne jedes
Säumen zum Kranken, der fast immer weiß, daß der Arzt es ist, der ge-
kommen, der in Erwartung des Arztes sich verzehrt, und zudem, wenn längere Unter-
redimgen vorher stattfinden, nun der Meinung sein muß, es gehe ihm schlecht, da
sein Zustand solche Aussprache bedinge, und ganz besonders davon mitgenommen
wird, wenn, wie dies manchmal geschieht, diese Präliminarien unmittelbar vor der
Thür des Krankenzimmers geführt werden, wo er dann halbe "Worte auffängt imd
falsch ausdeutet. AA'enn der Arzt mit den Angehörigen etwas ohne das Beisein des
Kranken zu besprechen hat, so thue er dies nachher, nach der ärztlichen Visite,
nachdem er sich verabschiedet und die Meinimg hervorgerufen hat, er sei überhaupt
schon von dannen gegangen.
124
Die Wirkung auf den Schlaf. 271
Ebenso müssen, wenn mehrere Personell darin verweilen, die Gespräche
im Kranlcenzimmer durchaus klar und deutlich geführt werden; nicht etwa
übermäßig laut, nicht unter Schreien und lautem Lachen, doch aber so, daß der
Kranke jedem Worte der Unterhaltung zu folgen vermag, damit er sich nicht an-
strengt und nicht der Meinung ist, es sei in dem halblauten Gespräch von ihm und
seinem Zustande die Kede. Das trifft auch für eine jede direkte Unterhaltung
und für das Sprechen mit dem Kranken selbst zu; auch hier ist das manchmal
aus dem falsch verstandenen Begriff einer größtmöglichen Schonung bis zum laut-
losen Flüstern herabgestimmte Dämpfen der Stimme ganz und gar falsch, da es den
Kranken nur anstrengt, den leisen Worten zu folgen ; man spreche ridiig, aber deut-
lich und vernehmlich mit dem Kranken , der niemals durch ein solches :^prechen
gestört wird.
Und nicht nur, wie man zu dem Kranken spricht, auch was man sagt, er-
fordert Beachtung; wenn es auch oft nötig wird, bestimmt und gemessen mit einem
widerstrebenden Kranken zu reden, so muß im allgemeinen doch der Grundsatz
der Nachgiebigkeit vorherrschend sein, daß man einem Kranken so viel wie
möglich nachzugeben hat, daß man ihm nicht widerspricht, daß man seinem Zustand
und seinem Leiden vieles zugute hält , was mau einem Gesunden gegenüber kaum
hnigehen lassen würde. Es ist nur natürlich, daß manche Kranke mißmutig und
launisch, ja direkt böswillig und gehässig werden, daß sie, statt dankbar für die
Pflege sich zu äußern, im Gegenteil stets unzufrieden sind, daß man ihnen nichts
recht machen kann, daß sie sogar schelten und zornig werden. Immer muß man
sie dann gewähren lassen, immer sich nur desto nachgiebiger zeigen ; und werm die
Demut in der That ein notwendiges Erfordernis der Krankenpflege sein sollte, hier
ist sie am Platze und muß sie geübt werden. Dieses Entgegenkommen, dieses Ein-
gehen auf den Zustand des Kranken muß auch sonst geschehen, nicht nur in Dingen,
welche die Umgebung persönlich betreffen ; mögen bei Unterhaltungen und Ge-
sprächen die Ansichten des Patienten noch so absurd sein, mag er bei geselliger
Zerstreuung, bei Unterhaltungsspielen vielleicht noch so offenkundig im Unrecht
sein, stets ist ihm nachzugeben, stets ist ein jeder ernstere Disput zu vermeiden.
Diese Schonung ist umsomehr am Platze und kann um so eher in Frage
kommen, je fremdartiger die einzelnen Persönlichkeiten zn dem Kranken stehen.
Gerade der sogenannte Besuch, die Personen, welche ohne Kenntnis sowohl des Um-
ganges mit Kranken überhaupt als der gerade vorliegenden Situation in das Kranken-
zimmer hineingeschneit kommen, pflegen oft in der verkehrtesten Weise sich zu be-
nehmen, und es ist daher Aufgabe der Pflege, alle diese Besuche zu über-
wachen, nicht nur quantitativ, nicht nur in der Hinsicht, daß nicht zu viel Personen
mit einem Male das Krankenzimmer betreten, daß die Besuche nicht über Gebühr
ausgedehnt werden, sondern ebenso sehr auch in der Art der entstehenden Unter-
haltung, in der alles das, was eben angedeutet wurde, sorgfältig zu berücksichtigen
ist. Ja die Zulassung der einzelnen Persönlichkeiten, welche als Besuche erscheinen ,
hat sogar unter dem Gesichtspunkte Regelung zu erfahren, inwieweit durch sein
gesellschaftliches und persönliches Verhältnis zu dem Besuchenden der Kranke sich
Zwang auferlegen muß , sich geniert fühlt. Man kann oft eine gleichgiltige,
eine gleichstehende Persönlichkeit ganz gut mit dem Kranken zusammenkommen
lassen, während vielleicht ein Vorgesetzter oder eine vornehme Dame oder andere
Personen, welche besondere Rücksichten zwar nicht direkt fordern, denen sie der
Kranke aber aus eigenem Bestreben zu erweisen bemüht ist, noch nicht in das
Krankenzimmer gehören. Das gilt ganz besonders von Personen , welche dem
Kranken unsympatisch sind, von solchen, welche vielleicht, ohne gerade die ausge-
sprochene Absicht dazu zu haben , doch die manchen Individuen innewohnende
Eigentümlichkeit besitzen und nicht verleugnen können, mit jedem Worte, das sie
unter äußerlich großer Freundlichkeit und Zuvorkommenheit sagen, andeie zu
kränken und zu verletzen. Das alles sind Dinge, zu deren Beurteilung und Regelung
ein großer Takt und ein gewisses Maß von psychologischem LTrteil gehört ; sie
müssen in jedem Falle, so weit als das nur möglich ist, Berücksichtigung erfahren.
Und ganz besondere Vorsicht, ganz sorgfältiges Achten auf jedes Wort, das
mau mit ihm spricht, ist dort dringend geboten, wo Gespräche über den Zu-
stand des Kranken, über seine eigene Krankheit staltfinden. Jeder Kranke hat,
125
272 M. MENDELSOHN,
wie könnte das auch anders sein, ein immer aufs neue zutage tretendes Interesse,
über sich und seine Krankheit und deren Ausgang zu sprechen und die Ansichten
anderer darüber zu vernehmen und sie mit seiner Meinung zu vergleichen. Es wäre
verkehrt und ganz und gar vom Uebel, solche Aussprache etwa kiu-zer Hand al>
schneiden zu wollen. Man gehe ruhig auf diese Gespräche ein, dehne sie allerdintrs
nicht zu lange aus und suche unvermerkt und unauffäUig nach einer Weile auf einen
anderen Gegentand hinüberzuleiten ; dabei vermag man dem Eranken, was ihn ängstigt
oder ihm Sorgen macht, auf eine unauffällige und natürhche Weise zu erklären, kann
ihm darlegen, daß alles, was ihm persönhch auffällt, naturgemäß zu den Aeußenmgen
seiner Krankheit gehört, daß es keine besondere oder schwere Bedeutung hat; kurz,
man spreche mit ihm über alles, suche es ihm jedoch, und zwar ohne zu übertreiben,
als relativ harmlos und ungefährlich hinzustellen. Sehr gern erinnern sich Kranke
anderer, ähnlicher Zustände bei dritten Personen, selbst wenn diese in weiter Zeit
zurückliegen; pessimistisch angelegte Naturen pflegen gerade imgünstige Bilder von
ähnhchen Vorgängen oder doch wenigstens von solchen, welche sie für identisch mit
dem ihrigen halten, aus ihrer Erinnerung hervorzuholen und sie gewissermaßen zu
sammeln. Man suche dann stets darzuthim, daß in diesen Fällen besondere um-
stände obgewaltet haben, welche den tragischen Ausgang verschuldet, vielleicht ein
hohes Alter der betreffenden Person oder schlechte äußere Verhältnisse oder vorher-
gegangene andere Krankheiten, welche hier nicht vorhegen, und ähnliche Momente
derart, mit denen der Kranke überzeugt werden kann, daß er in einer günstigeren
Lage sich befindet und weit bessere Chancen der Heilung hat wie jene ihm bekannten
anderen Personen. Ganz besonders hüte man sich davor, daß etwa eine Todes-
nachricht über einen Bekannten oder einen anderen Näherstehenden einem Kranken
mitgeteilt wird; im Hinbhck hierauf sind sogar die Zeitungen, ehe sie dem
Kranken überlassen werden, täghch durchzusehen. So muß also durch stetes und
verständiges Behandeln des Themas der eigenen Ki-ankheit allmählich der Eindruck
in dem Kranken erweckt werden , daß seine Krankheit nicht zu besonderen Be-
fürchtungen Anlaß zu geben braucht. Aber auch das umgekehrte kann, wenn auch
für gewöhnlich nur in Ausnahmefällen, nötig werden: bei jenen indolenten oder
störrischen Naturen, welche jede zweckmäßige Maßnahme, jede ärzthche Anordnung
verschmähen und von sich weisen, weil sie meinen, es ginge auch ohne diese. Hier
thut man gut, den Zustand ernster zu schildern, als er thatsächUch ist, auf die ver-
häagnisvoUen Eventualitäten hinzuweisen, welche aus einer Unterlassung sich ergeben
könnten, kurz, in dem Kranken zwar nicht Angst imd Schrecken, aber doch die
Vorstellung zu erwecken, daß sein Leiden nicht allzu leicht genommen werden dürfe.
Ganz und gar und auf das strengste verboten ist hierbei natürlich die merkwürdiger-
weise nicht nur in imgebildeten Kreisen sehr verbreitete Art, daß Dritte dem Kranken
aus eigener Erfahrung oder vom Hörensagen alle schmerzhaften Erfahrungen und
alle bösen Zufälle, die ihm noch bevorstehen, eingehend schildern und ihn so unnütz
ängstigen und quälen. Daß einem Kranken so von seinen besten Freunden mit
aller Seelenruhe der ungünstige, tödthche Ausgang ins Gesicht gesagt wird, kommt
gar nicht so selten vor, wenn es auch manchmal nur in der Form geschieht, daß
man sich von ihm, wenn er nicht mehr sein würde, dieses oder jenes mehr oder
minder wertvolle Andenken ausbittet.
Hier hat der Arzt mit unerbittlicher Strenge darüber zu wachen,
daß das angemessene geschehe; und außerdem ist es seine Aufgabe.
und nicht sowohl in seinem eigenen als mehr noch im Interesse des
Kranken, dafür zu sorgen, daß nicht durch unnützes Gerede das
Vertrauen des Kranken zu ihm, dem Arzte, erschüttert oder
untergraben werde; denn auch diese Zuversicht, diese Beruhigung ist
ein Heilfaktor für den Kranken, welchen die Krankenpflege nicht ent-
behren kann.
Das zweite unentbehrliche und wesentliche Moment, welches zum
Zustandekommen des Schlafeintrittes mitwirkt, ist die Behinder un g
des Blutzuflu sses zum Gehirn, die partielle Anämie des Ge-
hirns. Hier smd es vornehmlich somatische Heilmittel, welche dergestalt
126
Die Wirkung auf den Schlaf. 273
narkotisch wirken. Es ergiebt sich ohne weiteres, daß die Blutmenge im
Gehirn sehr wesentlich von der Körperlage abhängt, wie es ja darum
das wirksamste Mittel bei Ohnmächten ist. den Körper horizontal
niederzulegen und so durch den stärkeren Blutzufluß zum Gehirn die
Funktion der Gehirnzellen wieder bis auf die Höhe des Bewußtseins
zu erheben ; auch die häufigen empirisch für jeden einzelnen ent-
standenen und leicht festzustellenden Eigentümlichkeiten, nach welchen
die verschiedenen Individuen nur in einer von ihnen durch Gewöhnung
ein für allemal erlangten Körperhaltung leicht und schnell Schlaf finden
können, in anderer, ungewohnter, wenn auch ebenso zweckmäßiger
Position dagegen nicht, ist gleichfalls auf die in der gewohnten Lage
für das Zustandekommen des Schlafes günstigen Cirkulationsverhältnisse
im Gehirn zurückzuführen. So können auch Herzkranke nicht auf der
linken Seite liegend schlafen; und für manche andere Aifektion gelten
ähnliche Einschränkungen.
Da so eine partielle Gehirnanämie, eine Beschränkung der Blut-
zufuhr zum Gehirn, beim Zustandekommen des Schlafes von Wesent-
lichkeit ist, so wirken unter diesem Gesichtspunkte einer Beeinflussung
der Blutzufuhr zum Gehirn auch ein Teil der somatischen Heilmittel
der Krankenpflege: die Regelung der Körperlage vor dem
Einschlafen, als Schlafmittel der Hypurgie. Gar nicht so selten läßt
sich beobachten, daß Personen, welche am Abend im Zimmer auf- und
abgehen oder aufrechtsitzen oder umherstehen, schläfrig werden und sehr
ausgesprochene Neigung zeigen einzuschlafen ; sobald sie sich jedoch
niedergelegt haben, verschwindet das Schlafbedürfnis, und sie vermögen
nun nicht zum Schlafen zu kommen. Die Ursache hierfür liegt dann
darin, daß bei der aufrechten Körperhaltung ein erheblich größerer
Teil des Blutes bei diesen Individuen, welche sich durch einen be-
sonders geringen Gefäßtonus auszeichnen, aus dem Gehirn in den
übrigen Körper abgeflossen ist, beim Niederlegen jedoch in das Gehirn
hineinfließt; wenn man bei solchen Personen die Körperhaltung zu
einer fast sitzenden macht und sie dabei nach allen für die Anwen-
dungsweise der somatischen Heilmittel der Krankenpflege erforderlichen
Pegeln bequem und sicher bettet, so kann man nicht selten allein auf
diesem therapeutischen Wege, ohne die Zuhilfenahme medikamentöser
Substanzen, den Eintritt von Schlaf zuwege bringen und ihn aus-
reichend lange unterhalten. Für die narkotische Einwirkung dieser
somatischen Heilmittel spricht ferner auch die umgekehrte Beobachtung,
daß Personen, welche in einer mit dem Kopfe nach abwärts geneigten
Körperhaltung schlafen, früher erwachen, als ihrer sonstigen Durch-
schnittszeit entspricht; und das bei Enuresis nocturna*) sehr zweck-
mäßige Heilmittel: die Kranken mit erhöhtem Fußende des Bettes
schlafen zu lassen, hat wahrscheinlich nicht nur durch seine besondere
Einwirkung auf den Flüssigkeitsstand in der Blase seine Bedeutung,
sondern auch dadurch, daß in dieser Lage der Schlaf der Kinder ein
minder fester ist und sie daher durch das Andrängen der reflektorisch
gereizten Detrusoren der Blasenmuskulatur leichter erweckt werden
und ihre Harnblase selbständig zu entleeren vermögen, ehe deren
Muskelverschluß im Schlafe durchbrochen worden ist; ein Verhältnis,
das sich so durch eine einfache Maßnahme der Krankenpflege zu einem
wesentlich günstigeren gestalten läßt.
*) Martin Mendelsohn , Enuresis. Eeal-Encyclopädie der eesamteu Heil-
kunde, herausgegeben von A. Eulenbdeg. Dritte Auflage, Band Vtl. Wien 189.Ö.
127
274
M. MENDELSOHN.
Die Hilfsmittel, welche eine Aufrichtung und Erhöhung des Oberkörpers
herbeiführen, sind ihrer mannigfachen anderweitigen therapeutischen Einwirl^uug
entsprechend, zum größten Teile an anderen Stellen dieses Buches zur Erörterung
Fig. 152. Krankenbett. Das von JltJLLER angegebene und in erster Linie für
die Defäkation bestimmte Krankenbett läßt durch eine einfache, am Kopfende des Bettes
angebrachte Kiemen Vorrichtung das obere, dem Kopfteile entsprechende Drittel des Bett-
bodens und der zugehörigen Matratze mehr oder minder hoch stellen, so daß ein Schlafen
mit erhöhtem Oberköi-per darin auf leichte Weise und regulierbar ermöglicht wird.
^^-^ "v*/ .',^>* ^m
Fig. 153. Krankenbett. Das mehrfach erwähnte, von Dr. med. GEOHäM an-
gegebene Krankenbett gestattet eine Gesamtneigung des Bettgestelles [unt«r jedem Winkel.
Es ist für die Regelung der Körperlage behufs Herbeiführung eines ergiebigen Schlafes
insofern von besonderem Vorteil, als auch nach erfolgtem Einschlafen noch eine weitere
Hochstellimg des Oberkörpers und damit eine weitere Verminderung des Blutzuflusses
zum Gehirn erfolgen kann, ohne daß der Kranke dadurch erwacht.
128
Die Wirkung auf den Schlaf.
275
Fig. 155. Kraukenbett.
Fig. 154, 155. Der aus Metallgeflecht hergestellte Bettboden des Krankenbettes ruht
in der normalen Stellung mit einer an seiner unteren Fläche belindiichen großen iircis-
förmigen Scheibe auf einer gleich großen zweiten Kreisscheibe auf, welche zum Bettgestelle
gehört (Fig. 154). Die beiden Scheiben gleiten aufeinander; so daß sich der Bettboden
durch eine Drehung um 90° quer zur Längsachse des Bettes stellen läßt (Fig. 155) und
<lanach durch eine einfache Vorrichtung mit dem Kopfteil augelioben, mit dem Fußteil
herab gelassen und in dieser Lage fixiert werden liaiin, so daß ein Schlafen mit erhöhtem
Oberliörper möglich ist.
Handbuch der spec. Therapie inn. KraüUh. Suppl. 1. Helt 3. ]_g
Mendelsohn, Krankenpflege. j2n 9
276
M. MENDELSOHN,
gekommen, insbesondere bei der Einwirkung auf die Ernährung, be der Fernhaltunff
von Schmerzempfindung und bei der Einflußnabme auf die Defäkation. Die wich-
tigsten unter ihnen sind die ver-
stellbaren Rückenlehnen,
die mechanischen Kranken-
betten und einzelne der soge-
nannten Krankenheber. Auch
<ind besondere Geräte zum Höher-
>tellen des Kopfendes eines jeden
Bettes vorhanden.
Eine weitere für die
Hypurgie verwendbare Mög-
lichlieit, um den Blutzufluß
nach dem Gehirn einzu-
schränlien und nach anderen
Ivörperpartien abzulenken,
ergiebt sich alsdann aus der
physiologischen Thatsache.
daß Wärme die Blut-
gefäße erschlaffen
macht, eine Thatsache,
welche mit Hilfe der Heil-
mittel der Krankenpflege an
verschiedenen Körperstellen
dazu benutzt werden kann,
um nach diesen Blut
aus dem Gehirn he r a b -
zuleiten und so einen
narkotischen Eifekt zu er-
zielen. Die Wärmeappli-
kation ist, außer bei Kin-
dern, nicht auf den ganzen
Körper, sondern nur auf
Fig. 156. Krankenheber. Da an der zweiten, geteilten Konstruktion des von
Dr. MENDELSOHN angegebenen Krankenhebers Kopfende vmd Fußende für sich allein be-
weglich sind und das Gei'ät zudem mit einem verstellbaren Kopfteil versehen ist, so kann
es für die Regelung der Köi^perlage zum Zwecke des Schlafens und für die dauernde
Hochlagerung des Oberkörpers ebenfalls mit Vorteil Verwendung finden.
einzelne Körperpartieen auszudehnen ; besonders geeignet hierzu ist
das Abdomen, da die Darmgefäße in der Lage sind, ausnehmend große
Mengen von Blut aufzunehmen ; und außerdem die Füße, da sie die
peripherste und vom Gehirn am weitesten entfernte und darum für
den narkotischen Eff'ekt wirksamste Körperpartie bilden. Wie sehr die
Blutgefäße des Darmkanals, wenn dieser erwärmt und damit Blut aus
dem Gehirn abgeleitet wird, geeignet sind, den Schlaf zu befördern,
ergiebt sich schon aus der unbewußten Gepflogenheit von Tieren sowohl
wie von Menschen, welche frieren und deren Darmgefäße kontrahiert
sind, daß sie, um zu schlafen, die Beine gegen den Leib ziehen und
so mit den voluminösen Oberschenkeln ihr Abdomen zu erwärmen
suchen; sie schaifen sich damit eine natürlich zustande kommende
Gehirnanämie.
Für die Wärraeapplikation zum Zwecke der
1 e i t u n g aus dem Gehirn hat die Hypurgie zweierlei
Blutab-
Heilmittel
Die Wirkung auf den SchlEuf.
kung ebenfalls
Blutgefäße
übrigens
zur Verfügung: einmal solche, welche selbst Wärme in sich entlialten
und diese an den Organismus abgeben, also Wärmeflaschen, Leibwärmer
und ähnliche Geräte, die mit warmem Wasser gefüllt werden, und so
das Plus an Temperatur von außen her dem Kranken beibringen:
oder aber sie bedient sich der Anwendung der feuchten Wärme in
Form der PRiESSNiTz'schen Umschläge und ähnHcher Einrichtungen,
in welchen der Körper die ursprünglich nur lauwarm oder gar kalt
auf ihn gebrachte Flüssigkeit, da sie
am Verdunsten und somit an der Ab-
kühlung gehindert ist, bis auf seine
eigene Temperatur erwärmt und sich
so mit einer warmen Dunsthülle um-
giebt, deren physiologische Einwir-
eine Relaxation der
ist. Eine solche kann
auch auf dem Wege der
Reaktion hervorgerufen werden, da-
durch, daß man solche „kalten Füße"
vor dem Zubettegehen mit kaltem
Wasser wäscht und sofort sorgfältig
trocken reiben läßt, wonach sie,
ebenso wie die direkte Applikation
von Wärme, d u r c h d i e reaktive
Erschlaffung der Blutgefäße
einen immerhin in Betracht kom-
menden Teil des Gesamtblutes aus
dem Gehirn ableiten.
Fig. 157. Niveausteller. Die von Dr. med. jACOBSOHM angegebene Vorrichtung
dient dazu, das eine Bettende durch Schraubendrehung höher zu stellen als das andere.
In erster Linie kommen hier warme Umschläge unter Verwendune:
dichter Gummistoffe und
dadurch bethätigen, daß
sie entweder die in dem
Umschlage enthaltene
Feuchtigkeit in diesem
zurückhalten und zur
Verwendimg gelangen
lassen oder aber die Um-
gebung vorDurchnässung
schützen. Es sind ins-
besondere die vielfach ge-
brauchten und bekannten
Peiessnitz 'sehen Um-
schläge, zu deren wesent-
licher Einrichtung diese
Bedeckung mit wasser-
dichtem Stoffe unerläß-
lich gehört. Man macht
solche Umschläge derart,
daß man ein Leinentuch
Fig. 158. XJmschlagwärmer. Der auf dem Untersatz befindliche Kasten ist
doppelwandig und wird vor dem Gebrauch innerhalb dieser do])pelten Wandungen mit
Wasser gefüllt ; die Einfüllungsöffnung darf während des Erliitzens nicht verschlossen
werden. Die zu erwärmenden Umschläge kommen in den eigentlichen Innenraum. Zur
Aufbewahrung lassen sich Untergestell und Lampe in dem Kasten unterbringen.
10*
■3^ 9*
wasser-
Zeuge in Frage, wo diese ihre Wasserundurchlässickcit
278
M. MENDELSOHN,
von einer dem zu bedeckenden Körperabschnitte entsprechenden Größe, also ein
Taschentuch, wenn man den Umschlag um den Hals legen, ein Handtuch, wenn man
Brust oder Leib damit bedecken will, in lauwarmes Wasser einbringt, dann aus-
windet, so daß die Leinwand, welche übrigens auch durch Parchent oder andere Stoffe
Pig. iri9. Thermophor. Das von Prof. Dr. roeil. QUINCKE angegebene, sehr sinn-
reiche und zweckmäßige Gerät ermöglicht es, beliebig lange Zeit warme Umschläge in loco
auf konstanter Temperatur zu erhalten. Für die einzelnen Körperteüe sind entsprechende
doppelwandige Schalen von geeigneter Form hergestellt, welche als Unterlage resp. Auf-
lage für den Umschlag dienen und welche die Temperatur des durch ihren Innenraum
dauernd cirkulierenden AVassers diesem mitteilen. Beim Geljrauche muß das Behältnis,
in welchem durch eine Spiritusflamme das Wasser erwärmt wird, niedriger stehen als das
Niveau, in welchem sich der Umschlag befindet, da nur so eine dauernde Cirkulation
durch den ganzen Apparat hindurch vor sich geht.
ersetzt werden kann, zwar noch ausgesprochen naß ist, jedoch nicht mehr trieft und
beim Auseinanderbreiten kein Wasser mehr abfheßen läßt, danach dieses naße Tuch
in vierfacher oder achtfacher Lage zusammenlegt und so, der zu bedeckenden Körper-
form angemessen und entsprechend zusammengefaltet, es direkt auf die Körperober-
fläche auflegt. Hierüber kommt dann die Bedeckung mit dem wasserdichten Stoffe, die
das wesentliche an der Manipulation ist , da sie bestimmt ist, die feuchte Wärme
des aus dem Uiuschlage verdunstenden Wassers an der Körperoberfläche festzuhalten
und zu bewahren. Es ist daher wichtig, daß diese Bedeckung mit einem durchaus
wasserdichten Stoffe geschieht, mit
Gumiuileinwand oder einem ihrer
Surrogate, mit Pergamentpapier oder
Wachspapier und ähnlichen wasser-
dichten Bedeckungen. !N^ur dort, wo
diese nicht zur Hand sind oder nicht
alsbald beschafft werden können, ist
es erlaubt, dicken Wollstoff in mehr-
facher Schicht an ihrer Stelle zu
verwenden , der aber immer nur
einen unvollkommenen Ersatz dar-
stellt. Auch muß außer dieser
Wasserundurchlässigkeit die be-
■ deckende Schicht aus dem gleichen
Fig. 160. W ä r m e k o m p r e s s e.
Die Wirkung auf den Schlaf.
279
Grunde die weitere Eigenschaft haben, daß sie größer ist als ihre feuchte Unterlage,
für die sie die Bedeckung abgiebt, daß sie also auf allen Seiten über diese hinans-
reicht. Der wasserdichte Stoff wird mit Flanell- oder Wollenbinden, die über ihn
gelegt werden, in seiner Lage unverrückbar festgehalten. Solche Umschläge werden
überhaupt, und insbesondere dort, wo sie zur Beförderung des Schlafes beitragen
sollen, nur alle 12 oder alle 24 Stunden gewechselt, da in ihnen eben die feuchte
Wärme zur andauernden Wirkung gelangen soll.
Wo man heiße Umsehläge zur Wirkung kommen lassen will, werden üblicher
Weise Breiumschläge angewandt; ein dicker Brei von Hafergrütze oder von Lein-
samen mrd gekocht und in Leinen-
hüllen eingeschlagen. Der Brei darf
nicht anbrennen; wenn er außer-
t halb des Krankenzimmers warm
gehalten werden soll, so wird der
ihn enthaltende Topf daher zweck-
mäßig nicht direkt, sondern in einem
zweiten mit Wasser gefüllten Topf
über das Feuer gestellt. Da solcher
Brei sich schnell zersetzt und sauer
wird, so muß alle Tage neuer zur
Verwendung kommen, ein Uebel-
stand, der sich jedoch vermeiden
läßt, wenn man dem Brei 2 Proz. ^'S- ^^l. Wilrmekompresse.
Fig. 160, 161. Zu Wännekompresseu wählt man zweckmäßig allseitig geschlossene
Gummisäcke (Fig. 160) , deren Inneres nar von einer Stelle aus durch die Oeffnung des
Schraubenverschlusses zugänglich ist ; man füllt sie am besten mit essigsaurem Natron, das
mit etwas Glycerln angerührt ist. Eine so gefüllte Kompresse ist auf einige Minuten in
heißes Wasser zu legen und danach in eine passende I'ilz- oder Stoffhülle zu geben
(Fig. 161); sie bleibt dann mehrere Stunden lang warm.
Borsäure zusetzt. Keinesfalls dürfen solche Breiumschläge zu heiß aufgelegt werden,
sie sind immer erst an der eigenen Haut zu prüfen; auch muß die Hautstelle, auf
welche sie gebracht werden sollen, vorher mit Lauohn oder mit Ocl oder sonst einem
Fette bestrichen sein.
Um im Krankenzimmer stets heiße derartige Umschläge zur Hand zu haben,
die ausgewechselt werden können, sind Kataplasmenwärmer im Gebrauche,
kleine Bleehkasten mit doppelten Wandungen, zwischen denen heißes Wasser sich
befindet, das durch eine untergestellte Spirituslampe auf seiner Temperatur erhalten
wird. Zweckmäßigerist der „Thermophor" genannte Kataplasmenwärmer von QuiNCJtE,
in welchem eigenartig geformte, einer jeden Körperstelle angepaßte hohle IMetall-
schalen, in denen heißes Wasser
zirkuliert , dem aufliegenden
Kataplasma an Ort und Stelle
die gewünschte Temperatur
übertragen und erhalten.
Auch alle diese Umschläge
lassen sich zweckmäßig zum
Schutze der Umgebung mit
wasserdichten Stoffen be-
decken. Man kann sich auch
aus Gmumi Kataplasmen, all-
seitig geschlossene Gummi-
behältnisse, herstellen lassen
und diese Kataplasmen
mit krystallisiertera
essigsauren Natron und
Fig. 162. Wärmeflasche. Das Gerät ist ans Metall gearbeitet; es muß einen
oberen Handgriff aus Wärme schlecht leitendem Material besitzen. Behältuifse aus Kupfer
eignen sicli am besten, sind jedoch nielit so wohlfeil wie solche aus Zinn oder anderem
Metall. Diese Geräte sind zum Erwärmen des Bettes bestimmt.
280
M. MENDELSOHN.
Glyceriü aufüUen; maa tauclit die so gefüllten Behältnisse in ganz heißes Wasser,
wodurch das in ihnen enthaltene Salz gelöst nird ; da das essigsaure Natron eine außer-
ordentlich hohe Präcipitations-'Warnie entwickelt, so teilt es diese Wärme, wenn das
Kataplasma mm auf den Körper aufgelegt ist und das Salz jetzt allmählich beim Ab-
kühlen des Umschlages aus seiner Lösung auskrvstallisiert, dem Gummibehältnisse
mit imd erhält es so mehrere Stunden lang, da das Auskrystallisieren nur allmäh-
lich \'or sich geht, in einer ausreichenden AVämie.
Wegen seiner Eigenschaft des hervorragenden Wärmeleitungsvermögens findet
das Metall in der Krankenpflege eine besondere Anwendung in den metallenen
Wärmeflaschen. Diese einfachen
Bettwärmer, welche aus ovalen oder
runden, flachen, allseitig geschlos-
senen Behältnissen bestehen, die an
ihrer oberen Fläche ein abschraub-
bares Verschlußstück tragen imd an
diesem der bequemeren Handhabung
wegen mit einem Kinge versehen
zu sein pflegen, werden mit heißem
Wasser gefüllt und kommen gewöhn-
lich am Fußende, jedoch unter be-
sonderen Umständen auch anderswo,
in das Innere des Bettes, um dies
Fig. lOiJ. AVi; iiu i.-d CSC. D.is vuu Dr. med. ilAJEAVSKI angegebene Gerät ist
zu dem Zwecke kuusiniieit, die Teuiiieraturerhöhang, welche beim Löschen des Kalkes
entsteht, als 'Wärmequelle für die Krankenpflege nutzbar zu machen. Die Dose ist aus
Zinkblech, von kreisrunder Form, mit abnehmbarem und durch Bajonettverschluß festge-
haltenem Deckel. Vor dem Gebrauch wird die Dose ztir Hälfte mit grob zerstoßenem,
frisch gebranntem Kalk von guter Qualität gefüUt : dazu werden allmählich 60 Geirichts-
prozente Wasser zugesetzt; sobald die Entwicklung der Wasserdämpfe abnimmt, wird die
Dose geschlossen und ist gebrauchsfähig. Die Anfangstemperattu- von 100" C sinkt so
allmählich ab, daß sie nach 4 Stunden noch höher als .37 " C ist. Sach dem Erkalten kann
der gelöschte Kalk zu Desinfektionszwecken Verwendimg finden, so daß die Füllung der
'W'ärmcdose hierdurch wohlfeiler wird. Eine besondere Bedeutung hat diese Verwendung
des frisch gelöscliten Kalkes zu Erwärmungszwecken überall da, wo heißes Wasser nicht
schnell und ausreichend genug zur Verfügung steht.
zu wärmen. Es ist auch hier wieder eine der ersten Regeln , niemals chese so-
genannten Wärmeflaschen, zumal wenti sie mit ganz heißem Wasser gefüllt sind, in
das Bett einzubringen, ohne sie
vorher mehrfach mit dicken, am
besten wollenen Tüchern um-
hüllt zu haben. Dieser Schutz
des Kranken vor Verbrennung
ist ein außerordentlich wichtiger :
es muß sich jeder, der solche
Wärmeflaschen zurHand nimmt,
zur Regel machen, sie niemals
in das Bett einzulegen, ohne
zuvor durch längeres, nicht
durch flüchtiges und oberfläch-
liches Auflegen der Hände fest-
zustellen, daß die durch Tücher-
umhüllung regulierte Wärme-
abeabe des Gerätes selbst bei
Fig. 1G4. Leibwärmer. Das aus Weißblech hergestellte und zur Füllung mit
warmem Wasser bestimmte Gerät wird mit HUfe eines Gürtels, welcher durch die beiden
auf der Konvexität befindlichen Oesen gezogen wird, auf dem Körper festgehalten und
kann so auch ambulant verwendet werden.
134
Die AVirkung auf den Schlaf.
281
"unmittelbarer Berührung mit der Körperoberfläche erträglich ist. Aber noch nach
■einer zweiten Richtung liin ist die Gefahr vorhanden, daß durch diese Gerate, wenn
sie imachtsam behandelt werden, der Krankesich vcrljrenneii kinii l"i nnn llnfreiu
Verschlusse des Gefäßes nach geschehener Ein-
füUung, wonach dann das heiße AVasser innerhalb
des Bettes auslaufen und dfn Körper schädigen
kann. Ein absolut wasserdichter Schkiß der Auf-
satzschrauben sowie ein sorgfältiges Zuschrauben
<lieser ist daher die zweite A'oraussetzung für eine
ohne schädliche Konsequenzen verlaufende Benutzung
solcher Wärmeflasehen. Auch darf inan sie, ebenfalls
um ein Zersprengen mid damit ein Verbrennen des
Kranken zu verhüten, nicht zu voll füllen; und vor
allem nicht, wenn sie ganz und gar mit AVasser
angefüllt sind, etwa um sie warm zu halten, auf
den Ofen stellen, wo sie bei steigender Temperatur
mit Sicherheit zersprengt werden würden. Aber
auch ganz leer und ungefüllt dürfen sie niemals
auf oder in den Ofen kommen, denn sie würden
zerschmelzen.
Diese metallenen AVärmeflaschen werden in der
Krankenpflege vielfach durch andere ähnliche Uten-
«ihen ersetzt; sogiebt es Wärmeflaschen aus Gummi,
■welche mit einer wollenen Hülle umgeben sind,
ebenfalls damit die 'Wärmeabgabe reguliert wird,
und die von manchen Kranken wegen ihrer leichten
Handhabung und besseren Anschmiegbarkeit den
metallenen AVärmeflaschen vorgezogen werden. In
ganz einfacher Weise können alsdann die AA^ärme-
f laschen durch jene Krücken ersetzt werden , wie
Fig. 165. Würmekissen. Die kleineren Exemplare der Gummi-Wasserkissen,
■welche durch ihre Kojupendiosität und ihr infolgedessen auch im gefüllten Zustande
nur geringes Gesamtgewicht, ohne allzu sehr zu beschweren oder zu drücken, auch auf
den Körper gelegt und auf ihm getragen werden können, dienen im Gegensatz zu den
großen Wasserkissen zur Füllung mit warmem, nicht mit kaltem, Wasser und finden dem-
entsprechend als Wämiekissen Verwendung.
man sie für AVeißbier oder für natürliche Mineralwässer zu verwenden pflegt; aber
es muß auch hier wieder, und bei den primitiven A^erhältnissen dieser Flaschen in
ganz besonders sorgfältiger Weise,
Sorge getragen werden, einmal daß
die Füllung nicht zu heiß ist und
nicht zu reichhch geschieht, sodann
■daß die Flasche nicht ohne eine zu-
reichende Umhüllung mit Tüchern in
das Bett gebracht wird, vor allem
aber, daß der A'^erschluß sicher und
fest ist, der hier durch einen gewöhn-
lichen Korkpfropfen vorgenommen zu
■werden pflegt, immer aber zur Siche-
rung noch durch Bindfäden, die über
den Kork hinweggehen und um den
Hals der Flasche zusammengeknüpft
werden, in seiner Lage festgehalten
Fig. 166. Wärmetasehe. Das für den unmittelbaren Gebrauch am Körper her-
gestellte Gerät, in dessen Filzhülle ein durchlöcherter Metalleinsatz sich befüidet, der das
glimmende Kohlenmaterial in sich schließt, ist wegen der Verbrcnnimgsgefahr, der Kohlcn-
oxydiMitwickelung und der Belästigung durch den dauernd entstehenden Qualm zu un-
mirtelbarer Ajiplikation nicht geeignet.
135
282
M. MENDELSOHX,
■werden muß. !N"ocli einfachere Improvisationen für den gleichen Zweck sind heiß
gemachte Ziegelsteine oder auch, wie e,s mancherorts nicht selten geschieht, Bügel-
eisen, welche in das Bett gelegt werden; imnaer dürfen auch diese Geräte nur
unter den mehrfach erwähnten Kau-
telen benutzt werden. Alle solche-
Wärmevorrichtungen müssen, wenn
ihre Wirkung anfängt nachzulassen,
in ihrer Füllung oder Erwärmung
erneuert werden, was durchschnitt-
lich, da die notwendige Umhüllung
einen sehr erheblichen Schutz gegen
allzu schnelle Abkühlung des Ge-
rätes gewährt, nur alle 6 Stunden
ungefähr notwendig zu werden
pflegt.
Fig. 167. Wärmekasten. Da.« Gerät dient in erster Linie zur Erwäi-mnng der
Füße; es ist darum mit dickem Stoffiiberzug versehen. Ein im Inneren befiniUielier
Metallkasten läßt in diesem eine dauernde Heizung durch geeignetes, glimmendes Brenn-
material geschehen. Für den Gebrauch im Bette oder in abgeschlossenen Räumen sind
diese Wärmekästen ganz ungeeignet.
Ein weiterer Weg steht der Krankenpflege, um zur Erzielung des gleichen
Effekts der Ableitung von Blut nach dem Verdauungstraktus zu gelangen, dahin
offen, warme Getränke darzureichen. Warme Getränke, welche vor dem Zu-
bettegehen genommen werden, wirken ebenfalls so, daß sie das Blut vom Gehirn
zum Magen hin ableiten; solche warme Flüssigkeiten sind Wein oder Grog, auch
Bouillon imd verschiedenartige Suppen, sowie warme Milch und ähnliche Getränke;
indes ist die Einwirkung dieser warmen Getränke insofern keine einheitliche, als-
sie, zumal die alkoholhaltigen, gleichzeitig die Herzaktion beeinflussen und anregen,
und mit einer Erhöhung dieser auch eine reichlichere Durchströmung des Gehirns-
mit Blut, also der dem hier gewollten entgegengesetzte Effekt einhergeht. Wirken
doch schwarzer Kaffee und ähnliche Stimulatien gerade dadurch schlafvertreibend,
daß sie die Herzaktion erhöhen.
Fig. 16S. Bett wärmegerät. Auch für das einfache ErwäiTaen der Kranken-
betten läßt sich mit Vorteil der in ei"ster Linie als Schwitzapparat konstruierte und in
Gebrauch gezogene „Plr^nis ä l'air chaud" verwenden.
1^6
Die Wirkung auf den Schlaf. 283
Dieser Zusammenhang zwischen Herzthätigkeit und Blutgehalt des
Gehirnes läßt sich nach anderer Richtung hin noch für den narkotischen
Effekt therapeutisch heranziehen; da Kälte die Herzaktion be-
ruhigt und herabsetzt, so kann die Anwendung dieses Be-
ruhigungsmittels in der Krankenpflege gleichfalls zu Zwecken der
Schlafherbeiführung dienen.
Wenn man Jemandem, der im warmen Lager schon längere Zeit zugebracht
hat, die Brust mit kühlen Flüssigkeiten oder Spirituosen, welche leicht verdunsten
und damit Abkühlung erzeugen, wäscht, oder ihn auch nur mit dem Oberkörper
in leichter Kleidung der Abkühlung durch die Luft aussetzt, so
wird damit oft der bis dahin ausbleibende Schlaf erzielt, eben auf dem Wege einer
Beruhigung der Herzaktion durch die Abkühlung und einer dadurch yeranlaßten
Einschränkung der Blutzufuhr zum Gehirn.
So wirken die Heilmittel der Hypurgie, welche hier Verwendung
finden können, indem sie ebenso wie eine große Zahl der medikamen-
tösen Narcotica die Blutzufuhr zum Gehirn verringern, als hypurgische
echte Schlafmittel, die auch für sich allein oft ausreichende und ge-
nügende Einwirkung auf das Zustandekommen des Schlafes entfalten
und seinen Eintritt allein für sich herbeizuführen vermögen.
Wenn so die Einwirkungen der Heilmittel der Krankenpflege bei
den eben abgehandelten beiden Teilaktionen für das Zustandekommen
des Schlafes solche sind, welche ebenso und in noch stärkerem Maße
auch auf arzneilichem oder anderweitigem therapeutischen Wege herbei-
geführt werden können, so nimmt die Krankenpflege nun von der
dritten Teilaktion: der Fernhaltung erregender Reize, fast
das ganze Gebiet für ihre Heilmittel allein in Anspruch.
Die den Schlafeintritt hemmende oder den vorhandenen Schlaf
unterbrechende Erregung des Gehirns und seiner Zellen
kann von allen den verschiedenen Zonen, innerhalb deren die
Krankenpflegeheilmittel überhaupt ihre Anwendung erfahren , aus-
gehen und aus ihnen allen auf den Kranken einwirken ; sie kann
also von der Körperoberfläche des Kranken selbst ihren Ausgang
nehmeu; oder aber von seiner unmittelbaren Umgebung, welche
das Krankenbett repräsentiert; sie kann aus der dritten Zone,
dem nächsten abgeschlossenen Lufträume, dem Krankenzimmer,
stammen ; oder schließlich auch aus dessen beiden weiteren Um-
gebungen : dem Gebäudekomplex, in welchem das Krankenzimmer sich
befindet, und dem weiteren Umkreise der ganzen Anlage. Und dem-
entsprechend kommen für diesen narkotischen Effekt Heilmittel aus
allen diesen Anwendungszonen in Betracht. Denn von überall her
können Reize auf den Kranken ausgehen, welche Erregungen hervor-
rufen, die den sonst zustande kommenden Schlaf thatsächlich nicht
eintreten lassen oder ihn, wenn er da ist, vorzeitig unterbrechen.
Unter diesen sind die einfachsten und die am leichtesten in ihrer
Wirkung zu übersehenden Regelungen von seilen der Hypurgie die-
jenigen , welche die peripheren Zonen betreft'en. Alle Reize, welche
auf die Gehirnzellen von außen her einwirken können und welche diese,
wenn sie sich auch bereits aus den beiden anderen Teilaktionen her
in einem ausreichend niederen Funktionieren befinden, trotzdem nun
wieder bis über den zum Zustandekommen des Schlafes
not wendigen Ruhezustand hinausheben, können in dreifach
verschiedener Weise zu den Centralorganen gelangen : entweder durch die
Psyche oder durch die specifischen nervösen Leitungen der Sinnes-
137
284 M. MENDELSOHN,
Organe, oder schließlich auf dem allgemeinen Wege jeglicher ner
vösen centripetalen Leitung, wie sie von jedem Punkte der Körper-
oberfläche oder auch des Körperinnern her bei ausreichender Intensität
als Schraerzempfindung zum Bewußtsein kommen, aber auch bei geringem
Grade der Reizeinwirkung immerhin entsprechende centrale Erregungen
erzeugen. Demgemäß können aus den äußeren Zonen der Um-
gebung des Kranken Erregungen derart im wesentlichen nur auf dem
zweiten dieser Wege auf die Sinnesorgane einwirken , wenn auch das
psychische Moment sehr häufig gleichzeitig damit in Aktion tritt und
nicht selten sogar, der Natur der Sache nach, über die rein sinnliche Er-
regung prävaliert. Denn es ist klar, daß ein verdächtiges Geräusch im
Zimmer, Avelches ein Kranker vielleicht, wenn auch irrtümlich, aus der
Anwesenheit eines Tieres in diesem sich erklärt und dem vorzubeugen
die Krankenpflege verabsäumt hat, oder ein starker Lichtschein durch
das Fenster, der etwa als Feuerbrunst aufgefaßt werden könnte,
nicht allein durch die Gehörs- und Gesichtsempfindungen wirksam
wird, sondern in noch höherem Maße durch die psychischen Er-
regungen, welche notwendigerweise damit verbunden sind.
Somit gehören unter die schlafbefördernden Krankenpflegeheil-
niittel, welche in diesem Zusammenhange therapeutische Einwirkung
auszuüben vermögen, alle diejenigen psychischen Heilmittel und die in
der Zwischen Stellung zwischen ihnen und den rein somatischen Heil-
mitteln stehenden Maßnahmen rein hygienischer, aber den Verhältnissen
der Krankenpflege angepaßter Art, wie sie die Regelung der Be-
leuchtung, wie sie die Sorge für Ruhe und alle die anderen
hierher gehörigen ähnlichen Vorkehrungen und Gestaltungen der
weiteren Umgebung des Kranken umfassen.
So ist besonders für Euhe im KraDkenzimmer Sorge zu tragen, dahin
zu wirken, daß alle unnötige Unruhe und jeder überflüssige Lärm unterlassen und
vermieden wird. Schon im Krankenzimmer selber und ebensowohl auch in den ihm
benachbarten Räumen kann Unruhe dadurch entstehen, daß einzelne Objekte nicht fest
und stabil angebracht sind, daß beispielsweise die Zipfel von Gardinen und Vor-
hängen hin und her flattern, daß Einrichtungsutensilien, welche benutzt werden,
knarren und quietschen, daß Porzellan- oder Metallgegenstände klirren, zumal bei
Bewegungen oder beim Umhergehen im Zimmer. Alles das hat, so unbedeutend und
ungelebrt es auch zunächst erscheinen mag, für den Kranken eine große Wichtig-
keit; es ist immer imd in allen Fällen abzustellen. Ist doch sogar sorgsam darauf
zu achten, daß auch die Stiefelsohlen der Personen in der Umgebung des Kranken
nicht knarren dürfen.
Ebenso ist ein ganz besonderer Wert auch darauf zu legen, daß weder die
zum Krankenzimmer selbst führenden Thüren, noch andere in der Nähe befindhchen
Thüren kreischen und quietschen; wenn sie ein wenig mit Oel geschmiert werden,
läßt sich diesem Uebelstande immer mit Sicherheit abhelfen. Allerdings kann auch
eine ganz und gar geräuschlose Thür durch eine schlechte Handhabung Unruhe er-
zeugen. Wenn sie selbstverständlich auch niemals etwa ins Schloß geworfen werden
darf, so ist auch nicht einmal gestattet, sie ins Schloß zudrücken; auch kann, wenn
man die Thür während des ganzen Aktes des Oeffnens und Wiederschließens auch
nur einen Augenblick aus der Hand läßt, sei es durch Zugluft, sei es durch etwa
an ihr angebrachte Vorrichtungen oder durch eine etwaige schiefe Stellung der Auf-
hängungspunkte der Thür von selber ein Zuschlagen oder ein Zufallen entstehen;
auch der Drücker, der ebenso geräuschlos gehen maß wie die ganze Thür
in ihren Angeln, kann durch sein plötzliches Zurückschnellen Störung verursachen.
Die einzige zweckentsprechende Handhabung einer Thür, die in ein Kranken-
zimmer führt, ist die, daß man langsam den Drücker herunterdrückt, ihn in dieser
Lage beläßt und festhält, während man die Thür öffnet, alsdann ohne ihn los zu
138
Die Wirkung auf den Schlaf.
285
lassen den herabgedrüokten Drücker der anderen Seite beim Hinduix'htrclen mit der
zweiten Hand ergreift und in der gleichen Weise die Thür zum Schluß bringt,
um nun erst langsam den Handgriff wieder in die Höhe gehen zu lassen. Auf diese
Weise läßt sich ein absolut geräuschloses Oeffnen und Schließen der Thür eines
jeden Krankenzimmers erzielen.
Daß Thürglocken und sonstige Schellen, also insbesondere auch die Telephon-
glocken, bei Kranken, welche dadurch erschrecken und darimter leiden, außer Thätig-
keit gesetzt werden müssen, ist allgemein üblich; bei den Thürglocken alten Systems
umwindet man den Klöppel mit Tuch oder mit Watte, die elektrischen Glocken
werden einfach durch ein Lösen der Schrauben an den Zuleitungsdrähten außer
Thätigkeit gesetzt, das Telephon ist abzuhängen. Zudem läßt man, wo zwei Auf-
gänge zur Wohnung vorhanden sind, je nach Erfordernis denjenigen, welcher dem
Krankenzimmer benachbart ist, unbenutzt.
Unruhe und Störungen aus der weiteren Umgebung sind unter unseren
modernen Verhältnissen allerdings nur in sehr eingeschränktem Maße in Schranken
zuhalten; in den Jlietshäusern mit ihren vollgefüllten Wohnungen, in welchen in den
Großstädten oft eine ganze Anzahl von Familien und Parteien eng zusammenhängende
Zimmer mit einander teilen , ist das noch erhebhch schwieriger als unter ein-
fachen Verhältnissen. Hier hängt alles von dem guten Willen der weiteren Um-
gebung ab. Wenn auch bei ganz bevorzugten Personen, auf der Höhe des Lebens,
sich die Abhaltung von störendem Geräusch sogar bis auf die Straße erstreckt, wo
das Pflaster mit Stroh bedeckt wird, um den Wagenlärm auszuschalten, wo viel-
leicht der ganze Verkehr sistiert und in andere Bahnen gelenkt wird, so ist umge-
kehrt auch unter sonst günstigen sozialen Verhältnissen bei der immer mehr Aus-
breitung gewinnenden Bauart der Häuser mit Materialien aus guten Schallleitern,
mit Eisenträgern und dementsprechend dümien Wandungen, ein Geräusch und ein
Lärm, der in irgend einer Etage entsteht, durch das ganze Haus hindurch hörbar
und fühlbar. Diese Verhältnisse lassen sich eben nur andeuten; der Arzt hat auf
sie zu achten und sie zu regeln, so weit es im Bereiche der Möglichkeit liegt; oft,
sehr oft vielleicht, wird diese Möglichkeit versagen. Dann aber sorge man wenigstens
dafiu-, daß kein plötzliches lautes Geräusch den Kranken, zumal wenn er schläft
oder einschlafen wUl, erschreckt. Denn es ist überhaupt hier als Thatsache festzu-
halten, daß eine Gewöhnung an Störungen selbst erheblicher Art, wenn diese nur
kontinuierlich sind und nicht unerwartet und plötzlich einsetzen, in sehr weitgehendem
Umfange vorkommen kann, in einem solchen sogar, daß das zufällige Aufhören und
Ausbleiben eines sonst regelmäßig vorhandenen
und gewohnten Geräusches deutlich empfunden
wird; ein Vorgang, der sich bis zu dem Grade
steigern kann, daß bei einem solchen Cessieren
einer gewohnten Störung der Kranke sogar aus
dem Schlafe erwacht.
Daß die ganze Einrichtung und Umgebung
eines Kranken eine freundliche, behaglich heitere
Einwirkung in ihm erwecke, ist in diesen Aus-
führungen hier wiederholentlich als notwendig
betont worden. Das kann aber selbst bei sonst
entsprechender Einrichtung nur dann thatsächlich
zutreffen, wenn die natürliche Beleuch-
tung d e s Z i m m e r s , die Anlage seiner Fenster
ebenso wie die bereits erörterte Stellung des
Bettes innerhalb des Zimmers in seinem Verhält-
nisse zu den Fenstern derartige sind, daß dieser
freundliche Gesamteindruck des Ganzen möglich
wird und dem Kranken zur Perception kommt.
Fig. 169. Naehtlampeu. Sehr kleine Lampen mit allseitig geschlossener matter
Glocke sind für die Beleuchtung der Krankenzimmer zweekmiißig. Sie sind leicht beweg-
lich und können, da der obere Teil an ihrem Stativ schwebend aufgehängt ist, auch an
beliebigen Stellen der Wand, insbesondere hinter dem Kopfende des Bettes, angehraelit
werden.
ijO
286
M. MENDELSOHN,
Es muß daher ein jedes Krankenzimmer reichlich natürliches Licht empfangen, als»
hohe und weite Fenster haben ; denn es ist sehr einfach und eher möglich, ein Zuviel
an natürlicher Belichtung durch Gardinen und ähnhche Vorrichtungen abzuhalten,
als etwa umgeliehrt durch l5:ünstliche Maßnahmen mehr Licht in ein Zimmer hinein
zu bringen. Nur soll die Sonne nicht unmittelbar auf den Kranken strahlen, ihn
nicht blenden oder ihn etwa direkt ins Gesicht treffen ; die Anordnung muß aber doch
so geschehen, daß jedenfalls direktes Sonnenlicht unmittelbar in das Zimmer hinein-
fällt: wenn der Kranke schon verhindert ist, die Sonne selber zu sehen, so soll es
sie wenigstens scheinen sehen. Und darum ist die häufig aufgestellte Forderung:
Fig. 170. B eleu chtuDgä-Yorri cht ung für Krankenzimmer. Um die
vielen und großen Vorzüge dos elektrischen Lichtes, welches wenig oder gar keine Ver-
brennungsprodukte bildet, auch Kraukenzimmern zu gute kommen zu lassen, ist es not-
wendig, die Wirkung der einen, intensiven Lichtquelle über den gauzen zu beleuchtenden
Raum zu verteilen; ein Erfordernis, das für jeden Krankenraum, gleichviel durch welche
Art der Beleuchtung er erhellt wird, Geltung hat. Die von Dr. med. SCHULTZE ange-
gebene BeleuchtungsvorrichtHng für Krankenzimmer besteht in einem eigenartigen großen
Reflektor, welcher beweglich unter der Decke angebracht ist und eine Glühlichtlampe in
sich schließt; die Lichtquelle ist dabei von drei Kegelmantelsegmenten umgeben, von denen
zwei mit iliren Spitzen nach unten, eines nach oben gerichtet ist, und die auf ihren der
Lampe zugewendeten Flächen mit einem nicht spiegelnden, das Licht diffus reflektierenden
Ueberzuge versehen sind. Durch diese Anordnung der reflektierenden Flächen wird eine
direkte Bestrahlung nur für die Zimmerdecke und die oberen Abschnitte der Seitenwände
möglich, während der ganze übrige Raum nur Lieht erhält, welches von diesen zurück-
geworfen wird ; und zwar bildet dies eine überall gleichmäßige, fast völlig schattenlose
Beleuchtung. Wie weit sich die direkte Beleuchtung der Seitenwände von der Zimmer-
decke her an diesen nach unten hin erstreckt, hängt von der mehr oder minder hohen
Axifliängung des Apparates ab. Die Beleuchtung ist bei höchster Aufhängung des Appa-
rates ein Dämmerlicht, das noch alle nicht zu kleinen Gegenstände deutlich erkennen
und die notwendigen Verrichtungen der Krankenpflege ausführen läßt ; bei niederster
Aufhängung des Apparates dagegen ist der Saal so hell erleuchtet, daß man überall ge-
wöhnliche Schrift lesen kann. Die Regelung geschieht auf einfachste Weise durch eine
über eine Rolle laufende Schnur mittels einer kleinen Winde.
140
Die Wirkung auf den Schlaf. 287
ein gut gelegenes Krankenzimmer solle mit seinen Fenstern nach. Norden hin gerichtet
sein, keineswegs in dieser Allgemeinheit anzuerkennen, wenn auch sicherlich Jahres-
zeit und Oertlichkeit im einzelnen Berücksichtigung erheischen, und man ohnedies
im heißen Sommer kein Zimmer für den Kranken wählen wird, dessen Hauptwand
<3em Anprall der Sonnenstrahlen ungeschützt ausgesetzt ist.
Im Krankenzimmer muß die künstliche Beleuchtung des Nachts
eine allerdings nur mäßige Helle schaffen, welche in sehr zweckmäßiger und für die
meisten Fälle völlig ausreichender Weise durch die bekannten Schwimmerchen erzielt
wird, kleine Kerzchen, welche auf einem Korkschwimmer ruhen, das Ganze in irgend
einem beliebigen Gefäße, gewöhnlich einem Trinkglase, auf Brennöl schwimmend,
welches man aus Gründen der Sparsamkeit nicht ganz und gar mit Gel erfüllt,
sondern zum überwiegendsten Teile mit Wasser, auf dem dann das darüber gegebene
Brennöl steht. Hier besteht das eigentliche, den Zwecken der Beleuchtung dienende
Gerät also aus einem gewöhnlichen Trinkglase. Von sonstigen Beleuchtungsarten
findet am besten das elektrische Licht Verwendung, aus Gründen, die nicht weiter
auseinandergesetzt zu werden brauchen; nur daß die üblichen, durchscheinenden
Glasbirnen für das Krankenzimmer besser durch solche aus Milchglas ersetzt werden.
Eine ganz vortreffliche Verwertung des elektrischen Lichtes für das Krankenzimmer
gestattet eine sinnreiche, von Dr. med. Schultze angegebene Beleuchtungsvorrichtung.
Die Verwendung von Petroleumlampen ist weniger zu empfehlen, schon des Geruches
wegen, der besonders, wenn die Lampen zu hoch geschraubt sind, sich in sehr un-
angenehmer Weise geltend macht; viel besser sind die alten, jetzt allerdings sehr aus
der Mode gekommenen Moderateurlampen, welche keinerlei Qualm erzeugen. Auch
dicke Wachskerzen mit dünnem Docht sind gar nicht übel; Gas dagegen ist unzweck-
mäßig, schon wegen der Hitze, welche es verursacht, tmd wegen der Luftverderbnis
durch die starke Kohlen säureentwickelun g ; wo es nicht zu umgehen ist, dürfte das
jetzt so sehr in Aufnahme gekommene Gasglühlicht die Nachteile, welche das
Leuchtgas an sich hat, erheblich einschränken, wenn es natürhch auch nicht die große
Gefahr für ein Krankenzimmer zu beseitigen vermag, welche eine jede Gaszufuhr
zu einem solchen hat: daß ausströmendes Gas Intoxikationen erzeugt.
Als eine wichtige Regel der Anwendung, welcher Lampen auch immer als Be-
leuchtungskörper muß jedoch stets die festgehalten werden, daß niemals eine
Lampe im Krankenzimmer selber angezündet oder gelöscht werden
darf; es hat dies immer außerhalb des Krankenzimmers zu geschehen, die Lampe
ist bereits brennend herein zu bringen und ebenso wieder hinaus zu tragen. Auch
muß, ob es nun eine Lampe oder ein anderes Beleuchtungsgerät sei, die Stelle des
Zimmers, an welcher das Krankenbett und insbesondere das Gesicht des Kranken
sich befindet, vor der direkten und unmittelbaren Beleuchtung ge
schützt werden, am besten durch einen Lampenschirm, welcher an der dem
Kranken zugekehrten Seite an die Lampenglocke gehängt wird und den man auch
dadurch improvisieren kann, daß man ein Stück Stoff, am angemessensten aus
grüner Farbe, in ähnhcher Weise an der Lampenglocke befestigt ; oder indem vor
die Lampe ein großes, mit festem Deckel versehenes und halbaufgeklapptes Buch
gestellt wird.
In noch höherem Maße als diese Fernhaltung aller störenden
exoterischen Reize aus der weiteren Umgebung des Kranken her sind
diejenigen Heilmittel der Hypurgie schlaf befördernde, deren Einfluß
in der unmittelbaren Umgebung des Kranken wirksam
ist und die es vermögen, äußere Reize, welche auf dem Wege der
centripetalen Nervenleitung die Zellen der Centralorgane treffen und
erregen können, fernzuhalten oder abzuschwächen und zu mildern.
Solche Reize brauchen nicht immer von der äußeren Oberfläche des
Körpers auszugehen , sondern können auch von mehr inneren
Oberflächen aus wirken: vom Schlünde und den obersten Partien
der Luftwege bis zur Epiglottis hin. Oft entstehen sie hier dadurch,
daß Schleimpartikelchen oder Auswurfsteilchen an diesen Stellen fest-
141
288 M. MENDELSOHN,
haften : oder aber die Schleimhaut ist kongestioniert und durch diese
Hyperämie empfängUcher für sonst gleichgiltige Reize.
Unter solchen Verhältnissen sind schleimige Getränke, Leinsamenthee,
Gummischleim und ähnliche Zubereitimgen, wie man sie hier zu verwenden pflegt,
insofern zweckmäßig, als sie die Wandungen dieser obersten Luftwege mit einer dünnen
anhaftenden Flüssigkeitsschicht überziehen, welche reizmildernd wirkt und neue Eeize
fern hält; auch Gurgelungen vermögen hier gleiche Effekte zu erzielen.
Da nun aber die Aufgabe, erregende Reize, von der
äußeren Oberfläche des Körpers fernzuhalten, hier gerade
die vornehmste und, wenn sie zweckentsprechend gelöst wird, in ihren
günstigen narkotischen Einwirkungen die wirksamste ist, so haben
von den Heilmitteln der Hypurgie die größte Bedeutung diejenigen,
welche dieser Aufgabe genügen können. Schon aus der bereits ge-
schilderten Klasse von Heilmitteln hygienischer Art gehört die Regelung
der Lüftung und Heizung des Krankenzimmers hierher;
besonders hohe Lufttemperaturen schaffen Erregungs-
zustände der Centralorgane, bei welchen der Schlaf nur unvoll-
kommen zustande kommt. Vor allem sind es auch die vielen materiellen
Geräte und die somatischen Vornahmen, welche dadurch, daß sie
mechanische Reize, Druckwirkungen und ähnliche
Störungen möglichst beseitigen, zur Beförderung des Schlafes
mitwirken; die derartigen Heilmittel haben zwar in erster Linie anästhe-
sierenden Eifekt und durch diese ihre Wirkung üben sie erst indirekt
narkotischen Einfluß aus ; aber sie müssen auch in diesem Betracht er-
wähnt werden. Und es sei nochmals auch an dieser Stelle hier darauf
aufmerksam gemacht, daß es sich keineswegs um so starke Reize oder
vielmehr um deren Beseitigung durch die Heilmittel der Krankenpflege
zu handeln braucht, welche etwa als ausgesprochene Schmerzempfindung
zur Perception kommen ; ein jeder der vielen und mannigfachen Reize, wie
sie ununterbrochen und dauernd auf die Nervenendigungen an unserer
Körperoberfläche einwirken, wie sie nicht nur aus der diese umgebenden
Luft, sondern aus den Bewegungen, aus dem direkten Kontakt mit
allen möglichen Dingen entspringen, wie sie besonders bei den bett-
lägerigen Kranken durch die unvermeidliche innige Beiührung mit den
mannigfachsten Objekten seiner Kleidung, seines Lagers, seiner
Krankenpflegegeräte in ganz verstärktem Maße da sind, um so mehr
als die Schwere des eigenen Körpers die einfache Kontaktwirkung hier
vielfach durch den hinzutretenden Druckeffekt vergrößert, sie alle
gehören hierher ; und alles, was von den Hilfsmitteln und Heilmitteln
der Krankenpflege zur Verfügung steht, um diese, wenn auch an-
scheinend so geringen Reize zu beseitigen oder zu
mildern, hat einen oft weitgehenden Effekt auf den Ein-
tritt und die Dauer und Intensität des Schlafes; und alle
diese Mittel müssen mit vollem Rechte den therapeutischen Schlaf-
mitteln zugerechnet werden.
Alle die vielfachen, hier in solchem Zusammenhange zur Wirkung kommenden
Heilmittel sind, da ihre wesentlichste und unmittelbarste Einwirkimg zunächst die-
ienige auf die Schmerzfreiheit ist, in der Hauptsache in dem diese therapeutische
Einflußnahme behandelnden Kapitel und an anderen Orten des Werkes erörtert, so
daß ihre Besprechung an dieser Stelle hier sich erübrigt.
142
Die Wirkung auf die Körpertemperatur. 289
KAPITEL VI.
Die Wirkung auf die Körpertemperatur.
Das Bestreben, dem Körper in Krankheiten Wärme zu entziehen,
tritt in wechselnder Intensität in den verschiedenen Perioden der Ent-
wicklung der Therapie immer wieder zu Tage; und insbesondere dort,
wo es sich wie bei den fieberhaften Krankheiten um abnorm erhöhte
Temperaturen handelt, welche durch therapeutische Beeinflussung zur
Norm zurückgeführt werden sollen. Wie weit ein solches Bestreben
angebracht und gerechtfertigt ist, in welchem Maße eine derartige
Herabsetzung der gesteigerten Körpertemperatur nützlich oder schäd-
lich wirkt, zu erörtern, ist hier nicht angebracht; jedenfalls bedient
sich die Therapie, und in der neuesten Zeit mehr denn je, einer großen
Reihe von Arzneikörpern, welche als Antipj'retica bezeichnet werden,
und deren augenfälligste Wirkung im menschlichen Körper eine Herab-
setzung der Temperatur ist, eine Herabsetzung, die übrigens bei diesen
medikamentösen Heilmitteln ebenso wie bei allen anderen derartigen
Heilmitteln um so prompter und um so ergiebiger stattfindet, je mehr
die ursprüngliche Temperatur über die Norm hinaus erhöht war,
während bei normaler Temperatur das Wärmeregulierungsvermögen
des Körpers stark genug ist, um hier gar keine oder nur geringfügige
Einwirkungen durch künstliche AntipjTese zustande kommen zu lassen.
Nun kann eine Herabsetzung übermäßig erhöhter
Temperatur durch zweierlei principiell verschiedene Einwirkungen
vor sich gehen, eine Zweiteilung, welche sich von selber ergiebt: da-
durch, daß die vermehrte W ä r m e p r o d u k t i o n einge-
schränkt, in Schranken gehalten wird ; oder aber, daß der erhöhten
W ä r m e b i 1 d u n g auch eine vermehrte Wärmeabgabe
nach außen hin entspricht, die ihr die Wage hält. Während
in der Gesundheit der Körper über ausreichende Regulationsvor-
richtungen verfügt, um die Bilanz der durch die Lebensvorgänge ent-
stehenden , durch die Oxydation in den thätigen Muskeln und den
großen Körperdrüsen produzierten Wärme, und der an der Körper-
oberfläche und zum Teil auch durch die Lungen vor sich gehenden
Wärmeabgabe stets auf demselben Stande, auf der Höhe der normalen
Körpertemperatur zu erhalten, geht dieses Regulationsvermögen bei
den fieberhaften Krankheiten verloren ; und es kann an dieser Stelle
hier ununtersucht bleiben, ob durch eine Vermehrung der Wärme-
produktion oder durch eine Verminderung der Wärmeabgabe. Jeden-
falls sind therapeutische Einwirkungen nach dieser Richtung hin denkbar,
umsomehr als ein die Wärmeproduktion regelndes Wärmecentrum auf-
gefunden worden ist, so daß also arzneiliche Beeinflussungen dieses
Centrums einen die Wärmeproduktion herabsetzenden Eflekt haben
könnten ; und in der That scheinen arzneiliche Antipyretica auch nach
dieser Richtung hin wirksam zu sein. Besonders aber muß ein jeder
pharmakodynamisch wirksamer Körper, wenn er die Oxydation ver-
mindert, damit auch die von ihr ausgehende Wärmeproduktion herab-
setzen.
143
290 M. MENDELSOHN,
Von den beiden Teilaktionen des gewollten Endeffekts^ der Auti
pyrese, von der Herbeiführung einer Verminderung der Wärme-
produktion einerseits also, oder der Steigerung der Wärmeabgabe auf
der anderen Seite, haben die Heilmittel der Krankenpflege im Gegen-
satz zu den medikamentösen Mitteln nur eine Einwirkung auf die
zweite Teilaktion, nur einen Einfluß auf die Herabsetzung der
Körpertemperatur durch die Steigerung der Wärmeab-
gabe. Diese Wärmeabgabe findet von der gesamten Körperoberfläche
aus statt und hängt auch hier wiederum von zwei verschiedenen
Faktoren ab: einmal von dem Grade, in welchem das den Körper
umgebende Medium, dieLuft, im Stande ist, Wärme auf-
zunehmen, uud sodann von dem Maße, in welchem d er K ö r p e r
selber vermag oder befähigt wird, an seiner Oberfläche
Wärme abzugeben. Es liegen also auch hier die Dinge so, was
gerade für die Heilmittel der Krankenpflege von größter Bedeutung
ist, daß für die AntipjTese ebenso wie für die Diaphorese das Maß
der von der Körperoberfläche verdunstenden Flüssigkeit zum wesent-
lichsten Teile davon abhängt, wieviel die umgebende Luft überhaupt
von diesem Wasserdampf noch in sich aufzunehmen vermag, daß also
die exoterische Gestaltung, die Regelung der Verhältnisse der un-
mittelbaren Umgebung des Körpers des Kranken sehr wesentlich mit-
wirken bei dem Zustandekommen des schliesslichen, therapeutisch ge-
wollten Endeffekts.
In Bezug auf eine Steigerung der Wärmeabgabe vermögen die
Heilmittel der Krankenpflege nach beiden möglichen Richtungen hin
wirksam zu sein , indem sie häufig sowohl das umgebende
Medium derart b eeinfluss en, daß die Wärmeabgabe an
dieses erleichtert und gesteigert wird, als sie auch den
Körper selber zu vermehrter Wärmeabgabe veran-
lassen können.
Die Einwirkung der Krankenpflegeheilheilmittel hinsichtlich der
größeren Aufnahmefähigkeit von Wärme in die den
Körper umgebenden Medien beruht darauf, daß die Wärme-
kapacität einer feuchten Luft erheblich größer ist als die einer
trockenen, daß also dieselbe, nach Temperatur und auch nach allen
sonstigen Verhältnissen gänzlich gleiche Luft, wenn sie feucht und mit
Wasserdampf ausreichend gesättigt ist, erheblich viel mehr Wärme
von einem mit ihr in Kontakt stehenden Objekte entnimmt, als wenn
sie trocken ist. Dazu kommt noch ein zweites Moment, daß nämlich
eine mäßig bewegte Luft, bei welcher immer neue Luftmengen mit
dem Wärme abgebenden Objekt in Berührung kommen, ein größeres
Abkühlungsvermögen entfaltet als eine ruhige und stagnierende Luft.
Das sind Blrscheinungen, die schon aus der subjektiven Empfindung,
welche sie im Körper erzeugen, sich erkennen lassen ; ganz außer-
gewöhnlich tiefe Temperaturen werden von uns nicht in dem Maße
kalt empfunden wie nur relativ mäßige Kältegrade, weil bei diesen
letzteren die Luft feuchter ist als bei großer Kälte, und daher ihr
Wärmeentziehungsvermögen hier ein stärkeres und für uns empfind-
licheres ist. Und ebenso erweckt bei selbst recht hoher Aussen-
temperatur dennoch jeder Windhauch und jeder Luftzug auf der Ober-
fläche des Körpers das Gefühl der Abkühlung, eben weil hier sich
durch die Summation der an sich nur kleinen Mengen von Wärme-
aufnahme, welche ein jedes Luftquantum leisten kann, im ganzen doch
144
Die Wirkung auf die Körpertemperatur. 291
ein abkühlender Ettekt herausbildet, da eben diese wärnieentziehenden
Luftquanten immer wieder sich erneuern.
Es sind dalier in der Krankenpflege alle diejenigen
Heilmittel, welche der Luft die beiden Eigenschaften
eines gewissen Feuchtigkeitsgehaltes und einer mög-
lichsten Erneuerung und selbst mäßigen Bewegung zu
erteilen vermögen, durch die fördernde Einwirkung auf diese Teil-
aktion der Antipyrese als wärmeentziehende Mittel, als Hilfsmittel einer
Herabsetzung der Körpertemperatur anzusehen. Das sind einmal die
hygienischen Einrichtungen der Ventilation, welche für regel-
mäßige Lufterneuerung sorgen, Maßnahmen, die, zumal wenn ein gewisser
Wärmegrad der Luft dabei eingehalten werden soll, gar nicht immer
so einfach, wie es zunächst scheinen könnte, ins Werk zu setzen sind
oder sich etwa gar von selber ergeben. Sodann gehören die für die
Zwecke der Krankenpflege eigens konstruierten Geräte, die Luft-
anfeuchter und Verdunstungsapparate, welche der Zimmer-
luft einen bestimmten Feuchtigkeitsgehalt verleihen, und die anderen
nach gleicher Richtung wirkenden Vornahmen hierher. Zu dritt aber
wii'ken auch alle die Bestandteile des Krankenbettes selber, alle die
vielfachen und verschiedenartigen Einrichtungen, welche für die Lagerung
und Bedeckung des Kranken in Betracht kommen und zu
denen natürlich auch die Bettkleidung des Kranken selber gehört, auf
diesen und seine Wärmeabgabe und die ihn unmittelbar umgebenden
Schichten der Luft; denn es kommt ja nur indirekt darauf an, daß
die notwendigen Eigenschaften der Luft in der gesamten Zimmer-
luft vorhanden sind , wesentlich und von Einfluß werden sie nur in
der nächsten und unmittelbaren Umgebung des Kranken. Und so
wirken daher alle Krankenpflegeeinrichtungen, welche einen leichten
und größtmöglichen Austausch der im Bette des Kranken und inner-
halb seiner Bekleidung befindlichen Luftschichten mit der nach Mög-
lichkeit für die Zwecke der Antipyrese günstig gestalteten Zimnierluft
herbeiführen und fördern helfen, ebenfalls als Antipyretica.
Alle diese Maßnahmen und Geräte sind in ihrer Art und Anwendung in den
Kapiteln beschrieben und erörtert worden, welche von der Wirkung auf die Schmerz-
freiheit, die Eeinlichkeit und die Expektoration handeln. Es ist daher nicht von-
nöten, sie hier nochmals zu beschreiben, trotz ihrer sehr wesentlichen Einflußnahme
auf die Körpertemperatur des Kranken.
Nach der zweiten Richtung hin, die Kör per ob er fläche zu
befähigen, stärker Wärme abzugeben, sind unter den Heil-
mitteln der Krankenpflege zunächst alle diejenigen wirksam, welche
ihre besondere Bedeutung und Besprechung bei der Wirkung auf die
Diaphorese finden, da sie imstande sind, die Schweißsekretion zu ver-
mehren, so daß größere Mengen von Schweiß auf der Haut verdunsten.
Denn eine jede Verdampfung von Wasser bindet große Mengen von
Wärme; und so wird durch die Heilmittel der Kraukenpflege, welche
auf die Erhöhung der Schweißsekretion wirksamen Einfluß
haben, ebenfalls auch eine Steigerung der Wärmeabgabe und damit
eine Antipyrese bewirkt.
Denselben Effekt in gewissem Maße auszuüben vermag der Genuß von
Alkohol, insofern als dieser die Gefäße der Hautoberfläche erweitert imd mit
dieser Erweiterung auch eine Erhöhung der Wärmeabgabe herbeiführt ; ein Vorgang,
der identisch mit der Wirkung mancher arzneilicher Antipyretica ist, indem diese im
gleichen Sinne auf das vasomotorische Centrum einwirken und damit ihren anti-
pyretischen Einfluß ausüben.
Handbucli der spec. Therapie inn. Krankli. Suppl. I. Hefl 3. OQ
Mendelsohn, Krankenpflege. _.- •^/\
292 M. MENDELSOHN,
Die allerraächtigste Antipyrese aber besitzt die Krankenpflege
in der Möglichkeit, direkte und unmittelbare AVärmeent Ziehungen
durch Kontakt hervorzurufen, und beherrscht damit die zweite
Teilaktion der Antip.yrese, welche ihr zugänglich ist, fast vollständig
und ausschließlich. Es ist selbstverständlich, daß, wie sehr auch die
Wärmeregulationsvorrichtungen im Körper einem solchen gewünschten
Effekte entgegenarbeiten mögen, bei einem direkten Kontakt des
fiebernden Organismus mit einem wesentlich kühleren Medium eine
Wärmeentziehung an der beeinflußten Körperstelle vor sich gehen
muß, deren Intensität von der zur Verwendung kommenden Temperatur-
differenz und von der Zeitdauer der Einwirkung abhängt.
Da wir in dem Wasser in der Form von Bädern ein solches
Mittel besitzen, welches nicht nur auf das genaueste in seiner Tem-
peratur reguliert zur Anwendung gelangen kann, sondern auch ganz
nach Erfordernis einzelnen Körperpartien oder auch der gesamten
Oberfläche sich applizieren lässt, so hat hier durch direkte Wärme-
entziehung die Krankenpflege in dem kalten Bade ein Heilmittel,
welches zu den mächtigsten Antipyreticis zu zählen ist.
Ueber Bereitung unrt Anwendung kalter Bäder ist bei der Wirkung durch Rein-
lichkeit in dem betreffenden Kapitel das Notwendige gesagt.
Für geringere und nur lokale AVärmeentziehuugen, die dann aller-
dings nicht mehr als Antiimese, sondern als lokale Antiphlogose an-
zusehen sind, stehen sodann der Krankenpflege die materiellen Heil-
mittel der kühlen und kalten Umschläge, vor allem aber der Eis-
applikationen zur Verfügung, welche an den einzelnen Körperstellen
antiphlogistische Einwirkungen ausüben und in ihrer Intensität eben-
falls durch die Art und die Dicke der zwischen sie und die Körper-
oberfläche gebrachten Schichten von mehr oder minder gut wärme-
leitendem Material reguliert werden können. Allerdings ist schließlich
auch ein kühles Vollbad, welches ein starkes Antipyreticum bildet,
nur ein Heilmittel der lokalen Antiphlogose, wenn auch die lokale
Applikation hier die g e s a m t e K ö r p e r o b e r f 1 ä c he b e t r i f f t ;
und andererseits gehen auch die Heilmittel der lokalen
Antiphlogose in die AV i r k u n g der allgemeinen A n t i -
pyretica über, als unter jeder so beeinflußten Körperpartie Blut
cirkuliert und, wenn ihm da Wärme entzogen ist. mit diesem Wärme-
verlust weiter in die anderen Körperteile wandert: so daß man also
durch eine Eiski-avatte, welche den Hals ganz umschließt, wo hier die
beiderseitigen Carotiden der Einwirkung unterliegen und durch diese
ein außerordentlich großer Teil des gesamten Körperblutes überhaupt
hindurchströmt, trotz ihrer nur lokalen Applikation dennoch ein
hypurgisches Antipyreticum zur Einwirkung gelangen läßt. Und ganz
besonders wird wie bekannt und wie überall geübt , die allgemeine
Antipyrese durch lokale Antiphlogose mittels der auf den Schädel
applizierten Eisbeutel herbeigeführt, deren auf das Gehirn ausgeübte
wärmeentziehende Wirkung hier die allgemeine Antipyrese beträchtlich
fördert. So sind alle diese Heilmittel der Krankenpflege, zu denen
kalte Waschungen , feuchte Einwickelungen , Douchen und die ander-
weitigen ähnlichen Maßnahmen noch hinzukommen , durch direkte
Wärmeentziehung wirksame und wichtige Antipyretica.
Solcher für die Wärmeentziehung bestimmter, gewöhnlich aus
Gummi gefertigter Geräte, welche in ihrer Hauptform einzelnen Partien der
Körperoberfläche in ihrer Gestalt entsprechen, giebt es fa-st für jede einzelne Körper-
146
Die Wirkung auf die Körpertemperatur.
29.:
stelle; da das Material ein sehr
schmiegsames ist, so bedürfen die
großen, ungefähr ebenen oder nur
mäßig konkav und konvex gewölb-
ten Flächen des Eückens und des
Leibes sowie der Brust keine bis
ins einzelne gehende Nachbildung
ihrer Formation. Es giebt dement-
sprechend größere und kleinere,
kreisrunde oder ovale oder recht-
pckig geformte Gummitaschen und
Eisbeutel, welche entweder in
ihrer ursprünglichen Gestalt schon
eine relativ große ebene Fläche dar-
bieten, was das Zweckmäßigere ist,
oder aber zunächst nur weiche
und keine besonders ausgedehnte
Flächenform zeigende Beutel bilden,
die erst bei der Auflegung gegen
eine Fläche sich der Form dieser
adaptieren. Diese beiden Gruppen
von Behältnissen, die also entweder
eine platte taschenartige Form oder
mehr die Gestalt eines Beutels haben,
besitzen einen einzigen großen In-
nenraum ; dieser ist bei allen von
außen her zugänglich ; die Oeffnung
nach dem Innenraum trägt einen
wasserdichten Verschluß, einen Ver-
Fig. 171. Eisbeutel.
Fia-. 172. Eisbeutel.
Fig. 171, 172. Die SchraubeuverscUlüsse der weiten Einfüllimgsöffimügen der
Gummibeutel werden zweckmäßig mit kleinen Gummikappen nach der Füllung überdeckt,
um im Falle eines undichten Verschlusses eine Benetzung des Kranken zu verhüten. Eis-
beutel von allgemeiner Form sind entweder kreisrund (Fig. 171) oder länglich-oval (Fig. 172)
gestaltet.
Schluß, der auf die mannigfachste Art erzielt werden kann, gewöhnlich dadurch,
dal3 in die Oeffnung ein kreisrunder Bing eingesetzt ist, der im Inneren ein Gewinde
trägt, und in dieses sich ein kreis-
runder Deckel hineinschrauben
läßt; aber auch auf mannigfache
andere, einfachere Art, die ja das
weiche Material zuläßt, z. B. da-
durch, daß zwei mit einem an
ihrem anderen Ende mit einem
Scharnier verbundene Stäbchen die
weichen Ränder der Oeffnung
Fig. 173, 174. Die zum Spalten
des Eises dienenden kleinen Geräte
tragen mehrere Spitzen oder nur eine
einzige. Sie werden entweder durch
unmittelbaren Druck zur Venven-
dung gebracht (Fig. 174) oder aber
ihr schwerer, als Handgriff dienender
peripherer Teil ist auf den eigent-
lichen Stahlstachel beweglich auf-
gesetzt, so daß nur nötig ist, ihn
etivas anzuhehen und fallen zu lassen,
um ein Spalten selbst dicker Eis-
stücke zu erzielen. '
E i s s p a 1 1
H7
l(t. Ji,isspaiter.
20*
20*
294
M. MENDELSOHN,
Fig.
Behältnis
rotiorende
175.
eingeb:
Walz<
zwischen sicli fassen, zusammen-
klemmen und so, indem ein Ring
über die beiden freien , nunmehr
aneinandergeklappten Enden der
Stäbchen gestreift wird, diese fest-
halten und verschließen. Auf die
einfachste, aber auch primitivste Art
läßt sich bei einem solchen beutei-
förmigen Behältnisse ein Verschluß
durch ein Abbinden der freien
Ränder erzielen.
Diese einfachen Gummibehält-
nisse mit einzelner, weiter Oeffnung
und wasserdichtem Verschluß, die-
nen zur Aufnahme von Eis, welches
in ihrem Inneren Platz findet; die
Eisbeutel werden dann an irgend
einer Stelle mit der Körperober-
fläche in Berührimg gebracht. Zur
Füllung wird kleingeschlage-
nes Eis benutzt; es ist zweckmäßig,
die einzelnen Eisstückchen von un-
gefähr Haselnußgröße vor dem Ein-
bringen in das Gummibehältnis erst
Eiszci'kloinerungsgeriit. Die Eisstücke werden hier in das obere
rächt und iliuch zwei mit scharfen Vorsprüngen versehene, gegeneinander
Stücke geschnitten.
auf einen Augenblick in
warmes Wasser zu tauchen,
damit die scharfen , beim
Zerschlagen entstandenen
Kanten und Spitzen sich ab-
schmelzen und der Gummi-
beutel durch sie nicht be-
schädigt wird. Das Zer-
schlagen des Eises muß
selbstverständlich außerhalb
des Krankenzimmers ge-
schehen; es ist keineswegs
nötig, daß das mit Hämmern
und Meißeln unter lautem
Lärmen vor sich geht; es
giebt zwar eigene Eisspalter
doch thut jede Ahle und
selbst eine große Tuchnadel
die gleichen Dienste, da man
nur nötig hat, mit einer
Spitze in das Eis hineinzu-
bohren oder zu stechen, um
es zu spalten, und man - so
mit leichtester Mühe selbst
sehr dicke Eisstücke glatt
auseinandertrennen kann.
Fig. 176. Eismaschine. Bei der von Prof. Dr. med. LIEBEEICH für die Zwecke
der Krankenpflege eigens angegebeneu Eismaschine findet die Rotation des ganzen
Gerätes um eine horizontale Achse statt. Als Kältemischung wird hier Ammoniumnitrat
verwendet; es werden 3 kg des Salzes mit 5 kg Wasser zusammengebracht und damit
ungefähr .500 g Eis erzielt. Das Ammoniumnitrat kann aus seiner Lösung immer wieder
abgedampft und aufs neue verwendet werden.
Die Wirkung auf die Körpertemperatur.
295
Bei der Füllung des Eisbeutels ist mancherlei zu beachten: er darf zu-
nächst nicht zu voll gefüllt werden, damit er nicht zu schwer wird und dann den
Kranken drückt und durch sein Gewicht und seine Schwere belästigt und hindert;
man füllt ihn allerhöchstens bis "
zur Hälfte seiner eigentlichen Ka-
pazität an. Sodann muß, wenn er
nun geschlossen wird, aus dem
Beutel die Luft ausgedrückt wer-
den, ehe der Verschluß definitiv
geschieht, da sonst das Gumnii-
gerät sich nicht überall der Körper-
oberfläche anlegt; dass jedesmal
die Wasserdichtheit des Ver-
schlusses kontrolliert wird, ist
selbstverständhch. Liegt ein sol-
cher Eisbeutel eine Weile, eine
halbe Stunde oder eine ganze, selten
länger, so fühlt er sich warm und
Tor allem weich von geschmolze-
nem Wasser an ; sobald dies ein-
tritt, muß der Inhalt fortgegossen
und durch neuen ersetzt werden.
Dieser Ersatz geschieht am
besten außerhalb des Kranken-
zimmers, das sich zur Aufbe-
wahrung des Eisvorrates
Fig. 177. Eismaschine. Die zur Heislelluiig ciin'b iiiöglic/list ausgiebigen Kon-
taktes zwisehen der Kältemisehung und der zu gefrierenden Flüssigkeit notwendige Be-
wegung wird bei den größeren Eismaschinen dureh eine doppelte Uebcrtragung so erzielt,
daß die beiden Behidtnisse in entgegengesetztem Sinne gegeneinander rotieren.
Überhaupt nicht eignet; wo kein eigener Eisschrank zur Verfügung ist, wird das
Eis, welches immer erst in den nötigen Mengen unmittelbar vor der EinfüUung
zerkleinert wird, an einem kühlen Orte
auf Stroh gelegt oder in ein irdenes oder
Fig. 178. Fig. 179.
Fig. 178. Eisbohälter. Das doppehvandige Gerät, welches auf Bädern läuft und
in geschlossenem Zustande einen kleinen Betttiseh repräsentiert, ist zur Aufnahme und zur
Bewahrung kleiner Eismcngen unmittelbar am Krankenbette bestimmt. Auch 'köniien
klcini» Behältnisse, Arzneiflasehen, Getränke etc. in.' ihm kalt 'gestellt werdeii.". ! .■ '"
Fig. 179. Eisbecher. Der Glasbecher trägt einen oberen, mit centraler Abfluß-
öffnung versehenen Einsatz, in welchem die für den Gebrauch als Eispillen l)estimniten
Eisstückchen aufbewahrt werden, während das Schmelzwasser sich in dem unteren Be:
hältnis ansammelt.
149
296
M. MENDELSOHJJ,
Fig. ISO. Reifentrage. Um den Druck der Bettdecke vom Riioipfe oder den
unteren Extremitäten fernzuhalten, dienen metallene oder aus andersartigem Material her-
gestellte Bogen, welche über den Köri^er des Kranken fort gestellt werden und ihn so vom
Drucke der Bettdecke entlasten. Sind sie aus Jletall, so müssen sie mit Stoff umwickelt
werden, um unangenehme Kälteeniptindungen bei Berührung mit dem Körper zu vermeiden.
Sie lassen sich sehr zweckmäßig zur Aufhängung von Eisbeuteln verwenden.
metallenes Sieb , unter welches ein Eimer gestellt wird. Auch kann man Eis, um
es relativ lange Zeit vor dem Verflüssigen zu bewahren, zwischen zwei Lagen eines
starken Tuches mit einem Hammer klein schlagen ; bindet man hierauf über einen
gewöhnlichen, nicht glasierten,
ungefähr 1 — 2 Liter Inhalt
fassenden Blumentopf, der auf
einen Porzellan teller gestellt
wird, ein Stück weißen Fla-
nells so, daß es trichterförmig,
doch ohne den Boden zu be-
rühren , in das Innere des
Topfes eingestülpt ist, so hält
sich in diesem Flanelltrichter
das zerkleinerte Eis tagelang.
Die Applikation des
gefüllten Eisbeutels auf
die Körperoberfläche muß
sanft und vorsichtiggeschehen ;
als wichtige mid niemals außer
acht zu lassende Regel ist fest-
zuhalten, daß das mit Eis
gefüllte Gummibehältnis nie-
mals unmittelbar auf die
Haut aufgelegt werden
darf, da die unmittelbare
starke Abkühlung Kältegan-
grän erzeugen würde. Es muß
vielmehr stets eine schützende
Zwischenschicht angebracht
werden, entweder eine einfache
oder doppelte Lage von Flanell
oder ein gewöhnliches Lein-
tuch in vierfacher Schicht. Ist
die Menge der Eisfüllung
Fig. 181. Eisbeutel-Träger. Das Gerät läßt sich sowohl an der Hinterwand
des Bettkopfendes wie an den seitlichen Bettpfosten ansehrauben und in jeder Höhe be-
festigen ; es bleibt dabei um seine Längsachse drehbar, so daß es bei jeder Lage des Kopfes
in zweckmäßiger Aufhängung über dem Schädel angebracht werden kann.
ISO
Die Wirkung auf die Körpertemperatur.
29';
entsprechend gewählt worden und liegt der Kranke ruhig, so genügt_ für gewöhn-
lich ein einfaches Auflegen des Gummibehältnisses; oft jedoch wird es nötig, den
Eisbeutel mit Tüchern oder Binden zu befestigen, damit er nicht herunter gleitet ; und
noch zweckmäßiger ist es, um den Druck des immerhin nicht unbeträchthchen Ge-
wichtes möglichst auszuschalten, den Eisbeutel nicht aufzulegen, sondern aufzuhängen,
so daß er selbständig getragen wird und nur mit seiner unteren Fläche den Körper
des Kranken berührt. Eine solche Aufhängung des Eisbeutels geschieht am
besten, wo es sich um den Rumpf oder die Extremitäten handelt, von einem Bügel oder
Eeifen aus, der von einer Seitenwand des Bettes zur anderen hinüber geht oder, zur
Applikation auf den Kopf des Kranken, von einem eigenen „Eisbeutel -Träger" her,
einer galgenartigen Vorrichtung, die am Kopfende des Bettes verstellbar sich an-
bringen läßt und von welcher der Eisbeutel an einer Schnur herabhängt. Weniger
zweckmäßig ist die in den Krankenanstalten viel beliebte Art des Anbindens des
Eisbeutels an eine Leine, welche von der Kopftafel des Bettes nach dem Fußende
hin gespannt wird und die eine Anbringung des Eisbeutels nur in der Mittelachse
dos Bettes geschehen läßt.
Fig. 182. Kühlröhr(Mi.
Eine andere Art ähnlicher Behältnisse, die sogenannten Kühlröhren und
Kühlschläuche, unterscheiden sich dadurch von den eben beschriebenen Taschen
und Beuteln, daß sie zwar ebenfalls eine mehr oder minder große, im wesentlichen
flächenhafte Form haben, jedoch derart hergestellt sind, daß diese durch ein
konzentrisches Aneinanderreihen eines einzigen dünnen, sehr langen Gummischlauches
erzeugt wird. So giebt es kleinere und größere, kreisrunde oder auch rechteckige
Scheiben aus Gummi, welche derart aus einem einzigen langen Gummischlaucho
gebildet sind, dessen eines freies Ende sich im Centrum der Scheibe befindet, von
welchem aus der Schlauch in immer größer werdenden und in der Fläche aneinander
liegenden Windungen konzentrisch weiter geführt ist, bis er nach mehr oder minder
großer Ausdehnung des Ganzen nun mit dem anderen Ende frei an der Peripherie
endet. Es muß also Flüssigkeit, welche in eines der beiden offenen und freien
Enden eingebracht wird, die Ringe, welche die Scheiben zusammensetzen, passiereu,
151
298
M. MEJfDELSOHN,
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Fig. 183. Kühl röhren«
Fig. 182, 183, 184, 185. Die von
Leiter angegebenen Kühlröhren wer-
den entweder aus Gummi hergestellt
und in fläclicnartiger Aneinander-
leguug gestaltet (Fig. 182, 183), oder
aber es liommen biegsame Jletall-
röhreu zur Vei'wendung (Fig. 184);
für den Kopf ist eine Kappenforni
besonders zweckmäßig (Fig. 184, 185).
Nachdem es möglich geworden. Alu-
minium zu löten , werden sie in
neuerer Zeit auch nacli der Angabe
von Prof. Dr. med. GÄRTNER aus
Aluminiumrohr gefertigt und bilden
so besonders leichte und l)equeme
Geräte.
Fig. 184. Kühlkappc.
Fig. 18Ö. Kühlkappe.
J^2
Bie Wirkung auf die ^KörpertetQperatuf.
299
bis sie aus dem anderen Ende des Schlauclies austreten kann. Bei diesen von
Leiter angegebenen Kühlröhren und Kühlschläuchen ist Wasserfüllung die
Eegel. Die aus einem solchen Gummischlauche gebildete Fläche, welche sich der
Körperoberfläche, falls sie nicht von vornherein eine dieser entsprechend gebildete
Form hat, sehr innig anschmiegt, wird in gleicher Weise appliziert wie die Eis-
beutel; dabei wird das eine Ende des Schlauches mit einem hochstehenden Gefäße
in Verbindung gebracht,
während der andere
Schlauch nach unten
hängt und in einen Eimer
taucht; es ist zweck-
mäßig, daß in das obere
freie Ende ein spitz-
winkelig gebogenes Glas-
oder Hartgummirohr ein-
gesetzt ist, welches mit
seinem Winkel auf dem
Eande des Gefäßes liegt,
während das ßohr selber
bis nahe zum Boden des
Behälters reicht ; noch
besser ist ein großer
Glasirrigator, der an die
Wand gehängt oder ent-
sprechend aufgestellt wird
und mit welchem eine
direkte Verbindung des
Gummischlauches mög-
lich ist. Ein solcher
Fig.. 186.. I Kühlvorrichtung. Nach der Angabe • von' Dr. med. .KttHL wird cino
konkav-konvexe Metallkapsel, welche auf den Schädel aufgelegt wird, in ähnlicher Weise
wie die Schlauchleitungen der Kühlröhren (Fig. 182 — 185) durch kaltes, genau temperiertes
Wasser durchströmt. Die Metallkapscl, welche auf den Schädel aufgelegt wird, ist bei
jedem Gebrauche sorgsam mit Leinen- oder Flanelltüehcrn zu umwickeln.
Irriga,tor erübrigt auch das immerhin unangenehme Ansaugen der Flüssigkeit am
Beginne der Manipulation, welches bei einer Hebervorrichtung nötig wird. Immer
muß hier eine dauernde Aufsicht dahin stattfinden, daß
das von oben herabfließende Wasser rechtzeitig erneuert
und das unten angesammelte fortgeschafft wird, um
ein Ueberlaufen zu verhüten; es ist darum besonders
die Schnelligkeit, mit welcher die Wasserleitung funk-
tioniert, zu regeln, indem man an dem absteigenden
Schenkel des Gerätes entweder einen Quetschhahn mit
Schraubenvorrichtung anbringt oder eine einfache
Fadenschlinge so weit zuschnürt, bis der Abfluß
genügend langsam geschieht.
Diesen allgemeinen Gummibehältnissen mit mehr
oder minder großer Oberfläche stehen eine große An-
zahl speciell geformter ähnlicher Apparate zur Seite,
deren Hauptform eine ganz besondere Gestaltung hat.
Die größten hiervon, welche ebenfalls sowohl als einheit-
liche Taschen sowie als Röhrensystem existieren, sind
Fig. 187. SciräuelV-Leitung. Eine winkelig gebogene Röhre liegt auf einem
kleineu Träger auf, dessen unteres, mit Klammem versehenes Ende sich federnd über den
Rand eines jeden beliebigen Gefäßes aufsetzen läßt. Versieht man die beiden freien Enden
des Winkeli'ohres mit je einem kürzeren und längeren Sclilauch, so läßt sich das Ganze
an jedem Gefäß als improvisierte Irrigatorvorrichtung verwenden. Allerdings ist ein ei-st-
maliges Ansaugen der Flüssiglceit, um die Heberwirkung herzustellen, von nöten. Für die
Schlauchleitungen der Kühlröhren läßt sich die einfache Vorrichtung vorteilhaft verwenden.
153
300
M. MENßELSOHN,
die KüWkappen, Taschen von Halbkugelform mit innerer konkaver Fläche, welche
ungefähr an Größe und Inuenraum der Schädeloborfläche eines Menschen entspricht.
Andere wiederum bilden lauge
oder zu Halbkreisen ge-
krümmte Streifen, zeigen also
ungefähr die Form einer Hals-
binde. Wieder andere sind
kleine ovale Gebilde mit einer
Hauptfläche von flach kon-
kaver Aushöhlung, an unge-
fährer Größe und Gestalt einer
Orbita entsprechend ; und
ebenso giebt es kleine Gummi-
behältnisse, welche die Fül-
lungsöffnung, die hier bei ihrer
Kleinheit durch einen ein-
fachen Stopfen verschlossen
Fiff. 189. Hcrzflasche.
30. Herzflasche. Fig. 191. Herzflasche.
Fig. 188, 189, 190, 191. Die Hei-ztlaschen werden entweder aus Metall, aus dünnem
Zinkblech hei-gestellt (Fig. 188, 189) oder aus Guuimi (Fig. 190, 191). Die letzteren
werden durch Schraubenvorriehtungen ebenso wie die Gummieisbeutel verschlossen, die
Metallflaschen durch einen beliebigen Pfropf. W.ährend die für Männer bestimmten Ge-
räte einfache Flaschen darstellen (Fig. 188, 190), sind die für Aveibliche Kranke herge-
stellten Exemplare (Fig. 189, 191) mit ihrer Hauptfläche der weiblichen Brust angepaßt.
Fig. 192. Fig. 19.3.
Fig. 192. Herz-Eisbeutel. Die aus Pergamentpapier gefertigten, eine einfache
Düte badenden Herzeisbeutel sind von Dr. med. BEEHMER angegeben. Sie zeichnen sich
durch Wohlfeilheit aus, so daß sie nach Bedarf sich oft erneuern lassen, werden jedoch
von empfindlichen Kranken, da Pergamentpapier sich in sehr steife und harte Falten
legt, nicht immer gut ertragen.
Fig. 193. Kühlvorrichtung. Das kleine, von Dr. med. GOMPERZ angegebene
Gerät, ist für die Applikation auf das Auge bestimmt. Es ist aus Aluminium gefertigt,
154
l)ie Wirkung auf die Eörperteaiperatur.
301
wird beim Gebrauehe mit Stoff umwickelt und mittels eines hindurchgezogenen Bandes
fixiert. Die Abkühlung wird durch kühles Wasser besorgt, welches in dem kleinen, am
Geräte angebracliten Metallrohre cirkuliert.
werden kaun , an ihrem oberen
Ende tragen und bei ihrer ganzen
Konfiguration zutreffend Gummi-
flaschen genannt werden, welche
in ihrer Hauptfläche der Größe
und dem Umfang des Herzens an-
gepaßt sind. Noch andere von
specielleren Formen aufzuzählen,
würde zu weit führen. Zu diesen
kleinen Behältnissen kommen dann
hie und da noch Tragbänder,
Gurte, Bandagen und ähnliehe
Hängevorrichtungen hinzu. Diese
kleineren Eisbehältnisse für
das Herz, die Augen, den
Hals, die Herzflaschen, Eishals-
biuden und die anderen kleineren
Gummibehältnisse für bestimmte
Organe und Körperteile werden
ganz erheblich geringer gefüllt
Fig. 194. Eisbeutel. Die
auch Ei^l^iavatcn
ausschließlichen Gebrauch am Halse bestimmt, den »ic
ferenz oder nur zu seinem größeren Teile bedecken.
als die großen Eisbeutel; oft nicht einmal mit Eis, son-
dern nur mit kühlem Wasser, das ebenfalls häufig erneuert
werden muß; sie halten sich au der für sie bestimmten
Körperstelle entweder von selber fest, wie die Eishalsliinden,
die ebenso wie die Hemdenkragen um den Hals geknöpft
werden; oder sie haben Oesen, durch welche Bänder ge-
zogen werden können, die sie in ihrer Lage festhalten.
Will man in einfacher Weise die Wärmeentziehung
durch kalte Umschläge erzielen, so wird eine in kaltes
Wasser getauchte und zweckmäßig sogar auf Eis gelagerte
Kompresse alle 2 Minuten gewechselt ; immer wieder aufs
neue, ehe sie warm wird. Es ergiebt sich von selltcr, daß
man mehrere der-
artige Kompressen
gleichzeitig vorrätig
haben soll, zweck-
mäßig sogar in ver-
schiedenen Schüs-
seln, durch welche
hindurch eine jede
Kompresse den glei-
chen Turnus durch-
macht, so daß sie
alle aus der letzten,
saubersten Schüssel
erst wieder zur Ver-
wendung gelangen.
Fig. 195. Eisbeutel.
gl nannten GummibiM
entweder in seiner
WMm'/'d'ß//
Fig. 196.
Fig. 195.
Das kleine Gerät ist für den Gebrauch am Damm bestimmt,
gegen welchen es fest angelagert getragen wird; es kann auch durch kühles Wasser ge-
füllt werden.
Fig. 196. Eisbeutel. Das Gerät wird entweder mit Eis oder häufiger noch mit
kühlem Wasser gefüllt und dient ausschließlieh zur Applikation am Rücken, auf welchem
es durch Bänder und Gurte mittels eigener, an ihm angebrachter Schlaufen befestigt wird.
Die Kältewirkung kommt beiderseits von der Wirbelsäule zur Geltung, während diese
selber in den Hohlraum des Geräts zu liegen kommt,
155
302 . M. MENDELSOHN,
KAPITEL VII.
Die Wirkung auf das Herz.
Auch die in fast jeder internen Therapie so überaus bedeutungs-
volle Einwirkung auf die Herzaktion ist in erheblichstem Maße den
Heilmitteln der Krankenpflege zugänglich. Auch hier, bei der soge-
nannten tonisierenden und excitierenden Einwirkung der Therapie, ist
der gewollte Endefl'ekt : die Schonung und die Kräftigung der
Herzaktion, wiederum von drei Teilaktionen abhängig, die jede für
sich einer Beeinflussung unterworfen werden können und deren einzelne
isolierte P'örderung und Hebung genügt, um gleichzeitig damit auch
die Gesamtfunktion selber zu heben und zu fördern.
Allerdings ist diese Einwirkung hier zum Teil eine weniger un-
mittelbare und komphziertere, als sie sonst den Heilmitteln der
Hypurgie zu eigen ist. Denn das Herz ist ein automatisch in immer
sich erneuernde Thätigkeit tretender Muskel, ein Muskel, der mit jeder
seiner Kontraktionen ein bestimmtes Maß von Arbeitsleistung zu voll-
l)ringen hat: eine gewisse Menge Blutes weiter zu führen, und zwar in
einem elastischen, immer mehr und mehr sich verzweigenden Köhren-
systeme; ein Muskel also, der einer Reihe vou Wider-
ständen gegenüber diese Fortführun g des Blutes zu be-
sorgen hat. Es ergiebt sich aus dieser einfachen Betrachtung der
Herzaktion, daß eine tonisierende, eine excitierende , überhaupt eine
fördernde Einwii'kung auf sie durch die Beeinflussung dreier Teil-
aktionen, aus denen die Gesamtfunktion sich zusammensetzt, herbei-
geführt werden kann : einmal, was das nächstliegende und am leichtesten
zu übersehende ist, aus einer unmittelbaren und direkten Stärkung
und Kräftigung der Muskulatur des Herzens selber;
zweitens sodann durch eine Vermehrung und Verstärkung der
Impulse, welche diese Muskulatur zur Anregung ihrer Thätigkeit
erhält und denen sie gehorcht; und drittens durch eine Ver-
minderung der Widerstände, welche bei der eigentlichen Ar-
beitsleistung des Herzens sich dem jedesmaligen Weitertransport der
fortzuschaff'enden Blutmenge entgegenstellen und mit deren Ver-
minderung das Herz der jetzt nur noch geringer zu leistenden Arbeit
in höherem Maße gewachsen ist, als zuvor, ehe es durch die vorge-
nommene Einwirkung eine analeptische Beeinflussung erfahren hat,
die sich also hier gar nicht auf das Cor selbst zu erstrecken braucht.
Die Hypurgie besitzt für eine jede dieser drei Teilaktionen wirk-
same und wesentliche Heilmittel ; alle drei vermögen durch diese Mittel
der Krankenpflege günstig beeinflußt zu werden. Aber es besteht
hierbei ein Unterschied. Während die Gestaltung der vielfachen und
außerordentlich verschiedenartigen Impulse, welche auf die Herzaktion
einen Einfluß ausüben und von denen ihre Intensität mehr oder minder
direkt abhängig ist, der unmittelbaren Einwirkung durch die Krankeu-
pflegeheilmittel unterliegt, und ebenso auch die dritte Teilaktion : die
Herabsetzung zu großer Widerstände für die Zirkulation des Blutes,
unmittelbar in Beziehung zu den Krankenpflegeheilmitteln gesetzt
156
Die Wirkung auf das Herz. 303
werden kann, ist die direkte Kräftigung und Stärkung der Herz-
muskulatur, wie sie auf medikamentösem Wege durch den merk-
würdigen Arzneikörper der Digitalis erzielt wird, zwar ebenfalls den
Heilmitteln der Krankenpflege zugänglich, aber nur mehr in indirekter
Weise, nur auf dem Wege einer allmählichen und systematischen
Schulung und Uebung des Herzmuskels, so daß also in Bezug auf
diese Teilaktion die Krankenpflegeheilmittel weniger eine unmittelbar
heilende als vielmehr eine mittelbar prophylaktische Heilwirkung aus-
übeu, die, wie bekannt, zu einer eigenen, specialistischen Methode
neuerdings mehr und mehr ausgebildet worden ist.
Die Regel ungundBeeinflussung der Impulse, welche
der Her zmuskel für seine Thätigkeit empfängt und von
denen er in der Quantität und Intensität seiner Arbeitsleistung ab-
hängig ist, kann nach zweifacher Hinsicht erfolgen, nach zwei einander
gänzlich entgegengesetzten Richtungen hin, die jedoch beide zu dem
gleichen Endresultat der Stärkung und Kräftigung der Herzaktion
führen: sie kann sowohl in einer Anregung als in einer Herabsetzuug
dieser Impulse vor sich gehen; und diese Contradictio in adjecto, die
sonst in der Therapie sich nirgend findet, hat ihren Grund in der
Eigenartigkeit der Leistung des Herzmuskels, in der Besonderheit
gerade dieses Organes; nie und nimmer während der ganzen Dauer
des Lebens ausruhen zu können, sondern in ununterbrochener, wenn
auch Schwankungen unterworfener Thätigkeit dauernd zu verharren.
Ein Stillstehen, und wäre es für kurze Frist, giebt es hier nicht.
So können in der That die beiden wesentlichsten Prinzipien der
allgemeinen Therapie, die Schonung sowohl als die syste-
matische Inanspruchnahme, hier, eine jede füi- sich, den
gleichen Endeffekt herbeiführen , allerdings mit außerordentlichen
Unterschieden hinsichtlich der Zeitdauer der Wirkung und der spä-
teren Folgezustände. Denn das große Gesetz von der Reaktion
gegen eine übermäßige Inanspruchnahme, von der unerläßlichen nach-
folgenden Herabsetzung einer jeden Funktion, nachdem sie zuvor über-
mäßig gesteigert war , das Gesetz von der Ermüdung und
Erschöpfung, welches die ganze Physiologie durchdringt , trifft
ebenso auch und ganz besonders auf das Herz zu : und man könnte
meinen, daß einem Jeden für jedes seiner Organe ein gewisses und
ganz bestimmtes Maß von Leistung mit auf den Weg gegeben ist, das
nicht vor der Zeit verbraucht werden darf, das durch eine eigenartige
Selbstregulierung vor vorzeitiger Verschwendung geschützt wird, da-
durch, daß naturgemäß einer jeden größeren Verausgabung ein ge-
zwungenes Maßhalten nachfolgen muß, bis die erschütterte Bilanz wieder
hergestellt ist. Das hat nun für alle anderen Organe nicht viel zu
sagen ; sie können ohne weiteres in Ruhe verharren, sie können ohne
Schaden für die Gesamtökonomie des Organismus die reaktive Herab-
setzung und selbst die gänzliche Ausschaltung ihrer Funktionsleistung,
welche ihrer erhöhten Thätigkeit zu folgen pflegt, durchmachen ; sie
können in dem regelmäßig wiederkehrenden Turnus von Leistung und
Ruhe, wie ihn Wachen und Schlaf herbeiführen, in ein zeitweiliges
Aufhören ihrer Funktion eintreten, ohne daß schädliche Folgen für
sie selbst oder für den Gesamtorganismus hieraus resultieren.
Ganz anders aber wirkt dieses Gesetz der einer jeden erhöhten
Inanspruchnahme nachfolgenden reaktiven Funktions-
herabsetzung, wenn das Herz davon betroffen wird, auf den Gesamt-
157
304 M. M ENDELSOHN,
Organismus zurück. Daß diese Verminderung der Intensität des Funk-
tionierens keine gänzliche, keine völlige Ruhestellung sein kann, versteht
sich ; aber auch eine selbst geringfügige Herabsetzung unter die Norm der
zu erfüllenden Arbeitsleistung hat hier schon erhebliche Unzuträglich-
keiteu im Gefolge. Und aus dieser Reaktion nun, welche jeder, auch
der therapeutiscli gewollten uud künstlich herbeigeführten Anregung
der Herzaktiou folgen muß. erklärt sich leicht der hier vorliegende
anscheinende Widerspruch: daß zwei nach gänzlich entgegengesetzter
Richtung hin wirkende Beeinflussungen dennoch denselben Endeffekt
haben, daß sie beide tonisierenden. excitierenden Einfluß auf das Herz
ausüben. Denn wenn man, sei es auf medikamentösem, sei es auf
andersartigem therapeutischen Wege, also vielleicht durch Verabfolguug
der sogenannten arzneilichen Excitantien, des Kampfers oder des
Moschus oder ähnlicher Arzneikörper, das Herz stimuliert, so übt man
zweifellos damit eine excitiereude Wii'kung aus, aber eine excitie-
r e n d e W i r k u n g von nur vorübergehender Natur, eine Wir-
kung, von der man gewiß ist, daß ihr die reaktive Herabmiuderung der
Funktion mit dem Aufhören des stimulierenden Einflusses mit Sicherheit
nachfolgen wird. Wo ein Herz durch die inzwischen vorgeschrittene
günstige Veränderung des Gesamtzustandes dann diese Herabminderung
ohne Schaden für das Ganze ertragen kann, läßt sich nichts dagegen
einwenden, daß solche unmittelbar stimulierend wii'kenden Agentien'
zur Verwendung gekommen sind: ja sie bilden häufig das einzige
und letzte Hilfsmittel von oft unbestritten lebensrettender AVirkung,
wenn sie eben für eine voraussichtlich nur kurze Zeit, innerhalb deren
das unter der Einwii'kung der vorliegenden Krankheit zu erliegen
drohende Herz aufrecht erhalten werden muß, zur Verwendung zu
kommen brauchen, wenn sie, bis demnächst günstigere Gesamtbedingungen
vorliegen, wie beispielsweise nach einer zu erwartenden Krisis bei Pneu-
monie, nur für eine gewisse Zeit die Aufgabe haben, wenn der Ausdruck
gestattet ist, das Herz über Wasser zu halten. Ganz anders liegen
jedoch die Dinge, wenn eine solche günstige Wendung in absehbarer
Zeit nicht erwartet werden kann oder gar mit Sicherheit nicht eintreten
wird. Dann hängt alles davon ab, das Herz zu schonen, es vor
einer zu sehr gesteigerten unnötigen Inanspruchnahme zu bewahren,
um eben nicht als deren Konsequeinz die reaktive Herabsetzung seiner
Funktion eintreten zu sehen : und so ergiebt sich denn hier für die
Heilmittel der Krankenpflege und für ihre Wirkung, die, wie gesagt,
auf den ersten Blick anscheinend widerspruchsvolle Thatsache. daß
gerade diejenigen Reize, diejenigen Impulse, welche auf das Herz und
seine Aktion eine steigernde Wirkung ausüben, durch ihre Ein-
schränkung auf das nur notwendige Maß, durch ihre therapeutisch
herbeigeführte Herabsetzung des Funktionierens des Herzens dennoch
eine tonisierende, eine analeptische Wirkung entfalten. Es ist eben in
der Therapie wie im Leben der schließliche Endeflekt, der entscheidet.
Zunächst kann die Herzthätigkeit durch Abkühlung ge-
mildert werden, welche, von der Körperoberfläche her in dii-ektem
Kontakt appliziert, durch die Brustwandung fortgeleitet wird und auf
das Herz einwirkt.
Diesem Zwecke dienen die sogenannten Herzflaschen oder Herzeisbeutel,
welche, mit kühlem Wasser gefüllt, der Herzgegend aufgelegt und auf ihr stunden-
lang oder auch dauernd getragen werden, sei es mi Bette, sei es im Umhergehen.
Sie sollen niemals länger getragen werden, als bis der beabsichtigte Effekt eingetreten
158
Die Wirkung auf das Herz. 305
ist und bestehen bleibt; alsdann sind sie, bis ihre erneute Benntzimg \vieder not-
wendig wird, zu entfernen. Die kleinen nützlieheu Geräte sind in ihrer Handhabung
in dem Kapitel der Wirkung auf die Körpertemperatur näher beschrieben.
Die von außen her die Herzaktion treffenden und sie beein-
flussenden Impulse können von den mannigfachsten Punkten des Körpers
ihren Ausgang nehmen. Kein Organ ist in solchem Maße in
seiner Funktion abhängig von der Qualität und der
Intensität der übrigen so sehr mannigfachen und ver-
schiedenartigen Funktionen des menschlichen Organis-
mus wie das Herz; eine jede dieser anderen Funktionen wirkt auf
die Thätigkeit des Herzens zurück, einer jeden Steigerung dieser
unzähligen anderen Funktionen entspricht auch eine Steigerung
der Herzthätigkeit , und zwar ebensowohl der psychischen wie der
somatischen Funktionen des Körpers. Die Wege, auf denen dieser
Zusammenhang hergestellt wird, der automatisch funktionierende
nervöse Apparat, wie er im Herzen selber belegen ist, die Nerven-
bahnen, welche von der Körperoberfläche her zum Centralnervensystem
und von diesem zum Herzen führen , alle diese komplizierten Ver-
hältnisse bedürfen hier keiner eingehenden Darstellung; es genügt die
durch vielfache Erfahrung erwiesene Thatsache, daß sowohl von
]isychischenwievon motorischen wie auch von sensiblen
Impulsen aus die Herzthätigkeit stimuliert, daß sie zu
erhöhter Leistung angefacht wird.
So ist es für die Hypurgie von größter Bedeutung , daß jede
])sychische Erregung die Herzaktion erheblich steigert;
aber auch geringfügigere psychische Vorgänge üben einen entsprechenden
Einfluß aus, der sich bis zu den feinsten Unterschieden bemerkbar macht
und verfolgen läßt. Läßt sich doch selbst jeder Wechsel der Gedanken,
jede Steigerung der Intensität psychischer Vorgänge am Herzen direkt
nachweisen durch eine entsprechende Funktionssteigerung dieses Organs.
Auch für die Sinneseindrücke und ihre Aufnahme in der Psyche sind
diese Beeinflussungen experimentell festgestellt worden, bis zu einem
solchen Grade in der Feinheit der Reizdifferenzen, das beispielsweise das
Hören musikalischer Töne von verschiedener Höhe und Klangfarbe
oder die Vorführung verschiedenartiger Farben Schwankungen in der
Herzaktion mit sich brachten, deren allerdings außerordentlich geringe
Differenz dennoch durch entsprechend feine Apparate den Untersuchern
festzustellen geglückt sein soll. Jedenfalls giebt das psychische Moment
einen äußerst wirksamen und vielfach in Frage kommenden Reiz für
das Herz und seine Arbeitsleistung ab ; und da es in zweifacher Hin-
sicht zur Geltung kommen kann, sowohl in psychischer Ein-
wirkung von außen her als auch in dem s e 1 b s 1 1 h ä t i g e n
Denk vor gange des Kranken, so müssen vom Standpunkte der
Krankenpflege aus alle diejenigen Heilmittel, welche die Intensität der
psychischen Einwirkungen und Vorgänge zu mildern vermögen, alle
die hier nicht wieder im einzelnen aufzuzählenden psychischen Kranken-
pflegeheilmittel als tonisierende Heilmittel für das Herz wirksam sein.
Es kann kaum bestritten werden . daß sehr häufig die Fernhaltung
eines aufregenden Besuches vom Krankenbette, die angemessene Be-
schäftigung und die Ablenkung des Patienten von grüblerischen und
erregenden Gedanken manche Flasche Digitalisinfus entbehrlich macht
und daß solche hypurgische Heilmittel nicht selten in einer ange-
15')
306
M. MENDELSOHN,
inesseueren Weise Ionisierend wirkt als diese. Und die hypurgischen
Heilmittel haben niemals schädliche Nebenwirkungen.
Fig. 199, Herzflasche. Fig. 200. Herz flasclio. Fig. 201. H er z-E isbeiitcl.
Fig. 197, 198, 199, 200. Herzflaschen werden entweder aus Metall (Fig. 199, 200)
"der aus Gummi (Fig. 197, 198) hergestellt; die Metallflaschen werden mit einem ein-
lachen Pfr(ipf(Mi verschlossen, für die Gummiflaschen ist der übliche Verschluß der Gummi-
eisbeutel nötig. Der verschiedenen Konfiguration der männlichen und der weiblichen
Brust entsprechend sind die für Männer bestimmten Herzflasehen einfache Beutel (Fig.
198, 200), während die weiblichen Herzflaschen eine konkave Auflagerungsfläche haben
(Fig. 197, 199). Sie werden mittels Bänder am Körper fixiert, welche durch die Oesen
oder die .Schlaufen des Geräts hindurchgezogen werden.
. ,. Fig. 201. Herz-Eisboutel. Die von Dr. med. BßEHMEE angegebene einfache
Herzflasche ist eine Düte aus Pergamentpapier. Der Verschluß geschieht durch eine Holz-
klammer, über welche ein Eing gestreift ist, der ihre Brauehen zusammenhält.
Ganz besonders gilt dies von den psychischen Heilmittelu. Es muß im Verlauf
dieser Darstellung der Krankenpflegeheilmittel des öfteren auf diese psychischen
Heilmittel der Hypurgie zurückgegriffen werden; aber es besteht ja gerade die
Aufgabe zu zeigen, 'in wie mannigfacher und wichtiger Hinsicht sie als wahre Heil-
mittel gelten müssen. Gewiß hat man mit einigen allgemeinen Bezeichnimgen, wie
der Schaffung möglichster Gemütsruhe für den Kranken, der Fernhaltung erregender
Einflüsse, der Loslösung von Geschäften während der Krankheit und mit ähnlichen
vagen Begriffen schon immer manipuliert; aber ich möchte ja hier gerade zeigen, wie
es die Aufgabe der nächsten Zvikunft ist, diese Indikationen exakter zu stellen, in-
dem hier eben alle die therapeutischen Konsequenzen, welche aus der bewußten An-
wendimg der gesamten Krankenpflegeheilmitlel sich ergeben können, zunächst einmal
festgestellt und in ein System gebracht werden. Ist aber erst einmal anerkannt, daß
die Heilmittel der Krankenpflege durch die Summation ihrer vielfältigen, wenn auch
i6o
Die Wirkung auf das Herz. 307
im einzelnen oft nur geringfügigen Einwirkungen insgesamt, wo sie zur konsequenten
und systematischen Durchführung gelangen, einen großen und oft durch keinerlei
andere therapeutische Maßnahmen erreichbaren, häufig sogar geradezu unersetzlichen
Heileffekt ausüben, so wird allen diesen bisher nur in unbestimmter Weise ange-
ordneten und in noch unbestimmterer Weise zur Ausführung gebrachten allgemeinen
Krankenpflegemaßnahmen eine weit höhere Beachtung und eine weit genauere
Dosierung zu teil werden; es werden dann besonders auch ganz nach individuellen
Indikationen diese psychischen Momente geregelt werden können. Und zwar
gehört zu ihnen nicht nur alles das, was in psychischer Hinsicht der Kranke selber
thut und läßt, nicht nur die Art, in der seine gesamte Umgebung be-
wußt oder unbewußt auf ihn einwirkt, sondern auch die ganze
Begelung des gegenständlichen Milieus des Kranken, von der in der
Besprechung der Wirkung der KrankenpflegeheiLmittel auf den Schlaf eingehend die
Eede war, eine Regelung, welche in allgemeiner Empirie schon jetzt ihre Triumphe
feiert bei der Verbringung von Kranken in eigene Krankenzimmer, in eigene Kranken-
anstalten, in eigene Krankenkurorte und Bäder, in denen zweifeOos gerade diese
psychischen Krankenpflegeheilmittel, welche dem hier aus vielen schädlichen Ein-
wirkungen geistiger Art losgelösten Kranken ganz von selber und ohne weiteres
an solchen Kurorten sich darbieten, oft von größerer Wirksamkeit für den schließ-
lichen Effekt der ganzen Maßnahmen sind, als die gleichzeitig ihm verabfolgten
Trinkwässer nnd die Mineralbäder. Sie werden nur nicht immer, da jedermann
glaubt, ihre Verwendung zu verstehen, exakt und bewußt verwendet und ausreichend
wertgeschätzt.
In praxi sind die psychischen Momente, welche hier einer Regelung bedürfen,
die gleichen, wie sie durch Fernhaltung vermeidbarer Erregungen auch
auf das Zustandekommen des Schlafes nicht unwichtigen Einfluß nehmen und wie
sie in ihrer praktischen Anwendung bereits in dem der Wirkung auf den Schlaf
gewidmeten Kapitel eine Darlegung gefunden haben; es kann daher hier auf diese
'Verwiesen werden.
War schon bei der Einwirkung von Reizen auf die Sinnesorgane
von sensiblen Eindrücken gesprochen worden, welche der Herzaktion
mehr oder minder intensive Impulse zu erteilen vermögen, so ist das
gleiche und im besonderen Maße bei solchen Reizen derart der Fall,
welche von jedem Punkte der ganzen Körperoberfläche ausgehende
Einwirkungen ausüben, die bei geringerer Intensität ohne Beachtung
bleiben, bei stärkerer und stärkster Einwirkung sich bis zur ausge-
sprochenen Schmerzempfindung in deren verschiedensten Stärkegraden
steigern können, immer aber als eine Begleiterscheinung und eine
Konsequenz dieser in den betreffenden Nervengebieten ablaufenden
Erregung eine entsprechende Beeinflussung der Herzaktion mit sich
bringen. Es sind daher auch alle diejenigen mannigfachen Heilmittel,
über welche die Krankenpflege im allergrößten Maßstabe verfügt und
denen die Fähigkeit zukommt, unnötige Reize von der Körper-
oberfläche des Kranken fernzuhalten, in dem hier mehr-
fach betonten Sinne als Tonica für das Herz zu bezeichnen, als
Mittel, welche das Herz vor unnötigen und überflüssigen
Anstrengungen bewahren und damit auch die einer solchen
gesteigerten Thätigkeit nachfolgende Erschlaffung und Herabsetzung
der Herzarbeit verhüten.
Auch diese Maßnahmen haben des notwendigen Zusammenhanges wegen an
anderen Stellen ihre Erörterung gefunden, insbesondere in dem Kapitel, welches von
der Einflußnahme auf die Schmerzempfindung handelt. Sie umfassen im wesent-
lichen die Lagerung des Kranken, die Körperhaltung, die Bedeckung und
Kleidung und überhaupt die Gestaltung alles dessen , was mit der Körperoberfläche
des Kranken in direkten Kontakt kommt.
Handbuch der spec. Therapie inn. Kraokh. Suppl. I. Heft 3. Ol
Mendelsohn, Krankenpflege. l6l IT
308 M. MENDELSOHN,
Alle diese Zusammenhänge haben ihre weitgehende Bedeutung.
Denn das Wesen der wirklichen, auf wissenschaftlicher Erkenntnis
basierten therapeutischen Kunst beruht auch in der Beachtung
der Kleinigkeiten; sie ist eine Kunst, die gerade, in je größerem
Umfange sie wissenschaftlich begründet wird und je mehr sie in wissen-
schaftlicher Weise über ph3'siologische Zusammenhänge von Ursache
und Wü-kung verfügt, durch die Heranziehung aller dieser im ein-
zelnen allerdings nur schwachen, aber doch deutliche Effekte herbei-
führenden Heilmittel therapeutische Wirkungen erzielen kann, von
deren Umfang der Therapeut, der nur einer einzigen Methode sich
bedient und die anderen geringschätzt, der sozusagen nur mit grobem
Geschütz arbeitet, nur einzelne starke Einwirkungen und ebenso hoch-
gradige diesen entsprechende Reaktionen als thatsäcliliche therapeu-
tische Einwirkungen anerkennt, in seiner Schulweisheit sich nichts
träumen läßt. Und diese Einwirkungen der Krankenpflegeheilmittel
sind nicht einmal gar so geringfügige; schon darum nicht, als sie ja,
wenn der Ausdruck erlaubt ist, clironische sind, als die sachgemäße
Verwendung auch nur eines einzelnen dieser Krankenpflegeheilmittel
während der ganzen Dauer einer Krankheitsperiode immer und immer
wieder die entsprechenden geringfügigen Einwirkungen ausübt, welche
sich schließlich zu gewaltigen Effekten summieren können. Es wirken
beim Zustandekommen des schließlichen Resultats zwar auch noch
andere Momente mit: aber es ist durch weit ausgedehnte Unter-
suchungen beispielsweise festgestellt worden, daß bei möglichster Aus-
schließung aller andersartigen Einwirkungen der Puls eines gesunden
erwachsenen Menschen in der Minute bei horizontaler Ruhelage
65,01 Schläge beträgt, während das gleiche Individuum unter den
nämlichen Bedingungen bei aufrechter Körperstellung 74,00 Schläge
aufweist, ein Unterschied also, der, wenn man ihn auf 24 Stunden
berechnet, nicht weniger als 12969 Kontraktionen für das Herz aus-
macht, eine Ersparnis, die natürlich von der weitestgehenden Bedeutung
ist, wenn sie auch thatsächlich niemals in solchem Umfange durch die
Ausschaltung aller einwirkenden Schädlichkeiten erreicht werden kann.
Auch sind es, wie schon gesagt, im wesentlichen andere Momente, welche
hier die Erleichterung und Herabsetzung der Herzaktion herbeiführen;
aber es mag gestattet sein, an dieser Stelle einmal Zahlen angeführt
zu haben, damit sich aus ihnen ein Bild ergiebt und ein Beispiel dar-
thut, bis zu welchem Grade die Wirkungen dieser anscheinend unbe-
deutenden Einflüsse, die in der Therapie noch immer nicht ganz die
ihnen gebührende Würdigung und Beachtung finden, sich zu erstrecken
vermögen.
Da aber thatsächlich solche Zusammenhänge bestehen, so ist es
darum durchaus zulässig, alle diejenigen Krankenpflegeheilmittel gegen-
ständlicher und somatischer Art, welche stärkere sensible Reize und
insbesondere Schmerzempfindungen von dem Kranken fern halten,
ebenfalls zu der Gruppe Ionisierend wirkender Heilmittel zu zählen;
in erster Linie die Krankenpflegemittel, welche die Lagerung des
Kranken versehen, alle die bereits mehrfach erwähnten Vorrichtungen,
welche einmal den Druck des Körpers auf möglichst viele Stellen ver-
teilen und damit die besonders in Anspruch genommenen Körper-
partien entlasten, und sodann alle diejenigen Maßnahmen, als deren
Beispiel die Sorge für ein glattes und faltenloses Lager gelten mag,
alle diejenigen Vorkehrungen, welche störende und schmerzhafte Ein-
l62
Die Wirkung auf das Herz. 309
drücke aus unzweckmäßiger Lagerung her zu verhüten suchen. Sodann
ist auch die ganze somatische Krankenwartung, insofern diese roh und
plump geschehen kann oder aber zweckentsprechend vorgenommen wird,
in der gleichen Richtung wirksam ; ein mit allen Regeln der Kranken-
pflege erfolgender Wechsel des Hemdes eines bettlägerigen Kranken
ist auch für sein Herz bedeutsam, das dabei eben eine erhebliche
größere Schonung erfährt, als wenn der Kranke scharf angefaßt und
umhergezerrt wird; ganz abgesehen davon, daß dann noch psychische
Impulse, welche aus der Angst vor der Manipulation hervorgehen,
gleichermaßen wirksam werden. Und in ganz hervorragendem Maße
wird diese Einwirkung auf die Fernhaltung sensibler Reize mit ihren
Rückwirkungen auf die Herzaktion überall dort von Bedeutung sein,
wo der Krankheitszustand selber starke Reizungen einzelner Gruppen
sensibler Nerven mit sich bringt, die bei jeder Bewegung aktiver oder
passiver Art aufs erheblichste gesteigert werden und deren Schonung
durch eine angemessene somatische Krankenpflege und die Verwendung
der geeigneten Krankenpflegeheilmittel ebenfalls als ein Tonicum für
das Herz erachtet werden muß, ein Tonicum von oft weittragender
Wirkung.
Sodann vermögen auf einem weiteren Wege, dessen Regelung
ebenfalls zu den Aufgaben der Krankenpflege gehört, Impulse zur
Verstärkung der Herzaktion gegeben werden: durch die
Einverleibung gewisser Genuß mittel. Die Diätetik hat sich
zwar zu einer eigenen Wissenschaft gestaltet, die in einer Darstellung
der Krankenpflege keinen Platz zu finden braucht, sondern nach eigenen
Regeln gelehrt werden muß; nichtsdestoweniger kann die Krankenpflege
auf einzelne der eigentlichen Diätetik augehörende Dinge nicht verzichten,
um so mehr als die ganze Technik der Ernährung, die Verabfolgung
der Speisen an den Kranken, ihre Darreichung und ihre Einverleibung
ganz und gar in das Gebiet der Krankenpflege fällt; und außerdem
auch die Zahl und Ordnung der Mahlzeiten und die Aufeinanderfolge
der Speisen, das Verhältnis zwischen fester Nahrung und Getränk und
eine Reihe anderer ähnlicher Dinge zum mindesten beiden Disciplinen
zugleich angehört. Außerdem aber hat die Krankenpflege eine
Regelung auch derjenigen diätetischen Objekte vorzu-
nehmen, welche ohne weiteres in der täglichen Auf-
nahme eines jeden Menschen liegen, die ohne besondere
Vorschrift und ohne eigene Anordnung von fast jeder-
mann genossen zu werden pflegen und deren Gebrauch, wenn
die Krankenpflege nicht sorgsam acht giebt, auch in den Tagen der
Krankheit ohne Ziel und ohne Regel und oft im Uebermaß weiterge-
führt zu werden pflegt.
Es sind das die Getränke, von der einfachen Flüssigkeitsaufnahme, dem
Trinkwasser, an bis zu den kompliziertesten, zusammengesetzten Getränken; und
unter diesen wieder in erster Linie die sogenannten Genußmittel, der Kaffee und der
Alkohol. Gerade für das Herz haben diese beiden Genußmitlei eine große Be-
deutung, da sie beide ausgesprochene Keizmittel für das Herz sind und in der
That als solche den medikamentösen Escitantien völlig gleichwertig und oft sogar
auf das erheblichste überlegen als unmittelbar wirkende Analeptica vielfach zur Ver-
wendung kommen. Gerade darum aber und gerade weil nach einer künstlichen
Steigerung die reaktive Herabsetzung der Funktion dieser nachzufolgen pflegt, be-
darf die Aufnahme der Coffein- und alkoholhaltigen Getränke in der Krankenpflege
eine sorgsame Ueberwachung und Regelung. Es genügt, an dieser Stelle auf
21*
163
11*
310 M. MENDELSOHN,
diese Verhältnisse hinzuweisen, ohne des näheren auf die pharmakodynamischen
Wirkungen der in Eede stehenden Genußmittel einzugehen, deren Darlegung Objekt
der Arzneimittellehre ist ; aber überall, wo auf längere Zeit hinaus eine Uebermüdung
des Herzens vermieden werden muß, darf die Aufnahme dieser einem jeden Kranken
in jeder nur gewollten Menge zugänglichen Excitantien nicht ohne Regelung und
Dosierung geschehen, eine Regelung, die, ohne jeden Eingriff in das besondere Gebiet
der Diätetik und der Ernährungstherapie, allein der Krankenpflege zusteht.
Schließlich wird sodann durch die ganze Gruppe somatischer Heil-
mittel und technischer Geräte, welche geeignet sind, körperliche An-
strengungen, eigene Muskelbethätigungen dem Kranken
zu ersparen oder solche auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wenn
sie ausgedehnte Verwendung findet, auf angemessene Weise ein über-
mäßiges Funktionieren des Herzens verhütet. Wie durch
psychische, wie durch sensible Impulse, so vermögen in noch höherem
Maße die nervösen Regulationsapparate, welche die Arbeit des Herzens
in Beziehung setzen zu aller andersartigen Funktion im lebenden Orga-
nismus, durch motorische Leistungen ausgelöst und gesteigert zu werden.
Auf welchem Wege dieser Zusammenhang vor sich geht zu verfolgen, ist
zwar von höchstem Interesse, kommt hier jedoch erst in zweiter Linie
in Betracht ; wahrscheinlich sind es die beiden Momente einmal der ledig-
lich auf nervösen Bahnen erfolgenden Reflexeinwirkung auf das Herz
wodurch dieses unmittelbar zu verstärkter Aktion angetrieben wird,
und zweitens eine mittelbar ausgelöste Steigerung der Herzthätigkeit,
indem direkt durch die Muskelkontraktionen Behinderungen in der
Cirkulation gesetzt werden, welche eine Steigerung des Blutdruckes
zur Folge haben und hierdurch, und zwar ebenfalls auf nervös-reflek-
torischem Wege, die Erhöhung der Herzaktion und der Frequenz
herbeigeführt wird.
Auch hier, wo sie auf die erste Teilaktion der Gesamtfunktion des Blutkreis-
laufes Einfluß nehmen, sind diejenigen Krankenpflegeheilmittel, die im wesentlichen
der somatischen Gruppe angehören , zu denen aber auch alle die Geräte und Uten-
silien gehören, welche körperliche Anstrengung dem Kranken ersparen, in erster
Linie wirksam; also alle die mechanischen Einrichtungen für passive
Veränderung der Lage des Kranken, die Aufrichte- und Hebeapparate,
auch die Handhaben, welche dem Kranken Unterstützung bei aktiver Bethätigung
darbieten, und überhaupt die vielfachen Geräte für die täglichen Bedürf-
nisse, welche bei zweckmäßiger Gestaltung und Verwendung die mit jeder dieser
Bethätigungen naturgemäß verbundene Muskelanstrengung wesentlich reduzieren.
Sie sind sämtlich bereits an anderen Stellen des Werkes erörtert und beschrieben
worden.
Alle diese Heilmittel wirken auch in einem zweiten Betracht
günstig auf die Herzaktion ein: auf die Beseitigung und Vermeidung
unnötiger Widerstände für den Kreislauf, welche wir als die dritte
Teilaktion der Gesamtfunktion bezeichnet haben.
Die wesentlichste und häufigste Form der Ersparung
unnötiger Körperanstrengung geschieht bei der in der
Krankenpflege so häufig notwendig werdenden Dislokation des
Körpers; wenn auch gerade diese Verrichtung ihre sehr ausge-
sprochene Einschränkung durch die Krankheit findet, so ist sie keines-
wegs etwa gänzlich durch sie aufgehoben. Sehr oft wird es vielmehr
geradezu nötig, daß der Kranke, selbst der schwer und bettlägerige
Kranke, seine Lage verändert ; und der minder Kranke oder der außer
Bett befindliche hat zu weiterer Körperbewegung noch reichlich mehr
Gelegenheit und Anlaß. Immer ist diese zu unterstützen und zu über-
164
Die Wirkung auf das Herz.
311
wachen ; und das besonders auch im Hinblick auf die Rückwirkung der
körperlichen Anstrengung auf die Herzfunktion.
Die Bewegung, welche ein Kranker ausführt oder die mit ihm
ausgeführt wird, kann nach drei verschiedenen Möglichkeiten hin er-
folgen: entweder wird der Kranke mitsamt dem ganzen
Bette bewegt, es findet dann also eigentlich keine Dislokation des
Kranken, sondern eine solche des ganzen Bettes statt; oder aber es
kann, wie das bei der Vornahme der verschiedenen Verrichtungen,
insbesondere bei der Defäkation vor allem notwendig wird, der
Kranke innerhalb des Bettes mit dem ganzen Körper
oder einem erheblichen Teile dieses bewegt werden
oder sich selber bewegen, gewöhnlich in der Richtung nach oben hin,
so daß die auf der Unterlage aufruhende untere Fläche des Körpers
oder der einzelnen Körperstelle frei wird; und schließlich kann der
Kranke vom Bett aus nach einem dritten Ort sich be-
wegen oder geführt oder getragen werden, und ebenso auch um-
gekehrt von diesem her zum Bette hin.
Von diesen drei Möglichkeiten hat die Lokomotion des
Kranken innerhalb seines Bettes bereits dort eine Besprechung
gefunden, wo von der Wirkung auf die Schmerzfreiheit die Rede war, so
daß nur die beiden anderen Formen der Bewegung hier zur Erörterung
kommen, zunächst die Dislokation des Kranken im Bette.
Wird das ganze Bett mitsamt dem Kranken bewegt, wie es in
Krankenhäusern beim Verlegen von Kranken aus einem Saal iu den anderen oder
aus sonstigen Gründen geschieht,
oder wie es auch in der Privat-
wohnung gelegentlich der Rei-
nigung des Krankenzimmers oder
zum Behufe der richtigen , in
ihren Grundzügen bereits erörter-
ten Aufstellung des Kranken-
bettes im Krankenzimmer nötig
wird, so ist der einfachste Modus
eines solchen Transportes das
Tragen des Bettes, das von
zwei Personen besorgt werden
muß, indem eine am Kopfende,
die andere am Fußende den
unteren Hand der Bettwand um-
faßt, beide mit dem Gesicht nach
der einzuschlagenden Eiehtung
hin gewandt und, nachdem sie
auf ein verabredetes Zeichen lang-
sam und ganz gleichmäßig das
Bett angehoben haben , so mit
kurzen und nicht großen Schritten
vorwärts sehreitend, daß der eine
Fig. 202. Bettfahrer. Die beiden Paare des Gerätes sind für Kopf- und Fuß-
ende des Bettes bestimmt. Die unteren beiden Haken werden so gestellt, daß sie etwas
höher stehen als die untere Bettkante; man fährt von vorn resp. hinten her das schräg
geneigte Gerät mit den Rädern unter das Bett bis hart an die Bettkante heran und stellt
es dann aufrecht; durcli Hebelwirkung wird das Bett so angehoben. Der an der oberen
Stange befindliche , mit seiner Krümmung nach abwärts gerichtete Haken wird alsdann
über die obere Bettkante geschoben luid durch Sehraubendruck fixiert. Das Anheben des
Bettes in verschiedenen Pliasen, die vorübergehende Schrägstellung dabei und die nicht
unbeträchtliche Erschütterung sind Nachteile des im übrigen wenig Baum beanspruchenden
und wohlfeilen Gerätes. ,
165
312
M. MENDELSOHN,
Träger den linken Fiiß aufsetzt, wenn gleichzeitig der andere mit dem rechten
schreitet. Nur auf diese Weise läßt sich ein Hin- und Herschwanken des Bettes
vermeiden, das notwendig erfolgen würde, wenn beide Träger gleichzeitig mit dem-
selben Fuße auftreten wollten. Ist die bereits erwähnte Vorrichtung zweier Hellen
an den zwei Füßen des Kopfendes des Bettes Torhanden, so genügt für die Ver-
stellung des Bettes innerhalb des Zimmers eine einzige Person, indem sie das Bett
am Fußende anhebt und auf den EoUen , ähnlich wie einen Schubkarren, vor sich
her schiebt.
Fig. 203. Bettfahrer.
Fig. 204. Bettfahrer.
Für einen ausgedehnteren Gebrauch, wie er allerdings nur in Krankenhäusern
vorkommt und auch bei dem nicht unbeträchtUchen Werte die,ser Geräte nur dort
statthaben kann, giebt es eigene Bettfahrer, Vorrichtungen, die unter ein jedes
Krankenbett geschoben werden können, dieses dabei anheben und es dann auf Eädem
weiter rollen lassen. Es sind von diesen Bettfahrern mannigfache Konstruktionen
angegeben; sie bestehen entweder aus zwei getrennten Paaren von Rädern mit dazu
gehörigem Gestell, je ein Paar für das Fußende und eines für das Kopfende des
i66
Die Wirkung auf das Herz.
313
Fig. 205. Bettfahrer.
Fig. 203, 204, 205. Das von Prof. Dr. med. LICHTHEIM angegebene, vorzügliche
Gerät wird vom Kopfende, nicht vom Fußende her, da sonst das schwere Kopfende des
Bettes leicht überkippt, unter das Bett gefahren (Fig. 203). Ein am äußeren Rande des
Geräts durch einfaches Hineinstecken in eine Hülse leicht zu befestigender und im Falle
des Nichtgebrauchs bequem zu entfernender Hebel bewirlct durch seine Annäherung an
die Handhabe des Gerätes zunächst eine Außendrehung der in der Anfangsstellung mehr
nach inuen hin gerichteten, das Bett unterstützenden Arme, so daß vorher das Gerät
schmal genug war, um unter das Bett gefahren werden zu können, jetzt dagegen die unter-
stützenden Arme nach ihrer Außendrehung beiderseits unter die seitlichen Bettkanten
fassen (Fig. 204). Wird der Hebel ganz dem Griffe des Geräts angenähert, an welchem
er sich dann selbständig durch das Einschnappen einer Feder fixiert (Fig. 205) , so wird
durch diesen zweiten Teil der Hebelbewegung das Bett emporgehoben und ist zur Be-
wegung nach jeder Eichtung nun fähig. Das Niederlassen geschieht in derselben einfachen
Weise. Es gehört nur eine ganz minimale Kraft zur Handhabung dieses Geräts an einem
selbst schwer belasteten Bette. Allerdings ist der Herstellungspreis dieses vorzüglichsten
aller Bettfahrer ein relativ sehr hoher.
Bettes, welche an einer höher als der untere Bettrand belegenen Stelle horizontal
angebrachte Haken haben, die bei schräg unter das Bettgestelle gerolltem Gerät
unter die untere Kante der Bettwand greifen und, wenn man sie nun gerade
richtet und auch an der oberen Bettkante befestigt, das Bett anheben und auf
vier Rädern stehen lassen.
Andere, kostspielige Bett-
fahier bilden einen ein-
heitlichen, niedrigen, fla-
chen, viereckigen Wagen,
der im ganzen unter das
Bettgestelle gerollt wird
und dort entweder durch
Hebel- oder durch
Schraubenwirkung das
Bett emporhebt und
weiter fahren läßt.
Fig. 206. Bettfahrer. Einfaches, von Dr. med. JACOBSOHN angegebenes Gerät,
welches unter das Krankenbett gefahren wird und bei dem die Hebung durch Kurbel-
drehung geschieht. Die seitliche Verlängerung der beiden , zur unmittelbaren Aufnahme
des Bettes bestimmten Querstäbe muß an allen vier Ecken nach dem Herunterbringen
des Gerätes unter das Bett durch jedesmaliges direktes manuelles Heratisziehen geschehen.
167
314
M. MENDELSOHN,
Die dritte der verschiedenen Mögliclikeiten einer Dislokation des
Kranken ist sodann die Bewegung des Kranken aus dem
Bette nach einem entfernteren Punkte hin und umgekehrt.
Auch diese Verrichtung kann entweder als selbstthätige Be-
wegung des Kranken geschehen, wobei dieser alsdann nur wie
bei jedem Akte der Krankenpflege zu unterstützen wäre; oder sie ist
eine passive Bewegung des Kranken, indem er getragen,
transportiert wird; dieser passive Transport kann ohne besondere
Geräte, nur durch die Arme der tragenden Person, geschehen, oder
aber man bedient sich dazu geeigneter Vorrichtungen, er geht mit
mechanischen Hilfsmitteln, mit eigenen Geräten für den
Krankentransport vor sich.
Eine jede aktive Bewegung kranker oder sehr geschwäcliter Per-
sonen hat von vornherein ihre natürlichen Grenzen; es handelt sich hier immer nur
um wenig umfangreiche Bewegungen innerhalb des Krankenzimmers oder doch nur um
solche von einem Räume in einen benachbarten anderen. Wenn ein Kranker sehr schwach
und allgemein hinfällig ist, so unterstützt man ihn beim selbständigen Gehen am
besten in der Weise, daß man neben ihn schreitet, den zugekehrten Arm des Kranken
um den eigenen Nacken legt und ihn hier mit der eigenen abgewandten Hand am
Handgelenk faßt und testhält, während man den freien benachbarten eigenen Arm
von hinten her um die Taille des Kranken legt und ihn damit an den eigenen
Körper anpreßt; so hält und trägt man beim Vorwärtsgehen den Kranken nicht
nur selbst, sondern unterstützt auf diese Weise auch schwere und gewichtige
Kranke ausreichend. Liegt die Behinderung für das Gehen weniger in dem all-
gemeinen Zustande als in einer lokalen Schmerzhaftigkeit oder in einer sonstigen
Unbrauchbarkeit eines der beiden Beine, so geschieht das Führen in derselben Weise,
nur dass man dann stets an der Seite der gesunden Extremität zu gehen hat. Das-
selbe ist auch nötig, wenn der Kranke nicht den Arm um den Nacken des Führers
schlingt, sondern ihn in dessen
winklig gebogenen Arm einhakt
und hier sich auf ihn stützt.
Für ganz kurze Strecken kann
sich, falls die Behmderung des
einen Beines unterhalb des Knies
ihren Sitz hat, der Kranke vorüber-
gehend so helfen, daß er aus irgend
einem Stuhl gewissermaßen einen
künstlichen Stelzfuß improvisiert;
er tritt von vorne her an den
Stuhl heran, kniet mit dem Beine
auf dessen Sitz nieder und ergreift
mit beiden Händen die Stuhl-
lehne; indem das Bein un verrückt
auf und am Stuhle bleibt und
immer mit ihm gemeinsam bei
jedem Schritt nach vorn gesetzt
wird, läßt sich für kurze Zeit eine
ganz leidliche Lokomotion herbei-
führen.
Sonst dienen zur Unter-
stützung aktiver Gehver-
suche, besonders wenn sie voraus-
Fig. 207. Laufstuhl. Der Kranke, welcher Gehübungen macht oder in der Re-
konvalescenz ünteretützung braucht, tritt von der vorderen offenen Seite her in das Gerät
hinein, welches er danach schließt. Die Armstützen sind verstellbar, der herunterhängende
Gurt, welcher gleichfalls dem Körper angepaßt werden kann, ist dazu bestimmt, beim
Ausruhen dem Kranken als Sitz zu dienen.
i68
Die Wirkung auf das Herz.
315
sichtlich längere Zeit mit solcher Hilfe vorgenommen werden müssen , wie in der
Eekonvalescenz von schweren Krankheiten oder bei und nach lokalen Erkrankungen
der unteren Extremitäten, eigene Vorrich-
tungen, die im ganzen denen entsprechen, mit
deren Hilfe kleine Kinder laufen zu lernen
pflegen. Es sind das entweder barrenähnliche
längere Laufbarren , welche von einer be-
stimmten Stelle des Zimmers, gewöhnlich vom
Bette aus, nach einem anderen vom Kranken
häufig aufgesuchten Punkte, vielleicht einem
am Fenster aufgestellten Lehnstuhle, führen ;
oder es sind Laufstühle, die den kleinen
Gehkörbchen der Kinder ähneln, Gestelle, in
welche der Kranke hineintritt und die ent-
sprechende Armstützen besitzen, so daß von
diesen die Hauptlast des Körpers getragen
wird, während das ganze Gerät leicht auf
kleinen Eädern nach allen Eichtungen hin
Fig. 208. Lauf stuhl. Das kleine für Kinder bestimmte Gerät gestattet gleich-
zeitig sowohl Sitzen wie Gehen, da der sehwebend an federnden Spiralen aufgehängte
Sitz beim Gehen durch den Körper nacli hinten geschoben wird. Es hat für die Kranlien-
pflege die weitere Bedeutung, daß die darin befindlichen Kinder vorübergehend an Ort
und Stelle fixiert sind, so daß sie eventuell ohne Aufsicht bleiben können.
fortgeschoben werden kann. Doch sind das alles
nur Notbehelfe für die verbreitetste und bekannteste
Art der Unterstützung bei aktiver Fortbewegung:
der Krücken; nur daß das Gehen mit diesen gelernt
sein will und sie daher nur dort in Frage kommen,
wo voraussichtlich auf lange Zeit hinaus oder gar
für immer ihr Gebrauch erforderlich sein wird.
Eine jede Krücke, welche zur Unterstützung
des Körpers beim Gehen angewendet wird , muß
zunächst eine zweckmäßige Form ihres obersten
Querstückes haben; das Achselstück trägt die ganze
Last und übt einen entsprechenden Gegendruck auf
die Unterstützungsstelle aus; wenn die Polsterung
nicht genügend ist, so kann hier nicht nur ein sehr
starker Schmelz durch die Krücke verursacht wer-
den, sondern auch ausgesprochene Drucklähmung.
Sehr empfehlenswert sind die sogenannten Eiemen-
schweben: der Querteil des Achselstückes besteht
nur aus einem von vorn nach hinten aufgehängten
und möglichst straff gespannten ledernen Bande,
das zwischen den oberen freien Enden der beiden
divergierenden, die Krücke bildenden Holzsäulen aus-
gespannt ist und zwischen diesen bei wechselnder
Belastung federt; dadurch wird der Druck möglichst
verteilt und keine einzelne Stelle über Gebühr be-
lastet. Eine jede Krücke muß , was wichtig zu
beachten ist, an ihrem unteren Ende gegen ein
Abgleiten auf glatter Unterlage gesichert sein; man
kann sie zu diesem Behufe mit Colophonium be-
streichen, um die Eeibung am Boden möglichst groß
zu gestalten, oder aber kleine Gummikappen über
Fig. 209. Krücken. Das Material ist am besten Bambusrohr oder anderes festes,
aber leichtes Holz oder Rohr. Auch hohle Metallkrücken werden hergestellt. Das untere
Ende besteht zweckmäßig aus einer Metallhülse, in welche weicher Gummi eingelassen
ist, der mit einer konvexen Kappe aus der Hülse nach unten hervorragt.
169
316
M. MENDELSOHN,
Fig. 210. Aufheben des Kranken.
das freie Ende streifen. Bei Benutzung nur einer Krücke muß auch diese an der
gesunden, nicht an der Isranken Seite getragen werden; denn es handelt
sich ja darum, das unzureichend
funktionierende Bein nach MögUch-
keit zu entlasten; und das geschieht
eben dadurch, daß das normale Bein
für sich auftritt und allein die Last
des Körpers trägt, während die an
' r ] er Seite befindliche Krücke gleich-
/ 11 ig mit dem affizierten Beine auf-
-1 iitzt wird und dieses entlastet.
Die passive Lokomotion
1 1 II es Kranken, das Tragen des
«I Kranken , geschieht auf kleine Ent-
fernungen hin, wie sie in der Kranken-
pflege häufig vorkommen, insbeson-
dere bei dem Transport des Kranken
beim Umbetten, beim Baden, bei der
"^'erbringtmg auf den Operationstisch
und dem Ueberführen nach ähnlichen
nahehegenden Punkten immer derart,
daß der Körper des Kranken ohne
Zuhilfenahme von Geräten von
der pflegenden Person gefaßt, ge-
tragen und dann niedergelegt wird.
Schon das Aufheben des
Kranken erfordert hierbei Aufmerk-
samkeit. Es ist immer daran zu den-
ken, daß das Aufheben eines ganzen
Aufheben des Kranken.
Fig. 210, 211. Beim Aufheben des Kranken, gleichviel ob es vom Fußboden
(Fig. 210) oder vom Bette (Fig. 211) oder einem sonstigen erhöhten Niveau aus geschieht,
ist es wichtig, daß die rechte Hand oder beide Hände der aufhebenden Pei'son unter das
Gesäß des Kranken fassen, während dieser selbst seine Arme um den Nacken des Pflegers
schlingt und so für die Sicherung des Oberkörpers zimäehst selbst Sorge trägt.
I/O
Die Wirkung auf das Herz.
317
Fig. 212. Handgriff.
Körpers, insbesondere eines schweren, sehr erheblich dadurch erleichtert wird, dass der
aufzuhebende Kranke von vornherein relativ hoch gelagert wird, daß also nur noch
ein möglichst geringfügiges weiteres Anheben bis zur vollen Höhe des Tragens not-
wendig wird: es ist sehr viel leichter, einen Kranken von einem Operationstische
oder von einem hohen Bette her aufzuheben, als etwa vom Boden des Zimmers
oder aus einer Badewanne her. Wo es daher möglich ist, lasse man vor dem eigent-
lichen Eingreifen des Patienten die Lagevorrichtung, auf der er ruht, mög-
lichst hoch stellen; soll er von einer Tragbahre aufgenommen werden, so würde
diese zunächst auf Stühle zu stellen
sein, ehe der Körper herabgenom-
men wird. Läßt sich ein solches
Höherstellen des Körpers nicht
ohne weiteres herbeiführen, liegt
der ohnmächtig gewordene oder
aus anderen Gründen zu Boden
gesunkene Kranke vielleicht ganz
flach auf dem Fußboden, so muß
der Ausgleich auf andere Weise ge-
schaffen werden; hier kniet der
Ti'äger, ehe er den Kranken er-
greift, bei ihm nieder imd erhebt
sich erst, nachdem er ihn ergriffen
hat. Beteiligen sich mehrere Per-
sonen daran, einen Kranken zu
tragen, was bei schweren Indivi-
duen unerläßlich ist, so ist durch-
aus notwendig, dafür Sorge zu
tragen, daß die gemeinsame Hand-
habimg eine einheitliche wird; es muß nach einem vorher vereinbarten Kommando
das Aufheben des Kranken von selten aller beteiligten Personen in genau dem
gleichen Augenblicke vor sich gehen. Auch die Bemerkung dürfte nicht überflüssig
sein, daß ein jeder derartige Krankentransport nicht begonnen werden sollte, ehe
dafür Sorge getragen und festgestellt ist,
daß alle für denjenigen Zweck, zu wel-
chem der Transport geschieht, not-
wendigen Vorbereitungen auch voll-
ständig getroffen sind, daß also der
Träger nicht durch das Fehlen dieser
oder jener nötigen Vorbereitung ge-
zwungen wird, den Transport zu unter-
brechen.
Zum Forttragen des Kranken
gehört, und das muß einer jeden, zumal
weiblichen Kranke pflegenden Person
eingeschärft werden, nicht sowohl eine
besondere Körperkraft, als vielmehr ein
richtiges Anfassen und eine gewisse Ge-
schicklichkeit; es ist erstaunlich, wie
manchmal ganz zierliche und schwäch-
liche Pflegerinnen imstande sind, anscheinend ohne Mühe selbst schwere Kranke
zu tragen. Ein solches richtiges Anfassen hat nicht nur für die Möglichkeit eines
Tragens von selten der Pflegerin überhaupt und deren Schonung vor allzu großer
Anstrengimg, also für ein Moment, das in der Krankenpflege eine sehr wichtige
Eolle spielt, sondern vor allem auch für den Kranken selber eine erhebliche Be-
deutung, der, wenn er falsch und unzweckmäßig angefaßt wird, nicht nur das
Gefühl der Unsicherheit beim Tragen hat, so daß er sich ängstigt imd fürchtet,
fallen gelassen zu werden, sondern dem auch durch die Unbequemlichkeit hierbei
direkte Schädigungen erwachsen können. *
Hands
1/1
318
M. MENDELSOHN,
Wenn eine einzelne Person eine andere zu tragen versucht, so liegt es
nur nahe, daß sie, um mit ihren beiden Armen die Verrichtung des Tragens auszuüben,
den Kranken dort zu heben versucht, wo die Arme am festesten und sichersten
imterfassen liönnen: unter den Achseln vmd unter den Knien des Kranken. Man
kann sehr häufig sehen, daß jemand einen Kranken derart aufzuheben unternimmt,
daß er mit dem einen Arm um den Rücken des Kranken herumfaßt, unter beiden
Schultern fort, während er mit dem anderen Arm unter die Knie greift und mm
anhebt; dabei sinkt aber der ganze ununterstützte Rumpf mit seiner vollen Schwere
nach unten, imd auch der Träger hat durch das Schwanken der an zwei so weit
auseinander liegenden Punkten unterstützten Last das Gefühl eines außerordentUchen
Gewichtes und ermüdet sehr schnell. Auch kann bei solchem Gebahren, was die
Uuzweckmäßigkeit erhöht, der Tragende nur mit vornübergeneigtem Körper sich
fortbewegen. Ganz anders dagegen ist der Vorgang und unvergleichlich viel an-
genehmer und leichter für die beteiligten Personen, wenn der Körper des Kranken
auch hier an demjenigen Punkte hauptsächliche Unterstützung erfährt, der auch
sonst beim Ruhen des Körpers auf der Unterlage aufzuUegen pflegt und die Haupt-
las fnimmt: dem Gesäß. Will man einen Kranken zweck-
mäßig tragen, so mußman
ihn so aufnehmen, daß er
auf einem Vorderarme des
Trägers, am besten dem
rechten, gewissermaßen
sitzt; die seitUch nach dem an-
deren , freibleibenden Arme des
Tragenden hingewandte untere
Körperhälfte des Kranken wird
durch diesen anderen Arm so
unterstützt, daß dieser nicht in
die Kniekehlen, wohl aber oberhalb
der Knie unter beide Oberschenkel
des Patienten greift, wobei beide
Arme in gleicher Höhe gehalten
werden müssen, so daß sie zu-
sammen gewissermaßen einen Sitz
darstellen, von welchem die Unter-
schenkel des Getragenen frei herab-
hängen. Der hierbei entsprechend
und gerade nach oben gerichtete
Oberkörper des Kranken trägt in
214. Handgriff. solcher Position, so wie bei jedem
Fif?. 212, 213, 214. Falls zwei Personen einen Krauken auf relativ große Ent-
fernungen ohne Zuhilfenahme von besonderen Tragegeräten zu tragen haben, kommt es
hauptsäcUich darauf an, die Hände so zu verschränken, daß der Kranke auf ihnen einen
Sitz findet. Ein gegenseitiges Erfassen der Hände, wie es im gewöhnliehen Leben zum
Zwecke der Begrüßung geschieht, darf' hier nicht stattfinden ; eine solche, von zwei vei'-
schiedenen Personen gleichzeitig abliängige Verbindung würde niclit gleichmäßig fest sein,
auch bieten die Handflächen keine geeignete Form dar, um ein festes Fassen und Halten
zu gewährleisten. Ein solches kann vielmehr immer nur dadurch erzielt werden, daß
eine Hand nicht die andere Hand sondern den anderen Vorderami unmittelbai- am Hand-
gelenk umfaßt und hält; ein Abgleiten wird durch die erheblich breiter am Vorderarm
ansitzende Hand vermieden. Kann sich der Kj'anke zwischen seinen beiden Trägem selber
durch beiderseitiges Umfassen an ihrem Halse festhalten, so wird ein sehr stabiler, der-
artiger Tragsitz durch ein gegenseitiges, viermaliges Erfassen der vier Handgelenke erzielt
(Fig. 212). Wo dagegen der Kranke auch einer Unterstützung-"des Rückens bedarf, faßt
die rechte Hand des einen Trägers das linke Handgelenk des anderen, während dessen
linke Hand, flach ausgestreclrt und aufruhend, den unmittelbaren Sitz für den Kranken
abgiebt (Fig. 213). Hier sind dann die beiden anderen Hände für die BUdung einer
Rückenlehne frei; indem sie sich entweder direkt erfassen (Fig. 213) oder aber, unter
Aneinauderlegen der beiderseitigen Arme, eine jede Hand die entsprechende Schulter des
Partners faßt und hält (Fig. 214).
Die Wirkung auf das Herz.
319
Sitzen, sein Gewicht selber, nur daß der Kranke die Arme um den Nacken
des Tragenden schlingt und so ein Vomüberfaüen oder ein Heruntergleiten
verhütet. Immer muß so getragen werden; unterstützt man in dieser Weise den
Kranken unter Gesäß und Oberschenkel und läßt seine Arme um den eigenen
Nacken schlingen, so können auch zarte Personen relativ schwere Kranke tragen,
besonders wenn sie die beim Tragen notwendige richtige Körperhaltung einnehmen:
den Oberkörper nicht nach vorn, sondern vielmehr nach hinten hin
überzubiegen. Daß man beim Aufnehmen eines Kranken, der sehr niedrig, viel-
leicht gar am Boden selber Hegt, sich das Aufheben dadurch erleichtern kann, daß
man selber niederkniet, ist bereits gesagt worden: man kniet zunächst mit beiden
Knien zu Boden, faßt mit den flachen Händen imter den Kranken, um ihn ein
wenig zu heben, stellt dann das eine Knie auf und hebt den Körper des Krauken
auf dieses Knie herauf; nun erst steht man selbst ganz auf und hebt dabei den
Kranken bis zur nötigen Höhe.
Fig. 215. Tragen des Krauken.
Sind mehrere Personen, um einen Kranken zu tragen, zur gleich-
zeitigen Verfügung, so ist nicht immer von vornherein gesagt, daß diese in der gemein-
samen Aktion den Transport besser, schneller und zweckmäßiger bewerkstelligen als ein
einziger Träger ; bei kleinen und nicht besonders schweren Kranken dürfte das Tragen
durch eine einzelne Person immer vorzuziehen sein. Auch bei zwei Trägern findet
man oft, daß sie einen Kranken nicht forttragen, sondern dahinschleppen; sie pflegen
sich dann am Kopfende und Fußende des Kranken, mit einander zugewandten Ge-
sichtern, hinzustellen, die eine Person greift unter die Arme des Kranken, die andere
erfaßt ihn an den Fußknöcheln ; und so versuchen sie ihn mit beiderseits weit nach
vorn übergebeugtem Oberkörper und mit kurzen trippelnden Schritten, wobei der
eine Träger natürlich rückwärts gehen muß, dahinzuschleppen. Auch hier ist wieder
der schwerste Punkt des Körpers ununterstützt ; auch hier sind wieder die beiden
Unterstützungspunkte für die Last viel zu weit auseinander gerückt. Je nach der
Zahl der vorhandenen Träger oder Trägerinnen finden diese vielmehr, wenn es
ordentlich zugeht, an einer oder an beiden Seiten des Körpers des Kranken zunächst
173
320
M. MENDELSOHN,
Aufstellung, wobei aber vor allem das Gesäß, die schwerste und centrale Partie des
Körpers, unterstützt wird und wo wieder der Körper nicht durch Zugreifen gefaßt
wild, sondern auf den flachen Armen und Händen der tragenden Per-
sonen aufliegt. Außerdem müssen sowohl der Kopf wie die unteren Extremitäten
durch eine zweite Person für sich getragen werden ; so daß sich also für solche Trans-
porte einer erwachsenen Person das Bild ergiebt, daß drei Träger neben einander ihre
sechs Vorderarme mit flach gehaltenen Händen parallel vor sich hinstrecken und auf
dieser Unterstützung der Kranke wie auf einem Lager in horizontaler Position ruht ;
sind noch mehr Träger zur Verfügung, so können je zwei und zwei oder selbst drei
von beiden Seiten des Kranken her in der gleichen Weise einander gegenübertreten.
Als eine wichtige Regel bei diesem Tragen ist zu erachten, daß nicht etwa ein Arm
des Kranken frei herunterhängt, was besonders dann leicht geschehen kann, wenn
die Träger nur auf einer Seite aufgestellt sind ; auch ist beim Passieren von Thüren
oder sonstigen engen Stellen sorgsam vorzusehen, daß nicht der Kopf oder die
Extremitäten oder andere vorstehende Körperteile gestoßen und beschädigt werden,
was besonders beim Herabhängen eines Armes sich leicht ereignen kann.
Fig. 216. Tragen des Kranken.
Fig. 215, 216. Bei jedem Tragen eines Kranken auf den Armen, ob es- nun durch
eine Pei'son (Fig. 215) oder durch mehrere (Fig. 216) geschieht, ist das Hintenüberbeugen
des Oberkörpere von selten des Trägers sehr wesentlich. Es wird dadurch der Zug,
welchen die zu tragende Last nach vom und unten hin ausübt, fast gänzlich kompensiert.
Beim Niederlegen des Kranken sind wiederum die gleichen Vorsichts-
maßregeln zu üben wie beim Aufheben. Soll der zu transportierende Kranke in ein
1/4
Die Wirkung auf das Herz.
321
Bett oder auf eine ähnliche Unterlage gebracht werden, welche nicht von beiden
. Seiten her frei zugänglich ist, so müssen die tragenden Personen sämtlich nur von
einer Seite her ihn tragen, damit man, was keiner besonderen Erörterung bedarf,
mit der Last über das Bett hinübergelangen und sie auf dieses niederlegen kann.
Beim Tragen eines Kranken von einer Ruhestätte auf die andere, zumal wenn beide
Lager einander sehr benachbart sind, wie das in erster Linie häufig beim Umbetten
der Fall ist, sei es nun, daß der Kranke in ein zweites Bett, in ein sogenanntes
Wechselbett oder auf einen Divan oder auf eine ähnliche interimistische Unterlage
kommt, muß, auch wenn eine Person nur, was hier die Eegel und oft gar nicht
anders möglich ist, den Transport besorgt, wo sich die Handhabung und Besorgung
dieses ümlagerns zwischen den beiden Ruhestätten abspielt, das zweite Bett so
stellt sein, daß sein Kopfende nach der entgegengesetzten Seite ge-
gericlitet ist, wie dasjenige des ersten Lagers. In solchem FaUe hat sich die
tragende Person, nachdem sie den Kranken aufgenommen, nur einfach um ihre
eigene Achse herumzudrehen, um den Kranken richtig in das zweite Bett legen zu
können. Stehen beide Betten frei, sind sie also beide von je zwei Seiten zugänghch,
so ist eine solche entgegengesetzte Aufstellung nicht nötig; nur kann man auch hier
nicht etwa allein innerhalb des Raiunes zwischen den beiden Betten den Transport
bewerkstelligen, sondern muß um das zweite Bett heriungehen imd in dieses den
Kranken von derselben Seite her hineinlegen, an welcher man ihn aus dem ersten Bette
entnommen hat. Immer aber sind diese Verhältnisse , welche die verschiedensten
Kombinationen aufweisen können, vorher, ehe man den Kranken aufgehoben hat,
aufs genaueste zu überlegen, um nicht sich und ihm während des Tragens unvor-
hergesehene Schwierigkeiten zu bereiten.
Für einigermaßen weitere Distanzen nun oder dort, wo derartige Transporte sich
häufig wiederholen, wie dies in Hospitälern der Fall ist, stehen eine ganze Anzahl ver-
schiedenartiger Geräte zur Verfügung, welche dieses Transportieren erleichtern. Es
Fig. 217. Tragsitz.
Fig. 218. Tragtuch.
Fig. 217, 218. Die zum Tragen von Kranken bestimmten, aus festem Segeltuch ge-
fertigten Tücher werden entweder durch zwei einfache Stangen, welche jederseits Hand-
grUfe tragen, begrenzt; zum Tragen von Kranken werden sie an diesen gefaßt und ge-
spannt erhalten (Fig. 218); oder sie werden mittels mehrerer Holzstäbe, welche durch ge-
eignet angebrachte Schlaufen gesteckt werden, zu einer Art von Sessel geformt (Fig. 217).
Im Allgemeinen findet der Kranke auf diesen Tragtüchem nicht die genügende Sicherheit
und Unterstützung, so daß sie nur, wo kein anderes, zweckmäßigeres Gerät zur Hand ist,
Verwendung finden sollten ; doch ist andererseits ihre Wohlfeilheit und besonders die be-
queme und leichte Art ihres Jlitführens, da sie zusammenlegbai' sind, ein erheblicher
Vorzug.
handelt sich bei allen diesen Geräten eigentlich immer nur darum, einen Sitz oder eine
Unterlage für den Kranken zu schaffen, die der Träger entweder unmittelbar mit den
Händen faßt und die er außerdem noch an einem Schultergurt zu tragen vermag,
oder welche an geeigneten Handgriffen mehrere Personen zu fassen und zu trans-
portieren imstande sind. Schon jeder einfache Stuhl kann auf kurze Distanz zu
solchem Transport benutzt werden; man setzt den Kranken darauf und faßt von zwei
175
322
M. MENDELSOHN,
gegenüberliegenden Seiten her unmittelbar unter die Kanten des Stahlsitzes, indem
man das Ganze gegen seinen nach hinten übergeneigten Körper anlehnt. Sonst giebt
es eigens hergerichtete Sitztragen, die nichts weiter sind als ein viereckiges Stück
festen Tuches, das an zwei gegenüberliegenden Seiten mittels hilldurchgesteckter
Holzstäbe feste Handgriffe darbietet; der Kranke wird auf dieses Tuch gesetzt und
in der gleichen Weise vor sich her getragen. Diese Sitztragen lassen sich auch mit
Schultergurten versehen, die der Tra-
gende umhängt; er trägt dann die Last
selber mit den Schultern und hat die
Hände frei, um die Stellung und die
Lage des Kranken zu sichern. Ebenso
können diese Tragsitze auch von zwei
Personen erfaßt oder umgehängt wer-
den; in primitiver Weise werden sie
ersetzt durch einen flachen Strohkranz,
der den Sitz für den Kranken darbietet
und an zwei gegenüberliegenden Punkten
mit den Händen erfaßt wird.
Fig. 219. Tragkranz. Das nur im Notfalle zu verwendende, improvisierte Hilfs-
mittel der Krankenpflege läßt sich überall durch ein einfaches Zusammenflechten von
Stroh beschaffen.
Für solche Kranke, welche auch während des Transportierens in der horizon-
talen Lage belassen werden müssen oder die so schwach sind, daß sie die bei der
eben besprochenen Form des Tragens immerhin nötige aktive imd persönhche Bei-
hilfe nicht leisten können, dienen die eigentlichen Tragbahren, flache Lager mit er-
höhtem Kopfteil, die entweder aus festem Stoffe oder aus Drahtgeflecht oder aus
Metallplatten bestehen, mit zwei seitlichen, von vom nach hinten gerichteten Trag-
stäben, deren vordere wie hintere Enden je eine Person beim Tragen erfaßt. Neuer-
dings werden diese Tragbahren nicht unzweckmäßig aus Aluminium hergestellt, was
ihre Mitführung und Handhabung sehr erleichtert ; sie sind in den allerverschiedensten
Formen und Konstruktionen zur Verfügung, in denen das Hauptgewicht auf die
beiden Momente gelegt wird, daß sie selber möglichst wenig Gewicht haben, und daß
sie leicht transportabel und mitführbar sind; Vorzüge, die besonders für die zusammen-
legbaren Tragbahren zutreffen. Eine besondere Form dieser Tragbahren ist nach dem
hübschen Gedanken konstruiert, die beiden Seitenstangen aus Eöhren zu verfertigen,
welche nach dem Prinzipe eines Fernrohres in einander greifen und die zusammen-
schiebbar sind. Unter den mit Stoff bezogenen Tragbahren giebt es zweckmäßige
Formen, welche nicht eine einfache glatte und ebene Fläche darbieten, sondern zwei-
mal winklig gekrümmt sind, und an denen die vorderen und die hinteren Griffe so
T* \/.
Fig. 220. Tragbahre. Die aus Eisen gefertigten Tragbahren verwenden zu den
eigentlichen Tragstangen Gasrohr oder Manuesmann-Eohr ; die Tragflächen sind bei ihnen
aus möglichst weit auseinander stehendem Geflecht von Eisenbändern hei"gestellt, um das
Gewicht der Tragbahre zu einem möglichst geringen zu machen. Bei den gänzlich aus
Aluminium gefertigten Geräten ist, entsprechend dem geringen Gewichte und der minderen
Festigkeit dieses Metalls, die tragende Fläche homogen gestaltet.
,176
Die Wirkung auf das Herz.
323
Fig. 221. Tragbahre. Das Gerät ist zura Transport auf Treppen bestimmt. Die
Form der Bahre gestattet dem Kranl^en eine beinahe sitzende Stellung einzunehmen. Die
ans starkem Segeltuch gefertigte Sitzfläehe ist mittels einer fortlaufenden Schnur an dem
metallenen Tragstangen befestigt und auswechselbar.
.ingebracht sind, daß die ganze Tragbahre während des Gebrauches mit ihrem
hinteren, dem Kopfende entsprechenden Teile höher steht als vorn; ähnliche Be-
sonderheiten in der Anbringung der Griffe, die dann ebenfalls am Kopfende erheb-
lich höher stehen wie am Fußende, zeigen diejenigen Tragbahren oder Tragstühle,
welche dazu bestimmt sind, beim
Transport auf Treppen verwendet
zu werden: da der eine Träger
stets um eine ganze Anzahl von
Stufen tiefer sich befindet als der
andere, so muß diese Niveau-
differenz auch in der Anbringung
der Griffe zum Ausdruck kom-
men, um den Bitz trotzdem in der
richtigen Lage zu erhalten. Im
übrigen bestehen die.se Tragstühle
aus einfachen , wenn auch um-
fangreichen Lehnslühlen, deren
Sitz so weit nach vorn und unten
hin verlängert ist, daß auch die
unteren Extremitäten darauf Platz
finden; an beiden Seiten sind
Stangen, welche sich auch ent-
fernen lassen, hindurchgesteckt, an
denen das ganze aufgehoben wird.
Alle diese Tragbahren lassen sich
ferner auch auf eigene Räderge-
stelle setzen und so, wenn auch
immer nur auf ebenen Flächen,
Fig. 222. Fahrstuhl. Für die Lokomotion von Kranken innerhalb des Zimmers
oder der Etage sind Stühle, welche auf ganz kleinen Eädei-n laufen, vorteilhaft; sie müssen
ein Fußbrett tragen. Das stabile und feste Gerät ist, ausschließlich nur für das Zimmer
bestellt, für Kranke, welche tagsüber außer Bett sind, aber olme sicli selbständig bewegen
zu können, in ihrem Stuhle häufig den Standort im Zimmer wechseln. Der äußere Ein-
druck solcher Fahrstühle ist der eines gewöhnlichen Zimmerstuhls; viele Kranken mögen
nicht, daß die vou ihnen benutzten Geräte sofort beim ersten Anblick als Krankengerät
erscheinen.
Handbuch der spec. Therapie inn. Krankh. Suppl. I. Helt 3.
Mendelsohn, Krankenpflege. lyj
22
12
324
M. MENDEtSOHN,
Fig. 223. Falirstuhl. Die Rader sind mit pneumatischen Reifen umgeben und
auch sonst ebenso gestaltet wie das an den Fahrrädern der Radfahrer üblich ist, da hier-
durch, neben der Wirkung der Federn des Wagens, ein möglichster Ausgleich jeder Er-
schütterung infolge von Unebenheiten des Bodens herbeigeführt wird. Diese Kranken-
fahr-iitühle sind besonders für den Gebrauch im Freien benutzbai' und sehr ■wertvolle und
zweckmäßige Geräte.
dahinfahren ; oder sie
tragen von vornherein
zwei Räder an ihren
Seiten und bilden die
sogenannten Räder- "
bahnen.
Was dieseTragbahren
für den Transport in
horizontaler Lage sind,
das sind die Kranken-
fahrstühle für den
sitzenden Patienten.
Diese Erankenfahr-
stühle , Fauteuils auf
Rädern mit daran be-
festigter Fußstütze^
welche in jeder Höhe-
verstellbar ist, mit Arm-
lehnen und davor an-
gebrachten ebenfalls
verstellbaren Tischchen,
sind in allen Konstruk-
tionen und in der ver-
schiedenartigsten Bau-
art, die bis zur sehr
Fig. 224. Fahrstuhl. Das Gerät ist zum Selbstfahren bestimmt, aber nur im
Zimmer oder auf ganz ebenen Wegen brauchbar. Die Vorderräder sind verhältnismäßig
sehr groß ; sie tragen auf ihrer Achse , von außen her auf sie aufgesetzt , zwei weitere-
Die Wirkung auf das Herz.
325
ßäder, welche einen nur etwas geringeren Durchmesser haben als sie selber, den Boden
also nicht berähren, und die an ihrer inneren Peripherie eine Anzahl von Handgriffen
tragen, welche der Ejanke abwechselnd ergreift und an denen er durch Drehung der
Vorderräder den Stuhl, und sich auf diesem, fortbewegt. Die Richtung der Fahrt läßt
sich, bei der Größe der Vorderräder, sehr leicht durch ein etwas schnelleres Drehen des
einen oder des anderen Rades bestimmen.
kostspieligen und luxuriösen Ausstattung geht, vorhanden. Sie tragen seitlich zwei
große Räder, welche die eigentliche Lokomotion vermitteln, und außerdem noch
ein oder besser noch zwei kleine Eäder vor oder Iiinter dem Sessel, mit welchem
die Direktion des Stuhles erzielt wird. Die Stuhlbewegung selbst geschieht ge-
wöhnlich so, daß an einem hinter der Lehne angebrachten Griffe eine zweite Person
den Stuhl vor sich herschiebt, wobei der Kranke selbständig mittels einer an dem
Fig. 225. Fahrstuhl. Der von Prof. Dr. med. HBLFEEICH konstruierte Fahr-
stuhl findet besonders für solche Kranke zum Selbstfahren zweckmäßige Verwendung
welche am Gehen behindert, sind, deren Zustand jedoch eine gewisse Belhätigimg der Arme
gestattet. Zwei mit Handgriffen versehene Hebel wirken durch entsprecheude Ueber-
tragungen auf die Drehung der Hinterräder; diese wird durch eine ruderartige Hin- und
Herbewegung der Hebelarme bewirkt. Ein sinnreicher, im Inneren der Hebelarme ver-
laufender Mechanismus gestattet eine leichte und präzise Steuening; dadurch, daß der
eine oder der andere Handgriff ein wenig gedreht mrd, erfolgt eine Abweichung des
Wagens nach rechts oder nach links.
vorderen Lenkrade angebrachten Stange mit seinen Händen die Eichtung leiten
kann ; auch giebt es Zimmerfahrstiihle für ausreichend kräftige, aber an den unteren
Extremitäten behinderte Kranke, deren beide seitliche Räder so hoch sind, daß sie
von dem im Stuhle sitzenden Kranken an ihrer oberen Cirkumferenz gefaßt werden
und gedreht werden können, imd so das Fortbewegen auf kurze Strecken auf diese
Art von dem Kranken allein sich bewerkstelligen läßt, eine selbstthätige Lokomotion,
die auch noch durch andere kompliziertere Konstruktionen ermöghcht wird.
22*
12*
326
M. MENDELSOHN,
Fig. 226. Boden für Krankenwagen. Der von Dr. med. MEYER ange-
gebene Boden, der in jeden Wagen eingelegt weiden kann, bestellt aus zwei Holzplatten,
welche an ihren vier Ecken so aufeinander gelagert sind , daß an ihnen befestigte
metalleneJHalbkugeln zwischen sich je einen solid gestalteten Gummiball fassen. Kach der
Mitte zu gehen diagonal von jeder der vier Ecken Spiralfedern aus , welche den oberen
Boden an dem unteren fixieren , ohpe jedoch ein !Sachgeben dieses nach jeder der hori-
zontalen Eichtungen zu verhindern, während die nötige Elasticität in senkrechter Eichtung
durch die Gummibälle geschaffen wird. Der Boden soll jeden beliebigen Wagen für
Krankentransportzwecke geeignet machen ; der Ea-anke soll in seinem Bette auf den Boden
gestellt und transportiert werden können.
Fig. 227. Krankenwagen. Der leichte, von Dr. med. HÖXIG angegebene Wagen
wird durch zwei Eadfahrer bewegt. Er ist natürlich nur auf entsprechend fahrbaren
Wegen zu benutzen.
Ganz besonders wichtige Einflußnahme vermag nun des weiteren
die Hypurgie auf dasjenige Moment zu nehmen, von welchem das
Maß der jedesmal aufzuwendenden Herzarbeit und damit die Schonung
des Herzens abhängt: auf die B eseitigung von Wider ständen
in der Blutbahn, welche sich der Lei^stun^' des Herzens
i8o
Die Wirkung auf das Herz. 327
entgegen stellen und diese unter Umständen zu einer unzu-
reichenden werden lassen, während eine teilweise Beseitigung oder Ver-
minderung dieser Widerstände das gerade voi'handene Mai5 von Herz-
thätigkeit, ohne diese selber zu beeinflussen, doch nun zu einem ge-
nügenden und ausreichenden macht ; so daß also in solchem Sinne
auch diese Krankenpflegemittel therapeutische Einflußnahme auf die
Herzthätigkeit besitzen. Eine derartige wichtige und umfangreiche
ungünstige Einwirkung kommt, im Gegensatz zu allen den bisher
behandelten Einflüssen, nicht durch eine direkte Reflexwirkung auf das
Herz zustande, sondern dadurch, daß der Blutdruck in einem
mehr oder minder großen Teilgebiete des arteriellen
Systems eine Steigerung erfährt.
Die Herzthätigkeit steht mit jeder neuen Herzkontraktion immer
wieder der gleichen Aufgabe gegenüber : eine bestimmte Menge Blutes
in ein elastisches Röhrensystem hineinzupressen, welches nach viel-
facher Verzweigung die in ihm enthaltene Flüssigkeit in ein anderes
ausdehnbares Röhrensystem, die Venen, ausfließen lassen kann ; und
zwar befinden sich diese Arterien unter einer durch besondere ner-
vöse Apparate aufrecht erhaltenen Tension, sind sie elastisch und üben
sie einen bestimmten Druck auf die in ihnen enthaltene Flüssigkeits-
menge aus, während die Venen erheblich ausdehnbarer sind, je nach
der Menge von Flüssigkeit, die ihnen zuströmt und die sie durch
keinen besonderen Gegendruck ihrer Wandungen in Schranken halten.
Kann man sich daher doch, wie sehr zutrefi"end bemerkt worden ist,
in seine eigenen Venen hinein verbluten; und Tierexperimente haben
gezeigt, daß nach der Durchschneidung der Medulla oblongata die
Blutgefäße derart erschlaffen, daß, um in den Arterien den zuvor vor-
handenen Blutdruck auch nur einigermaßen wieder herzustellen, die
Einleitung noch genau der gleichen Menge Blutes, als das Tier über-
haupt besitzt, zu der bereits vorhandenen nötig ist. Darum sind ja
auch im Tode, wo die Venen vollständig sich ausdehnen, die Arterien
gänzlich leer. Von diesem „Blutdrucke" aber, der in den Arterien
herrscht und der die Ursache ist, daß der Kreislauf in konti-
nuierlichem Flusse vor sich geht, indem die Arterienwände, welche
durch die neue während der Herzsystole in die Aorta hineingeworfene
Blutmenge ausgedehnt worden sind, durch ihre nachfolgende Kon-
traktion die überschüssige Blutmenge nach den Venen zu weiter
treiben , — von diesem Blutdrucke hängt wesentlich die Leistung
des Herzens ab; denn sein Widerstand allein ist es, den bei jeder
Kontraktion der Ventrikel vorfindet und gegen den seine Aufgabe zu
erfüllen ihm obliegt. Die Weiterbeförderung des Blutes während der
Diastole besorgt dann schon die Arterienwandung. Wenn man sich
vorstellen wollte, daß an einer beliebigen Stelle des arteriellen Systems
dieses zeitweilig abgeschlossen würde, so müßte durch solche Kom-
pression der Blutdruck mit jeder neuen Systole, indem immer mehr
und mehr Blut in die Aorta hineingeworfen wird und die Arterien-
wandungen ihrer immer stärkeren passiven Ausdehnung durch diese
anwachsende Blutmenge sich mehr und mehr widersetzen, der Blut-
druck andauernd ansteigen und damit die Leistung des Herzens für
eine jede folgende Phase eine immer schwierigere und eine immer
größere Kraft beanspruchende werden , bis sie schließlich unüber-
windlichem Widerstände begegnete und versagen müßte.
Dieser einfache und auf rein mechanischen Verhältnissen beruhende
328 M. MENDELSOHN,
Zusammenhang hat aber zur Folge, daß alle Anlässe, welche
den Blutdruck steigern, gleichzeitig auch stärkere An-
forderungen an dieHerzthätigkeit hervorrufen müssen:
und daß daher alle diejenigen Heilmittel der Krankenpflege, welche
es vermögen, ein solches Ansteigen des Blutdruckes in Schranken
zu halten, bei der erheblichen Bedeutung, welche ein jedes Uebermaß
dieses Zustandes durch seine Rückwirkung auf das Herz gewinnt,
als eigentliche Tonica für das Herz zu erachten sind. Dazu kommt
noch, daß bei mannigfachen Krankheitszuständen diese blutdruckherab-
setzende Wirkung geradezu die wichtigste und wesentlichste Indikation
sein kann und die Rückwirkung auf das Herz erst in zweiter Linie in
Betracht kommt; besonders wichtig sind diese Verhältnisse bei der
Arteriosklerose und bei anderen Affektionen der Arterien, zumal wenn
Apoplexien drohen oder derartige Anfälle bereits stattgehabt haben, aber
auch für alle Zustände von Herzschwäche oder organischen Herz-
affektionen besteht hier die gleiche Bedeutung einer Regelung
und Verhütung der blutdrucksteigernden Momente.
Zu den Krankenpflegeheilmitteln, welche eine solche Einwirkung
haben, gehören zunächst die bei der Regelung der ersten Teilaktion bereits
erwähnten somatischen und materiellen Mittel, welche körperliche
muskuläre Leistung mildern und erleichtern können.
Diese Heilmittel sind eben angegeben worden. Eine jede Muskel-
aktion steigert den Blutdruck; sie steigert ihn im Verhältnis
zur Dauer und Größe der vor sich gehenden Muskelarbeit. Diese
physiologische Thatsache ist durch vielfache experimentelle Nachweise
erhärtet; sie ist überdies in ihrer gerade hier in Betracht kommenden
Rückwirkung auf das Herz durch zahlreiche klinische Beobachtungen
festgestellt und in neuerer Zeit wieder von besonderem Interesse geworden
durch das immer größere Ausbreitung gewinnende Radfahren, durch
die bei der Uebertreibung dieser an sich zweckmäßigen Hebung zur
Beobachtung gelangenden Herzaffektionen und selbst plötzlichen
Herzparalysen infolge des übermäßig gesteigerten Blutdruckes*).
Wenn auch in der Krankenpflege durch Muskelthätigkeit allein nur
selten derartig starke Einwirkungen vorkommen können, so ist doch
auch hier wiederum zu beachten, einmal, daß eben, wie schon viel-
fach erwähnt, in der Therapie die kleinen Ursachen mit ihren kleinen
Wirkungen sich zu großen Effekten summieren, besonders aber, daß
hier wie immer im Leben alles relativ ist, daß für ein geschwächtes,
vielleicht gar schon der Gefahr des Versagens nahe gerücktes Herz
eine objektiv selbst so geringfügige Rückwirkung, wie sie aus dem
Aufheben eines Geschirrs vom Fußboden zum Bette oder aus dem
selbstthätigen Aufrichten oder Aufstehen des Patienten sich ergiebt,
zur schlimmsten Katastrophe werden kann, ein Vorgang, der klinisch
gar nicht so selten zur Beobachtung gelangt. Jedenfalls also wirken,
in wie verschiedener Intensität auch immer Konsequenzen sich daran
knüpfen mögen, alle diese Heilmittel durch Vermeidung einer
Erhöhung des Blutdruckes als Herztonica.
Insbesondere kommt hier als Heilmittel derart die eventuelle Anordnung voll-
ständiger Bettruhe in Betracht; wenn die jedesmalige Muskelarbeit, welche beim
Erheben aus dem Bette vom Kranken geleistet wird, oder beim teilweisen Ankleiden,
beim Hinübergehen vom Bett zum Lehnstuhl oder zu sonstigem Euhelager, bei der
*) MAETrtf MEmjEi^soHS, Der Einfluß des Eadf ahrens auf den menschlichen
Organismus. Berlin 1896.
Die Wirkung auf das Herz.
329
freien Ausübung aller der Bethätigungen , welche ein zeitweiliger Aufenthalt außer
Bett einem Kranken ermöglicht , und bei allen den anderen Vornahmen , wie sie
hier leichter und häufiger zu geschehen pflegen als im Bette, — wenn die jedesmalige
Muskelarbeit auch im einzelnen immer nur eine geringe ist, insgesamt ist sie ganz
erheblich und die öummation ihrer Rückwirkung auf das Herz fällt unter Umständen
ganz beträchtlich ins Gewicht. Die Ausschaltung aller dieser Thätigkeit erleichtert
ihm daher seine unerläßliche imd ohne jede Unterbrechung notwendige Aufgabe
derart, daß sie als ein direktes Herztonicum anzusehen ist.
Gleichermaßen wirken alle die Heilmittel, welche solchen Effekt
hervorrufen, nun noch in einem weiteren Zusammenhange. Wenn die
somatischen und die übrigen hierher gehörigen Heilmittel der Kranken-
pflege hauptsächlich i h r e W i r k s a m k e i t d u r c h d i e V e r m e i d u n g
unnötiger Muskelaktionen ausüben, so haben sie außerdem
noch eine andersartige Einwirkung, von der aus eben-
falls die Herzaktion beeinflußt wird: die auf die
Körperhaltung und Lage des Patienten. Leider wissen wir
über diesen gar wichtigen Punkt durch exakte Feststellung noch
viel zu wenig; aber es ist eine vielfache Beobachtung des täglichen
Lebens, daß die einzelnen Individuen in der Bettlage mit Vorhebe
eine bestimmte Art der Lagerung wählen, in welche sie immer wieder
zurückkehren, wenn sie in eine andere Position geraten sind, und
ohne die sie beispielsweise häufig, wie schon vorher erwähnt werden
mußte, nicht einschlafen können. Es kann keinem Zweifel unterliegen,
daß das innerhalb der Brusthöhle in gewissem Maße be-
wegliche und unsymmetrisch aufgehängte Herz in der
Freiheit seiner Bewegungen Verschiedenheiten der Be-
einflussung erfahren muß je nach der Lage, in welcher
der Körper sich befindet, Verschiedenheiten, die auch durch
das Verhältnis anderer schwerer Organe zu nahe gelegenen größeren
Gefäßstämmen noch
schärfer ausgeprägt sein
können, und die in der
Gesundheit häufig zu
geringfügig sind , um
bemerkt zu werden, je-
doch auch da schon in
den mehr unbewußten
Gepflogenheiten der La-
gerung ihren Ausdruck
finden, die in den Tagen
der Krankheit aber
unter Umständen we-
sentlich werden und,
wenn man sie vernach-
lässigt, ungünstige Piück-
wirkungen ausüben kön-
nen.
Bei
genügender
Fig. 228. Fußstütze. Das von Dr. med. MENDELSOKN in Voi-schlag gebrachte
Gerät ist zur Auflagerung eines Beines in der Bettlage bestimmt. Es wird über das Fuß-
ende des Bettes fortgestellt; die große Lederfläche, welclie zur Unterlage für das Beiu
dient, kann auf ein beliebiges Niveau eingestellt werden. Das Gerät hat den A'orteil, daß
der Kranke unbescliadet der fortbestehenden HocMagerung des einen Beines, jede beliebige
Bettlage einnehmen kann, insbesondere sich auch auf die Seite zu legen vermag, so daß
er eine viel größere Freiheit der Bewegungen hat, als mit andei'sartigen Hochlagerangs-
vorriehtungen.
i8.^
330
M. MENDELSOHN,
Beachtung und Regelung lassen sie sich jedoch dem Heilplane unter-
stützend und fördernd einfügen.
Unter diesen die Körperlage regelnden Momenten nehmen einen wesentlichen Platz
das Herabhängen der großen Extremitäten und die Zustände fehler-
hafter Lagerungen überhaupt ein; denn der Blutdruck ist zum Teil auch von
der Schwere abhängig und so liönnen durch eine derartige fehlerhafte Lagerung
Schwierigkeiten für das Herz geschaffen werden , welche sich durch die sorgsame
Verwendung der Heilmittel der
Krankenpflege vermeiden lassen.
Insbesondere sind plötzliche
Lageveränderungen, vor allem
der schnelle Uebergang aus
der horizontalen Position in
die aufrechte, zu vermeiden:
es kann dadurch geradezu zm- Syn-
kope kommen , indem das Herz den
durch die Lageveränderung gegebenen
neuen Bedingungen für die Blut-
bewegung nicht so schnell gewachsen
ist und das Gehirn zunächst nur un-
genügend mit Blut versorgt, ein Zu-
stand, der sich bis zur thatsächlichen
Ohnmacht steigern kann.
Fig. 229. Fußstütze. Das Gerät ist für den Gebrauch außer Bett bestimmt.
Die gepolsterte, für die Aufnahme der Füße bestimmte Fläche wird durch zwei entgegen-
gesetzt gerichtete Zahnstangen gestützt, so daß ihre Verstellung in jede Höhe und in jede
Neigimg möglich ist.
Noch andere Gruppen von Heilmitteln der Krankenpflege wirken
entlastend auf das Herz, und zwar insofern, als sie durch eine sorgfältige
Regelung und durch eine Einschränkung der Flüssigkeits-
zufuhr das Gefäßsystem vor zu starker Anfüllung be-
wahren. Wenn auch keineswegs eine größere per os aufgenommene
Flüssigkeitsmenge sofort und im gleichen Verhältnis den Flüssigkeits-
inhalt des Blutgefäßsystems vermehrt, wenn auch keineswegs die
Kraftanstrengung und die Anforderungen, welche an die Leistungs-
fähigkeit des Herzens gestellt werden, in unmittelbarem Verhältnis
stehen zu der jeweiligen FlüssigkeitsanftiUung des Gefäßsystems, so
vermehrt ein großer Flüssigkeitszufluß dennoch den Blutdruck und das
Herz wird so unnötig belastet.
Eine Einschränkung der oft unmäßig und ohne jede Kontrolle
erfolgenden VV asseraufnahme von selten Gesunder wie Kranker ist daher
geboten, wenn sie auch nicht inimer gleich in der rigorosen und systematischen
Anordnung der OERTEL'schen Kur vorgenommen zu werden braucht; und zwar
handelt es sich hier um die Beschränkung jeglicher, auch der harmlosen Flüssigkeit,
ganz abgesehen von der bereits besprochenen unmittelbar die Herzthätigkeit an-
regenden Wirkung von Flüssigkeiten, wie Alkohol und Kaffee. Denn schon die
mechanische Entlastung des Kreislaufs wirkt tonisierend auf das Herz, indem sie die
Anforderungen an seine Leistungen mindert.
Noch einfacher in ihrer Mechanik zu übersehen, aber darum von
nicht geringerer Wirkung sind die mannigfachen Möglich-
keiten einer Entstehung von lokaler Stauung und einer
dadurch bedingten stärkeren Inanspruchnahme des
Herzens, Möglichkeiten, welche durch sorgfältige Anwendung der
verschiedenartigen Krankenpflegeheilmittel wesentUch eingeschränkt und
oft auch ganz vermieden werden können. Es sind das alles rein
Die Wirkung auf das Herz.
331
mechanische Behinderungen für den Kreislauf, deren
Beseitigung angestrebt und erreicht werden kann; und zwar können
solche Kompressionen sowohl von außen her durch fremde Objekte der
Umgebung, insbesondere durch Bestandteile der Kleidung und der
Lagerung, hervorgerufen werden, als auch innerhalb des Organismus
dadurch, daß einzelne Organe in besondere Zustände geraten, in
welchen sie auf die Blutgefäße ihrer Umgebung eine mechanische Be-
hinderung ausüben.
Ueber das Korsett und das Schnüren der Frauen, wie über Kompressionen
des Körpers durch einschnürende Kleidung überhaupt, ist eine außerordent-
lich reichhaltige Litteratur abgefaßt worden, so daß des näheren hier auf diesen Zu-
sammenhang nicht eingegangen zu werden braucht. Doch ist es ohne weiteres ver-
ständhch, daß bei der starken Behinderung, welche ein übermäßig zusammengeschnürtes
Korsett auf den Kückfluß des Blutes aus der Pfortader und der Vena cava ausüben
muß, die Herzarbeit diesen Widerständen gegenüber stärker in Anspruch genommen
wird. Aber auch andere Körperpartien sind oft der gleichen Einzwängung unterworfen,
so der Hals durch zu enge Kragen, ein üebelstand , der sich am häufigsten beim
Militär an den Uniformen bemerkbar macht, und an den unteren Extremitäten durch
die Strumpfbänder, die häufig sehr stark einschnüren und bis jetzt nur zum kleinsten
Teile durch an der Außenseite der Schenkel verlaufende Tragbänder ersetzt sind.
Eine jede Maßnahme der Krankenpflege, welche eine derartige Einschnürung ver-
hindert, die ebenso auch bei unzweckmäßiger Leibwäsche vorkommen kann, eine
jede Beseitigung solcher einschnürender Kleidungs- und Wäschestücke übt demnach
zu ihrem TeUe einen tonisierenden Einfluß auf das Herz aus, nicht immer einen
stark in die Augen fallenden, wohl aber stets einen solchen, daß er Beachtung
verdient.
Aber auch in der Bettlage kommen Kompressionen vor; doch kann im einzelnen,
bei der unendlichen Mannigfaltigkeit aller der vielen derartigen Möglichkeiten, auf
sie hier nicht besonders und detailliert eingegangen werden. Eine derartige Kom-
pression durch eine fehlerhafte Lagerung des Kranken im Bette
kann, insbesondere an den Extremitäten , entweder dadurch erfolgen, daß sie auf
einer Kante oder einer sonstigen Hervorragung aufliegen und an dieser Stelle kom-
primiert werden , oder einem ähnlichen Drucke in der Weise ausgesetzt sind , daß
sie im Schlafe von dem eigenen Körper des Kranken zusammengedrückt werden,
Uebelstände, denen die Heilmittel der Krankenpflege, wenn sie ausreichend ver-
wendet werden, durchaus erfolgreich begegnen können. Die einzelnen Maßnahmen
hierfür sind an anderen Stellen des Werkes ausgiebig besprochen.
Fig. 230. Reife ntrage. Um den Druck der Bettdecke, der sonstigen Bettstücke
lind eventuell auch oberhalb des Köi-pers angebrachter Krankenpllegegeräte vom Eumpfe
oder den unteren Extremitäten fernzuhalten , dienen metallene oder aus andersartigem
Material hergestellte Bogen, welche über den Körper des Kranken fort gestellt werden und
ihn so vom Drucke der Bettdecke entlasten. Sind sie aus Jletall, so müssen sie mit Stoff
umwickelt werden, um unangenehme Kälteempfindungen bei Berührung mit dem Köi-per
zu veiTneiden.
185
332 M. MENDELSOHN,
Wichtiger noch, weil nicht ebenso einfach abzustellen, ist die
Kompression von innen her mit ihrer dadurch ent-
stehenden Belastung des Herzens.
Auch hier spielt, zunächst wieder die Diätetik insofern in die
Krankenpflege hinüber, als dieHäufigkeit und der Umfang der
einzelnen Mahlzeiten und besonders die Menge der
jedesmal auf genommenen Nähr ung Behinderungen für
das Herz zu schaffen vermag, welche unter einer zweckmäßigen
Regelung der Mahlzeiten ausbleiben. Zunächst stellt das Verdauungs-
geschäft an sich schon erhöhte und oft sehr weitgehende Anforderungen
an die Herzthätigkeit ; wie eine jede gesteigerte Funktion, au welchem
Punkte des menschlichen Körpers sie sich auch abspielen und welcher
Art sie auch sein mag, eine entsprechende Steigerung der Herz-
thätigkeit mit sich führt, so auch hier; und das in erhöhtem Maße,
als durch den Afilux der Verdauuugssäfte zu den thätigen Digestions-
organen nicht unbeträchtliche Differenzen in der Blutverteilung her-
vorgerufen werden ^ unter diesem Gesichtspunkte hatte die Beeinflussung
der Nahrungsaufnahme durch die Krankenpflege schon in der vorher-
gehenden Darlegung ihre Erwähnung finden können. Hier aber ist es
besonders die mechanische Konsequenz einer allzu reichlichen und allzu
häufigen Nahrungsaufnahme, welche wirksam wird; zunächst dadurch,
daß ein stark angefüllter Magen, — und eine „starke" An-
füllung ist auch hier wieder je nach der Individualität und besonders
nach dem vorliegenden Krankheitszustand unter Umständen schon bei
relativ mäßiger Speisenzufuhr gegeben, — direkt auf das Dia-
phragma und damit auf das Herz drückt und so mechanisch
seine Thätigkeit behindert; des weiteren aber noch insofern, als mit
der Verdauung Kongestionen der Leber und der Milz einher-
gehen und diese solchermaßen vergrößerten Organe den Druck auf das
Diaphragma noch erhöhen, ein Vorgang, der desto intensiver
in die Erscheinung treten muß, je stärker die AnfüUung, je ausge-
sprochener die Verdauung und je häufiger die Wiederholung derartiger
Ereignisse ist.
Diese Regelung, welche ebenfalls der Krankenpflege möglich ist
und ihr unterliegt, ist also gleichfalls ein Mittel, das Herz in gewissem
Sinne zu schonen. Und gleichermaßen triift das zu für noch anders-
artige, ebenfalls somatische Heilmittel der Krankenpflege. Einmal
können diese, wie bereits vorher erörtert und in der Folge auch noch
näher ausgeführt werden wird, dazu beitragen , eine Entleerung des
Darms herbeizuführen, das Zustandekommen einer Obstipation zu ver-
hindern. Eine Anfüllung des Darms, zumal eine übermäßig starke,
hat zweierlei hier in Betracht kommende Konsequenzen: einmal wird
rein mechanisch durch die Kotmassen ein Druck auf die
Darmgefäße ausgeübt; sodann aber ist der Blutdruck ge-
steigert durch die Resorption von Flüssigkeit aus dem
Darmkanal und die mangelnde Ausscheidung solcher aus den Blut-
gefäßen in das Darmlumen hinein. Werden doch gerade unter diesen
beiden so sehr wichtigen Indikationen medikamentöse Abführmittel ge-
geben, einmal daß sie diuretisch wirken sollen, wie bei Oedemen, so-
dann daß sie den Blutdruck herabsetzen, so bei Schrumpfniere und bei
Gehirnapoplexie. So ist auch der bei Obstipation häufig vorhandene
hämmernde, unter den einzelnen Pulsationen an Intensität zunehmende
Kopfschmerz ein Ausdruck dieser Ueberfüllung des Blutgefäßsystems.
i86
Die Wirkung auf das Herz. 333
Alle die Ausgabe der Faeces fördernden und erleichternden Mittel
der Krankenpflege sind daher ebenfalls unter dem Gesichtspunkte einer
schonenden Einwirkung auf das Herz zu betrachten, wie das auch
des ferneren für die Hilfsmittel zur Verhütung andersartiger über-
mäßiger Anfüllung der Fall ist. Denn auch die übermäßig gefüllte
Harnblase vermag in ähnlicher Weise zu wirken, so daß auch die
somatische Beeinflussung der Harnentleerung durch die Krankenpflege
hierher gehört. Wenn die Harnblase stark gefüllt ist,
so steigt dadurch der intraabdominale Druck, oft
in erheblicher Weise ; es werden durch ihn die großen Gefäße,
arterielle sowohl wie venöse, beeinflußt und zwar im Sinne einer
Steigerung des Blutdruckes, die also durch geeignete Anwendung
der Krankenpflegemaßnahmen , welche die Harnentleerung entweder
regelmäßig gestalten oder sie erleichtern und ausgiebiger herbeiführen,
zu ihrem Teile vermieden werden kann. Wie groß dieser Einfluß des
gesteigerten intraabdominalen Druckes auf den Blutdruck sein kann,
läßt sich in der klinischen Beobachtung immer und immer wieder fest-
stellen ; so darf beispielsweise bei Entleerung der Bauchhöhle von
ascitischer Flüssigkeit kein zu schneller Abfluß stattfinden, da die
plötzliche Entlastung infolge der schnellen mit ihr verbundenen Herab-
setzung des Blutdruckes Synkope herbeiführen könnte. Weniger all-
gemein bekannt, aber dennoch gar nicht so selten zur Beobachtung
gelangend ist der gleiche Vorgang bei einer übermäßig angefüllten und
schnell und gänzlich entleerten Harnblase, allerdings nur bei Individuen,
deren sonstige Körperökonomie sie in der Blutversorgung ihres Ge-
hirns schon an die Grenze des eben Notwendigen hat gelangen lassen ;
wenn solche Personen des Morgens schnell aus dem Bette springen
und damii ein plötzlicher Uebergang in eine andere Körperhaltung,
dessen Einfluß auf die Girkulation schon erwähnt wurde, stattfindet,
und wenn sie nun unmittelbar dabei ihre stark angefüllte Blase gänz-
lich entleeren, so stellt sich gar nicht so selten während des Aktes
des Harnlassens Schwindelgefüld und sogar auch Ohnmacht ein.
Eine gleiche Steigerung des intraabdominalen Druckes
wird, wenn auch nur vorübergehend, d u r c h j e d e stärkere
Anspannung der Bauch presse herbeigeführt. Auch das ist
wieder ein Zusammenhang, unter welchem die Heilmittel der Kranken-
pflege oft in außerordentlicher Weise auf das Herz zurückwirken
können ; und es ist nicht zu viel gesagt , daß sie manchmal sogar
hier direkt von lebensrettender Wirkung sein können. Denn das
Herz kann keine Pausen in seiner Thätigkeit machen und jede uner-
füllbare Anforderung, die, wenn auch nur vorübergehend, an dies
Organ gestellt wird, bringt es zum dauernden Einstellen seiner Thätig-
keit. Die stärkste Anspannung der Bauchpresse pflegt bei Kranken
gewöhnlich in dem Bestreben herbeigeführt zu werden, eine Defäkation
unter schwierigen Verhältnissen vorzunehmen ; wenn bei harten Kot-
massen schon in der aufrecht sitzenden Position des Gesunden zur
Erzielung der Austreibung der Faeces oft eine außerordentlich beträcht-
liche Anspannung der Bauchpresse notwendig wird, so ist das auch
unter sonst einer Expulsion nicht gerade übermäßig ungünstigen Be-
dingungen in bei weitem verstärktem Maße der Fall, wenn der bett-
lägerige Kranke in seiner horizontalen Lage belassen wird oder un-
zweckmäßige Geräte an ihm zur Verwendung kommen; Verhältnisse,
Avelche bei der Besprechung der die Stuhlentleerung fördernden Heil-
i8;
334
M. MENDELSOHN,
mittel der Krankenpflege eingehendere Erörterung finden müssen.
Es wäre durchaus fehlerhaft, diese Steigerung des intraabdominalen
Druckes, weil sie nur eine momentane und vorübergehende ist, für
gering zu achten ; abgesehen von aller therapeutischen Erwägung mahnt
bereits der gar nicht so seltene Vorgang, daß Herzkranke und Personen
mit anderen Leiden, in welchen eine Erhöhung des Blutdruckes ver-
hängnisvoll werden kann, plötzlich während der Defäkation den Exitus
erleiden, zur sorgfältigen Beachtung der. hier notwendigen Maßnahmen,
die von solchem Gesichtspunkte aus ebenfalls zu den unter Um-
ständen unmittelbar lebensrettenden Heilmitteln gezählt werden können.
Diese Heilmittel der Krankenpflege, welche 'die Defäkation erleichtern,
sind darum gleichzeitig auch wesentliche Tonica für das Herz; ihnen
gesellen sich die anderen
Krankenpflegeheilmittel
hinzu, welche für die
Unterstützung der
Expektoration und
der NahruDgs- und
Flüssigkeits - Aufnahme
zur Verfügung sind,
Mittel ebenfalls wieder
sowohl somatischer als
materieller Art, deren
ähnlich gerichtete Ein-
wirkung insofern hier in
Betracht kommt, als sie
ein fehlerhaftes Schlu-
cken und damit das
Eintreten von reflek-
torischen Hustenstößen
mit ihrer Inanspruch-
nahme der Bauchpresse
verhüten, oder dort, wo
der Hustenakt bei der
Expektoration unver-
meidlich ist, ihn wenig-
stens nach Möglichkeit
einschränken und er-
leichtern. Auch alle die
Heilmittel der Kranken-
pflege, welche Erbre-
chen verhüten kön-
nen, den komplizierten
Keflexakt, bei welchem
die Bauchpresse ganz
besonders stark in
Thätigkeit tritt und
wobei der Blutdruck
außerordentHch hoch
ansteigt, haben dieselbe
Fig. 232. Verstellbare Rückenlehne. Schonende und toni-
Fig. 231, 232. Die von Dr. med. BKADT angegebene Rückenlehne hat vor anderen
derartigen verstellbaren Geräten den Vorzug voraus, daß sie auch von dem Patienten
selber, während er darauf ruht, in verschiedene Neigungen gebracht werden kann, sowie
dai3 dies Verstellen durch die am Geräte angebrachte mechanische Vorrichtung ganz
gleichmäßig und langsam , unier gänzlicher Schonung des nihenden Patienten geschieht.
Für die Verstellung der Lehne durch den Kranken selber kommen diejenigen Geräte zur
Die Wirkung auf das Herz. ß35
"Verwendung, an denen der Handgriff der Schraubenvorriclitung an der vorderen Kante
angebracht ist (Fig. 231); für Bedienung durch dritte Personen ist der Handgriff seitlich
oder hinten befestigt (Fig. 232). Beidemale geschieht das Heben oder Senken der Rücken-
fläche dadurch, daß mittels einer Schraube ohne Ende und eventuell mittels üebertragung
durch eine ebensolche Kette die beiderseitigen Fußpunkte der Stützen für die Rücken-
fläche der vorderen Kante des Gerätes angenähert oder von ihr entfernt werden.
sierende Wirkung auf das Herz und können darum elienfalls als Herz-Tonica von
nicht unbeträchtlicher Wirksamkeit angesehen werden. Alle diese Heilmittel sind
in den betreffenden Kapiteln des näheren erörtert.
Auch die e i g e u e K r a f t u n d d i e L e i s t u n g s f ä lii g k e i t des
Herzmuskels selber kann durch die Heilmittel der Kraukenpflege
eine Förderung erfahren, allerdings nur allmählich, allerdings nur im
Gegensatze zu allen den bisher erwähnten Mitteln, deren Wesen die
Schonung ist, hier nun gerade umgekehrt durch systematische üebung.
durch ein kompensatorisches Anpassen an allmählich steigende und
unter großer Vorsicht und Kontrolle bewußt herbeigeführte, immer
stärker werdende Widerstände. Es ist bereits gesagt worden , daß
diese Art der Einwirkung mehr als eine prophylaktische zu bezeichnen
ist. Auf die Methoden , nach welchen eine solche Uebung und
Kräftigung des Herzmuskels zu erfolgen hat. ist hier einzugehen nicht
am Platze; es gehört das zur speciellen Besprechung der Therapie
der Kreislaufstörungen. Aber im Interesse des Zusammenhanges und
der Würdigung der hypurgischen Heilmittel muß auch hier darauf hin-
gewiesen werden, daß selbst für diese Teilaktion der Einwirkung auf
das Herz Heilmittel der Krankenpflege zur Verfügung und wirksam
sind. Das ist ganz besonders aus dem therapeutischen Grundsatze
her der Fall, daß die Einwirkungen von Heilmitteln auf einzelne Organe,
wie eigenartig und, wenn man es so nennen will, specitisch der Zusammen-
hang zwischen dem Mittel und dem betreffenden Organe, zwischen
Ursache und Wirkung auch sein mag, keinesfalls allein oder vorwiegend
nur bei den unmittelbaren Erkrankungen dieses Organs selbst, nur etwa
bei seinen eigenen lokalen Atfektionen in Anspruch und in Verwendung
gezogen werden, was eine „specifische Therapie" wäre, wie sie nicht
sein soll. So sind auch die Krankenpflegeheilmittel, welche eine be-
sondere Funktion zu beeinflussen vermögen, nicht etwa nur in An-
wendung zu ziehen, wo die vorhegende Affektion in einer Störung gerade
dieser Funktion besteht ; als ob etwa die hypurgischen Einwirkungen
auf das Herz und die Cirkulation, welche möglich sind . nur anwendbar
wären als Einwirkungen auf ein krankes Herz, als Einwirkungen auf
eine gestörte Cirkulation. Es giebt keine lokal begrenzten Störungen
in der menschlichen Pathologie; und es giebt keine Therapie, welche
die Abstellung einer Störung nur an dem vornehmlich in Mitleiden-
schaft gezogenen Organe anfassen dürfte. Sie muß vielmehr überall
da einsetzen, wo irgend eine Beeinflussung überhaupt möglich ist.
die, wenn auch erst durch eine ganze Kette von Folge Wirkungen,
schließlich dann an dem sogenannten Locus aflfectus dennoch einen
merklichen Effekt herbeiführt. So können auch die Heilmittel der
Krankenpflege, welche auf das Herz tonisierend wirken, bei vielfachen
und verschiedenartigen Aft'ektionen in Anwendung gezogen werden,
und nicht etwa nur bei Erkrankungen des Herzens. Allerdings sind
bei diesen so komplizierten Verhältnissen noch zahlreiche andere Be-
dingungen da, welche Berücksichtigung erfordern und eigene und
specielle Maßnahmen nötig machen; aber sie alle können der Mit-
wirkung der hypurgischen Heilmittel nicht entraten.
336 M. MENDELSOHN,
KAPITEL VIII.
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
Auf die Stuhlentleer iiDg nehmen die Heilmittel der Krankenpflege
einen wesentlichen Einfluß. Auch die Funktion der Fortschaffung der
unausgenutzt bleibenden Nahrungsstoffe aus dem Darmkanal setzt
sich aus mehreren Teilaktionen zusammen, welche eine jede für sich
therapeutisch angeregt werden können. Diese Fortschaffung der Faeces
kann in ausreichendem Maße nur dann geschehen, wenn auch sie
wiederum einmal selber in demjenigen Zustande einer bestimmten
Konsistenz sind, welche ein möglichst ungehindertes
Passieren durch den Darmkanal begünstigt und vor allem
auch die letzte Austreibung an der engen Pforte des Anus ungehindert
vor sich gehen läßt; sodann, wenn die den Transport von oben nach
unten hin besorgende mechanische Kraft des Darms eine zu-
längliche ist; und schließlich — und nicht minder wichtig als
diese beiden Teilaktionen — wenn die der eigentlichen
Expulsion der Faeces dienenden Kräfte ausreichend
in Thätigkeit treten können und in zweckmäßiger und er-
schöpfender Weise auf das zu bewegende Objekt einwirken. Eine jede
dieser Teilaktionen ist, so sehr auch hier wieder medikamentöse Be-
einflussungen beliebt und in allererster Verwendung sind, der Ein-
wirkung auch der Heihnittel der Hypurgie zugänglich, allerdings in
sehr verschiedenem Maße; die dritte Teilaktion, die eigentliche Expulsion
der Faeces jedoch dergestalt, daß sie ganz ausschließlich und allein
Domäne der h5'purgischen Therapie ist und durch kein andersartiges
Heilmittel günstig gestaltet werden kann.
Die Voraussetzung für ein ungehindertes Passieren der Faeces durch
den Darmkanal ist, daß ihre Konsistenz, daß der Festigkeitszustand
des in ihm eingeschlossenen und durch ihn zu bewegenden Inhaltes
kein allzu großer sei, daß die Faeces nicht harte Massen darstellen,
welche der Fortbewegung durch die peristaltische Aktion der Darm-
muskulatur sich widersetzen. Der Grad dieser Konsistenz der
Faeces aber hängt von der Bilanz zweier sich ergänzenden Faktoren
ab: von der Resorption von Flüssigkeit aus dem Darminhalt und von
der Verflüssigung, welche umgekehrt der Darminhalt durch die Se-
kretion von der Schleimhaut aus erfährt. Auf diese Teilaktion, für
welche gerade medikamentöse Heilmittel in wirksamster Weise zur
Verfügung stehen, größeren Einfluß zu nehmen, sind die Heilmittel
der Hypurgie nicht in der Lage. Allerdings geht mit jeder Anregung
der Darmthätigkeit überhaupt, wie sie durch hj'purgische Heilmittel
möglich ist und wie sie sogleich besprochen werden soll, eine Erhöhung
auch dieser beiden Momente gleichzeitig einher; im wesentlichen jedoch
erstreckt sich diese Hebung der Darmthätigkeit allein auf die mecha-
nische Seite der Funktion und die Hauptförderung erfährt dabei die
andere Teilaktion: die Verstärkung der peristaltisch ablaufenden
Muskelthätigkeit des Darmkanals. Immerhin ist es zulässig, wenn auch
nur in den unteren Darmabschnitten, die direkte und unmittel-
bar eVe r fl ü ssi gangdesDarm Inhalt es du rchEinläufe und
190
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung,
337
Eingießungen von Flüssigkeit in den Mastdarm zu den
Bethätigungen der Krankenpflege zu rechnen ; die Klysmata sind in
der That ein weitverbreitetes und auch ohne ärztliche Anordnung
vielfach ohne weiteres zur Herbeiführung von Stuhlentleerung ange-
wandtes mechanisches Heilmittel der Hypurgie.
Ueber die zu solchen Eingießungen heute fast ausschließlich nur noch ver-
wendeten Irrigatoren ist bereits bei der Einflußnahme auf die Körperreinigung
gesprochen worden. Diese Irrigatoren stehen in so reichlicher Form und Zahl in
der Kranlvenpflege zur Verfügung, daß eine vollständige bildliche Wiedergabe der
einzelnen Formen unmöglich ist.
Fiff. 233. Irris'ator.
Fiff. 234. Irrigator.
Fig. 235. Irrigator.
Fig. 231). Irrigator.
Fig. 237. Irrigator.
iqi
338
M. MENDELSOHN,
Fig. 238. Irrigator.
I'i'j. J ■'.!. I 1 ri'.; :i luv.
Fig. 240. Irrigator.
Fig. 241. Irrigator.
Fig. 233 — 241. Die Irrigatoren, TOn denen außer zu ganz besonderen Zwecken
keiner ohne Flüssigkeitsskala vervvendet werden sollte, sind entweder nur an der Wand
hängend oder auf einer senkrechten Bahn gleitend verwendbar (Fig. 233 — 235, 287), oder
sie stehen selbständig auf (Fig. 236, 238 — 241). Bei allen Vorzügen des Glases, insbe-
sondere denen der Durchsichtigkeit und der dadurch ermöglichten Kontrolle des jeweiligen
Inhaltes und der absoluten Reinigungsmöglichkeit (Fig. 235, 236) und bei aller Haltbar-
keit und WohlfeiLheit der nur aus Metall (Fig. 238) oder aus Email (Fig. 241) ge-
fertigten Geräte sind am zweckmäßigsten, weil alle Aufgaben am leichtesten erfüllend,
die Kombinationen von Glas und Metall , die Irrigatoren , an denen das eigentliche Be-
liältnis aus Glas besteht, das Stativ für dieses, die Skala etc. dagegen aus Metall
192
Die^ Wirkung auf die Stuhleutleerung.
(rig. 239, 240). Für die ambulante Venvenduug, aber nur für diese, sind ganz aus weichem
Gnmmi oder wasserdichtem Stoff gefertigte (Fig. 234), völlig zusammenlegbare Irrigatoren
zur Verfügung (Fig. 233) ; diese dürfen jedoch wegen der Schwierigkeit, sie sauber zu
halten, und der Unmöglichkeit einer Kontrolle des jeweiligen Inhalts nur ausnahmsweise
zur Anwendung gelangen. Das gleiche gilt von den ebenfalls zusammenlegbaren Behält-
nissen, welche in ihrem oberen Teile aus Metall, ihrem unteren Teile aus Gummi bestehen
(Fig. 237) und bei denen der ganze weiche Teil einschließlich des Schlauches und des
Abflußrohres von unten her in den Jletallteil eingestülpt werden kann, welcher oben
und unten je einen um Scharniere drehbaren Metalldeckel trägt, so daß das Ganze im
geschlossenen Zustande einer Dose ähnlich ist.
Eng m Beziehung mit den Irrigatoren stehen hinsichtlich der Art ihrer Ver-
wendung die Spritzen, welche in der Krankenpflege den gleichen Zweck erfüllen:
Flüssigkeiten nach einem bestimmten Punkte der Körperoberfläche zu dirigieren,
luid das ebenfalls in abgemessener Menge imd unter bestimmtem Drucke, der hier
subjektiv durch die Kraft des Ausübenden bemessen wird, während der Maßstab, die
Skala für die Menge der zur Verwendung kommenden Flüssigkeit hier nicht wie bei
Irrigatoren auf der äußeren Glaswand angebracht ist, sondern an dem Stempel derden
Spritze, und von diesem an seiner Eintrittsstelle in die hintere Spritzenwandung ab-
gelesen wird. Diese Spritzen, deren nähere Beschreibung unnötig erscheint und die
in allen Größen und Ausführungen zur Verwendung kommen, sind früher vielfach
ganz und gar aus Glas hergestellt worden, während jetzt nur noch die Wandung
hieraus zu bestehen pflegt, das vordere Ansatzstück und der hintere Verschluß da-
gegen gewöhnhch aus Hartgummi und der Stempel aus Metall gearbeitet sind. Das
einzige, was bei ihrer Verwendung einer besonderen Erwähnung bedarf, ist, daß der
Kolben ebenmäßig imd leicht gleitet und dabei doch gut schließt, also keine Flüssig-
keit hinter sich treten läßt. Gewöhnhch sind die Spritzenkolben, wenn das Gerät
längere Zeit, zumal in warmer Jahreszeit, nicht benutzt worden ist, eingetrocknet,
so daß sie den flüssigkeitsdichten Kontakt
zwischen Stempel und innerer Glaswand
nicht mehr aufrecht erhalten, ein üebel-
stand, welchem in den letzten Jahren eine
sehr erhebhche Anzahl der verschieden-
artigsten Konstruktionen von Spritzen -
Fig. 242. Heizbarer Irrigator.
Fig. 243. Heizbarer Irrigator.
Fig. 242, 243. Eine kleine Spirituslampe unter dem Gerät bringt die in diesem
Platz findende Flüssigkeitsmenge in kiu'zer Zeit auf eine ausreichende Temperatur, welche
durch einen in die Flüssigkeit tauchenden Thermometer kontrolliert werden kann. Das
dem von Dr. med. Steauss konstruierten Gerät (Fig. 242) beigegebene kleine Maßgefäß
ist für das Abmessen der zur Venvendung kommenden Spiritusmenge empirisch graduiert
und an den Teilstrichen seiner Skala mit der Angabe der Temperaturgrade versehen, bis
auf welche die entsprechende Spiritusmenge den Inhalt des Irrigators zu envärmen vermag ;.
natürlich sind diese Angaben nur ganz ungefähre und approximative.
Handbucb der spec. TheriiiJie iiiii, Kr.inkh. Suppl. I. Heft 3. 23
Mendelsohn, Krankenpflege. i^J lo
340
M. MENDELSOHN.
stempeln abzuhelfen sich bemüht hat, die alle im wesentlichen darauf hinauslaufen,
daß durch eine Schi-aubenvorrichtung der Stempel reguliert, daß er enger oder weiter
gestellt werden kann. Trotz aller dieser Neuerungen
sind jedoch immer noch die mit Le<leriimhiillung ver-
sehenen Spritzenstempel bei weitem am meisten im
Gebrauch und in Anwendung. Sind diese durch Ein-
trocknung undicht geworden, so muß der Stempel aus
der Spritze herausgezogen und in Flüssigkeit getaucht
werden , und zwar genügt nicht das einfache Ein-
tauchen , sondern gleichzeitig muß der Lederbelag,
welcher nur in der Mitte des Kolbens rundherum fest
angeheftet ist, an dessen vorderem Ende sowohl . wie
am hinteren von der Unterlage abgespreizt und damit
solchermaßen in seiner äußeren Circumferenz erweitert
werden, daß er nun beim Wiedereinführen überall der
Glaswand anliegt. Oft genügt es auch, allein die nach
hinten gekehrte Hälfte des Lederbelages derartig auf-
zuspreizen, um den Kolben wieder dicht zu gestalten,
Fig. 244. Schlauch-Leitung. Eine winkelig gebogene Bohre liegt auf einem
kleinen Träger auf, dessen unteres, mit Klammern versehenes Ende sich federnd über den
Rand eines jeden beliebigen Gefäßes aufsetzen läßt. Versieht man die beiden freien Enden
des Winkelrohres mit je einem kürzeren und längeren Schlauch , so läßt sich das Ganze
an jedem Gefäß als improvisierte Irrigatorvorrichtung verwenden. Allerdings ist ein
erstmaliges Ansaugen der Flüssigkeit, um die Heberwirkung herzustellen, von nöten.
was dann den Vorteil hat
daß die Wiedereinführung des
Stempels in die Spritze er-
heblich leichter gelingt, als
wenn auch der nach vorn
gekehrte Lederteü ausein-
andergedehnt worden ist.
Daß der Stempel der Spritze
gut und glatt gleitet, hat nicht
bloß für ein jedes ManipuUeren
mit Spritzen , für die Be-
urteilung des Widerstandes, unter welchem hierbei die Flüssigkeit einläuft, für die
o-anze Handhabung überhaupt seine Bedeutung, sondern ganz besonders überall
'^ dort, wo mit Hilfe einer Spritze, was
allerdings heute bereits ungewöhnlich ge-
worden, aber doch immerhin noch ge-
schieht, Flüssigkeiten unmittel-
bar in Körperöffnungen einge-
führt werden sollen. Handelt es sich
darum, ein Klysma mittelst der Spritze
zu verabfolgen, wozu früher derartige
„Ellystierspritzen" ausschheßlich dienten,
so kann leicht bei der Notwendigkeit,
hierbei einen stärkeren Druck auszuüben,
wie sie sich aus einem übermäßigen
Widerstände durch einen schlecht gehen-
den Kolben ergiebt, der stark angewandte
Druck nicht fdlein nur zwischen Kolben
und Spritze wirksam werden, sondern das
ganze Instrument betreffen und dieses
gewaltsam in das Körperinnere hinein-
drängen, so daß es im Eectum mit seiner
harten Spitze Verletzungen von oft er-
Fi". 246. Clvsopomp. heblicher Bedeutung schaffen kann. Es
Fig. 245. Clvsopomp.
194
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
341
ist daher notwendig, daß überall da, wo solche Manipulationen unmittelbar mit einer
Spritze vorgenommen werden, zwischen dem harten peripheren Ausflußstücke der
Spritze, welches zur Ein-
führung in den Körper ge-
langt:, und der Spitze selber
■ein kurzes Verbindungsstück
aus weichem Gmumischlauche
eingeschaltet wird , welches
verhütet, daß ein zu starker,
auf das Gerät ausgeübter
Druck sieh bis auf die vordere,
in den Körper eingebrachte
■Spitze überträgt.
Für die Anregung der
eigentlichen motorischen
Darmthätigkeit selber, im
"wesentlichen also f ü r
eine Erhöhung der
Peristaltik, stehen
der Krankenpflege
erheblichere Heil-
mittel zu Gebote.
Fig. 247. Clysopomp.
Fig. 245, 246, 247. Die jetzt obsoleten Geräte, welche zur Einbringung von Flüssig-
keit in den Mastdann dienen, sind zum Teil einfache Ballonpumpen aus Gummi (Fig. 245) ;
das eine Ende wird in den Anus eingefügt, das andere taucht in das Gefäß mit Flüssig-
keit; geeignete Ventile veranlassen, daß beim Zusammendrücken des Gummiballes
Flüssigkeit aus der Schüssel angesogen und in den Mastdarm gespritzt wird. In anderen
derartigen Geräten geschieht das Gleiche durch ein direktes Pumpen (Fig. 247); das unten
offene Behältnis wird in die Flüssigkeit hineingestellt und diese durch Pumpbewegungen
fortgeleitet. Selbstthätiger aber weniger einfach sind die Clysopompe , welche durch
Federkraft den Austritt der Flüssigkeit herbeiführen (Fig. 246); in dem völlig ge-
schlossenen eylindrischen Metallgefäß gleitet ein Stempel, der wie der Kolben einer Spritze
völlig hermetisch schließt. Dieser Stempel wird durch eine starke Feder nach dem Boden
des Behältnisses gedrückt; zieht man ihn entgegen dieser Federkraft mit Hilfe eines
Zahnrades und einer Zahnstange nach oben hinauf und setzt dabei das Gerät in die ein-
zuspritzende Flüssigkeit hinein, nachdem der Hahn der unten befindlichen Ausflußöffnung
geöffnet worden ist, so wird der Innenraum durch Ansaugen mit Flüssigkeit erfüllt; ein
Schließen des Hahnes läßt das Ganze in der betreffenden Situation feststehen, da die
Flüssigkeit nun allseitig abgeschlossen ist. Nach dem Anfügen des Ansatzschlauches und
seiner Einführung in den Mastdarm genügt ein Oeffnen des Hahnes, um selbstthätig die
Flüssigkeit ausspritzen zu lassen. Alle die Geräte werden jetzt durch die einfachen Irri-
gatoren ersetzt.
Auch hier ist wieder eine zweifache Art der Einwirkung möglich,
welche
kulatur
sich
ist,
aus der Besonderheit ergiebt, daß es wiederum Mus-
bei dem Funktionieren
daß daher wiederum
Muskelthätigkeit ganz
kommenden Funktion
eben die für
welche die in Rede stehende Aktion besorgt, wie
das
und
ausgelösten
des Herzens ausführlicher besprochen ist,
die Intensität der reflektorisch
und gar den Grad der gesamten zustande
überhaupt bestimmt. Da das Muskelgewebe
Besonderheit
eine therapeutische Einwirkung treffliche
Uebung
besitzt, durch systematisch gesteigerte Uebung und Thätigkeit sich
selber zu kräftigen und so allmählich zu größerer Leistungsfähigkeit
zu gelangen, so können auch hier wieder die Heilmittel der Kranken-
pflege insofern wirksam sein, als sie einmal direkt und unmittelbar
eine einzelne Aktion in der Darmmuscularis auslösen
oder eine Steigerung dieser : oder aber
195
sie durch allmähliche Einwirkung
23*
13*
342
M. MENDELSOHN,
Erkenntnis noch so gut wie ganz verschlossen
wiederkehrende Erfahrung,
zu e i n e m i m ni e r h ö h e r e n M a ß e V 0 n ni ö g 1 i c h e r Leistungs-
fähigkeit bringen, welche dann dauernder Besitz des in seinem
Funktionieren gehobenen Organs bleibt.
Wenn mau sie, was sehr wohl angeht, dii'ekt als ein Heilmittel
bezeichnen will, so spielt eine wesentliche Rolle unter diesen Heil-
mitteln, welche den Ablauf der motorischen Thätigkeit
des Darms unterstützen, die Regelmäßigkeit in der Vor-
nah m e d e r F u n k t i 0 n d e r St u h 1 e n 1 1 e e r u n g. In welcher Weise
alle diese feinen Zusammenhänge sich thatsächlich gestalten, ist unserer
' aber es lehrt die immer
daß eine Reihe von unbewußt und auto-
matisch vor sich gehenden Thätigkeiten des menschlichen
Organismus in einem regelmäßigen Turnus einen
höchsten Punkt ihrer Auslösbarkeit erreichen;
und nierzu gehört in allererster Linie die Defäkation, oder vielmehr
die gerade hier in Rede stehende Teilaktion dieser Gesamtfunktion:
der Ablauf der, Peristaltik des Darms. Es giebt eine ganze Anzahl
von Personen, die, wenn sie mit großer Sorgfalt und Regelmäßigkeit
täglich zur gleichen Stunde ihre Defäkation vornehmen, einen durchaus,
geregelten, ausreichenden und sogar reichlichen Stuhl produzieren, die
jedoch sofort, wenn sie aus äußeren L^rsachen diese Regelmäßigkeit
haben unterbrechen müssen, in Schwierigkeiten gelangen, obstipiert
werden, und erst nach geraumer Zeit, meist nicht ohne eine dazwischen-
tretende notwendige Unterstützung durch medikamentöse Beeinflussung^
wieder auf den alten Stand zurückgelangen. Bei dem anscheinend
so einfachen Ablauf der motorischen Leistung des Darmes wirken eben
eine Unzahl der verschiedenartigsten Faktoren mit, Reize und Impulse,^
deren jeder einzelne nur von geringfügiger Art und von mäßiger
Rückwirkung auf den Darm ist, die in ilirer Gesamtheit jedoch sich
wiederum zu sehr wesentlicher Einwirkung summieren.
So kommt es vor, daß manclie Personen lediglich durch, einen Ortswechsel,
andere wieder durch eine veränderte Art von Thätigkeit oder durch ander-
weitige psychische und körperliche Faktoren wesentliche Veränderungen in dieser
Funktion nach der günstigen oder nachteiligen Seite hin erfahren. Alle diese Momente
sind in ihrer direkten und unmittelbaren Einwirkung
noch zu wenig bekannt,
um Gegenstand bewußter
Fig. 248.
Fig. 248. Mastdarmkissen. Derartige ilastdaimkissen sind für Häioorrhoidarier
bestimmt. Das ziemlich hart gepolsteite Gummikissen übt einen regulierbaren, äußeren
Dnick auf den Anus aus, der angenehm empfunden wird.
Fig. 249. ilastdarmkühler. Der kleine, nach Art eines Suspensorivmis auf-
gehängte und am Damm zu befestigende Gummibeutel wird mit kühlem Wasser gefüllt
nnd mittels der Tragebänder fest gegen den Damm angelegt.
196
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung. 343
therapeutischer Anwendung zu sein, höchstens daß man die in der direkten Be-
handlung der Obstipation gemachten Erfahrungen teilweise auf die Krankenpflege
übertragen kann , daß eine Einwirkung auf die Gesamtkonstitution bestimmter
Persönlichkeiten, auch ohne daß eine unmittelbare Beeinflussung des Darmes statt-
findet, gleichzeitig von emer Regelung der Darmthätigkeit gefolgt ist: daß sehr
irritable Personen, daß anämische und nervöse Individuen durch Kräftigung und
Abhärtung, daß umgekehrt Fettleibige und sehr Kräftige durch eine vorsichtig
eingeleitete Entziehungskur zu der vorher vermißten Eegehnäßigkeit ihrer Stuhl-
Entleerung gelangen. Es würden daher in diesem Sinne eine Anzahl von Heilmitteln
der Hypurgie bei entsprechender Anwendung auch auf die Defäkation zurück-
zuwirken vermögen; von den Heilmitteln, welche in diesem Sinne wirken, ist jedoch
das am einfachsten anzuwendende und in seinem Zusammenhange am deutlichsten
zu übersehende die Eegelmäßiigkeit in der Vornahme der Stuhlent-
leerung, die Gewöhnung an einen Ablauf der Fimktion in zeitlich regelmäßig
wiederkehrenden Intervallen.
Sodann kann und zwar noch wirksamer als durch die eben er-
örterten Maßnahmen, die Darmperistaltik angeregt werden
durch unmittelbar auf sie einwirkende, reflektorisch
übermittelte Reize, die von mannigfachen Körperstellen ausgehen
können, am häufigsten jedoch entweder von der Darmsclileimhaut selber,
also von innen her, oder von der Oberfläche des Unterleibes, also von
außen her, ihren Ausgangspunkt nehmen. Und wenn sich auch nicht ver-
kennen läßt, daß diese Anregung der Darmperistaltik vom inneren Lumen
des Darms aus in der Hauptsache allerdings Aufgabe arzneilicher Ein-
wirkung ist, so wird sie doch auch in gar nicht unbeträchtlichem
Maße durch die Art der genossenen Speisen bedingt, indem unverdau-
liche Bestandteile, so die Cellulose und sonstige Residuen aus den
eingeführten Nahrungsstoffen , einen Anreiz für die Darmperistaltik
abgeben, welcher einer leicht verdaulichen Kost nicht zukommt; so
daß aus diesem Zusammenhange her grobes Brot und Gemüse und
selbst die direkte Einführung von ausgesprochen unverdaulichen Dingen
als ein oft ausreichendes Mittel zur Behebung von Stuhlverstopfung
angewandt wird. Und wenn auch diese Einwirkungen wieder in das
Gebiet der Diätetik gehören, so hat die lü-ankenpflege doch die Auf-
gabe, ihr Augenmei'k auch auf diejenigen Kleinigkeiten der Nahrungs-
aufnahme zu richten, welche bei der allgemeinen Verbreitung der be-
treifenden Genußmittel überhaupt keiner Anordnung durch den
Arzt zu unterliegen pflegen, sondern von den Kranken nach Willkür
und ohne viele Ueberlegung genossen werden.
So ist es bekannt, daß manche Personen dadurch, daß sie des Morgens
nüchtern ein Glas Wasser zu sich nehmen, den sonst ausbleibenden Stuhl-
gang herbeiführen, daß Personen, welche an Tabakrauchen gewöhnt sind, mit der Unter-
brechung dieses Einflusses auch Stuhlverstopfung erleiden, daß eine große Zahl von
anscheinend unwesentlichen Genußmitteln, wie Zucker, Honig, Backpflaumen, Obst,
Pfefferkuchen und viele ähnUche Dinge, bei bestimmten Individuen, die an sie
gewöhnt sind und auf sie reagieren, den Stuhlgang in erwünschter Weise regeln.
Diese Dinge sind Objekte der Krankenpflege; und werden sie entsprechend der vor-
liegenden Gewöhnung und nach der Individualität des Kranken angewandt, so können
sie ebenfaUs zu den Purgantien zählen, indem sie den Ablauf der Peristaltik im-
gestört imterhalten.
Und sie sind nicht die einzigen; auch andere Reize noch vermag
zur Erhöhung der Peristaltik die Hypurgie zu verwenden. Kälte
regt die Peristaltik an; zwar wird auf einer so ausgedehnten
Eläche, wie sie das Abdomen darstellt, die Einwirkung der Kälte
wegen der vielfachen anderweitigen Konsequenzen ihrer Anwendung
ig-
?Ai
M. MENDELSOHN,
nur mit Vorsicht und in mäßiger Weise zur Anwendung gelangen
dürfen ; aber leichte Abkühlungen des Abdomens haben
einen deutlichen Effekt auf die Steigerung der, Darm-
peristaltik, und wo sie sich vorsichtig vornehmen lassen, tragen
sie wohl zum Zustandekommen der Stuhlentleerung bei. Außerdem
vermögen das auch mechanische Reize von außen her, welche einmal
auf reflektorischem Wege die Darmmuskulatur zur Thätigkeit anregen
und zudem eine nicht unerhebliche Einwirkung auf die Blutcirkulation
im Darmgebiete herbeiführen.
Daß man nach dem Essen nicht stehen soll, sondern 1000 Schritte
gehen, ist ja ein Grundsatz, der, nachdem ihn die salernitanische Schule in Eeime
gebracht hat, sogar sprichwörtlich geworden ; weit besser als das die ganze Körper-
muskulatur und mit ihr das Herz stark in Anspruch nehmende Gehen nach ge-
schehener Nahrungsaufnahme ist Fahren oder Reiten, Bewegungen, welche dann am
meisten auf die Darmperistaltik wirken, wenn sie mit möglichst starken Erschütte-
rungen verbunden sind und die sich auch dort ermöghchen lassen, wo ein unüber-
windliches Müdigkeitsgefühl nach der Nahrungsaufnahme die Patienten nicht zu
aktiver Körperbewegung gelangen läßt.
Eine solche Art der Einflußnahme auf die Muskulatur des Darmes
steht schon der weiteren Gruppe von Heilmitteln sehr nahe, welche
in den vorstehenden Darlegungen als solche von prophylaktischer Ein-
Avirkung bezeichnet worden sind und welche die Muskulatur des
Darmes durch eine immer aufs neue er folgen de Inan-
spruchnahme und gleichzeitige
Steigerung der Reize allmäh-
immer größeren
lieh zu einer
Leistungsfähigkeit zu brin-
gen suchen. Diese Anregung der
Thätigkeit der Darmmuskulatur kann
auf zweifache Weise erfolgen; sie kann
passiver Einwirkung unterliegen oder
aus aktiver Bethätigung des Kranken
selber hervorgehen.
Beide Einwirkungen haben als eigene
therapeutische Methoden, als Massage
einerseits, als Heilgymnastik auf der
anderen Seite, erhebliche Ausdehnung und
Vertiefung gefunden, und ist an dieser Stelle
nicht von nöten, des näheren auf die be-
treffenden Zusammenhänge einzugehen; nur
daß eben auch die Heilmittel von solcher
Ein\virkung auf den Darm an dieser Stelle
hier nicht fehlen dürfen , da sie ebenfalls,
zumal in ihi-en einfacheren und ohne mate-
riellen Apparat vor sich gehenden Formen, zu
einem gewissen Teile der Hypurgie wohl zu-
zurechnen sind.
Fig. 250. llassierkugel. Eine schwere und große, mit Leder überzogene MetaUr
kugel ist von Dr. med. AUERBACH so mit einem Handgriff versehen worden, daß sie
leicht rollt und bequem dirigiert werden kann. Das Gerät ist in erster Linie zur Massage
des Abdomen durch die Patienten selbst bestimmt.
Wenn nun auch diese Heilmittel immerhin mit zur Krankenpflege
gehören, so üben sie zu ihrem Teile auf den Gesamteffekt der Darm-
iqS
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung. 345
funktion doch immer nur einen mäßigen Eintiviß aus und ihre Wirkung
wird durch andersartige theraiDeutische Maßnahmen nicht nur über-
troffen, sondern ist durch diese oft auch leichter und einfacher zu er-
zielen. Sie können, was besonders ins Gewicht fällt, ihrer Natur
nach im großen Ganzen nur bei nicht bettlägerigen Kranken zur An-
wendung gebracht werden. Gegenüber diesen Einschränkungen nun
ist die therapeutische Einwirkung auf die dritte Teil-
aktion: auf die eigentliche Expulsion der Exkremente
durchaus Objekt der K r a n k e n p f 1 e g e h e i 1 m i 1 1 e 1 ; die Hypurgie
allein vermag diese wichtige und trotz ihrer vielfachen Vernachlässigung
für einen ausreichenden Gesamtefl'ekt unentbehrliche und unerläßliche
Teilaktion zweckentsprechend zu regeln und zu gestalten. Worauf die
Bedeutung einer Erleichterung der Expression der Faeces für das
Zustandekommen der Gesamtfunktion der Stuhlentleerung beruht, ist
schon vorher kurz angedeutet worden ; diese Bedeutung tritt in
doppelter Hinsicht in die Erscheinung.
Denn es ist überhaupt eines der wesentlichsten Momente für
die Wirksamkeit der Heilmittel der Krankenpflege, daß
sie durch die von ihnen herbeigeführte Erleichterung
und Bequemlichkeit, daß sie durch die Beseitigung
der sonst damit verknüpften Empfindlichkeit und An-
strengung gewisse notwendige Vornahmen durch den
Kranken viel häufiger geschehen machen, als das ohne
ihre Anwendung der Fall sein würde, wo der Kranke dann
diese ihm lästigen Thätigkeiten so weit als irgend thunlich unter-
drückt. Es bedarf keiner Ausführung, daß ein Kranker, der ohne die
nötige somatische Hilfeleistung und ohne den zweckentsprechenden
materiellen Apparat, unter Unbequemlichkeiten und Anstrengungen
und womöglich gar unter Schmerzen, seine Defäkation vollziehen müßte,
es häufig vorzieht, ein auftretendes Bedürfnis zur Stuhlentleerung zu
unterdrücken, anstatt ihm Folge zu geben ; und es ist einleuchtend,
daß ein solcher Vorgang nicht nur an sich der Stuhlentleerung hinder-
lich ist, sondern daß bei einer Funktion, die, wie eben erst erörtert,
in so hohem Grade von ihrer regelmäßigen Vornahme auch für die
weitere Folge abhängig ist, die aus einer Unterdrückung erwachsene
Schädigung als eine erhebliche angesehen werden muß, so daß also
die Außerachtlassung dieser notwendigen hypurgischen Maßnahmen
einen Circulus vitiosus mit Notwendigkeit erzeugen muß.
Und auch aus einem zweiten Zusammenhange ist es geboten, daß
die Heilmittel der Hypurgie, welche die Expression der
Faeces zu erleichtern vermögen, zur Anwendung kommeu.
Man muß sich immer vor Augen halten, daß diese mechanische Thätig-
keit der Bauchpresse überhaupt erst den eigentlichen gewollten Effekt
darstellt, daß alle anderen Maßnahmen, wie die Anregung der Peri-
staltik, wie die Verflüssigung der Faeces und die ähnlichen Prozeduren
nur Mittel zum Zweck sind, wenn auch notwendige Mittel; und daß
es kommen kann, daß diese Momente in gänzlich ausreichender Weise
vorhanden sind, daß also die Exkremente genügend weit nach dem
peripheren Darmende hingeschafft werden, daß sie in ausreichend
flüssigen Zustande sich befinden, und d a ß d e n n o c h , eben mangels
einer zweckmäßigen und genügenden Unter Stützung der
die letzte Expulsion bewirkenden mechanischen Kräfte,
der schließliche gewollte Endeffekt ganz und gar au s-
199
346
M. MENDELSOHN.
bleibt. Es haben daher diese Heihnittel der Krankenpflege ihren recht
wesentlichen Einfluß auf die Defäkation, sie wirken geradezu als wahre
Purgantia ; und es gehören zu den Heilmitteln, welche solche Wii-kungen
erzeugen können, sowohl somatische als materielle Mittel der Hypurgie.
Eine der wichtigsten unter diesen ist die V e r b r i n g u n g des
Oberkörpers des Kranken in eine erhöhte Position, in
welcher die Bauchpresse ihre Anstrengungen nicht
fiutzlos erschöpft, sondern sie für den gewollten Eff'ekt aus-
nutzt; es ist das nur bei senkrecht geneigtem Oberkörper oder doch
bei einer dieser Haltung nahe kommenden Position möglich, da nur
so die Feststellung des Zwerchfells, welche eine der ersten Voraus-
setzungen für die Wirksamkeit der Bauchpresse ist. von Belang werden
kann , und da nur so die großen Organe der Abdominalhöhle für
den Druck wirksam gemacht werden und mitwirken. Vor allem
sind die Richtung, in welcher der Druck wirkt, und die
Resultante aus den verschiedenen bei der Bauchpresse
zur Wirkung kommenden Kräften andere in der hori-
zontalen als in der sitzenden Körperlage: während sie in
dieser nach dem kleinen Becken hin, nach dem Anus, dem Austritts-
punkt der Faeces hin gerichtet ist, wirkt im Liegen die Thätigkeit
der Bauchpresse mehr nach der Lendenwirbelsäule hin, so daß also ein
großer, wenn nicht der gesamte Teil der aufgewendeten Kraft für den
gewollten Zweck verloren geht. Die Einwirkung dieser somatischen
Heilmittel ist demnach eine ganz außerordentliche ; sie wird naturgemäß
noch erhöht und verstärkt durch die Anwendung aller mechanischen
Hilfsmittel, welche in großer Zahl zur Verfügung stehen, der mecha-
nischen Betten und der anderen hierher gehörigen Geräte, welche die
Vornahme der Defäkation erleichtern und weniger anstrengend machen,
indem sie, oft ganz passiv für ihn und ohne jedes Zuthun von seiner
Seite, den Oberkörper des Kranken in die erhöhte Position überführen.
Außer diesen Mitteln sind auch alle die eigentlichen Geräte für
die Aufnahme der Faeces, die Steckbecken und Unterstecher und
die ähnlichen materiellen Heilmittel der Krankenpflege, hier von wesent-
licher Mitwirkung; je mehr sie der Körperform des Kranken, der mit
dem ganzen Drucke seines Körpergewichtes auf ihrer Oberfläche
während des Aktes der Defäkation verharren muß, angepaßt sind, je
sicherer ihre Anbringung im Bette und ihre ganze Handhabung ist,
je zweckmäßiger sie überhaupt ihre Bestimmung zu erfüllen vermögen,
desto mehr tragen sie zu einem thatsächlichen Zustandekommen der
Defäkation bei, desto mehr wirken sie als eigentliche Purgantien.
Denn sie machen so nicht nur vielerlei Muskelthätigkeit, welche auf
das Balancieren und das "\' erharren des Körpers in der iunsicheren
und ungewohnten Situation verwendet werden muß, nach Möglichkeit
überflüssig und lassen somit die gesamte Muskelaktion
derExpulsion der Faeces zugute kommen, sondern sie er-
sparen auch u n n ö t i g e D r u c k u n d S c h m e r z e m p f i n d u n g e n
und lenken die Aufmerksamkeit des Kranken nicht von dem eigentlichen
Zweck seiner augenbhckhchen Thätigkeit ab, eine Ablenkung, die leicht
das Zustandekommen des gewollten Endeffekts hintanstellen kann.
Porzellan, jedoch auch Steingut und ähnliche Stoffe, bilden das Hauptmaterial
der sogenannten Bett schusseln, runder und ovaler, ganz flacher Schüsseln mit
breitem, flächenhaftem, leicht konkav oder leicht konvex gestaltetem oberen Eande,
der sich nach innen über die niedrige Seiten wand des Gefäßes hinüberschlägt, um
ein Ausschütten von Flüssiffkeit aus der flachen Schüssel zu verhüten. Da dem-
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
347
entsprechend die Entleerung solcher Gefäße und ihre Reinigung erschwert, wenn
nicht unmöglich wäre, ist bei allen diesen Schüsseln der dicke Stiel, welcher recht-
■winklig unter leichtem Ansteigen nach oben an ihnen angesetzt ist, hohl gebildet und
Fig. 251. Bettschüssel.
Fi?. 252. Bettschüssel.
kommuniziert mit dem Innenraum, so daß ein Ausgießen des Inhaltes durch diesen
Stiel möglich ist; nur muß dieser stets an seinem freien Ende verschlossen sein,
was entweder durch einen Pfropf geschieht oder durch eine eigene Schraubenver-
Fig. 2.53. Bettschüssel.
«chlußvorrichtuDg ; oft wird auch ein solcher Verschluß nur durch eine einfache
Oummikappe hergestellt, oder er unterbleibt gänzlich, was allerdings nur bei relativ
ihoher Eichtung des Stieles, wodurch ein Ausfließen vermieden wird, geschehen darf.
Fig. 254. Bettschüssel.
Diese Bettschüsseln zeigen die mannigfachsten Formen , die sich in der Hauptsache
dadurch unterscheiden, daß ihre obere Fläche mehr oder minder genau der Kon-
figuration der menschlichen Sitzfläche angepaßt ist.
348
M. MENDELSOHN,
Die allergrößte Sauberkeit und eine immer zu wiederholende eingehende
.Reinigung dieser aus Porzellan oder Steingut gefertigten.jBettschüsseln ist in höchstem
Maße geboten und notwendig,
eben weil sie zur Aufnahme
der Fäkalien im Bette dienen.
Da ihre Handhabung nur un-
mittelbar an der Körperober-
fläche vor sich gehen kann,
so muß auch bei ihnen dafür
Sorge getragen werden , daß
der Patient nicht durch zu
erhebliche Temperaturdiffe-
renzen zwischen den ihm
untergeführten Geräten und
dem Körper erschreckt und
gestört wird, wie das ebenso für
die Uringefäße nötig ist. Die
eigentliche Handhabung dieser
Defäkationsschüsseln besteht
schließlich nur darin, das
Fig. 251, 252, 253, 254, 255. unter den Bettsehüsseln sind die flachen, nmden,
kleinen, aus Porzellan gefertigten Geräte nur für Kinder oder ganz leichte Personen ver-
wendhar (Fig. 251); größere, annähernd herzfönnig gestaltete Bettschüsseln sind aus
Fayence und nur für sehr weiche Unterbetten etc. berechnet, in welche das relativ hohe
Gerät einsinkt (Fig. 252); bei seiner konvexen üntei-fläche steht es auf fester Unterlage
nur unsicher auf. Die Sitzfläche des in England üblichen Geräts ist recht zweckent-
sprechend, das Fehlen eigener Handhaben dagegen beschwerlich. Andere, aus Fayence her-
gestellte Geräte sind runde Schüsseln mit hohlem Stiel, der mit seiner freien Oeffnung
so hoch ragt, daß ein einfacher Gummikappenverschluß ausreicht (Fig. 253) ; oder sie sind
aus Email gefertigt, als sehr einfache und wohlfeile, dauerhafte Geräte, die jedoch nur
geringe Bequemlichkeit dai-bieten (Fig. 254). Wieder andere Bettschüsseln sind aus Weiß-
blech; auch der Verschluß des Stieles besteht bei ihnen aus einer aus Blech gearbeiteten.
Kappe (Fig. 255).
Gerät so an Ort imd Stelle, also uuter den Körper des Kranken zu bringen, daß
dieser möghchst wenig durch die Manipulation gequält wird; dazu kommt" noch
die richtige Unterstützung des Körpers bei d em eigentlichen Akte der
Defäkation. Bei der Unzahl der verschiedenen Formen von Bettschüsseln und
Steckbecken ist die Art de.s Unterschiebens zum Teil durch die eigenartige Gestalt
des gerade zur Verwendung kommenden Gerätes gegeben : die wesentlichste Kegel
dabei ist die, das Gerät von vorne her, also vom Fußende des Bettes her, in der
Fig. 255. Bettschüssel.
Fig. 256. Bettschüssel.
202
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
349
Mittellinie des Körpers dem Kranken unterzuschieben, eine Maßnahrae, die sehr
wesentlich dadurch erleichtert wird, daß der Kranke, wenn möglich selbstthätig
oder durch eine zweite Person
unterstützt, mit der Mitte
seines Körpers sich ein wenig
anhebt oder angehoben wird,
was alles übrigens auch eine
einzige Person mit der frei-
bleibenden einen Hand bei
ausreichender Uebung und
Geschicklichkeit bewerkstel-
ligen kann. Ist dieses An-
heben aus irgend welchen
Gründen nicht ausführbar,
so ist es immer noch von
Vorteil, wenn der Kranke
sich ein wenig auf die eine
Seite dreht, wozu weniger
Kraft gehört als zum Empor-
heben, und dann das Gerät
in der erwähnten Weise
B ettschüssel.
Fig. 256, 257. Besondere Formen von Porzellan-Bettschüsseln sind auf das gleich-
zeitige Auffangen von Urin bei männlichen Kranken berechnet. Sie erreichen das am
einfachsten durch eine schiffskielarlige Auiwärtsstülpnug des Vorderteils (Fig. 256). Auch
die von Dr. med. OPPENHEIM konstruierte Bettschüssel ist nur für Männer bestimmt und
soll während der Defäkation gleichzeitig den Urin auffangen; sie trägt hierfür eine be-
sondere, kleine Abteilung (Fig. 257). Das Gerät ist nur mit Vorteil verwendbar, wenn
es in seinen -Maßen für den betreffenden Kranken passend ist.
Fig. 258. Bettschüssel. Das Gerät ist für die gleichzeitige Aufnahme von Faeces
und XJrin bestimmt. Entsprechend dieser doppelten Aufgabe hat der Band eine ovale in
der Mitte eingezogene und hinten breiter als vorn gestaltete Foim, welche an den soge-
nannten Bidets allgemein bekannt ist ; das Gerät wird, da hierzu noch der als Handhabe
und als Ausgußrohr dienende Stiel hinzukommt, seiner äußeren Erscheinung entsprechend,
vulgär als „Violine" bezeichnet»
Fig. 259. TJnterstecher. Fig. -60. Unterstecher.
Fig. 259, 260. Das nicht unzweckmäßige, aus Porzellan gefertigte Gerät ist in seinem
vorderen engen Teile sehr schwer rein zu halten. Es läßt sicli jedoch bei sehr schweren
Körpeni und bei Kranken, die nicht viel bewegt werden dürfen, mit Vorteil verwenden.
350
M. MENDELSOHN,
Die größeren Exemplax"e mit ebener Bodenfläehe (Fig. 259) sind auch für die Defäkation
bestimmt; die ganz Ideinen Untersteclier mit abgeiimdeten Kanten (Fig. 260) dagegen
aussclüießlicli nur für die Hamatifnahme.
imtergeschoben wird. Bei Kindern und bei leichten Personen würden demnach die
eigentlichen Bettschüsseln, also Geräte, welche rund hemm in ihrem ganzen Um-
fange überall die gleiche, wenn auch nur eine geringe Höhe haben, zur Verwendung
kommen können, da auf diesen, wenn sie einmal unter den Körper gebracht sind,
ein festes und gleichmäßiges Liegen ermöglicht ist; bei schweren und unbeholfenen
Personen würden dagegen die sogenannten Steckbecken tmd Unterstecher mehr
Fig. 261. Steckbecken.
Fig. 262. Steckbecken.
Fig. 261, 262. Die von Dr. med. EISFELD angegebenen Steckbecken lassen die Kreuz-
beingegend auf einer dieser Köi'perform entspreclienden vorderen konkaven Fläche auf-
ruhen. Diese Steckbecken sind entweder offene (Fig. 261) oder durch einen aufstellbaren
Deckel geschlossene (Fig. 262), dessen vordere Kante, wenn er hochgest«llt ist, beim Ge-
brauche als Stütze für die Oberschenkel dient.
204
Die Wirkung auf die Stuhlentleerun^
351
angebracht sein , welche davon ihren Namen haben, daß sie nach der einen, und
zwar nach der beim Gebrauche dem Kopfende des Kranken zugekehrten Seite hin,
flach abfallen, in ihrem Durchschnitt also eine keilförmige Gestalt besitzen und bei
Fig. 263. Bettschüssel.
Fig. 264. Bettschüssel.
Fig. 263, 264, 265. Die Sitzüäche der kreisnmden (Fig. 263) oder querovalen
(Fig. 265) oder viereckigen (Fig. 264) Geräte ist mit einer Polstening versehen, die mit einem
lackierten Glanzlederüberzug übei'deckt ist. Der Ueberzug ist am Geräte angebi'acht und
nicht auswechselbar, läßt sich jedoch bequem abwaschen und reinigen und stellt eine ein-
fache und wohlfeile Form einer weichen Sitzfläche am Steckbecken dar.
^05
352
M. MENDELSOHN,
denen gar kein oder doch niu- ein sehr mäßiges Anheben des Krauken nötig ist, da
die Analöffnimg, wenn]]bei gespreizten Beinen die KJniee hochgestellt werden, genügend
weit nach oben sich befindet, um das Gerät mit seinem vorderen, niedrigen, zn-
geschärften Teile ausreichend vordringen zu lassen, so daß die Mastdarmöffnung über
den Hohlraum des Steckbeckens zu liegen kommt. Diese Hochstellimg der Knie
bei gespreizten Beinen ist die erste Voraussetzung sowohl für die Unterbringung
des Gerätes als auch für den Akt selber. Allerdings trägt diese Position dazu bei,
das Unbequeme der ganzen Situation einer Defäkatiou in einer solchen Körperlage
zu mehren; es ist das überhaupt eine der wichtigsten, aber in zweckmäßiger Weise
auch am schwierigsten zu beeinflussenden Aufgaben der ganzen Krankenpflege, die
Defäkation in horizontaler Lage zu erleichtern; denn zweifellos ist diese ungewohnte
Körperhaltimg für jeden bettlägerigen Kranken die Ursache erheblich stärkerer
Anstrengung bei diesem Akte, als normaler Weise für ihn nötig ist, und viele
Fig. 266. Steck'becken. Ein der Foi-m der Sitztläche genau angepaßtes Gumrui-
luftkissen bedeckt an diesen Geräten die Sitzfläehe und läßt den Kranken weich aufnihen.
Das Luftkissen ist abnehmbar und kann ausgewechselt werden.
Fig. 267. Bettscliüssel. Das Gerät stellt ein Gummiluftkissen dar, dessen centrale
Oeffnung unten durch eine Gummifläche abgeschlossen ist. Es ist bei sehr empfindlichen
Patienten ausnahmsweise anwendbar; seine sehr schwierige Eeinigung verbietet einen aus-
gedehnten Gebrauch.
2o6
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
353
Personen sind überhaupt nicht imstande, in dieser Position ihre Defäkation zu voll-
ziehen. Wo es daher irgend möglich ist, wird man gut thun, den Überkörper des
Kranken möglichst aufzuheben und zu unterstützen, so daß er wenigstens annähernd
in eine sitzende Stellung gebracht wird, wenn das auch nicht immer angängig ist,
zumal nicht bei sehr fettleibigen Personen, und wenn auf alle Fälle auch immer
■die nicht viel in ihrer Lage veränderten imteren Extremitäten einer stärkeren Empor-
hebung des Oberkörpers im Wege sind. Ueberall da, wo man diese Erleichterung
der Defäkation durch ein Emporheben des Oberkörpers vornehmen kaim, ist es nötig,
nicht Steckbecken, sondern Bettschüsseln zur Verwendung gelangen, zu lassen, denn
der Kranke sitzt dann direkt auf dem Gerät und daher muß dieses eme gleich-
förmige und einem solchen Sitze entsprechende Oberfläche haben.
Aber auch sonst, wenn der Körper in der horizontalen Lage bleibt, liegt der
Kranke auf der Bettschüssel auf, imd der obere Band des Gerätes ist daher nach
Form und Gestalt wie nach Material nicht ohne Bedeutung für ihn. Die mannig-
fachsten und verschiedenartigsten Konstruktionen, wie sie besonders auch von Aerzten
angegeben sind, suchen diese Oberfläche der Steckbecken der betreffenden
Körperform möglichst anzupassen, damit der Druck an dem auf dem harten
Geräte hegenden Körper möglichst wenig zur Geltung kommt; doch scheitern diese
Versuche schon an den so sehr ausgeprägten Verschiedenheiten der Körperform der
einzelnen Kranken. Zum Teil gehindert wird der Kontakt zwischen Gerät und
Körper durch die besonders an MetaUgeräten übliche imd vielfach auch sonst an-
gebrachte Umkleidungdes oberen Bandes mit einem gepolsterten Lederkranze,
dessen Oberfläche lackiert ist; noch viel zweckmäßiger sind die ganz neuerdings kon-
struierten Steckbecken mit darüber gelegten und dem Gerät angepaßten Luftkissen;
nur daß allen diesen Einrichtungen die Schwierigkeit anhaftet, sie ausreichend zu
reinigen.
Man ist daher dazu gekommen, Einrichtungen zu treffen, welche es ermöglichen,
daß die Bettschüssel überhaupt nicht in direkte Berührung mit dem
Körper des Kranken kommt, daß sie also nicht mitten zwischen Matratze und
Patient hineingeschoben wird, sondern daß für den Zweck der Defäkation der unter-
halb des Beckens des Kranken befindliche Kaum der Matratze in Fortfall gebracht
wird und hier ein zur Aufnahme der Faeces geeignetes, mm natürUch gar nicht erst be-
sonders gestaltetes oder irgend welcher Körperform angepaßtes Gerät Platz findet. Sehr
zweckmäßige, aber gleichzeitig auch sehr kostbare und daher kaiun zur allgemeinen
Verwendimg kommende mechanische Bettgestelle besorgen dies in vollendeter
Weise, indem auch gleichzeitig die Matratze in ihrem oberen Teile nach der Höhe
sich emporhebt, während das untere Ende herabsinkt, und so der Kranke ganz
Fig. 268. Dreiteilige Matratze. Zu dreiteiligen Matratzen kann jede beliebige
Füllung vei'wendet werden ; am besten ist die mit Roßhaar. Zweckmäßig ist, die Matratze
in drei gleiche Drittel zu zerlegen und nicht etwa das mittlere Drittel schmäler zu ge-
stalten, da die einzelnen Teile so beliebig mit einander vertauscht werden können und
nach einander als mittleres, am meisten in Anspruch genommenes Drittel dienen können.
Ueberall, wo dreiteilige Mati'atzen zur Verwendung kommen, muß das Bettgestell so ge-
wählt werden, daß die seitliche Herausziehnng des mittleren Matratzenstückes nicht durch
die seitliche Wand des Bettgestelles behindert wird.
20;
354
M. MENDELSOHN,
passiv und ohne besonderes Zuthim in die sitzende Position gebracht wird. Doch
sind das Geräte, welche nur da, wo die Krankenpflege mit dem allerdings überall
erwünschten Komfort vor sich gehen kann, in Anwendung kommen werden. Das
einfachste für den m Rede stehenden Zweck sind die auch schon an anderer Stelle er-
wähnten sogenannten dreiteiligen Matratzen, Polster, wie jede andere Matratze,
nur daß der mittelste Teil für sich allein gearbeitet ist imd nach der Seite hin heraus-
gezogen werden kann, an dessen Stelle dann, ebenfalls von der Seite her, die Bett-
schüssel unter den Kranken geschoben wird. Außerdem giebt es die verschieden-
artigsten Vorrichtungen an den eben erwähnten mechanischen Betten, bei denen
dann ein nur kleiner, unter den Nates des Kranken befindlicher Teil der Matratze
nach unten hin herausgezogen und an seine Stelle von unten her ein Geschirr ein-
gebracht wird. Alle diese Maßnahmen haben jedoch den Uebelstand, daß die Ord-
nung der Bettwäsche, durch welche hindurch gleichfalls ein Weg geschaffen
werden muß, Schwierigkeiten macht, und daß die benachbarten Matratzenteile leicht
einer Beschmutzung unterMegen, deren Behebung dann mit Störungen für den
Kranken verknüpft ist. Die Technik der Defäkation in der Bettlage ist noch keines-
wegs zu dem wünschenswerten Grade der Vervollkommnung gelangt.
Fig. 269. Mechanisches Krankenbett. Die von MÜLLER angegebene, sehr
einfache Vorrichtung für die Defäkation von Kranken in der Bettlage besteht darin, daß
unter Verwendung einer dreiteiligen Matratze der hölzerne Bettboden in gleichfalls drei
Drittel geteilt ist, von welchem nur das dem Fußende entsprechende fest eingefügt ist,
das mittlere Drittel dagegen sich frei nach unten bewegen läßt, während das zum Kopf-
ende gehörige Drittel um seine vordere, an Scharnieren befestigte Kante nach oben hin
drehbar ist. Das mittlere Drittel des Bettbodeus ist jederseits durch je zwei Lederriemen
befestigt, welche über die obere Bettkante fort außen an den Seitenwänden des Bettes
henmterhängen und hier durch Oesen hindurchgehen, in welchen sie mittels Schrauben
fixiert werden können. Soll eine Defäkation geschehen, so wird nach Lösen der beider-
seitigen Schrauben das mittlere Drittel mitsamt dem Bettboden, und zwai' beiderseits vom
Kranken, nach unten gedrückt, dann unter dem Bett die Matratze entfernt, durch eine
Bettschüssel ersetzt und wieder unter den Kranken gebracht. In gleicher Weise ^vie an
den Seitenwänden des Bettes befinden sich an der äußeren Kopfn-and Lederriemen, welche
an der oberen Kante des Bettbodens befestigt sind und eine mäßige Aufrichtung des Kopf-
endes der Matratze gestatten. Die zwar primitive, aber leicht herzustellende Einrichtung
kann häufig komplizieile und kostspielige Krankenbetten mit Vorteil ersetzen.
20S
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
355
Ein anderes, ebenfalls sonst, zumal in Kinderstuben, nicht selten auch in gesunden
Tagen übliches Gerät ist das Zimmerklosett, dessen Hauptbestandteil, der innere
Eimer, gewöhnlich aus Porzellan zu bestehen pflegt, wenn auch andere Materialien,
vor allem Metall, hierzu dienen. Eine gewisse Bedeutung haben diese Zimmerklosetts
bei solchen Kranken, welche in der Lage sind, das Bett, nicht aber das Zimmer zu
verlassen, oder die im Bett auf keine Weise in der dortigen unbequemen Position ihre
Defäkation vollziehen können. Die Zimmerklosetts, welche sich sonst von anderen
Fig. 270. Mechanisches Krankenbett.
Fig. 271. Mechanisches Krankenbett.
Handbacli der spec. Tlierapie inn. Kratikh, Suppl. I. Heft 3. C)A
Mendelsohn, Krankenpflege. 200 -lA
356
M. MENDELSOHN,
nicht unterscheiden, haben eigentlich nur eine Indikation zu erfüllen : die unangenehme
Rückwirkung der Auswurfsstoffe, welche durch deren vorübergehenden Aufenthalt
im Zimmer entstehen könnte, zu verhindern. öelbstverständUch ist ein solches Gerät
auf keinen Fall dauernd im Krankenzimmer zu belassen ; es heißt Zimmerklosett
nicht etwa darum, weil es sich dauernd im Zimmer aufhielte und einen Bestandteil
von dessen Mobilien bildete, sondern nur weil es vorübergehend zum Zwecke der
Benutzung in ein Zimmer hineingebracht werden kann. Aber da selbst bei vor-
handener besonderer Wartung unmittelbar nach geschehenem Akte die Pflegerin zu-
nächst mit der Person des Kranken sich zu beschäftigen hat, so vergeht beim besten
Willen, selbst bei sorgfältiger Beachtung der Notwendigkeit einer möglichst schnellen
Herausschaffung des gebrauchten Gerätes aus dem Krankenzimmer, immer eine mehr
oder minder lange Zeit, in der es in unmittelbarer Nähe des Kranken sich befindet ;
und zu diasem Behuf e ist durch die Einrichtung des Gerätes Sorge zu tragen, daß
keinerlei Ausdünstungen das Zimmer verunreinigen. Es sind auch hier
mannigfache Vorrichtungen zu diesem Zwecke geschaffen, von denen sich die Torfstreu-
klosetts einer besonderen Vorliebe erfreuen; sobald nach geschehenem Gebrauche der
Deckel des Klosetts wieder geschlossen wird, fällt eine abgemessene Menge dieser desinii-
zierenden und desodorierenden Substanz auf die Faeces und überdeckt sie ganz ; eine
Vorrichtung, die übrigens auch für Steckbecken getroffen ist, wo die Torfstreu von
der Seite her durch Lösen einer Feder mit ziemlicher Vehemenz über den ganzen
Fig. 272. Mechanisches Krankenbett.
Fig. 270, 271, 272. Bei dem von EeQELIN konstruierten und von Dr. med.
MENDELSOHN eingeführten mechanischen Bette (Fig. 270) ruht der gesondert hergestellte,
quadratische, genau eingepaßte centrale Teil der Matratze, welcher ganz und gar heraus-
nehmbar ist (Fig. 271, 272), auf einem Sehlitten, der an zwei Handhaben von einer der
Bettseiten her sich herabsenken und seitlich herausfahren läßt (Fig. 271). Hier kann ihm
das Mittelstück der Matratze entnommen und durch eine gleich hohe eingepaßte Bett-
schüssel ersetzt werden. Mit dieser beladen wird der Schlitten wieder an Ort und Stelle
gebracht (Fig. 272). Außerdem sorgt eine unter dem Bette angebrachte mechanische
Vorrichtung dafür, daß, wenn au der äußeren Bettwand des Kopfendes eine Schraube
gelockert wird , sich in einfachster Weise von hinten her das obere Drittel der Matratze
nach oben erheben läßt, während gleichzeitig das untere Drittel selbstthätig in ent-
sprechendem Maße nach unten sinkt, so daß der Kranke ohne sein Dazuthun in eine
mehr oder minder aufrechte und, wenn er es wünscht, gänzlich sitzende Position gebracht
wird (Fig. 272). Die aufgerichtete Matratze läßt sich in jeder Lage feststellen.
Die Wirkung auf die Stuhlentleer ung.
357
Fig. 273. Troekeubett. Das von StuttGARDTER konstruierte und von Prof.
Dr. med. V. ZiEMMSSEN eingeführte Trockenbett ist, zumal für unreinliche Kranke, so-
wohl in Hinsicht der Einfacliheit der Konstruktion als der Sicherheit des Erfolges muster-
giltig; es können Kinder mit Incontinentia urinae et alvi jahrelang darauf liegen, ohne
daß Entzündungen oder Dekubitus entsteht. Das wesentlichste daran ist ein in der Mitte
angebrachtes feines Gitter aus Roßhaar, unter welchem entsprechende , aus Gummistoff,
Kissen und sonstigen Bettstücken bestellende Unterlagen sich befinden. Da Eoßhaar nicht
nur das vortrefflichste Polsterungsmaterial ist, sondern für den hier in Rede stehenden Zweck
die besonders wertvolle Eigenschaft hat, keine Flüssigkeit aufzusaugen, so fließen alle auf
das Roßhaargitter auftreffenden Ausscheidungen durch dieses hindurch, um so mehr als es
elastisch ist und durch die Schwere des Körpers trichterförmig eingestülpt wird. Daß das
nicht in zu starkem Maße geschieht, wird durch eine an allen vier Ecken befindliche
Aufhängung des Roßhaargitters an einem zwischen die Matratze eingeschobenen Holzgestell
bewirkt, welches auch die untergestellte Bettschüssel trägt.
Fig. 274. Trockenbett. Die Mitte des Bettes trägt
einen entsprechend ge-
24*
14-
358
M. MENDELSOHN,
stalteten Ausschnitt, dessen oberer Eaud durch ein Luftkissen bedeckt wird. In einem
an der Unterseite des Bettes angebrachten und ausziehbaren Kasten befindet sich die
unter der centralen Oeffnung stehende Bettschüssel, während beiderseits von dieser halb-
kreisförmige, geschlossene Metallbehältnisse liegen, welche von Zeit zu Zeit mit wannem
"Wasser gefüllt werden und so, bei der in der Matratze dauernd vorhandenen Oeffnung, die
Innentemperatur des Bettes warm erhalten sollen. Das bisher noch wenig erprobte Gerät
dürfte bei Incontinentia alvi etc. angemessene Dienste leisten.
Boden des Steckbeckens hinübergestreut wird; nur daß hier das plötzlicbe und er-
hebliche Geräusch und die mit dem Schnellen der Feder verbundene Erschütterung
den Kranken erhebUch erschrecken und bei schwer erkrankten oder sehr empfind-
Hchen Personen den Gebranch solcher Geräte ganz verbieten kann. Eine sehr ein-
fache und primitive, aber darum keineswegs unzweckmäßige Vorrichtung, den üblen
Geruch eines Zimmerklosetts zurückzuhalten, bildet der Wasser Verschluß, bei dem
der Deckel, welcher den Eimer überdeckt, größer ist Ss dieser und rundherum einen
etwas nach abwärts gebogenen Eand trägt; dieser Kand taucht in eine ringförmige,
in das Sitzbrett oder in die obere Fläche des Eimers eingegrabene Einne, in welcher
sich Wasser befindet, und bildet so einen völhgen und luftdichten Verschluß.
Fig. 275. Trockenbett. Das von Dr. med. Saijdee angegebene Bettgestell für
unreinliche Kranke besteht aus einem großen, viereckigen, an der einen Seite in deren
oberer Hälfte aufklappbarem Holzkasten; auch der Boden ist aus Holz. Auf ihm liegt
eine Gummidecke auf, um das Hindurchträufeln von Harn durch den Holzboden zu ver-
hüten. Das ganze Bett wird mit Moos erfüllt , welches Material vor der ebenfalls zur
Anwendung kommenden HolzwoUe neben der beiden Stoffen zukommenden großen Auf-
saugefähigkeit den Vorzug der Elastieität voraus hat. Der Kranke darf nur kurze Hemden
haben, welche die Nates freilassen; er muß mit diesen gewissermaßen im Moose liegen.
Das Moos ist regelmäßig zu erneuem, doch läßt sich das verunreinigte Material wieder
auswaschen und verwenden.
Schließlich haben auch psychische Einwirkungen einen
gar nicht ganz zu unterschätzenden Einfluß auf den
Ablauf oder auf den Eintritt einer ausreichenden De-
Die Wirkung auf die Stuhlentleerung.
359
fäkation; wenn berücksichtigt wird, daß auch hier vielfache psychische
Hemmungen und Auslösungen obwalten , die insbesondere eintreten,
wenn die Aufmerksamkeit besonders stark nach anderer Eichtung hin
in Anspruch genommen wird, und
die auch oft schon wirksam werden,
wenn irgend eine lange bestehende
Gewohnheit bei der Vornahme der
Defäkation nun geändert Averden oder
in Fortfall kommen soll, Schwierig-
keiten, die es oft überhaupt unmög-
lich machen, eigene Krankenpflege-
geräte im Bette des Kranken zu ver-
wenden oder auch nur Zimmerklosetts
benutzen zu lassen, so wird aus alle-
dem ebenfalls entnommen werden
können, daß auch in diesem Sinne
den Heilmitteln der Krankenpflege eine
thatsächliche therapeutische Wirkung
auf die Stuhlentleerung zugesprochen
werden darf; eine Wirkung, die sich
zwar nicht so exakt übersehen und
analysieren läßt wie die anderen hier
zur Geltung kommenden Einflüsse und
Zusammenhänge, deren thatsächliches
Vorhandensein jedoch die klinische
Beobachtung zweifellos festgestellt hat.
Fig. 276. Zimmei'klosett. Der kastenförmige Deckel ist mit Torfstreuijulver
angefüllt, von welchem bei jedem Schließen selbstthätig eine ausreichende Menge in das
Innere des Eimers hinabfällt.
Zu diesen psychischen Ablenkungen gehört in erster Linie das Lesen während
der Defäkation, das sehr viele Personen aus gesunden Tagen her als eine, auch
in der Krankheit schwer
oder gar nicht ablegbare
Angewohnheit besitzen und
das sehr geeignet ist, die
Aufmerksamkeit unter Um-
ständen in solchem Grade
abzulenken , daß daraus
Verzögerungen und, hier
und da vielleicht auch Ver-
eitelungen der Defäkation
zustande kommen. Das
kann um so eher der Fall
werden, wenn auch weitere
Momente der Ablenkung
noch dadurch hinzutreten,
daß das Halten luid Ba-
lancieren größerer, einge-
bundener und schwerer
Bücher in stärkerem Maße
Aufmerksamkeit in An-
spruch nimmt und diese
Fig. 277. Verschlußdecke].
213
360
M. MENDELSOHN.
Fig. 278. Verschlußdectel.
Fig. 277, 278. Die auf einem Metallrahmen nacli Ai-t eines Trommelfelleä ausge-
spannten selir elastischen Gummiselieiben (Fig. 277) passen auf ein jedes Gefäß. Wenn
sie auf ein solches gelegt und in der Jlitte stark eingedrückt Trerden, so bleibt der ein-
gedrückte Teil der Gummiseheibe in der Tiefe stehen (Fig. 278), und der Yei-schluß ist
durch Ansaugung ein Tollkommener.
Fig. 279. Be ttscbüssel. An dem aus Email und Metall gefeitigten Gerät ist
der seitliche metallene Kasten zur Anfüllung mit Torfstreupiilver bestimmt. Nach Lösung
der unter ihm angebrachten Feder schnellt von der äußeren Seitenwand des Kastens her
eine iletaUseheibe nach dem Steckbecken hin und überschüttet so den Inhalt der Bett-
schüssel mit dem Torfstreupulver.
von dem Akte der Defäkation ablenkt. Auch hinsichtlich des Tabakrauchens
während der Defakation von selten solcher Patienten, denen es an sich gestattet ist,
können ähnliche Zusammenhänge wirksam werden. Im höchsten Maße aber ist das
der Fall durch die Gegenwart dritter Personen im Zimmer, während der
Kranke seine Stuhlentleerung Torzunehmen versucht. Nicht nur daß hier durch
Gespräche, oder durch das Ab- und Zugehen und das sonstige Hantieren der Um-
gebung des Kranken seine Aufmerksamkeit abgezogen wird, tritt vor AJIem das sehr
erklärhche psychische Moment des Genierens vor den Anwesenden , wie sehr diese
dem Kranken auch persönlich nahe stehen mögen, als psychische Hemmung in den
Vordergrimd und macht oft das Zustandekommen einer StuMentleerung, die sonst
erfolgt wäre, ganz und gar unmöglich.
214
Die Wirkung auf die Harnentleerung. 361
KAPITEL IX.
Die Wirkung auf die Harnentleerung.
Will man für die so wichtige Funktion einer ausreichenden Diurese
in klinischem Betracht Maß und Beurteilung gewinnen, so kann immer
nur diejenige Menge dafür als maßgebend erachtet
werden, welche thatsächlich ausgeschieden und aus
dem Körper eliminiert ist; die Gesamtfunktion der Diurese
umfaßt daher nicht nur die Harnbildung und Abscheid uug inner-
halb der Niereu, sondern auch die thatsächliche Exkretion
des Harns aus den Harn wegen. Dementsprechend sind bei
der Einteilung dieser Gesamtfunktion in Teilaktionen zunächst sowohl
die Momente zu berücksichtigen, welche auf die Harnbildung einwirken,
als auch diejenigen, welche die Harnausscheidung aus den Harnwegen
befördern ; denn auch diese letztere hat einen gewissen Einfluß auf die
Gesamtmenge des innerhalb eines einheitlichen Zeitraumes produzierten
Harnes, ein Einfluß der in quantitativer Hinsicht allerdings zurück-
tritt hinter die anderen hier zur Geltung kommenden Einwirkungen,
der aber dennoch in Beachtung gezogen zu werden verdient. Denn
in demselben Zusammenhange, in welchem Versäumnisse in der
therapeutischen Unterstützung der eigentlichen Expulsion der Fäcal-
massen hindernd auf den Ablauf der Gesamtfunktion der Stuhlentleerung
einwirken, wie sie aber dabei nicht nur das sonst mögliche Zustande-
kommen dieser Funktion in dem einzelnen Falle verhindern, sondern
sogar für die Folge die Defäkation überhaupt hemmen und herab-
setzen, so besteht auch hier ein ähnliches Verhältnis, indem unter
sonst ganz gleichartigen Umständen eine seltene, ver-
zögerte und übermäßig lange zurückgehaltene Aus-
treibung des Harns aus der Blase auch die Gesamtmenge
des Harns selber, welche in der Zeiteinheit produziert
wird, herabsetzt und verringert. Es ist also auch hier eine
ganz und gar nur der Beeinflussung durch die Heilmittel der Krankenpflege
anheimfallende Teilaktion der Gesamtfunktion , welche diesen wesent-
lichen Einfluß ausübt; eine Teilaktion, deren therapeutische Inangriif-
nahme für gewöhnlich nicht die Beachtung findet, die sie beanspruchen
muß. Sie ist ausschließlich und allein in ihrer Regelung den Heil-
mitteln der Krankenpflege unterworfen ; die übrigen Teilaktionen sind
das nur in minderem Maße, wenn sie auch immerhin zu einem be-
scheidenen Teile eine gewisse Beeinflussung durch hypurgische Mittel
erfahren können.
Die Quantität der Harnbildung in den Nieren, welche in der Zeit-
einheit vor sich geht, hängt im wesentlichen von zwei sie beeinflussenden
Momenten ab ; einmal von dem Maße der sekretorischen Funktion der
Niereuepithelien, die als eine specifische aufzufassen ist und ebenso
wie alle derartigen Einrichtungen im menschlichen Organismus unter
nervösen Einflüssen steht und von diesen hinsichtlich der Intensität
ihrer Leistungen abhängig ist; und außerdem von dem Blutdruck und
der Blutgeschwindigkeit, welche in den Nierengefäßen herrschen, die
215
362 M. MENDELSOHN,
das Material, aus dem der Harn entnommen wird, den Nieren zu-
führen, und wobei je nach der Menge dieses dargebotenen Materials,
die eben von der Blutgeschwindigkeit abhängig ist, und besonders
nach dem Blutdrucke, der in den Gefäßen herrscht, und der als vis
a tergo wirkt, sowohl der aus den Nierenepithelien , wie der in den
Glomerulis abgesonderte Harn variiert. Diese beiden Teilaktionen, die
Anregung der sekretorischen Thätigkeit der Nieren-
epithelien auf der einen Seite und dazu die Erhöhung von
Blutdruck und Blut gesch windigkeit , bilden denn auch in
der Hauptsache die Angriffspunkte, an welchen die medikamentöse
Beeinflussung der Diurese ansetzt; ob diese nun den Blutdruck im
allgemeinen erhöht, wie durch die Digitalis, oder nur örtlich in der
Niere, wie das beispielsweise die Nitrite thun; oder ob sie eine un-
mittelbare Einwirkung auf die absondernden Nierenepithelien oder auch
deren Nerven ausübt, wofür als Typen das Kalomel und das Kalium
aceticum dienen können. Wenn auch andere nebensächlichere und
hier außer Erörterung bleibende Momente noch mitwirken, diesen
beiden Teilaktionen wendet sich im wesenthchen die diuretische
Therapie fast immer nur allein zu; und für ihre Beeinflussung
besitzt sie in der That sowohl in medikamentösen als in anders-
artigen Heilmitteln sehr wirksame Möglichkeiten einer Hebung der
Funktion der Harnbildung. Dagegen haben die hypurgischen Heil-
mittel gerade diesen beiden Teilaktionen gegenüber geringere Wirk-
samkeit, nur daß eben auch alle diejenigen Maßnahmen der Kranken-
pflege, welche als Tonica für das Herz gelten können und die als solche
bereits bei der Darstellung der Wirksamkeit hypurgischer Heilmittel auf
das Herz ihre Besprechung gefunden haben, indem sie direkt oder
indirekt eine Steigerung des Blutdruckes und der Blutgeschwindigkeit
herbeiführen oder doch wenigstens eine Herabsetzung dieser beiden
Faktoren verhüten können, damit auch auf die Diurese günstige Ein-
wirkungen ausüben.
Doch kann eine besondere Förderung und Unterstützung der
Diurese, welche der Hypurgie zugehört und die durch eine Steigerung
der zweiten Teilaktion, durch die Anregung der sekretorischen Funktion
der Nierenepithelien, zustande kommt, von der Krankenpflege geleistet
werden: durch die Zufuhr von Flüssigkeit in einer aus-
reichenden Menge dort, w^o ohne diese Flüssigkeitszu-
fuhr eine ausreichende Diurese nicht zu Stande käme.
Denn auch hier wieder muß die oft genug außer acht gelassene Vor-
aussetzung betont werden: daß ein Arzneikörper, welcher aus dem
Organismus irgend etwas herausschaffen soll, immer nur dann wirken
kann , wenn er genügendes Material hierzu vorfindet ; ein Emeticum
bei gänzlich leerem Magen zu geben, wäre sinnlos. So kommt es gar
nicht selten vor, daß medikamentöse Diuretica ihre Wirkung
einstellen, weil der betreffende Kranke keine genügen de
Zufuhr von Flüssigkeit erhält, eine Unterlassung, die außer-
ordentlich verhängnisvoll werden und für sich zur Urämie führen
kann. Denn die wichtigste Aufgabe der Nieren und das hauptsäch-
lichste Ziel, zu welchem hin eine Steigerung der Diurese therapeutisch
bewerkstelligt wird, ist die Ausfuhr der löslichen Endprodukte des
Stoffwechsels aus dem Blute , eine Ausfuhr , die nur bei aus-
reichendem Vorhandensein der notwendigen Menge von Flüssigkeit,
welche für sie das Lösungsmittel abgiebt, in einer genügenden und
216
Die Wirkung auf die Haraentleerung. 363
vollkommenen Weise vor sich gehen kann. Die Möglichkeit aber,
einem Kranken reichliche Mengen von Wasser beizubringen , hängt
ganz und gar von dem einzelnen Krankheitszustande ab, davon, ob
Oedeme oder Ascites da sind oder nicht, ob die Behinderung der
Diurese auf einem mangelhaften Funktionieren des Herzens beruht
oder ob sie in einer Affektion der Nieren selber ihren Grund hat, und
von einer Reihe ähnlicher Umstände, deren eingehendere Erörterung
Aufgabe der speciellen Therapie ist. Abgesehen hiervon aber ist es
oft geboten , eine ausreichende Flüssigkeitsmenge einzuführen ; oft
sogar eine über die Norm große: denn die möglichste Durch-
spülung des Organismus, die reichliche Zufuhr von
Wasser ist das einfachste und wirksamste Diureticum,
das trotz seiner Einfachheit oft allein für den gewünschten Endeffekt
ausreicht.
Wenn man bedenkt, dalä diese therapeutische Indikation einer
ausreich en den Flüs sigkeitszufuhr nicht selten für be-
wußtlose und komatöse Patienten maßgebend wird, so
ergiebt sich, daß die Beibringung einer genügenden Flüssigkeitsmenge
eine Aufgabe gerade der Krankenpflege ist und keineswegs eine ein-
fache und leichte. Und auch sonst ist die Einteilung und Darreichung
der zu genießenden Flüssigkeitsmenge als ein somatisches Heilmittel
der Krankenpflege mit diuretischem Effekt anzusehen, wie sehr dieses
Heilmittel auch zum wesentlichen Teile bereits der Ernährungstherapie
zugehört.
Hier verwischen sich mannigfach die trennenden Linien zwischen den einzelnen
Disciplinen |der Therapie; um so mehr als wegen der in ihnen enthaltenen Salze
und ihrer besondere pharmakodynamische Einwirkungen ausübenden eigenartigen
Bestandteile statt des einfachen Trinkwassers hier für gewöhnlich Mineral-
wässer zur Verwendung zu kommen pflegen, die schon mehr als medikamentöse
Heilmittel anzusehen sind, wenn auch in vielen von ihnen der Wassergehalt eine
wesentliche und oft sogar die hauptsächlichste Eolle beim Zustandekommen des
therapeutischen Effekts spielt.
Mit Hilfe der regelmäßigen Entleerung der Harnblase
führen die Krankenpflegeheilmittel diuretische Wirk-
ungen in erheblichem Umfange herbei. Denn wird die
richtige Entleerung der Blase versäumt, sammelt sich Harn über die
Norm hinaus in ihr an , so ist die Konsequenz hiervon ein immer
geringer werdender Zufluß von neuem Harn aus den Nieren her;
es ist durch Beobachtungen festgestellt, daß unter sonst gleichen
Bedingungen dasselbe Individuum nicht unbeträchtlich
größere Mengen von Harn insgesamt entleerte, wenn es
in kurzen Intervallen und häufig die einzelnen Blasen-
entleerungen vornahm, als bei nur seltenen Expulsionen des
Harns innerhalb des gleichen Zeitraumes. Die Thatsache selber ist nach-
gewiesen und nicht anzuzweifeln ; der Zusammenhang kann ein mehr-
facher sein und resultiert aus mehreren ihn bedingenden Momenten.
Am einfachsten zu übersehen sind die rein mechanischen Mo-
mente der Behinderung, welche wirksam sein müssen,
wenn die Harnblase stark oder übermäßig angefüllt ist.
Die Harnwege stellen von den Harnkanälchen her bis zum Sphinkter
der Blase einen einheitlichen langgestreckten Hohlraum dar, der zwar
an der Uebergangsstelle der Ureteren in die Harnblase eine Art von
klappenartigem Ventil besitzt, welches die Rückstauung hindern soll,
217
364 M. MENDELSOHN,
in welchem jedoch trotz dieser Vorrichtung eine Steigerung des Druckes
in dem unteren Abschnitte des Hohlraumes, in der Blase, sich auch
gleichzeitig in einer Drucksteigerung im oberen Teile der Haruwege
geltend machen muß. Denn jede neu aus dem Ureter in die Harn-
blase abtiießende kleinste Harnportion hat, um in dieses Reservoir
überhaupt hineingelangen zu können, den in ihm herrschenden Druck
zu überwinden ; und so kommt es. daß bei einem sehr gesteigerten
Drucke innerhalb der stark angefüllten Harnblase nur ein geringer
Teil einer solchen Harnportion in diese übertreten kann , ein mit
wachsendem Drucke dagegen immer größer werdender Rest im Ureter
zurückbleiben muß. Je stärker aber die Ausdehnung und
der Druck ist, welche im Ureter und damit auch in dem
mit ihm kommunizierenden Nierenbecken und den Harn-
k a n ä 1 c h e n herrschen, desto geringer wird die H a r n -
absoüderung durch die Kieren; denn der zunehmende Druck
lastet innerhalb der Harnkanälchen nicht nur unmittelbar auf den se-
cernierenden Epithelien, sondern komprimiert im Nierenbecken auch
die Nierenpapillen und die aus ihnen zutage tretenden Harnkanälchen
und hemmt somit wiederum die Harnabsonderung.
Zu dem rein mechanischen Moment einer solchen Herabsetzung
der Diurese infolge einer derartigen Rückstauung des Harns in den
Harnwegen bei vernachlässigter und aufgeschobener Entleerung der
Harnblase tritt unter diesen Verhältnissen noch eine zweite anders-
artige Behinderung dadurch hinzu, daß eine Verminderung des
Gegendruckes in den Harnkanälchen die Blutzirkulation
innerhalb der Niere begünstigt, eine Verstärkung dieses Gegen-
druckes dagegen sie herabsetzt. Da aber von dem Blutdruck und der
Blutgeschwindigkeit innerhalb der Niere die Größe der Diurese direkt
abhängt, so muß auch hierdurch diese eine Einschränkung erfahren
und die Harnbildung absinken.
Sodann käme schließlich als ein dritter Zusammenhang der
Behinderung die viel diskutierte, bisher aber immer noch nicht gänz-
lich klar gestellte Frage einer eventuellen Resorption von
Flüssigkeit durch die Schleimhaut der Harnblase in Be-
tracht. Denn wenn die Harnblase überhaupt das Vermögen hat, in
ihr enthaltene Flüssigkeit zu resorbieren, so muß das natürlich bei nur
selten erfolgender Entleerung der Harnblase in um so höherem Maße
geschehen, als einmal, und besonders in größeren und ungewöhnlichen
Mengen, Flüssigkeit lange Zeit hindurch innerhalb der Blase zurück-
gehalten ist , sodann aber auch bei stärkeren A n f ü 1 1 u n g s -
zuständen der Druck zwischen B laseucon tentum und
Blasenwandung mehr und mehr ansteigt und damit eine
Resorption begünstigt wird. Mit einer solchen Resorption
würde aber ein Teil des durch die Nieren bereits eliminierten Wassers
wieder in den Körper zurückkehren . und damit die thatsächlich aus-
geschiedene Harnmenge eine entsprechende Einbuße erleiden, die
Diurese zum Absinken gelangen.
Bei diesem Zusammenhange der einzelnen Behinderungen müssen
diejenigen Heilmittel der Krankenpflege, welche eine
regelmäßige und in genügend kurzen Zwischenräumen
vor sich gehende Entleerung der Harnblase herbei-
führen, einen diuretischen Effekt ausüben. Diese Heil-
mittel sind somatischer und materieller Art; sie bestehen in allen den-
2l8
Die Wirkung auf die Harnentleerung.
365
jenigen Handreichungen und in der Benutzung aller derjenigen Geräte,
welche den Akt des Harnlassens dem Kranken erleichtern
und in seiner gezwungenen Position ihm oft überhaupt
erst ermöglichen. Auch hier kommt wieder in Betracht, daß
eine notwendige Vornahme, wenn sie möglichst bequem gestaltet wird,
von dem Kranken viel leichter und eher ausgeübt wird, als wenn solche
Vorsorge unterbleibt oder etwa gar dem Patienten Belästigungen und
Schmerzen daraus erwachsen.
Die in der Krankenpflege zur Aufnahme des Harns bestimmten Geräte
sind für die allgemeine Verwendung aus Glas gefertigt. Ueber die Anwendungsweise
der einfachen üringläser ist nichts Besonderes
zu sagen; sie werden dem Kranken so zurecht-
gestellt, daß er sie bequem erreichen kann, und
müssen, wo ihr Ergreifen und ihre Handhabung
ihm Schwierigkeiten machen kennte, jedesmal, wie
oft auch ihr Gebrauch notwendig werden mag, ihm
dargereicht und vorgehalten werden. Dabei müssen
die für die Urinaufnahme bestimmten Gläser, da
sie mit einer größeren Fläche ihrer Außenseite zu
der empfindlichen Haut des Kranken iu Berührung
kommen oder doch wenigstens kommen können,
zuvor erwärmt werden, ehe man sie darreicht;
am einfachsten durch vorherige AnfüUung mit mäßig
warmem Wasser; es genügt jedoch auch, die leeren
Gläser, aber ohne daß sie dort mit dem Körper
des Kranken in unmittelbare Berührung kommen,
für kurze Zeit unter die Bettdecke zu halten und
sie so ein wenig anzuwärmen. Fig. 280. Uringlas.
Fig. 281. Uringlas. Fig. 282. Uringlas.
Fig. 280, 281, 282. Die in Krankenhäusern üblichen Uringläser (Fig. 280) sind
von dem Kranken schwer zu handhaben , da sie bei relativ großer Circumferenz keinen
besonderen Handgriff besitzen. Sie werden besser als große Schalen mit Henkel lierge-
stellt (Fig. 282) oder in Becheriorm mit Ausguß (Fig. 281), der für die Entnahme von
Urinproben zum Zwecke der Untersuchung vorteilhaft und bequem ist.
Die als Enten oder Glasenten bezeichneten Geräte sind zur Urinaufnahme
innerhalb des Bettes selber eigens hergestellt und entsprechen in der That dieser
Aufgabe in sehr vollkommener AVeise durch die eigenartige Gestalt, welche sie haben.
Denn es müssen Geräte sein, welche einen ausreichend weiten Hohlraum zur Aufnahme
auch größerer Mengen Harnes besitzen, in den von oben her, also durch eine an der
Oberseite befmdMche Einflußöffnung, der Harn hineiugelassen wird ; bei alledem
aber dürfen sie, was diesen Erfordernissen eigentlich widerspricht, doch nur eine im
ganzen so unbeträchthche Höhe haben, daß das ganze Gerät bequem zwischen die
219
366
M. MENbELSOHN,
Glasente.
Füße des Kranken unter die Bettdecke geschoben werden kann, dort mit breiter
Basis auf dem Bettboden aufzuliegen vermag, ohne umzufallen und dabei, was das
wichtigste ist, in dieser Situation
seine Einmündungsöffnung immer
noch nur in einer derartigen Höhe
über der Bettunterlage hat, daß
das Orificium externum der männ-
lichen wie der weibüchen Harn-
röhre bequem und ohne eine not-
wendig werdende Erhebung des
Körpers des Kranken auf diese
Emflußöffnung trifft. FüUt man
J ein soiches;Gefäß durch das An-
satzronr, so Kann man es flach
hinlegen,'^ ohne [daß etwas aus-
fließt. Diese Betturinale aus Glas erfüllen alle diese [Erfordernisse in recht aus-
reichender Weise; und das Material des Glases bietet seiner eigensten Beschaffen-
heit nach noch die weiteren beiden
Vorzüge dar, daß es bei seiner Durch-
sichtigkeit die diagnostisch oft so
überaus wichtige Beurteilung des auf-
gesammelten Harnes ohne weiteres
ermöglicht, und außerdem bei seiner
großen AViderstandsfähigkeit gegen
scharfe Substanzen eine minutiöse
Säuberung der Geräte durch Che-
mikalien durchaus zidäßt. Solche
„Glasenten'' werden auch aus Tor-
zellan und anderen Surrogaten her-
gestellt.
Diese Harngeräte dürfen den
KTanken,'mehr^noch wie die einfachen
Uringläser, immer nur im erwärmten Zustande eingelegt werden, manchmal genügt
es, wie schon vorher aneedeutet worden , daß man sie an einer, vom Körper des
Kranken nicht selbst in Gebrauch
gezogenen Stelle des Bettes einige
^linuten vor der Inanspruch-
nahme unter die Bettdecke bringt ;
zweckmäßig ist die mehrmalige,
der Benutzimg unmittelbar voraus-
gehende Ausspülung mit lau-
warmem Wasser. Daß die pein-
lichste Sauberkeit zu herr-
schen hat, gerade bei Geräten,
welche mit Auswurfsstoffen des
Kranken angefüllt werden, ist
eigentlich selbstverständhch ; als-
bald nach jeder Benutzung müssen
Fig. 285. Glasente. dig Enten, und zwar außerhalb
Fig. 283, 284, 285. Die männlichen Glaseuten (Fig. 283) tragen einen geraden
cylindrischen Ansatz, dessen oberer Rand, was nicht bei allen Exemplaren der Fall ist,
rund geschliffen sein muß. Die Ansatzstücke der weiblichen Enten sind verschieden
geformt (Fig. 284, 285); für längeren Gebrauch empfiehlt es sich, ein Gerät auszuwählen,
welches für den Kranken in seinen Maßen passend ist.
des Krankenzimmers, entleert und gesäubert werden, und das ganz besonders bei
zersetztem Harne, da jeder Harn bei längerem Verweilen außerhalb des Körpers,
zumal bei niederer Temperatur, Harnsäure und andere Krystalle ausfallen läßt.
Und da dieses Ausfallen krystallinischer Elemente bei alkalischem Harne mit Not-
Fig. 284. Glasente.
Die Wirkung auf die Harnentleerung.
367
\vendigkeit vor sioli geht und besonders bei ammoniakalisch zersetztem Harne in
großem Maße stattfindet, so ist je nacli der Natur dieser Bildungen, welche den
Innenwänden der betreffenden Gefäße sehr fest anhaften und oft nur mit Mühe von
ihnen entfernt werden können, häufig heißes "SVasser nicht ausreichend zur gänz-
lichen Eeinigung, zumal deren ausgiebige Anwendung sich bei Glasgeräten der
Gefahr des Zerspringens wegen ver-
bietet; es muß dann die Eeinigung,
je nach der Art der festhaftenden
Harnsedimente, entweder mit Soda-
lösiuig oder mit dünner Salzsäure
erfolgen.
Fig. 286. Fig.
Fig. 286. Uringefäß. Das von Prof. Dr. med. SÄNGER angegebene Gerät ist
aus Porzellan gefertigt und ausscMießlieh für das Harnlassen weiblicher Kranker in der
Bettlage bestimmt. Es wird so unter die Kranke geschoben, daß es mit seinem schmalen,
zugespitzten Teil zwischen die Nates zu liegen kommt.
Fig. 287. Uringefäß. Das aus Glas oder Porzellan gefertigte, ausschließlieh nur
fiii' weibliche Kranke bestimmte Gerät wird nach dem gleichen Prinzip wie die Glas-
enten benutzt, die Handhabung jedoch ist leichter, da der oben angebrachte Handgriff
und die vom kielartig gestaltete Form des Geräts es leicht und bequem an Ort und Stelle
schieben läßt.
Eine besondere Form von harnaufnehmenden Geräten sind die sogenannten
Urinale, in der Hauptsache mehr oder minder langgestreckte, in den beideu
anderen Dimensionen jedoch schmale Behältnisse, welche im großen und ganzen
in den Eaum hinein jiassen, welehen, ohne daß sie besonders gespreizt zu werden
brauchen, die Innenflächen der Oberschenkel beim Gehen, Sitzen oder Liegen
zwischen sich frei lassen. Diese Behältnisse, welche die verschiedensten Größen
haben, sind im wesentlichen Schläuche von
relativ weitem Umfange, mit oberer Oeff-
nung und unterem Verschluß ; der Ver-
schluß kann ein definitiver sein oder aber
Fig. 288. Uringefäß. Fig. 289. Uringefäß.
Fig. 288, 289. Für sehr empfinrlliche Kranke und ebenso auch bei ambulatorischem
Gebrauch und auf der Keise lassen sich mit Vorteil aus festcrem (Fig. 288) oder aus ganz
weichem (Fig. 289) Gummimaterial hergestellte und mit Handgriff versehene Behältnisse
veiTvenden , welche bei ihrer Nachgiebigkeit und Zusammendrückbarkeit in einer jeden
Lage des Ki'anken für seine Urinentleenmg gebraucht werden können imd die ziidem auf
das Bequemste zusammengelegt xind mitgeführt werden können.
368
M. MENDELSOHN,
welche hermetisch verschließbar ist, auch hier
wieder für gewöhnhch durch ein eingeschraubtes Verschlußstück, häufiger jedoch
durch einen Hahn mit kurzem, nach unten gerichtetem Ausflußansatz, welcher
erlaubt, daß eine im Innern des Behältnisses befindliche Flüssigkeit ohne weiteres
li„
11 I i]i rstecher.
Fig. 290. ünterstecher.
Fig. 290, 291. Die aus Porzellan gefei-tigten kleinen Geräte entsprechen in ihrer
FoiTB und Anwendung den für die Defäkation bestimmten gröiäeren Steckbecken, nur daß
sie kleiner und ausschließlieh zum Auffangen von Harn verwendbar sind.
abgelassen werden kann, und der auch durch einen angesetzten Schlauch in be-
liebiger Ausdehnung verlängert werden kann. Ein solches Behältnis trägt einen
Aufsatzteil, der trichterförmig ist und dessen oberer Rand entweder einen großen
ovalen Schütz darstellt oder einen kleinen rmiden Trichtereingang. AUe diese Geräte
haben entweder Gürtel oder Bänder in dauernder Befestigung an ihrem oberen Teile,
so daß sie selber von diesen frei nach unten herabhängen, oder sie tragen an ihrem
oberen Teile Oesen oder Knopflöcher oder Knöpfe, um derartige Bänder an sich
befestigen zu lassen. Die Aufgabe solcher Behältnisse ist die, an Kranken, und
zwar meist an solchen, welche nicht bettlägerig sind, den ausfließenden Harn auf-
zunehmen und zu bewahren; sie kommen daher nur bei solchen Personen zur
Anwendung, welche aus krankhaiften Ursachen ihren Harn entweder
Fig. 292. TJrinal.
Fig. 293. Urinal.
Die Wirkung auf die Harnentleerung.
369
überhaupt nicht zurückhalten können oder in nur so ungenügendem
Maße und mit so geringer und schnell sich erschöpfender Widerstandskraft, daß eine
solche Vorrichtung geboten ist. Sie werden mit Hilfe der erwähnten Bänder oder
Gurte, die an dem oberen Teile des Gerätes sich befinden, mittels eines um den Leib
geschlungenen Gürtels am Körper befestigt, und ihre nach oben gerichtete trichterförmige
Oeffnung ist entweder dem männlichen oder dem weiblichen Körper angepaßt, wobei sie
in beiden Fällen über die äußeren Genitalien fort faßen ; die länger gebildeten und ent-
sprechend schmäleren männhchen Behältnisse werden in dem einen Hosenbein ge-
tragen. Bei diesen Urinalen zeigen sich die beiden besonderen Eigenschaften des
Gummimaterials : die Anschmiegbarkeit mid die Wasserundurchlässigkeit , nach
anderer Richtung hin wertvoll und notwendig, als beispielsweise bei den Eistseutein,
so daß diese beiden Gruppen von Gummigeräten gewissermaßen als Typen für die Ver-
wendung des Gummi in der Krankenpflege dienen können : während die Wasserdichtig-
keit bei den Eisbeuteln dazu dient, flüssige oder zu Flüssigkeiten werdende feste Stoffe
von außen her an den Körper heranzubringen und an diesem ihre Wirkungen ent-
falten zu lassen, ermöglicht sie bei den Urinalen, Flüssigkeiten vom Körper her
aufzunehmen und zu be-
wahren; während die An-
schmiegbarkeit der Eisbeutel
einen möglichst vollständigen
Kontakt zwischen den Ober-
flächen des Körpers und des
Gerätes herbeiführt , sucht
sie bei den Urinalen , wo
das Behältnis notgedrungen
dauernd in unmittelbarer
Nähe und in direkter Be-
rührung mit dem Körper ge-
tragen werden muß , durch
eine möglichste Anpassung
an den verfügbaren Eaum
die Störungen und Belästig-
ungen, welche aus diesem
Kontakt hervorgehen , auf
ein Mindestmaß zu be-
schränken.
Fig. 292, 293, 294. Die für das ununterbrochene Auffangen des Harns bei Incon-
tinentia urinae bestimmten männlichen ürinale werden nach Art der Suspensorien an
Tragbändem und Traggurten am Körper befestigt und haben entweder bei ambulatorischen
Kranken Recipienten zur Aufnahme und Bewahrung des Harns, oder Schlanehansätze,
welche bei bettlägerigen Kranken den Harn alsbald fortleiten (Fig. 292). Die weiblichen
Urinale tragen, ihrer relativ großen Anlagerungsfläche am Körper entsprechend, mit Vorteil
auf ihrem oberen Bande eine glatte, sehlauchartige Vorrichtung, welche nach Art eines
Luftkissens mit Hilfe eines kleinen Ansatzscblauehes aufblasbar ist (Fig. 293, 294). Die
Behältnisse au den weibhchen Urinalen sind für den Gebrauch ambulatorischer Kranker
bestimmt (Fig. 293) oder aber für die Auffangung des Harnes in der Ruhelage (Fig. 294),
■wo sie dann mit Vorteil einen kleinen , von ihrem oberen Band ausgehenden feinen
Scblauchansatz tragen, welcher die Luft aus dem Behältnis in dem Maße entweichen läßt,
als der Urin sich in ihm ansammelt.
Beim Gebrauch der Urinale ist es unbedingt erforderlich, daß der angesammelte
Urin, so häufig als es ohne besondere Belästigung für den Trager nur geschehen
kann, aus dem Behältnisse entleert wird, was, ohne daß es abgenommen zu werden
brauchte, mit Hilfe eines an seinem unteren Ende angesetzten Schlauches durch
einfache Oeffnimg des Verschlußhahnes geschehen kann. Besser ist es jedoch,
mehrere Exemplare des Gerätes in häufiger Abwechslung zu benutzen, da kaum
ein anderes Utensil der Krankenpflege in solchem Maße einer minutiösen Eeinigung
bedarf wie diese Urinale. Es versteht sich ja auch ohne weiteres: eine jede Zer-
setzung des Harnes muß soweit als irgend möglich verhütet werden. ^ Darum
müssen diese Geräte tägUch und wenn möglich sogar noch öfter mit desmfizierenden
Fig. 294. Urinal.
370
M. M ENDELSOHN,
und desodorierenden Lösungen, insbesondere solchen von übermangansaurem Kali,
gewaschen werden; auch thut man gut, stets eine kleine Menge solcher Flüssigkeit
in dem Behälter vor dessen Gebrauchsanlegung zurückzulassen. Leider ist es nicht
immer möglich, diese Zersetzung zu bekämpfen; und ganz illusorisch sind natürlich
derartige Bestrebungen, wenn der Harn bereits in zersetztem Zustande aus der
Blase entleert wird. In solchen Fällen kann man, wenn seine direkte medikamentöse
Beeinflussung, welche immer die erste Indikation bildet, durch Said oder Uro-
tropin oder Balsame und ähnliche Arzneimittel im Stiche läßt, den üblen Geruch
des zersetzt entleerten Harnes dadurch verdecken oder wenigstens einschränken,
daß man dem Kjanken Terpentin verabfolgt , welches dem normalen Harne
einen angenehmen Veilchengeruch verleiht und das bei alkalischer Zersetzung
des Harnes wenigstens den
widerlichen Geruch ein
wenig mildert. Leider läßt
sich eine solche Darreich-
ung aber nicht andauernd
und lange genug vor-
nehmen ; und ebenso ent-
spricht auch die allgemein
gegebene Vorschrift, der-
artigen Kranken mit Incon-
tinentia urinae nur wenig
zu trinken zu geben, mehr
einer theoretischen Idee als
einem praktisch durchführ-
baren Erfahrungssatz.
Fig. 295. Urinal. Das von Dr. med. HOTTINGER angegebene, auch „Pessar-Urinar"
genannte kleine Gerät ist ein Gummiring nach Art und Form der Oeclusiv-Pessare, welcher
in einen Gummitrichter übergeht ; dieser setzt sich in einen ableitenden Gummischlaueh
von beliebiger Länge fort. Das Urinal ist nur bei Frauen mit Vesico-Vaginalfisteln ver-
wendbar, leistet aber treffliche Dienste, falls die Fistel, pathologisch oder arteficiell, groß
genug ist, um dem Harn ausreichend Durchtritt zu gewähren. Das Gerät wird wie ein Pessar
eingelegt; der Ableitungsschlauch mündet in ein Gummireservoir, wie es an Urinalen
üblich ist (Fig. 293) und das mit Hilfe von Bändern an einem Oberschenkel befestigt
und getragen wird.
Auch die Katheter, welche eigenthch ein Gerät der speciellen Therapie sind,
können hier durch die Kranken selber zur Anwendung kommen und müssen in ihrer
Handhabung bestimmten Vorsichtsmaßregeln unterliegen. Ist es schon in Anbetracht
der schwierigen Konservierung und der schnell verloren gehenden Elastizität des Gummis
geboten, bei einem jeden Gummischlauche überhaupt, ehe man ihn in Gebrauch nimmt,
nachzusehen und zu ermitteln, ob er nicht brüchig und leck geworden ist, so ist bei
solchen Gummigeräten, wie den hier in Rede stehenden, welche in das Körperinnere
unmittelbar eingeführt werden, diese vorherige Feststellimg ein unbedingtes Er-
fordernis, dessen Unterlassung geradezu ein Kunstfehler ist. Sie hat sich darauf
zu erstrecken, einmal ob die hier besonders und auf das sorgfältigste glatt gebildete
Oberfläche der Geräte nicht an einzelnen Stehen rauh und uneben geworden ist,
was bei der Einführung Schmerzen und Verletzungen bereiten könnte, eine Prüfung,
die nicht nur durch die einfache Besichtigung, ^sondern auch durch ein Hindurch-
ziehen des Instruments zwischen zwei Fingerkuppen geschehen muß; außerdem
ist die ausreichende und erhaltene Elastizität des Gummigerätes vor der Einführung
dadurch zu prüfen, daß man es an seinen beiden freien Enden faßt und ziemlich
kräftig in die Länge zieht, wobei brüchig und hart gewordene Stellen durchreißen
und damit ein Abbrechen des Katheters schon vor der Einführung und außerhalb
des Körpers sich ereignet, das sonst, ohne diese Prüfung, nicht selten und dann
mit fatalen Konsequenzen innerhalb der Blase erfolgen kann. Daß diese
Geräte besonders gut gereinigt und desinfiziert werden müssen, daß sie nur aus-
reichend eingeölt zur Einführung gelangen dürfen und manche andere derartige
224
Die Wirkung auf die Harnentleerung. 371
Vorsichtsmaßregel mehr, gehört schon in das Gebiet der specieUen ärztlichen Technik
imd kann daher an dieser Stelle füglich übergangen werden.
Außer diesen besonderen Krankenpflegegeräten werden nun auch hier die all-
gemein üblichen Geschirre benutzt; und da hat die Pflege die Aufgabe, darauf zu
achten, daß die Körperlage und Körperhaltung beim Urinlassen wieder-
um mit möglichst wenig Anstrengung für den Kranken verbunden ist.
Wo es sich machen läßt, hebe man zum Zwecke des Harnlassens dem Kranken die
Beine seitlich aus dem Bette heraus und setze ihn so, daß er auf den Bettrand zu
sitzen kommt; er kann in dieser Stellung ganz bequem Urin lassen. Auch hier
wieder sind die beiden niemals außer acht zu lassenden Aufgaben zu erfüllen, ihn
durch imtergelegte Teppiche oder über die Beine gebreitete Decken vor Erkältung
zu schützen und den Oberkörper nicht sich selber zu überlassen, ihn vielmehr bei
nur kurzer Dauer des Verweilens in der aufrechten Haltung zu stützen und
zu halten, für eine längere Zeit jedoch durch Kissen und Polster ihm eine aus-
reichende Lehne zu schaffen. Das gilt auch für die Defäkation im Bette, wenn
der Kranke dabei, was ihm gewohnter ist, den Oberkörper aufzurichten wünscht;
auch bei einer Vornahme dieser Verrichtung außerhalb des Bettes, insbesondere
bei der Benutzung eines Zimmerklosetts, hat ein solcher Schutz vor Erkältung
und die Sorge für eine ausreichende Unterstützung des Oberkörpers immer zu ge-
schehen.
Daß für alle anderen, ähnlichen Zwecke dem Kranken die notwendigen Geräte
zurecht gelegt werden, daß er also nicht nötig hat, sie etwa erst vom Boden auf-
zuheben; daß sie während des Gebrauches ihm möglichst gehalten und gestützt
werden, ziunal das mit der fortschreitenden Anf üllung immer schwerer
werdende Uringefäß; daß sie sodann nach vorgenommenem Gebrauch aus der
Hand genommen , geleert , gereinigt und wieder zureoht gesteht werden , das
alles sind Notwendigkeiten, die keiner eingehenden Erörterung bedürfen. Gerade
das kennzeichnet ja die aufmerksame Wartung, daß sie nicht bis zu der letzten
Minute wartet, bis der Kranke ein Begehr nach irgend einem Gerät zeigt oder gar
ausspricht, sondern daß sie von selber unter dauernder sachverständiger Beobachtung
ihm das Gerät aus freiem Antrieb reicht, ohne dazu aufgefordert zu sein.
In manchen Fällen kommt zu diesen Heilmitteln auch noch eine
psychische Einwirkung auf die Harnentleerung hinzu.
Der Reflexakt, welcher das Harnlassen einleitet: die Auslösung des
Eeizes entweder von den ausreichend stark gespannten Blasen-
wandungen oder von der Schleimhaut der hinteren Harnröhre aus,
in welche die ersten Tropfen Harnes hineingelangt sind, und die
reflektorische Einwirkung auf die Anspannung der Blasendetrusoren
und die Erschlaifung und Ueberwindung der Schließmuskulatur —
die Auslösung dieses Reizes kann durch psychische Einflüsse eine
Hemmung erfahren, die oft überwindlich ist. Ganz besonders trägt zu
ihrem Zustandekommen die Anwesenheit dritter Personen bei der Vor-
nahme der Urinentleerung bei; ein Vorgang, den gerade Aerzte sehr
häufig zu sehen Gelegenheit haben, wenn ein Kranker vor ihnen Urin
lassen soll, und sich hierbei beobachtet weiß. Nun ist allerdings für
die Krankenpflege das Begehren , einen Kranken bei der Vornahme
einer immerhin umständlichen und eine gewisse Anstrengung er-
fordernden Handlung allein zu lassen, gewissermaßen eine Gontradictio
in adjecto ; aber oftmals muß man sich zu dieser Notwendigkeit ent-
schließen und fördert dann dadurch mehr das Zustandekommen der
Harnentleerung als durch eine persönliche Beihilfe.
Ein gar nicht übles Unterstützungsmittel für die Anregimg der Harnentleerung,
das übrigens schon Boeehave anwandte, ist die durch das Gehör vermittelte Vor-
steUuug des Plätscherns, des Herunt erfallens von Flüssigkeit in andere
Flüssigkeit. Manchmal genügt es, einen Wasserhahn, der im Zimmer ist, auf-
HandUuch der spec. Therapie inn. Krankh. Suppl. I. lieft 3. 25
Mendelsohn, Krankenpflege. .pc 1 f;
372 M. MENDELSOHN,
zudrehen, um die Auslösung des Eeflexaktes zu veranlassen; auch schon die bloße
Vorstellung von ähnlichen Dingen wirkt oft ausreichend, und manche Kranke helfen
sich dadurch, daß sie beim Beginn einer Vornahme der Harnentleerung das Geräusch
eines Wasserfalles oder ähnhcher flüssiger oder fUeßender Objekte sich vorstellen.
Ein weiteres Moment, welches den Beginn einer Entleerung der
Harnblase fördert und begünstigt, bilden auch Reize, welche von
der äußeren Kör per Oberfläche ausgehen, insbesondere
künstlich herbeigeführte Kältewirkung; ein Eintauchen der Hände des
Kranken in kaltes Wasser oder die Applikation von nassen Schwämmen
am Damme pflegt solchen, die Harnentleerung begünstigenden Einfluß
auszuüben. Jedenfalls aber ist die Regelmäßigkeit der Harnentleerung
ein wesentliches Moment für die Gesamtdiurese ; und alle Heilmittel
der Krankenpflege, welche diese Regelmäßigkeit fördern, wirken damit
gleichzeitig auch als ausgesprochene Diuretica, da bei ihrer sorgsamen
Anwendung die Gesamtmenge des aus dem Körper eliminierten Harnes
eine immerhin in Betracht kommende Steigerung erfährt.
226
Die Wirkung auf den Auswurf. 373
KAPITEL X.
Die Wirkung auf den Auswurf.
Eine Exi^ektoration giebt es im normalen und gesunden Zustande
überhaupt nicht; wo sie in krankhaften Zuständen vorkommt, besteht
die Funktion der Expektoration darin, daß das auf der Schleim-
haut der Luftwege entstehende Sekret aus diesen und
aus. dem Körper herausgeschafft wird. Dies Sela-et ist in
normalen Verhältnissen immer nur ein sehr geringfügiges ; es besteht
nur aus einer dünnen Lösung von Mucin und wird ebenso wie Staub-
teilchen und andere kleinere körperliche Objekte durch die Cilien, mit
denen die Epithelien dieser Schleimhäute ausgestattet sind, nach oben
hin zur Mundhöhle bewegt und so aus den Luftwegen entfernt. Schon
hieraus ergiebt sich, daß diese dünne Mucinlösung keine besonders fest
anhaftenden Eigenschaften besitzen kann, da ihr Kontakt sonst durch
die geringe Kraft des Flimmerepithels nicht überwunden werden könnte,
zumal in einer der Schwere entgegengesetzten Richtung. Anders da-
gegen gestalten sich diese Verhältnisse, wenn aus pathologischen
Gründen die Sekretion eine reichliche und eine andersartige wird;
denn alsdann reicht die Kraft des Flimmerepithels nicht mehr zur
Entfernung des Sputums aus, und es müssen stärkere mechanische
Kräfte hierfür nutzbar gemacht werden. Und da deren Wirksam-
keit sehr wesentlich einmal von der Menge des vorhandenen Sekrets
und der Schnelligkeit, mit welcher sich dieses wieder erneuert, ganz
besonders aber von der Konsistenz und der Zähigkeit des patho-
logischen Sekrets, mit der es an den Wänden der Luftwege anhaftet,
abhängt, eine Adhärenz, deren üeberwindung zum Zwecke der Ab-
lösung und Losstoßung größere oder geringere Kraftentfaltung nötig
macht, so ergeben sich daher für den gewollten Endeffekt: für die
größtmöglichste oder gänzliche Befreiung der Schleimhäute der Luft-
wege von abgesondertem Sekret, drei verschiedene Teilaktionen der
Gesamtfunktion der Expektoration, welche eine jede für sich gesonderter
therapeutischer Beeinflussung unterliegen und dabei die Gesamtfunktion
in toto heben.
Die Entfernung eines anormal gebildeten Sekretes kann zunächst
auf dem Wege erfolgen, daß die erneute Bildung von Sekret
eingeschränkt und herabgesetzt wird. Denn die Befreiung
eines Bronchus von Sekret ist erreicht, ob nun die pathologische
Sekretion überhaupt verhütet oder ob das dennoch abgesonderte Sekret
expektoriert wird. Abgesehen von dieser prophylaktischen Teilaktion,
erhalten sodann für die eigentliche Herausschaffung des gebildeten
Sekrets zwei weitere Teilaktionen Geltung: die bis zu einem gewissen
Maße notwendige Verflüssigung des Sekrets und der mechanische Akt
seiner Hinausschaffung, und zwar nicht nur bis zum Verlassen der
eigentlichen Luftwege, sondern bis zur gänzHchen Entfernung aus dem
Körper. Denn die allzu feste Konsistenz, die zu große Zähigkeit
und Klebrigkeit eines Sekretes kann selbst bei relativ
starker Einwirkung des Expektorationsmechanism[us
25*
227
15
374 M. MENDELSOHN,
diesem trotzen und die Entfernung unmöglich machen;
während andererseits wiederum die Bedingungen in dieser Hinsicht für
die Expektoration ganz günstig liegen können, aber, was gerade für
die Krankenpflege besondere Bedeutung hat, durch die unzu-
reichende Kraft der motorischen Aktion und durch
•die ausbleibende oder unzweckmäßige Unterstützung,
"\velche der Kranke dabei erfährt, trotzdem keine Eli-
mination zustande kommt, so daß sich also auch hier wieder
der für alle therapeutische Dynamik und insbesondere für die der Heil-
mittel der Krankenpflege giltige Erfahrungssatz zeigt, daß die Unter-
stützung einer einzigen dieser Teilaktionen auf die Gesamtfunktion
einen allgemein fördernden Einfluß hat.
Die erste Teilaktion ist somit eine prophylaktische ; eine prophy-
laktische allerdings nur unter dem Gesichtspunkte der Bildung von
Auswurf, nicht des diesen bedingenden Krankheitszustandes. Denn in
diesem Betracht sind vielmehr die hierauf gerichteten Maßnahmen
gerade die eigentlichen und thatsächlichen Heilmittel, welche den
Krankheitszustand selbst beheben und eben nur für das Symptom einer
zu expektorierenden übermäßigen Sekretbildung prophylaktische Heil-
mittel darstellen. Nun hängt der Grad der Sekretion der Schleim-
häute sehr wesentlich, wenn auch nicht ausschließlich, von dem Füllungs-
zustande ab, welchen ihre Blutgefäße haben; eine jede Kongestion
der Schleimhaut der Luftwege steigert die Bildung
des Sekrets erheblich. Eine solche Kongestion nach den
Schleimhäuten der Luftwege aber wird auf reflektorischem Wege
hervorgerufen, und zwar einmal durch Reizung der Luftwege
selber, sodann aber auch durch Reize, welche die Körperoberfläche
treffen, und von denen die Kälteeinwirkung, und zwar die unver-
mittelte und plötzlich erfolgende, den wesentlichsten und stärksten
Reiz abgiebt. Die sogenannten Erkältungen beruhen ja darauf, daß
eine einzelne Partie der Körperoberfläche oder auch diese in ihrer
Gesamtheit stark abkühlenden Einflüssen ausgesetzt war, denen eine
starke Kongestion der Schleimhäute des Respirationstraktus nachfolgte,
welche, wenn sie lange genug bestand, zum Katarrh sich steigert.
Es hat daher die Krankenpflege die Aufgabe, will sie die Expektoration
einschränken, mit den für sie verfügbaren Mitteln zunächst alle
diejenigen Reize möglichst auszuschalten, welche die
Schleimhaut der Luftwege selber treffen können und damit
die Sekretion in diesen vermehren ; und diese Mittel sind in den
somatisch-hygienischen Mitteln der Hypurgie, in der sorgsamen und
gesteigerten Anwendung der diesbezüglichen Vorschriften im Kranken-
zimmer zur Verfügung.
Die Sorge für eine möglicliste Entfernung des Staubes im Zimmer,
der Schutz vor Belästigung durcli Eauch und durch andere Luftverunreinigungen aus
der Umgebung, alle diese hier nicht wieder im einzelnen aufzuzählenden Faktoren,
welche bei der Wirkung durch Keinlichkeit besprochen sind und die nicht nur eine
Anwendung innerhalb des eigentlichen Krankenzimmers zu erfahren haben, sondern
nach denen der ganze Aufenthaltsort, die gesamte Umgebung des
Kranken im weitesten Bereich zu wählen ist, kommen hier als Heilmittel
in Betracht. Die Klimatologie, die Behandlung insbesondere von Kranken mit
Affektionen der Eespirationsorgane in eigenen Heilanstalten und in besonders be-
legenen Kurorten , ist schließlich nichts anderes als die Anwendung von Kranken-
pflegeheilmitteln in der vierten und fünften Zone der Applikation hypurgischer Mittel,
wie sie Eingangs unterschieden wurden.
228
Die Wirkung; aiif den Auswurf.
375
Solchen Schutz vor unmittelbar die Schleimhäute treffenden und da sekretions-
steigernden Eeizimgen bietet ferner das Tragen von Eespiratoren dar, welche
gleichfalls zu den materiellen Heilmitteln der
Krankenpflege zu zählen sind und die schließ-
lich nicht anders wirken, als daß sie den Mund
verstopfen und so den Kranken zwingen, nun
Fig. 296. Eespiratoren. Fig. 297. Respirator.
Fig. 296, 297. Die Respiratoren bestehen entweder aus Drahtgaze (Fig. 296 oben)
oder aus durchbroclienem Celluloid (Fig. 296 unten) oder aus einem Metfülgehäuse mit
Drahtgitter (Fig. 297); in die Bebältnisse resp. zwischen die beiden Platten der Geräte
wird Watte in dünner Schicht gelegt, welche als Filter dient und die oft zu erneuern ist.
Die größeren Geräte derart (Fig. 297) können auch als Inbalationsmasken zum Einatmen
medikamentöser, flüchtiger Substanzen dienen.
die zweckmäßigere At-
mung durch die Nase vor-
zunehmen; die zweckmäßigere
Atmung durch die Nase insofern,
als die Nasenmuscheln nicht nur
große Wärmeflaschen darstellen,
an denen die eintretende Luft sich
erwärmt und somit nicht den
gleichen Keiz wie eine kalte Luft
auf die Schleimhaut ausübt, son-
dern als die Luft hier auch
bei dem Hinüberstreifen von den
ihr anhaftenden Verunreinigungen
und körperlichen Beimischungen
wesentlich befreit wird.
Ebenso wirkt des wei-
teren eine jede Maßnahme
der Krankenpflege, welche
störende Reize von
der Körperoberfläche
fernzuhalten vermag;
alle Vorkehrungen, welche
die Prophylaxe unter dem
Begriffe des Schutzes vor
Erkältungen zusammenfaßt, \m
Fig. 298. Geradehalter. Der von Dr. med. Zeukee angegebene Geradebalter
für Lungenkranke hat die Aufgabe, die typische eingesunkene Brust beim Habitus phthisicus
229
376
M. MENDELSOHN,
aufzurichten und auszudehnen, um dadurch eine tiefere und ergiebigere Atmung herbei-
zuführen. Das Gerät venneidet seiner Konstniktion nach jeden cirkulären Druck auf
den Thorax ; es findet seinen festen Halt auf den Beckenkämmen und läßt die Brust
gänzlich frei. Die weich gepolsterten Armkiücken müssen nach dem Körper modelliert
sein ; sie werden in Rücksicht auf die mögliche Di-uckempfindlichkeit fettarmer Kranker
dadurch elastisch gestaltet, daß die von ihnen herabsteigenden Stahlschieneu mit den von
den Stahlbügeln aufsteigenden Schienen, welche sich eine Strecke weit decken, dui'ch
Gummizüge verbunden sind. Der Geradehalter ist aus Celluloid-Acetonmisehung her-
gestellt.
sind hier als Aufgaben der Krankenpflege in gesteigertem Maße an-
zuwenden notwendig.
Zu den Heilmitteln dieser Art würden demnach in erster Linie die Wahl und
Beschaffenheit der Krankenkleidung gehören, sodann die hygienischen Maß-
nahmen, welche die
Lüftung und Hei-
zung des Kranken-
zimmers betreffen,
und schließlich der
ganze materielle Ap-
parat, welcher, wie bei-
spielsweise für die De-
fäkation, dem Kranken
gestattet, unabweis-
liche Vornahmen
im Krankenbette
oder doch wenig-
stens im Kranken-
zimmer vor sich
gehen zu lassen
und der somit, da er
ein Verlassen dieser den
Bedürfnissen des Kran-
ken angepaßten und für
sie zweckmäßig ge-
stalteten Aufenthalts
medien vermeidet, da-
mit auch eine sonst
leicht mögliche Ab-
kühlung des Körpers
oder einer seiner Teile
verhütet , und somit
gleichfalls ein prophy-
laktisches Heilmittel
gegen eine erhöhte Se-
kretion, ein Expek-
torans von vorbeugen-
der AVirkung darstellt.
AJle diese Mittel sind
in anderen Kapiteln des
Werkes erörtert.
Fig.
Fig. 300. Hydropathische Weste.
299, 300. Die von Dr. med. Silbeestein angegebene hydropathische Weste
ist zu dem Zwecke konstmiei't, den Hustenreiz, durch welchen Lungenkranke, vornehm-
lich Phthisiker, für einen großen TeU der Nacht im Schlafe gestört werden, einzuschränken
und zu beseitigen. Während hydropathische Umsehläge auf den ganzen Thorax schwierig
und umständlieh anzubringen sind, wird hier in einfachster Weise eine ärmellose Weste
aus hydrophilem Stoff (Fig. 299) auf den bloßen Köi-])er gezogen und darüber eine aus
dickem Flanell oder wasserdichtem Gewebe gefertigte größere, die erste wesentlich über-
deckende zweite Weste, welche mit Bändern fest zusammen gehalten wird. Die Vor-
richtung stellt eine sehr einfache rmd bequeme Form der hydropathischen Einwirkimg auf
den Thorax dar.
230
Die Wirkung auf den Auswurf.
377
Eine direkte Beeinflussung kann sodann diese erste Teilaktion,
die Einschränkung einer Bildung von Sekretion , durch eine Reihe
pharmakodynamischer Einwirkungen erfahren, welche im wesentlichen
zu der Gruppe der Adstringentien gehören, und die als solche nicht
Objekt der Krankenpflege sondern der Arzneimittel wären, wenn nicht
ihre Anwendungsform zum Teile auch sie dieser therapeutischen Dis-
ziplin zuwiese. Es ist nur natürlich, daß Arzneikörper, welche un-
mittelbar auf die Oberfläche der Luftwege gebracht werden sollen,
durch Inhalation hierhergeführt werden. Trotzdem würden die
Inhalationsapparate und die ähnlichen materiellen Heilmittel der
Krankenpflege nicht dieser sondern der Pharmakologie zuzurechnen
sein, wenn sie nicht auch ohne Anwendung von pharmakodynamisch
wirksamen Arzneikörpern, einzig und allein nur zum Zwecke
einer Steigerung des Feuchtigkeit geh altes der in-
halierten Luft, eine besondere und nicht die unbeträchlichste
Wirksamkeit ausübten. Auch bringt es die besondere Eigentüm-
lichkeit eines der gebräuchlichsten und wirksamsten Arzneikörper,
des Terpentins, mit sich , daß er hier unter den Heilmitteln der
Krankenpflege erwähnt werden muß: das Terpentin verdunstet sehr
leicht in die Zimmerluft und wird mit dieser inspiriert und von den
Schleimhäuten der Luftwege aus dem Körper zugeführt, ein Vorgang,
der sich auch schon dort abspielt, wo sich Personen nur in Räumen
aufhalten , in denen
mit terpentinhaltigen
Materialien hantiert
wird, und wo dann
der bekannte Veilchen-
geruch des Harnes die
thatsächlich erfolgte
Resorption des Ter-
pentins darthut.
Das Terpentin ist eines
der wichtigsten sekretions-
besehränkenden Heilmittel
der Sohleimliäute der Luft-
wege; und wenn man es,
anstatt es direkt zu verab-
folgen, auf den Boden
des Krankenzimmers
sprengen lä(3t, so wird
es mit dieser besonderen
Anwendmigsweise , da es
sich, der Zimmerluft
beimischt, gleicher-
maßen auch ein Heilmittel
der Krankenpflege. Denn
die Krankenpflege besteht
Ftg. 301. Inhalat! onsvorriehtung. Die für die Einatmung von Lignosulfit be-
stimmte Vorrichtung ist aus Holz und besteht aus einer oberen und einer unteren Holz-
schale mit reichlich dazwischen angebrachten und in den Löchern der tragenden Säulen
befestigten Tannenzweigen. Die Inhalationsflüssigkeit wird in die obere Schale gegossen
und träufelt langsam auf die Zweige, auf welchen sie sich verteilt und zum Teil ver-
dunstet, zum Teil in die untei-e Schale abtropft. Von Zeit zu Zeit wird die hier an-
gesammelte Flüssigkeit aus einem Hahn in ein Holzgefäß abgelassen und in die obere ,
Schale zurückgegeben.
231
378
M. MENDELSOHN,
in der zweckmäßigen Gestaltung der Umgebung des Kranken, die auf ihn einwirkt,
in der Umwandlung aller der Einflüsse seiner^Umgebung zu solchen, die auf seinen
Krankheitszustand die günstigste Einwirkung ausüben oder denen dieser sich am
besten anpassen kann.
Fig. 303. Räu oh erschale.
Fig. 304. Eäucherlampe. Fig. 305. Käuchergef äß.
Fig. 302, 303, 304, 305. Die Verdampfung der der Zimmerluft beizumischenden
Flüssigkeit geschieht entweder frei aus einer offenen Schale (Fig. 303) oder aus einem
geschlossenen und nur mit entsprechenden Oeffnungen versehenen Behältnis (Fig. 305)
oder so, daß sie der verbrennenden Substanz beigemischt ist und direkt aus der Flamme
her verdampft (Fig. 304). In anderen Geräten (Fig. 302) wird die zu verdampfende
Flüssigkeit in einen kugelfönnigen, um seine Achse leicht drehbaren kleinen Jletallkessel
gegeben ; in den darunter befindlichen Kelch kommt Spiritus, welcher entzündet wird und
den Kessel erhitzt ; der ganze obere Teil gerät durch die Rückstoßwirkung des austretenden
Dampfes in schnelle ßotienmg, wodurch die Dämpfe weit fortgeschleudert werden.
Die Konsistenz der aus den Luftwegen herauszuschaffenden Sputa
"oder vielmehr die Verflüssigung einer zu zähen B eschaffen-
232
Die Wirkung auf den Auswurf.
379
heit der Sekrete in den Luftwegen bildet sodann die zweite
Teilaktion bei der Expektoration. Für diese Einwirkung stehen, ähn-
lich wie dies bei den Abführmitteln der Fall ist, eine Anzahl medi-
kamentöser Heilmittel zur Verfügung, welche das Sekret flüssiger ge-
stalten; aber gerade auch hier sind die Heilmittel der Krankenpflege
besonders wirksam und das oft in dem Maße, daß ohne ihre Mitwirkung
der beabsichtigte Eifekt nicht in ausreichender Weise zustande kommt.
Bei der Verflüssigung der Sekrete durch diese Heilmittel ist zu unter-
scheiden, ob es sich darum handelt, ein zunächst genügend
flüssig abgesondertes Sekret vor der Ein dickung, ehe
es expektoriert wird, zu bewahren, ein fehlerhafter Vorgang,
der aber gerade durch die anderweitigen Heilmaßnahmen, welche auf
die gänzliche Beseitigung der krankhaften Absonderung hinzielen, be-
sonders gefördert zu werden pflegt; oder aber ob ein Sekret von
vornherein in so zäher und klebriger Konsistenz ent-
steht, daß es ohne eine direkte Verflüssigung nur schwer von der
Schleimhaut sich ablösen läßt.
Die
Eintrocknung
eines ursprünglich ausreichend wasserhaltigen
Feuchtigkeits-
und für eine_Expektoration genügend flüssigen Sekretes hängt ganz
v 0 n d e m
g e h a 1 1 e
der Luft ab,
welche in dem ßespira-
tionsstrome darüber hin-
Fig. 306. Luftanfeuohter.
Fig. 307. Luftanfeuchter.
Fig. 306, 807. Die großen Behältnisse, welche zur Anfeuchtung dei- Zimmerluft
durch Wasserverdunstung dienen (Fig. 306) sind direkt zu füllen und müssen öfters
in ihrem Wassergehalt erneuert werden; die Flüssigkeit verdunstet von den breiten
nach außen herüberhängenden Stotfbändern , nur der Ueberschuß tropft in die untere
Schale, deren Inhalt von Zeit zii Zeit in das große Gefäß zurückgegossen werden muß.
Bei den einem großen Ofenschirm ähnlichen Geräten (Fig. 307) wird die Verdunstungs-
flüssigkeit in das obere, trommelartige, cylindrische Behältnis gegossen, von welchem aus
sie mit Hilfe von Dochten auf die große, aus eigenartigem poi'ösen Slaterial hergestellte
Platte allmählich übergeleitet wird und in den zahlreichen iCapUlarräumen dieser Platte
langsam nach unten fließt, wobei der größte Teil der Flüssigkeit auf den beiden großen
Flächen in die Zimmerluft hinein verdunstet. Was von ihr nicht verdunstet wird, sammelt
sich in dem zweiten unten befindlichen Behältnis an, aus welchem es wieder in das obere
gebracht werden muß.
233
380
M. MENDELSOHN,
streicht; je feuchter sie ist. je mehr Wasser sie schon selber enthält,
um so weniger Feuchtigkeit kann sie aus dem Sputum aufnehmen, und
ist die Respirationsluft, wenn sie auf das Sputum trifft, bereits ganz
mit Wasserdampf gesättigt, so kann eine Verdunstung und damit eine
eindickende Einwirkung auf das Sekret überhaupt nicht stattfinden.
Umgekehrt entzieht eine sehr trockne Luft den auf den Respirations-
schleimhäuten liegenden Sekretmassen erheblich Flüssigkeit. Und da,
wie nebenbei bemerkt sein mag und wie bei der Diaphorese besprochen
ist, mit jeder Verdunstung eine starke Bindung von Wärme verknüpft
ist, welche auf Kosten der Oberfläche, von welcher die Verdunstung
ausgeht, erfolgt, und wobei durch die Regulationsvorkehrungen des
Organismus eine erhebliche Hebung und Steigerung des Stoffwechsels
überhaupt stattfinden muß, so ergeben sich hieraus und aus der
direkten Einwirkung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft auf die Sekrete
in den Luftwegen die hauptsächlichsten Indikationen, welche für die-
KHmatologie maßgebend sind und in dieser Disciplin eine specielle
Darstellung erfahren. In der Krankenpflege handelt es sich daher zu-
nächst darum, der Luft des Krankenzimmers, falls sie zu
trocken ist, einen größeren Feuchtigkeitsgehalt zu
verleihen.
Das kann nicht nur durch die bei der Heizung und Lüftung im Kapitel
der Wirkung durch Reinlichkeit besprochenen hygienischen Maßnahmen geschehen,
sondern es sind besondere materielle Heilmittel der Krankenpflege für diesen Zweck
vorhanden, solche, von denen ebenfalls dort mid auch an anderen Stellen bereits die
Eede war, Luftanfeuchter und Verdunstungsapparate und andere, die
sämtlich nach dieser Richtung hin wirksam sind.
Ist das abgesonderte Sekret in den Luftwegen nun aber von vorn-
herein so dickflüssig und so zäh, daß es auch ohne durch Verdunstung
eingedickt zu sein, nur schwer expektoriert werden kann, so wird es
nötig, zur Verdünnung des Sekrets Flüssigkeit direkt
mit ihm in Kontakt zu bringen. In größerem Maßstabe ist das
nicht möglich; ein jeder größere Wassertropfen würde auf der Schleim-
haut der Respirationswege als starker Reiz wirken und Hustenstöße
Fig. 308. Inhalationsvorriohtu'ng.
234
Die Wirkung auf den Auswurf.
381
auslösen. Wohl aber können in fein verstäubter Form Wasserteilchen
mit dem Luftstrom inhaliert werden. Diesem Zwecke dienen alle die
vielfachen und verschiedenartigen Inhalationsapparate und Zer-
stäuber, bei welchen entweder ein einfacher Luftstrom Wasser-
stäubchen mit sich reißt oder aber Wasserdampf erzeugt und eingeatmet
wird. Ohne weiteres läßt sich mit dieser Einwirkung auch der be-
sondere Einfluß passend wirkender Arzneikörper verbinden, wie es
thatsächlich auch vielfach geschieht ; für die Verflüssigung der Sekrete
jedoch kommt in erster Linie die Einbringung von fein ver-
teilter Flüssigkeit als solcher in die Luftwege in Betracht,
über deren Grenzen, insbesondere über deren thatsächliches Eindringen
in die tiefer gelegenen Luftwege allerdings noch exakte Feststellungen
Fig. 309. Inhalationsvorrichtung.
Fig. 308, 309. Das große Gerät, welches an der Zimmerdecke angebracht und durch
Dampfkraft in Betrieb gesetzt wird, ist dazu bestimmt, große abgeschlossene Räume, in
denen sich eine Anzahl von Personen gleichzeitig auibalten können , mit Wasserdampf
und anderen zerstäubenden Flüssigkeiten, Sole etc. zu erfüllen.
235
382
M. MENDE^LSOHN,
Inli alationsapparat.
nötig sind, die jedocli, wie die Erfahrung zeigt, gerade auf die Beein-
flussung dieser Teilaktion: auf die Verflüssigung der Sekrete, sehr
vorteilhaft einzuwirken imstande ist.
Die Inhalationsapparate, die Zerstäuber und Sprays, werden gewöhnlich
aus Metall hergestellt; ein anderes Material würde die im Innern der kleinen
Kessel entstehende Dampfspannung nicht auszuhalten vermögen. Sie sind in der
einfachen Weise konstruiert, daß ein kleiner, mit Sicherheitsventil versehener Metall-
kessel über einer Lampe
angebracht ist; aus seiner
einzigen oberen Oeffnung
geht ein horizontal gerich-
tetes enges Glasrohr ab,
dessen feine Spitze im-
mittelbar über der Spitze
eines zweiten , senkrecht
gestellten Eöhrchens sich
befindet, das in ein darunter
belegenes Gefäß eintaucht;
strömt Dampf aus dem
Kessel aus, so saugt er
infolge der entstehenden
Luftverdünnung beim Aus-
strömen durch das senk-
rechte ßöhrchen die in
dem dazu gehörigen Gefäß
befindhche Flüssigkeit an
und reißt sie fein verteilt
mit sich fort.
Die Anwendung dieser Inhalationsapparate geschieht derart, daß in den Kessel,
welcher ihren Hauptteil bildet, Wasser gegeben wird, am besten bereits heißes, jedoch
kemeswegs etwa so, daß der ganze Raum damit vollgefüllt wird, sondern
nur ungefähr bis zur Hälfte; und daß dann nach geschehenem Zuschrauben der
Oeffnung die kleine Spiritusflamme, welche unter dem Kessel sich befindet, entzündet
wird. Eine Anzahl solcher
Inhalationsapparate trägt an
ihrem Ausströmungsrohr einen
Hahn; wenn auch stets darauf
zu achten ist, daß keinesfalls
wegen der nicht unerheblichen
Gefahr einer Esplosion ein
Apparat ohne Sicherheits-
ventil zur Verwendung kommt
und auch, wo ein solches an-
gebracht ist, stets seine Funk-
tionsfähigkeit und Nachgiebig-
keit geprüft werden muß, so
ist es auch bei vorhandenem
Sicherheitsventile immer ge-
raten, diesen Hahn, wenigstens
teilweise von vornherein zu
öffnen. Sobald die Dampf-
entwicklung ausreichend ge-
worden, strömt der Dampf aus
dem horizontalen Ausström-
ungsrohre heraus ; da sich, wie
oben erwähnt, dessen Spitze
unmittelbar über derjenigen
t des zweiten senkrecht herab-
lonsap jiar at. " ^^^i-^j^^
236
Uü^i^im^
Die Wirkung auf den Auswurf.
383
steigenden und in einen Becher eintauchenden Kapillarrohres befindet, so saugt der
über diese zweite Oetfnung schnell dahinziehende Dampf infolge der entstehenden
Luftverdünnung die in dem Becher befindUche Flüssigkeit durch das Kapillarrohr
nach oben und reißt sie hier in fein verteiltem Zustande mit sich fort. Es kommt
daher die eigentliche, einzuatmende medikamentöse Flüssigkeit, wenn man sich
nicht, wie es vielfach ausreichend ist, allein auf die Einatmung von heißen Wasser-
dämpfen beschränken will, in dieses Becherglas hinein ; sie kann aus den verschieden-
artigsten Lösungen mit den mannigfachsten Zusätzen bestehen.
Fig. 312. Inhalationsapparat.
Den Apparat, während er in Thätigkeit ist, allzunahe an den Kranken heran-
zusetzen, empfiehlt sich nicht, auch muß der Oberkörper, da der Dampf mit
wachsender Entfernung von der Austrittsöffnung in immer größerer Divergenz sich
verbreitet, vor der Durchnässung durch ein uni gebundenes Tuch, am besten aus
wasserdichtem Stoff, geschützt werden. Dort, wo es nicht auf eine solche Zerstäubung
Fig. 313. Inhalationsapimrat.
237
384
M. MENDELSOHN,
mittels heißen Dampfes, also nicht auf eme mit starkem Innendrucke verbundene
Dampfentwicklung ankommt, sondern derselbe Vorgang durch mechanisch erzeugte
Kompression von Luft hervorge-
rufen wird , genügen statt der
Metallgefäße hier, wo sie keinen
außergewöhnlichen Druck auszu-
halten haben, Glasgeräte: die so-
genannten Zerstäuber, wie sie
auch in der Parfümerie eine all-
gemein bekannte Verwendung
finden; Geräte, in denen der
nötige Druck im Innern durch
Kompression der Luft mittels eines
Gummiballons hervorgerufen wird.
Diese Glasgeräte können unter
Umständen auch für die Zwecke
der Krankenpflege in Gebrauch
gezogen werden.
Mit alledem ist aber noch
immer nicht die that-
sächliche Heraus-
schaff uug des Spu-
tums aus dem Körper
erzielt. Diese geschieht erst durch die motorische Aktion,
welche als Husten bezeichnet wir'd, und die in automatischer
Weise eben dadurch
Fig. 314. Inhalationsapparat.
Fig. 315. Inhalationsapparat.
zustande kommt, daß
der starke und un-
gewöhnliche Reiz, wel-
chen ein Fremdkörper
in den Luftwegen aus-
übt, zu der eigen-
artigen und kompli-
zierten Form der Ex-
spiration führt, welche
den Husten kenn-
zeichnet. Während
sonst unter normalen
Verhältnissen in der
Respiration die Phase
der Exspiration über-
haupt keiner beson-
deren nervösen An-
reizung unterliegt, son-
dern rein mechanisch
nur durch die Schwere
Fig. 310, 311, 312, 313, 314, 315. Die Inhalationsapparate der verschiedenen
Formen und Konstruktionen sind entweder nur zur Wasserdampf entwicklung bestimmt
(Fig. 311, 312) oder zur gleichzeitigen Mitführang noch anderweitiger, vornehmlich
medikamentöser Flüssigkeiten (Fig. 310, 313, 314, 315). Die Spitze, aus welcher die
Flüssigkeit ausströmt, endet entweder ganz frei in siebaitiger Durchbrechung (Fig. 311)
oder in eine große Halbkugel aus Glas (Fig. 312), in welche der Kranke den Kopf hinein-
hhlt, oder in cylindrische Ansätze (Fig. 310, 313, 314, 315^, welche dem Munde genähert
oder auch in ihn eingeführt werden. Das Sicherheitsventil wird entweder durch Feder-
kraft geschlossen gehalten (Fig. 313) oder recht zweckmäßig durch einen mit einem ver-
stellbaren Gewicht belasteten Hebel (Fig. 315).
238
Die Wirkung auf den Auswurf.
385
der Thoraxwandungen, durch die Rückkehr des Diaphragma in seine
Gleichgewichtslage und durch das Zusammenfallen der elastischen und
durch die Inspiration ausgedehnt gewesenen Lungenalveolen zustande
kommt, geht hier beim Husten ein eigenartiger Reflexakt vor sich, der
die Exspirationsmuskeln zu forcierter Kontraktion antreibt. Doch ist
Fig. 316. Inhalationsflasehe.
Fi?. 317. Inhalationsflasche.
dieser Akt gegenüber der einfachen Respiration, obwohl ihm offenbar
dasselbe Centrum vorsteht wie dieser, insofern modifiziert, als er mit
einer tiefen Inspiration beginnt, alsdann sich die Glottis schließt und
nun erst die sehr starke Thätigkeit der Exspirationsmuskeln eintritt,
Fig. 318. Inhalationsflasehe. Fig. 319. Inhalationsflasehe.
Fig. 316, 317, 318, 319. Für die Inhalation von medikamentösen Flüssigkeiten,
insbesondere von Salmiak ete. , dienen eigene flasehenartige Geräte, deren Sclüanchende
direkt in den Mund genommen wird xmd bei denen die verdampfende, zu inlialierende
Flüssigkeit durch ein getrenntes Einbringen der sie entwickelnden chemischen Substanzen
erst im Augenblicke des Gebrauchs entsteht.
239
386
M. MENDELSOHN,
welche den Verschluß der Glottis durchbricht und die in den Luft-
wegen enthaltenen Sekretionsmassen oder eventuelle Fremdkörper
hinausschleudert. Da dieser Akt ein Reflexvorgang ist, ein Reflex,
Fig. 320. Nasenspüle r. Die Ideinen, aueli Nasenscliiffclien genannten Geräte
werden mit Wasser oder medikamentöser Flüssigkeit gefüllt und mit ihrem olivenförraigeu
duroIiboUrten Ende in ein Nasenloch gebracht, während die freie Oeffnung des luftzti-
führenden Ansatzrohres mit dem Zeigefinger verschlossen gehalten wird. Durcli zeitweises
kurzes Lüften dieses Versclilusses fließen kleine Mengen von Flüssigkeit bei nach liinten
übergeneigtem Kopfe des Kranken ein. Es darf während der Prozedur nicht geschluckt
werden, da sonst leicht die Flüssigkeit in die Tuba Eustachii gepreßt werden und
Mittelohrkatarrli erzeugen kann.
dessen aufsteigender Schenkel im wesentlichen durch den Vagus und
hier wieder durch den Nervus laryugeus superior, jedoch auch durch
den Glossopharyngeus gebildet wird, so ist es ohne weiteres ersichtlich,
daß Einwirkungen, welche auf
diese Nervenendigungen einen
Reiz ausüben, auch zum Hu-
sten und damit zur Expek-
toration führen müssen.
Solche Reize werden auch
thatsächlich durch Arznei-
körper in therapeutischer
Anwendung ausgeübt; die
Hypurgie kennt eine solche un-
mittelbar wirkende Beeinflus-
sung nicht, nur daß vielleicht
in einzelnen außergewöhnlichen
Fällen, insbesondere bei Kin-
dern , wo Erstickungsgefahr
bestehen könnte, durch die
m echanische Herbeifüh-
rung von Erbrechen
gleichzeitig auch eine reich-
liche Expektoration erzielt
wird ; ein Vorgang, der hier
und da auch auf medikamen-
tösem Wege sehr häufig durch
die Darreichung von Brech-
mitteln zum Zwecke der Ex-
Fig. 321. Inhalatiousapparat. Das Gerät ist für die Einatmung durch die
Nase bestimmt und trägt dementsprechend am freien Ende des Schlauches ein Ansatz-
stück, welches mit zwei durchbohrten, in die Nasenlöcher einzuführenden, stöpselai-tigen
Gummistücken versehen ist.
240
Eie Wirkung auf den Auswurf.
387
pektoratiou herbeigeführt wird und bei welchem der Effekt sich durch
'den Zusammenhang erklärt, den die hier in Betracht kommenden
Nervenbahnen gleich-
zeitig auf die Auslösung
sowohl von Husten wie
von Erbrechen besitzen.
Weit wichtiger jedoch
als die Anregung und
Auslösung des mecha-
nischen Aktes der Ex-
pektoration an sich ist
für die Hypurgie, daß
-auch hier wiederum aus-
reichende Vorsorge ge-
troffen wird, daß, wenn
•er nur sonst geschehen
könnte, dieser Akt der
Expektoration auch
thatsächlich zur
A u s f üh r u n g k 0 m m t ,
daß er nicht unter-
drückt w i r d. Wie das schon^bei
und Bethätigungen, welche für den
gehoben werden mußte, trifft es gerade für die Vornahme der Ex-
pektoration in besonderem Maße zu, daß viele Kranke, wenn sie die
Ausübung des Aushustens irgendwie unterdrücken und vermeiden
können, das nur zu gern thun; und um so mehr, wenn der
Akt für sie mit Schmerzen oder Unbequemlichkeiten verknüpft ist.
■die durch die Heilmittel der
Krankenpflege
ganz oder teil-
weise erspart werden könnten.
I^Fig. 322. Zerstäuber.
mannigfachen anderen Funktionen
Kranken unerläßlich sind, hervor-
gerade für die Vornahme der
Fig. 323. Zerstäuber. Fig. 324. Zerstäuber.
Fig. 322, 323, 324. Die durch einfachen Luftdruck das Zerstäuben von wässriger
•oder medikamentöser Flüssigkeit zum Zwecke der Inhalation bewerkstelligenden Geräte
sind entweder für die Nase bestimmt (Fig. 323) oder aber sie tragen ein rechtwinklig an-
gesetztes Äusführungsrohr , welches ein tiefes Einbringen in die geöffnete Mundhöhle ge-
stattet (Fig. 322, 324).
Es kommen daher hier als Expektorantien, insofern nämlich, als sie eine sonst
unterlassene Expektoration thatsächlich herbeiführen, zunächst die somatischen
Heilmittel der Krankenwartung in Betracht, die hier besonders wichtig
■sind: die Unterstützung und Wartung des Kranken während des
Handbuch der spec. Therapie inn. Kranich. ?uppl, I, Heft JJ. Ofi
Mendelsohn, Krankenpflege.
241
16
388
M. MENDELSOHN,
Hustens, die Darreichung der Speigefäße, die Abtrocknung und
Entfernung etwa an den Lippen anliaftenden Sputums, und für viele
Fälle , so etwa bei der Lungengangrän,
aber auch sonst dort , wo der Kranke
Widerwillen und Ekel vor seinem Sputum
empfindet, die immer wieder erneute Eei-
nigung und Pflege der Mundhöhle
des Kranken.
Als eine weitere Unterstützung
der mechanischen Kraft der Expek-
toration kommt sodann die Lage-
rung des Kranken und seine
Körperhaltung während des
Hustenaktes zur Geltung.
Es ist schon bei den Purgantien
davon die Rede gewesen, daß die
Bauchpresse bei aufgerich-
tetem Oberkörper erheblich
wirksamer ist als in der
horizontalen Lage; so weit
das Zwerchfell an der verstärkten
Exspiration des Hustens teilnimmt,
muß das auch hier von Geltung
sein. Ja die Verschiedenheit der Mit-
wirkung des Zwerchfells unter diesen
diiferenten Verhältnissen der Körper-
lage läßt sich schon aus der That-
sache entnehmen, daß von den
Fig. 325. Mineralwasser wärmer. Für ein Erwärmen auf eine bestimmte Tem-
peratur eignen sich besondere mit einem Thermometer versehene Jlineralwasserwärmer,
aus denen, ohne daß ein Oeffnen des Gefäßes notwendig würde, das "Wasser direkt ge-
trunken werden kann.
Atmungsmuskeln das Zwerchfell am Tage thätiger ist als die Thorax-
muskeln, während umgekehrt des Nachts die Zwerchfellbewegung eine
geringere wird und die Exkursionen des Thorax au Größe zunehmen ;
ein Unterschied, der wohl im wesentlichen auf die verschiedenen Be-
dingungen der Haltung und der Körperlage zurückzuführen ist.
Ganz besonders aber muß ein Vorgang, der wie das Husten dar-
auf beruht, daß ein nachgiebiges Organ, die Lunge, plötzlich von allen
zugänglichen Seiten her eine Kompression erfährt, dadurch wesentlich
gefördert werden, daß auf keiner dieser Seiten ein einzelner
anderweitiger Druck lastet. Liegt der Körper aber unzweck-
mäßig während des Hustens, beispielsweise auf einer Seite, so übt er
mit d e m g a n z e n K ö r p e r g e w i c h t e i n e K o m p r e s s i o n d i e s e r
Thorax Partien aus; und deren Mitwirkung bei der Kraft der
mechanischen Aktion der Expektoration kommt damit pro rata in
Wegfall.
Es wirken unter diesem Gesichtspunkt die somatischen Heilmittel, das Auf-
richten und Aufsetzen des Kranken bei genügender Unterstützung, die auf-
recht gerichtete, zweckmäßig angeordnete Lagerung des Kranken und die ähnlichen
derartigen Maßnahmen als Heilmittel, welche die Expektoration fördern, als Ex-
pektorantien.
242
Die Wirkung auf den Auswurf.
389
Und selbst mit der Ablösung ' und Emportreibung des Sekrets
durch den forcierten Exspirationsstoß ist die Gesamtfunktion noch nicht
erfüllt : damit hat das Sputum erst die Luftwege verlassen und ist durch
pue knüpfe.
die Glottis hindurchgeschleudert worden, b e f i n d e t s i c h a b e r im m e r
noch in der Rachenhöhle. Denn erst wenn es den Körper
überhaupt verlassen hat, ist der Expektorationsakt vollendet. Und zu
diesem Zwecke haben die Heil-
mittel der Krankenpflege noch
weitere wesentliche Aufgaben
zu
erfüllen. Sehr viele Kranke pflegen
oft, sei es aus Schwäche oder aus
Unaufmerksamkeit oder aus Be-
quemlichkeit oder aus welchen
Gründen auch immer, das in die
Rachenhöhle gelangte S p u t u m
nicht auszuspeien, sondern
hinunterzuschlucken, eine
Maßnahme, die ganz abgesehen von ihrer Unappetitlichkeit insofern
ihre nicht unerhebliche Bedeutung hat, als einmal das verschluckte
Sputum an sich für die Thätigkeit des Magens und für den Appetit
Fig. 327. Spucknapf.
Fig. 328. Spucknäpfe.
Fig. 326, 327, 328. Das ' Material der in Krankenliäiisern und Krankenzimmern
yenvendbareu, am Boden stehenden Spucknäpfe ist entweder emailliertes MotaU (Fig. 326
vorn , Fig. 328 rechts) , oder Glas (Fig. 328 links) ; oder aber sie werden als massive
schwere Glasblocke (Fig. 327) hergestellt. Auch sind Metallbehältnisse mit Glas oder
Porzellaueinsatz (Fig. 326 hinten) viel gebrauelit. Spucknäpfe mit oberem Einsatz, der
für die Eeinisvmg eutfernbar ist, sind den anderen vorzuziehen.
nicht gleichgiltig ist, besonders aber dort, wo es infektiöse Bestandteile
enthält, in erster Linie bei der Tuberkulose, auch Uebertragungen nach
dem Verdauungstraktus leicht hieraus entstehen können.
26*
l(j*
243
590
M. MENDELSOHN.
'^/mm^^/m.mmmämrm
' Bitte
den Spucknapf zu benutzen.
dadurcliden.Aus™rf Krankheiten
übertraien werdeTi lws£^=^a|
Die zu allen diesen Maßnahmen der Krankenwarlung unerläßliclien und unent-
behrliclien Speigläser sind mit etwas Wasser oder, wenn nötig, mit desinfizierender
oder desorierender Flüssigkeit anzu-
füllen, um das spätere Ausgießen zu
erleichtern ; wo auf dem inneren oberen
Eande oder, wenn er als solcher ge-
staltet ist , auf dem oberen Glas-
trichter sich Sputumbestandteile fest-
gesetzt haben, oder wo etwa gar,
was allerdings bei emem oberen
breiten Eande nicht gerade häufig
geschieht, solche an der Außenfläche
des Gefäßes kleben, müssen diese
sofort durch Abspülen oder durch
sonstige Eeinigung entfernt werden.
Die Anfüllung des Gefäßes mit
Flüssigkeit ist nur da zu unterlassen,
wo besondere diagnostische Gründe
und Absichten es verlaieten. Da der
Anblick von Sputum für die Krauken
Fig. 329. Spucknapf. Das in einen drehbaren Metallarm eingesetzte Gerät wild
an der Wand angebracht und ist für die Korridore von Kraiikeuliäusem und anderen viel
frequentierten Gebäuden hergestellt.
immer etwas Unangenehmes hat, so wählt man zweckmäßig dort, wo derartige
Sensationen vermieden (werden soUen, Speigefäße aus gefärbtem Glase oder aber
solche Glasbehälter, welche von Metall oder anderen undurchsichtigen Hüllen um-
geben-sind, Hüllen, die man sonst auch auf einfache Weise mit Hilfe eines Stückes
Kartons oder Papiers improvisieren kann.
Fig. 330. Speigefäß.
Fig. 331. Speigefäß.
Sehr zweckmäßig sind, wo esjsich um Auswurf handelt, der unschädlich ge-
macht werden soll, kleine Speigefäße aus Papier, deren jedes Exemplar nur
ein paar Pfennige kostet und die täglich mit ihrem Inhalte verbrannt und durch neue
ersetzt werden. Auch Metallgefäße erfüllen den Zweck, undurchsichtig zu sein:
es giebt unter ihnen komphziert gebaute, aber recht vorteilhaft zur Verwendung
gelangende eigenartige Gefäße, deren Besonderheit darin besteht, daß die kurze Auf-
satzröhre, welche sie tragen, rechtwinklig abgebogen ist, und zwar nach derjenigen
Seite hin, an welcher am Gefäße selber seitlich der Henkel sich befindet. Nimmt
man ein solches Gefäß vom Tische, auf welchem es aufrecht steht, fort und hält es
frei an seinem Handgriffe, so bietet der rechtwinkhg angesetzte freie Endteil das
244
Die Wirkung auf den Auswurf.
391
Aufsatzstüokes nun eine nach oben gerichtete Aufnahmeöffnung für das Sputum dar.
Und da dieser Aufsatzteil durch eine geeignet angebrachte, schräg geneigte und
siebartig durchbrochene Scheidewand von dem eigentlichen Innenraume des Gefäßes
Fig. 334. Speigefäß. Fig. 335. Speigefäß.
Fig. 330 — 335. Die für den unmittelbaren Gebrauch des Kranken am Bette be-
stimmten Speigefäße sind gewöhnlich aus Glas. Da ein persönliches Ergreifen und Hand-
haben durch den Kranken selbst bei sorgsamster Pflege häufig vorkommt, so sind die
Geräte ohne Henkel (Fig. 335) nicht zweckmäßig. Außer verschiedenartig gefärbtem Glase
W'ird auch Porzellan als Material für Speigefäße verwendet (Fig. 333) , oder Email und
Metall (Fig. 331). Eecht zweckentsprechend sind die becherförmigen Speigefäße aus
Metall mit Glaseinsatz (Fig. 330), welche nur an einer Seite ein Glasfenster tragen, durch
welches das Sputum zu diagnostischen Zwecken besichtigt werden kann, während bei
richtiger Aufstellung die Metallwand den Anblick des Sputums dem Kranken entzieht.
getrennt ist, so fließt bei solcher Handhabung, also bei der Verbringung des Gefäßes
von der aufrechten Stellung, die es in der Euhe hat, in die wagerechte, welche es in
der Hand annimmt, Wasser oder eine Desinfektionsflüssigkeit, mit welcher das Gefäß
vorher gefüllt worden, allein jin
den Ansatzteil, ohne das bereits in
dem Gefäße vorhandene Sputum
mit in diesen hinüberzimehmen,
so daß der Patient, wenn er das
Speigefäß benutzt, immer nur die
Fig. 836. Fig. 337.
Fig. 336. Speigefäß. Das aus Metall gefertigte Speigefäß steht außer Gebrauch
aufrecht (Fig. links), zum Gebrauche wird es so am Henkel erfaßt, daß seine Oeffnnng
sich nach oben wendet (Fig. rechts).
Fig. 337. Speigefäß. Das kleine, napfförmige Gerät ist aus Papier mache ge-
fertigt. Das mit Deckel versehene Behältnis wird täglich mitsamt seinem Inhalt verbraunt
und durch ein neues ersetzt.
245
392
M. MENDELSOHN,
klare Flüssigkeit vor Augen bekommt, niemals jedoch das bereits früher entleerte
Sputum wiedersieht. Aus diesem Grunde ist die Verwendung solcher Geräte nicht
unzweckmäßig, da 'sie den, wenn auch nur vorübergehenden, so doch immerhin für
viele Kranke widerlichen Anblick des Spu-
tums beim Hineingeben in das Glas dem
Auge entziehen, ein Anblick, der auch dann
unvermeidUch ist, wenn dieses aus gefärbtem
Materiale besteht und mit einem trichter-
förmigen, nur in der Mitte offenen Deckel
geschlossen ist.
Wenn eine aufmerksame Kranken-
wartung bei jedem Hustenakt nicht
nur auffordert, das Sputum auszu-
speien, sondern aucli die zu seiner
Auffangung bestimmten Geräte dem
Kranken stets mundgerecht, auch
ohne daß dieser es verlangt, hinhält,
wenn die genügende Vorsorge ge-
troffen wird, daß auch bei vorüber-
gehender Abwesenheit des pflegen-
den Personals der Kranke ohne
Fig. o'-jS. Spciilasche. Die von Dr. med. DETTWEILEE angegebene Speiflasche
ist für den ambulanten Gebrauch bestimmt und ivird vom Kranken in der Tasche ge-
tragen. In den aus blauem Glase gefertigten Körper der Flasche gelangt das Sputum
durch einen trichterföi'nügen Einsatz hindurch, durch -svelchen selbst bei stärkeren Köi'per-
bewegungen ein Verschütten verhütet wird. Die untere, durch Schraubenversehluß abge-
schlossene Oeffnung ermöglicht ein ausreichendes Reinigen des kleinen und zweckmäßigen
Geräts, während der obere Vei-schluß durch Einschnappen einer Feder gebildet wird und
sich selbstthätig beim Druck auf diese Feder öffnet : so daß also zur Handhabung der
Taschenflasche nur eine einzige Hand benötigt wird.
wenn die
Ausspeien
Beschwerden und leicht die Speigefäße ergreifen kann ,
Lagerung zumal des Kopfes so gewählt wird, daß das
erleichtert wird und nicht etwa in horizontaler Richtung oder
nach oben hin nur unter besonderer Anstrengung sich vornehmen
läßt, so wird dadurch nicht allein das immer wiederkehrende Auf-
fangen des Sputums
durch das Taschen-
tuch mit allen den
nachteiligen Kon-
sequenzen dieser
Unsauberkeit ein-
geschränkt und ver-
mieden, sondern es
wird durch die Heil-
mittel der Kranken-
pflege auch eine un-
mittelbare Förder-
ung der Expekto-
ration selbst er-
zielt.
Fig. 339. Speigefäß. Das Speibehältnis ist aus Papier mache hergestellt und
hat ganz die Form einer Cigarrentasche ; es wird wie eine solche in der Rocktasche ge-
tragen. Eine vom oberen Eande des Behältnisses ausgehende, in den Innenraum hinein
sich erstreckende, tilchterförmige Vorrichtung verhindert ein Verschütten des Inhalts. Das
sehr wohlfeile Gerät wird täglich mitsamt dem angesammelten Sputum verbrannt imd
durch ein neues ersetzt.
246
Die Wirkung auf die Schweißabsonderung. 393
KAPITEL XI.
Die Wirkung auf die Schweifsabsonderung.
Die in der Therapie oft nötig werdende Steigerung der Diaphorese,
die Herbeiführung einer stärkeren Sekretion aus den Schweißdrüsen
der Haut, setzt sich ebenso wie die anderen bisher betrachteten Ge-
saintfunktionen aus einer Reihe von Teilaktionen zusammen, deren
Steigerung, wenn von dieser auch nur eine oder die andere der ein-
zelnen Teilaktionen betroffen wird, dennoch die Erhöhung und Ver-
stärkung der Gesamtfunktion im Gefolge hat. Die Schweißdrüsen
sondern Sekret unter dem Einfluß und der Eegulierung eines beson-
deren nervösen Apparates ab, der auf verschiedenartige Weise gereizt
werden und damit die Drüsen in gesteigerte Thätigkeit versetzen kann ;
<labei muß ein eigenes Centrum in der Medulla oblongata für diese
Funktion angenommen werden, ein Gentrum, welches entweder auf
reflektorischem Wege von der Oberfläche des Körpers her seine Im-
pulse erhält oder aber sie direkt aus dem cirkulierenden Blut auf-
nimmt und auch vom Großhirn aus durch psychische Einflüsse gereizt
werden kann ; ja es genügt sogar eine Einwirkung nur auf den peri-
pheren Teil des absteigenden Schenkels eines solchen Reflexbogens,
also nur eine unmittelbare und direkte Beeinflussung der Endigungen
der sekretorischen Drüsennerven, um eine gesteigerte Schweißbildung
zu erzeugen, eine Einwirkung, welche gerade dem zu diesem Behüte
viel verwandten Pilocarpin in ganz eigenartigem und unbekannten
Zusammenhange zukommt.
Dieser nervöse Reiz für die Thätigkeit der Drüsen-
«pithelien aber, wie beschaffen er auch sein mag, bildet stets nur
eine der Teilaktionen der Gesamtfunktion. Die Drüsenepithelien der
schweißbildenden Organe haben ebenso wie die ihnen auch in vielfacher
anderer Hinsicht verwandten Nierenepithelien die Aufgabe, aus der in
ihrem Bereiche cirkulierenden Blutflüssigkeit einen Teil der Flüssigkeit
zu entnehmen und ihn in das Lumen der Drüse hinein zu secernieren,
aus welchem er abfließt, um dann an der Oberfläche der Epidermis
zu verdunsten. Die zweite Teilaktion ergiebt sich daher aus dem
einer einzelneu Schweißdrüse jedesmal zu Gebote
stehenden Quantum von Blutflüssigkeit, indem mit einer
Vermehrung dieser ceteris paribus auch die produzierte Schweißmenge
ansteigen und mit einer Verminderung absinken muß. Sodann bildet
der Akt des Abflusses des gebildeten Sekrets aus dem
allerdings einfachsten Lumen der Schweißdrüsen die
dritte Teilaktion. Und die vierte ergiebt sich aus den Bedingungen,
welche die zu Tage tretende kleinste Sekret menge
an der Oberfläche des Körpers vorfindet, aus dem Ver-
hältnis der diese umgebenden Luftschicht zu ihr, insbesondere in Be-
zug auf Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Auf jede dieser
vier Teilaktionen vermögen die Heilmittel der Krankenpflege eine Ein-
wirkung auszuüben.
247
394
M. MENDELSOHN,
Ganz besonders wirksam sind die liypurgischen Heilmittel auf die
erste Teilaktion, auf die Reizung der sekretorischen Nerven und damit
die Anregu ng der eigen tliclien sekretorischen Thätig-
keit der Dr üsenepitheli en. Denn das stärkste und wesent-
lichste Reizmittel für diese sekretorischen Nerven ist
die Wärme, ein Heilmittel, das durchaus zu denen der Kranken-
pflege gehört; und zwar kann sie unter den erwähnten verschiedenen
Möglichkeiten der Reizübertragung entweder reflektorisch von
der Körperoberfläche aus einwirken, oder aber un-
mittelbar auf das Centrum der S chweii5 Sekretion einen
Reiz ausüben, indem dem Blute eine höhere Temperatur
mitgeteilt wird und
diese
dadurch unmittel-
bar das Reflexcentrum er-
regt und die Schweiß-
sekretion steigert. In
solchem Zusammenhange-
wirken schweißtreibend die
beiden bekannten und zu
derartigem Zwecke ganz
allgemein zur Verwen-
dung gelangenden und ge-
bräuchlichen Gruppen von
Heilmitteln der Kranken-
pflege: die reichliche Zu-
fuhr heißer Getränke und
Fig. 340. Leib wärm er. Das aus Weißblecli hergestellte und zur Füllung mit
warmem Wasser bestimmte Gerät wird mit Hilfe eines Gürtels, welcher durch die beiden-
auf der Konvexität befindlichen Oesen gezogen mrd, auf dem Köi-per festgehalten und
kann so auch ambulant verwendet werden.
die Applikation von Wärme auf eine lokal begrenzte Partie der
Körperoberfläche oder auf diese in ihrer Gesamtheit.
Die hypurgischen Heilmittel, die Geräte, welche der Wärme applika tion
dienen, sind mannigfache; alle die materiellen Heilmittel, welche entweder ge-
schlossene Behältnisse, aus guten
Wärmeleitern bestehend, darstellen.
rs^^ssv;ss\%'«m
in welche heiße Flüssigkeit einge-
bracht wird, oder die direkt in da?
Bettinnere erhitzte Luft eiabringen,,
oder aber solche Geräte, die heißen
Wasserdampf produzieren und ihn
der Körperoberfläche mitteilen, sie
aUe und die ähnlichen Heilmittel
finden zur Schweißerzeugung Ver-
wendung und wirken hierbei in der
Weise, daß durch die Wärmeappli-
kation reflektorisch die Thätigkeit
der Schweißdrüsen erhöht wird.
Fig. 341. Wärmetasche. Das für den unmittelbaren Gebrauch am Körper her-
gestellte Gerät, in dessen Filzhülle ein durchlöcherter Metalleinsatz sich befindet, der das-
glimmende Kohlenmaterial in sich schließt, ist wegen der Verbrennungsgefalir, der Kohlen-
oxydentwickelung und der Belästigung durch den dauernd entstehenden Qualm zu un-
mittelbarer Applikation nicht geeignet.
248
Die Wirkung auf die Schweißabsonderung.
395
Ein eigener Bettwärmeapparat, den sein Erfinder „Ph&ix ä l'air chaud"
genannt hat und der bei forcierter Anwendung auch als Schwitzapparat dienen kann,
zumal er kaiun etwas anderes ist als das QurNCKE'sche Schwitzbett, bringt
heißgemachte Luft unmittel-
bar in das Bett des Kranken
und kann daher im Anschluß
an die anderweitigen Bett-
wärmegräte hier erwähnt wer-
den. Mttels einer neben dem
Fußende des Bettes am Zim-
merboden aufgestellten Spiri-
tuslampe wird die Luft in
einem darüber befindlichen,
metfdlenen, schornsteinartigen
Eohre erhitzt; dies Rohr
mündet in einen Holzkasten,
welcher am Fußende des
Bettes in dieses hineingelegt
ist und dessen dem Kopfende
Fig. 342. Wärmeflasche. Das Gerät ist aus Metall gearbeitet; es muß einen
oberen Handgriff aus Wärme sehleebt leitendem Material besitzen. Behältnisse aus Kupfer
eignen sich am besten, sind jedoch nicht so wohlfeil wie solche aus Zinn oder anderem
Metall. Diese Geräte sind zum Erwärmen des Bettes bestimmt.
zugekehrte Wand sich öffnen und schheßen läßt. Durch diese Oeffnung strömt die
heiße Luft in den Innenraum des Bettes hinein , der künstlich dadurch vergrößert
wird , daß zwei Stangen, an beiden Seiten des Bettes entlang, einerseits auf dem
Kopfkissen andererseits auf dem Kasten des Apparates aufliegen und so die über
diese gebreitete und beiderseits von ihnen herabhängende Bettdecke den zu heizenden
Innenraum des Bettes größer gestaltet und begrenzt.
Für die Schweißerzeugung außer Bett sind eine große Zahl der ver-
schiedenartigsten Geräte zur Ver-
fügung, welche mit heißer trockner
Luft oder mit Wasserdampf die
Diaphorese des allseitig einge-
schlossenen Körpers anregen. Sie
wirken entweder auf diesen im
Ganzen ein, so daß der Patient
völlig, mit alleiniger Ausnahme
des Kopfes, in den Apparat einge-
schlossen wird; oder sie dienen
partiellen Gebrauche und sind für
die Aufnahme einzelner Körper-
teile, insbesondere der Extremi-
täten, eingerichtet.
Fig. 343. Wärmedose. Das von Dr. med. Majewsei angegebene Gerät ist zu
dem Zwecke konstruiert, die Temperaturerhöhung, welche beim Löschen des Kalkes ent-
steht, als Wärmequelle für die Krankenpflege nutzbar zu machen. Die Dose ist au&
Zinkblech, von kreisrander Foim, mit abnehmbarem und durch Bajonettverschluß festge-
haltenem Deekel. Vor dem Gebrauch ^ard die Dose zur Hälfte mit grob zerstoßenem,
frisch gebranntem Kalk von guter Qualität gefüllt; dazu werden allmählich 60 Gewichts-
prozente Wasser zugesetzt; sobald die Entwickelung der Wasserdämpfe abnimmt, wird die
Dose geschlossen und ist gebrauchsfähig. Die Anfangstemperatur von 100 " C sinkt so
allmählich ab, daß sie nach 4 Stunden noch höher als 37" C ist. Nach dem Erkalten
kann der gelöschte Kalk zu Desinfektionszwecken Verwendung finden, so daß die Füllung
der Wärmedose hierdurch wohlfeiler wird. Eine besondere Bedeutung hat diese Ver-
wendung des frisch gelöschten Kalkes zu Erwärmungszwecken überall da, wo heißes
Wasser nicht schnell und ausreichend genug zur Verfügung steht.
249
396
M. MENDELSOHN,
Fig. 344.
Fig. 344. Wärmekasten. Da.« Gerät dient
in erster Linie zur Erwärmung der Füße; es ist
darum mit dioliem Stoffüberzug versehen. Ein
im Inneren befindliclier Metallliasten läßt in diesem
eine dauernde Heizung durch geeignetes, glim-
mendes Brennmaterial geschehen. Für den Ge-
brauch im Bette oder in abgeschlossenen Räumen
sind diese Wärmekäslen ganz ungeeignet.
Fig. 345. Wärmekissen. Die kleineren
Exemjilare der Gummi- Wasserkissen, welche durch
ihre Kompendiosität und ihr infolgedessen auch im
gefüllten Zustande nur geringes Gesaratgewicht, ohne
allzu sehr zu beschweren oder zu drücken, auch auf
den Körper gelegt und auf ihm getragen werden
können, dienen im Gegensatze zu den großen Wasser-
kissen zur Füllung mit warmem, nicht mit kaltem
Wasser und finden dementsprechend als Wärme-
kissen Verwendung.
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Fig. 345.
Fig. 346. Schwitzbett. Das von Prof. Dr. med. QUINCKE eingeführte Sehwitz-
bett ist auf leichteste Art dadurch herzurichten, daß ein unter dem Namen „Phenix ä
l'air chaud" hergestellter Holzkasten an das Fußende des Bettes gelegt wird ; ein durch
eine Spirituslampe geheizter Schornstein führt heiße Luft in ihn ein, die aus dem Kasten
ausströmt. Zwei von diesem bis zum Kopfkissen reichende Stangen halten, wenn die Bett-
decke über das Ganze gebreitet ist, einen für die Erwärmung genügenden Inneuraum im
Bette frei. Wenn das Gerät in Thätigkeit tritt, während der Kranke sieh im Bette befindet,
so ist nur die Hälfte der vorderen Kastenwand zu öffnen ; der Kranke muß sich dann
in derjenigen Betthälfte aufhalten, welche der geschlossenen Seite des Kastens entsi^rieht.
Die Wirkung auf die Schweißabsonderung. 397
Fig. 347. Schwitz-Vorriclitung.
Fig. 348. Scliwitz-Vorriclilung.
2sl
398
M. MENDELSOHN,
Die Zufuhr heißer Getränke dagegen, wie sie hier vielfach
geschieht, erteilt dem Körperblut eine höhere Temperatur, und zwar
um so eher und schneller, je unmittelbarer die Resorption der ge-
rj". 349. S chwitz-Yorriclitung.
Fig. 350. Sctwitz-Vorrichtung.
nosseuen heii5eu Flüssigkeit im Magen vor sich geht, was bei alkohol-
haltigen Flüssigkeiten in nicht unbeträchthch stärkerem ]Maße der Fall
ist als bei alkoholfreien, weshalb gerade diese heißen alkoholischen
Die Wirkung auf die Schweißabsonderung.
399
Oetränke hier eine besondere allgemeine Verwendung finden. Durch
diese erhöhte Temperatur wird das Reflexcentruin der Me-
dulla oblongata, welches der Schweißsekretion vorsteht
un d das für eine so
V er ä n d e r 1 6 Beschaf-
fenheit des Blutes
sehr empfindlich
ist, erregt und damit
die Schweißsekretiou ge-
steigert. Wirkt doch auch
eine venöse Veränderung
des Blutes gleichermaßen
auf dieses Centrum, das
in den letzten Phasen
des Lebens gerade durch
dieses Venöswerden des
Blutes gereizt und zur
Produktion des Todes-
schweißes veranlaßt wird.
Die Temperatur des Blu-
tes jedoch ist ein noch
stärkeres Irritamentum
und alle die Heilmittel
der Krankenpflege, welche
eine solche erhöhte Tem-
peratur des Blutes herbei-
führen oder die reflek-
torisch von außen, von
der Körperoberfläche her,
den gleichen Reiz veran-
lassen, sind als schweiß-
treibende Mittel anzu-
sehen.
Fig. 351. Schwitz-Vorriclitunj
Fig. 347—351. Zur Erzeugung therapeutischer Diaphorese dienen Sitzbäder, bei
welchen der Kranlie in einem Kasten völlig eingeschlossen ist und in denen aus einem
eigenen Behältnis unter ihm Wasserdampf entwickelt %vird (Fig. 351). Eine solche Vor-
richtung kann durch ein einfaches Gestell, über welches wasserdichter Stoff entsprechend
t'ebreitet ist, in einfachster Weise improvisiert werden (Fig. 347, 348), indem aus einem
Behältnis mittels Schlauches der Wasserdampf in den abgeschlossenen Raum geleitet wird.
Andere Vorrichtungen lassen den gleichen Abscliluß des ganzen Körpers im Liegen zu
(Fig. 349, 350); auch können ebenso partielle Erhitzungen einer Extremität vorgenommen
werden (Fig. 357), sei es durch Wasserdampf, sei es durch heiße Luft.
Für die Ein ahme heißer Ge-
tränke im Bett gilt als Regel, daß sie
möglichst schnell hintereinander erfolgen
soll, daß also die ganze, zur Einnahme
"bestimmte Flüssigkeitsmenge , wenn
irgend thunhch, auf einmal von dem
Kranken genossen wird. Auch soll schon
•die Aufnahme des heißen Getränks so
vor sich gehen, daß der EJranke allseitig
bedeckt ist und auch die Arme unter
Fig. 352. Schnabeltassen. Für den Selbstgebraucli durch den Kranken
sich besser doppelheukelige Schnabeltassen, die er mit beiden Händen gleichzeitig er
und balancieren kann, als solche mit nur einem Henkel.
eignen
Etreifen
400
M. MENDELSOHN,
der Bettdecke hat. Schnabeltassen, in denen ihm die Flüssigkeit dargereicht wird^
sind daher hier kaum zu entbehi-en. Noch besser sind eigene Getränkewärmer.
deren Porzellanbehältnis ein unmittel-
bares Trinken der erwärmten Flüssig-
keit, ohne ein Umschütten in ein anderes
Gefäß, gestattet.
Die zweite Teilaktion der Dia-
phorese besteht iu einer reich-
lichen Darbietung des Materials,
aus welchem die Drüsenzellen den
Schweiß entnehmen : wenn sie er-
höht werden soll also aus einer
gesteigerten Zirkulation
in dem Bereiche dieser
Schweißdrüsen: in der
Haut. Auch diese Teilaktion der
Blutzirkulation in der Haut wird
auf hyi^urgischem Wege gefördert,
und zwar durch dieselben beiden
Arten von Heilmitteln, die eben
genannt wurden und welche die
eben besprochene erste Teilaktion
fördern : durch die innere Zufuhr
Fig. 353. Geti-änkewärmer. Das Gerät wird durch Spiritus geheizt und ist
neben dem Krankenzimmer, nicht in diesem selbst, aufzustellen und zu benutzen.
von Wärme zum Blute, wie es durch die heißen Getränke geschieht,
und durch die äußere Apphkation der Wärme auf die Körperober-
fläche. Während die ersteren die Herzaktion anregen und steigern
Fig. 354. Schwi tz - V orrichtung.
254
'Die Wirkung auf die Schweißabsonderung.
401
und somit die Gesanitzirkulation heben, hat die Applikation der
Wärme auf die äußere Haut hier den Effekt, daß sie den Tonus der
Blutgefäße herabsetzt und mit deren Erschlaffung und Weiterwerden
nun auch größere Mengen von Blut und Sehweißdrüsen zugeführt
werden als zuvor.
Auch der un gehinderte Abfluß des gesteigert gebildeten
Schweißes, die dritte Teilaktion der Gesamtfunktion, muß gewähr-
leistet und gefördert werden, da sonst, ähnlich wie bei der Harnsekretion,
durch Rückstauung ein Minus in der Gesamtproduktion eintritt, weil
auch hierbei durch eine mehr oder minder ausgesprochene Beein-
trächtigung des ausführenden Lumens eine Verminderung der sonst
zutage tretenden Schweißmenge entstehen muß. Diese Betrachtungs-
weise darf nicht kleinlich erscheinen ; denn Avenn man erwägt,
daß die Gesamtzahl aller Knäueldrüsen eines Durchschnittsmenschen
an 2500000 beträgt, und daß ihnen insgesamt eine sekretorische
Flächenausbreitung von ungefähr 1080 qm zukommt , so werden
die greifbaren Beeinträch-
tigungen , welche aus einem
mangelhaften Abfluß sich er-
geben müssen, schon um vieles
verständlicher und die unter-
stützende Mitwirkung, welche
eine Förderung dieser Teil-
aktion auf die Gesamtfunktion
ausüben muß , durchaus er-
sichtlich. Diese Teilaktion kön-
nen die somatischen Mittel der
Körperreinigung fördern ; es
sind dies die Bäder und
Waschungen und eine
regelmäßige und ge
ordnete Hautpflege.
Wesentlicli dabei ist, daß dies
Waschungen nicht ohne Zuhilf (
nähme von Seife stattfinden ; währen
die Benetzung und Abspükmg dt
Haut und das mechanische Momei
des Waschens und Reibens d i e A b
stoßung der verbrauchte
oberflächlichen Epithelie
fördert und damit die Drüsenlumin
in der That auch freier macht, vei
seift die Seife nicht nur das Fett i
den Talgdrüsen und entfernt es s(
sondern eröffnet auch die Lu-
mina der Schweißdrüsen,
deren Sekrete ein öliges Fett bei-
gemischt ist, welches bei mangelnder
Reinigimg den Ausführimgsgängen
zum Teil anhaftet.
Fig. 355. Seh witz-Vorrichtuns
Fig. 354, 355. Zu Steigerung der Diaphorese und gleichzeitigen Reinigung und
Eröffnung der Haut dienen Wasserdanipfbiider , welche in Wasserbädern vor sich gehen,
wobei sie oben durch einen Verschluß aus wasserdichtem Stoff, der nur den Kopf freilaßt,
abgeschlossen sind (Fig. 354); sie können auch mit Brausevorrichtung kombiniert werden
(Fig. 355).
255
402 M. MENDELSOHN,
Außerdem wirkt die schon für die anderen Teilaktionen als wesent-
lich erkannte äußere Wärmeapplikation insofern auch hier unterstützend,
als sie zumal in der Form der feuchten Wärme die Epi-
dermis 1 o c k e r t und aufquellen macht, und somit ebenfalls
zur Erleichterung des Schweißaustrittes beiträgt und damit auch die
Vermehrung des gebildeten und eliminierten Schweißes auf diesen
-rein mechanischen Wegen fördert und unterstützt.
Mit dem Austreten des Schweißes an die Oberfläche ist die
Diaphorese nur anscheinend vollendet; in therapeutischer Hinsicht
wird nun noch der weitere Verbleib der aus dem Körper eliminierten
Flüssigkeit von sehr erheblicher Wichtigkeit. Denn die Haupte
bedeutung in dem Vorgange der Schweißsekretion liegt neben der
unterstützenden Regulierung der Flüssigkeitsbilanz des Körpers und
neben der Elimination von löslichen Auswurfstoffen, Leistungen, die
in gleichem und noch höherem Maße auch die Nieren vollführen, in
der Unterstützung der Wärmeregulation des Organismus. Der wesent-
lichste physiologische Effekt bei der Schweißsekretion
besteht in der nach dem erfolgten Z u t a g e t r e t e n des
Schweißes auf der Körper Oberfläche vor sich gehenden
Verdunstung und in der mit dieser einhergehenden
Wärmeentziehung des Körpers. Der Vorgang der Ver-
dampfung des Wassers bindet außerordentlich viel Wärme; diese
Wärmeentziehung, welche bei der Schweißverdunstung der Körper
an seiner Oberfläche erfährt, ist wieder der hauptsächlichste Faktor
in der günstigen Beeinflussung der sogenannten Erkältung durch die
Erzeugung einer gesteigerten Schweißsekretion, eine Einwirkung, die
gerade hier oft in erstaunlicher Weise vor sich geht.
Wo es daher darauf ankommt , eine möglichst ergiebige
und schnelle Verdunstung des Schweißes herbeizu-
führen, sind alle diejenigen Mittel und Maßnahmen, welche diese
Verdunstung fördern können , als Unterstützungsmittel der gesamten
Funktion anzusehen. Und da die Verdampfung einer Flüssig-
keit sehr wesentlich von dem Grade des Feuchtigkeits-
gehaltes der Luft abhängt, welchen diese, die umgebende Luft,
in die hinein die Verdampfung stattfinden soll, gerade besitzt, so wird
hiernach sich die Entscheidung richten, ob als diaphoretisches Heilmittel
trockene oder feuchte Wärme der Körper o berfläche zu
applizieren ist; ob die Wärmewirkung, welche in der bereits ge-
schilderten Weise die übrigen Teilaktionen steigert, durch eine einfache
Erhitzung der den Kranken umgebenden Luftschicht herbeizuführen
ist , oder ob die Einleitung von feuchter Wärme, von heißem Wasser-
dampf in die Umgebung seines Körpers hier aus den beregten Gründen
den Vorzug verdient. Zudem ist auch bei allen nicht im Bette be-
findlichen Kranken die Besonderheit ihrer Kleidung ebenfalls der Be-
achtung zu unterwerfen, derjenigen Medien , welche die nächste, die
Körperoberfläche umfließende Luftschicht nach außen hin abschließen
und von deren Beschaffenheit undinsbesondereWasser-
durchlässigkeit die Art und der Grad der Verdunstung
des Schweißes gleichfalls abhängt. Auf diese Unterschiede
hier des näheren einzugehen, erübrigt sich; die Qualitäten der Kleidung
gerade in dem angeführten Sinne, die für Gesunde wie für Kranke
die gleiche Geltung haben , sind so sehr Objekt der hygienischen
Wissenschaft und so eingehend von dieser studiert und behandelt,
256
Die Wirkung auf die Schweißabsonderung.
403
■daß an dieser Stelle hier einfach auf sie zu verweisen gestattet
sein mag.
Ganz besondere Aufmerksamkeit erfordert bei bettlägerigen Kranken die Be-
seitigung des hervortretenden Schweißes, der manchmal in sehr großen
Mengen zu Tage tritt und zwar hier und da durch die in der früheren Therapie
von großer Wichtigkeit gewesenen Speckeinreibungen ganz zweckmäßig gemildert
werden kann, öfters auch auf arzneilichem Wege eingeschränkt wird, für gewöhnhch
jedoch als ein erwünschter und auch nicht unzweckmäßiger Vorgang in dem Krank-
heitsprozesse, ohne daß daher künstlich gegen ihn angekämpft würde, so reichlich,
als er nur will, abgesondert wird. Eine solche profuse Schweißsekretion ist manch-
mal imstande, in kurzer Zeit die gesamte Leib- und Bettwäsche ganz und gar zu
<lurchtränken und zu durchnässen; in solchen Fällen muß jedesmal die Wäsche,
Fig. 356. Sandbade wanne. Der Hauptraum des Geräts dient zur Aufnahme
•des Körpers, der von heißem Sande ganz umgeben und bedeckt wird ; der Nebenraum ist
das Behältnis für denjenigen Sand, mit welchem nach dem Einsteigen der Kranke über-
deckt wird. Zur Erleichterung dieses Einsteigens ist die vordere Wand herunterklappbar.
Der Sand Avird durch Dampfzirkulation erwärmt.
sowie sie naß geworden, durch neue ersetzt werden; und diese neuen Wäschestücke
müssen sämtlich nicht nur völlig trocken, sondern direkt gewärmt verabfolgt werden.
Der Wäschewechsel, der auch hier in der bereits geschilderten Weise vorgenoirmaen
"wird, erfordert insofern besondere Vorsicht, als der schweißbedeckte Kranke dabei
möglichst wenig entblößt werden darf und unmittelbar vor dem Wäschewechsel soweit
als thunlich von seinem Schweiße zu befreien ist. Es muß daher, wenn irgend
angängig, unter der Decke zunächst mit trockenen und warmen Tüchern der ganze
Körper abgerieben und vom Schweiße befreit werden ; dann erst ist, und zwar so
schnell als möglich, das alte Hemd herabzustreifen und durch ein neues zu ersetzen ;
wenn thunlich, alles unter dem Schutze der darüber liegen bleibenden Bettdecke.
Dieser Schutz eines stark schwitzenden Kranken vor der Abkühlung
durch die Zimmerluft ist auch sonst sehr sorgfältig zu überwachen; es darf
ein solcher Patient niemals bloß liegen, auch darf die Lufttemperatur im Zimmer
nicht zu kühl gehalten werden imd ganz besonders ist hier wie überhaupt jede
Zugluft sorgsam zu vermeiden.
Handbuch der spec. Therapie inn. Krankh. Suppl. I. Heft 3.
Mendelsohn, Krankenpflege. ^^^
-1(
17
404 M. MENDELSOHN,
KAPITEL XII.
Die Wirkung auf die Körperoberfläche.
(Lokale Wirkung.)
Der Zustand der Körperoberfläche bedarf, zumal in langwierigen
Krankheiten, sorgfältiger therapeutischer Beeinflussung, mehr noch in
vorwiegend prophylaktischer Art als in unmittelbar therapeutischer
Beziehung. Ganz besonders gilt das für diejenigen Körper-
steilen, welche dem Drucke des aufruhenden Körpers
ausgesetzt sind; es ist hiervon schon bei der Wirkung d^r
Krankenpäegemittel auf die Schmerzfreiheit und die Reinlichkeit ein-
gehender die Rede gewesen. Außer dieser subjektiven Einwirkung
können aber die Krankenpflegemittel, ebenso wie es Gruppen von
Arzneikörpern giebt, welche als Hautreize wirken, und solche, welche
die Gewebe und die oberflächlichen Epithelschichten erweichen und auf-
lockern, wie es also Rubefacientia und Emollientia in der Pharmakologie
giebt, auch diese physiologischen Effekte direkt herbeiführen. Es ist
daher notwendig, auch hierauf an dieser Stelle kurz hinzuweisen.
Die Hautreize, welche therapeutisch an einzelnen-
Stellen der Körperoberfläche zur Einwirkung kommen,,
haben den Zweck, an der Applikationsstelle und den darunter liegenden
Geweben einen Blutafflux herbeizuführen, sei es nun um durch
die vermehrte Blutzufuhr an dieser Stelle selber eine
Einwirkung auszuüben oder aber auf entferntere Organe
oder Körperstellen entlastend einzuwirken; und sie
können diese letztere Einwirkung um so sicherer herbeiführen , als
eine Erweiterung der Gefäße an der direkt beeinflußten Stelle einer
Gefäßkontraktion in entfernteren Organen oder Körperpartien ent-
spricht, und hierbei ganz bestimmte Beziehungen obwalten, indem
diese Verminderung der Blutzufuhr in solchen Organen sich haupt-
sächlich geltend macht, welche in einem bestimmten Nervenkonnex
mit der gereizten Stelle stehen.
Solchen gefäßerweiternden lokalen Reiz kann unter den
Krankenpflegeheilraitteln die Beeinflussung einzelner Bezirke der Ober-
haut einmal durch Wärme und sodann durch mechanische
Friktion abgeben. Es ist bekannt, daß Wärme die Blutgefäße zur
Erweiterung bringt; die direkte Applikation von trockener Wärme auf
die Haut erzeugt an dieser Stelle Rötung und Erweiterung der Gefäße :
und es ist interessant, daß die Einwirkung der Wärme, wenn sie immer-
mehr und mehr bis zum schädlichen Uebermaß hinaus gesteigert wird,
auf der Haut dieselben drei Stadien lokaler Einwirkung nach einander
erzeugt, nach welchen die arzneilichen Reizmittel derart ihre prin-
zipielle Einteilung gefunden haben. Während es hier je nach der
Intensität der ihnen innewohnenden Reizwirkung Rubefacientia giebt,
welche die Haut nur röten, Vesicantia, welche Blasenbildung an ihr
hervorrufen, und Caustica, welche das betroffene Gewebe überhaupt
zerstören, so lassen sich durch gesteigerte Grade von dü'ekter Wärme-
258
Die Wirkung auf die Körperoberfläche.
405
einwirkung nach einander durch dieses einzige Agens ganz die gleichen
Effekte erzeugen, weil ja auch diese drei pharmakodynamisch ver-
schiedenen Gruppen von Arzneikörpern nur quantitativ verschiedene,
nicht aber prinzipiell differente Wirkungen haben.
Alle diejenigeu verscMedentlich bereits aufgeführten Krankenpflegeheihnittel,
welche zur Applikation lokaler trockener Wärme geeignet sind, wirken
daher annähernd so, wie die arzneilichen Eubefacientien.
Fig. 357. Heißluftkasten. Das Gerät wird durch eine einfache Spiritusflamme
in Gang erhalten, wobei die frische Luft durch eine Sclilauchleitung in den Kasten ein-
führt wird. Dieser ist zur Aufnahme einer der Extremitäten bestimmt.
Einen ähnlichen Effekt üben auch mechanische Reize an der Applikation.s-
steUe aus; und wenn auch die Massage als eigene therapeutische Disciplin diese
Einwirkimgen eingehender studiert und dargestellt hat, so gehört das einfache
Frottieren imd das Eeiben einzelner Körperstellen doch mehr in das Gebiet der
Krankenpflege imd verdient darum hier eine kurze Erwähnung, indem alle diese
Maßnabmen, das Frottieren mit einem rauhen Tuche oder einem Stücke Flanell,
oder das Reiben mit der Hand oder mit Bürsten ebenfalls in ihrer Wirkung als
Rubefacientia zur Geltung kommen.
Gleichermaßen ist das auch mit dem physiologischen Effekt der
Fall, welchem die nach umgekehrten Ziele gerichteten Arzneikörper,
die sogenannten Emollientia, dienen. Dieser Effekt ist eine Er-
weichung und Auflockerung der beeinflußten Teile der
Körper Oberfläche; er muß besonders dort angestrebt werden, wo
eine Spannung vorhanden ist, welche Schmerzen her-
27*
^ 17*
406
M. MENDELSOHN,
vorrnft. In dieser Hinsicht ist übrigens über die "Wirkung der hier-
her gehörigen Ki'ankenpflegemittel das wesenthche bereits bei der
Wii-kuhg auf die Schmerzfreiheit besprochen worden.
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Fig. 358. Umselilagwärmer. Der auf dem Uutei-satz befindliehe Kasten ist
doppelwandig und wird Tor dem Gebrauch innerhalb dieser doppelten Wandungen mit
Wasser gefiÜlt; die Einfüllungsöffnung darf wahrend des Erhitzen.« nicht Tcrsclilosseu
werden. Die zu erwärmenden Umschläge kommen in den eigentlichen Innenraum. Zur
Aufbewahrung lassen sich Untergestell und Lampe in dem Kasten unterbringen.
Jedenfalls Ycrmögen gerade hier, gerade nach solchem entspannen-
den Effekte hin. die Heilmittel der Krankenpflege, deren wirksamste
die Wärme und die Feuchtigkeit sind. Effekte zu erzielen, wie sie
andersartigen therapeutischen Einwirkungen herbeizuführen kaum mög-
lich ist. Die feuchte Wärme, welche entweder durch Spray-
apparate dii-ekt appliziert wird oder noch allgemeiner durch die ver-
schiedenartigen Umscliläge zur Anwendung gelangt, ist ein souveränes
Emolliens.
Dabei ist die Art und das Material derUmschläge erst in zweiter Linie
von Wesenheit; sie pflegen sich gewöhnlich nach äußeren Verhältnissen zu richten
und sind auch von dem Orte der Applikation abhängig, insbesondere hinsichthch ihrer
Größe und Schwere, wenn es sich
darum handelt, sie auf eine ent-
zündete und schmerzhafte Köri^er-
stelle aufzulegen. Sonst kommt
es bei allen den hierzu verwen-
deten ^laterialien, ob es nun Brei
oder Hafergrütze oder sonst irgend
eine andere derartige Substanz ist,
immer nur darauf an, daß Ma-
terialien benutzt werden, welche
imstande sind, Feuchtigkeit so-
wohl wie Wärme möglichst lange
zurückzuhalten nnd einwirken zu
lassen.
Fig. 359. "Wärm ekumpresse.
Dabei ist der Einfluß dieser feuchten Wärme nicht nur der eines
Emolliens für die obersten Zellschichteu der Haut, sondern sie wirkt
260
Die Wirkung auf die Körperoberfläche.
407
insofern auch noch entspannend und damit gleichzeitig schmerzlindernd
auf kongestionierte Körperpartien, als durch die feuchte Wäi-Jme
die Kapillaren erweitert werden und das Blut leichter
und reichlicher nun
nach den Kollateralen
hinfließt. Je nachdem
intensivere oder mäßigere
Grade von Wärme ange-
Avendet werden, ist die Wir-
kung mehr die einer Ent-
spannung und Lockerung
der obersten Zellschichten
oder die einer solchen Ent-
spannung mehr in der
Tiefe. • Fig. 360. Wärmekoinpresse.
Fig. 359, 360. Zu Würmekompressen wählt man zweckmäßig allseitig geschlossene
Gummisäcke (Fig. 359), deren Inneres nur von einer Stelle aus durch die Oeffnung des
Schraubenverschlusses zugänglich ist; man füUt sie am besten mit essigsaurem Natron,
das mit etwas Glycerin angerührt ist. Eine so gefüllte Kompresse ist auf einige Minuten
in heißes Wasser zu legen und danach in eine passende Filz- oder Stoffhülle zu geben
(Fig. 360); sie bleibt dann mehrere Stunden lang warm.
In dem ersten Falle wird das wärmeabgebende Material ziemlich un-
mittelbar auf die Hautfläche zu applizieren sein, woraus sich von selber
ergiebt, daß in solchem Falle auch nur mäßige Wärmegrade angewandt werden
Fig. 361. Thermophor. Das von Prof. Dr. med. QUINCKE angegebene, sehr sinn-
reiche und zweelonäßige Gerät ennöglicht es, beliebig lange Zeit warme Umschläge in loco
auf konstanter Temperatur zu erhalten. Für die einzelnen Körperteile sind entsprechende
doppelwandige Schalen von geeigneter Form, hergestellt, welche als Unterlage resji. Auf-
lage für den Umschlag dienen und welche die Temperatur des durch ihren Innenraum
dauernd cirkulierenden AVassers diesem mitteilen. Beim Gebrauche muß das Behältnis,
in welchem durch eine Spiritusflamme das Wasser erwärmt wird, niedriger stehen als das
Niveau, in welchem sich der Umsehlag befindet, da nur so eine dauernde Cirkulation
durch den ganzen Apparat hindurch vor sich geht.
261
408
M. MENDELSOHN,
dürfen, um keine Verbrennung herbeizuführen; bei einer tiefer gerichteten Ein-
wirkung jedoch, zu welcher die AppUkation stärkerer Hitze notwendig wird, muß
durch zwischengeschobene dicke Lagen von Stoffen, am besten von
Flanell, der direkte Kontakt und die unmittelbare Einwirkung der heißen Heilmittel
auf die Oberhaut vermieden werden.
Fig. 362. Wärineröhren. Die von LEITER konstruierten und neuertliugs nach
den Angaben von Prof. Dr. med. GäETNER auch aus Aluminium hergestellteu, sogenannten
KüMröhren lassen sieh auch mit warmem Wasser, das durch sie zirkuliert, verwenden
und dienen dann in derselben Weise als bequemer und e.xakt zu regulierender Ersatz für
warme und heiße Umschläge, wie sie bei Füllung mit kaltem Wasser kalte Kompressen
oder Eisbeutel zu ersetzen vermögen.
202
Die Wirkung auf die GeschlecMssphäre. 409
KAPITEL XIII.
Die Wirkung auf die Gescblechtssphäre.
Das Zustandekommen eines erhöhten Geschlechtstriebes setzt sich
-ebenso wie dasjenige der normalen und nicht übermäßig gesteigerten
Gesamtfunktion aus drei Teilaktionen zusammen, welche, wenn man
gegen ein solches Uebermaß therapeutisch ankämpfen will, eine jede
für sich gesonderter Einwirkung zugänglich sind, und von denen be-
sonders zwei dieser Teilaktionen sehr wesentlich durch die Heilmittel
der Krankenpflege geregelt werden können.
Die Aeußerung des Geschlechtstriebes, welche in der Ei-ektion
ihren Ausdruck findet, verläuft auf dem Wege eines Reflexaktes; die
drei Teilaktionen der Gesamtfunktion setzen sich hinsichtlich der Inten-
sität des Endeffekts zusammen, einmal aus der Natur und der
StärkedesveranlassendenEeizes; sodann aus der Leichtigkeit,
mit welcher die Reflexbahn diesen Reiz auf das Geschlechtsorgan über-
mittelt, also aus der größeren oder geringeren Erreg-
barkeit der beiden für die Geschlechtsfunktion vor-
handenen N e r v e n c e n t r e n ; und schließlich aus dem Grade
der entstehenden Erektion, welche durch die Erweiterung
der Arterien und die Steigerung des Blutzuflusses in dem erektilen
Gewebe der Geschlechtswerkzeuge unter gleichzeitiger Behinderung
iles venösen Abflusses dortselbst zustande kommt. Auch hier wieder
kann, wie gesagt, eine jede dieser Teilaktionen für sich allein beeinflußt
werden: wenn es sich also um eine Herabsetzung der Gesamtfunktion,
um eine Wirkung der angewandten Heilmittel der Krankenpflege nach
derselben Richtung hin, wie sie die sogenannten Anaphrodisiaca be-
wirken, handeln soll, so kann eine Milderung und Mäßigung einer jeden
dieser drei Teilaktionen unabhängig von den beiden anderen besorgt,
und damit auch die Herabsetzung der Gesamtfunktion mehr oder minder
vollständig erzielt werden.
Für die Beeinflussung der Erregbarkeit der beiden
Cent reu stehen der Krankenpflege kaum Heilmittel zur Verfügung.
Während das Geschlechtscentrum im Gehirn mehr dem allgemeinen
Geschlechtstriebe und den Empfindungen des Geschlechtsgenusses vor-
steht, ist das im Lendenmark belegene zweite Gentrum der Ausgangs-
punkt für das Zustandekommen der Erektion; da aber beide Centren
miteinander in Beziehung stehen, da bereits einfache Geschlechtsvor-
stellungen, welche auf das Gehirncentrum wirken, durch eine Ueber-
mittelung auf das Rückenmarkscentrum Erektion hervorrufen, da ebenso
umgekehrt rein äußerliche Reize, welche zum Rückenmarkscentrum
gelangen, von diesem aus auch im Gehirncentrum Geschlechtsempfin-
dungen erzeugen, so muß eine jede erhöhte Reizbarkeit eines jeden
dieser beiden Centren für das Zustandekommen des erhöhten Ge-
schlechtstriebes von ungefähr gleicher Bedeutung sein. Eine solche
erhöhte Reizbarkeit der Centren zu mildern oder herabzusetzen, ist
jedoch im wesentlichen Objekt arzneilicher Beeinflussung.
Die Kraukenpflege verfügt hier von eigenen Heilmitteln höchstens
über die allgemeine Einwirkung der Kälte, wie sie in kühlen
263
410 M. MENDELSOHN,
Bädern und Waschungen sich geltend macht, und durch welche die
Erregbarkeit der Nervencentren herabgesetzt werden kann; zudem
käme Vermeidung des Alkohols in Betracht, der allerdings nur
das Gehirncentrum in seiner Erregbarkeit steigert, nicht aber das im
Rückenmark belegene, so daß sich daher das oft zur Beobachtung
kommende Ergebnis zeigt, daß starker Alkoholgenuß zwar die Neigung
und die Begierde zur Geschlechtsausübung steigert, die thatsächliche-
Vornahme dagegen hindert.
Viel Avesentlicher ist die Einwirkung der Heilmittel der
Krankenpflege auf die Fernhaltung der mannigfachen
Reize, welche imstande sind, das eine oder das andere
dieser Geschlechtscentren zu erregen und damit die
Erektion auszulösen.
Das Lendenmarkcentrum wird im wesentlichen nur durch Reize
erregt, welche durch direkten Kontakt auf die sen-
siblen Nerven d er Ges chlechts or gan e und deren nähere
Umgebung übertragen werden; das Gehirncentrum dagegen
kann auf mannigfache Art in Erregung versetzt werden. Zunächst
sind es psychische Vorstellungen und Bilder, welche im
allermannigfachsten Umfange und in jeder nur möglichen Intensität
und Extensität hier sich geltend machen können, gleichviel ob sie
spontan entstehen, oder durch Unterhaltung oder Lektüre
erweckt werden, oder gar durch die sinnliche Wahr-
nehmung bildlicher oder realer Objekte hervor gerufen
werden. Außer diesen psychischen Reizen wirken sodann, und
zwar besonders von einer Anzahl verschiedener, räumlich getrennter
Körper stellen her, physische, insbesondere mechanische Reizungen
der sensiblen Nerven erregend auf das Gehirncentrum. Diese
Stellen sind die Brüste, sodann das äußere Auge und die innere Partie
der Gehörmuschel; außerdem diejenigen Körperstellen, welche im
weiteren Umkreise um die Geschlechtsorgane herum liegen und von
denen solche Reize ebenfalls erfolgreich ausgehen können. Es ergiebt
sich aus dieser Vielfältigkeit der möglichen Reizeinwirkungen, daß die
Heilmittel der Krankenpflege, wenn sie diese Reize zu mildern oder
ganz zu beseitigen vermögen, damit eine thatsächliche Wirksamkeit als
Anaphrodisiaca ausüben müssen.
Zuerst sind nach dieser Eichtiing hin die psychischen Heilmittel
der Krankenpflege anzuwenden, insofern sie die geistige Beschäf tigung-
regeln und weder psychische Vorstellungen derart von außen her auf den Kranken,
einwirken lassen, noch etwa sinnliche Erregungen, welche durch Ver-
mittlung des Gesichtssinnes entstehen könnten, aufkommen lassen,,
also auch den Verkehr und den Besuch von Personen des anderen Ge-
schlechtes daraufhin überwachen. Andererseits aber muß auch durch eine sach-
gemäße Ablenkung und Zerstreuung die eigene Phantasie des Kranken von
derartigen Vorstellimgen und Gedanken ferngehalten werden.
Noch unmittelbarer und exakter gestalten sich diese Einwirkungen,,
wo sie als direkte mechanische Reize zur Geltung kommen.
Soweit diese von den äußeren Geschlechtsorganen selbst ihren Ausgang nehmen^
läßt sich durch deren Säuberungund Reinhaltung, durch Waschen mit kühlem
Wasser und durch ähnhche Vornabmen, welche die Entfernung reizender Auflage-
rungen bezwecken, mancher Reiz beseitigen. Insbesondere hat die Krankenpflege
hier die Reibung der Bettwäsche und der Bettbedeckungen mög-
1 ichst einzuschränken, wo es notwendig ist, durch Anbringimg geeigneter gegen-
264
Die Wirkung auf die Geschlechtssphäre.
411
ständlicher Geräte ; und bei einzelnen Individuen, insbesondere bei kleinen Kindern,
ist sogar eine besondere Vorkehrung nötig, daß die Hände nicht, sei es be-
wußt oder während des Schlafes, mit den Genitalien in unmittel-
bare Berührung gelangen. Bei nicht bettlägerigen Kranken, welche umher-
gehen, sind ähnliche Maßnahmen hinsichtUch ihrer Kleidung am Platze; aber gerade
Fig. 363. Lakenspann Vorrichtung. Beim Gebrauche der einfachen Vor-
richtung, die nur in Holzbettstellen sich verwenden läßt, da metallene Bettgestelle die zur
Fixierung notwendigen Zwischenräume zwischen Bettwand und Matratze nicht besitzen,
ist darauf zu achten, daß die Holzplatten, welche oben und unten das Bettlaken einge-
klemmt halten, so tief an den Innenwänden des Kojjfendes und des Fußendes des Bettes
nach unten geschoben werden, daß das Laken thatsächlich auf der Matratze autraht und
nicht etwa frei über diese hinweggespannt bleibt.
für die Kranken im Bette werden die erwähnten Einwirkungen schon darum häufiger
und mit besonderer Aufmerksamkeit zur Anwendung kommen müssen, als es sich
hier oft um Individuen handelt, bei denen eine mehr oder minder lange dauernde
Krankheit mit ihrer Versagung des sonst vielleicht in regelmäßigen Intervallen ge-
wohnten Geschlechtsgenusses die Anwendung dieser Maßnahmen vim so wichtiger
erscheinen läßt.
Sodann können die Heilmittel der KrankenpÜege eine wesentliche
Wirksamkeit auch auf die Einschränkung derjenigen Reize
ausüben, welche aus der näheren Umgebung der Ge-
schlechts organe ihren Ausgang nehmen. Das sind in erster
Linie Blase und Harnröhre. Auch die übermäßige Ausdehnung
der Blase erzeugt einen derartigen mechanischen Effekt; den gleichen
hat auch die Reizung der Blasenschleimhaut durch einen besonders stark
sauren Harn zur Folge. Es wirken daher in solchen Fällen die somatischen
und materiellen Heilmittel der Krankenpflege, welche eine ausreichende
Entleerung der Blase herbeiführen und die bereits bei der Besprechung
der Wirkung auf die Diurese näher präcisiert sind, hier gleichzeitig auch
als Anaphrodisiaca ; und sie thun dies ebenso bei einem stark sauren
oder sonst irritierenden Harne, dessen Beeinflussung des weitereu
noch durch die allerdings mehr dem Gebiete der Diätetik zufallende
Regelung der Kost, durch die Vermeidung reizender und erregender
Speisen, reichlichen Fleisches, starker Gewürze und ähnlicher Nahrungs-
265
412
m; mendelsohn,
Stoffe gefördert wird. Diese Einwirkungen liaben ihre Analogie ein-
mal in den täglich zur Beobachtung kommenden, ohne subjektive
Erregung verlaufenden Erektionen alter, impotenter Männer, bei denen
die hypertrophierte Prostata den mechanischen Effekt abgiebt ; und
außerdem in der bekannten, Erektionen hervorrufenden Wirkung der
Kanthariden, welche nur dadurch zustande kommt, daß die scharf
reizende Substanz in den Harn hinein ausgeschieden wird und von
diesem aus den Reflex auslöst. Da auch unter Umständen Fäkalmassen.
Fig. OÖ4. Bettdecke. Die au der Bettdecke angebrachteu Aermel sind relativ
kurz und sehr weit, so daß der Kranke oline weiteres mit den Armen za ihnen hinaus-
und wieder in sie hineinschlüpfen kann. Das inmitten der Aermel angebrachte muffen-
artige Schutzstück ist entbehrlich. Die Decke ist ganz besonders geeignet, den unmittel-
baren Kontakt der Hände mit dem Körper im Schlafen wie im AVachen zu verhüten.
welche im Rectum stagnieren , und selbst ein durch Speisen und vor
allem durch Gasentwicklung aufgeblähter Darm ähnliche
Folgezustände zeitigen kann, so ergiebt sich hieraus, daß in der That
das oft hier geübte Verbot der Ueberladung des Magens, insbesondere
bei der Abendmahlzeit, sowie überhaupt einer Nahrungsaufnahme in
den Stunden vor dem Zubettegehen seine wohlbegründete Berech-
tigung hat; und daß auch die Heilmittel der Krankenpflege, welche
eine geregelte Stuhlentleerung herbeiführen, in diesem Sinne dazu bei-
tragen, Reizungen der Geschlechtssphäre zu vermeiden.
Auch die dritte Teilaktion, die Erektion, können die Heilmittel der
Krankenpflege beeinflussen. Die E rektion , kommt aus einem
gesteigerten Blutzu flusse und einem gehinderten Ab-
flüsse in den G eschl echt s wer kzeu gen zustande: es muß
daher alles, was diese Teilaktion au sich, diesen Blutzufluß zu den
Genitalien und im weiteren Sinne zu dem Becken überhaupt, begünstigt,
266
Die Wirkung auf die Geschlecttsspliäre.
413
auch ohne daß der sonst vor sich gehende Reflexakt und die Thätig-
keit der Geschlechtscentren dabei in Mitwirkung kommen, zur Förderung
und Erhöhung der Geschlechtserregung beitragen, so daß also alle
diejenigen Heilmittel der Krankenpflege, welche einer
gesteigerten Blutzufuhr zu den Genitalien entgegen-
arbeiten, ebenfalls als Anaphrodisiaca wirken müssen.
Hier hat die Krankenpflege verschiedenartige Heilmittel zur
Verfügung, die, je nachdem die betreflFende Persönlichkeit sich
außerhalb^ des Bettes oder in diesem befindet, nach der einen oder der
hin zur Verwendung kommen. Allen aber ist die
gemeinsam, daß sie einen Blutzufluß zum Becken
und zu den Geschlechtsorganen verhüten. Bei Personen,
welche zu Bette liegen, erklärt sich hieraus das Verbot, Federbetten
lind Polster, zumal in der Umgebung der Geschlechtsorgane, zu ver-
wenden; die hierdurch erzeugte stärkere Wärmeretention übt im Ge-
biete der Geschlechtsorgane einen kongestionierenden Einfluß aus.
Solche Kranke dürfen sich daher nur harter Matratzen, auch keiner
warmer Decken, und überhaupt nur ganz leichter und im Notfalle sogar dem
Körper nicht direkt aufliegender Bedeckung bedienen. Auch alle körper-
lichen Bethätigungen, welche eine solche Kongestion nach dem Becken hin befördern,
sind bei nicht bettlägerigen Personen einzuschränken oder ganz auszuschalten; in
allererster Linie das Radfahren und das anhaltende Arbeiten an der Nähmaschine,
anderen Richtung
Wirkung
Fig. 365. Eeifentrage. Um den Druck der Bettdecke vom Eiimpfe oder den
unteren Extremitäten fernzuhalten, dienen metallene oder aus andersartigem Material her-
gestellte Bogen, welche über den Körper des Kranken fort gestellt werden und ihn so vom
Drucke der Bettdecke entlasten. Sind sie aus Metall, so müssen sie mit Stoff umwickelt
werden, iim unangenehme Kälteempfindungen bei Berührung mit dem Körper zu vermeiden.
während andererseits körperliche Beschäftigungen imd Sportübungen, welche nur den
Oberkörper betreffen, also Hanteln und Eudern und ähnliche Vornahmen, nicht
jedoch Uebungen des ganzen Körpers oder starkes Gehen und sonstige Inanspruch-
nahme der unteren Extremitäten, durch die Ablenkung des Blutes von günstigem
Einfluß sind ; einem Einflüsse, den auch angestrengte geistige Thätigkeit haben soll.
Die Heilmittel der Krankenpflege sind demnach auf sehr wesent-
liche Teilaktionen der erhöhten Geschlechtsreizung von Wirksamkeit :
und es ist von Interesse, daß ein Teil der auf die Herabminderung
der geschlechtlichen Erregung wirkenden hypurgischen Heilmittel in
einer ganz direkten und unmittelbaren Weise wirksam ist, indem auch
diese wieder gerade den thatsächlicheu Endeff'ekt der Gesamtfunktiou :
die Kongestion in den Geschlechtsorganen, in unmittelbarer Einwirkung
mildern und beseitigen.
267
414
M. MENDELSOHN^
KAPITEL XIV.
Die Wirkung auf die Blutstillung.
Um eine
Blutung
aus einem eröffneten Gefäße zum Stehen zu-
bringen, ist es bekanntermaßen notwendig, am Orte des Blutaus-
trittes eine Gerinnung des Blutes herbeizuführen; eine^
Gerinnung, welche desto eher und leichter vor sich geht, wenn an
dieser Stelle das bluten de Gefäß sich möglichst kontrahiert
und somit in der Zeiteinheit nur geringere Mengen Blutes austreten
lassen kann; und wenn zudem dieser Blutaustritt noch dadurch eine
Einschränkung erfährt, daß der Blutdruck hier so gering als
nur ausführbar gestaltet wird.
Diesen Effekt herbeizuführen besitzt die Krankeni^flege zwei vor-
trefflich wirkende Heilmittel : die Anwendung der Kälte und die-
mit einer zweckmäßigen Lagerung verbundene absolute Ruhe-
■stellung des Körpers des Kranken.
Fig. 366. Luftkissen. Das eigeutlicli für die Unterstützung des Naekens herge-
stellte Luftkissen kann zweckmäßig auch für Hoehlagerung von Extremitäten als elastische-
und schonende Unterstützung Verwendung finden.
Ein jeder lokale Kältereiz führt Refle.\kontraktionen
der Gefäße herbei, und das nicht nur, wenn auch hier vornehm-
lich, an der der Kälteeinwirkung unmittelbar unterworfenen Stelle,
sondern auch an anderen Organen und in mehr centralwärts belegenen
Körperbezirken , die , wie schon bei der Besprechung der lokalen
Wirkung auf die Körperoberfläche ausgeführt worden ist, mit der un-
mittelbar beeinflußten Stelle der Körperoberfläche in einem gewissen
Nervenkonnex stehen. Es ist daher die Anwendung des Eises
in der Form der dieser Applikation dienenden materiellen Heilmittel
der Krankenpflege das unschätzbarste Stypticum, welches die Therapie
kennt, ein Stypticum, das nicht nur an der Applikationsstelle durch
die entstehende Gefäßkontraktion günstig einwirkt, sondern auch an
entfernter gelegenen Punkten des Körpers. Hat doch der bekannte.
268
Die Wirkung auf die Blutstillung.
415
populäre Gebrauch'^^des Auflegens eines großen, kalten Schlüssels in
den Nacken bei Nasenblüten den gleichen, begründeten Zusammenhang ;
und die wirksame Beeinflussung einer Hämoptoe oder einer Hämat-
emesis durch aufgelegte Eisbeutel von der Körperoberfläche her ist
gleichermaßen der klinischen Beobachtung immer wieder aufs neue
erkennbar.
Die lokalen Kälteapplikationen sind bei der Wirkung auf die Körper-
temperatur eingehend be.schriebeu und dargelegt worden.
Fig. 367. Fußstütze. Das von Dr. med. MENDELSOHJf angegebene Gerät, dessen
tragende Lederfläche in jeder Höhe festgestellt werden kann nnd das am Fußende des Bettes
über dieses fort gestellt ■n'ird, läßt sich zweckmäßig zur Hochlagerung der unteren Extre-
mitäten verwenden.
Die zweite Förderung des Zustandekommens eine's blutstillenden
Koagulums ist die möglichste Erniedrigung des Blutdruckes an der
blutenden Körperstelle. Ist diese so belegen, daß die Stelle der
Fig. 368. Verstellbarer Keilrahmen. Diejenigen verstellbaren Keilrahmeu,
welche ein gepolstertes Keilkissen in fester Verbindung tragen, lassen sich vorteilhaft zur
Herstellung einer schiefen Ebene bei der Hochlagerung der Extremitäten verwenden.
269
416 M. MENDELSOHN,
Blutung gegen den übrigen Körper hoch gelagert
werden kann , so wirkt dies günstig, da in herabhängenden
CrliederndieSchwere den lokalen Blutdruck steigert und
umgekehrt die Hochlagerung ihn ermäßigt. Vor allem aber stellt die
absolute Körperruhe ein wesentliches und wichtiges Stypticum
dar, indem mit jeder, auch der geringsten Muskelaktion, die Herz-
thätigkeit verstärkt und der allgemeine Blutdruck erhöht wird. Es
wü'kt daher die Ruhelagerung als ein sehr wirksames Stypticum: und
wo es nötig, kann die Herabsetzung des Blutdruckes noch dadurch
eine weitere Förderung erfahren, daß nur kühle und selbst eiskalte
Speisen und Getränke genossen werden, deren Resorption gleich-
falls in diesem Sinne wirksam ist.
Für diese Ruhestellung bieten die mechanischen Bettgestelle, die Kopf-
stützen und sonstigen mechanischen Hilfsmittel, welche bei der AVirkung auf die
Schmerzfreiheit und auf das Herz ihre Erörterung gefunden haben, wertTolle Unter-
stützungen dar. Auch entsprechend gestaltete Luftkissen, eigene Fußstützen
und verstellbare Keilrahmen, welche am Fußende des Bettes als schiefe
Ebenen dienen können, la.ssen sich zweckmäßig verwenden.
Schluss.
Die vorliegende Darstellung der Krankenpflege und ihrer Mittel
ist bestrebt darzuthun, daß die Mittel der Krankenpflege
im vollsten Maße wirksame Heilmittel sind, daß ihre An-
wendung oder ihre Unterlassung von Effekten im kranken Organismus
gefolgt ist, welche für diesen, für seine Rückkehr zuni Zustande der
Gesundheit, von mehr oder minder wesentlicher, oft von überaus
wichtiger, niemals von gleich giltiger Folgewirkung sind. So hat die
Krankenpflege, soweit sie in der bewußten Verwendung ihrer Maß-
nahmen zu solchen therapeutischen Zielen hin besteht, so hat die
Hypurgie ein volles Recht darauf, den andersartigen
therapeutischen wissenschaftlichen Methoden als
gleichwertig an die Seite zu treten.
Die innere Klinik — welche darum auch „specielle Pathologie und
Therapie" genannt wird — erfüllt in der einen dieser ihrer beiden
Hälften die Aufgabe, das Wesen eines jeden Krankheitszustandes nach
Möglichkeit zu erkennen, ein jedes funktionelle Abweichen von der
Norm festzustellen. Die andere Hälfte der Aufgaben der inneren
Medizin ist die specielle Therapie: die Aufgabe, für jeden solcher-
maßen seinem Wesen nach erkannten Krankheitszustand diejenigen
Einwirkungen vorzunehmen, welche die funktionellen Abweichungen
von der Norm so beeinflussen, daß sie dieser Norm wieder nach Mög-
lichkeit angenähert werden. Zu diesem Behufe entnimmt sie, die
specielle Therapie, aus den vielen einzelnen Heilmethoden, welche
die allgemeine Therapie zusammensetzen, in einem jeden Falle
alle diejenigen Heilmittel und bringt sie in möglichst vielfacher Kom-
bination zur Anwendung, von welchen eben innerhalb jener einzelnen
Heilmethoden bereits wissenschaftlich erforscht und festgestellt ist, daß
sie diese jedesmalig gewollte physiologische Reaktion, die jedesmalig
Schluß. 417
angestrebte Einflußnahme auf die einzelnen Funktionen auch thatsäch-
lich hervorzurufen vermögen. Die Klinik darf hierbei, will
sie ihren wissenschaftlichen Charakter nicht in Frage
stellen, ausnahmslos nur solcher Mittel sich bedienen,
welche die allgemeine Therapie, und innerhalb dieser
die einzelnen Heilmethoden, in ihrer Wirkung und in
ihrem physiologischen Effekte bereits erforscht und
festgelegt haben.
Einer großen Zahl von Maßnahmen und Einwirkungen bedient
sich die klinische Medizin immer noch nur aus allgemeiner
Empirie heraus, ohne in wissenschaftlich -exakter
Weise über den Zusammenhang von Einwirkung und
Effekt Klarheit zu haben. Viele dieser Maßnahmen bilden in ihrer
Gesamtheit dasjenige, was wir Krankenpflege zu nennen gewohnt sind.
Und wie die wissenschaftliche klinische Medizin es verschmäht, ein Medi-
kament anzuwenden, über dessen Zusammenhang und dessen physio-
logischen Effekt sie nichts weiß ; wie sie es verschmäht , die mannig-
fachen andersartigen, in ihren Reaktionen noch nicht ausreichend klar-
gestellten Heilmittel, mit denen unwissenschaftliche Therapeuten unter
zufällig günstiger Konstellation nicht selten zu großen Erfolgen ge-
langen, zu gebrauchen ; so sollte sie es auch verschmähen, die vielfachen
Heilmittel der Therapie, mit denen sie selber bisher nur rein empirisch
ihre Erfolge erzielt hat, zu verwenden, ehe sie auch hier über ihre
Zusammensetzung und ihren physiologischen Effekt sich Klarheit ver-
schafft hat. Diese gewaltige Feststellung aber ist nach Umfang wie
nach Inhalt eine vollständige und geschlossene wissenschaftliche Dis-
ciplin ; und darum muß auch ihre Umsetzung in die thatsächliche
ärztliche Anwendung, muß auch die wissenschaftliche Krankenpflege,
die Hypurgie, eine eigene therapeutische Methode sein.
27 r
Register.
L)ie ersten Zahlen entsprechen der oberen, die eingeklammerten der unter dem
Texte befindhchen Paginierung einer jeden Seite. Ist die Seitenzahl fettgedruckt,
so ist dort das betreffende Stichwort hauptsächlich abgehandelt. Ein * hinter der
Seitenzahl bedeutet eine dort wiedergegebene Abbildung des Gegenstandes.
Abfluß des Schweißes 401 (255).
Abkühlung 403 (257).
— des Abdomens 344 (198).
— des Oberkörpers 283 (137).
— der Zimmerluft 220 (74).
Ablenkung 259 (IIB), 263 (117), 267
(1211.
Absolute Ruhe 414 (268).
Abstäuben 216 (70).
AbtrocknuBg 403 (257).
Abwechslung 260 (114).
— in der Speisenbereitung 161 (15) , 164
(18).
Aktive Bewegung 314 (168).
Alkohol 291 (145), 309 (163).
Alkoven 227 (81).
Allgemeine Therapie 416 (270).
Anästhesie 222 (76).
Anbieten der Speisen 158 (12).
Anhebung des Rumpfes 246 (100).
Anregung der Herzaktion 303 (157).
Appetitsanregung 159 (13).
Armbadewanne 200* (54*).
Armbäder 198 (52),
Arzneilööel 166* (20*).
Asepsis der inneren Medizin 192 ff.
(46 ifX
Atmung 375 (229).
Atmungsluft 377 (231).
Aufbewahrung von Eis 295 (149).
Aufblähung des Darms 412 (266).
Aufheben des Kranken 316 (170), 316*
(170*).
Auflockerung der Epidermis 405 (259).
Aufrichtung des Oberkörpers 243 (97),
346 (200).
Aufsetzen im Bett 175 (29).
Auftrieb des Badewassers 19T (51).
Augendouche 203* (57*).
Augenspülglas 202* (56*).
Augentropfglas 203* (57*).
Auslösbarkeit der Funktionen 342 (196)i
Ausnützung der Speisen 1S9 (43).
Ausspeien 389 (243).
Ausstoßimg des Sputums 384 (238).
Auswaschen der Augen 203 (57).
— des Mundes 202 "(56).
Auswurf 373 ff. (227 ff.).
Bäder 194 (48), 401 (255).
Badewannen 194* (48*), 195* (49*).
Bauchpresse 333 (187), 346* (200*), 388
(242).
Beachtung der Kleinigkeiten 308 (162).
Beistand 261 (115).
Beleuchtung 260 (114), 285 (139).
Beleuchtungsvorrichtung 286* (140 *>
Berührung der Genitalien 411 (265).
Berufsmäßige Krankenpflege 269 (123).
Beruhigung 262 (116).
Beschäftigung 259 (113), 263 (117), 267
(121).
Bett 177* (31*), 265* (119*), 274* (128*),
275* (129*), 354* (208*), 357* (211*),
358* (212*).
Bettboden 227 (81), 228 (82), 228* (82*).
Bettdecken 176* (30*), 233 (87), 234*
(88*), 412* (266*).
Betterwärmung 280 (134).
Bettiahrer 311* (166*), 312 (166), 312*
(166*), 313* (167*).
Bettfedern 232 (861.
Bettfüße 227 (81).
BettgesteUe 226* (80*), 227 (81), 244*
(98*).
Betthandhabe 246 * (100*).
Betthimmel 216 (70), 227 (81).
Betthöhe 227 (81).
Bettmachen 211 (65), 212 (66).
Bettruhe 328 (182).
Bettschirni 227 (81).
Bettschnur 247* (101*).
Register.
419
Bettschüsseln 346 (200), 347 * (201 *), 348 *
(202*), 349* (208*), 351* (205*), 352*
(205*), 360* (214*).
Bettspanner 211 (65), 211* (65*), 224 (78),
249* (103*).
Bettstücke 231 (85), 402 (256).
Betttisch 169* (23*), 170* (24*), 171*
(25*), 172* (26*).
Betttuch 211 (64).
Bettvorhänge 216 (70).
Bettvorlagen 215 (69).
Bettwärmegeräte 253 (107), 282* (136*),
395 (249).
Bettwäsche 210 (64), 235 (89).
Bewegung 263 (107), 310 (164), 344 (198).
Bewußtlosigkeit 256 illO), 363 (217).
Bewußtsein der Sicherheit 163 (17), 261
(115).
Bilder 260 (114).
Blasenentleerung 363 (217).
Blumen 261 (115).
Blutableitung 276 (130).
Blutafflux zu den Genitalien 412 (266).
Blutdruck 362 (216).
Blutdrucksteigerung 327 (181), 416 (270).
BlutfüDung der Darmgefäße 276 (130).
Blutgeschwindigkeit 362 (216).
Blutstillung 414 (268).
Bluttemperatur 394 (248).
Blutzufuhr 243 (97), 253 (107), 272 (126),
413 (267).
Bombierte Matratzen 232 (86).
Brechreiz 186 (40).
Breiumschläge 279 (133).
Brotschneidegerät 191* (45*).
Capok 231 (85).
Celluloidkapseln 235 (89).
Chlorophyll 261 (115).
Citronenpresse 192* (46*).
Darmmuscularis 341 (195).
Darreichung der Geräte 388 (242).
Dauerbäder 197 (51).
Decubitus 210 (64).
Defäkation 336 (190).
Diätwage 184* (38*).
Diaphorese 393 ff. (247 ff.).
Dielen 215 (69).
Dislokation des Körpers 310 (164).
Diurese 361 ff. (215 ff.).
Doppelirrigator 204* (58*).
Douchevorrichtung 198* (52*), 199*
(53*).
Dreiteilige Matratzen 232 (86), 232*
(86*), 353* (207*), 354 (208).
Druck der Bettdecke 235 (89), 413 (267).
— des aufruhenden Körpers 331 (185),
388 (242), 404 (258).
Druckpunkte 224 (78).
Druckreiz des Körpers 224 (78), 242
(96).
Druckrichtung der Bauchpresse 346 (200).
Drucksteigerung in den Harnwegen 364
(218).
Durchspülung des Organismus 363 (217).
Handbuch der spec. Therapie inu. Krankh. Suppl. I.
Mendel söhn, Krankenpflege.
2/3
Durstgefühl 183 (37).
Dynamik der Krankenpflegeheilmittel
152 (6).
Eingießungen 337 (191).
Einlaufe 337 (191).
Einnehmegefäß 166* (20*).
Einnehmegläser 166* (20*), 167* (21*),
168* (22*).
Einnehmeschale 166* (20*).
Eintrocknung des Sputums 379 (233).
Einverleibung der Nahrung 158 (12),
165 (19).
Eis 294 (148).
Eisapplikation 414 (268).
Eisbecher 186* (40*), 295* (149*).
Eisbehälter 295* (149*).
Eisbeutel 293 (147), 293* (147*), 301*
(155).
Eisbeutelträger 296* (150*).
Eiserne Matratze 228* (82*).
Eismaschine 294* (148*), 295* (149*).
Eispillen 186 (40).
Eisspalter 293* (147*).
Eiszerkleinerungsgerät 294* (148*).
Elektrisches Licht 287 (141).
Enten 365 (219), 366* (220*).
Entlastung des Kreislaufes 330 (184).
Entleerung der Harnblase 363 (217).
Erbrechen 185 (39).
Erektionscentren 409 (263).
Erkältung 374 (228), 403 (257).
Erkalten der Speisen 161 (15).
Erleichterung des Funktionierens 345
(199).
Ermüdung 263 (117), 303 (157).
Ermüdungsprodukte 255 (109).
Ermüdungsreaktion 303 (157).
Ernährung 158 ff. (12 ff.).
Erregbarkeit der Gehirnzellen 257 (111),
283 (137).
Erregende Nahrung 411 (265).
Erregung 305 (159).
Erschöpfung 303 (157).
Erweichung der Oberhaut 405 (259).
Esoterische Therapie 150 (4).
Eßbretter 168 (22), 168 * (22 *).
Eßgefäß 159* (13*).
Eßgerät 159* (13*).
Essigsaures Natron 279 (133).
Eßtische 169 (23), 169* (23*J, 170* (24*),
171* (25*), 172* (26*).
Euthanasie 268 (122).
Exkremente 336 (190).
Exkretion des Harns 361 (215).
Exoterische Therapie 150 (4).
345 (199).
Expektoration 373 (227).
Expulsion der Exkremente 333 (187),
Faeces 336 (190).
Fahrstuhl 323* (177*), .324* (178*), 325*
(179*).
Farben 260 (114).
Federfüllung 232 (86).
Fenstervorhänge 260 (114).
Heft 3. 28
18
420
Register.
Fernlialtung äußerer Reize 255 (109).
- — erregender Reize 283 (137), 307 (161),
410 (264).
Fernzünder 262 (116), 262* (116*).
Fersenluftkissen 241* (95*).
Feuchte Wärme 252 (106), 402 (256), 406
(260).
Feuchtigkeitsgehalt der Zimmerluft 220
(74), 291 (145), 377 (231), 402 (256).
Filzschuhe 215 (69).
Flaschenöffner 182* (36*).
Fleischsaftpresse 187* (41*), 188* (42*).
Fleischschneidegerät 190* (44*).
Flimmerepithel der Luftwege 373 (227).
Flüssigkeitsaufnahme 309 (163), 330
(184), 343 (197).
Flüssigkeitszufuhr 862 (216).
Formahn-Desinfektionslampe 216* (70*).
Fruchtsaftpresse 191* (45").
Führen des Kranken 314 (168).
Füllmateriahen 156 (10), 231 (85).
Funktionelle Therapie 157 (11).
Funktionieren der Gehirnzellen 255 (109).
Funktionsanspruch und -Leistung 157
(11).
Fußbäder 198 (52).
Fußbodenreinigung 217 (71).
Fußstütze 231* (85*), 329* (183*), 830*
(184*), 415* (269*).
Fußzehenreiniger 201* (55*).
Füttern 180 (34).
GasUcht 287 (141).
Gefäßerweiterung 404 (258).
Gefäßkontraktion 414 (268).
Gehimanämie 255 (109), 272 (136).
Gehübungen 315 (169).
Geistige Thätigkeit 182 (36), 305 (159).
Genußmittel 309 (163).
Geradehalter 375* (229*).
Gesamtfunktion 157 (111.
Gesäßstütze 176 (30), 176* (30*), 230
(84), 230* (84*), 231* (85*).
Geschlechtssphäre 409 ff. (263 ff.).
Geschmacksempfindungen 184 (38).
Gespräche im Krankenzimmer 271 (125).
Getränke 185 (39), 282 (136), 309 (163).
Getränkewärmer 162* (16*),' 164* (18*),
400* (254*).
Gewöhnimg 157 (10).
Gewürze 411 (265).
Glasenten 365 (219), 366* (220*).
Glasgeräte 155 (9).
Glocken 262 (116).
Gummibläser 203* (57*).
Gummigeräte 153 (7).
Giunmikränze 236 (90).
Gummischläuche 207 (61).
Guttaperchapapier 155 (9).
Haferspreu 231 (85).
Handbürste 201* (55*).
Handgriff 317* (171*), 318* (172*).
Harnbildung 361 (215).
Harnentleerung 361 ff. (215 ff.).
Harngläser 365 (219), 365* (219*).
Harnlassen 363 (21i).
Hautspannung 405 (^259).
Hebeapparate 310 (164).
Heilmethoden 417 (271).
Heilmittel der Krankenpflege 152 (6).
Heilwirkung der Krankenpflege 149 (3).
Heiße Bäder 197 (51).
— Getränke 282 (136), 398 (252).
— Umschläge 279 (133).
Heißluftkasten 405* (259*).
Heizbare Badewanne 196* (50*).
Heizbarer Irrigator 204* (58*), 339*
(193*).
Heizung 221 (75), 288 (142), 376 (230).
Hemden 209 (63).
Herabhängen der Extremitäten 330 (184).
Herrichtung der Nahrung 165 (19).
Herz 302 ff. (156 ff.).
Herzaktion und Körperlage 329 i'183).
Herzeisbeutel 300* (154*), 306* (160*).
Herzflaschen 300* (154*), 301 (155), 304
(158), 306* (160*).
Herzthätigkeit 283 (137), 302 (156).
Hirsespreu 231 (85).
HochsteUung des Bettfußendes 273 (127).
Hochlagerung 416 (270).
Holzgeräte lo6 (10).
Husten 384 (238).
Hustenreiz 287 (141).
Hydropathische Umschläge 253 (107), 277
(131).
Hydropathische Weste 376* (230*).
Hygienische Heümittel 157 (11).
Hrpurgie 147 (1), 149 (8), 152 (6), 416
(270).
Immaterielle Heümittel 156 (10).
Incontinentia urinae 368 (222).
Indiafaser 231 (85).
Inhalationsappai-ate 378* (232*), 881 (235),
382* (236*), 383* (287*), 884* (288*),
386* (240 *j.
Inhalationsflasche 385* (239*).
Inhalationsvorrichtimg 377* (231 *), 380*
(234*), 381* (235*).
Intensität des Schlafes 288 (142).
Intraabdominaldruck 833 (187).
Irrigatoren 204 (57), 204* (58*),. 205*
(59*), 206* (60*). 337 (191, 337*
(191*), 338* (192*), 839* (192*).
Irritabihtät 252 (106).
Japanisches Papier 155 (9).
Kaffee 309 (163).
Kälte 252 (106), 409 (268), 414 (268), 415
269).
Kälteeinwirkung 343 (197).
Kalte Bäder 197 (51).
— - Umschläge 801 (155).
Kataplasmen 279 (133).
Katheter 370 (224).
Kauen 183 (37), 187 (41), 189 (43).
Kefirbereitungsgefäß 168* (22*).
Keilkissen 229* (83*).
Keih-ahmen 173* (27*), 174* (28*), 415*
(269*).
2-4
Register.
421
KlosettverscMuß 358 (212).
Klysopomp 340* (194*), 341* (195*).
Klystierspritzen 339 (193).
Kolateralireislauf 253 (107), 407 (261).
Komatöse Kranke 363 (217).
Komfort 259 (113).
Kommunikation mit der Umgebung 262
(116).
Kompressen 279 (133).
Kompression der Blutgefäße 331 (185).
— des Magens 182 (36;.
— des Thorax 388 (242).
Kongestion der Bronchialschleimhaut 374
(228).
— innerer Organe 332 (186).
Konsistenz der Faeces 336 (190).
— der Speisen 187 (41), 190 (44).
— des Sputums 373 (227).
Kontaktwirkimg auf die Geschlechtsorgane
410 (264).
Kopfbürste 202* (56*).
Kopfdouche 197 * (51 *).
Kopfkissen 233 (87).
Kopfsäuberung 202 (56).
Kopfstütze 197* (51*).
Körperbewegung 182 (36), 241 (95), 257
(111).
Körperhaltung beim Essen 171 (25).
— beim Urinieren 371 (225).
Körperlage 308 (162).
— im Schlaf 273 (127).
— und Herzaktion 329 (183).
Körperhöhe Anstrengung 138 (37), 310
(164), 328 (182).
Körperoberfläche 307 (161), 404 (258).
Körperreinigung 194 (48), 200 (54).
Körperruhe 242 (96), 258 (112).
Körpertemperatur 289 ff. (143 ff.).
Krankenbesuche 270 (124).
Krankenbett 177* (31*),
(81), 226*
265* (119*), 274* (128*), 275*
(129*), 354* (208*), 355* (209*), 356*
(210*).
Krankenfahrstühle 324 (178).
Krankenhäuser 147 (1).
Krankenheber 250 (104), 248* (102*),
249* (103*), 250* (104*), 251* (105*),
276 (130), 276* (130*).
Krankenhemd 209* (63*).
Krankenkleidung 376 (230).
Krankenpflege 147 (1).
Krankentisch 169* (23*), 170* (24*),
171* (25*), 172* (26*), 228* (82*).
Krankenversorgung 147 (1).
Krankenwaage 252* (106*), 253* (107*).
Krankenwäsche 208 (62).
Krankenwagen 326* (180*).
Krankenwartung 147 (1), 148 (2).
Krankenzimmer 162 (16), 215 (69), 260
(114).
Knegskrankenpflege 147 (1).
Krücken 315 (169), 315* (169*).
Kühlapparate 253 (107).
Kühlkappen 298* (152*^, 300 (154).
Kühköhren 297* (151*),' 297 |151), 298*
(152*).
275
Kühlschläuche 297 (151).
Kühlvorrichtung 299 * (153*), 300* (154*).
Künsthche Beleuchtimg 287 (141).
Kupfergeräte 156 (10).
Lagerung 224 (78), 225 (79), 307 (161),
330 (184).
Lageveränderung 330 (184).
Laken 211 (65).
Lakenspann Vorrichtung 212* (66*), 411*
(265*).
Lampen 219* (73*), 287 (141).
Laufstuhl 314* (168*), 315 (169), 315*
(169*).
Lauwarme Bäder 197 (51).
Leib wärmer 280* (134*), 394* (248*).
Leibwäsche 208 (62).
Leiter'sche Eöhren 298 (152).
Lesen 266 (120), 359 (213).
Lesepult 266* (120*).
Lesetiseh 264* (118*), 265* (119*).
Lieblingsspeisen 164 (18).
Lokalanästhesie 253 (107).
Lokale Wirkung der Krankenpflegemittel
404 (258).
Lokomotion im Bett 253(107), 310(164).
Luftanfeuchter 220* (74*), 291 (145).
Luftbewegune 290 (144).
Luftkissen 214 (68), 224 (78), 236 (90),
239* (93*), 240* (94*), 241* (95*),
414* (268*).
Lufttemperatur 288 (142).
Luftverderbnis 218 (72).
Lüftung 217 (71), 288 (142), 376 (230).
Magensaitsekretion 160 (14).
Maßgefäße 167* (21*).
Maßglas 167* (21*).
Massiergerät 257* (111*).
Massierkugehi 257* (111*), 344* (198*).
MassierroUen 257* (111*).
Mastdarmkissen 342* (196*).
Mastdarmkühler 342* (196*).
Materiahen der Krankenpflegegeräte 153
(7).
MaterieUe Heilmittel 153 (7).
Matratze 231 (85), 232* (86*).
Mechanische Behinderungen des Kreis-
laufes 331 (185).
— BettgesteUe 353 (207).
— Kjätte bei der Expression der Faeces
345 (199).
— Krankenbetten 177* (31*;, 276 (130),
354* (208*), 355* (209*), 356* (210*).
— Eeize 410 (264).
Menagen 162* (16*).
MetaUgeräte 156 (10).
Milchkochtopf 165' (19*).
Milchprüfer 181* (35*).
Milchsauger 236* (90*).
Mineralwasserwärmer 388* (242*).
Moderateurlampen 287 (141).
Moos 232 (86).
Motorische Thätigkeit des Darmes 342
(196).
Mucin 373 (227).
28*
18*
422
Register.
Mundpflege 183 (37), 184 (38), 202 (56),
- 388 (242).
Muskelanstrengung 310 (164).
Nachgiebigkeit 267 (121), 271 (125).
NacMlampe 285* (139*).
Nachtlichte 287 (141).
Nackenluftkissen 173* (27*), 233* (87*;.
Nahrungsbedürinis 158 (12).
Nasenatmung 375 (229).
Nasenspüler 386* (240*).
Nebenwirkungen der Heilmittel 157 (11),
255 (109).
Niederlegen des Kranken 320 (174).
Niveausteller 277* (131*).
Obstipation 332 (186).
OeUampen 287 (141).
Ofenschirm 227 (81).
Ohnmacht 256 (110), 273 (127).
Organisationen für Krankenpflege 147(1).
Ortswechsel 342 (196).
Passive Bewegung 316 (170).
Peristaltik des Darmes 341 (195).
Personen der Umgebimg 269 (123).
Petroleumbeleuchtung 287 (141).
Pflegepersonal 148 (2), 269 (123).
Phenix ä l'air chaud 396* (250*).
Polster 227 * (81 *).
Polstermöbel 216 (70).
Porzellangeräte 155 (9).
Psychische Auslösungen 185 (39), 305
(159), 371 (225).
— Einwirkungen 259 (113).
— Heilmittel 156 (10), 262 (116), 306
(160).
— Hemmungen 159 (13), 161 (15), 163
(17), 180 (34), 305 (159), 359 (213),
371 (225).
— Eeize 258 (112).
— Vorstellungen 410 (2t)4).
Psychisch-hygienische Heilmittel 157 (11).
Radfahren 328 (182).
Käuchergefäß 219* (73*).
Räucherlampe 219* (73*).
Eäucherschale 219* (73*).
Eäucherturbine 219* (73*).
Eäucherungen 218 (72).
Reifentrage 234* (88*), 296* (150*).
Eeflexbewegimg 256 (110).
Eeflexcentren der Schweißsekretion 399
(253).
Eeflexkontraktion der Blutgefäße 414
(2ö8).
Eegelmäßigkeit in der Nahrungsaufnahme
159 (13).
— m der Stuhlentleerung 342 (196).
Reinigung von Gummigeräten 241 (95).
— der Körpereingänge 203 (57).
Eemlichkeit 192 ff. (46 ff.).
Eeizbarkeit 252 (106).
Eeize und Reaktionen 150 (4).
Reizlose Kost 411 (265).
Eesorption im Darm 332 (186).
— in der Harnblase 364 (218).
Eespiratoren 375 (229), 375* (229*).
Roßhaar 231 (85).
Rückenlehnen 173* (27*), 174* (28*),
175* (29*), 229 (83), 276 (130), 231*
(85*), 243* (97*), 244* (98*), 245*
(99*), 247* (101*), 334* (188*).
Ruhezustand des Gehirns 255 (109), 283
(137).
Rumpf badewanne 200* (54*).
Eumpfbäder 198 (52).
Samariterwesen 147 (1).
Sandbadewanne 403* (257*).
Saugröhrchen 179* (33*).
Schlaf 255 ff. (109 ff.).
— nach dem Essen 182 (36).
Schlafbedürfnis 273 (127).
Schlaflosigkeit 256 (110 .
Schlauchansatz 207* (61*).
Schlauchleitung 208* (62*), 299* (153*).
Schleimhaut der Luftwege 374 (228).
Schleimige Getränke 288 (142).
Schmerzempfindung 222 (76), 254 (108).
Schmerzfreiheit 222 ff. (76 ff.).
Schmerzstillung 253 (107).
Schnabeltassen 166* (20*), 167 (21), 390*
(253*).
Schonung des Herzens 302 (15ö), 304
(158).
— des Kranken 243 (97).
Schreiben 265 (119).
Schreibtafel für Bhnde 266* (120*).
Schreibtisch 263* (117*), a64* (118*).
Schutz gegen Druckwirkung 225 (79).
— vor Erkältung 371 (225), 403 (257).
Schutzkapsel 235* (89*).
Schweinsblasen 155 (9).
Schweißabsonderung 393 ff. (247 ff.).
Schweißdrüsen 393 (247).
Schweißsekretion 291 (145).
Schwere des Körpers 224 (78), 288 (142).
Schwer verdauliche Speisen 189 (43).
Schwitzbett 396* (250*).
Schwitzvorrichtung 397* (251*), 398*
(252*), 399* (253*), 400* (254*), 401*
(255*).
SeegTas 231 (85).
Sekretbildung in den Luftwegen 373 (227).
Selbstbeherrschung 258 (112).
Sensible Eeize 30Ö (162), 410 (264).
Sitzbäder 199 (53).
Sitzkissen 237 (91).
Sitztra.gen 322 (176).
Somatische Heilmittel 156 (10).
Somatisch - hygienische Heilmittel 157
(11).
Specielle Therapie 416 (270). '
Speiflasche 392* (246*).
Speigefäße 390* (244*), 391* (245*), 392*
(246*).
Speigläser 390 (244), 390* (244*), 391*
(245*), 392* (246*).
276
Register.
423
Öpeisenemnahme 178 (32).
Speisengeräte 165 (19).
Speisenschalen 159* (13*), 162* (16*).
Speisenschüssel 160* (14*).
Speisenthermometer 161* (15*).
Speisenwaage 184* (38*), 185* (39*).
Speisenwärmer 162* (16*), 168* (17*),
164* (18*).
Speisenzerkleinerungsgerät 190* (44*).
Spiralfederpolsterung 227* (81*).
Spritzen 339 (193).
Spucknäpfe 889* (243*), 390 (244).
Spülbecken 214* (68*).
Spülunterlage 213* (67*).
Sputum 373 ff. (227 ff.).
Staub 374 (228).
Steckbecken 240* (94*), 346 (200), 350*
(204*), 352* (206*).
Stellung des Krankenbettes im Zimmer
225 (79).
Stimmung 258 (112).
Stroh 232 (86).
Stuhlentleerung 336 ff. (190 ff.).
Summation der Effekte 308 (162).
Taschenflasche für Sputum 392 (246),
892* (243*).
Tapeten 215 (69).
Teilaktion 157 (11).
Temperament 258 (112).
Temperatur des Krankenzimmers 221
Temperaturherabsetzung 289 (143).
Teppiche 215 (69).
Thermophor 278* (132*), 407* (261).
Thermostat 198 (52).
Thürdrücker 285 (139).
Thürporti&ren 216 (70).
Tisch 228* (82*).
Toristreuklosett 356 (210).
Tragbahren 322 (176), 323* (177*).
Tragegeräte 321 (175).
Tragen des Bettes 311 (165).
— des Kranken 316 (170), 819* (173*),
320* (174*).
Tragkranz 322* (176*).
Tragsitz 321* (175*).
Tragstühle 323 (177).
Tragtuch 321* (175*).
Trinken beim Essen 185 (39).
Trinkgefäße 179* (33*), 180* (34*).
Trinkwasser 868 (217).
Trockenbett 357* (211*), 858* (212*).
Trockene Wärme 406 (260).
Tropfkork 167* (21*).
Ueberanstrengung 268 (117).
— des Herzens 810 (164).
Ueberfüllung der Harnblase 333 (187),
364 (218), 411 (265).
— des Darms 412 (266).
üebergießungsgerät 199* (53*).
Uebung des ilerzens 885 (189).
Uhr 260 (114).
Umbetten 212 (66), 224 (78), 321 (175).
Umgang mit dem Kranken 267 (121).
Umgebung des Kranken 168 (17), 259
(118), 807 (161), 360 (214).
Umschläge 277 (131), 406 (260).
Umschlagwärmer 277* (131*), 406*
(260*).
Unruhe 284 (138).
Unterdrückung wichtiger Funktionen 345
(199).
Unterstecher 350 (204), 368* (222*).
Unterstützung des Oberkörpers 246 (100),
348 (202), 349* (203*).
Urinale 367 (221), 368* (222*), 369*
(223*), 870* (224*).
Uringefäß 367* (221*).
Uringläser 365 (219), 865* (219*)
Tentilation 217 (71), 291 (145).
Ventüator 217* (71*).
Verdauung 185 (89), 187 (41).
Verdauungsakt 182 (36).
Verdimstung des Schweißes 402 (256).
Verdunstungsapparate 291 (145).
Verflüssigung der Faeoes 336 (190).
— des Sputums 378 (232).
Verhalten bei der Nahrungsaufnahme
181 (35).
— im Krankenzimmer 270 (124).
Verhütung des Erbrechens 334 (188).
Vermeidung unnötiger Körperanstrengung
329 (183).
Verschlußdeckel 218* (72*), 359* (213*),
360* (214*).
Verschlußpfropf 167* (21*).
Verschlucken des Sputums 389 (243).
Verunreinigung der Zimmerluft 356 (210).
VoUbäder 194 (48).
Volumen der Speisen 192 (46).
Vorhänge 216 (70).
Wärmeabgabe 289 (143).
Wärmeapplikation 276 (130), 394 (249),
404 (258).
Warme Bäder 197 (51).
— Getränke 282 (136).
— Umschläge 278 (132).
Wärmedose 280* (184*), 395* (249*).
Wärmeentziehung 292 (146).
Wärmeflasche 279* (188*), 280 (134),
395* (249*).
Wärmefüllung 279 (133).
Wärmehaltende Kasten 162* (16*).
Wärmekapacität der Luft 290 (144).
Wärmekasten 896* (250*).
— für Speisen 162* (16*), 282* (136*).
Wärmekissen 281* (135*).
Wärmekompressen 278* (182*), 279*
(188*), 406* (260*), 407* (261*).
Wärmemischung 160 (14), 161 (16).
Wärmeproduktion 289 (143).
Wärmeröhren 408* (262*).
Wärmestrahlung 290 (144).
Wärmetasche 281* (135*), 394* (248*).
277
424
Register.
Wartenlassen 159 (13').
Warzenhütchen 235 (89), 236* (90*).
Wäschewechsel 209 (63).
Waschungen 201 (55), 401 (255).
Wasseraufnahme 184 (38), 330 (184).
Wasserbetten 154 (8), 214 (68), 236 (90).
Wasserdichte Stoffe 155 (9).
— Unterlage 213 (67).
Wasserdurchlässigkeit der Bettstücke 402
(256).
Wassergehalt der Zimmerluft 220 (74),
380 (234).
Wasserkissen 214 (68), 224 ^78), 236 (90),
237* (91*), 238* (92*).
Wassermatratzen 240 (94).
Wassertrinken 343 (197).
Webestoffe 156 (10).
■Wechsel des Hemdes 209 (63).
Widerstände im Kreislauf 302 (156), 326
(180).
Wissenschaftliche Kraukenpflege 416 (2 . 0)-
Wollene Decken 234 (88).
Zähne 187 (41).
Zahnfugenreiniger 184* (38*).
Zähigkeit des Sputums 379 (233).
ZeUenemteilung an Matratzen 232 (Sß..
ZerkleineruDg der Speisen 187 (41), 191
(451.
Zerstäuber 381 (235), 387* (241*).
Zerstreuung 259 (113), 263 (117), 267
(121).
Zimmereinrichtung 215 (69), 260 (114 .
Zimmerklosett 355 (209), 359* (213",.
Zimmerluft 374 (228).
Zimmerreinigung 216 (70).
Zonen der Krankenpflege 151 (5).
Zugluft 218 (72).
Zurichtung der Speisen 160 (14).
Zuspruch 180 (34).
Zustand des Kranken 271 (125).
Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1914
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